Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 308/21

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Kostenentscheidung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. Januar 2021 - 9 K 66/21 - dahingehend geändert, dass die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens die Antragsteller zu 8/9 und der Antragsgegner zu 1/9 tragen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von drei Allgemeinverfügungen des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis.
Am 07.12.2020 erließ das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis für das Gebiet der Stadt Wiesloch eine „Allgemeinverfügung zur Umsetzung weiterer Maßnahmen zur Eindämmung der Atemwegserkrankung COVID-19 und Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2.“ In Ziff. I Nr. 1 wurde im Wesentlichen angeordnet, dass eine Mund-Nasen-Bedeckung auch außerhalb von Fußgängerbereichen im verkehrsberuhigten Bereich Hauptstraße 115 bis zur Schwetzinger Straße und dem Fontenay-aux-Roses-Platz (Satz 1) und dass unabhängig von dieser Regelung in Satz 1 im öffentlichen Bereich in Warteschlangen und von Besuchern auf Wochenmärkten und vergleichbaren öffentlichen Marktveranstaltungen, die nicht Märkte im Sinne der §§ 66 bis 68 GewO sind, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen ist (Satz 2).
Für das Gebiet der Gemeinde Sandhausen erließ das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis am 07.12.2020 ebenfalls eine „Allgemeinverfügung zur Umsetzung weiterer Maßnahmen zur Eindämmung der Atemwegserkrankung COVID-19 und Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2“, in der in Ziff. I Nr. 1 eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum in Warteschlangen und von Besuchern von Wochenmärkten und vergleichbaren öffentlichen Marktveranstaltungen, die nicht Märkte im Sinne der §§ 66 bis 68 GewO sind, angeordnet wurde. Zudem wurde in Ziff. I Nr. 2 bestimmt, dass auf näher bezeichneten Plätzen in Sandhausen der Konsum von Alkohol untersagt ist.
In beiden Allgemeinverfügungen ist bestimmt, dass sie am 31.01.2021 außer Kraft treten.
Mit Allgemeinverfügung vom 11.12.2020 erließ das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis für seinen Zuständigkeitsbereich (Landkreis Rhein-Neckar-Kreis und Stadtkreis Heidelberg) eine Allgemeinverfügung, die den Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum untersagt. In ihr ist bestimmt, dass sie vorbehaltlich der anderweitigen Aufhebung spätestens am 10.01.2021 außer Kraft tritt.
Der in Wiesloch wohnende Antragsteller zu 1 und der in Sandhausen wohnende Antragsteller zu 2 beantragten am 08.01.2021 beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers zu 1 gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 07.12.2020 für Wiesloch und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers zu 2 gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 07.12.2020 für Sandhausen sowie gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 11.12.2020 zum allgemeinen Alkoholverbot anzuordnen. Der Antragsteller zu 2 und der Antragsgegner erklärten erstinstanzlich hinsichtlich der Allgemeinverfügung vom 11.12.2020 und hinsichtlich Ziff. I Nr. 2 der Allgemeinverfügung vom 07.12.2020 für die Gemeinde Sandhausen das Verfahren übereinstimmend für erledigt.
Das Verwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 18.01.2021 das Verfahren, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ein, ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers zu 1 gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 07.12.2020 für das Gebiet der Stadt Wiesloch hinsichtlich deren Ziff. I Nr. 1 Satz 1 (Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Bereich Hauptstraße 115 bis zur Schwetzinger Straße und dem Fontenay-aux-Roses-Platz) an, lehnte im Übrigen die Anträge ab und legte den Antragstellern die Kosten des Verfahrens auf.
Gegen den am 19.01.2021 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 25.01.2021 Beschwerde eingelegt, hinsichtlich der sie um eine zügige Entscheidung bitten, um vor dem 31.01.2021 gegebenenfalls noch verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können. Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.
II.
Die Beschwerde bleibt überwiegend ohne Erfolg.
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1. Die Beschwerde ist nicht begründet, soweit sich die Antragsteller gegen die Ablehnung ihrer Anträge im Übrigen wenden, mithin hinsichtlich der Anordnungen zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum in Warteschlangen und von Besuchern von Wochenmärkten und vergleichbaren öffentlichen Marktveranstaltungen, die nicht Märkte im Sinne der §§ 66 bis 68 GewO sind, in den Allgemeinverfügungen vom 07.12.2020 für Wiesloch und Sandhausen. Die Beschwerdebegründung, auf die sich die Prüfung beschränkt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3, 6 VwGO), gibt dem Senat keinen Anlass, über den Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abweichend vom Verwaltungsgericht zu entscheiden.
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a) Die Antragsteller machen geltend, der Antragsgegner sei für den Erlass der Allgemeinverfügung nicht zuständig gewesen. Dazu bringen sie sinngemäß vor, die Verordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz vom 19.07.2007 (GBl. S. 361) sei wegen Verstoßes gegen Art. 61 LV nichtig und nichtig gewesen, da die angegebenen Ermächtigungsgrundlagen der § 5 Abs. 3 und 4, § 12 Abs. 1 Satz 2 LVG in der Fassung vom 03.02.2005 (GBl. S. 159) den Anforderungen von Art. 61 LV nicht genügten; dies habe der VGH im Urteil vom 14.09.2010 - 11 S 1415/10 - zutreffend entschieden. Die Verordnung des Sozialministeriums zur Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz vom 28.05.2020 (GBl. S. 357) - die sich u.a. auf § 4 Abs. 1 des LVG vom 14.10.2008 (GBl. S. 313, 314), das zuletzt durch Art. 10 des Gesetzes vom 21.05.2019 (GBl. S. 161, 185) geändert worden ist, stützt und mit der in § 1 dieser Verordnung die Absätze 6a, 6b und 6c angefügt wurden - könne eine Zuständigkeit des Landratsamts nicht begründen; denn eine nichtige Ausgangsverordnung könne nicht dadurch geheilt werden, dass die nichtige Ausgangsverordnung geändert werde; aus dem nichtigen § 1 Abs. 6a IfSGZuVO ergebe sich eine Zuständigkeit des Antragsgegners folglich nicht.
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Das Beschwerdevorbringen ist unbegründet. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der durch die Änderungsverordnung vom 28.05.2020 eingefügte § 1 Abs. 6a IfSGZuVO eine bis zum 30.05.2021 befristete Spezialvorschrift zur Regelung der Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz für die Zeit der Coronapandemie ist, die ohne Rückgriff auf die übrigen Vorschriften der IfSGZuVO verständlich und selbständig anwendbar ist, und es daher nicht darauf ankommt, ob die übrigen Vorschriften der IfSGZuVO mit § 5 Abs. 3, 4 LVG a. F. und § 66 PolG [a.F.] ihrerseits auf einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage beruhen. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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Zum Beschwerdevorbringen ist ergänzend zu bemerken: Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 LV müssen bei der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben (Art. 61 Abs. 1 Satz 3 LV). Die Vorschrift ist dem wortgleichen Art. 80 Abs. 1 Satz 2, 3 GG nachgebildet. Daher kann die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 80 Abs. 1 Satz 2, 3 GG zur Auslegung von Art. 61 Abs. 1 Satz 2, 3 LV herangezogen werden (vgl. StGH Bad.-Württ., Urt. vom 07.03.1980 - GR 1/1979 - ESVGH 30, 9, 11 f.). Der Verordnungsgeber wird durch die Pflicht zur Angabe der Ermächtigungsgrundlage angehalten, sich der Reichweite seiner Rechtsetzungsbefugnis zu vergewissern; Normadressaten und Gerichten wird ermöglicht, zu prüfen, ob der Verordnungsgeber bei Erlass der Norm von einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage Gebrauch machen wollte und ob die getroffene Regelung sich im Rahmen der Ermächtigung gehalten hat (st. Rspr., vgl. BVerfGE 24, 184 <196>; 101, 1 <42>). Diese Normzwecke erfüllt die Änderungsverordnung vom 28.05.2020 voraussichtlich. Der Verordnungsgeber hat die Ermächtigungsgrundlage des § 4 Abs. 1 LVG angeführt, so dass die dargestellte Vergewisserungsfunktion gegeben war. Die Normadressaten und die Gerichte dürften allein aufgrund des Textes der Änderungsverordnung ausreichend in der Lage sein zu prüfen, ob die eingefügten Absätze 6a bis 6c von der angeführten Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind.
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Diesem Ergebnis entspricht die ständige Rechtsprechung in dem Vergleichsfall, dass eine Verordnung, die auf mehreren Ermächtigungsgrundlagen beruht, diese zwar vollständig zitieren und bei inhaltlicher Überschneidung mehrerer Ermächtigungsgrundlagen diese gemeinsam angeben muss, dass allerdings nicht zu jeder Bestimmung der Verordnung im Einzelnen anzugeben ist, auf welcher der Ermächtigungen sie beruht (vgl. nur BVerfGE 20, 283 <292>; 101, 1 <42>; Mann, in: Sachs, GG, 8. Aufl., Art. 80, Rn. 31). Ebenso führt der Umstand, dass einzelne der zitierten Ermächtigungsgrundlagen ungeeignet sind, irgendeine der Verordnungsbestimmungen zu tragen, nicht zu einem Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Zitiergebot und ist daher für die Einhaltung des Zitiergebots unschädlich, wenn das Mitbenennen einer unzutreffenden Grundlage die Prüfung allenfalls unwesentlich erschwert und der Normadressat nicht wahllos in einer dem Sinn und Zweck des Zitiergebots zuwiderlaufenden Art mit ungeprüften Zitierungen überschüttet wird (BVerfGE 136, 69, Rn. 99 f.). Nach diesem Maßstab dürfte hier eine hinreichende Nachvollziehbarkeit, auf welcher Ermächtigungsgrundlage § 1 Abs. 6a IfSGZuVO beruht, anzunehmen sein.
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Aus der von den Antragstellern für ihre Auffassung in Anspruch genommene Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 16.06.2014 - 10 A 8/10 - folgt voraussichtlich nichts Anderes. Um den Fall einer Ergänzung einer dem Zitiergebot nicht entsprechenden Eingangsformel einer Verordnung handelt es sich hier nicht.
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b) Die Antragsteller machen zudem geltend, § 4 Abs. 1 LVG können keine den Anforderungen des Art. 61 LV entsprechende Rechtsgrundlage sein; weder sei der Delegatar bestimmt noch der Sachbereich festgelegt, für den der Delegatar eine Rechtsverordnung erlassen dürfe.
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Dieses Vorbringen ist unbegründet. Auch insoweit folgt der Senat der Begründung des Verwaltungsgerichts, dass § 4 Abs. 1 LVG eine taugliche Ermächtigungsgrundlage ist, insbesondere da der Adressat der Ermächtigung das jeweilig zuständige Ministerium ist, das sich durch die Bekanntmachung der Landesregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien hinreichend ergibt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 122 Abs. 2 S. 3 VwGO).
18 
Auch dürften entgegen dem Vorbringen, der zu regelnde Sachbereich sei nicht ausreichend geregelt, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung hinreichend bestimmt sein. Bestimmungen der zuständigen Behörden durch Rechtsverordnung können im ermächtigenden Parlamentsgesetz selbst kaum näher vorgezeichnet werden. Genauere Festlegungen müssen hier voraussichtlich typischerweise aus Gründen der Praktikabilität weitgehend der Verordnung selbst vorbehalten bleiben (zur zulässigen Heranziehung dieser Kriterien bei Art. 80 Abs. 1 GG im Einzelfall vgl. nur BVerfGE 80, 1, juris Rn. 58 ff.).
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c) Unbegründet ist auch das Beschwerdevorbringen, § 28a IfSG sei formell verfassungswidrig und dies führe zu einem Ermessensfehler in den angefochtenen Allgemeinverfügungen. Selbst wenn man mit den Antragstellern von einer Verfassungswidrigkeit von § 28a IfSG ausgeht, ist in keiner Weise dargetan oder sonst ersichtlich, dass dies zu einem Ermessensfehler und damit zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Allgemeinverfügungen vom 07.12.2020 führen könnte. § 28 IfSG und § 28a IfSG dienen jeweils dem Zweck der Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten, § 28a IfSG dabei ausschließlich der Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus-Krankheit-2019 als einem Fall einer übertragbaren Krankheit. Inwieweit sich bei Erlass der Allgemeinverfügungen andere Ermessenserwägungen ergeben hätten, wenn § 28a IfSG nichtig wäre, bleibt unerfindlich und legen die Antragsteller mit der Beschwerde nicht dar. Das bloße Vorbringen, das mehrfache Abstellen in der Begründung einer Allgemeinverfügung auf eine evident formell verfassungswidrige Norm sei ermessensfehlerhaft, verbleibt vollkommen vage und zeigt einen konkreten Ermessensfehler nicht ansatzweise auf.
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2. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit die Antragsteller mit ihr begehren, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 05.01.2020 gegen die Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 11.12.2020 über ein Alkoholverbot im Freien anzuordnen. Darin liegt eine im Beschwerdeverfahren unzulässige Antragsänderung.
21 
Das Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO dient ausschließlich der Überprüfung der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5, § 80a, § 123 Abs. 1 VwGO ergangenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts auf ihre Richtigkeit. Daher ist nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte eine erstmalige Antragstellung, eine Antragserweiterung oder eine sonstige Antragsänderung im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO nicht statthaft. Eine Beschwerde unter Antragsänderung ist unzulässig (vgl. nur OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 08.04.2020 - 11 S 20/20 -; OVG LSA, Beschl. v. 11.11.2020 - 3 M 208/20 -; jeweils juris).
22 
Insoweit haben der Antragsteller zu 2 und der Antragsgegner den Rechtsstreit erstinstanzlich für erledigt erklärt und folglich das Verwaltungsgericht das Verfahren insoweit eingestellt. Die übereinstimmenden Erledigungserklärungen führen ipso iure rückwirkend zum Ende der Rechtshängigkeit des Verfahrens (st. Rspr., vgl. nur W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl., § 161 Rn. 15, m.w.N.). Mit dem mit der Beschwerde gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers zu 2 gegen die Allgemeinverfügung vom 11.12.2020 anzuordnen, wird mithin ein neuer Streitgegenstand zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Die damit verbundene Antragsänderung ist nach den dargestellten Maßstäben unzulässig mit der Folge, dass die Beschwerde insoweit unzulässig ist.
23 
Im Übrigen würde einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Allgemeinverfügung vom 11.12.2020 das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da die Allgemeinverfügung außer Kraft getreten ist.
24 
3. Die Beschwerde ist ebenfalls unzulässig, soweit sich die Antragsteller gegen die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des nach übereinstimmender Erledigungserklärung eingestellten Verfahrensteils wenden. Denn diese Kostenentscheidung ist nicht anfechtbar.
25 
Hingegen ist die Beschwerde zulässig, soweit sich die Antragsteller gegen die Kostenentscheidung im Übrigen wenden; § 158 Abs. 1 VwGO steht nicht entgegen. Insoweit ist die Beschwerde auch begründet. Die Voraussetzungen der vom Verwaltungsgericht für die Kostenentscheidung angewandten Vorschrift des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO lagen nicht vor. Beträgt das Unterliegen mehr als 10 %, dürfte regelmäßig zu verneinen sein, dass es sich nur um einen „geringen Teil“ im Sinne von § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO handelt (vgl. Brandt, in: Brandt/Domgörgen, Handbuch, 4. Aufl., Rn. 55 ff.). So liegt der Fall hier. Angefochten waren drei Allgemeinverfügungen. Gegenstand des Verfahrens hinsichtlich der Allgemeinverfügung für das Gebiet der Stadt Wiesloch waren drei Regelungen (Erstreckung der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf weitere Straßen, auf Warteschlangen und auf bestimmte Wochenmärkte und Marktveranstaltungen). In einem diese Punkte obsiegten die Antragsteller in der ersten Instanz. Folglich liegt ein Unterliegen des Antragsgegners zu einem Neuntel vor. Dementsprechend ist die erstinstanzliche Kostenentscheidung zu ändern.
26 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens vollständig zu tragen. Denn für die Anwendung des § 154 Abs. 2 VwGO kommt es allein auf den Erfolg des Rechtsmittels in der Hauptsache an. Der Erfolg des Rechtsmittels ausschließlich hinsichtlich der erstinstanzlichen Kostenentscheidung - wie hier - lässt die Anwendung des § 154 Abs. 2 VwGO unberührt (vgl. Olbertz, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 154 Rn. 12 [Juli 2020]).
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5. Die Änderung und Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 39 Abs. 1 GKG. Für jede der drei Allgemeinverfügungen ist der Streitwert von 5.000,-- EUR gemäß § 52 Abs. 2 GKG anzusetzen. Für die drei Verfügungen ergibt sich daher insgesamt ein Streitwert von 15.000,-- EUR. Dieser ist wegen Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren nicht zu reduzieren.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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