Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 9 S 3119/19

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2019 - 1 K 5443/18 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme ihrer Habilitation im Fach Medizin.
Die 1953 geborene Klägerin wurde im Jahr 1979 an der medizinischen Fakultät der Beklagten promoviert und war seither als approbierte Ärztin, Lehrbeauftragte und Leiterin wissenschaftlicher Arbeitsgruppen tätig. Am 25.10.2005 reichte die Tochter der Klägerin eine Dissertationsschrift mit dem Titel „FITOC (Freiburg Intervention Trail for Obese Children), Langzeitergebnisse" an der Sporthochschule Köln ein. Am 30.10.2005 reichte die Klägerin eine Arbeit mit dem Titel „Ergebnisse eines ambulanten Interventionsprogramms (FITOC) zur Therapie des Adipositas im Kindes- und Jugendalter" als Habilitationsschrift bei der Beklagten ein. Sie wurde am 27.07.2006 habilitiert und erhielt die Lehrbefugnis für das Fach Sportmedizin. Im Juli 2012 wurde der Klägerin von der Beklagten die Bezeichnung „außerplanmäßige Professorin“ verliehen.
Im Juli 2013 setzte die Redlichkeitskommission der Beklagten einen Unterausschuss ein, der mit der Überprüfung von Hinweisen auf Übereinstimmungen beider Arbeiten beauftragt wurde. Daraufhin machte die Klägerin geltend, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass Arbeitsergebnisse aus einer Arbeitsgruppe nicht zugleich als Dissertationen einer Fakultät und als Bestandteil einer Habilitation an einer anderen Fakultät verwendet werden dürften. Ihre Tochter habe das Dissertationsvorhaben eigenständig durchgeführt, ausgewertet und als Dissertation verfasst. Die Verwendung von Daten aus dem Dissertationsprojekt sei ohne Vorsatz und Täuschungsabsicht erfolgt.
Auf Grundlage eines Sachstandsberichts der Redlichkeitskommission vom 11.03.2014 wurde der Habilitationsausschuss der Beklagten in der Sitzung vom 24.04.2014 vom Prodekan für akademische Angelegenheiten informiert, dass der Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens nach Auffassung der Kommission begründet sei. Im Nachgang stellte ein vom Habilitationsausschuss gebildeter Unterausschuss weitere Übereinstimmungen der Habilitationsschrift mit einer von der Klägerin betreuten und am 25.04.2005 von Dr. T. K. eingereichten Dissertation zum Thema „Sportmotorische Fähigkeiten adipöser Kinder: Vergleich mit einem Referenzkollektiv und Erfolge des Therapieprogramms (FITOC)" fest.
In seinem Abschlussbericht vom 20.11.2014 führte der Unterausschuss aus, dass die Einleitung sowie der Material- und Methodenteil der Habilitationsschrift wörtliche Übereinstimmungen mit beiden Dissertationen aufwiesen. Nahezu das gesamte Kapitel über die Langzeituntersuchungen aus der Dissertationsschrift der Tochter der Klägerin sei mit dem Text, der Tabellendarstellung und den Abbildungen der Habilitationsschrift identisch. In der Diskussion der Habilitationsschrift stimmten vier Seiten mit der Dissertation überein. Anders als die Textübereinstimmungen in Einleitung und den Ausführungen zu Untersuchungsgut und Methodik seien die Übereinstimmungen im Ergebnis- und Diskussionsteil nicht mit Besonderheiten bei Qualifikationsarbeiten in der klinischen Medizin erklärbar. Der Umfang der festgestellten Übereinstimmungen sei erheblich. Die Klägerin habe die Übernahmen aus beiden Arbeiten eingeräumt und bestätigt, dass ihre Tochter die Langzeitdaten erhoben, ausgewertet und verschriftet habe. Ein Verbotsirrtum sei daher nicht gegeben. Der Einwand, die Habilitationsschrift weise auch ohne die Langzeitergebnisse der Tochter noch einen eigenständigen wissenschaftlichen Wert auf, sei unbeachtlich. Da die Habilitation mit unlauteren Mitteln i.S.d. § 16 Abs. 1 der Habilitationsordnung der Beklagten für die Medizinische Fakultät (HabilO) erlangt worden sei, werde empfohlen, die Habilitation zurückzunehmen.
Am 11.12.2014 beschloss der Habilitationsausschuss nach Anhörung der Klägerin, deren Habilitation zurückzunehmen. Mit Bescheid der Dekanin der medizinischen Fakultät vom 23.01.2015 nahm die Beklagte die Habilitation der Klägerin daraufhin mit Wirkung für die Zukunft zurück (Ziffer 1) und verfügte die Rückgabe der Habilitationsurkunde binnen eines Monats nach Bestandskraft der Entscheidung (Ziffer 2). Zur Begründung nahm sie auf den ermittelten Sachverhalt Bezug. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO sei die Habilitation zurückzunehmen, da sie mit unlauteren Mitteln erlangt worden sei. Die Habilitationsschrift stimme zu erheblichen Teilen mit der Dissertation der Tochter überein und enthalte weitere Übereinstimmungen mit einer weiteren Dissertation. Auch wenn Übereinstimmungen in Abbildungen oder Tabellen möglicherweise auf identische Untersuchungsmethoden und die Untersuchung derselben Patienten zurückzuführen seien, seien die textlichen Übereinstimmungen nicht akzeptabel. Die Klägerin habe bestätigt, mit den Doktoranden in einer Arbeitsgruppe zusammengearbeitet und Daten, Ergebnisse und Texte übernommen zu haben. Die Tochter der Klägerin habe die Langzeitdaten erhoben, ausgewertet und verschriftet, ohne dass dies offengelegt worden sei. Ferner habe die Klägerin nicht offengelegt, dass die Autorin der Dissertationsschrift ihre Tochter sei. Die Fremdbestandteile seien nicht als solche gekennzeichnet und die Dissertationen nicht als Quelle genannt worden, obwohl der Klägerin die Notwendigkeit entsprechender Nachweise bewusst gewesen sei. Sie habe eine Täuschung über die Urheberschaft wesentlicher Teile der Habilitation billigend in Kauf genommen. Ein Verbotsirrtum habe schon nicht vorgelegen; er sei jedenfalls vermeidbar gewesen. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 HabilO sei die Rücknahme der Habilitation zwingend vorgesehen. Auch in Ansehung der schwerwiegenden Folgen einer Rücknahme der Habilitation überwögen die Interessen der Fakultät und der Beklagten an der Sanktionierung wissenschaftlichen Fehlverhaltens und der Vermeidung eines Ansehensverlustes in der Öffentlichkeit auch unter Berücksichtigung der Dauer des Zeitraums zwischen Erteilung und Rücknahme der Habilitation. Die Anordnung der Rückgabe der Habilitationsurkunde beruhe auf § 52 Satz 1 VwVfG. Der Habilitationsausschuss habe in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens und aufgrund der Gefahr einer Täuschung entschieden, dass die Habilitationsurkunde zurückzugeben sei.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass § 16 Abs. 1 HabilO in Ermangelung einer landesgesetzlichen Ermächtigung keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Habilitation darstelle. Die Vorschrift sehe zudem kein Ermessen vor und sei daher rechts- und verfassungswidrig. Die Entscheidung sei formell rechtswidrig, da der hieran beteiligte Prof. Dr. S. selbst im Rahmen eines entsprechenden Verfahrens dem Vorwurf der Unredlichkeit seiner wissenschaftlichen Arbeit ausgesetzt gewesen sei, so dass zu befürchten gewesen sei, dass er sich bei der Überprüfung der Arbeit einer Kollegin der eigenen Fakultät nicht mit der gebotenen Objektivität einbringen werde. Die Klägerin habe ferner keine unlauteren Mittel verwendet, da es bei Einreichung der Habilitationsschrift im Jahr 2005 noch keine schriftlichen Vorgaben über die Annahme wissenschaftlichen Fehlverhaltens gegeben habe. Erst seit der Fassung vom 28.02.2014 sehe die Habilitationsordnung die Ausweisung von Arbeitsgruppen vor. Eine Ermessensausübung durch den Habilitationsausschuss sei unterblieben.
In seiner Sitzung vom 12.11.2015 beriet der Habilitationsausschuss der Medizinischen Fakultät der Beklagten über den Widerspruch der Klägerin. Ausweislich des unterschriebenen Beschlussprotokolls vom 12.11.2015 fand die Sitzung zwischen 18:30 und 19:10 Uhr statt und behandelte neben dem Tagesordnungspunkt 2 („Widerspruchsverfahren Frau Prof. K. - Abhilfeentscheidung") elf weitere Tagesordnungspunkte. Nach Seite 1 des Protokolls genehmigte der Habilitationsausschuss die Tagesordnung „einstimmig mit 27 Ja-Stimmen“. Anschließend verließ Herr Prof. Dr. K., „dessen Befangenheit in dem Verfahren vom Habilitationsausschuss bereits am 11.12.2014 beschlossen wurde, [...] zu TOP 2 den Raum“, woraufhin ein als Gast zugelassener Rechtsanwalt die Sach- und Rechtslage erläuterte. Nach Seite 7 des Protokolls diskutierte der Habilitationsausschuss anschließend ausführlich die Sach- und Rechtslage und entschied „einstimmig [mit] 25 ja, 0 Nein, 0 Enthaltungen“, dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.01.2015 nicht abzuhelfen, den Bescheid vom 23.01.2015 hilfsweise auf § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zu stützen und die Angelegenheit der Widerspruchsbehörde zur weiteren Entscheidung vorzulegen. Die erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegte Teilnehmerliste der Sitzung vom 12.11.2015 trägt - neben 19 Unterschriften sonstiger stimmberechtigter Mitglieder - die Unterschriften von 10 Mitgliedern des Fakultätsrats, bei denen ein Anwesenheitszeitraum von 18:30 bis 19:00 vermerkt ist. Die weiteren Unterschriften des Studiendekans als Prodekan Lehre Prof. Dr. K. und des Prof. Dr. H. als Vertreter der gewählten Fakultätsratsmitglieder aus der Gruppe des Wissenschaftlichen Dienstes tragen die Vermerke „zu TOP 2 den Raum verlassen“ bzw. „TOP 1 - TOP 2 18:45“.
Im Anschluss an die Beschlussfassung stellte die Dekanin der Medizinischen Fakultät als Vorsitzende des Habilitationsausschusses die fehlende Beschlussfähigkeit des Ausschusses fest, da „ein Mitglied des Habilitationsausschusses wegen Befangenheit den Raum zu Beginn der Verhandlung über den TOP verlassen“ [habe]. Daraufhin verfuhr der Ausschuss entsprechend § 6 Abs. 4 der Verfahrensordnung der Beklagten vom 05.03.2015 (VerfO). In der Folge entschied die Vorsitzende des Habilitationsausschusses, dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.01.2015 nicht abzuhelfen, den Bescheid vom 23.01.2015 hilfsweise auf § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zu stützen und die Angelegenheit der Widerspruchsbehörde zur weiteren Entscheidung vorzulegen.
10 
Mit Widerspruchsbescheid der Prorektorin für Studium und Lehre vom 16.08.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Rücknahmeentscheidung könne auf § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO gestützt werden, da prüfungsrechtliche Sanktionsnormen kein Entschließungsermessen erforderten. Hilfsweise sei die Entscheidung auf § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zu stützen. Aufgrund der Verstöße gegen die bereits im Jahr 1988 in § 6 Abs. 2 Nr. 10 HabilO aufgenommenen Transparenzpflichten liege auf der Hand, dass die Klägerin bei Kenntnis der Täuschung über die Urheberschaft an einzelnen Textbausteinen nicht habilitiert worden wäre. Das Rücknahmeermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Die Entscheidung, das Interesse der medizinischen Fakultät und der Universität aufgrund des Umfangs der festgestellten Übereinstimmungen höher zu bewerten als die sich für die Klägerin aus einer Rücknahme ergebenden persönlichen und beruflichen Nachteile, lasse sich mit dem Schutz der Redlichkeit des Wissenschaftsbetriebs und seines Prüfungswesens begründen, zumal das Bestandsschutzinteresse der Klägerin entsprechend § 48 Abs. 2 LVwVfG gemindert sei.
11 
Mit Urteil vom 25.09.2019 hat das Verwaltungsgericht die am 14.09.2018 erhobene Klage der Klägerin abgewiesen. Der Umstand, dass der im vorbereitenden Unterausschuss sowie in der Sitzung des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 mitgewirkt habende Prof. Dr. S. im Zeitpunkt der Entscheidung vom 11.12.2014 seinerseits in ein Verfahren zur Prüfung einer möglichen Rücknahme eines akademischen Grads wegen Plagiatsverdachts verwickelt gewesen sei, sei nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, da jeder persönliche Bezug zur Klägerin fehle. Das entsprechende Verfahren sei nicht von der Beklagten, sondern von der Medizinischen Hochschule H. geführt worden; es betreffe auch keine Arbeit, die in Zusammenhang mit der Arbeitsgruppe der Klägerin stehe. Dies lasse nicht die begründete Besorgnis zu, er werde sich bei der Entscheidung über die Rücknahme der Habilitation der Klägerin aus unsachlichen Gründen besonders streng oder besonders milde verhalten. Insbesondere sei kein nachvollziehbares Interesse ersichtlich, sich im Verfahren gegenüber der Klägerin z.B. besonders nachsichtig zu verhalten, weil das Verfahren gegen ihn gerade nicht von der Beklagten geführt worden sei. Bei der geltend gemachten Besorgnis handelt es sich demnach lediglich um subjektive Befürchtungen, die einer Tatsachengrundlage entbehrten.
12 
Das in der vorgeschriebenen Form aufgenommene und unterschriebene Protokoll zur Sitzung vom 12.11.2015 begründe als öffentliche Urkunde den Vollbeweis, dass eine entsprechende Sitzung des Habilitationsausschusses stattgefunden habe. Nach der Teilnehmerliste hätten zunächst 12 von 21 Mitgliedern des Fakultätsrats und 19 stimmberechtigte sonstige Mitglieder an der Sitzung teilgenommen, so dass die Beschlussfähigkeit nach dem Weggang des für befangen erklärten Prof. Dr. K. noch gegeben gewesen wäre. So man diesen tatsächlichen Ablauf der Ausschusssitzung unterstelle, hätte die Dekanin die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses zu Unrecht festgestellt. Dessen Beschluss sei dann jedoch wirksam, da die - dann rechtswidrige - Entscheidung der Vorsitzenden keine kassatorische Wirkung entfalte. Falls der Habilitationsausschuss demgegenüber wegen Befangenheit des Fakultätsratsmitglieds Prof. Dr. K. nach § 2 Abs. 3 HabilO beschlussunfähig geworden sei, wäre die Dekanin nach § 6 Abs. 4 VerfO an die Stelle des beschlussunfähigen Habilitationsausschusses getreten, so dass der Widerspruchsbescheid vom 16.08.2018 die Entscheidung der Vorsitzenden des Habilitationsausschusses vollzogen hätte. Auch wenn § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO so verstanden werden könne, dass der Vorsitzende nur an die Stelle der befangenen Mitglieder trete, spreche das in Satz 2 geregelte Erfordernis der Anhörung der nicht befangenen Mitglieder für eine Auslegung, nach der der Vorsitzende im Falle der Beschlussunfähigkeit wegen Befangenheit von Mitgliedern an die Stelle des gesamten Gremiums trete. Zudem bliebe bei einer wortlautnäheren Auslegung unklar, ob die Stimme der Vorsitzenden an die Stelle aller befangenen Mitglieder trete oder nur jene befangenen Mitglieder ersetze, deren Ausschluss die Beschlussunfähigkeit herbeiführe. Bei dem Wort „deren" handele es sich daher auch nach Auffassung der Beklagten um ein Redaktionsversehen des Normgebers. Falls die Beschlussunfähigkeit demgegenüber eingetreten sei, weil nach Prof. Dr. K. auch Prof. Dr. H. vor der Beschlussfassung den Raum verlassen habe, sei § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO nicht einschlägig, da die Beschlussunfähigkeit dann auf das Verlassen des Raums durch den nicht von der Mitwirkung ausgeschlossenen Prof. Dr. H. zurückzuführen sei. Auch wenn sowohl der Beschluss des Habilitationsausschusses als auch die Entscheidung der Dekanin bei dieser Sachverhaltskonstellation als formell fehlerhaft anzusehen wären, bliebe deren Rechtswirksamkeit nach § 10 Abs. 5 Satz 3 und 2 LHG unberührt. § 10 Abs. 5 Satz 3 und 2 LHG finde - jedenfalls entsprechende - Anwendung, da der Fall einer zunächst unentdeckt gebliebenen Beschlussunfähigkeit wie eine fehlerhafte Besetzung behandeln sei. § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG sei nicht so zu verstehen, dass er ausschließlich die Rechtsfolge des § 10 Abs. 5 Satz 2 LHG auf die Mitglieder kraft Amtes im Falle der fehlerhaften Amtsbesetzung erstrecke, da § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG die entsprechende Geltung der Rechtsfolge des Satz 2 für den Fall der fehlerhaften Besetzung von Gremien anordne, ohne auch auf Satz 1 Bezug zu nehmen. Eine fehlerhafte Besetzung könne demnach nicht nur dann vorliegen, wenn ein Mitglied kraft Amtes fehlerhaft in sein Amt erhoben worden sei. Demgegenüber wäre es wertungswidersprüchlich, wenn die Rechtswirksamkeit der Handlungen eines gesamten Gremiums, dessen Wahl ungültig sei, unberührt bleibe, der Beschluss eines wirksam gewählten Gremiums aber aufgrund einer unentdeckt gebliebenen Beschlussunfähigkeit unwirksam werde. Dieses Verständnis des § 10 Abs. 5 Satz 3 und Satz 2 LHG lasse die Verfahrensregelungen des § 2 Abs. 3 HabilO und des § 6 Abs. 3 und 4 VerfO nicht gegenstandslos werden, da diese jedenfalls die Fälle einer rechtzeitig erkannten Beschlussunfähigkeit regelten und die Verletzung der Verfahrensvorschriften unter den allgemeinen Voraussetzungen eines Inter- oder Intraorganstreits durchgesetzt werden könnten. Der genaue Ablauf der Sitzung und der Abstimmung des Habilitationsausschusses vom 12.11.2015 müsse daher nicht weiter aufgeklärt werden.
13 
Die Rücknahme der Habilitation finde ihre Ermächtigungsgrundlage jedenfalls in § 48 LVwVfG, so dass offen bleiben könne, ob § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO rechtswirksam und nach § 1 Abs. 1 LVwVfG vorrangig vor § 48 LVwVfG anzuwenden sei, da die Beklagte ihre Rücknahmeentscheidung jedenfalls im Widerspruchsbescheid auch auf § 48 LVwVfG gestützt habe und die Voraussetzungen beider Normen vorlägen. Soweit die Beklagte erstmals im Widerspruchsverfahren Ermessen ausgeübt habe, trete dieses nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO an die Stelle des als gebundene Entscheidung ergangenen Verwaltungsakts im Ausgangsverfahren. In der Sache habe die Habilitation den Anforderungen des wissenschaftlichen Arbeitens und den besonderen Anforderungen der Habilitationsordnung weder in formeller noch in inhaltlicher Hinsicht entsprochen, so dass der Nachweis einer besonderen Befähigung für Forschung und Lehre im Bereich der Medizin oder Zahnmedizin somit nicht erbracht sei. Die Klägerin habe eingeräumt, dass sich auf mindestens 28 der 99 Textseiten (ohne Vorwort, Inhaltsverzeichnis und Literaturverzeichnis) nicht kenntlich gemachte Textstellen, Abbildungen und Tabellen fänden, deren Urheberin die Klägerin nicht oder - nach ihren Angaben - jedenfalls nicht allein gewesen sei. Im Literaturverzeichnis führe die Klägerin einzelne Publikationen auf, die im Zusammenhang mit der Arbeitsgruppe „Freiburg Intervention Trial for Obese Children (FITOC)" stünden, nicht aber die selbständigen Dissertationen ihrer Tochter und des Dr. K. Allein Ziffer 167 des Literaturverzeichnisses enthalte einen Verweis auf eine Veröffentlichung des Dr. K. in einem Fachblatt, die einen mit der Dissertation identischen Titel trage. Am 10.01.2006 habe die Klägerin im Rahmen des Habilitationsverfahrens versichert, die vorliegende Arbeit alleine angefertigt zu haben. Ausgehend hiervon sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin vorsätzlich eine eigene Autorenschaft hinsichtlich der aus fremden Texten übernommenen Passagen, Tabellen und Abbildungen vorgegeben, die Datenerhebung und -verschriftlichung durch Dritte verschwiegen und so vorsätzlich gegen die Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen habe. Ob die Habilitation ohne die beanstandeten Stellen oder bei jeweils wörtlicher Zitierung noch verliehen worden wäre, sei als hypothetische Erwägung unerheblich.
14 
Die Rücknahme der Habilitation sei auch im Übrigen rechtmäßig, da die erstmals im Widerspruchsverfahren angestellten Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden seien. Ausweislich des Beschlussprotokolls stehe fest, dass der Habilitationsausschuss am 12.11.2015 getagt habe. Soweit die Klägerin geltend mache, dass das Ergebnis der Beschlussfassung des Habilitationsausschusses ausweislich der Beschlussvorlage vom 03.11.2015 und der dort gewählten Vergangenheitsform bereits vorher festgelegt gewesen sei, sei dem nicht zu folgen, da die Vorbereitung der Beschlussfassung durch Beschlussvorlagen üblich und nicht zu beanstanden sei. Auch die kurze Dauer der Beratung des maßgeblichen Tagesordnungspunkts lasse nicht auf einen Ermessensausfall schließen, da das Verfahren zu diesem Zeitpunkt bereits über zwei Jahre angedauert habe und der Ausschuss umfassend über das Verfahren und die betroffenen Rechte und Interessen informiert gewesen sei. In der Sache habe der Ausschuss die erheblichen Nachteile, die die Rücknahme für die Klägerin in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nach sich ziehe, angemessen berücksichtigt. Die Anordnung der Rückgabe der Habilitationsurkunde beruhe auf § 52 LVwVfG und sei nicht zu beanstanden. Die Berufung sei zuzulassen, da die Frage der Reichweite der Heilungsvorschrift des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG nicht abschließend geklärt sei.
15 
Mit am 15.11.2019 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin die im Urteil zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet.
16 
Sie trägt vor, dass die interne Beschlussfassung im Rahmen des Abhilfeverfahrens rechtswidrig sei, da Prof. Dr. S. aufgrund der Besorgnis der Befangenheit von einer Mitwirkung ausgeschlossen gewesen sei und die Beschlussfassung an weiteren Mängeln leide. Prof. Dr. S. habe in der „Plagiatsaffäre in Freiburg" eine maßgebliche Rolle gespielt. So seien im Lauf des Jahres 2011 weitere Anfang der 1980er Jahre in der Freiburger Sportmedizin entstandene Dissertationen in die Kritik geraten, die angeblich mehr oder weniger starke inhaltliche Übereinstimmungen mit der Habilitation des Prof. Dr. D. aufgewiesen hätten. Die Hauptarbeit der vergleichenden Prüfung der insgesamt sieben Arbeiten habe ein fünfköpfiger Unterausschuss des Habilitationsausschusses unter der Führung des Prof. Dr. S. geführt. Im Anschluss an eine außergerichtliche Einigung zwischen Prof. Dr. D. und dem Klinikum im September 2014 habe der Publizist Sch. eine Liste mit 16 medizinischen Habilitationsschriften und 24 medizinischen Dissertationen erstellt, in denen Texte und Abbildungen in erheblichem Umfang unzitiert weiterverwendet worden seien. In der Kritik habe neben dem Leitenden Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums Freiburg, der sich in der Sitzung des Habilitationsausschusses am 14.10.2013 deutlich für einen Habilitationsentzug ausgesprochen habe, auch Prof. Dr. S. gestanden, dessen Arbeit laut S. zahlreiche übereinstimmende Abbildungen und Tabellen mit drei Dissertationen aufgewiesen habe. Aufgrund der Rolle und der eigenen Betroffenheit des Prof. Dr. S. habe eine objektive Tatsachengrundlage vorgelegen, die bei einem vernünftigen Beteiligten die Besorgnis der Befangenheit begründen könne. Weiterhin werde bestritten, dass die Sitzung des Habilitationsausschusses vom 12.11.2015 stattgefunden habe. Eine Teilnehmerliste habe zunächst nicht existiert und sei trotz interner Beanstandung zunächst nicht zu den Behördenakten genommen worden. Der spätere Vortrag der Beklagten unter Vorlage von Teilnehmerlisten sei auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts höchst widersprüchlich, nicht nachvollziehbar und im Ergebnis nicht geeignet, die ordnungsgemäße Beschlussfassung zu belegen. Schließlich habe die Dekanin schon deswegen nicht an Stelle des Habilitationsausschusses entscheiden dürfen, da die von der Beklagten vertretene Auslegung des § 6 Abs. 4 VerfO ergebnisorientiert und mit dem eindeutigen Normwortlaut nicht vereinbar sei. Entsprechende Mängel seien auch nicht nach § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG unbeachtlich, da die erst nachträglich festgestellte Beschlussunfähigkeit der fehlerhaften Besetzung im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG nicht entspreche. § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG erstrecke die Rechtsfolge des § 10 Abs. 5 Satz 2 LHG lediglich auf den Fall einer fehlerhaften Besetzung der Mitglieder kraft Amtes. Die weitere Auslegung des Verwaltungsgerichts verkenne den systematischen Zusammenhang des § 10 Abs. 5 LHG, da eine isolierte Heranziehung der Norm vom Regelungszweck der Norm nicht gedeckt sei. Insbesondere stelle es keinen Wertungswiderspruch dar, wenn die Rechtswirksamkeit der Handlungen eines gesamten Gremiums, dessen Wahl ungültig sei, unberührt bleibe, während der Beschluss eines wirksam gewählten Gremiums wegen unentdeckt gebliebener Beschlussunfähigkeit unwirksam wäre. Insoweit liege ein Fall der fehlenden Beschlussfassung vor, der mit einer Beschlussfassung durch ein rechtswidrig fehlerhaft besetztes Gremium nicht vergleichbar sei. § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG könne auch aufgrund der erheblichen Bedeutung der Ermessensentscheidung für ihre Berufs- und Wissenschaftsfreiheit keine Anwendung finden, wenn anstelle des pluralistisch besetzten Gremiums allein die Vorsitzende - also eine Einzelperson - entscheide. In der Sache habe sie die Habilitation nicht mit unlauteren Mitteln erlangt, da die wissenschaftliche Urheberschaft bei allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe gelegen habe. Insoweit habe sie sich an den seinerzeit geltenden Standards zur Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen orientiert, wie sie etwa im Bericht der Kommission „Verantwortung in der Forschung" der Medizinischen Fakultät der Beklagten aus dem Jahr 1998 niedergelegt sei. Im Sinne der dort niedergelegten Kriterien habe sie sich zurecht als Autorin und Urheberin der in der Arbeitsgruppe entstandenen Ausarbeitungen angesehen; jedenfalls subjektiv könne ihr daher kein Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens gemacht werden. Der Fall sei etwa mit dem des ehemaligen Leitenden Ärztlichen Direktors der Universitätsklinik Freiburg vergleichbar, zu dem eine Untersuchungskommission der Universität Göttingen vom 09.06.2014 festgehalten habe, dass ein wissenschaftliches Fehlverhalten - wenn überhaupt - nur darin gesehen werden könne, den selbstständigen Beitrag der ihm zuarbeitenden studentischen Hilfskräfte nicht prominent und detailliert genug mitgeteilt zu haben. Insoweit möge es aus heutiger Sicht wünschenswert erscheinen, die Arbeitsteilung innerhalb der Arbeitsgruppe und selbstständige Beiträge studentischer Hilfskräfte genauer darzustellen; jedoch sei eine bloße Danksagung an zuarbeitende studentische Mitarbeiter nach den Ermittlungen der Untersuchungskommission zur damaligen Zeit üblich gewesen und daher rückblickend nicht als wissenschaftliches Fehlverhalten zu beanstanden. Bei der Frage, ob der wissenschaftlichen Hilfskraft im Hinblick auf ihre eigene Dissertation ein wissenschaftliches Fehlverhalten vorzuwerfen sei, habe die Untersuchungskommission berücksichtigt, dass beide Arbeiten aus einer arbeitsteilig organisierten Arbeitsgruppe hervorgegangen seien, beide Arbeiten sich aber jeweils eigenständigen Fragestellungen zugewandt und dazu die Ergebnisse der gemeinsamen Forschungen eigenständig aus dem originellen Blickwinkel der jeweiligen Fragestellung interpretiert hätten. Außerdem habe die damalige studentische Hilfskraft die in der eigenen Arbeit interpretierten Datenreihen selbst erhoben gehabt. Subjektiv habe es der Hilfskraft bei Einreichen der Arbeit ersichtlich an der zum Vorsatz gehörenden und auch für fahrlässiges Verhalten notwendigen Vorstellung gefehlt, sich wissenschaftlich unkorrekt zu verhalten. So liege der Fall auch im Hinblick auf die Habilitation der Klägerin, da die übereinstimmenden Darstellungen und Formulierungen der arbeitsteiligen Arbeitsweise innerhalb der Arbeitsgruppe geschuldet gewesen seien, die ein gemeinsames Urheberrecht der Beteiligten begründet hätte. Auf Rechtsfolgenseite sei schließlich weder dokumentiert noch erkennbar, dass die - ohnehin unzuständige - Dekanin Ermessenserwägungen angestellt habe, da sie sich an die vorausgegangene Beschlussfassung des Ausschusses gebunden gefühlt habe.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2019 - 1 K 5443/18 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 23.01.2015 und deren Widerspruchsbescheid vom 16.08.2018 aufzuheben.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auslegung des § 6 Abs. 4 VerfO entspreche dem Sinn und Zweck der Regelung. § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG sei auf Entscheidungen beschlussunfähiger Gremien entsprechend anwendbar, da das Landeshochschulgesetz der Rechtssicherheit und der Arbeitsfähigkeit der Gremien den Vorrang gebe. Entsprechend der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Unbeachtlichkeitsregelung des § 10 Abs. 5 LHG, die der Handlungs- und Funktionsfähigkeit der universitären Gremien und Organe diene, entsprechend anzuwenden, zumal es an einem Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem behaupteten Verfahrensfehler und einer subjektiven Rechtsverletzung fehle. Entgegen der Behauptung der Klägerin hätten sowohl der Habilitationsausschuss im Rahmen der Nichtabhilfe als auch der Widerspruchsbescheid selbst die Rücknahme der Habilitation auf § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gestützt. In der Sache lägen keine Ermessensfehler vor; insbesondere würden auch ihre tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines Plagiats nicht mehr bestritten.
22 
Dem Senat liegen die Gerichtsakte des erstinstanzlichen Verfahrens und die Akten der Beklagten (5 Leitzordner) einschließlich der Habilitationsschrift der Klägerin, der Dissertationsschrift der Tochter der Klägerin und der Dissertationsschrift des Dr. K vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten, die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die übrige Gerichtsakte sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 06.05.2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
23 
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die zulässige Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der Habilitation der Klägerin mit Wirkung für die Zukunft unter Verpflichtung zur Rückgabe der ihr ausgestellten Habilitationsurkunde ist nicht begründet, da der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bzw. ein Aufhebungsanspruch der Klägerin allein aufgrund möglicher Verfahrensfehler nicht besteht (§ 46 LVwVfG).
24 
1. a) Ebenso wie das Verwaltungsgericht sieht der Senat im vorliegenden Verfahren keine Veranlassung, den in der erstinstanzlichen Entscheidung skizzierten Zweifeln an der Anwendbarkeit und Vereinbarkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 16 Abs. 1 der Habilitationsordnung der Beklagten für die Medizinische Fakultät vom 11.10.1988 in der Fassung vom 28.02.2014 (HabilO) mit höherrangigem Recht weiter nachzugehen (vgl. hierzu im Einzelnen das angefochtene Urteil, juris Rn. 118 ff.). Denn die Beklagte hat ihre Entscheidung, die auch aus formellen Gründen nicht der Aufhebung unterliegt (sogleich 2., 3.), jedenfalls im Nachgang zur Entscheidung vom 23.01.2015 ausdrücklich auch auf § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gestützt, dessen gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (unten 4.). Sie hat das ihr nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen im Widerspruchsverfahren erstmals rechtsfehlerfrei ausgeübt (unten 5.). Zugleich bestehen auch nach Auffassung des Senats keine Zweifel daran, dass auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme der Habilitation auf Grundlage des § 16 Abs. 1 HabilO vorliegen und die von der Beklagten ausgesprochene Rechtsfolge von dieser Ermächtigungsgrundlage - deren Anwendbarkeit und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht vorausgesetzt - gedeckt ist (vgl. hierzu im Einzelnen Rn. 118 ff. des angefochtenen Urteils sowie unten I. 4.).
25 
b) Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids der Beklagten vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 16.08.2018 erwiese sich daher bei Anwendung beider in Betracht kommender Ermächtigungsgrundlagen als rechtmäßig. Im Ergebnis kann daher offen bleiben, ob § 16 Abs. 1 HabilO den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts (vgl. hierzu allerdings BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 27 ff.) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt, ob er die allgemeine Regelung des § 48 Abs. 1 LVwVfG innerhalb seines Anwendungsbereiches verdrängen kann (vgl. zur Promotionsentziehung nach nordrhein-westfälischem Landesrecht OVG NRW, Urteil vom 10.02.2016 - 19 A 991/12 -, juris Rn. 49) oder er letztlich als bereichsspezifische Einengung des durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Rücknahmeermessens verstanden werden muss. Insbesondere bedarf keiner Entscheidung, ob eine Ausgestaltung als gebundene Entscheidung ausreichenden Raum dafür lässt, die von der Rücknahmeentscheidung im Einzelfall berührten Belange des Vertrauensschutzes und möglicher existenzbedrohender Folgen zu berücksichtigen (vgl. zu entsprechenden Zweifeln OVG NRW, Urteil vom 10.02.2016, a.a.O., juris Rn. 49). Allerdings weist der Senat darauf hin, dass die Habilitationsordnung der Beklagten auf § 55 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 51 Abs. 1 UG beruht, so dass es auf mögliche Zweifel an der Reichweite der Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 Satz 1 UG vorliegend nicht ankommt (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2000 - 9 S 2553/99 -, juris Rn. 18).
26 
2. a) Über die Entziehung eines Hochschulgrades entscheidet nach § 36 Abs. 7 Satz 2 LGH die Hochschule, die den Grad verliehen hat; dies gilt auch in Fällen, in denen die Entziehung - wie hier die Rücknahmeentscheidung nach § 16 Abs. 1 HabilO bzw. § 48 Abs. 1 LVwVfG - nicht auf § 36 Abs. 7 Satz 1 LHG beruht. Innerhalb der Medizinischen Fakultät der Beklagten entscheidet nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO der Habilitationsausschuss über die Rücknahme der Habilitation; entsprechendes gilt - soweit sich die Zuständigkeit auch insoweit nicht schon aus § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO ergibt - für eine Rücknahme der Habilitation nach allgemeinen Grundsätzen (§ 2 Abs. 1 HabilO i.V.m. dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 5 LVwVfG). Als Vorsitzende des Habilitationsausschusses (§ 2 Abs. 2 HabilO) hat die Dekanin den Bescheid vom 23.01.2015 daher zu Recht in Ausführung des Beschlusses des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 erlassen. Die Widerspruchszuständigkeit der Prorektorin für Studium und Lehre ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG (vgl. Senatsurteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, juris Rn. 19).
27 
b) Insoweit begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Prorektorin für Studium und Lehre den Habilitationsausschuss nach Eingang des Widerspruchs der Klägerin erneut mit dem Sachverhalt befasst und eine förmliche Entscheidung herbeigeführt hat. Zwar war die Durchführung eines förmlichen Abhilfeverfahrens im Sinne des § 72 VwGO vorliegend nicht erforderlich, da die Beklagte über Widersprüche in Hochschulangelegenheiten als Selbstverwaltungsangelegenheit selbst entscheidet (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO), so dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde hier trotz unterschiedlicher Organzuständigkeit identisch sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.07.1984 - 7 C 28.83 -, BVerwGE 70, 4, juris Rn. 28 f.; für eine Abhilfebefugnis des zuständigen Organs allerdings Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 72 Rn. 3). Dennoch war die Beklagte nicht gehindert, den Habilitationsausschuss im Interesse der Abklärung der gegen die Rücknahmeentscheidung erhobenen Einwendungen in das Verfahren einzubinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.07.1984, a.a.O., juris Rn. 30 f.) und sich so insbesondere dessen besonderer Sachkunde zu bedienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 35). Dass die Prorektorin den Habilitationsausschuss, dem das Hochschulrecht im Widerspruchsverfahren keine ausdrückliche Befassungskompetenz zuweist, darüber hinaus mit dem Ziel einer erstmaligen Ausübung des durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens beteiligt und einen förmlichen Beschluss über die ergänzende Heranziehung einer weiteren Ermächtigungsgrundlage herbeigeführt hat, ist jedenfalls angesichts der im Widerspruchsverfahren aufgetretenen Zweifel an der Vereinbarkeit von § 16 Abs. 1 HabilO mit höherrangigem Recht nicht zu beanstanden. Die Verpflichtung der Prorektorin für Studium und Lehre, die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der so ergänzten Ausgangsentscheidung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eigenständig und ohne Bindung an die Sachverhaltsfeststellungen, Rechtsauffassungen oder Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses zu überprüfen [sogleich I. 3. a)], ist indes auch in Ansehung der überobligatorischen Beteiligung des Habilitationsausschusses vorliegend gewahrt (unten I. 5.).
28 
3. Auch wegen möglicher Verfahrensmängel kann die Klägerin eine Aufhebung des angegriffenen Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht beanspruchen.
29 
a) Dies folgt schon aus dem Umstand, dass Gegenstand der Anfechtungsklage nach § 79 Abs. 1 Satz 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in jener Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG zuständigen Prorektorin für Studium und Lehre obliegt dabei eine umfassende Überprüfung von Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Ausgangsbescheids, bei der sie weder an die Rechtsauffassung noch an die Sachverhaltsfeststellungen der Ausgangsbehörde gebunden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.2011 - 7 B 34.11 -, juris Rn. 7; vgl. auch Porsch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2020, § 73 Rn. 17). Insbesondere kommt dem Habilitationsausschuss im Kontext der Rücknahme der Habilitation auch im Hinblick auf das Vorliegen und die Bewertung eines Plagiats kein prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. zur Entziehung des Doktorgrads Senatsbeschluss 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 33; ähnlich BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 35). Für die gerichtliche Nachprüfung der Behördenentscheidung ist daher der Widerspruchsbescheid von maßgeblicher Bedeutung, auch wenn Ausgangs- und Widerspruchverfahren im Ausgangspunkt zwei Verwaltungsverfahren darstellen. Diese bilden letztlich jedoch eine Einheit, da gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst der Widerspruchsbescheid der behördlichen Entscheidung die für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt verleiht. Das gilt auch dann, wenn der Widerspruchsbescheid - wie hier - den eigentlichen Entscheidungsausspruch unverändert lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.2011 - 7 B 34.11 -, juris Rn. 7). Mögliche Mängel des Ausgangsverfahrens und des - hier ohnehin entbehrlichen - Abhilfeverfahrens [vgl. oben I. 2. b)] können einen Aufhebungsanspruch hinsichtlich des in Gestalt des Widerspruchsbescheids zu prüfenden Ausgangsbescheids daher nur dann begründen, wenn diese im Widerspruchsbescheid fortwirken (vgl. zur fehlerhaften Begründung eines Ermessensverwaltungsakts etwa BVerwG, Urteil vom 19.12.1995 - 1 C 3.93 -, juris Rn. 34; Pietzcker, in: Schoch/Schneider, a.a.O., § 79 Rn. 4). Dies ist vorliegend jedoch schon deswegen nicht der Fall, weil auch die im (vermeintlichen) Abhilfeverfahren erstmals getroffene Ermessensentscheidung des Habilitationsausschusses im eigentlichen Widerspruchsverfahren einer umfassenden Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle durch die Prorektorin für Studium und Lehre unterlag, die von dieser Befugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat (unten I. 5.). Eigenständige Mängel des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich.
30 
b) Unabhängig davon kann die Klägerin einen Aufhebungsanspruch auch in Ansehung der Mitwirkung des Habilitationsausschusses im Widerspruchsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen. Diese begegnet rechtlich überwiegend schon keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Habilitationsausschuss nicht beschlussfähig gewesen sein könnte und die Dekanin als Vorsitzende des Habilitationsausschusses zu Unrecht an Stelle des Habilitationsausschusses als Kollegialorgan entschieden hat, könnte das Vorliegen eines Verfahrensmangels zwar nicht unter direkter oder entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG in Abrede gestellt werden [unten I. 3. b) bb) ccc) (2)]. Der Aufhebung des angegriffenen Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids stünde dann jedoch § 46 LVwVfG entgegen, da offensichtlich ist, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat [§ 46 LVwVfG; vgl. unten I. 3. b) bb) ccc) (4)].
31 
aa) Soweit die Klägerin bestreitet, dass der Habilitationsausschuss der Medizinischen Fakultät in seiner Sitzung vom 12.11.2015 beraten und den Beschluss darüber gefasst hat, die mit Beschluss vom 11.12.2014 getroffene Rücknahmeentscheidung hilfsweise auf die Ermessensnorm des § 48 Abs. 1 LVwVfG zu stützen, hat die Beklagte eine entsprechende Beschlussfassung durch Vorlage des unterschriebenen Beschlussprotokolls zur Sitzung vom 12.11.2015 nachgewiesen (§ 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO). Den nach § 415 Abs. 2 ZPO zulässigen Beweis einer unrichtigen Beurkundung des Vorgangs hat die Klägerin nicht erbracht.
32 
bb) Auch aus Sicht des erkennenden Senats bedürfen die Vorgänge innerhalb der Sitzung des Habilitationsausschusses vom 12.11.2015 keiner weiteren Aufklärung. Zwar ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Habilitationsausschuss - wie das Verwaltungsgericht aufgrund des Beschlussprotokolls und der Anwesenheitsliste, das eine Anwesenheit des Prof. Dr. H. während der Tagesordnungspunkte 1 und 2 nahelegt, erwogen hat - entgegen der Annahme der Dekanin Prof. Dr. K. auch im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch beschlussfähig war [unten aaa)], der Ausschuss im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt 2 - wie wohl ursprünglich von der Dekanin Prof. Dr. K. angenommen - in Folge des Ausschlusses des Prodekans Lehre Prof. Dr. K. aufgrund der Besorgnis der Befangenheit beschlussunfähig war [unten bbb)], oder die Beschlussunfähigkeit erst - wie die Beklagte nunmehr vorträgt - in Folge der Abwesenheit des zunächst anwesenden Prof. Dr. H. eingetreten war [unten ccc)]. Denn in keinem der in Betracht kommenden Fälle läge ein Verfahrensfehler vor, aufgrund dessen die Klägerin die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten beanspruchen könnte.
33 
aaa) Soweit - was in Ansehung des Protokolls und der Teilnehmerliste vom 12.11.2015 allerdings fern liegt - Prof. Dr. H. an der Sitzung des Habilitationsausschusses auch im Rahmen der Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2 teilgenommen haben sollte, könnte die Klägerin eine Aufhebung des Bescheids vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 nicht verlangen. Zwar hätte die Dekanin der Medizinischen Fakultät in diesem Fall zu Unrecht die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses festgestellt und unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO an dessen Stelle entschieden; gegenüber dem - dann ordnungsgemäßen - unmittelbar zuvor gefassten inhaltsgleichen Beschluss des Habilitationsausschusses entfaltete diese Entscheidung aber keine kassatorische Wirkung. Ein Verfahrensfehler läge bei dieser Sachverhaltsgestaltung daher nicht vor.
34 
bbb) Eine Aufhebung der angegriffenen Entscheidung könnte die Klägerin indes auch dann nicht verlangen, wenn - wie die Dekanin der Medizinischen Fakultät möglicherweise bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit in der Sitzung vom 12.11.2015 angenommen hat - Prof. Dr. H. die Sitzung vor dem Prodekan Lehre Prof. Dr. K. verlassen hätte. Zwar wäre in diesem Fall die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses eingetreten, da nach deren Ausscheiden lediglich 10 der insgesamt 21 Professoren, Hochschul- und Privatdozenten, die dem Fakultätsrat angehören, anwesend waren. Das nach § 2 Abs. 3 HabilO erforderliche Quorum wäre daher unterschritten gewesen, so dass die Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt 2 nicht mehr gegeben gewesen wäre. Das zu beachtende Verfahren richtete sich daher nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO, da der Habilitationsausschuss „wegen der Befangenheit“ des Prodekans Prof. Dr. K. beschlussunfähig geworden wäre. In diesem Fall wäre jedoch fraglich, ob die Dekanin - entsprechend dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO - an Stelle der befangenen Mitglieder hätte entscheiden müssen oder - wie das Verwaltungsgericht im Wege einer systematisch-teleologischen Normauslegung angenommen hat - die Entscheidung der oder des Vorsitzenden im Fall einer auf Befangenheitsgründen beruhenden Beschlussunfähigkeit an die Stelle der Entscheidung des Gremiums tritt. Für die vom Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis der Beklagten zugrunde gelegte Auslegung spricht dabei der Umstand, dass das in § 6 Abs. 4 Satz 2 VerfO geregelte Erfordernis der Anhörung der nicht befangenen Ausschussmitglieder im Fall einer Entscheidung der Dekanin mit (lediglich) erhöhtem Stimmgewicht (unter Mitwirkung der nicht befangenen Ausschussmitglieder) nicht recht verständlich erscheint. Es könnte allerdings zumindest als Hinweis darauf verstanden werden, dass auch der Abstimmung eines nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO beschlussunfähig gewordenen Gremiums eine Beratung des Gremiums vorausgehen soll, die grundsätzlich ebenfalls die Beschlussfähigkeit des Gremiums voraussetzt (vgl. Kastner, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 90 VwVfG Rn. 4; Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 17). Gegen eine „korrigierende“ Auslegung des an sich klar formulierten Normwortlauts könnte demgegenüber sprechen, dass sie z.B. im Fall ihrer Anwendung auf den Habilitationsausschuss geeignet wäre, das Stimmgewicht der - für die Beschlussfähigkeit nicht relevanten - nicht dem Fakultätsrat angehörenden Ausschussmitglieder vollständig zu negieren, obwohl die Ursache der fehlenden Beschlussfähigkeit in der Sphäre der dem Fakultätsrat angehörenden Mitglieder liegt (vgl. § 2 Abs. 3 HabilO).
35 
Vorliegend bedarf jedoch keiner Entscheidung, welcher Auslegung der Verfahrensordnung der Beklagten der Vorzug zu geben ist, da angesichts der Entscheidung der Dekanin und der vorausgegangenen einstimmigen Entscheidung des Habilitationsausschusses feststeht, dass der Habilitationsausschuss auch im Fall einer Ersetzung nur der Stimme des Prodekans Lehre einstimmig zu Lasten der Klägerin entschieden hätte [vgl. zur Anwendbarkeit des § 46 LVwVfG unten I. 3. b) bb) ccc) (4)]. Dem Senat erscheint es daher vorzugswürdig, die Auflösung des Widerspruchs zwischen Normwortlaut und (nach ihren Angaben) tatsächlicher Verwaltungspraxis der Beklagten zu überlassen, die - im Interesse der Rechtssicherheit auch für zukünftige Streitfälle - eine ausdrückliche Normänderung oder -bestätigung durch die zuständigen Hochschulorgane veranlassen kann.
36 
ccc) (1) Allerdings läge ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften dann vor, wenn - wie von der Beklagten vorgetragen - Prof. Dr. H. die Sitzung des Habilitationsausschusses erst nach dem Prodekan Lehre verlassen hätte. Zwar wäre die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses auch unabhängig von der Reihenfolge des Ausscheidens beider Mitglieder eingetreten; die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO, aus der die Dekanin der Medizinischen Fakultät als Vorsitzende des Habilitationsausschusses ihre Entscheidungsbefugnis an Stelle des beschlussunfähigen Ausschusses hergeleitet hat, findet nach deren Wortlaut indes nur auf Fälle Anwendung, in denen die Beschlussunfähigkeit des Gremiums auf der Befangenheit von Mitgliedern beruht. In Fällen, in denen - wie hier - die Beschlussunfähigkeit „aus anderen als Befangenheitsgründen im Sinne der §§ 20 und 21 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes eintritt“, ist die Abstimmung demgegenüber auf eine spätere Sitzung zu vertagen oder - im Fall der wiederholten Beschlussunfähigkeit - nach Maßgabe des 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 VerfO zu verfahren (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VerfO). Die Voraussetzungen für eine Entscheidung der Dekanin an Stelle des beschlussunfähigen Habilitationsausschusses [vgl. hierzu oben I. 3. b) bb) aaa)] hätten daher nicht vorgelegen.
37 
(2) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts findet die Regelung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf die vorliegende Fallkonstellation keine Anwendung.
38 
α) Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des aufgrund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (§ 10 Abs. 5 Satz 1 LHG). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Nach § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG gilt Satz 2 bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend. § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG dehnt damit die Unbeachtlichkeit auf sonstige Besetzungsmängel des Gremiums aus (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020 - 9 S 2092/18 -, juris Rn. 273, sowie Senatsbeschluss vom 30.07.2018, a.a.O., juris Rn. 37). Bei dieser Regelung handelt es sich um eine spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel, die im Interesse der Rechtssicherheit und zur Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe bestimmten Verfahrensfehlern eine rechtliche Relevanz für die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen und für die Aufhebbarkeit gegebenenfalls darauf gestützter Verwaltungsakte abspricht. Sie begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und geht (in ihrem Anwendungsbereich, siehe dazu noch unten) der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG vor (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 274).
39 
In der Rechtsprechung des Senats ist insoweit geklärt, dass sich der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG allgemein auf „Gremien“ sowie einzelne Mitglieder eines Gremiums unabhängig davon erstreckt, ob das jeweilige Gremium aus Vertretern der an einer Universität vorhandenen Mitgliedergruppen zusammengesetzt ist oder aus gewählten Amtsträgern besteht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.07.2018, a.a.O., juris Rn. 33 f. und vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 13 ff.; vgl. auch Hornfischer OdW 2020, 85 [90]). Die hiernach unberührt bleibende „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit der Gremien bzw. ihrer Mitglieder verweist dabei nicht nur auf die formelle Bestandkraft der vom jeweiligen Gremium beschlossenen Maßnahmen, sondern schließt auch eine Anfechtung unter Berufung auf von der Norm erfasste Besetzungsmängel aus (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 275 sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 25 ff. m.w.N.).
40 
β) Danach ist die Regelung zwar grundsätzlich auf den Habilitationsausschuss der Beklagten anwendbar. Über die Frage der Anwendbarkeit auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Beschlussunfähigkeit eines Gremiums hatte der Senat allerdings bislang nicht zu entscheiden. Die Frage ist dahingehend zu beantworten, dass der Mangel der Beschlussunfähigkeit eines Gremiums dem Mangel einer „sonstigen“ fehlerhaften Besetzung des Gremiums nicht gleichgeachtet werden kann (so wohl auch Herberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 3. Auflage 2009, Rn. 241; a.A. Hornfischer OdW 2020, 85 [90 ff.]).
41 
Wesentlicher Zweck der Tätigkeit von Ausschüssen oder anderen Kollegialorganen ist es, dass - im Gegensatz zu monokratischem Behördenhandeln - durch Zusammenarbeit ihrer Mitglieder eine gemeinsame, möglichst umfassende, durch Mehrheitsentscheidung abzuschließende Meinungsbildung über die Beratungsgegenstände erreicht wird (sog. Kollegialprinzip; vgl. nur Kallerhoff/Hecker, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 90 Rn. 1). Dem Erfordernis eines bestimmten Mindestquorums kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, da es ein wesentliches Element zur Realisierung des Kollegialprinzips darstellt (vgl. Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 3). Ausgehend von dieser Sicherungsfunktion liefe eine Anwendung der spezialgesetzlichen Unbeachtlichkeitsklausel des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf Fälle der Beschlussunfähigkeit Gefahr, die bewusste Entscheidung des Gesetz- bzw. Satzungsgebers für die Einschaltung eines Kollegialorgans und die Geltung des Kollegialprinzips zu relativieren und zudem die Grenzziehung zwischen - grundsätzlich beachtlichen - Mängeln der ordnungsgemäßen Ladung und Einberufung (vgl. hierzu Senatsurteile vom 04.08.2010 - 9 S 2315/09 -, juris Rn. 29; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, juris Rn. 25) - und Fällen der - bei direkter oder entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG ggf. unbeachtlichen - fehlenden Beschlussfähigkeit zu verwischen.
42 
Gegen eine entsprechende Anwendung auf Fälle, die die Beschlussfähigkeit eines im Übrigen ordnungsgemäß besetzten Gremiums betreffen, dürfte zudem sprechen, dass einem nur im Einzelfall vorliegenden Mangel der Beschlussfähigkeit - anders als z.B. Mängeln, die die Gremienzugehörigkeit einzelner Mitglieder als solche berühren - durch Einhaltung des gesetzlich bestimmten Verfahrens in der Regel auch kurzfristig abgeholfen werden kann und der oder die Vorsitzende eines Gremiums ohnehin verpflichtet ist, die Beschlussfähigkeit von Amts wegen zu prüfen (vgl. § 6 Abs. 2 VerfO; Kastner, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 90 VwVfG Rn. 4; Delbanco, in: BeckOK VwVfG, Stand: Januar2021], § 90 VwVfG Rn. 6; Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 7). Jedenfalls begründet die Nichtanwendbarkeit des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf einen solchen Verfahrensmangel vor diesem Hintergrund keinen Wertungswiderspruch zur Unbeachtlichkeit eines die Wahl oder die Besetzung eines Gremiums bzw. einzelner Gremienmitglieder betreffenden Mangels, der eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen gebieten würde (a.A. insoweit Hornfischer OdW 2020, 85 [91]).
43 
Dass § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf Fälle der Beschlussunfähigkeit keine Anwendung finden kann, zeigt im Übrigen auch ein Vergleich mit dem in der Verfahrensordnung der Beklagten vorgesehenen Vorgehen bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit eines entsprechenden Hochschulgremiums. Denn § 6 Abs. 3 VerfO sieht insoweit selbst im Fall der wiederholten Beschlussunfähigkeit die unverzügliche Einberufung einer dritten Sitzung vor, in der ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlossen werden kann. Dies entspricht einem z.B. in § 90 Abs. 2 LVwVfG vorausgesetzten allgemeinen Rechtsgedanken (vgl. Huck, in: Huck/Müller, VwVfG, 3. Aufl. 2020, § 90 Rn. 11), den der Landesgesetzgeber mit Schaffung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG ersichtlich nicht in Frage stellen wollte. Der Sache nach stellt sich die Entscheidung eines beschlussunfähigen Universitätsgremiums daher nicht als Mangel seiner Besetzung, sondern als sonstiger Mangel der Einberufung und Durchführung einer weiteren Sitzung dar, der nicht nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG unbeachtlich sein kann (vgl. Senatsurteile vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 267 und vom 04.08.2010, a.a.O., juris Rn. 28 ff.).
44 
Eine entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auch auf Fälle der Beschlussunfähigkeit ist schließlich auch nicht deswegen geboten, weil die entsprechende Verfahrensregelung alleine Abläufe im Binnenbereich der beklagten Universität im Vorfeld der abschließenden Verwaltungsentscheidung betrifft, so dass der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Beschlussfassung des nicht beschlussfähigen Habilitationsausschusses und einer subjektiven Rechtsverletzung der Klägerin fehlte (so aber das angefochtene Urteil, juris Rn. 105 f., sowie Hornfischer OdW 2020, 85 [92] unter Verweis auf Senatsbeschluss vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 34). Denn ein trotz bestehender Beschlussunfähigkeit gefasster Beschluss des universitätsintern zuständigen Habilitationsausschusses wäre nach allgemeinen Prinzipien als unwirksam anzusehen (vgl. Thiele, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 90 VwVfG Rn. 14; Delbanco, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 7; Kastner, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 5), so dass auch im Hinblick auf eine hierauf beruhende außenwirksame Entscheidung ein Verfahrensfehler zu Lasten der Klägerin anzunehmen wäre (vgl. zur fehlerhaften Nichtbeteiligung eines zur Mitwirkung berechtigten Kontrastorgans Nds. OVG, Beschluss vom 31.01.2013 - 7 LA 160/11 -, juris Rn. 9).
45 
γ) Auch die - in der hier zugrunde zu legenden Sachverhaltsvariante zu Unrecht auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO gestützte - Entscheidung der Dekanin an Stelle des Habilitationsausschusses könnte vorliegend nicht nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG als wirksam angesehen werden, da dieser Fälle der funktionalen Unzuständigkeit schon seinem Wortlaut nach nicht erfasst. Eine entsprechende Anwendung auf Fälle der Entscheidung eines Organs anstelle des zur Entscheidung berufenen Gremiums liefe zudem ebenfalls Gefahr, die bewusste Entscheidung des Gesetz- bzw. Satzungsgebers für die Einschaltung eines Kollegialorgans und die Geltung des Kollegialprinzips zu relativieren.
46 
(3) Die mithin möglicherweise fehlende Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses in der Sitzung vom 12.11.2015 führte indes - ebenso wie eine Entscheidung durch die möglicherweise funktionell unzuständige Dekanin an Stelle des Habilitationsausschusses - nicht zur Nichtigkeit des im Nachgang ergangenen Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018, wie sich aus dem Rechtsgedanken des § 44 Abs. 3 Nr. 3 LVwVfG ergibt (vgl. auch Huck, a.a.O., § 90 Rn. 8; Delbanco, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 7; Kastner, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 5). Dies gilt erst Recht in Ansehung des Umstands, dass eine förmliche Befassung des Habilitationsausschusses im Rahmen eines Abhilfeverfahrens vorliegend nicht geboten war [oben I. 2. b)]. Der Beschluss des Ausschusses vom 12.11.2015 wäre allerdings ebenso objektiv rechtswidrig wie die auf § 6 Abs. 4 VerfO gestützte Entscheidung der Dekanin an dessen Stelle.
47 
(4) Einem hierauf gestützten Aufhebungsanspruch der Klägerin stünde vorliegend jedoch die Vorschrift des § 46 LVwVfG entgegen. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
48 
α) Die allgemeine Vorschrift des § 46 LVwVfG ist vorliegend anwendbar, da § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG eine verdrängende Wirkung nur innerhalb seines - hier nicht eröffneten - Anwendungsbereichs entfaltet (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 274; Senatsbeschluss vom 03.02.2014, a.a.O., juris Rn. 32). Auch im Hinblick auf von ihm nicht erfasste Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsmängel kommt ihm eine abschließende Wirkung nicht zu (vgl. Hornfischer OdW 2020, 85 [89 f.]).
49 
β) Vorliegend ist offensichtlich, dass eine mögliche Verletzung des § 2 Abs. 3 HabilO die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte. Ein Verstoß gegen Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsvorschriften ist zwar nur dann offensichtlich ohne Einfluss auf die Entscheidung in der Sache, wenn das Gericht zweifelsfrei davon ausgehen kann, dass die Entscheidung ohne den Fehler genauso ausgefallen wäre. Ein Kausalzusammenhang ist daher schon dann zu bejahen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den angenommenen Verfahrensmangel die Entscheidung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.06.2018 - 2 C 14.17 -, juris Rn. 32, und vom 30.05.1984 - 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256, 270). Ein solcher Kausalzusammenhang ist aber insbesondere dann zu verneinen, wenn die zu treffende Entscheidung - wie hier die Entscheidung nach § 16 Abs. 1 HabilO - als gebundene Entscheidung ergeht. Auch bei einer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Gremienentscheidung kann ein Kausalzusammenhang der fehlenden Beschlussfähigkeit jedoch ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn offensichtlich ist, dass eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte (vgl. Thiele, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 90 VwVfG Rn. 14). Zwar kann in einem Fall der Nichtteilnahme einer oder mehrerer zum Erreichen der Beschlussfähigkeit notwendiger Personen regelmäßig nicht anhand des Sitzungsprotokolls, des tatsächlichen Ablaufs der Beratung und des Ergebnisses der Abstimmung festgestellt werden, ob und welchen Einfluss die fehlenden Mitglieder im Fall ihrer Teilnahme genommen hätten, so dass eine fehlende Ergebnisrelevanz nur ausnahmsweise angenommen werden kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.05.2014 - 19 B 203/14 -, juris Rn. 33 zur Nichtteilnahme eines zur Teilnahme verpflichteten Mitglieds). Eine derartige besondere Fallkonstellation liegt hier indes vor. Denn der Habilitationsausschuss der medizinischen Fakultät hat übereinstimmend mit dem Abschlussbericht des Unterausschusses des Habilitationsausschusses vom 20.11.2014, dem Beschluss des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 und der allen Mitgliedern des Habilitationsausschusses im Zusammenhang mit der Ladung zugänglich gemachten Beschlussvorlage vom 03.11.2015 entschieden, die Habilitation der Klägerin zurückzunehmen. Die Entscheidung erfolgte einstimmig mit 25 Ja-Stimmen. Der noch zu Beginn der Beratung zu Tagesordnungspunkt 2 anwesende Prof. Dr. H., dessen spätere Abwesenheit die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses ggf. erst begründet hat, hatte dabei den Raum verlassen, ohne zuvor im Hinblick auf die Beschlussvorlage Einwendungen erhoben zu haben. Angesichts dessen kann vorliegend ausgeschlossen werden, dass im Fall der Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses eine Mehrheit zum Nachteil der Klägerin (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 VerfO: einfache Mehrheit) verfehlt worden wäre. Gleiches gilt im Hinblick auf eine Abstimmung in einer späteren Sitzung, da Gegenstimmen gegen die Rücknahme der Habilitation nicht erhoben wurden und die nicht zur Sitzung erschienenen Mitglieder schon in Ansehung der Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen und der vorangegangenen Beschlüsse damit rechnen mussten, dass in der Sitzung vom 12.11.2015 eine Entscheidung zu Lasten der Klägerin ergeht. Angesichts dessen kann auch unter Berücksichtigung einer möglichen Einflussnahme einzelner Mitglieder auf das Abstimmungsverhalten weiterer Mitglieder (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2018, a.a.O., juris Rn. 32) im konkreten Einzelfall aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen werden, dass eine Mehrheit zum Nachteil der Klägerin im Fall einer Wiederholung der Sitzung in anderer Besetzung verfehlt worden wäre. Eine Aufhebung des Bescheids vom 23.01.2015 in Gestalt des im Nachgang zur Sitzung vom 12.11.2015 ergangenen Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 könnte die Klägerin daher auch dann nicht verlangen, wenn der Habilitationsausschuss in seiner Sitzung vom 12.11.2015 beschlussunfähig gewesen wäre und die Dekanin unter Berufung auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO zu Unrecht an dessen Stelle entschieden hätte.
50 
cc) Der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 begegnet auch in Ansehung der Mitwirkung des Prof. Dr. S. im Rahmen des vorbereitenden Unterausschusses und der Beschlussfassung des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 und vom 12.11.2015 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Umstand, dass gegen diesen im Verlauf der Tätigkeit des Unterausschusses und im Zeitpunkt der erstmaligen Beschlussfassung selbst ein parallel gelagertes Verfahren wegen des Verdachts der wissenschaftlichen Unredlichkeit von einer andere Universität geführt worden sei, keine objektive Tatsachengrundlage darstelle, die geeignet sei, bei einem vernünftigen Beteiligten unter den gegebenen Umständen die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (UA S. 23 ff.). Die Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren, die sich in einer Wiederholung und lediglich punktuellen Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens erschöpfen, geben dem Senat keinen Anlass, ihre Einwendungen abweichend vom Verwaltungsgericht zu bewerten. Insbesondere wird aus dem Vorbringen der Klägerin, die ergänzend auf eine Veröffentlichung zur „Plagiatsaffäre in Freiburg“ verweist, in dem gegen Prof. Dr. S. gerichtete Vorwürfe lediglich in einem zusammenfassenden Absatz erwähnt werden, und vorbringt, über die Vorwürfe gegen Prof. Dr. S. stets informiert gewesen zu sein, nicht deutlich, dass ein vernünftiger Beteiligter unter den gegebenen Umständen die Besorgnis hegen konnte, dieser werde das Verfahren nicht unparteiisch, sachlich und mit der gebotenen Distanz betreiben, sondern sich von Vorurteilen oder unsachlichen Erwägungen leiten lassen. Lediglich ergänzend sieht sich der Senat zu dem Hinweis veranlasst, dass nach den Feststellungen der von der Beklagten eingesetzten Untersuchungskommission bereits im Dezember 2014 „kein Anfangsverdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ (mehr) bestand und sich „der Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens, Herr Prof. S. habe sich in Bezug auf seine Habilitationsschrift unredlich verhalten, [...] nach alledem von vorneherein [als] unbegründet“ erwiesen hatte (vgl. Pressemitteilung der Beklagten vom 11.12.2014, „Unbegründete Vorwürfe - Plagiatsvorwürfe gegen J. R. S. und N. S. haltlos“).
51 
4. Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, innerhalb der in § 48 Abs. 4 LVwVfG genannten Frist ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dass diese Voraussetzungen im Hinblick auf die im Jahr 2006 erfolgte Habilitation der Klägerin vorliegen, hat das Verwaltungsgericht auf den Seiten 42 bis 51 sowie auf Seite 54 des angegriffenen Urteils überzeugend ausgeführt und hierbei die im wesentlichen unbestrittenen Feststellungen des Abschlussberichts des Unterausschusses vom 20.11.2014 des Habilitationsausschusses der Medizinischen Fakultät der Beklagten ebenso in Bezug genommen wie die einschlägige Senatsrechtsprechung. Soweit die Klägerin dem im Berufungsverfahren entgegenhält, dass sie nach den von der medizinischen Fakultät der Beklagten im Jahr 1998 formulierten Grundsätzen über die Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen als Mitautorin der in ihrer Habilitation verwendeten Textstellen anzusehen sei, kann dies den Vorwurf der wissenschaftlichen Unlauterkeit, der sich auf die Übernahme (auch) fremder Textbestandteile ohne ausreichende Quellenangabe stützt, nicht entkräften. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gehört es zu den Grundanforderungen des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens, dass alle verwendeten (Original-)Quellen und Hilfsmittel der Arbeit offengelegt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 07.07.2020 - 9 S 2809/19 -, juris, Rn. 28 m.w.N.). Überdies ergibt sich auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Kommission „Verantwortung in der Forschung“ der medizinischen Fakultät der Beklagten aus dem Jahr 1998, an dessen Vorgaben unter 2. zur „Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen“ sie sich orientiert haben will, mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Anteil der einzelnen Autoren an einer gemeinsam - z.B. im Rahmen einer Arbeitsgruppe - erarbeiteten Publikation schon nach den damals geltenden Maßstäben kenntlich gemacht werden sollte. Dies entspricht der auch in § 6 Abs. 2 Nr. 10 HabilO 2003 - ebenso wie bereits in früheren, im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Normfassungen - niedergelegten Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung, ob die schriftliche Habilitationsleistung allein oder unter Beteiligung einer Arbeitsgruppe angefertigt worden ist. Eine entsprechende Erklärung hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Einreichung ihrer Habilitationsarbeit abgegeben, ohne allerdings - wie nach § 6 Abs. 2 Nr. 10 HabilO 2003 erforderlich - auf die Erstellung im Rahmen einer Arbeitsgruppe hinzuweisen, deren Zusammensetzung offenzulegen und ihre individuelle Leistung deutlich abgrenzbar und bewertbar kenntlich zu machen. Angesichts dessen rechtfertigt auch der Umstand, dass - wie die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Einstellungsentscheidung der Untersuchungskommission der Universität Göttingen vom 02.06.2015 darlegt -, die Universität Göttingen die wortgleiche Übernahme von Textpassagen aus einer 1972 erschienenen Habilitationsschrift durch einen an einem „gemeinsamen Datenpool“ beteiligten Doktoranden im Jahr 1974 im Jahr 2015 nicht als wissenschaftliches Fehlverhalten bewertet hat, weil sie von mehreren am Datenpool beteiligten Wissenschaftlern rückblickend als „üblich“ bezeichnet worden sei, schon in Ansehung des Entstehungszeitpunkts der Habilitationsschrift der Klägerin über 30 Jahre später keine andere Betrachtung, zumal die dort festgestellten Textidentitäten von geringer Quantität waren und nicht die zentralen Inhalte der wissenschaftlichen Arbeit berührten. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht festgestellt, dass die Klägerin die allgemeinen wissenschaftlichen Ansprüche bei der Abfassung und Einreichung ihrer Habilitationsarbeit ebenso vorsätzlich verletzt hat wie die besonderen Anforderungen der Habilitationsordnung der Beklagten (UA S. 46). Dem ist nichts hinzuzufügen.
52 
5. Schließlich hat die Beklagte das ihr durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumte Rücknahmeermessen im Widerspruchsverfahren, das mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit bildet [oben I. 3. a)], ohne Rechtsfehler und in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Dies hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der inhaltlichen Tragfähigkeit der angestellten Ermessenserwägungen in der angegriffenen Entscheidung überzeugend ausgeführt (UA S. 51 ff.). Allerdings ist insoweit nicht auf die Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses oder die Entscheidung der Dekanin der Medizinischen Fakultät abzustellen, da das Hochschulrecht dem Habilitationsausschuss im Widerspruchsverfahren keine ausdrückliche Befassungskompetenz zuweist. Maßgeblicher Bezugspunkt ist vielmehr die Entscheidung der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG für die Entscheidung im Widerspruchsverfahren zuständigen Prorektorin für Studium und Lehre, der nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine umfassende Prüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit der widerspruchsbefangenen Entscheidung obliegt [oben I. 2. b), 3. a)]. Insoweit ergibt sich aus dem Widerspruchsbescheid vom 16.08.2018 mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Prorektorin für Studium und Lehre sich an die - auf S. 9 (oben) dieses Bescheides nachrichtlich wiedergegebenen - Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses nicht gebunden gefühlt, sondern diese einer eigenständigen Recht- und Zweckmäßigkeitsüberprüfung unterzogen hat. Dass die diesbezügliche Begründung (S. 9 f.) Verhältnismäßigkeitserwägungen enthält, die - so oder ähnlich - schon Gegenstand der alleine auf § 16 Abs. 1 HabilO gestützten Ausgangsentscheidung des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 waren, ist auch angesichts des eingeschränkten Entscheidungsspielraums der Beklagten nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 40).
53 
6. Auch die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin zur Rückgabe der Habilitationsurkunde binnen eines Monats nach Eintritt der Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung aufzufordern, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 Satz 1 LVwVfG. Auch die Ermessensausübung der Beklagten enthält keine Rechtsfehler und entspricht dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung.
II.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
55 
Beschluss vom 6. Mai 2021
56 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Anlehnung an Ziffer 18.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 20.000,- EUR festgesetzt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
23 
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die zulässige Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der Habilitation der Klägerin mit Wirkung für die Zukunft unter Verpflichtung zur Rückgabe der ihr ausgestellten Habilitationsurkunde ist nicht begründet, da der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bzw. ein Aufhebungsanspruch der Klägerin allein aufgrund möglicher Verfahrensfehler nicht besteht (§ 46 LVwVfG).
24 
1. a) Ebenso wie das Verwaltungsgericht sieht der Senat im vorliegenden Verfahren keine Veranlassung, den in der erstinstanzlichen Entscheidung skizzierten Zweifeln an der Anwendbarkeit und Vereinbarkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 16 Abs. 1 der Habilitationsordnung der Beklagten für die Medizinische Fakultät vom 11.10.1988 in der Fassung vom 28.02.2014 (HabilO) mit höherrangigem Recht weiter nachzugehen (vgl. hierzu im Einzelnen das angefochtene Urteil, juris Rn. 118 ff.). Denn die Beklagte hat ihre Entscheidung, die auch aus formellen Gründen nicht der Aufhebung unterliegt (sogleich 2., 3.), jedenfalls im Nachgang zur Entscheidung vom 23.01.2015 ausdrücklich auch auf § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gestützt, dessen gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (unten 4.). Sie hat das ihr nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen im Widerspruchsverfahren erstmals rechtsfehlerfrei ausgeübt (unten 5.). Zugleich bestehen auch nach Auffassung des Senats keine Zweifel daran, dass auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme der Habilitation auf Grundlage des § 16 Abs. 1 HabilO vorliegen und die von der Beklagten ausgesprochene Rechtsfolge von dieser Ermächtigungsgrundlage - deren Anwendbarkeit und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht vorausgesetzt - gedeckt ist (vgl. hierzu im Einzelnen Rn. 118 ff. des angefochtenen Urteils sowie unten I. 4.).
25 
b) Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids der Beklagten vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 16.08.2018 erwiese sich daher bei Anwendung beider in Betracht kommender Ermächtigungsgrundlagen als rechtmäßig. Im Ergebnis kann daher offen bleiben, ob § 16 Abs. 1 HabilO den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts (vgl. hierzu allerdings BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 27 ff.) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt, ob er die allgemeine Regelung des § 48 Abs. 1 LVwVfG innerhalb seines Anwendungsbereiches verdrängen kann (vgl. zur Promotionsentziehung nach nordrhein-westfälischem Landesrecht OVG NRW, Urteil vom 10.02.2016 - 19 A 991/12 -, juris Rn. 49) oder er letztlich als bereichsspezifische Einengung des durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Rücknahmeermessens verstanden werden muss. Insbesondere bedarf keiner Entscheidung, ob eine Ausgestaltung als gebundene Entscheidung ausreichenden Raum dafür lässt, die von der Rücknahmeentscheidung im Einzelfall berührten Belange des Vertrauensschutzes und möglicher existenzbedrohender Folgen zu berücksichtigen (vgl. zu entsprechenden Zweifeln OVG NRW, Urteil vom 10.02.2016, a.a.O., juris Rn. 49). Allerdings weist der Senat darauf hin, dass die Habilitationsordnung der Beklagten auf § 55 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 51 Abs. 1 UG beruht, so dass es auf mögliche Zweifel an der Reichweite der Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 Satz 1 UG vorliegend nicht ankommt (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2000 - 9 S 2553/99 -, juris Rn. 18).
26 
2. a) Über die Entziehung eines Hochschulgrades entscheidet nach § 36 Abs. 7 Satz 2 LGH die Hochschule, die den Grad verliehen hat; dies gilt auch in Fällen, in denen die Entziehung - wie hier die Rücknahmeentscheidung nach § 16 Abs. 1 HabilO bzw. § 48 Abs. 1 LVwVfG - nicht auf § 36 Abs. 7 Satz 1 LHG beruht. Innerhalb der Medizinischen Fakultät der Beklagten entscheidet nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO der Habilitationsausschuss über die Rücknahme der Habilitation; entsprechendes gilt - soweit sich die Zuständigkeit auch insoweit nicht schon aus § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO ergibt - für eine Rücknahme der Habilitation nach allgemeinen Grundsätzen (§ 2 Abs. 1 HabilO i.V.m. dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 5 LVwVfG). Als Vorsitzende des Habilitationsausschusses (§ 2 Abs. 2 HabilO) hat die Dekanin den Bescheid vom 23.01.2015 daher zu Recht in Ausführung des Beschlusses des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 erlassen. Die Widerspruchszuständigkeit der Prorektorin für Studium und Lehre ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG (vgl. Senatsurteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, juris Rn. 19).
27 
b) Insoweit begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Prorektorin für Studium und Lehre den Habilitationsausschuss nach Eingang des Widerspruchs der Klägerin erneut mit dem Sachverhalt befasst und eine förmliche Entscheidung herbeigeführt hat. Zwar war die Durchführung eines förmlichen Abhilfeverfahrens im Sinne des § 72 VwGO vorliegend nicht erforderlich, da die Beklagte über Widersprüche in Hochschulangelegenheiten als Selbstverwaltungsangelegenheit selbst entscheidet (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO), so dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde hier trotz unterschiedlicher Organzuständigkeit identisch sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.07.1984 - 7 C 28.83 -, BVerwGE 70, 4, juris Rn. 28 f.; für eine Abhilfebefugnis des zuständigen Organs allerdings Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 72 Rn. 3). Dennoch war die Beklagte nicht gehindert, den Habilitationsausschuss im Interesse der Abklärung der gegen die Rücknahmeentscheidung erhobenen Einwendungen in das Verfahren einzubinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.07.1984, a.a.O., juris Rn. 30 f.) und sich so insbesondere dessen besonderer Sachkunde zu bedienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 35). Dass die Prorektorin den Habilitationsausschuss, dem das Hochschulrecht im Widerspruchsverfahren keine ausdrückliche Befassungskompetenz zuweist, darüber hinaus mit dem Ziel einer erstmaligen Ausübung des durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens beteiligt und einen förmlichen Beschluss über die ergänzende Heranziehung einer weiteren Ermächtigungsgrundlage herbeigeführt hat, ist jedenfalls angesichts der im Widerspruchsverfahren aufgetretenen Zweifel an der Vereinbarkeit von § 16 Abs. 1 HabilO mit höherrangigem Recht nicht zu beanstanden. Die Verpflichtung der Prorektorin für Studium und Lehre, die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der so ergänzten Ausgangsentscheidung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eigenständig und ohne Bindung an die Sachverhaltsfeststellungen, Rechtsauffassungen oder Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses zu überprüfen [sogleich I. 3. a)], ist indes auch in Ansehung der überobligatorischen Beteiligung des Habilitationsausschusses vorliegend gewahrt (unten I. 5.).
28 
3. Auch wegen möglicher Verfahrensmängel kann die Klägerin eine Aufhebung des angegriffenen Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht beanspruchen.
29 
a) Dies folgt schon aus dem Umstand, dass Gegenstand der Anfechtungsklage nach § 79 Abs. 1 Satz 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in jener Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG zuständigen Prorektorin für Studium und Lehre obliegt dabei eine umfassende Überprüfung von Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Ausgangsbescheids, bei der sie weder an die Rechtsauffassung noch an die Sachverhaltsfeststellungen der Ausgangsbehörde gebunden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.2011 - 7 B 34.11 -, juris Rn. 7; vgl. auch Porsch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2020, § 73 Rn. 17). Insbesondere kommt dem Habilitationsausschuss im Kontext der Rücknahme der Habilitation auch im Hinblick auf das Vorliegen und die Bewertung eines Plagiats kein prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. zur Entziehung des Doktorgrads Senatsbeschluss 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 33; ähnlich BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 35). Für die gerichtliche Nachprüfung der Behördenentscheidung ist daher der Widerspruchsbescheid von maßgeblicher Bedeutung, auch wenn Ausgangs- und Widerspruchverfahren im Ausgangspunkt zwei Verwaltungsverfahren darstellen. Diese bilden letztlich jedoch eine Einheit, da gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst der Widerspruchsbescheid der behördlichen Entscheidung die für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt verleiht. Das gilt auch dann, wenn der Widerspruchsbescheid - wie hier - den eigentlichen Entscheidungsausspruch unverändert lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.2011 - 7 B 34.11 -, juris Rn. 7). Mögliche Mängel des Ausgangsverfahrens und des - hier ohnehin entbehrlichen - Abhilfeverfahrens [vgl. oben I. 2. b)] können einen Aufhebungsanspruch hinsichtlich des in Gestalt des Widerspruchsbescheids zu prüfenden Ausgangsbescheids daher nur dann begründen, wenn diese im Widerspruchsbescheid fortwirken (vgl. zur fehlerhaften Begründung eines Ermessensverwaltungsakts etwa BVerwG, Urteil vom 19.12.1995 - 1 C 3.93 -, juris Rn. 34; Pietzcker, in: Schoch/Schneider, a.a.O., § 79 Rn. 4). Dies ist vorliegend jedoch schon deswegen nicht der Fall, weil auch die im (vermeintlichen) Abhilfeverfahren erstmals getroffene Ermessensentscheidung des Habilitationsausschusses im eigentlichen Widerspruchsverfahren einer umfassenden Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle durch die Prorektorin für Studium und Lehre unterlag, die von dieser Befugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat (unten I. 5.). Eigenständige Mängel des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich.
30 
b) Unabhängig davon kann die Klägerin einen Aufhebungsanspruch auch in Ansehung der Mitwirkung des Habilitationsausschusses im Widerspruchsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen. Diese begegnet rechtlich überwiegend schon keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Habilitationsausschuss nicht beschlussfähig gewesen sein könnte und die Dekanin als Vorsitzende des Habilitationsausschusses zu Unrecht an Stelle des Habilitationsausschusses als Kollegialorgan entschieden hat, könnte das Vorliegen eines Verfahrensmangels zwar nicht unter direkter oder entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG in Abrede gestellt werden [unten I. 3. b) bb) ccc) (2)]. Der Aufhebung des angegriffenen Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids stünde dann jedoch § 46 LVwVfG entgegen, da offensichtlich ist, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat [§ 46 LVwVfG; vgl. unten I. 3. b) bb) ccc) (4)].
31 
aa) Soweit die Klägerin bestreitet, dass der Habilitationsausschuss der Medizinischen Fakultät in seiner Sitzung vom 12.11.2015 beraten und den Beschluss darüber gefasst hat, die mit Beschluss vom 11.12.2014 getroffene Rücknahmeentscheidung hilfsweise auf die Ermessensnorm des § 48 Abs. 1 LVwVfG zu stützen, hat die Beklagte eine entsprechende Beschlussfassung durch Vorlage des unterschriebenen Beschlussprotokolls zur Sitzung vom 12.11.2015 nachgewiesen (§ 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO). Den nach § 415 Abs. 2 ZPO zulässigen Beweis einer unrichtigen Beurkundung des Vorgangs hat die Klägerin nicht erbracht.
32 
bb) Auch aus Sicht des erkennenden Senats bedürfen die Vorgänge innerhalb der Sitzung des Habilitationsausschusses vom 12.11.2015 keiner weiteren Aufklärung. Zwar ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Habilitationsausschuss - wie das Verwaltungsgericht aufgrund des Beschlussprotokolls und der Anwesenheitsliste, das eine Anwesenheit des Prof. Dr. H. während der Tagesordnungspunkte 1 und 2 nahelegt, erwogen hat - entgegen der Annahme der Dekanin Prof. Dr. K. auch im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch beschlussfähig war [unten aaa)], der Ausschuss im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt 2 - wie wohl ursprünglich von der Dekanin Prof. Dr. K. angenommen - in Folge des Ausschlusses des Prodekans Lehre Prof. Dr. K. aufgrund der Besorgnis der Befangenheit beschlussunfähig war [unten bbb)], oder die Beschlussunfähigkeit erst - wie die Beklagte nunmehr vorträgt - in Folge der Abwesenheit des zunächst anwesenden Prof. Dr. H. eingetreten war [unten ccc)]. Denn in keinem der in Betracht kommenden Fälle läge ein Verfahrensfehler vor, aufgrund dessen die Klägerin die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten beanspruchen könnte.
33 
aaa) Soweit - was in Ansehung des Protokolls und der Teilnehmerliste vom 12.11.2015 allerdings fern liegt - Prof. Dr. H. an der Sitzung des Habilitationsausschusses auch im Rahmen der Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2 teilgenommen haben sollte, könnte die Klägerin eine Aufhebung des Bescheids vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 nicht verlangen. Zwar hätte die Dekanin der Medizinischen Fakultät in diesem Fall zu Unrecht die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses festgestellt und unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO an dessen Stelle entschieden; gegenüber dem - dann ordnungsgemäßen - unmittelbar zuvor gefassten inhaltsgleichen Beschluss des Habilitationsausschusses entfaltete diese Entscheidung aber keine kassatorische Wirkung. Ein Verfahrensfehler läge bei dieser Sachverhaltsgestaltung daher nicht vor.
34 
bbb) Eine Aufhebung der angegriffenen Entscheidung könnte die Klägerin indes auch dann nicht verlangen, wenn - wie die Dekanin der Medizinischen Fakultät möglicherweise bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit in der Sitzung vom 12.11.2015 angenommen hat - Prof. Dr. H. die Sitzung vor dem Prodekan Lehre Prof. Dr. K. verlassen hätte. Zwar wäre in diesem Fall die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses eingetreten, da nach deren Ausscheiden lediglich 10 der insgesamt 21 Professoren, Hochschul- und Privatdozenten, die dem Fakultätsrat angehören, anwesend waren. Das nach § 2 Abs. 3 HabilO erforderliche Quorum wäre daher unterschritten gewesen, so dass die Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt 2 nicht mehr gegeben gewesen wäre. Das zu beachtende Verfahren richtete sich daher nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO, da der Habilitationsausschuss „wegen der Befangenheit“ des Prodekans Prof. Dr. K. beschlussunfähig geworden wäre. In diesem Fall wäre jedoch fraglich, ob die Dekanin - entsprechend dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO - an Stelle der befangenen Mitglieder hätte entscheiden müssen oder - wie das Verwaltungsgericht im Wege einer systematisch-teleologischen Normauslegung angenommen hat - die Entscheidung der oder des Vorsitzenden im Fall einer auf Befangenheitsgründen beruhenden Beschlussunfähigkeit an die Stelle der Entscheidung des Gremiums tritt. Für die vom Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis der Beklagten zugrunde gelegte Auslegung spricht dabei der Umstand, dass das in § 6 Abs. 4 Satz 2 VerfO geregelte Erfordernis der Anhörung der nicht befangenen Ausschussmitglieder im Fall einer Entscheidung der Dekanin mit (lediglich) erhöhtem Stimmgewicht (unter Mitwirkung der nicht befangenen Ausschussmitglieder) nicht recht verständlich erscheint. Es könnte allerdings zumindest als Hinweis darauf verstanden werden, dass auch der Abstimmung eines nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO beschlussunfähig gewordenen Gremiums eine Beratung des Gremiums vorausgehen soll, die grundsätzlich ebenfalls die Beschlussfähigkeit des Gremiums voraussetzt (vgl. Kastner, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 90 VwVfG Rn. 4; Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 17). Gegen eine „korrigierende“ Auslegung des an sich klar formulierten Normwortlauts könnte demgegenüber sprechen, dass sie z.B. im Fall ihrer Anwendung auf den Habilitationsausschuss geeignet wäre, das Stimmgewicht der - für die Beschlussfähigkeit nicht relevanten - nicht dem Fakultätsrat angehörenden Ausschussmitglieder vollständig zu negieren, obwohl die Ursache der fehlenden Beschlussfähigkeit in der Sphäre der dem Fakultätsrat angehörenden Mitglieder liegt (vgl. § 2 Abs. 3 HabilO).
35 
Vorliegend bedarf jedoch keiner Entscheidung, welcher Auslegung der Verfahrensordnung der Beklagten der Vorzug zu geben ist, da angesichts der Entscheidung der Dekanin und der vorausgegangenen einstimmigen Entscheidung des Habilitationsausschusses feststeht, dass der Habilitationsausschuss auch im Fall einer Ersetzung nur der Stimme des Prodekans Lehre einstimmig zu Lasten der Klägerin entschieden hätte [vgl. zur Anwendbarkeit des § 46 LVwVfG unten I. 3. b) bb) ccc) (4)]. Dem Senat erscheint es daher vorzugswürdig, die Auflösung des Widerspruchs zwischen Normwortlaut und (nach ihren Angaben) tatsächlicher Verwaltungspraxis der Beklagten zu überlassen, die - im Interesse der Rechtssicherheit auch für zukünftige Streitfälle - eine ausdrückliche Normänderung oder -bestätigung durch die zuständigen Hochschulorgane veranlassen kann.
36 
ccc) (1) Allerdings läge ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften dann vor, wenn - wie von der Beklagten vorgetragen - Prof. Dr. H. die Sitzung des Habilitationsausschusses erst nach dem Prodekan Lehre verlassen hätte. Zwar wäre die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses auch unabhängig von der Reihenfolge des Ausscheidens beider Mitglieder eingetreten; die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO, aus der die Dekanin der Medizinischen Fakultät als Vorsitzende des Habilitationsausschusses ihre Entscheidungsbefugnis an Stelle des beschlussunfähigen Ausschusses hergeleitet hat, findet nach deren Wortlaut indes nur auf Fälle Anwendung, in denen die Beschlussunfähigkeit des Gremiums auf der Befangenheit von Mitgliedern beruht. In Fällen, in denen - wie hier - die Beschlussunfähigkeit „aus anderen als Befangenheitsgründen im Sinne der §§ 20 und 21 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes eintritt“, ist die Abstimmung demgegenüber auf eine spätere Sitzung zu vertagen oder - im Fall der wiederholten Beschlussunfähigkeit - nach Maßgabe des 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 VerfO zu verfahren (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VerfO). Die Voraussetzungen für eine Entscheidung der Dekanin an Stelle des beschlussunfähigen Habilitationsausschusses [vgl. hierzu oben I. 3. b) bb) aaa)] hätten daher nicht vorgelegen.
37 
(2) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts findet die Regelung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf die vorliegende Fallkonstellation keine Anwendung.
38 
α) Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des aufgrund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (§ 10 Abs. 5 Satz 1 LHG). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Nach § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG gilt Satz 2 bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend. § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG dehnt damit die Unbeachtlichkeit auf sonstige Besetzungsmängel des Gremiums aus (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020 - 9 S 2092/18 -, juris Rn. 273, sowie Senatsbeschluss vom 30.07.2018, a.a.O., juris Rn. 37). Bei dieser Regelung handelt es sich um eine spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel, die im Interesse der Rechtssicherheit und zur Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe bestimmten Verfahrensfehlern eine rechtliche Relevanz für die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen und für die Aufhebbarkeit gegebenenfalls darauf gestützter Verwaltungsakte abspricht. Sie begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und geht (in ihrem Anwendungsbereich, siehe dazu noch unten) der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG vor (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 274).
39 
In der Rechtsprechung des Senats ist insoweit geklärt, dass sich der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG allgemein auf „Gremien“ sowie einzelne Mitglieder eines Gremiums unabhängig davon erstreckt, ob das jeweilige Gremium aus Vertretern der an einer Universität vorhandenen Mitgliedergruppen zusammengesetzt ist oder aus gewählten Amtsträgern besteht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.07.2018, a.a.O., juris Rn. 33 f. und vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 13 ff.; vgl. auch Hornfischer OdW 2020, 85 [90]). Die hiernach unberührt bleibende „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit der Gremien bzw. ihrer Mitglieder verweist dabei nicht nur auf die formelle Bestandkraft der vom jeweiligen Gremium beschlossenen Maßnahmen, sondern schließt auch eine Anfechtung unter Berufung auf von der Norm erfasste Besetzungsmängel aus (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 275 sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 25 ff. m.w.N.).
40 
β) Danach ist die Regelung zwar grundsätzlich auf den Habilitationsausschuss der Beklagten anwendbar. Über die Frage der Anwendbarkeit auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Beschlussunfähigkeit eines Gremiums hatte der Senat allerdings bislang nicht zu entscheiden. Die Frage ist dahingehend zu beantworten, dass der Mangel der Beschlussunfähigkeit eines Gremiums dem Mangel einer „sonstigen“ fehlerhaften Besetzung des Gremiums nicht gleichgeachtet werden kann (so wohl auch Herberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 3. Auflage 2009, Rn. 241; a.A. Hornfischer OdW 2020, 85 [90 ff.]).
41 
Wesentlicher Zweck der Tätigkeit von Ausschüssen oder anderen Kollegialorganen ist es, dass - im Gegensatz zu monokratischem Behördenhandeln - durch Zusammenarbeit ihrer Mitglieder eine gemeinsame, möglichst umfassende, durch Mehrheitsentscheidung abzuschließende Meinungsbildung über die Beratungsgegenstände erreicht wird (sog. Kollegialprinzip; vgl. nur Kallerhoff/Hecker, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 90 Rn. 1). Dem Erfordernis eines bestimmten Mindestquorums kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, da es ein wesentliches Element zur Realisierung des Kollegialprinzips darstellt (vgl. Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 3). Ausgehend von dieser Sicherungsfunktion liefe eine Anwendung der spezialgesetzlichen Unbeachtlichkeitsklausel des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf Fälle der Beschlussunfähigkeit Gefahr, die bewusste Entscheidung des Gesetz- bzw. Satzungsgebers für die Einschaltung eines Kollegialorgans und die Geltung des Kollegialprinzips zu relativieren und zudem die Grenzziehung zwischen - grundsätzlich beachtlichen - Mängeln der ordnungsgemäßen Ladung und Einberufung (vgl. hierzu Senatsurteile vom 04.08.2010 - 9 S 2315/09 -, juris Rn. 29; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, juris Rn. 25) - und Fällen der - bei direkter oder entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG ggf. unbeachtlichen - fehlenden Beschlussfähigkeit zu verwischen.
42 
Gegen eine entsprechende Anwendung auf Fälle, die die Beschlussfähigkeit eines im Übrigen ordnungsgemäß besetzten Gremiums betreffen, dürfte zudem sprechen, dass einem nur im Einzelfall vorliegenden Mangel der Beschlussfähigkeit - anders als z.B. Mängeln, die die Gremienzugehörigkeit einzelner Mitglieder als solche berühren - durch Einhaltung des gesetzlich bestimmten Verfahrens in der Regel auch kurzfristig abgeholfen werden kann und der oder die Vorsitzende eines Gremiums ohnehin verpflichtet ist, die Beschlussfähigkeit von Amts wegen zu prüfen (vgl. § 6 Abs. 2 VerfO; Kastner, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 90 VwVfG Rn. 4; Delbanco, in: BeckOK VwVfG, Stand: Januar2021], § 90 VwVfG Rn. 6; Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 7). Jedenfalls begründet die Nichtanwendbarkeit des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf einen solchen Verfahrensmangel vor diesem Hintergrund keinen Wertungswiderspruch zur Unbeachtlichkeit eines die Wahl oder die Besetzung eines Gremiums bzw. einzelner Gremienmitglieder betreffenden Mangels, der eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen gebieten würde (a.A. insoweit Hornfischer OdW 2020, 85 [91]).
43 
Dass § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf Fälle der Beschlussunfähigkeit keine Anwendung finden kann, zeigt im Übrigen auch ein Vergleich mit dem in der Verfahrensordnung der Beklagten vorgesehenen Vorgehen bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit eines entsprechenden Hochschulgremiums. Denn § 6 Abs. 3 VerfO sieht insoweit selbst im Fall der wiederholten Beschlussunfähigkeit die unverzügliche Einberufung einer dritten Sitzung vor, in der ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlossen werden kann. Dies entspricht einem z.B. in § 90 Abs. 2 LVwVfG vorausgesetzten allgemeinen Rechtsgedanken (vgl. Huck, in: Huck/Müller, VwVfG, 3. Aufl. 2020, § 90 Rn. 11), den der Landesgesetzgeber mit Schaffung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG ersichtlich nicht in Frage stellen wollte. Der Sache nach stellt sich die Entscheidung eines beschlussunfähigen Universitätsgremiums daher nicht als Mangel seiner Besetzung, sondern als sonstiger Mangel der Einberufung und Durchführung einer weiteren Sitzung dar, der nicht nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG unbeachtlich sein kann (vgl. Senatsurteile vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 267 und vom 04.08.2010, a.a.O., juris Rn. 28 ff.).
44 
Eine entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auch auf Fälle der Beschlussunfähigkeit ist schließlich auch nicht deswegen geboten, weil die entsprechende Verfahrensregelung alleine Abläufe im Binnenbereich der beklagten Universität im Vorfeld der abschließenden Verwaltungsentscheidung betrifft, so dass der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Beschlussfassung des nicht beschlussfähigen Habilitationsausschusses und einer subjektiven Rechtsverletzung der Klägerin fehlte (so aber das angefochtene Urteil, juris Rn. 105 f., sowie Hornfischer OdW 2020, 85 [92] unter Verweis auf Senatsbeschluss vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 34). Denn ein trotz bestehender Beschlussunfähigkeit gefasster Beschluss des universitätsintern zuständigen Habilitationsausschusses wäre nach allgemeinen Prinzipien als unwirksam anzusehen (vgl. Thiele, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 90 VwVfG Rn. 14; Delbanco, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 7; Kastner, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 5), so dass auch im Hinblick auf eine hierauf beruhende außenwirksame Entscheidung ein Verfahrensfehler zu Lasten der Klägerin anzunehmen wäre (vgl. zur fehlerhaften Nichtbeteiligung eines zur Mitwirkung berechtigten Kontrastorgans Nds. OVG, Beschluss vom 31.01.2013 - 7 LA 160/11 -, juris Rn. 9).
45 
γ) Auch die - in der hier zugrunde zu legenden Sachverhaltsvariante zu Unrecht auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO gestützte - Entscheidung der Dekanin an Stelle des Habilitationsausschusses könnte vorliegend nicht nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG als wirksam angesehen werden, da dieser Fälle der funktionalen Unzuständigkeit schon seinem Wortlaut nach nicht erfasst. Eine entsprechende Anwendung auf Fälle der Entscheidung eines Organs anstelle des zur Entscheidung berufenen Gremiums liefe zudem ebenfalls Gefahr, die bewusste Entscheidung des Gesetz- bzw. Satzungsgebers für die Einschaltung eines Kollegialorgans und die Geltung des Kollegialprinzips zu relativieren.
46 
(3) Die mithin möglicherweise fehlende Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses in der Sitzung vom 12.11.2015 führte indes - ebenso wie eine Entscheidung durch die möglicherweise funktionell unzuständige Dekanin an Stelle des Habilitationsausschusses - nicht zur Nichtigkeit des im Nachgang ergangenen Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018, wie sich aus dem Rechtsgedanken des § 44 Abs. 3 Nr. 3 LVwVfG ergibt (vgl. auch Huck, a.a.O., § 90 Rn. 8; Delbanco, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 7; Kastner, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 5). Dies gilt erst Recht in Ansehung des Umstands, dass eine förmliche Befassung des Habilitationsausschusses im Rahmen eines Abhilfeverfahrens vorliegend nicht geboten war [oben I. 2. b)]. Der Beschluss des Ausschusses vom 12.11.2015 wäre allerdings ebenso objektiv rechtswidrig wie die auf § 6 Abs. 4 VerfO gestützte Entscheidung der Dekanin an dessen Stelle.
47 
(4) Einem hierauf gestützten Aufhebungsanspruch der Klägerin stünde vorliegend jedoch die Vorschrift des § 46 LVwVfG entgegen. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
48 
α) Die allgemeine Vorschrift des § 46 LVwVfG ist vorliegend anwendbar, da § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG eine verdrängende Wirkung nur innerhalb seines - hier nicht eröffneten - Anwendungsbereichs entfaltet (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 274; Senatsbeschluss vom 03.02.2014, a.a.O., juris Rn. 32). Auch im Hinblick auf von ihm nicht erfasste Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsmängel kommt ihm eine abschließende Wirkung nicht zu (vgl. Hornfischer OdW 2020, 85 [89 f.]).
49 
β) Vorliegend ist offensichtlich, dass eine mögliche Verletzung des § 2 Abs. 3 HabilO die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte. Ein Verstoß gegen Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsvorschriften ist zwar nur dann offensichtlich ohne Einfluss auf die Entscheidung in der Sache, wenn das Gericht zweifelsfrei davon ausgehen kann, dass die Entscheidung ohne den Fehler genauso ausgefallen wäre. Ein Kausalzusammenhang ist daher schon dann zu bejahen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den angenommenen Verfahrensmangel die Entscheidung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.06.2018 - 2 C 14.17 -, juris Rn. 32, und vom 30.05.1984 - 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256, 270). Ein solcher Kausalzusammenhang ist aber insbesondere dann zu verneinen, wenn die zu treffende Entscheidung - wie hier die Entscheidung nach § 16 Abs. 1 HabilO - als gebundene Entscheidung ergeht. Auch bei einer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Gremienentscheidung kann ein Kausalzusammenhang der fehlenden Beschlussfähigkeit jedoch ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn offensichtlich ist, dass eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte (vgl. Thiele, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 90 VwVfG Rn. 14). Zwar kann in einem Fall der Nichtteilnahme einer oder mehrerer zum Erreichen der Beschlussfähigkeit notwendiger Personen regelmäßig nicht anhand des Sitzungsprotokolls, des tatsächlichen Ablaufs der Beratung und des Ergebnisses der Abstimmung festgestellt werden, ob und welchen Einfluss die fehlenden Mitglieder im Fall ihrer Teilnahme genommen hätten, so dass eine fehlende Ergebnisrelevanz nur ausnahmsweise angenommen werden kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.05.2014 - 19 B 203/14 -, juris Rn. 33 zur Nichtteilnahme eines zur Teilnahme verpflichteten Mitglieds). Eine derartige besondere Fallkonstellation liegt hier indes vor. Denn der Habilitationsausschuss der medizinischen Fakultät hat übereinstimmend mit dem Abschlussbericht des Unterausschusses des Habilitationsausschusses vom 20.11.2014, dem Beschluss des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 und der allen Mitgliedern des Habilitationsausschusses im Zusammenhang mit der Ladung zugänglich gemachten Beschlussvorlage vom 03.11.2015 entschieden, die Habilitation der Klägerin zurückzunehmen. Die Entscheidung erfolgte einstimmig mit 25 Ja-Stimmen. Der noch zu Beginn der Beratung zu Tagesordnungspunkt 2 anwesende Prof. Dr. H., dessen spätere Abwesenheit die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses ggf. erst begründet hat, hatte dabei den Raum verlassen, ohne zuvor im Hinblick auf die Beschlussvorlage Einwendungen erhoben zu haben. Angesichts dessen kann vorliegend ausgeschlossen werden, dass im Fall der Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses eine Mehrheit zum Nachteil der Klägerin (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 VerfO: einfache Mehrheit) verfehlt worden wäre. Gleiches gilt im Hinblick auf eine Abstimmung in einer späteren Sitzung, da Gegenstimmen gegen die Rücknahme der Habilitation nicht erhoben wurden und die nicht zur Sitzung erschienenen Mitglieder schon in Ansehung der Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen und der vorangegangenen Beschlüsse damit rechnen mussten, dass in der Sitzung vom 12.11.2015 eine Entscheidung zu Lasten der Klägerin ergeht. Angesichts dessen kann auch unter Berücksichtigung einer möglichen Einflussnahme einzelner Mitglieder auf das Abstimmungsverhalten weiterer Mitglieder (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2018, a.a.O., juris Rn. 32) im konkreten Einzelfall aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen werden, dass eine Mehrheit zum Nachteil der Klägerin im Fall einer Wiederholung der Sitzung in anderer Besetzung verfehlt worden wäre. Eine Aufhebung des Bescheids vom 23.01.2015 in Gestalt des im Nachgang zur Sitzung vom 12.11.2015 ergangenen Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 könnte die Klägerin daher auch dann nicht verlangen, wenn der Habilitationsausschuss in seiner Sitzung vom 12.11.2015 beschlussunfähig gewesen wäre und die Dekanin unter Berufung auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO zu Unrecht an dessen Stelle entschieden hätte.
50 
cc) Der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 begegnet auch in Ansehung der Mitwirkung des Prof. Dr. S. im Rahmen des vorbereitenden Unterausschusses und der Beschlussfassung des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 und vom 12.11.2015 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Umstand, dass gegen diesen im Verlauf der Tätigkeit des Unterausschusses und im Zeitpunkt der erstmaligen Beschlussfassung selbst ein parallel gelagertes Verfahren wegen des Verdachts der wissenschaftlichen Unredlichkeit von einer andere Universität geführt worden sei, keine objektive Tatsachengrundlage darstelle, die geeignet sei, bei einem vernünftigen Beteiligten unter den gegebenen Umständen die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (UA S. 23 ff.). Die Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren, die sich in einer Wiederholung und lediglich punktuellen Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens erschöpfen, geben dem Senat keinen Anlass, ihre Einwendungen abweichend vom Verwaltungsgericht zu bewerten. Insbesondere wird aus dem Vorbringen der Klägerin, die ergänzend auf eine Veröffentlichung zur „Plagiatsaffäre in Freiburg“ verweist, in dem gegen Prof. Dr. S. gerichtete Vorwürfe lediglich in einem zusammenfassenden Absatz erwähnt werden, und vorbringt, über die Vorwürfe gegen Prof. Dr. S. stets informiert gewesen zu sein, nicht deutlich, dass ein vernünftiger Beteiligter unter den gegebenen Umständen die Besorgnis hegen konnte, dieser werde das Verfahren nicht unparteiisch, sachlich und mit der gebotenen Distanz betreiben, sondern sich von Vorurteilen oder unsachlichen Erwägungen leiten lassen. Lediglich ergänzend sieht sich der Senat zu dem Hinweis veranlasst, dass nach den Feststellungen der von der Beklagten eingesetzten Untersuchungskommission bereits im Dezember 2014 „kein Anfangsverdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ (mehr) bestand und sich „der Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens, Herr Prof. S. habe sich in Bezug auf seine Habilitationsschrift unredlich verhalten, [...] nach alledem von vorneherein [als] unbegründet“ erwiesen hatte (vgl. Pressemitteilung der Beklagten vom 11.12.2014, „Unbegründete Vorwürfe - Plagiatsvorwürfe gegen J. R. S. und N. S. haltlos“).
51 
4. Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, innerhalb der in § 48 Abs. 4 LVwVfG genannten Frist ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dass diese Voraussetzungen im Hinblick auf die im Jahr 2006 erfolgte Habilitation der Klägerin vorliegen, hat das Verwaltungsgericht auf den Seiten 42 bis 51 sowie auf Seite 54 des angegriffenen Urteils überzeugend ausgeführt und hierbei die im wesentlichen unbestrittenen Feststellungen des Abschlussberichts des Unterausschusses vom 20.11.2014 des Habilitationsausschusses der Medizinischen Fakultät der Beklagten ebenso in Bezug genommen wie die einschlägige Senatsrechtsprechung. Soweit die Klägerin dem im Berufungsverfahren entgegenhält, dass sie nach den von der medizinischen Fakultät der Beklagten im Jahr 1998 formulierten Grundsätzen über die Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen als Mitautorin der in ihrer Habilitation verwendeten Textstellen anzusehen sei, kann dies den Vorwurf der wissenschaftlichen Unlauterkeit, der sich auf die Übernahme (auch) fremder Textbestandteile ohne ausreichende Quellenangabe stützt, nicht entkräften. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gehört es zu den Grundanforderungen des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens, dass alle verwendeten (Original-)Quellen und Hilfsmittel der Arbeit offengelegt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 07.07.2020 - 9 S 2809/19 -, juris, Rn. 28 m.w.N.). Überdies ergibt sich auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Kommission „Verantwortung in der Forschung“ der medizinischen Fakultät der Beklagten aus dem Jahr 1998, an dessen Vorgaben unter 2. zur „Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen“ sie sich orientiert haben will, mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Anteil der einzelnen Autoren an einer gemeinsam - z.B. im Rahmen einer Arbeitsgruppe - erarbeiteten Publikation schon nach den damals geltenden Maßstäben kenntlich gemacht werden sollte. Dies entspricht der auch in § 6 Abs. 2 Nr. 10 HabilO 2003 - ebenso wie bereits in früheren, im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Normfassungen - niedergelegten Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung, ob die schriftliche Habilitationsleistung allein oder unter Beteiligung einer Arbeitsgruppe angefertigt worden ist. Eine entsprechende Erklärung hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Einreichung ihrer Habilitationsarbeit abgegeben, ohne allerdings - wie nach § 6 Abs. 2 Nr. 10 HabilO 2003 erforderlich - auf die Erstellung im Rahmen einer Arbeitsgruppe hinzuweisen, deren Zusammensetzung offenzulegen und ihre individuelle Leistung deutlich abgrenzbar und bewertbar kenntlich zu machen. Angesichts dessen rechtfertigt auch der Umstand, dass - wie die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Einstellungsentscheidung der Untersuchungskommission der Universität Göttingen vom 02.06.2015 darlegt -, die Universität Göttingen die wortgleiche Übernahme von Textpassagen aus einer 1972 erschienenen Habilitationsschrift durch einen an einem „gemeinsamen Datenpool“ beteiligten Doktoranden im Jahr 1974 im Jahr 2015 nicht als wissenschaftliches Fehlverhalten bewertet hat, weil sie von mehreren am Datenpool beteiligten Wissenschaftlern rückblickend als „üblich“ bezeichnet worden sei, schon in Ansehung des Entstehungszeitpunkts der Habilitationsschrift der Klägerin über 30 Jahre später keine andere Betrachtung, zumal die dort festgestellten Textidentitäten von geringer Quantität waren und nicht die zentralen Inhalte der wissenschaftlichen Arbeit berührten. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht festgestellt, dass die Klägerin die allgemeinen wissenschaftlichen Ansprüche bei der Abfassung und Einreichung ihrer Habilitationsarbeit ebenso vorsätzlich verletzt hat wie die besonderen Anforderungen der Habilitationsordnung der Beklagten (UA S. 46). Dem ist nichts hinzuzufügen.
52 
5. Schließlich hat die Beklagte das ihr durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumte Rücknahmeermessen im Widerspruchsverfahren, das mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit bildet [oben I. 3. a)], ohne Rechtsfehler und in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Dies hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der inhaltlichen Tragfähigkeit der angestellten Ermessenserwägungen in der angegriffenen Entscheidung überzeugend ausgeführt (UA S. 51 ff.). Allerdings ist insoweit nicht auf die Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses oder die Entscheidung der Dekanin der Medizinischen Fakultät abzustellen, da das Hochschulrecht dem Habilitationsausschuss im Widerspruchsverfahren keine ausdrückliche Befassungskompetenz zuweist. Maßgeblicher Bezugspunkt ist vielmehr die Entscheidung der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG für die Entscheidung im Widerspruchsverfahren zuständigen Prorektorin für Studium und Lehre, der nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine umfassende Prüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit der widerspruchsbefangenen Entscheidung obliegt [oben I. 2. b), 3. a)]. Insoweit ergibt sich aus dem Widerspruchsbescheid vom 16.08.2018 mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Prorektorin für Studium und Lehre sich an die - auf S. 9 (oben) dieses Bescheides nachrichtlich wiedergegebenen - Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses nicht gebunden gefühlt, sondern diese einer eigenständigen Recht- und Zweckmäßigkeitsüberprüfung unterzogen hat. Dass die diesbezügliche Begründung (S. 9 f.) Verhältnismäßigkeitserwägungen enthält, die - so oder ähnlich - schon Gegenstand der alleine auf § 16 Abs. 1 HabilO gestützten Ausgangsentscheidung des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 waren, ist auch angesichts des eingeschränkten Entscheidungsspielraums der Beklagten nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 40).
53 
6. Auch die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin zur Rückgabe der Habilitationsurkunde binnen eines Monats nach Eintritt der Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung aufzufordern, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 Satz 1 LVwVfG. Auch die Ermessensausübung der Beklagten enthält keine Rechtsfehler und entspricht dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung.
II.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
55 
Beschluss vom 6. Mai 2021
56 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Anlehnung an Ziffer 18.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 20.000,- EUR festgesetzt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen