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| Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die zulässige Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der Habilitation der Klägerin mit Wirkung für die Zukunft unter Verpflichtung zur Rückgabe der ihr ausgestellten Habilitationsurkunde ist nicht begründet, da der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bzw. ein Aufhebungsanspruch der Klägerin allein aufgrund möglicher Verfahrensfehler nicht besteht (§ 46 LVwVfG). |
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| 1. a) Ebenso wie das Verwaltungsgericht sieht der Senat im vorliegenden Verfahren keine Veranlassung, den in der erstinstanzlichen Entscheidung skizzierten Zweifeln an der Anwendbarkeit und Vereinbarkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 16 Abs. 1 der Habilitationsordnung der Beklagten für die Medizinische Fakultät vom 11.10.1988 in der Fassung vom 28.02.2014 (HabilO) mit höherrangigem Recht weiter nachzugehen (vgl. hierzu im Einzelnen das angefochtene Urteil, juris Rn. 118 ff.). Denn die Beklagte hat ihre Entscheidung, die auch aus formellen Gründen nicht der Aufhebung unterliegt (sogleich 2., 3.), jedenfalls im Nachgang zur Entscheidung vom 23.01.2015 ausdrücklich auch auf § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gestützt, dessen gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (unten 4.). Sie hat das ihr nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen im Widerspruchsverfahren erstmals rechtsfehlerfrei ausgeübt (unten 5.). Zugleich bestehen auch nach Auffassung des Senats keine Zweifel daran, dass auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme der Habilitation auf Grundlage des § 16 Abs. 1 HabilO vorliegen und die von der Beklagten ausgesprochene Rechtsfolge von dieser Ermächtigungsgrundlage - deren Anwendbarkeit und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht vorausgesetzt - gedeckt ist (vgl. hierzu im Einzelnen Rn. 118 ff. des angefochtenen Urteils sowie unten I. 4.). |
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| b) Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids der Beklagten vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 16.08.2018 erwiese sich daher bei Anwendung beider in Betracht kommender Ermächtigungsgrundlagen als rechtmäßig. Im Ergebnis kann daher offen bleiben, ob § 16 Abs. 1 HabilO den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts (vgl. hierzu allerdings BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 27 ff.) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt, ob er die allgemeine Regelung des § 48 Abs. 1 LVwVfG innerhalb seines Anwendungsbereiches verdrängen kann (vgl. zur Promotionsentziehung nach nordrhein-westfälischem Landesrecht OVG NRW, Urteil vom 10.02.2016 - 19 A 991/12 -, juris Rn. 49) oder er letztlich als bereichsspezifische Einengung des durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Rücknahmeermessens verstanden werden muss. Insbesondere bedarf keiner Entscheidung, ob eine Ausgestaltung als gebundene Entscheidung ausreichenden Raum dafür lässt, die von der Rücknahmeentscheidung im Einzelfall berührten Belange des Vertrauensschutzes und möglicher existenzbedrohender Folgen zu berücksichtigen (vgl. zu entsprechenden Zweifeln OVG NRW, Urteil vom 10.02.2016, a.a.O., juris Rn. 49). Allerdings weist der Senat darauf hin, dass die Habilitationsordnung der Beklagten auf § 55 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 51 Abs. 1 UG beruht, so dass es auf mögliche Zweifel an der Reichweite der Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 Satz 1 UG vorliegend nicht ankommt (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2000 - 9 S 2553/99 -, juris Rn. 18). |
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| 2. a) Über die Entziehung eines Hochschulgrades entscheidet nach § 36 Abs. 7 Satz 2 LGH die Hochschule, die den Grad verliehen hat; dies gilt auch in Fällen, in denen die Entziehung - wie hier die Rücknahmeentscheidung nach § 16 Abs. 1 HabilO bzw. § 48 Abs. 1 LVwVfG - nicht auf § 36 Abs. 7 Satz 1 LHG beruht. Innerhalb der Medizinischen Fakultät der Beklagten entscheidet nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO der Habilitationsausschuss über die Rücknahme der Habilitation; entsprechendes gilt - soweit sich die Zuständigkeit auch insoweit nicht schon aus § 16 Abs. 1 Satz 1 HabilO ergibt - für eine Rücknahme der Habilitation nach allgemeinen Grundsätzen (§ 2 Abs. 1 HabilO i.V.m. dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 5 LVwVfG). Als Vorsitzende des Habilitationsausschusses (§ 2 Abs. 2 HabilO) hat die Dekanin den Bescheid vom 23.01.2015 daher zu Recht in Ausführung des Beschlusses des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 erlassen. Die Widerspruchszuständigkeit der Prorektorin für Studium und Lehre ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG (vgl. Senatsurteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, juris Rn. 19). |
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| b) Insoweit begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Prorektorin für Studium und Lehre den Habilitationsausschuss nach Eingang des Widerspruchs der Klägerin erneut mit dem Sachverhalt befasst und eine förmliche Entscheidung herbeigeführt hat. Zwar war die Durchführung eines förmlichen Abhilfeverfahrens im Sinne des § 72 VwGO vorliegend nicht erforderlich, da die Beklagte über Widersprüche in Hochschulangelegenheiten als Selbstverwaltungsangelegenheit selbst entscheidet (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO), so dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde hier trotz unterschiedlicher Organzuständigkeit identisch sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.07.1984 - 7 C 28.83 -, BVerwGE 70, 4, juris Rn. 28 f.; für eine Abhilfebefugnis des zuständigen Organs allerdings Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 72 Rn. 3). Dennoch war die Beklagte nicht gehindert, den Habilitationsausschuss im Interesse der Abklärung der gegen die Rücknahmeentscheidung erhobenen Einwendungen in das Verfahren einzubinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.07.1984, a.a.O., juris Rn. 30 f.) und sich so insbesondere dessen besonderer Sachkunde zu bedienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 35). Dass die Prorektorin den Habilitationsausschuss, dem das Hochschulrecht im Widerspruchsverfahren keine ausdrückliche Befassungskompetenz zuweist, darüber hinaus mit dem Ziel einer erstmaligen Ausübung des durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens beteiligt und einen förmlichen Beschluss über die ergänzende Heranziehung einer weiteren Ermächtigungsgrundlage herbeigeführt hat, ist jedenfalls angesichts der im Widerspruchsverfahren aufgetretenen Zweifel an der Vereinbarkeit von § 16 Abs. 1 HabilO mit höherrangigem Recht nicht zu beanstanden. Die Verpflichtung der Prorektorin für Studium und Lehre, die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der so ergänzten Ausgangsentscheidung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eigenständig und ohne Bindung an die Sachverhaltsfeststellungen, Rechtsauffassungen oder Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses zu überprüfen [sogleich I. 3. a)], ist indes auch in Ansehung der überobligatorischen Beteiligung des Habilitationsausschusses vorliegend gewahrt (unten I. 5.). |
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| 3. Auch wegen möglicher Verfahrensmängel kann die Klägerin eine Aufhebung des angegriffenen Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht beanspruchen. |
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| a) Dies folgt schon aus dem Umstand, dass Gegenstand der Anfechtungsklage nach § 79 Abs. 1 Satz 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in jener Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG zuständigen Prorektorin für Studium und Lehre obliegt dabei eine umfassende Überprüfung von Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Ausgangsbescheids, bei der sie weder an die Rechtsauffassung noch an die Sachverhaltsfeststellungen der Ausgangsbehörde gebunden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.2011 - 7 B 34.11 -, juris Rn. 7; vgl. auch Porsch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2020, § 73 Rn. 17). Insbesondere kommt dem Habilitationsausschuss im Kontext der Rücknahme der Habilitation auch im Hinblick auf das Vorliegen und die Bewertung eines Plagiats kein prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. zur Entziehung des Doktorgrads Senatsbeschluss 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 33; ähnlich BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 35). Für die gerichtliche Nachprüfung der Behördenentscheidung ist daher der Widerspruchsbescheid von maßgeblicher Bedeutung, auch wenn Ausgangs- und Widerspruchverfahren im Ausgangspunkt zwei Verwaltungsverfahren darstellen. Diese bilden letztlich jedoch eine Einheit, da gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst der Widerspruchsbescheid der behördlichen Entscheidung die für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt verleiht. Das gilt auch dann, wenn der Widerspruchsbescheid - wie hier - den eigentlichen Entscheidungsausspruch unverändert lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.2011 - 7 B 34.11 -, juris Rn. 7). Mögliche Mängel des Ausgangsverfahrens und des - hier ohnehin entbehrlichen - Abhilfeverfahrens [vgl. oben I. 2. b)] können einen Aufhebungsanspruch hinsichtlich des in Gestalt des Widerspruchsbescheids zu prüfenden Ausgangsbescheids daher nur dann begründen, wenn diese im Widerspruchsbescheid fortwirken (vgl. zur fehlerhaften Begründung eines Ermessensverwaltungsakts etwa BVerwG, Urteil vom 19.12.1995 - 1 C 3.93 -, juris Rn. 34; Pietzcker, in: Schoch/Schneider, a.a.O., § 79 Rn. 4). Dies ist vorliegend jedoch schon deswegen nicht der Fall, weil auch die im (vermeintlichen) Abhilfeverfahren erstmals getroffene Ermessensentscheidung des Habilitationsausschusses im eigentlichen Widerspruchsverfahren einer umfassenden Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle durch die Prorektorin für Studium und Lehre unterlag, die von dieser Befugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat (unten I. 5.). Eigenständige Mängel des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich. |
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| b) Unabhängig davon kann die Klägerin einen Aufhebungsanspruch auch in Ansehung der Mitwirkung des Habilitationsausschusses im Widerspruchsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen. Diese begegnet rechtlich überwiegend schon keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Habilitationsausschuss nicht beschlussfähig gewesen sein könnte und die Dekanin als Vorsitzende des Habilitationsausschusses zu Unrecht an Stelle des Habilitationsausschusses als Kollegialorgan entschieden hat, könnte das Vorliegen eines Verfahrensmangels zwar nicht unter direkter oder entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG in Abrede gestellt werden [unten I. 3. b) bb) ccc) (2)]. Der Aufhebung des angegriffenen Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids stünde dann jedoch § 46 LVwVfG entgegen, da offensichtlich ist, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat [§ 46 LVwVfG; vgl. unten I. 3. b) bb) ccc) (4)]. |
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| aa) Soweit die Klägerin bestreitet, dass der Habilitationsausschuss der Medizinischen Fakultät in seiner Sitzung vom 12.11.2015 beraten und den Beschluss darüber gefasst hat, die mit Beschluss vom 11.12.2014 getroffene Rücknahmeentscheidung hilfsweise auf die Ermessensnorm des § 48 Abs. 1 LVwVfG zu stützen, hat die Beklagte eine entsprechende Beschlussfassung durch Vorlage des unterschriebenen Beschlussprotokolls zur Sitzung vom 12.11.2015 nachgewiesen (§ 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO). Den nach § 415 Abs. 2 ZPO zulässigen Beweis einer unrichtigen Beurkundung des Vorgangs hat die Klägerin nicht erbracht. |
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| bb) Auch aus Sicht des erkennenden Senats bedürfen die Vorgänge innerhalb der Sitzung des Habilitationsausschusses vom 12.11.2015 keiner weiteren Aufklärung. Zwar ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Habilitationsausschuss - wie das Verwaltungsgericht aufgrund des Beschlussprotokolls und der Anwesenheitsliste, das eine Anwesenheit des Prof. Dr. H. während der Tagesordnungspunkte 1 und 2 nahelegt, erwogen hat - entgegen der Annahme der Dekanin Prof. Dr. K. auch im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch beschlussfähig war [unten aaa)], der Ausschuss im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt 2 - wie wohl ursprünglich von der Dekanin Prof. Dr. K. angenommen - in Folge des Ausschlusses des Prodekans Lehre Prof. Dr. K. aufgrund der Besorgnis der Befangenheit beschlussunfähig war [unten bbb)], oder die Beschlussunfähigkeit erst - wie die Beklagte nunmehr vorträgt - in Folge der Abwesenheit des zunächst anwesenden Prof. Dr. H. eingetreten war [unten ccc)]. Denn in keinem der in Betracht kommenden Fälle läge ein Verfahrensfehler vor, aufgrund dessen die Klägerin die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten beanspruchen könnte. |
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| aaa) Soweit - was in Ansehung des Protokolls und der Teilnehmerliste vom 12.11.2015 allerdings fern liegt - Prof. Dr. H. an der Sitzung des Habilitationsausschusses auch im Rahmen der Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2 teilgenommen haben sollte, könnte die Klägerin eine Aufhebung des Bescheids vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 nicht verlangen. Zwar hätte die Dekanin der Medizinischen Fakultät in diesem Fall zu Unrecht die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses festgestellt und unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO an dessen Stelle entschieden; gegenüber dem - dann ordnungsgemäßen - unmittelbar zuvor gefassten inhaltsgleichen Beschluss des Habilitationsausschusses entfaltete diese Entscheidung aber keine kassatorische Wirkung. Ein Verfahrensfehler läge bei dieser Sachverhaltsgestaltung daher nicht vor. |
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| bbb) Eine Aufhebung der angegriffenen Entscheidung könnte die Klägerin indes auch dann nicht verlangen, wenn - wie die Dekanin der Medizinischen Fakultät möglicherweise bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit in der Sitzung vom 12.11.2015 angenommen hat - Prof. Dr. H. die Sitzung vor dem Prodekan Lehre Prof. Dr. K. verlassen hätte. Zwar wäre in diesem Fall die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses eingetreten, da nach deren Ausscheiden lediglich 10 der insgesamt 21 Professoren, Hochschul- und Privatdozenten, die dem Fakultätsrat angehören, anwesend waren. Das nach § 2 Abs. 3 HabilO erforderliche Quorum wäre daher unterschritten gewesen, so dass die Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt 2 nicht mehr gegeben gewesen wäre. Das zu beachtende Verfahren richtete sich daher nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO, da der Habilitationsausschuss „wegen der Befangenheit“ des Prodekans Prof. Dr. K. beschlussunfähig geworden wäre. In diesem Fall wäre jedoch fraglich, ob die Dekanin - entsprechend dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO - an Stelle der befangenen Mitglieder hätte entscheiden müssen oder - wie das Verwaltungsgericht im Wege einer systematisch-teleologischen Normauslegung angenommen hat - die Entscheidung der oder des Vorsitzenden im Fall einer auf Befangenheitsgründen beruhenden Beschlussunfähigkeit an die Stelle der Entscheidung des Gremiums tritt. Für die vom Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis der Beklagten zugrunde gelegte Auslegung spricht dabei der Umstand, dass das in § 6 Abs. 4 Satz 2 VerfO geregelte Erfordernis der Anhörung der nicht befangenen Ausschussmitglieder im Fall einer Entscheidung der Dekanin mit (lediglich) erhöhtem Stimmgewicht (unter Mitwirkung der nicht befangenen Ausschussmitglieder) nicht recht verständlich erscheint. Es könnte allerdings zumindest als Hinweis darauf verstanden werden, dass auch der Abstimmung eines nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO beschlussunfähig gewordenen Gremiums eine Beratung des Gremiums vorausgehen soll, die grundsätzlich ebenfalls die Beschlussfähigkeit des Gremiums voraussetzt (vgl. Kastner, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 90 VwVfG Rn. 4; Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 17). Gegen eine „korrigierende“ Auslegung des an sich klar formulierten Normwortlauts könnte demgegenüber sprechen, dass sie z.B. im Fall ihrer Anwendung auf den Habilitationsausschuss geeignet wäre, das Stimmgewicht der - für die Beschlussfähigkeit nicht relevanten - nicht dem Fakultätsrat angehörenden Ausschussmitglieder vollständig zu negieren, obwohl die Ursache der fehlenden Beschlussfähigkeit in der Sphäre der dem Fakultätsrat angehörenden Mitglieder liegt (vgl. § 2 Abs. 3 HabilO). |
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| Vorliegend bedarf jedoch keiner Entscheidung, welcher Auslegung der Verfahrensordnung der Beklagten der Vorzug zu geben ist, da angesichts der Entscheidung der Dekanin und der vorausgegangenen einstimmigen Entscheidung des Habilitationsausschusses feststeht, dass der Habilitationsausschuss auch im Fall einer Ersetzung nur der Stimme des Prodekans Lehre einstimmig zu Lasten der Klägerin entschieden hätte [vgl. zur Anwendbarkeit des § 46 LVwVfG unten I. 3. b) bb) ccc) (4)]. Dem Senat erscheint es daher vorzugswürdig, die Auflösung des Widerspruchs zwischen Normwortlaut und (nach ihren Angaben) tatsächlicher Verwaltungspraxis der Beklagten zu überlassen, die - im Interesse der Rechtssicherheit auch für zukünftige Streitfälle - eine ausdrückliche Normänderung oder -bestätigung durch die zuständigen Hochschulorgane veranlassen kann. |
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| ccc) (1) Allerdings läge ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften dann vor, wenn - wie von der Beklagten vorgetragen - Prof. Dr. H. die Sitzung des Habilitationsausschusses erst nach dem Prodekan Lehre verlassen hätte. Zwar wäre die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses auch unabhängig von der Reihenfolge des Ausscheidens beider Mitglieder eingetreten; die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO, aus der die Dekanin der Medizinischen Fakultät als Vorsitzende des Habilitationsausschusses ihre Entscheidungsbefugnis an Stelle des beschlussunfähigen Ausschusses hergeleitet hat, findet nach deren Wortlaut indes nur auf Fälle Anwendung, in denen die Beschlussunfähigkeit des Gremiums auf der Befangenheit von Mitgliedern beruht. In Fällen, in denen - wie hier - die Beschlussunfähigkeit „aus anderen als Befangenheitsgründen im Sinne der §§ 20 und 21 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes eintritt“, ist die Abstimmung demgegenüber auf eine spätere Sitzung zu vertagen oder - im Fall der wiederholten Beschlussunfähigkeit - nach Maßgabe des 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 VerfO zu verfahren (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VerfO). Die Voraussetzungen für eine Entscheidung der Dekanin an Stelle des beschlussunfähigen Habilitationsausschusses [vgl. hierzu oben I. 3. b) bb) aaa)] hätten daher nicht vorgelegen. |
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| (2) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts findet die Regelung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf die vorliegende Fallkonstellation keine Anwendung. |
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| α) Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des aufgrund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (§ 10 Abs. 5 Satz 1 LHG). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Nach § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG gilt Satz 2 bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend. § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG dehnt damit die Unbeachtlichkeit auf sonstige Besetzungsmängel des Gremiums aus (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020 - 9 S 2092/18 -, juris Rn. 273, sowie Senatsbeschluss vom 30.07.2018, a.a.O., juris Rn. 37). Bei dieser Regelung handelt es sich um eine spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel, die im Interesse der Rechtssicherheit und zur Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe bestimmten Verfahrensfehlern eine rechtliche Relevanz für die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen und für die Aufhebbarkeit gegebenenfalls darauf gestützter Verwaltungsakte abspricht. Sie begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und geht (in ihrem Anwendungsbereich, siehe dazu noch unten) der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG vor (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 274). |
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| In der Rechtsprechung des Senats ist insoweit geklärt, dass sich der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG allgemein auf „Gremien“ sowie einzelne Mitglieder eines Gremiums unabhängig davon erstreckt, ob das jeweilige Gremium aus Vertretern der an einer Universität vorhandenen Mitgliedergruppen zusammengesetzt ist oder aus gewählten Amtsträgern besteht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.07.2018, a.a.O., juris Rn. 33 f. und vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 13 ff.; vgl. auch Hornfischer OdW 2020, 85 [90]). Die hiernach unberührt bleibende „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit der Gremien bzw. ihrer Mitglieder verweist dabei nicht nur auf die formelle Bestandkraft der vom jeweiligen Gremium beschlossenen Maßnahmen, sondern schließt auch eine Anfechtung unter Berufung auf von der Norm erfasste Besetzungsmängel aus (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 275 sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 25 ff. m.w.N.). |
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| β) Danach ist die Regelung zwar grundsätzlich auf den Habilitationsausschuss der Beklagten anwendbar. Über die Frage der Anwendbarkeit auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Beschlussunfähigkeit eines Gremiums hatte der Senat allerdings bislang nicht zu entscheiden. Die Frage ist dahingehend zu beantworten, dass der Mangel der Beschlussunfähigkeit eines Gremiums dem Mangel einer „sonstigen“ fehlerhaften Besetzung des Gremiums nicht gleichgeachtet werden kann (so wohl auch Herberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 3. Auflage 2009, Rn. 241; a.A. Hornfischer OdW 2020, 85 [90 ff.]). |
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| Wesentlicher Zweck der Tätigkeit von Ausschüssen oder anderen Kollegialorganen ist es, dass - im Gegensatz zu monokratischem Behördenhandeln - durch Zusammenarbeit ihrer Mitglieder eine gemeinsame, möglichst umfassende, durch Mehrheitsentscheidung abzuschließende Meinungsbildung über die Beratungsgegenstände erreicht wird (sog. Kollegialprinzip; vgl. nur Kallerhoff/Hecker, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 90 Rn. 1). Dem Erfordernis eines bestimmten Mindestquorums kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, da es ein wesentliches Element zur Realisierung des Kollegialprinzips darstellt (vgl. Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 3). Ausgehend von dieser Sicherungsfunktion liefe eine Anwendung der spezialgesetzlichen Unbeachtlichkeitsklausel des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf Fälle der Beschlussunfähigkeit Gefahr, die bewusste Entscheidung des Gesetz- bzw. Satzungsgebers für die Einschaltung eines Kollegialorgans und die Geltung des Kollegialprinzips zu relativieren und zudem die Grenzziehung zwischen - grundsätzlich beachtlichen - Mängeln der ordnungsgemäßen Ladung und Einberufung (vgl. hierzu Senatsurteile vom 04.08.2010 - 9 S 2315/09 -, juris Rn. 29; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, juris Rn. 25) - und Fällen der - bei direkter oder entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG ggf. unbeachtlichen - fehlenden Beschlussfähigkeit zu verwischen. |
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| Gegen eine entsprechende Anwendung auf Fälle, die die Beschlussfähigkeit eines im Übrigen ordnungsgemäß besetzten Gremiums betreffen, dürfte zudem sprechen, dass einem nur im Einzelfall vorliegenden Mangel der Beschlussfähigkeit - anders als z.B. Mängeln, die die Gremienzugehörigkeit einzelner Mitglieder als solche berühren - durch Einhaltung des gesetzlich bestimmten Verfahrens in der Regel auch kurzfristig abgeholfen werden kann und der oder die Vorsitzende eines Gremiums ohnehin verpflichtet ist, die Beschlussfähigkeit von Amts wegen zu prüfen (vgl. § 6 Abs. 2 VerfO; Kastner, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 90 VwVfG Rn. 4; Delbanco, in: BeckOK VwVfG, Stand: Januar2021], § 90 VwVfG Rn. 6; Rademacher, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 90 Rn. 7). Jedenfalls begründet die Nichtanwendbarkeit des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf einen solchen Verfahrensmangel vor diesem Hintergrund keinen Wertungswiderspruch zur Unbeachtlichkeit eines die Wahl oder die Besetzung eines Gremiums bzw. einzelner Gremienmitglieder betreffenden Mangels, der eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen gebieten würde (a.A. insoweit Hornfischer OdW 2020, 85 [91]). |
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| Dass § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auf Fälle der Beschlussunfähigkeit keine Anwendung finden kann, zeigt im Übrigen auch ein Vergleich mit dem in der Verfahrensordnung der Beklagten vorgesehenen Vorgehen bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit eines entsprechenden Hochschulgremiums. Denn § 6 Abs. 3 VerfO sieht insoweit selbst im Fall der wiederholten Beschlussunfähigkeit die unverzügliche Einberufung einer dritten Sitzung vor, in der ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlossen werden kann. Dies entspricht einem z.B. in § 90 Abs. 2 LVwVfG vorausgesetzten allgemeinen Rechtsgedanken (vgl. Huck, in: Huck/Müller, VwVfG, 3. Aufl. 2020, § 90 Rn. 11), den der Landesgesetzgeber mit Schaffung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG ersichtlich nicht in Frage stellen wollte. Der Sache nach stellt sich die Entscheidung eines beschlussunfähigen Universitätsgremiums daher nicht als Mangel seiner Besetzung, sondern als sonstiger Mangel der Einberufung und Durchführung einer weiteren Sitzung dar, der nicht nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG unbeachtlich sein kann (vgl. Senatsurteile vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 267 und vom 04.08.2010, a.a.O., juris Rn. 28 ff.). |
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| Eine entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG auch auf Fälle der Beschlussunfähigkeit ist schließlich auch nicht deswegen geboten, weil die entsprechende Verfahrensregelung alleine Abläufe im Binnenbereich der beklagten Universität im Vorfeld der abschließenden Verwaltungsentscheidung betrifft, so dass der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Beschlussfassung des nicht beschlussfähigen Habilitationsausschusses und einer subjektiven Rechtsverletzung der Klägerin fehlte (so aber das angefochtene Urteil, juris Rn. 105 f., sowie Hornfischer OdW 2020, 85 [92] unter Verweis auf Senatsbeschluss vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, juris Rn. 34). Denn ein trotz bestehender Beschlussunfähigkeit gefasster Beschluss des universitätsintern zuständigen Habilitationsausschusses wäre nach allgemeinen Prinzipien als unwirksam anzusehen (vgl. Thiele, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 90 VwVfG Rn. 14; Delbanco, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 7; Kastner, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 5), so dass auch im Hinblick auf eine hierauf beruhende außenwirksame Entscheidung ein Verfahrensfehler zu Lasten der Klägerin anzunehmen wäre (vgl. zur fehlerhaften Nichtbeteiligung eines zur Mitwirkung berechtigten Kontrastorgans Nds. OVG, Beschluss vom 31.01.2013 - 7 LA 160/11 -, juris Rn. 9). |
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| γ) Auch die - in der hier zugrunde zu legenden Sachverhaltsvariante zu Unrecht auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO gestützte - Entscheidung der Dekanin an Stelle des Habilitationsausschusses könnte vorliegend nicht nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG als wirksam angesehen werden, da dieser Fälle der funktionalen Unzuständigkeit schon seinem Wortlaut nach nicht erfasst. Eine entsprechende Anwendung auf Fälle der Entscheidung eines Organs anstelle des zur Entscheidung berufenen Gremiums liefe zudem ebenfalls Gefahr, die bewusste Entscheidung des Gesetz- bzw. Satzungsgebers für die Einschaltung eines Kollegialorgans und die Geltung des Kollegialprinzips zu relativieren. |
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| (3) Die mithin möglicherweise fehlende Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses in der Sitzung vom 12.11.2015 führte indes - ebenso wie eine Entscheidung durch die möglicherweise funktionell unzuständige Dekanin an Stelle des Habilitationsausschusses - nicht zur Nichtigkeit des im Nachgang ergangenen Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018, wie sich aus dem Rechtsgedanken des § 44 Abs. 3 Nr. 3 LVwVfG ergibt (vgl. auch Huck, a.a.O., § 90 Rn. 8; Delbanco, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 7; Kastner, a.a.O., § 90 VwVfG Rn. 5). Dies gilt erst Recht in Ansehung des Umstands, dass eine förmliche Befassung des Habilitationsausschusses im Rahmen eines Abhilfeverfahrens vorliegend nicht geboten war [oben I. 2. b)]. Der Beschluss des Ausschusses vom 12.11.2015 wäre allerdings ebenso objektiv rechtswidrig wie die auf § 6 Abs. 4 VerfO gestützte Entscheidung der Dekanin an dessen Stelle. |
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| (4) Einem hierauf gestützten Aufhebungsanspruch der Klägerin stünde vorliegend jedoch die Vorschrift des § 46 LVwVfG entgegen. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. |
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| α) Die allgemeine Vorschrift des § 46 LVwVfG ist vorliegend anwendbar, da § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG eine verdrängende Wirkung nur innerhalb seines - hier nicht eröffneten - Anwendungsbereichs entfaltet (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2020, a.a.O., juris Rn. 274; Senatsbeschluss vom 03.02.2014, a.a.O., juris Rn. 32). Auch im Hinblick auf von ihm nicht erfasste Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsmängel kommt ihm eine abschließende Wirkung nicht zu (vgl. Hornfischer OdW 2020, 85 [89 f.]). |
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| β) Vorliegend ist offensichtlich, dass eine mögliche Verletzung des § 2 Abs. 3 HabilO die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte. Ein Verstoß gegen Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsvorschriften ist zwar nur dann offensichtlich ohne Einfluss auf die Entscheidung in der Sache, wenn das Gericht zweifelsfrei davon ausgehen kann, dass die Entscheidung ohne den Fehler genauso ausgefallen wäre. Ein Kausalzusammenhang ist daher schon dann zu bejahen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den angenommenen Verfahrensmangel die Entscheidung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.06.2018 - 2 C 14.17 -, juris Rn. 32, und vom 30.05.1984 - 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256, 270). Ein solcher Kausalzusammenhang ist aber insbesondere dann zu verneinen, wenn die zu treffende Entscheidung - wie hier die Entscheidung nach § 16 Abs. 1 HabilO - als gebundene Entscheidung ergeht. Auch bei einer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Gremienentscheidung kann ein Kausalzusammenhang der fehlenden Beschlussfähigkeit jedoch ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn offensichtlich ist, dass eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte (vgl. Thiele, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 90 VwVfG Rn. 14). Zwar kann in einem Fall der Nichtteilnahme einer oder mehrerer zum Erreichen der Beschlussfähigkeit notwendiger Personen regelmäßig nicht anhand des Sitzungsprotokolls, des tatsächlichen Ablaufs der Beratung und des Ergebnisses der Abstimmung festgestellt werden, ob und welchen Einfluss die fehlenden Mitglieder im Fall ihrer Teilnahme genommen hätten, so dass eine fehlende Ergebnisrelevanz nur ausnahmsweise angenommen werden kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.05.2014 - 19 B 203/14 -, juris Rn. 33 zur Nichtteilnahme eines zur Teilnahme verpflichteten Mitglieds). Eine derartige besondere Fallkonstellation liegt hier indes vor. Denn der Habilitationsausschuss der medizinischen Fakultät hat übereinstimmend mit dem Abschlussbericht des Unterausschusses des Habilitationsausschusses vom 20.11.2014, dem Beschluss des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 und der allen Mitgliedern des Habilitationsausschusses im Zusammenhang mit der Ladung zugänglich gemachten Beschlussvorlage vom 03.11.2015 entschieden, die Habilitation der Klägerin zurückzunehmen. Die Entscheidung erfolgte einstimmig mit 25 Ja-Stimmen. Der noch zu Beginn der Beratung zu Tagesordnungspunkt 2 anwesende Prof. Dr. H., dessen spätere Abwesenheit die Beschlussunfähigkeit des Habilitationsausschusses ggf. erst begründet hat, hatte dabei den Raum verlassen, ohne zuvor im Hinblick auf die Beschlussvorlage Einwendungen erhoben zu haben. Angesichts dessen kann vorliegend ausgeschlossen werden, dass im Fall der Beschlussfähigkeit des Habilitationsausschusses eine Mehrheit zum Nachteil der Klägerin (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 VerfO: einfache Mehrheit) verfehlt worden wäre. Gleiches gilt im Hinblick auf eine Abstimmung in einer späteren Sitzung, da Gegenstimmen gegen die Rücknahme der Habilitation nicht erhoben wurden und die nicht zur Sitzung erschienenen Mitglieder schon in Ansehung der Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen und der vorangegangenen Beschlüsse damit rechnen mussten, dass in der Sitzung vom 12.11.2015 eine Entscheidung zu Lasten der Klägerin ergeht. Angesichts dessen kann auch unter Berücksichtigung einer möglichen Einflussnahme einzelner Mitglieder auf das Abstimmungsverhalten weiterer Mitglieder (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2018, a.a.O., juris Rn. 32) im konkreten Einzelfall aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen werden, dass eine Mehrheit zum Nachteil der Klägerin im Fall einer Wiederholung der Sitzung in anderer Besetzung verfehlt worden wäre. Eine Aufhebung des Bescheids vom 23.01.2015 in Gestalt des im Nachgang zur Sitzung vom 12.11.2015 ergangenen Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 könnte die Klägerin daher auch dann nicht verlangen, wenn der Habilitationsausschuss in seiner Sitzung vom 12.11.2015 beschlussunfähig gewesen wäre und die Dekanin unter Berufung auf § 6 Abs. 4 Satz 1 VerfO zu Unrecht an dessen Stelle entschieden hätte. |
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| cc) Der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2018 begegnet auch in Ansehung der Mitwirkung des Prof. Dr. S. im Rahmen des vorbereitenden Unterausschusses und der Beschlussfassung des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 und vom 12.11.2015 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Umstand, dass gegen diesen im Verlauf der Tätigkeit des Unterausschusses und im Zeitpunkt der erstmaligen Beschlussfassung selbst ein parallel gelagertes Verfahren wegen des Verdachts der wissenschaftlichen Unredlichkeit von einer andere Universität geführt worden sei, keine objektive Tatsachengrundlage darstelle, die geeignet sei, bei einem vernünftigen Beteiligten unter den gegebenen Umständen die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (UA S. 23 ff.). Die Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren, die sich in einer Wiederholung und lediglich punktuellen Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens erschöpfen, geben dem Senat keinen Anlass, ihre Einwendungen abweichend vom Verwaltungsgericht zu bewerten. Insbesondere wird aus dem Vorbringen der Klägerin, die ergänzend auf eine Veröffentlichung zur „Plagiatsaffäre in Freiburg“ verweist, in dem gegen Prof. Dr. S. gerichtete Vorwürfe lediglich in einem zusammenfassenden Absatz erwähnt werden, und vorbringt, über die Vorwürfe gegen Prof. Dr. S. stets informiert gewesen zu sein, nicht deutlich, dass ein vernünftiger Beteiligter unter den gegebenen Umständen die Besorgnis hegen konnte, dieser werde das Verfahren nicht unparteiisch, sachlich und mit der gebotenen Distanz betreiben, sondern sich von Vorurteilen oder unsachlichen Erwägungen leiten lassen. Lediglich ergänzend sieht sich der Senat zu dem Hinweis veranlasst, dass nach den Feststellungen der von der Beklagten eingesetzten Untersuchungskommission bereits im Dezember 2014 „kein Anfangsverdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ (mehr) bestand und sich „der Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens, Herr Prof. S. habe sich in Bezug auf seine Habilitationsschrift unredlich verhalten, [...] nach alledem von vorneherein [als] unbegründet“ erwiesen hatte (vgl. Pressemitteilung der Beklagten vom 11.12.2014, „Unbegründete Vorwürfe - Plagiatsvorwürfe gegen J. R. S. und N. S. haltlos“). |
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| 4. Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, innerhalb der in § 48 Abs. 4 LVwVfG genannten Frist ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dass diese Voraussetzungen im Hinblick auf die im Jahr 2006 erfolgte Habilitation der Klägerin vorliegen, hat das Verwaltungsgericht auf den Seiten 42 bis 51 sowie auf Seite 54 des angegriffenen Urteils überzeugend ausgeführt und hierbei die im wesentlichen unbestrittenen Feststellungen des Abschlussberichts des Unterausschusses vom 20.11.2014 des Habilitationsausschusses der Medizinischen Fakultät der Beklagten ebenso in Bezug genommen wie die einschlägige Senatsrechtsprechung. Soweit die Klägerin dem im Berufungsverfahren entgegenhält, dass sie nach den von der medizinischen Fakultät der Beklagten im Jahr 1998 formulierten Grundsätzen über die Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen als Mitautorin der in ihrer Habilitation verwendeten Textstellen anzusehen sei, kann dies den Vorwurf der wissenschaftlichen Unlauterkeit, der sich auf die Übernahme (auch) fremder Textbestandteile ohne ausreichende Quellenangabe stützt, nicht entkräften. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gehört es zu den Grundanforderungen des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens, dass alle verwendeten (Original-)Quellen und Hilfsmittel der Arbeit offengelegt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 07.07.2020 - 9 S 2809/19 -, juris, Rn. 28 m.w.N.). Überdies ergibt sich auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Kommission „Verantwortung in der Forschung“ der medizinischen Fakultät der Beklagten aus dem Jahr 1998, an dessen Vorgaben unter 2. zur „Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen“ sie sich orientiert haben will, mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Anteil der einzelnen Autoren an einer gemeinsam - z.B. im Rahmen einer Arbeitsgruppe - erarbeiteten Publikation schon nach den damals geltenden Maßstäben kenntlich gemacht werden sollte. Dies entspricht der auch in § 6 Abs. 2 Nr. 10 HabilO 2003 - ebenso wie bereits in früheren, im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Normfassungen - niedergelegten Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung, ob die schriftliche Habilitationsleistung allein oder unter Beteiligung einer Arbeitsgruppe angefertigt worden ist. Eine entsprechende Erklärung hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Einreichung ihrer Habilitationsarbeit abgegeben, ohne allerdings - wie nach § 6 Abs. 2 Nr. 10 HabilO 2003 erforderlich - auf die Erstellung im Rahmen einer Arbeitsgruppe hinzuweisen, deren Zusammensetzung offenzulegen und ihre individuelle Leistung deutlich abgrenzbar und bewertbar kenntlich zu machen. Angesichts dessen rechtfertigt auch der Umstand, dass - wie die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Einstellungsentscheidung der Untersuchungskommission der Universität Göttingen vom 02.06.2015 darlegt -, die Universität Göttingen die wortgleiche Übernahme von Textpassagen aus einer 1972 erschienenen Habilitationsschrift durch einen an einem „gemeinsamen Datenpool“ beteiligten Doktoranden im Jahr 1974 im Jahr 2015 nicht als wissenschaftliches Fehlverhalten bewertet hat, weil sie von mehreren am Datenpool beteiligten Wissenschaftlern rückblickend als „üblich“ bezeichnet worden sei, schon in Ansehung des Entstehungszeitpunkts der Habilitationsschrift der Klägerin über 30 Jahre später keine andere Betrachtung, zumal die dort festgestellten Textidentitäten von geringer Quantität waren und nicht die zentralen Inhalte der wissenschaftlichen Arbeit berührten. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht festgestellt, dass die Klägerin die allgemeinen wissenschaftlichen Ansprüche bei der Abfassung und Einreichung ihrer Habilitationsarbeit ebenso vorsätzlich verletzt hat wie die besonderen Anforderungen der Habilitationsordnung der Beklagten (UA S. 46). Dem ist nichts hinzuzufügen. |
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| 5. Schließlich hat die Beklagte das ihr durch § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumte Rücknahmeermessen im Widerspruchsverfahren, das mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit bildet [oben I. 3. a)], ohne Rechtsfehler und in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Dies hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der inhaltlichen Tragfähigkeit der angestellten Ermessenserwägungen in der angegriffenen Entscheidung überzeugend ausgeführt (UA S. 51 ff.). Allerdings ist insoweit nicht auf die Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses oder die Entscheidung der Dekanin der Medizinischen Fakultät abzustellen, da das Hochschulrecht dem Habilitationsausschuss im Widerspruchsverfahren keine ausdrückliche Befassungskompetenz zuweist. Maßgeblicher Bezugspunkt ist vielmehr die Entscheidung der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG für die Entscheidung im Widerspruchsverfahren zuständigen Prorektorin für Studium und Lehre, der nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine umfassende Prüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit der widerspruchsbefangenen Entscheidung obliegt [oben I. 2. b), 3. a)]. Insoweit ergibt sich aus dem Widerspruchsbescheid vom 16.08.2018 mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Prorektorin für Studium und Lehre sich an die - auf S. 9 (oben) dieses Bescheides nachrichtlich wiedergegebenen - Ermessenserwägungen des Habilitationsausschusses nicht gebunden gefühlt, sondern diese einer eigenständigen Recht- und Zweckmäßigkeitsüberprüfung unterzogen hat. Dass die diesbezügliche Begründung (S. 9 f.) Verhältnismäßigkeitserwägungen enthält, die - so oder ähnlich - schon Gegenstand der alleine auf § 16 Abs. 1 HabilO gestützten Ausgangsentscheidung des Habilitationsausschusses vom 11.12.2014 waren, ist auch angesichts des eingeschränkten Entscheidungsspielraums der Beklagten nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2017 - 6 C 3.16 -, BVerwGE 159, 148, juris Rn. 40). |
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| 6. Auch die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin zur Rückgabe der Habilitationsurkunde binnen eines Monats nach Eintritt der Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung aufzufordern, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 Satz 1 LVwVfG. Auch die Ermessensausübung der Beklagten enthält keine Rechtsfehler und entspricht dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung. |
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| Beschluss vom 6. Mai 2021 |
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| Der Streitwert des Berufungsverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Anlehnung an Ziffer 18.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 20.000,- EUR festgesetzt. |
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