Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 2909/20

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 30. Juli 2020 - 9 K 4519/19 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Nutzung der im Eigentum des beklagten Landes stehenden und von der beigeladenen katholischen Kirchengemeinde genutzten Tennenbacher Kapelle.
Die Klägerin ist eine 1963 gegründete gemeinnützige Bürgerrechtsorganisation. Sie führt regelmäßig gesellschaftspolitische Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen durch, unter anderem auch zum Thema „Trennung von Kirche und Staat“.
Die Tennenbacher Kapelle, deren Bau um 1240 vollendet wurde, ist außer einem nahegelegenen Ökonomiegebäude das einzige erhaltene Bauwerk des Zisterzienserklosters Tennenbach. Das Kloster wurde 1806 im Zuge der Säkularisation aufgelöst und das Eigentum an der Kapelle ging auf das Großherzogtum Baden über. Als dessen Rechtsnachfolger ist der Beklagte heute Eigentümer des Gebäudes.
Im Jahr 1836 wurde die Kapelle entweiht und danach zeitweise als Lazarett, Materiallager, Unterkunft oder Aufenthaltsraum für Arbeiter in der Land- und Forstwirtschaft genutzt.
Im Rahmen eines vom großherzoglichen Domänenärar und der Beigeladenen genehmigten Übereinkommens vom 20.12.1897 zwischen der großherzoglichen Bezirksbauinspektion Emmendingen und dem katholischen Stiftungsrat Emmendingen räumte das Großherzogliche Domänenärar der Beigeladenen ein Nutzungsrecht an dieser Kapelle ein.
Im Übereinkommen wurde dabei wörtlich Folgendes geregelt:
§ 1
Das Großh. Domänenärar gestattet dem kath. Pfarramt Emmendingen vorbehaltlich jederzeitigen Widerrufs, die neu restaurierte Kapelle auf der abgesonderten Gemarkung Tennenbach zur Vornahme von kirchlichen Handlungen zu benützen.
Zu diesem Zwecke erhält das genannte Pfarramt einen Schlüssel zur Kapelle.
§ 2
Dagegen übernimmt der kath. Stiftungsrat Emmendingen für die kath. Kirchengemeinde daselbst die Verpflichtung, für jeden aus dieser Benützung oder aus Anlaß von mit Erlaubnis des Pfarramts erfolgenden Besichtigungen der Kapelle durch Dritte dem Domänenärar erwachsenden Schaden aufzukommen.
§ 3
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Die Genehmigung dieses Übereinkommens, welches doppelt ausgefertigt wird, seitens großh. Domänendirektion und des kath. Oberstiftungs-rats bleibt vorbehalten.“
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Mit Schreiben vom 26.09.2017 begehrte die Klägerin gestützt auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz von dem Beklagten die Auskunft, wie die Nutzungsrechte an der Kapelle ausgestaltet seien.
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Mit Auskunftsbescheid vom 10.10.2017 übermittelte der Beklagte der Klägerin daraufhin eine Kopie des Übereinkommens und führte dazu zusammengefasst aus, der Beigeladenen sei hiermit vom Rechtsvorgänger des Beklagten ein umfassendes Recht zur Nutzung der Kapelle ausschließlich für kirchliche Handlungen eingeräumt worden. Eine Nutzung der Kapelle durch Dritte bedürfe der Erlaubniserteilung durch das Pfarramt. Der Beklagte nehme grundsätzlich keinen Einfluss auf die Beigeladene bezüglich der Frage, wie sie das ihr eingeräumte Nutzungsrecht auszuüben habe. Ein Widerruf des Übereinkommens sei nicht beabsichtigt.
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Mit Schreiben vom 29.10.2018 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Erteilung einer Erlaubnis zur Nutzung der Tennenbacher Kapelle für eine Vortragsveranstaltung am 14.12.2018 zu dem Thema „Zum Stand der Trennung von Staat und Kirche. Ein Verfassungsauftrag“.
14 
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 05.11.2018 ab. Das der Klägerin am 06.11.2018 zugegangene Schreiben war nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Zur Begründung verwies der Beklagte im Wesentlichen auf das Übereinkommen vom 20.12.1897, nach dem die Kapelle der Beigeladenen zur ausschließlichen Nutzung für kirchliche Zwecke überlassen worden sei. Eine Anspruchsgrundlage für den Zugang der Klägerin zur Kapelle sei nicht ersichtlich.
15 
Die Klägerin hat daraufhin am 13.11.2019 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 05.11.2018 rechtswidrig und der Beklagte verpflichtet war, ihr die für den 14.12.2018 beantragte Erlaubnis zur Nutzung der Tennenbacher Kapelle zum Zweck einer Podiumsdiskussion zum Thema „Trennung von Staat und Kirche“ zu erteilen. Zur Begründung hat die Klägerin unter anderem geltend gemacht, sie sei auch nach Ablauf des Termins weiterhin daran interessiert, eine solche Veranstaltung in der Kapelle durchzuführen. Sie habe einen Anspruch auf Überlassung der Kapelle zu diesem Zweck oder jedenfalls einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber. Bei der Kapelle handele es sich um eine öffentliche Sache im Sondergebrauch. Die hierfür erforderliche öffentliche Widmung liege vor, auch wenn sich kein eindeutiger Widmungsakt feststellen lasse. Eine Auslegung des Übereinkommens ergebe jedenfalls, dass das hieraus folgende Recht auf Gebrauchsüberlassung kein ausschließliches Nutzungsrecht der Beigeladenen sei.
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Die Kapelle werde mit Billigung durch den Beklagten nicht ausschließlich zu (rituellen) kirchlichen Handlungen, sondern auch zu weltlichen Zwecken genutzt. Ausweislich der Internetseite der Beigeladenen könne die Kapelle zu einem Preis von 50,- EUR pro Tag angemietet werden. Die Beigeladene habe den Raum der Kapelle schon mehrfach für „weltliche“ Konzerte oder als Proberaum für einzelne Musiker zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus sei die Kapelle nicht geweiht, sodass sich auch insoweit kein exklusiver kirchlicher Nutzungszweck ergebe.
17 
Eine Widmung zum Zweck der ausschließlichen kirchlichen Nutzung wäre rechtlich gar nicht zulässig, da der Beklagte die Interessen der gesamten Bevölkerung wahrnehmen müsse. Es könne nicht sein, dass ein im Eigentum der öffentlichen Hand stehendes Gebäude, das vom Beklagten aus Steuermitteln unterhalten werde und an nahezu 300 Tagen im Jahr nicht von kirchlich genutzt werde, sondern ungenutzt bleibe, nicht auch für eine Nutzung durch die Allgemeinheit zur Verfügung stehe.
18 
Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die beantragte „Sondernutzungserlaubnis“ ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 8 GG. Die geplante Podiumsdiskussion in der Kapelle zum Thema „Trennung von Kirche und Staat“ sei soziologisch betrachtet nichts anderes als eine Nutzung der Kapelle zu kommunikativen kulturellen Zwecken, um die es in der Sache auch bei gottesdienstlich-liturgischen Handlungen gehe. Der Staat sei gehalten, alle Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften gleich zu behandeln; dies schließe es aus, eine Kirchengemeinde durch die Einräumung eines alleinigen Nutzungsrechts zu privilegieren und Dritte von einer Nutzung auszuschließen.
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Auch diene hier die Wahl des Veranstaltungsortes, nämlich der im staatlichen Eigentum stehenden Kapelle, die der Kirche unentgeltlich überlassen werde, der besonderen Veranschaulichung des Themas „Trennung von Kirche und Staat“.
20 
Der Beklagte und die Beigeladene sind der Klage entgegengetreten. Der Beklagte hat ausgeführt, die Kapelle sei keine öffentliche Sache im Sondergebrauch, da es an der erforderlichen Widmung fehle. Eine solche sei weder ausdrücklich noch konkludent erfolgt. Der Beklagte habe gleichartige Nutzungsbegehren anderer Antragsteller unter Verweis auf das exklusive Nutzungsrecht der Beigeladenen stets abgelehnt.
21 
Die Ablehnung der Erlaubnis zur Nutzung der Kapelle verletze die Klägerin auch nicht in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 GG. Denn ein legitimes Differenzierungsziel werde damit verfolgt, dass die ehemals geweihte Kapelle weiterhin nur der Beigeladenen für kirchliche Handlungen zur Verfügung stehen solle. Es liege auch kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 4 GG vor. Der Klägerin sei durch die Ablehnung der Nutzung der Kapelle die Betätigung ihrer Weltanschauung weder erschwert noch unmöglich gemacht worden. Auch sei nicht in die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit eingegriffen worden, da ihr nicht untersagt worden sei, eine bestimmte Meinung zu haben oder eine bestimmte Äußerung zu tätigen, und auch die Informationsbeschaffung nicht behindert worden sei. Schließlich schütze die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG zwar die Wahl des Ortes einer Versammlung. Dieser Schutz erstrecke sich jedoch nicht auf Orte, die dem Gemein- oder Sondergebrauch entzogen seien und nicht der rechtlichen Verfügungsbefugnis des Veranstalters unterlägen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Fraport-Entscheidung vom 22.02.2011 (- 1 BvR 699/06 - BVerfGE 128, 226) den sachlich-räumlichen Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraumes erweitert, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet sei und Orte der allgemeinen Kommunikation entstünden. Dies sei bei der streitgegenständlichen Kapelle aber nicht der Fall. Der Klägerin sei es möglich und zumutbar, die Veranstaltung in anderen Räumlichkeiten durchzuführen.
22 
Die Beigeladene hat eine Tabelle zu den Nutzungen der Tennenbacher Kapelle durch Dritte seit 2015 vorgelegt, aus der ersichtlich ist, dass in der Kapelle 13 geistliche Konzerte, vier weltliche Konzerte des Kulturvereins Emmendingen, sieben Veranstaltungen der evangelischen Kirchengemeinde (Taufen, Hochzeiten) und vier sonstige Veranstaltungen (drei Führungen und eine Familienandacht) stattgefunden haben. Sie hat im Wesentlichen ausgeführt, die Auslegung des Begriffs „kirchliche Handlungen“ im Übereinkommen vom 20.12.1897 stehe ihr aufgrund ihres kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zu. Dieser Begriff sei weit zu verstehen und beschränke sich nicht auf rein „liturgische“ oder auf ausschließlich der katholischen Konfession vorbehaltene kirchliche Handlungen. Im Rahmen der Ökumene werde die Kapelle daher auch der Evangelischen Kirche zur Verfügung gestellt. Die Kapelle sei stets nur zu kirchlichen Zwecken überlassen worden. Hierzu zählten auch geistliche Konzerte. Die Konzertveranstaltungen des Kulturvereins, bei denen keine kirchliche, sondern weltliche Musik dargeboten worden sei, seien für wohltätige Zwecke, nämlich für Projekte der Jugendarbeit im Bereich der eigenen Kirchengemeinde veranstaltet worden, und deshalb von ihr unterstützt worden.
23 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 30.07.2020 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es zusammengefasst ausgeführt, die Klägerin leite ihren Anspruch gegen den Beklagten auf Nutzungsüberlassung aus dem Gebrauchsüberlassungsverhältnis ab, das zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen bezüglich der Kapelle bestehe und das sie in gleicher Weise auch auf die von ihr begehrte Nutzung angewendet sehen wolle bzw. aus dem sie auf eine Widmung der Kapelle als öffentliche, nämlich zumindest auch der öffentlichen Nutzung durch die Allgemeinheit zu dienen bestimmte Sache schließe, die auch ihr einen Nutzungsanspruch eröffne.
24 
Das Gebrauchsüberlassungsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen sei öffentlich-rechtlicher Natur. Die Tennenbacher Kapelle sei der Beigeladenen vom Großherzogtum Baden als dem Rechtsvorgänger des Beklagten durch einen „staatlichen Hoheitsakt“ und nicht aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung überlassen worden. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut der Übereinkunft vom 20.12.1897, nach dem die Nutzung „gestattet“ werde, als auch aus dem in § 1 der Übereinkunft ausdrücklich bestimmten Zweck der Überlassung zur Vornahme von kirchlichen Handlungen sowie dem geregelten Widerrufsvorbehalt. Das Wort „gestatten“ deute ebenso auf ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten hin wie der mit der Gebrauchsüberlassung verfolgte staatliche Zweck, die Tätigkeit der Kirche als anerkannte öffentlich-rechtliche Körperschaft zu fördern und dadurch in gewisser Weise ihre durch die Säkularisierung erlittenen Verluste zu kompensieren.
25 
Die vom Großherzogtum Baden der Beigeladenen hoheitlich eingeräumte Möglichkeit, ein im Staatseigentum stehendes Kirchengebäude unentgeltlich zu nutzen, stehe als sogenannte „Staatsleistung“ auch heute noch unter dem vom Beklagten zu beachtenden Schutz der sog. „Kirchengutsgarantie“ aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV. Diese diene dem Schutz der materiellen Grundlagen der Ausübung der Religionsfreiheit und des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaft, welches wiederum bei einer gerichtlichen Auslegung des zugrundeliegenden Übereinkommens zu berücksichtigen sei.
26 
Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin ergebe sich aus der von ihr angestrebten Wiederholung der Veranstaltung.
27 
Die Klage sei allerdings nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Denn der Bescheid des Beklagten vom 05.11.2018 sei rechtmäßig gewesen und habe die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
28 
Die Klägerin habe nicht beanspruchen können, dass der Beklagte sie neben der Beigeladenen als Nutzerin der Kapelle zulasse und die Beigeladene entsprechend anweise. Denn die im Landeseigentum - und nicht im Eigentum der Gemeinde - stehende Kapelle sei keine „öffentliche Einrichtung“ im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO und auch keine der öffentlichen Zugänglichkeit durch die Allgemeinheit gewidmete „öffentliche Sache“, deren Überlassung zur Nutzung die Klägerin nach gleichen Grundsätzen aufgrund einer ermessensfehlerfreien Entscheidung beanspruchen könne. Denn die Kapelle sei nicht der öffentlichen Nutzung durch die Allgemeinheit, sondern der exklusiven Nutzung zu kirchlichen Zwecken durch die Beigeladene im Rahmen ihres kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zu dienen bestimmt.
29 
Der Umstand, dass es sich bei der am 30.08.1898 (erneut) kirchlich geweihten und nach innerkirchlichen Bestimmungen der Beigeladenen zu gottesdienstlichen Zwecken gewidmeten Kapelle um eine „res sacra“ handele, mache sie nicht zur „öffentlichen Sache“, die der Öffentlichkeit zur allgemeinen Nutzung nach gleichen Grundsätzen zur Verfügung stehe. Vielmehr diene eine „res sacra“ allein den spezifischen Zwecken öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften, so dass sich aus dem auch auf sie angewandten Begriff der „öffentlichen Sache“ also gerade nicht ergebe, dass sie einer Nutzung durch die „Allgemeinheit“ gewidmet worden wäre und daher über den spezifischen kirchlichen Nutzungszweck hinaus auch nicht-kirchlichen Dritten zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden müsste.
30 
Die Kapelle sei auch keine „öffentliche Sache im Sondergebrauch“, deren Nutzung der Beklagte aufgrund einer Ermessensentscheidung Dritten erlauben könnte. „Öffentliche Sachen im Sondergebrauch“ zeichneten sich dadurch aus, dass sie aufgrund einer Widmung grundsätzlich einer allgemeinen Nutzung durch die Öffentlichkeit im Rahmen eines erlaubnisfreien Gemeingebrauchs zur Verfügung stünden und es nur dann einer gesonderten Erlaubnis bedürfe, wenn diese Nutzung in einer besonders intensiven Weise erfolgen solle und deswegen ein sogenannter „Sondergebrauch“ vorliege. Hier fehle es aber schon an einer generellen Widmung zugunsten der Allgemeinheit.
31 
Die Kapelle sei vielmehr der Beigeladenen zur alleinigen, exklusiven Nutzung überlassen worden, was sich aus einer Auslegung des zugrundeliegenden Übereinkommens aus dem Jahr 1897 ergebe. Das Übereinkommen enthalte zu einer allgemeinen Nutzung der Kapelle durch die Öffentlichkeit, also zu allgemeinen weltlichen Zwecken, keine Aussage. Das Schweigen des Textes des Übereinkommens zu diesem Punkt sei insofern auch beredt, als es bereits seinerzeit gemischte Widmungen von im staatlichen Alleineigentum stehenden profanierten Kirchengebäuden sowohl für eine kirchliche Nutzung als auch für weltliche Nutzungen gegeben habe.
32 
Soweit im Übereinkommen in § 2 eine Nutzung der Kapelle durch Dritte ausdrücklich angesprochen werde, sei allein von dem Zweck einer „Besichtigung“ der Kapelle durch Dritte die Rede. Diese werde ausweislich des Verbindungswortes „oder“ ausdrücklich als eine neben die in § 1 des Übereinkommens gestatte „Benützung“ der Kapelle „zur Vornahme kirchlicher Handlungen“ tretende Nutzungsform erwähnt, die unter dem Vorbehalt einer Erlaubnis des Pfarramts stehe und bezüglich derer die durch das Abkommen begünstigte Kirchengemeinde ebenso wie bezüglich der Nutzung zur Vornahme kirchlicher Handlungen die Haftung für daraus erwachsende Schäden übernommen habe.
33 
Gegen die Annahme eines der Beigeladenen durch das Übereinkommen eingeräumten exklusiven Nutzungsrechts spreche auch nicht das von der Klägerin angeführte Argument, ein solches Nutzungsrecht verstoße gegen das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates und widerspreche dem Umstand, dass die Kapelle vom Beklagten aus Steuermitteln unterhalten werde. Denn diese Argumentation verkenne, dass es sich bei der Überlassung um einen historischen Vorgang aus einer Zeit handele, zu der das staatliche Neutralitätsgebot noch nicht gegolten habe.
34 
Die Klägerin sei durch die Überlassung der Kapelle an die Beigeladene aufgrund des Übereinkommens von 1897 auch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Denn die vorkonstitutionelle Privilegierung der Kirchengemeinde werde durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 WRV als fortgeltende zulässige Bevorzugung ausdrücklich verfassungsrechtlich anerkannt und könne daher keine mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung darstellen.
35 
Die der Beigeladenen als sogenannte „Staatsleistung“ in Form einer kostenlosen Gebrauchsüberlassung des Kirchengebäudes gewährte Förderung genieße nach wie vor als sogenanntes „Kirchengut“ (vgl. Art. 138 Abs. 2 WRV: „Eigentum und anderer Rechte“) verfassungsrechtlichen Schutz. Diese auf dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen dem Großherzogtum Baden als Rechtsvorgänger des Beklagten und der Beigeladenen beruhende Privilegierung derselben binde daher den Beklagten bei der Ausübung seines privaten Eigentumsrechts.
36 
Die Grundrechte der Klägerin würden auch nicht durch eine Überschreitung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts verletzt. Die Klägerin könne einen Zulassungsanspruch nicht daraus ableiten, dass die Beigeladene mit ihrer - die Klägerin ausschließenden - Praxis der Überlassung der Kapelle an Dritte gegen grundlegende Bestimmungen der Rechtsordnung, insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot verstoße.
37 
Zwar unterliege die Nutzung der Kapelle durch die Beigeladene der Aufsicht des Beklagten als Eigentümer. Der Beklagte könne das widerruflich gewährte Nutzungsrecht jedenfalls dann willkürfrei ganz oder teilweise widerrufen, wenn der kirchliche Nutzungszweck nicht mehr erreicht werden könne oder grundsätzlich verfehlt werde oder die Grundlage dafür entsprechend dem Gedanken vom Wegfall der Geschäftsgrundlage nachträglich entfallen sei. Als ein Minus gegenüber einem solchen vollständigen Widerruf der Rechtsposition könne der Beklagte auch auf die Beigeladene einwirken und ihr eine im Einzelfall zweckwidrige Nutzung untersagen oder bestimmte zweckwidrige Nutzungen in einer Nutzungsrichtlinie aufzeigen oder in Abstimmung mit der Beigeladenen die Zweckwidrigkeit einer Nutzung klären. Insofern bleibe es dem Beklagten überlassen, im Benehmen mit der Beigeladenen die jeweils zweckmäßigste Aufsichtsform zu finden.
38 
Die Beigeladene habe allerdings grundsätzlich das Recht, den Begriff der „kirchlichen Handlungen“, zu deren Vornahme ihr die Kapelle überlassen worden sei, in Ausübung ihres verfassungsrechtlich anerkannten und daher vom Beklagten grundsätzlich zu beachtenden kirchlichen Selbstbestimmungsrechts auszufüllen und zu bestimmen.
39 
Zwar unterliege die Ausübung dieses Selbstbestimmungsrechts Grenzen. Nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordneten und verwalteten die Religionsgemeinschaften ihre Angelegenheiten „selbständig“, aber „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“. Nach einhelliger Rechtsprechung unterliege die Kirche mit dieser Bindung an die „allgemeinen Gesetze“ allerdings nicht einer allgemeinen Grundrechtsbindung. Vielmehr lägen die Grenzen ihres Selbstbestimmungsrechts erst dort, wo mit seiner Ausübung „Grundprinzipien der Rechtsordnung“ verletzt würden, wie sie im allgemeinen „Willkürverbot“ (Art. 3 Abs. 1 GG), im Begriff der „guten Sitten“ (§ 138 BGB) und im „ordre public“ (Art. 30 EGBGB) ihren Niederschlag gefunden hätten, oder wo das Diskriminierungsverbot zu Lasten Dritter verletzt werde, wobei der Wechselwirkung von kirchlichem Selbstbestimmungsrecht und den Grundrechten von kirchlichen Handlungen Betroffener durch eine Güterabwägung Rechnung zu tragen sei.
40 
Daran gemessen überschreite die hier von der Beigeladenen vorgenommene Gestaltung der Überlassung der Kapelle zur Nutzung durch Dritte nicht die ihr vorgegebene Bindung einer Nutzung zum Zweck der „Vornahme kirchlicher Handlungen“. Denn die von ihr vorgenommene Qualifikation dieser Nutzungsüberlassungen an Dritte als „kirchliche Handlung“ überschreite - auch unter Beachtung der Grundrechte der Klägerin (insbesondere aus Art. 3, 4, 5 und 8 GG) - nicht die Grenzen ihres kirchlichen Selbstbestimmungsrechts.
41 
Bei der Würdigung dessen, was eine „kirchliche Handlung“ sei, dürfe das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften nicht außer Betracht bleiben. Zwar habe der religiös-neutrale Staat grundsätzlich verfassungsrechtliche Begriffe nach neutralen, allgemeingültigen, nicht konfessionell oder weltanschaulich gebundenen Gesichtspunkten zu interpretieren. Wo aber in einer pluralistischen Gesellschaft die Rechtsordnung gerade das religiöse oder weltanschauliche Selbstverständnis voraussetze, wie bei der Kultusfreiheit, würde der Staat die den Religionsgemeinschaften nach dem Grundgesetz gewährte Eigenständigkeit und ihre Selbständigkeit in ihrem eigenen Bereich verletzen, wenn er bei der Auslegung der sich aus einem bestimmten Bekenntnis oder einer Weltanschauung ergebenden Religionsausübung deren Selbstverständnis nicht berücksichtigte.
42 
Vor diesem Hintergrund sei der in dem Übereinkommen von 1897 verwendete, den Überlassungszweck umschreibende Begriff der „Vornahme kirchlicher Handlungen“ weit zu verstehen. Er umfasse nicht nur „gottesdienstliche“, „liturgische“, „sakrale“ oder sonstige „dem kirchlichen Ritus dienende“ Handlungen des Pfarrers und der Gemeindemitglieder. Vielmehr beinhalte der Begriff darüber hinaus auch alle auf die Kapelle bezogenen sonstigen Handlungen der Beigeladenen, die ihren Zwecken als einer verfassten Gemeinschaft gläubiger Christen diene. Wären im Übereinkommen allein „gottesdienstliche“, „liturgische“, „sakrale“ oder sonstige „dem kirchlichen Ritus dienende“ Handlungen gemeint gewesen, hätte dies klargestellt werden müssen.
43 
Somit könne auch die Überlassung der Kapelle durch die Beigeladene an Dritte die Vornahme einer kirchlichen Handlung darstellen. Da das kirchliche Leben im Laufe der Zeit einem Wandel unterliege, könnten hiervon auch Handlungen umfasst sein, an die man seinerzeit bei Abschluss des Übereinkommens 1897 nicht gedacht haben möge, wie etwa Musikveranstaltungen.
44 
Aus dem Angebot der Beigeladenen auf ihrer Internetseite, die Kapelle könne zu einem Preis von 50,- EUR pro Tag gemietet werden, folge nicht, dass eine solche Vermietung unbesehen und gewissermaßen automatisch von jedermann beansprucht werden könne, sobald die Kapelle ungenutzt sei.
45 
Selbst wenn die Beigeladene die Kapelle tatsächlich rein kommerziell zu jedem beliebigen privaten Nutzungszweck an Dritte vermietet hätte, könne die Klägerin daraus nicht unter Hinweis auf den Gleichheitssatz einen Überlassungsanspruch für sich ableiten. Denn die von ihr beabsichtigte Nutzung der Kapelle wäre auch im weitesten Sinne nicht mehr von dem im Übereinkommen von 1897 festgelegten Überlassungszweck „zur Vornahme kirchlicher Handlungen“ gedeckt und hätte daher vom Beklagten unterbunden werden können. Das Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG umfasse keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht.
46 
Grundrechte der Klägerin aus Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 GG würden im vorliegenden Fall nicht verletzt. Die hier streitige Ablehnung ihres Antrags, die Kapelle für eine Podiumsdiskussion nutzen zu dürfen, hindere die Klägerin nicht darin, ihre Weltanschauung nach außen zu betätigen, und greife auch nicht in ihre innere Überzeugungsbildung ein. Auch differenziere die Beigeladene, die auch allen anderen Dritten die Kapelle nicht zum Zweck einer Podiumsdiskussion zur Verfügung stelle, nicht danach, welche Weltanschauung oder welches religiöse Bekenntnis diese verträten und welche Themen im Rahmen der Podiumsdiskussion diskutiert werden sollten.
47 
Ein Hindernis für die Äußerung des weltanschaulichen Bekenntnisses könne die Nichtzulassung zur Nutzung der Kapelle allenfalls dann darstellen, wenn der Klägerin dafür überhaupt kein anderer Ort als die Kapelle offen stünde. Das treffe aber nicht zu, da ihr seit Jahrzehnten offenbar genügend Veranstaltungsorte zur Verfügung stünden und sie etwa das Gemeindehaus der Beigeladenen oder die im Eigentum des Beklagten stehenden Räume der Universität Freiburg hätte nutzen können.
48 
Die Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und des Art. 8 Abs. 1 GG gewährleisteten zwar auch das Selbstbestimmungsrecht des Grundrechtsträgers, den Ort, Zeitpunkt und Inhalt der Versammlung bzw. der Meinungsäußerung so zu wählen, dass damit sein Anliegen - ggf. auch mit Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten und Einrichtungen - nach seinem Dafürhalten am wirksamsten zur Geltung gebracht werde. Als Abwehrrechte, die gegen staatliche Eingriffe schützten, umfassten beide Grundrechte jedoch keinen Leistungsanspruch auf Gewährung eines Zutrittsrechts zu beliebigen, der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglichen Orten.
49 
Gegen das ihr am 31.08.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.09.2020 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Der Beklagte sei verfassungsrechtlich zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität verpflichtet und habe staatliche Leistungen, die hiergegen verstießen, notfalls zu widerrufen. Die Nutzungsüberlassung der Kapelle an die Beigeladene aufgrund des Übereinkommens aus dem Jahr 1897 sei nicht als Entschädigungsleistung für die Enteignung im Rahmen der Säkularisierung zu rechtfertigen, da ursprüngliche Eigentümerin der Kapelle der Zisterzienserorden und nicht die Beigeladene oder die katholische Kirche gewesen sei. Zur Annahme des Verwaltungsgerichts, es stehe ihr jederzeit frei, entsprechend dem Angebot der Beigeladenen für die Durchführung der beabsichtigten Veranstaltung das Gemeindehaus der Beigeladenen anzumieten, sei festzustellen, dass es vorgerichtlich ein solches Angebot nicht gegeben habe; vielmehr sei dieses erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgesprochen worden. Auf dieses Angebot könne sie sich im säkularen Staat des Grundgesetzes nicht einlassen, da dieses nur die Funktion habe, die angeblichen Privilegien der Beigeladenen zu sichern. Auch gehe es ihr - der Klägerin - darum, ihre Weltanschauung (Art. 4 GG) und ihre Meinung (Art. 5 GG) im Rahmen einer Versammlung (Art. 8 GG) gerade in der Tennenbacher Kapelle öffentlich kundzutun.
50 
Die Klägerin beantragt,
51 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 30.07.2020 - 9 K 4519/19 - zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 05.11.2018 rechtswidrig und der Beklagte verpflichtet war, ihr die für den 14.12.2018 beantragte Erlaubnis zur Nutzung der Tennenbacher Kapelle zum Zweck einer Vortragsveranstaltung mit anschließender Diskussion zu dem Thema „Zum Stand der Trennung von Kirche und Staat. Ein Verfassungsauftrag“ zu erteilen.
52 
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
53 
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
54 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
55 
Die Behördenakten des Beklagten und die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Freiburg waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf, auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17.08.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist zulässig (dazu I.), jedoch nicht begründet (dazu II.).
I.
57 
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Bei dem Ablehnungsschreiben des Beklagten vom 05.11.2018 handelte es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG, auch wenn es nicht als solcher bezeichnet und ihm keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Dieser Verwaltungsakt hat sich mit Ablauf des 14.12.2018, an dem die Klägerin die Kapelle gemäß ihrem Antrag nutzen wollte, schon vor Klageerhebung erledigt. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich aus einer konkreten Wiederholungsgefahr, da die Klägerin ernsthaft beabsichtigt, erneut die Erteilung einer Nutzungserlaubnis für die Durchführung einer Podiumsdiskussion/Vortragsveranstaltung zum gleichen Thema zu beantragen und der Beklagte zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Antrag auch künftig ablehnen werde.
58 
Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor Klageerhebung war nicht erforderlich, da der Ablehnungsbescheid bei Erledigung noch nicht bestandskräftig war (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203, juris Rn. 19 ff.). Zwar war er der Klägerin bereits am 06.11.2018 zugegangen. Die Widerspruchsfrist hatte jedoch nach § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 VwGO nicht zu laufen begonnen, da das Ablehnungsschreiben nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Auch die Jahresfrist des § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO war zum Zeitpunkt der Erledigung am 14.12.2018 noch nicht abgelaufen. Die Durchführung eines Vorverfahrens nach Erledigung hätte seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr erfüllen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161, juris Rn. 17 ff.) und eine Widerspruchsentscheidung wäre in der Sache unzulässig gewesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.04.2001 - 2 C 10.00 - juris Rn. 18). Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999, aaO juris Rn. 19 ff.).
II.
59 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 05.11.2018 war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hatte keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihr die Erlaubnis zur Nutzung der Tennenbacher Kapelle am 14.12.2018 zum Zweck einer Podiumsdiskussion/Vortragsveranstaltung zu dem Thema „Zum Stand der Trennung von Kirche und Staat. Ein Verfassungsauftrag“ erteilt und die Beigeladene entsprechend anweist. Auch ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber stand der Klägerin nicht zu. Denn hierfür fehlt es, wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat, an der erforderlichen Anspruchsgrundlage.
60 
1. Die Klägerin hatte gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Nutzungsüberlassung der im Landeseigentum stehenden Kapelle aus § 10 Abs. 2 Satz 2 GemO. Denn nach dieser Vorschrift ist nicht das Land, sondern die Gemeinde anspruchsverpflichtet und der Anspruch kann auch nur von Einwohnern - nicht also von der Klägerin - geltend gemacht werden. Bei der Kapelle handelt es sich im Übrigen auch nicht um eine „öffentliche Einrichtung“, da es - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter 2. ergibt - an der erforderlichen Widmung der Kapelle und der Indienststellung zugunsten der Allgemeinheit fehlt.
61 
2. Die Kapelle ist keine öffentliche Sache im Gemein-, Sonder- oder Anstaltsgebrauch, deren Überlassung zur Nutzung die Klägerin nach gleichen Grundsätzen aufgrund einer ermessensfehlerfreien Entscheidung beanspruchen könnte. Unter den Begriff der öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch fallen solche Gegenstände, zu deren Benutzung jedermann ohne besondere Zulassung gleichermaßen berechtigt ist (vgl. Häde, Jus 1993, 113 <116>; Kment/Weber, JA 2013, 119 <122>). Öffentliche Sachen im Sondergebrauch sind solche, die nach behördlicher Zulassung in dem durch die Zulassung festgelegten besonderen Umfang benutzt werden dürfen (vgl. Peine, JZ 2006, 593 <604>). Öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch sind schließlich Sachen oder Sachgesamtheiten, die vom Bürger aufgrund ihrer Zweckbestimmung nach besonderer Zulassung benutzt werden dürfen (vgl. Häde, Jus 1993, 113 <117>). Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die Sache für die Benutzung durch die Allgemeinheit oder einen bestimmten Personenkreis ausdrücklich oder konkludent gewidmet und zu dem Widmungszweck tatsächlich in Dienst gestellt worden ist (vgl. Axer, DÖV 2013, 165 <166, 168>, Häde, Jus 1993, 113; Kment/Weber, JA 2013, 119 <120 ff.>; Mössner in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.Großkommentar, § 90 BGB Rn. 39; Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025 <1028>; Stieper in Staudinger, BGB, vor § 90 Rn. 17). Vorliegend fehlt es jedoch sowohl an einer Widmung als auch an einer Indienststellung der Kapelle zugunsten der Allgemeinheit oder eines Personenkreises, dem die Klägerin zugehörig ist.
62 
Anhaltspunkte für eine Widmung der Kapelle zugunsten der Allgemeinheit und/oder eine tatsächliche Indienststellung ergeben sich weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus dem sonstigen Akteninhalt. Die von der Klägerin angeführten vormaligen Nutzungen der Kapelle als Lazarett, Materiallager, Aufenthaltsraum für Arbeiter in der Land- und Forstwirtschaft oder als vorübergehende Unterkunft eines „Wiesenaufsehers“ belegen keine Widmung zugunsten der Allgemeinheit und erst recht nicht zum Zweck der von der Klägerin beabsichtigten Durchführung einer Vortragsveranstaltung oder Podiumsdiskussion. Die genannten vormaligen Nutzungen erfolgten zudem zeitlich vor dem Übereinkommen vom 20.12.1897 nach dessen § 1 der Rechtsvorgänger des Beklagten der Beigeladenen vorbehaltlich jederzeitigen Widerrufs die Benutzung der damals neu restaurierten Tennenbacher Kapelle zur Vornahme von kirchlichen Handlungen gestattet hat.
63 
Dieses Übereinkommen aus dem Jahr 1897 spricht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - gegen eine Widmung der Kapelle (auch) zugunsten der Allgemeinheit, da der Beigeladenen hiermit ein exklusives Nutzungsrecht an der Kapelle eingeräumt wurde, was sich aus einer Auslegung des Übereinkommens entsprechend den §§ 133, 157 BGB ergibt.
64 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, das Übereinkommen treffe zu einer allgemeinen Nutzung der Kapelle durch die Öffentlichkeit zu weltlichen Zwecken keine Aussage, obwohl es seinerzeit bereits Widmungen von im Staatseigentum stehenden Kirchengebäuden für gemischte - also kirchliche und weltliche - Nutzungen gegeben habe (vgl. dazu das von der Klägerin als Anlage K 18 vorgelegte Schreiben des MdL Schoch vom 07.10.2019 an den Kulturkreis Emmendingen, Verwaltungsgerichtsakte S. 209).
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Eine Nutzung der Kapelle durch Dritte wird nur in § 2 des Übereinkommens ausdrücklich angesprochen. Insoweit ist allein von „Besichtigung(en)“ der Kapelle durch Dritte die Rede. Diese werden unter den Vorbehalt einer Erlaubnis des Pfarramts gestellt und es wird für daraus erwachsende Schäden die Haftung des „kath Stiftungsrat(s) Emmendingen für die kath. Kirchengemeinde“ geregelt. Diese Formulierung lässt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf schließen, dass der Stiftungsrat selbst und nicht die Beigeladene Vertragspartner des Übereinkommens war und ist. Denn eine eigene Rechtspersönlichkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat nur die beigeladene Kirchengemeinde (sog. „Seelsorgeeineinheit“; vgl. § 24 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg (Kirchensteuergesetz - KiStG); § 5 Abs. 2 der Ordnung über die Verwaltung des Katholischen Kirchenvermögens (Kirchliche Vermögensverwaltungsordnung - KVO Teil III) sowie die Informationen auf der Internetseite der Erzdiözese Freiburg unter https://www.ebfr.de/kirche-vor-ort). Der Stiftungsrat ist nach § 6 Abs. 1, §§ 8, 9 KVO Teil III nur ein - nicht rechtsfähiges - Organ der Kirchengemeinde, dem insbesondere die Verwaltung des Vermögens der Kirchengemeinde obliegt und der diese im Rechtsverkehr vertritt.
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Die ausdrückliche Erwähnung von Besichtigungen durch Dritte im Übereinkommen spricht gerade dagegen, dass sonstige Nutzungen Dritter zulässig sein sollten. Denn die Besichtigungen hätten ansonsten nicht zusätzlich erwähnt werden müssen und es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum diese, nicht aber sonstige Nutzungen durch Dritte der Erlaubnis des Pfarramtes bedürften. Wäre der Rechtsvorgänger des Beklagten davon ausgegangen, dass neben der Nutzung der Kapelle für kirchliche Handlungen auch eine Nutzung durch die Allgemeinheit zulässig gewesen wäre, hätte es zudem nahegelegen, mögliche Nutzungskonflikte im Übereinkommen zu regeln.
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Gegen die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts zugunsten der Beigeladenen vermag die Klägerin auch nicht mit Erfolg einzuwenden, die Domänendirektion habe sich ausweislich einer „Absichtserklärung“ aus dem Jahr 1889 im Fall einer Nutzung der Kapelle zu kirchlichen Zwecken die Genehmigung für jeden einzelnen Fall vorbehalten wollen. Denn die bloße „Absichtserklärung“ wurde etwa acht Jahre vor dem Übereinkommen vom 20.12.1897 abgegeben, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch gar nicht klar war, ob eine Nutzung zu kirchlichen Zwecken überhaupt zugelassen werden sollte, wie sich aus der Formulierung, „wenn das letztere (also die Überlassung zu kirchlichen Zwecken) wirklich geschehen soll“, ergibt. In das Übereinkommen wurde der angedachte Gestattungsvorbehalt letztlich nicht aufgenommen, was - entgegen der Auffassung der Klägerin - gerade dafür spricht, dass der Rechtsvorgänger des Beklagten sich nicht die Genehmigung in jedem einzelnen Fall und damit die umfassende Verfügungsbefugnis vorbehalten wollte.
68 
Da es somit jedenfalls an der erforderlichen Widmung und Indienststellung der Kapelle zugunsten der Allgemeinheit oder eines Personenkreises, dem die Klägerin zugehörig ist, fehlt, spielt es für die Frage, ob sie einen Anspruch auf Benutzung der Kapelle oder zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber hat, keine Rolle, ob das Übereinkommen vom 20.12.1897 nach den damals geltenden Regelungen rechtmäßig zustande gekommen ist, ob es noch gültig ist oder ob und - wenn ja - unter welchen Voraussetzungen der Beklagte das Übereinkommen widerrufen oder sonst gegenüber der Beigeladenen einschreiten könnte (vgl. § 1 des Übereinkommens). Insoweit verkennt die Klägerin, dass sie nicht - nach Art einer Aufsichtsbehörde - die Überprüfung des Rechtsverhältnisses zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten verlangen kann.
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Im Übrigen sind Gründe, aus denen das Übereinkommen unwirksam (geworden) sein sollte, von der Klägerin weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist der Staat entgegen der Auffassung der Klägerin auch seit der Geltung des Grundgesetzes berechtigt, Religion und Religionsgemeinschaften - auch finanziell - zu fördern (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.02.2009 - 7 C 11.08 - juris Rn. 16 ff.; Ehlers in Sachs, GG, 9. Aufl., Art. 140 Rn. 9). Zwar hat der Staat bei Leistungen an die Kirchen die ihm durch den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gesetzten Grenzen zu beachten. Dieser Grundsatz, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ableiten lässt, verpflichtet den Staat zu einer am Gleichheitssatz orientierten Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2009 - 2 BvR 890/06 - BVerfGE 123, 148, juris Rn. 173). Die Förderung von Religionsgemeinschaften durch den Staat darf nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2009, aaO juris Rn. 173 mwN). Die Erfüllung überkommener Gebrauchsüberlassungspflichten ist aber mit diesen Grundsätzen vereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.02.2009, aaO juris Rn. 20 ff.).
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Aus Art. 140 GG i.V.m. den staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung ergibt sich, dass der Verfassungsgeber der Weimarer Reichsverfassung finanzielle Leistungen der öffentlichen Hand an die Religionsgemeinschaften nicht ausnahmslos und sofort hat beenden wollen. Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV werden die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden - bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung zum 14.08.1919 bestehenden - Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften durch die Landesgesetzgebung abgelöst, d.h. gegen Entschädigung aufgehoben. Die Grundsätze hierfür hatte nach Art. 138 Abs. 1 Satz 2 WRV zunächst das Reich und hat jetzt der Bund aufzustellen, der jedoch bis heute nicht tätig geworden ist. Die auf Ablösung der Staatsleistungen zielende Bestimmung hat sich deshalb in eine Bestandsgarantie für diese Staatsleistungen gewandelt. Aus Art. 138 Abs. 1 WRV ergibt sich demnach, dass die Weimarer Reichsverfassung zwar auch anstrebte, die finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Kirche zu entflechten, insoweit aber Leistungen an die Kirchen nicht untersagte, sondern die vorhandenen Ansprüche anerkannte und damit ihre weitere Erfüllung garantierte (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 05.02.2009, aaO juris Rn. 17 f.).
71 
Ob die Gebrauchsüberlassung auf der Grundlage des Übereinkommens vom 20.12.1897 eine Staatsleistung im Sinne des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV darstellt, bedarf keiner Entscheidung (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998 - 2 BvR 1275/96 - BVerfGE 99, 100, juris Rn. 108; BVerwG, Urteil vom 15.11.1990 - 7 C 9.89 - BVerwGE 87, 115, juris Rn. 35; Mainusch, Die öffentlichen Sachen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, 1995, S. 224 ff.). Denn das der Beigeladenen gewährte Nutzungsrecht unterfällt jedenfalls dem Schutz der Kirchengutsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV. Danach werden neben dem für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Eigentum auch „andere Rechte“ gewährleistet, soweit diese dem Vermögen der Religionsgesellschaften mit entsprechender Zweckbestimmung zugehören. Zu den „anderen Rechten“ im Sinne des Art. 138 Abs. 2 WRV gehören auch Besitz- und Nutzungsrechte an Immobilien, namentlich Gebrauchsüberlassungsrechte an Kirchengebäuden (vgl. BVerfG Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 83; BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 22; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.02.2015 - 1 VB 48/14 - LVerfGE 26, 3, juris Rn. 58). Dabei ist nicht entscheidend, welcher Art das eigeräumte Nutzungsrecht ist und ob es im Privatrecht oder im öffentlichen Recht seine Grundlage hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 84; BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 22). Art. 138 Abs. 2 WRV ist Ausdruck des Gedankens, dass das Gebrauchsrecht an einer Sache des Schutzes bedarf, weil diese Sache zum materiellen Substrat der Religionsfreiheit gehört (BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 84; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.02.2015, aaO juris Rn. 58). Die (freie) Widerruflichkeit eines Rechts, wie hier nach § 1 des Übereinkommens vom 20.12.1897, lässt den Schutz des Art. 138 Abs. 2 WRV nicht entfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 93). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu im Beschluss vom 13.10.1998 (aaO juris Rn. 93) darauf hingewiesen, dass die bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung bestehenden Gebrauchsüberlassungsrechte, die von Art. 138 Abs. 2 WRV geschützt werden sollten, nicht selten unter einem allgemeinen Widerrufsvorbehalt standen. Bereits aus diesem Grund kann die Klägerin aus der Widerruflichkeit des Übereinkommens nichts für einen eigenen Anspruch auf Überlassung der Kapelle zum Zweck der Durchführung der beabsichtigten Veranstaltung herleiten.
72 
3. Die Klägerin hat auch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Vergabepraxis des Beklagten keinen Anspruch auf Zulassung zur Nutzung der Kapelle oder auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber.
73 
Denn der Beklagte hat die Kapelle in der Vergangenheit auf der Grundlage des Übereinkommens vom 20.12.1897 ausschließlich der Beigeladenen „zur Vornahme von kirchlichen Handlungen“ überlassen. Die Nutzung der Kapelle durch diese Kirchengemeinde ist der Nutzung durch eine Bürgerrechtsorganisation zum Zweck der Durchführung einer Podiumsdiskussion/Vortragsveranstaltung nicht vergleichbar. So ist Klägerin insbesondere keine Weltanschauungsgemeinschaft, die sich - wie die Beigeladene als Kirchengemeinde - auf die Gewährleistung des Art. 4 Abs. 1 GG berufen kann.
74 
Der Schutzbereich der Weltanschauungsfreiheit ist hier nicht eröffnet, da es sich bei der Klägerin - anders als bei dem Humanistischen Verband - nach ihrem eigenen Selbstverständnis und ihrer Satzung nicht um eine Weltanschauungsgemeinschaft, sondern um eine unabhängige Bürgerrechtsorganisation handelt (so ausdrücklich die Bundesvorsitzende der Humanistischen Union Prof. Dr. Will in ihrem Artikel „Humanismus als Weltanschauung?“, Mitteilungen Nr. 200, Seite 16/17, einzusehen unter http://www.humanistische-union.de/nc/wir_ueber_uns/geschichte/geschichtedetail/back/geschichte/article/humanismus-als-weltanschauung/; vgl. auch die Selbstdarstellung der Klägerin auf ihrer Internetseite http://bawue.humanistische-union.de/quernavigation/ziele/). Nach § 2 Nr. 1 der Satzung der Humanistischen Union e.V. vom 09.11.1967, zuletzt geändert am 31.10.2015, ist es der Zweck und die Aufgabe des Vereins, alle Bestrebungen zu fördern, welche die ungehinderte Entfaltung aller weltanschaulichen, religiösen, philosophischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Auffassungen in gegenseitiger Achtung gewährleisten. Die Klägerin setzt sich ein für den Schutz und die Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte und wendet sich gegen unverhältnismäßige Einschränkungen durch Staat, Wirtschaft oder Kirchen. Sie repräsentiert somit keine einheitliche Überzeugung vom Sinn der Welt im Ganzen mit dem Gewicht einer Glaubensposition und erhebt gerade keinen Richtigkeitsanspruch gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen, sondern erstrebt die Anerkennung gesellschaftlicher Vielfalt in weltanschaulicher und religiöser Sicht.
75 
Für die Bevorzugung der Beigeladenen besteht darüber hinaus jedenfalls ein sachlicher Grund. Das Interesse der Beigeladenen, das zu religiösen Zwecken errichtete und ihr aufgrund des 1897 geschlossenen Übereinkommens überlassene Gebäude auch weiterhin zu Zwecken der Religionsausübung zu nutzen, ist - wie der Senat bereits unter II. 2. ausgeführt hat - durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. den inkorporierten Artikeln der Weimarer Reichsverfassung verfassungsrechtlich besonders geschützt (vgl. Schlink, NVwZ 1987, 633 <634 ff.>).
76 
Selbst wenn das Übereinkommen vom 20.12.1897 im Übrigen unwirksam wäre, wofür - wie dargelegt - keine Anhaltspunkte bestehen, könnte die Klägerin hieraus keine Rechte herleiten. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Auch hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen.
77 
Ungeachtet dessen besteht ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung der Beigeladenen und der Klägerin hier auch deshalb, weil es sich bei der Kapelle um eine „res sacra“ handelt, die als öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit das Eigentum des Beklagten beschränkt (vgl. Mainusch, aaO, S. 122 ff.).
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Die kraft Gewohnheitsrechts den öffentlichen Sachen zugehörigen „res sacrae“ sind von einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 und 7 WRV) unmittelbar dem gottesdienstlichen oder sonst kultischen Gebrauch gewidmete (geweihte) Gegenstände, die auch tatsächlich für kultische Zwecke in Dienst gestellt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 47.07 - juris Rn. 22; Bayerisches ObLG, Urteil vom 12.12.1980 - RReg 2 Z 146/79 - juris Rn. 32 ff., Urteil vom 06.04.1967 - RReg. 1 a Z 236/65 - BayObLGZ 1967, 93 <99>; Mainusch, aaO, S. 197 ff.; Stieper in Staudinger, aaO, vor § 90 Rn. 19 ff.; Mössner in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, aaO, § 90 BGB Rn. 44 f.). Voraussetzung für die Qualifikation als „res sacrae“ ist bei nicht im Eigentum der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft stehenden Gegenständen, wie hier der Kapelle, dass die Widmung mit Einverständnis des Eigentümers erfolgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 26; Bayerisches ObLG, Urteil vom 12.12.1980, aaO juris Rn. 34; Schlink, NVwZ 1987, 633, <634>).
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Diese Voraussetzungen für eine „res sacra“ sind hier erfüllt. Zwar wurde die Tennenbacher Kapelle nach der Säkularisation im Jahr 1836 entweiht und einer weltlichen Nutzung zugeführt. Sie wurde allerdings am 30.08.1898 mit Genehmigung des Bischöflichen Ordinariats durch den damaligen Pfarrer erneut geweiht und Maria und dem heiligen Benedikt gewidmet, wie sich aus einem von der Beigeladenen vorgelegten Eintrag des damaligen Ortspfarrers vom 05.09.1898 sowie den Ausführungen von Hans-Jürgen Günther in „St. Bonifatius Emmendingen, Eine Pfarrei und ihre geschichtlichen Fundamente“ (Hrsg. Römisch-Katholische Kirchengemeinde Emmendingen-Teningen, 2014, S. 199). Darin heißt es:
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„Der heutige Tag ist ein denkwürdiger für die Geschichte der katholischen Pfarrei Emmendingen. Heute wurde zum ersten Male wieder seit etwa 80 Jahren eine Heilige Messe (Hochamt) in der restaurierten Kapelle zu Thennenbach gehalten, nachdem ich dieselbe am 30. August mit Erlaubnis des hochwürdigst Kapitels-Vicariats benediziert hatte.“
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Zu Unrecht wendet die Klägerin hiergegen ein, eine Benediktion dürfe nur durch den Bischof persönlich vorgenommen werden und einen Bischof habe es zum damaligen Zeitpunkt aufgrund einer Sedisvakanz nicht gegeben. Nach Canon 1223 des Codex des Kanonischen Rechts (CIC) genügt für die Benediktion einer Kapelle die Erlaubniserteilung des Ordinarius, es bedarf also nicht einer Benediktion durch den Diözeseanbischof (vgl. Canon 376 CIC) persönlich. Der Umstand, dass die Benediktion hier nach den Ausführungen von Hans-Jürgen Günther in die Zeit einer Sedisvakanz fiel, steht ihrer Wirksamkeit ebenfalls nicht entgegen. Denn aus dessen Ausführungen ergibt sich darüber hinaus, dass „Vicarius Capitularis“ (Kapitelsvikar, Bistumsverweser), also Verwalter der sedisvakanten Diözese, zum damaligen Zeitpunkt der Weihbischof Friedrich Justus Knecht gewesen ist. Er führte bis zur Inthronisation des neuen Bischofs die geistlichen und weltlichen Amtsgeschäfte der Diözese.
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Die kirchliche Widmung erfolgte hier auch mit der erforderlichen Zustimmung des Rechtsvorgängers des Beklagten. Diese ergibt sich aus der Gestattung der Nutzung „zur Vornahme kirchlicher Handlungen“ im Übereinkommen vom 20.12.1897. Denn die Überlassung zur Vornahme kirchlicher Handlungen beinhaltet, dass die beigeladene Kirchengemeinde Gottesdienste nach innerkirchlichem Recht gültig feiern kann (vgl. Canon 1225 CIC).
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Die Widerruflichkeit der Gestattung im Übereinkommen vom 20.12.1897 steht der Annahme einer Zustimmung des Rechtsvorgängers des Beklagten nicht entgegen. Denn auch im Fall einer befristeten, auflösend bedingten oder widerruflichen Gebrauchsüberlassung ist die Widmung eines Gegenstandes zur kirchlichen öffentlichen Sache grundsätzlich ohne Beschränkungen zulässig. Bei Ablauf der Frist, Ausübung des Widerrufs oder Eintritt der auflösenden Bedingung ist die widmende Religionsgemeinschaft aus dem Gebrauchsüberlassungsverhältnis verpflichtet, die Sache zu entwidmen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 06.05.1987 - 7 B 85 A.385 - BayVBl 1987, 720 <722>; Mainusch, aaO, S. 223 f. mwN).
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4. Die Klägerin kann von dem Beklagten auch nicht im Hinblick auf eine „erweiterte Vergabepraxis“ der Beigeladenen i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verlangen, dass dieser auf die Beigeladene einwirkt, damit sie der Klägerin die Durchführung der beabsichtigten Vortragsveranstaltung mit anschließender Diskussion gestattet.
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Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Beigeladenen in der Kapelle durchgeführten Veranstaltungen und die von ihr praktizierte Überlassung der Kapelle an Dritte sämtlich dem Begriff der „Vornahme von kirchlichen Handlungen“ im Sinne des Übereinkommens vom 20.12.1897 unterfallen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht jedenfalls zutreffend festgestellt, dass dieser Begriff unter Berücksichtigung des durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV geschützten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts weit auszulegen ist und es danach grundsätzlich der Beigeladenen obliegt zu definieren, was unter „kirchlichen Handlungen“ zu verstehen ist. Beschränkt wird dieses Selbstbestimmungsrecht durch eine Plausibilitätskontrolle sowie den Grundsatz, dass „kirchliche Handlungen“ nicht in Widerspruch zu grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen stehen dürfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Religionsausübung nach dem Selbstverständnis der christlichen Kirchen nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes umfasst, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit des christlichen Sendungsauftrages in Staat und Gesellschaft (vgl. zum Ganzen ausführlich BVerfG, Beschluss vom 22.10.2014 - 2 BvR 661/12 - BVerfGE 137, 273, juris Rn. 95 ff., Beschluss vom 13.12.1983 - 2 BvL 13/82 u.a., BVerfGE 66, 1, juris Rn. 54).
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Ein Anspruch der Klägerin im Hinblick auf eine „erweiterte Vergabepraxis“ der Beigeladenen scheitert bereits am Fehlen von Anhaltspunkten dafür, dass die Beigeladene in der Vergangenheit Nutzungen der Kapelle zugelassen hat, die der von der Klägerin beabsichtigten vergleichbar sind. Die Kapelle wurde nach Aktenlage und nach der Auskunft der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt zur Durchführung von Vortragsveranstaltungen oder Podiumsdiskussionen überlassen. Hierfür hat auch die Klägerin keine Anhaltspunkte vorgetragen. Originär-kirchliche Handlungen - auch der evangelischen Kirche - wie Taufen und Hochzeiten sind der beabsichtigten Vortragsveranstaltung/Podiumsdiskussion im Hinblick auf die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Religionsfreiheit ersichtlich nicht vergleichbar, auch wenn die Klägerin schlicht behauptet, eine Podiumsdiskussion sei soziologisch betrachtet nichts anderes als eine rituelle Handlung unter Beteiligung mehrerer Personen, die ebenfalls auf Kommunikation angelegt sei. Auch Musikveranstaltungen sind einer Vortragsveranstaltung mit anschließender Diskussion nicht vergleichbar, und zwar gleichgültig, ob es um kirchliche oder weltliche Musik geht. Denn bei Konzerten steht der gemeinsame Musikgenuss und nicht der politische Diskurs im Vordergrund.
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Das in der Kapelle im Juli 2021 veranstaltete Kulturfest, auf das die Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 09.08.2021 Bezug genommen hat, fand nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung, also nach dem 14.12.2018, statt und kann bereits deshalb nicht berücksichtigt werden. Ungeachtet dessen unterscheidet sich auch eine solche auf Unterhaltung des Publikums angelegte Kulturveranstaltung mit Live-Musik, Kabarett und Comedy wesentlich von einer Vortragsveranstaltung zu einem gesellschaftspolitischen Thema.
88 
Soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beigeladene habe - jedenfalls noch zum Zeitpunkt der hier streitigen Ablehnungsentscheidung des Beklagten - auf ihrer Internetseite die Kapelle zu einem „Mietpreis“ von 50,- EUR angeboten, hat das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, die Klägerin könne auch hieraus keine Rechte herleiten. Zwar heißt es auf dieser Internetseite unter der Überschrift: „Vermietung von Pfarrräumen: Mietpreise und Nebenkosten für Kirchen und Gebäude“, die Räume der Beigeladenen stünden „zunächst für Gottesdienste und Veranstaltungen“ ihrer Kirchengemeinde und deren Gruppierungen kostenlos zur Verfügung, unentgeltlich sei außerdem eine Nutzung der Kirchen (darunter der Tennenbacher Kapelle) bei „Trauungen, Taufen und Beerdigungen“ auch durch nicht im eigenen Kirchenbezirk wohnhafte Personen. Weiter wird ausgeführt: „Darüber hinaus können unsere Räume auch für Veranstaltungen von Dritten - gemäß unserer Raumnutzungsvereinbarung und gegen Mietpreis und Nebenkosten - über unsere Pfarrbüros gemietet werden, falls wir diese Räume nicht belegen können“.
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Tatsächlich hat die Beigeladene die Kapelle Dritten jedoch nicht, wie man aufgrund ihres „Internetangebots“ auf den ersten Blick annehmen könnte, als reinen Veranstaltungsraum für jede beliebige Nutzung unbesehen vermietet. Dies ergibt sich bereits aus der von ihr vorgelegten Tabelle über die Nutzungen seit dem Jahr 2015. Dass ihr Angebot nicht in diesem Sinne ausgelegt werden konnte und in der Praxis auch nicht so verstanden wurde, zeigt der Umstand, dass der sogenannte „Mietpreis“ von 50,- EUR pro Tag so gering ist, dass von einer kommerziellen Ausnutzung der Möglichkeit, die Kapelle Dritten zu überlassen, nicht die Rede sein kann. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, deckt dieser Preis kaum den mit einer Vermietung verbundenen Verwaltungs-, Pflege- und Kontrollaufwand.
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Dass eine Vermietung nicht ohne weitere Maßgaben von jedermann beansprucht werden konnte, sobald die Kapelle frei und kirchlich ungenutzt war, ergibt sich auch aus dem Zusatz „gemäß unserer Raumnutzungsvereinbarung“ sowie dem Hinweis des Pfarrers in seiner E-Mail an den Beklagten vom 27.08.2019, dass „(n)atürlich (...) bei der Vergabe der Kapelle für Konzerte (...) darauf geachtet (werde), dass die Musik dem Kirchenraum“ entspreche. Dies war auch für einen durchschnittlich verständigen, objektiven Leser der Internetseite erkennbar und entspricht der üblichen Praxis von Kirchengemeinden, die schon wegen des sakralen Charakters von Kirchengebäuden und ihrer Bedeutung als Gotteshaus diese regelmäßig nicht unbesehen und ohne Rücksicht darauf, ob sich eine Nutzung zu nicht-kirchlichen Zwecken damit verträgt, Dritten zur Verfügung stellen.
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5. Einen Anspruch auf Nutzung der Kapelle - oder zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung - kann die Klägerin auch nicht aus den Grundrechten der Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG), der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) oder der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) herleiten, auf die sie sich als inländische juristische Person gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich berufen kann.
92 
Wie der Senat bereits unter II. 3. dargelegt hat, ist der Schutzbereich der Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG hier nicht eröffnet. Die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 GG, auf die sich die Klägerin beruft, sind im Übrigen in erster Linie Abwehrrechte gegen den Staat und gewähren grundsätzlich keine originären Leistungsansprüche gegen diesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 37, wonach sich aus Art. 4 GG kein Anspruch auf Bereitstellung eines Kirchengebäudes herleiten lässt; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 04.07.2002 - 2 C 21.01 - BVerwGE 116, 359, juris Rn. 13; Germann in Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Art. 4 Rn. 61; Schneider in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 8 Rn. 30). Zwar sind unter Umständen auch die freie Wahl des Ortes und der Zeit der Äußerung einer Weltanschauung oder Meinung oder die Wahl des Versammlungsortes geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - juris Rn. 16, Urteil vom 22.02.2011 - 1 BvR 699/06 - BVerfGE 128, 226, juris Rn. 97, Beschluss vom 10.10.1995 - 1 BvR 1476/91 - BVerfGE 93, 266, juris Rn. 108; Schemmer in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 5 Rn. 9; Schneider in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 8 Rn. 17). Dieses Selbstbestimmungsrecht gewährt aber kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten (vgl. Schemmer in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 5 Rn. 9). Insbesondere ergibt sich aus den Gewährleistungen des Grundgesetzes nicht das Recht, fremdes Grundeigentum - insbesondere Orte, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind - nach Belieben in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.12.2020 - 1 BvR 2734/20 - juris Rn. 10, Urteil vom 22.02.2011, aaO juris Rn. 65, 98; BVerwG, Urteil vom 29.10.1992 - 7 C 34.91 - BVerwGE 91, 135, juris Rn. 14). Grundsätzlich zulässig ist die Wahrnehmung dieser Rechte dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist. Dies ist neben dem öffentlichen Straßenraum auch bei außerhalb hiervon gelegenen Stätten der Fall, sofern dort in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen, nicht aber beispielsweise in Verwaltungsgebäuden oder in eingefriedeten, nicht für die Allgemeinheit geöffneten Anlagen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.12.2020, aaO, Kammerbeschluss vom 18.07.2015 - 1 BvQ 25/15 - juris Rn. 5, Urteil vom 22.02.2011, aaO juris Rn. 66 ff.). Orte allgemeinen kommunikativen Verkehrs, die neben dem öffentlichen Straßenraum für die Durchführung von Versammlungen in Anspruch genommen werden können, sind solche, die der Öffentlichkeit allgemein geöffnet und zugänglich sind (BVerfG, Urteil vom 22.02.2011, aaO juris Rn. 69).
93 
Um einen solchen Ort handelt es sich bei der Kapelle jedoch nicht, da weder der Beklagte noch die Beigeladene diese für die Öffentlichkeit allgemein geöffnet hat. Die Benutzung der Kapelle ist aufgrund des Übereinkommens vom 20.12.1897 vielmehr nur der Beigeladenen zu einem bestimmten Zweck gestattet, nämlich „zur Vornahme von kirchlichen Handlungen“.
94 
Ein Anspruch auf Erteilung einer Nutzungserlaubnis oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber steht der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu, dass für die Durchführung ihrer Veranstaltung kein anderer Ort als die Kapelle zur Verfügung stünde (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.1992, aaO juris Rn. 14 f.). Denn ein solcher Fall ist hier ersichtlich nicht gegeben. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Beigeladene ihr Angebot, die Klägerin könne ihr Gemeindehaus für die Durchführung der Vortragsveranstaltung/Podiumsdiskussion nutzen, erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und damit nach dem für die Rechtmäßigkeit des Bescheids maßgeblichen Eintritt der Erledigung ausgesprochen hat. Denn der Klägerin stehen für ihre Vortragsveranstaltungen seit Jahrzehnten offenbar genügend Veranstaltungsräume zur Verfügung, wie etwa die im Eigentum des Beklagten stehenden Räume der Universität Freiburg. Jedenfalls hat sie nicht dargelegt, dass sie sich vergeblich um alternative Veranstaltungsorte bemüht habe. Darauf, dass sie die Kapelle wegen des örtlichen Bezugs des Vortragsthemas als den am besten geeigneten Veranstaltungsort angesehen hat, kommt es - wie der Senat bereits dargelegt hat - nicht an.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Im vorliegenden Fall entspricht es der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Antrag gestellt hat und damit nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 - juris Rn. 7 f.).
96 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
97 
Beschluss vom 17.08.2021
98 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).
99 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist zulässig (dazu I.), jedoch nicht begründet (dazu II.).
I.
57 
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Bei dem Ablehnungsschreiben des Beklagten vom 05.11.2018 handelte es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG, auch wenn es nicht als solcher bezeichnet und ihm keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Dieser Verwaltungsakt hat sich mit Ablauf des 14.12.2018, an dem die Klägerin die Kapelle gemäß ihrem Antrag nutzen wollte, schon vor Klageerhebung erledigt. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich aus einer konkreten Wiederholungsgefahr, da die Klägerin ernsthaft beabsichtigt, erneut die Erteilung einer Nutzungserlaubnis für die Durchführung einer Podiumsdiskussion/Vortragsveranstaltung zum gleichen Thema zu beantragen und der Beklagte zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Antrag auch künftig ablehnen werde.
58 
Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor Klageerhebung war nicht erforderlich, da der Ablehnungsbescheid bei Erledigung noch nicht bestandskräftig war (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203, juris Rn. 19 ff.). Zwar war er der Klägerin bereits am 06.11.2018 zugegangen. Die Widerspruchsfrist hatte jedoch nach § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 VwGO nicht zu laufen begonnen, da das Ablehnungsschreiben nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Auch die Jahresfrist des § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO war zum Zeitpunkt der Erledigung am 14.12.2018 noch nicht abgelaufen. Die Durchführung eines Vorverfahrens nach Erledigung hätte seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr erfüllen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161, juris Rn. 17 ff.) und eine Widerspruchsentscheidung wäre in der Sache unzulässig gewesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.04.2001 - 2 C 10.00 - juris Rn. 18). Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999, aaO juris Rn. 19 ff.).
II.
59 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 05.11.2018 war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hatte keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihr die Erlaubnis zur Nutzung der Tennenbacher Kapelle am 14.12.2018 zum Zweck einer Podiumsdiskussion/Vortragsveranstaltung zu dem Thema „Zum Stand der Trennung von Kirche und Staat. Ein Verfassungsauftrag“ erteilt und die Beigeladene entsprechend anweist. Auch ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber stand der Klägerin nicht zu. Denn hierfür fehlt es, wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat, an der erforderlichen Anspruchsgrundlage.
60 
1. Die Klägerin hatte gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Nutzungsüberlassung der im Landeseigentum stehenden Kapelle aus § 10 Abs. 2 Satz 2 GemO. Denn nach dieser Vorschrift ist nicht das Land, sondern die Gemeinde anspruchsverpflichtet und der Anspruch kann auch nur von Einwohnern - nicht also von der Klägerin - geltend gemacht werden. Bei der Kapelle handelt es sich im Übrigen auch nicht um eine „öffentliche Einrichtung“, da es - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter 2. ergibt - an der erforderlichen Widmung der Kapelle und der Indienststellung zugunsten der Allgemeinheit fehlt.
61 
2. Die Kapelle ist keine öffentliche Sache im Gemein-, Sonder- oder Anstaltsgebrauch, deren Überlassung zur Nutzung die Klägerin nach gleichen Grundsätzen aufgrund einer ermessensfehlerfreien Entscheidung beanspruchen könnte. Unter den Begriff der öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch fallen solche Gegenstände, zu deren Benutzung jedermann ohne besondere Zulassung gleichermaßen berechtigt ist (vgl. Häde, Jus 1993, 113 <116>; Kment/Weber, JA 2013, 119 <122>). Öffentliche Sachen im Sondergebrauch sind solche, die nach behördlicher Zulassung in dem durch die Zulassung festgelegten besonderen Umfang benutzt werden dürfen (vgl. Peine, JZ 2006, 593 <604>). Öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch sind schließlich Sachen oder Sachgesamtheiten, die vom Bürger aufgrund ihrer Zweckbestimmung nach besonderer Zulassung benutzt werden dürfen (vgl. Häde, Jus 1993, 113 <117>). Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die Sache für die Benutzung durch die Allgemeinheit oder einen bestimmten Personenkreis ausdrücklich oder konkludent gewidmet und zu dem Widmungszweck tatsächlich in Dienst gestellt worden ist (vgl. Axer, DÖV 2013, 165 <166, 168>, Häde, Jus 1993, 113; Kment/Weber, JA 2013, 119 <120 ff.>; Mössner in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.Großkommentar, § 90 BGB Rn. 39; Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025 <1028>; Stieper in Staudinger, BGB, vor § 90 Rn. 17). Vorliegend fehlt es jedoch sowohl an einer Widmung als auch an einer Indienststellung der Kapelle zugunsten der Allgemeinheit oder eines Personenkreises, dem die Klägerin zugehörig ist.
62 
Anhaltspunkte für eine Widmung der Kapelle zugunsten der Allgemeinheit und/oder eine tatsächliche Indienststellung ergeben sich weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus dem sonstigen Akteninhalt. Die von der Klägerin angeführten vormaligen Nutzungen der Kapelle als Lazarett, Materiallager, Aufenthaltsraum für Arbeiter in der Land- und Forstwirtschaft oder als vorübergehende Unterkunft eines „Wiesenaufsehers“ belegen keine Widmung zugunsten der Allgemeinheit und erst recht nicht zum Zweck der von der Klägerin beabsichtigten Durchführung einer Vortragsveranstaltung oder Podiumsdiskussion. Die genannten vormaligen Nutzungen erfolgten zudem zeitlich vor dem Übereinkommen vom 20.12.1897 nach dessen § 1 der Rechtsvorgänger des Beklagten der Beigeladenen vorbehaltlich jederzeitigen Widerrufs die Benutzung der damals neu restaurierten Tennenbacher Kapelle zur Vornahme von kirchlichen Handlungen gestattet hat.
63 
Dieses Übereinkommen aus dem Jahr 1897 spricht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - gegen eine Widmung der Kapelle (auch) zugunsten der Allgemeinheit, da der Beigeladenen hiermit ein exklusives Nutzungsrecht an der Kapelle eingeräumt wurde, was sich aus einer Auslegung des Übereinkommens entsprechend den §§ 133, 157 BGB ergibt.
64 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, das Übereinkommen treffe zu einer allgemeinen Nutzung der Kapelle durch die Öffentlichkeit zu weltlichen Zwecken keine Aussage, obwohl es seinerzeit bereits Widmungen von im Staatseigentum stehenden Kirchengebäuden für gemischte - also kirchliche und weltliche - Nutzungen gegeben habe (vgl. dazu das von der Klägerin als Anlage K 18 vorgelegte Schreiben des MdL Schoch vom 07.10.2019 an den Kulturkreis Emmendingen, Verwaltungsgerichtsakte S. 209).
65 
Eine Nutzung der Kapelle durch Dritte wird nur in § 2 des Übereinkommens ausdrücklich angesprochen. Insoweit ist allein von „Besichtigung(en)“ der Kapelle durch Dritte die Rede. Diese werden unter den Vorbehalt einer Erlaubnis des Pfarramts gestellt und es wird für daraus erwachsende Schäden die Haftung des „kath Stiftungsrat(s) Emmendingen für die kath. Kirchengemeinde“ geregelt. Diese Formulierung lässt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf schließen, dass der Stiftungsrat selbst und nicht die Beigeladene Vertragspartner des Übereinkommens war und ist. Denn eine eigene Rechtspersönlichkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat nur die beigeladene Kirchengemeinde (sog. „Seelsorgeeineinheit“; vgl. § 24 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg (Kirchensteuergesetz - KiStG); § 5 Abs. 2 der Ordnung über die Verwaltung des Katholischen Kirchenvermögens (Kirchliche Vermögensverwaltungsordnung - KVO Teil III) sowie die Informationen auf der Internetseite der Erzdiözese Freiburg unter https://www.ebfr.de/kirche-vor-ort). Der Stiftungsrat ist nach § 6 Abs. 1, §§ 8, 9 KVO Teil III nur ein - nicht rechtsfähiges - Organ der Kirchengemeinde, dem insbesondere die Verwaltung des Vermögens der Kirchengemeinde obliegt und der diese im Rechtsverkehr vertritt.
66 
Die ausdrückliche Erwähnung von Besichtigungen durch Dritte im Übereinkommen spricht gerade dagegen, dass sonstige Nutzungen Dritter zulässig sein sollten. Denn die Besichtigungen hätten ansonsten nicht zusätzlich erwähnt werden müssen und es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum diese, nicht aber sonstige Nutzungen durch Dritte der Erlaubnis des Pfarramtes bedürften. Wäre der Rechtsvorgänger des Beklagten davon ausgegangen, dass neben der Nutzung der Kapelle für kirchliche Handlungen auch eine Nutzung durch die Allgemeinheit zulässig gewesen wäre, hätte es zudem nahegelegen, mögliche Nutzungskonflikte im Übereinkommen zu regeln.
67 
Gegen die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts zugunsten der Beigeladenen vermag die Klägerin auch nicht mit Erfolg einzuwenden, die Domänendirektion habe sich ausweislich einer „Absichtserklärung“ aus dem Jahr 1889 im Fall einer Nutzung der Kapelle zu kirchlichen Zwecken die Genehmigung für jeden einzelnen Fall vorbehalten wollen. Denn die bloße „Absichtserklärung“ wurde etwa acht Jahre vor dem Übereinkommen vom 20.12.1897 abgegeben, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch gar nicht klar war, ob eine Nutzung zu kirchlichen Zwecken überhaupt zugelassen werden sollte, wie sich aus der Formulierung, „wenn das letztere (also die Überlassung zu kirchlichen Zwecken) wirklich geschehen soll“, ergibt. In das Übereinkommen wurde der angedachte Gestattungsvorbehalt letztlich nicht aufgenommen, was - entgegen der Auffassung der Klägerin - gerade dafür spricht, dass der Rechtsvorgänger des Beklagten sich nicht die Genehmigung in jedem einzelnen Fall und damit die umfassende Verfügungsbefugnis vorbehalten wollte.
68 
Da es somit jedenfalls an der erforderlichen Widmung und Indienststellung der Kapelle zugunsten der Allgemeinheit oder eines Personenkreises, dem die Klägerin zugehörig ist, fehlt, spielt es für die Frage, ob sie einen Anspruch auf Benutzung der Kapelle oder zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber hat, keine Rolle, ob das Übereinkommen vom 20.12.1897 nach den damals geltenden Regelungen rechtmäßig zustande gekommen ist, ob es noch gültig ist oder ob und - wenn ja - unter welchen Voraussetzungen der Beklagte das Übereinkommen widerrufen oder sonst gegenüber der Beigeladenen einschreiten könnte (vgl. § 1 des Übereinkommens). Insoweit verkennt die Klägerin, dass sie nicht - nach Art einer Aufsichtsbehörde - die Überprüfung des Rechtsverhältnisses zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten verlangen kann.
69 
Im Übrigen sind Gründe, aus denen das Übereinkommen unwirksam (geworden) sein sollte, von der Klägerin weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist der Staat entgegen der Auffassung der Klägerin auch seit der Geltung des Grundgesetzes berechtigt, Religion und Religionsgemeinschaften - auch finanziell - zu fördern (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.02.2009 - 7 C 11.08 - juris Rn. 16 ff.; Ehlers in Sachs, GG, 9. Aufl., Art. 140 Rn. 9). Zwar hat der Staat bei Leistungen an die Kirchen die ihm durch den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gesetzten Grenzen zu beachten. Dieser Grundsatz, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ableiten lässt, verpflichtet den Staat zu einer am Gleichheitssatz orientierten Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2009 - 2 BvR 890/06 - BVerfGE 123, 148, juris Rn. 173). Die Förderung von Religionsgemeinschaften durch den Staat darf nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2009, aaO juris Rn. 173 mwN). Die Erfüllung überkommener Gebrauchsüberlassungspflichten ist aber mit diesen Grundsätzen vereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.02.2009, aaO juris Rn. 20 ff.).
70 
Aus Art. 140 GG i.V.m. den staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung ergibt sich, dass der Verfassungsgeber der Weimarer Reichsverfassung finanzielle Leistungen der öffentlichen Hand an die Religionsgemeinschaften nicht ausnahmslos und sofort hat beenden wollen. Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV werden die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden - bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung zum 14.08.1919 bestehenden - Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften durch die Landesgesetzgebung abgelöst, d.h. gegen Entschädigung aufgehoben. Die Grundsätze hierfür hatte nach Art. 138 Abs. 1 Satz 2 WRV zunächst das Reich und hat jetzt der Bund aufzustellen, der jedoch bis heute nicht tätig geworden ist. Die auf Ablösung der Staatsleistungen zielende Bestimmung hat sich deshalb in eine Bestandsgarantie für diese Staatsleistungen gewandelt. Aus Art. 138 Abs. 1 WRV ergibt sich demnach, dass die Weimarer Reichsverfassung zwar auch anstrebte, die finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Kirche zu entflechten, insoweit aber Leistungen an die Kirchen nicht untersagte, sondern die vorhandenen Ansprüche anerkannte und damit ihre weitere Erfüllung garantierte (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 05.02.2009, aaO juris Rn. 17 f.).
71 
Ob die Gebrauchsüberlassung auf der Grundlage des Übereinkommens vom 20.12.1897 eine Staatsleistung im Sinne des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV darstellt, bedarf keiner Entscheidung (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998 - 2 BvR 1275/96 - BVerfGE 99, 100, juris Rn. 108; BVerwG, Urteil vom 15.11.1990 - 7 C 9.89 - BVerwGE 87, 115, juris Rn. 35; Mainusch, Die öffentlichen Sachen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, 1995, S. 224 ff.). Denn das der Beigeladenen gewährte Nutzungsrecht unterfällt jedenfalls dem Schutz der Kirchengutsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV. Danach werden neben dem für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Eigentum auch „andere Rechte“ gewährleistet, soweit diese dem Vermögen der Religionsgesellschaften mit entsprechender Zweckbestimmung zugehören. Zu den „anderen Rechten“ im Sinne des Art. 138 Abs. 2 WRV gehören auch Besitz- und Nutzungsrechte an Immobilien, namentlich Gebrauchsüberlassungsrechte an Kirchengebäuden (vgl. BVerfG Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 83; BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 22; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.02.2015 - 1 VB 48/14 - LVerfGE 26, 3, juris Rn. 58). Dabei ist nicht entscheidend, welcher Art das eigeräumte Nutzungsrecht ist und ob es im Privatrecht oder im öffentlichen Recht seine Grundlage hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 84; BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 22). Art. 138 Abs. 2 WRV ist Ausdruck des Gedankens, dass das Gebrauchsrecht an einer Sache des Schutzes bedarf, weil diese Sache zum materiellen Substrat der Religionsfreiheit gehört (BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 84; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.02.2015, aaO juris Rn. 58). Die (freie) Widerruflichkeit eines Rechts, wie hier nach § 1 des Übereinkommens vom 20.12.1897, lässt den Schutz des Art. 138 Abs. 2 WRV nicht entfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.10.1998, aaO juris Rn. 93). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu im Beschluss vom 13.10.1998 (aaO juris Rn. 93) darauf hingewiesen, dass die bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung bestehenden Gebrauchsüberlassungsrechte, die von Art. 138 Abs. 2 WRV geschützt werden sollten, nicht selten unter einem allgemeinen Widerrufsvorbehalt standen. Bereits aus diesem Grund kann die Klägerin aus der Widerruflichkeit des Übereinkommens nichts für einen eigenen Anspruch auf Überlassung der Kapelle zum Zweck der Durchführung der beabsichtigten Veranstaltung herleiten.
72 
3. Die Klägerin hat auch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Vergabepraxis des Beklagten keinen Anspruch auf Zulassung zur Nutzung der Kapelle oder auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber.
73 
Denn der Beklagte hat die Kapelle in der Vergangenheit auf der Grundlage des Übereinkommens vom 20.12.1897 ausschließlich der Beigeladenen „zur Vornahme von kirchlichen Handlungen“ überlassen. Die Nutzung der Kapelle durch diese Kirchengemeinde ist der Nutzung durch eine Bürgerrechtsorganisation zum Zweck der Durchführung einer Podiumsdiskussion/Vortragsveranstaltung nicht vergleichbar. So ist Klägerin insbesondere keine Weltanschauungsgemeinschaft, die sich - wie die Beigeladene als Kirchengemeinde - auf die Gewährleistung des Art. 4 Abs. 1 GG berufen kann.
74 
Der Schutzbereich der Weltanschauungsfreiheit ist hier nicht eröffnet, da es sich bei der Klägerin - anders als bei dem Humanistischen Verband - nach ihrem eigenen Selbstverständnis und ihrer Satzung nicht um eine Weltanschauungsgemeinschaft, sondern um eine unabhängige Bürgerrechtsorganisation handelt (so ausdrücklich die Bundesvorsitzende der Humanistischen Union Prof. Dr. Will in ihrem Artikel „Humanismus als Weltanschauung?“, Mitteilungen Nr. 200, Seite 16/17, einzusehen unter http://www.humanistische-union.de/nc/wir_ueber_uns/geschichte/geschichtedetail/back/geschichte/article/humanismus-als-weltanschauung/; vgl. auch die Selbstdarstellung der Klägerin auf ihrer Internetseite http://bawue.humanistische-union.de/quernavigation/ziele/). Nach § 2 Nr. 1 der Satzung der Humanistischen Union e.V. vom 09.11.1967, zuletzt geändert am 31.10.2015, ist es der Zweck und die Aufgabe des Vereins, alle Bestrebungen zu fördern, welche die ungehinderte Entfaltung aller weltanschaulichen, religiösen, philosophischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Auffassungen in gegenseitiger Achtung gewährleisten. Die Klägerin setzt sich ein für den Schutz und die Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte und wendet sich gegen unverhältnismäßige Einschränkungen durch Staat, Wirtschaft oder Kirchen. Sie repräsentiert somit keine einheitliche Überzeugung vom Sinn der Welt im Ganzen mit dem Gewicht einer Glaubensposition und erhebt gerade keinen Richtigkeitsanspruch gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen, sondern erstrebt die Anerkennung gesellschaftlicher Vielfalt in weltanschaulicher und religiöser Sicht.
75 
Für die Bevorzugung der Beigeladenen besteht darüber hinaus jedenfalls ein sachlicher Grund. Das Interesse der Beigeladenen, das zu religiösen Zwecken errichtete und ihr aufgrund des 1897 geschlossenen Übereinkommens überlassene Gebäude auch weiterhin zu Zwecken der Religionsausübung zu nutzen, ist - wie der Senat bereits unter II. 2. ausgeführt hat - durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. den inkorporierten Artikeln der Weimarer Reichsverfassung verfassungsrechtlich besonders geschützt (vgl. Schlink, NVwZ 1987, 633 <634 ff.>).
76 
Selbst wenn das Übereinkommen vom 20.12.1897 im Übrigen unwirksam wäre, wofür - wie dargelegt - keine Anhaltspunkte bestehen, könnte die Klägerin hieraus keine Rechte herleiten. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Auch hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen.
77 
Ungeachtet dessen besteht ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung der Beigeladenen und der Klägerin hier auch deshalb, weil es sich bei der Kapelle um eine „res sacra“ handelt, die als öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit das Eigentum des Beklagten beschränkt (vgl. Mainusch, aaO, S. 122 ff.).
78 
Die kraft Gewohnheitsrechts den öffentlichen Sachen zugehörigen „res sacrae“ sind von einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 und 7 WRV) unmittelbar dem gottesdienstlichen oder sonst kultischen Gebrauch gewidmete (geweihte) Gegenstände, die auch tatsächlich für kultische Zwecke in Dienst gestellt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 47.07 - juris Rn. 22; Bayerisches ObLG, Urteil vom 12.12.1980 - RReg 2 Z 146/79 - juris Rn. 32 ff., Urteil vom 06.04.1967 - RReg. 1 a Z 236/65 - BayObLGZ 1967, 93 <99>; Mainusch, aaO, S. 197 ff.; Stieper in Staudinger, aaO, vor § 90 Rn. 19 ff.; Mössner in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, aaO, § 90 BGB Rn. 44 f.). Voraussetzung für die Qualifikation als „res sacrae“ ist bei nicht im Eigentum der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft stehenden Gegenständen, wie hier der Kapelle, dass die Widmung mit Einverständnis des Eigentümers erfolgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 26; Bayerisches ObLG, Urteil vom 12.12.1980, aaO juris Rn. 34; Schlink, NVwZ 1987, 633, <634>).
79 
Diese Voraussetzungen für eine „res sacra“ sind hier erfüllt. Zwar wurde die Tennenbacher Kapelle nach der Säkularisation im Jahr 1836 entweiht und einer weltlichen Nutzung zugeführt. Sie wurde allerdings am 30.08.1898 mit Genehmigung des Bischöflichen Ordinariats durch den damaligen Pfarrer erneut geweiht und Maria und dem heiligen Benedikt gewidmet, wie sich aus einem von der Beigeladenen vorgelegten Eintrag des damaligen Ortspfarrers vom 05.09.1898 sowie den Ausführungen von Hans-Jürgen Günther in „St. Bonifatius Emmendingen, Eine Pfarrei und ihre geschichtlichen Fundamente“ (Hrsg. Römisch-Katholische Kirchengemeinde Emmendingen-Teningen, 2014, S. 199). Darin heißt es:
80 
„Der heutige Tag ist ein denkwürdiger für die Geschichte der katholischen Pfarrei Emmendingen. Heute wurde zum ersten Male wieder seit etwa 80 Jahren eine Heilige Messe (Hochamt) in der restaurierten Kapelle zu Thennenbach gehalten, nachdem ich dieselbe am 30. August mit Erlaubnis des hochwürdigst Kapitels-Vicariats benediziert hatte.“
81 
Zu Unrecht wendet die Klägerin hiergegen ein, eine Benediktion dürfe nur durch den Bischof persönlich vorgenommen werden und einen Bischof habe es zum damaligen Zeitpunkt aufgrund einer Sedisvakanz nicht gegeben. Nach Canon 1223 des Codex des Kanonischen Rechts (CIC) genügt für die Benediktion einer Kapelle die Erlaubniserteilung des Ordinarius, es bedarf also nicht einer Benediktion durch den Diözeseanbischof (vgl. Canon 376 CIC) persönlich. Der Umstand, dass die Benediktion hier nach den Ausführungen von Hans-Jürgen Günther in die Zeit einer Sedisvakanz fiel, steht ihrer Wirksamkeit ebenfalls nicht entgegen. Denn aus dessen Ausführungen ergibt sich darüber hinaus, dass „Vicarius Capitularis“ (Kapitelsvikar, Bistumsverweser), also Verwalter der sedisvakanten Diözese, zum damaligen Zeitpunkt der Weihbischof Friedrich Justus Knecht gewesen ist. Er führte bis zur Inthronisation des neuen Bischofs die geistlichen und weltlichen Amtsgeschäfte der Diözese.
82 
Die kirchliche Widmung erfolgte hier auch mit der erforderlichen Zustimmung des Rechtsvorgängers des Beklagten. Diese ergibt sich aus der Gestattung der Nutzung „zur Vornahme kirchlicher Handlungen“ im Übereinkommen vom 20.12.1897. Denn die Überlassung zur Vornahme kirchlicher Handlungen beinhaltet, dass die beigeladene Kirchengemeinde Gottesdienste nach innerkirchlichem Recht gültig feiern kann (vgl. Canon 1225 CIC).
83 
Die Widerruflichkeit der Gestattung im Übereinkommen vom 20.12.1897 steht der Annahme einer Zustimmung des Rechtsvorgängers des Beklagten nicht entgegen. Denn auch im Fall einer befristeten, auflösend bedingten oder widerruflichen Gebrauchsüberlassung ist die Widmung eines Gegenstandes zur kirchlichen öffentlichen Sache grundsätzlich ohne Beschränkungen zulässig. Bei Ablauf der Frist, Ausübung des Widerrufs oder Eintritt der auflösenden Bedingung ist die widmende Religionsgemeinschaft aus dem Gebrauchsüberlassungsverhältnis verpflichtet, die Sache zu entwidmen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 06.05.1987 - 7 B 85 A.385 - BayVBl 1987, 720 <722>; Mainusch, aaO, S. 223 f. mwN).
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4. Die Klägerin kann von dem Beklagten auch nicht im Hinblick auf eine „erweiterte Vergabepraxis“ der Beigeladenen i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verlangen, dass dieser auf die Beigeladene einwirkt, damit sie der Klägerin die Durchführung der beabsichtigten Vortragsveranstaltung mit anschließender Diskussion gestattet.
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Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Beigeladenen in der Kapelle durchgeführten Veranstaltungen und die von ihr praktizierte Überlassung der Kapelle an Dritte sämtlich dem Begriff der „Vornahme von kirchlichen Handlungen“ im Sinne des Übereinkommens vom 20.12.1897 unterfallen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht jedenfalls zutreffend festgestellt, dass dieser Begriff unter Berücksichtigung des durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV geschützten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts weit auszulegen ist und es danach grundsätzlich der Beigeladenen obliegt zu definieren, was unter „kirchlichen Handlungen“ zu verstehen ist. Beschränkt wird dieses Selbstbestimmungsrecht durch eine Plausibilitätskontrolle sowie den Grundsatz, dass „kirchliche Handlungen“ nicht in Widerspruch zu grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen stehen dürfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Religionsausübung nach dem Selbstverständnis der christlichen Kirchen nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes umfasst, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit des christlichen Sendungsauftrages in Staat und Gesellschaft (vgl. zum Ganzen ausführlich BVerfG, Beschluss vom 22.10.2014 - 2 BvR 661/12 - BVerfGE 137, 273, juris Rn. 95 ff., Beschluss vom 13.12.1983 - 2 BvL 13/82 u.a., BVerfGE 66, 1, juris Rn. 54).
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Ein Anspruch der Klägerin im Hinblick auf eine „erweiterte Vergabepraxis“ der Beigeladenen scheitert bereits am Fehlen von Anhaltspunkten dafür, dass die Beigeladene in der Vergangenheit Nutzungen der Kapelle zugelassen hat, die der von der Klägerin beabsichtigten vergleichbar sind. Die Kapelle wurde nach Aktenlage und nach der Auskunft der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt zur Durchführung von Vortragsveranstaltungen oder Podiumsdiskussionen überlassen. Hierfür hat auch die Klägerin keine Anhaltspunkte vorgetragen. Originär-kirchliche Handlungen - auch der evangelischen Kirche - wie Taufen und Hochzeiten sind der beabsichtigten Vortragsveranstaltung/Podiumsdiskussion im Hinblick auf die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Religionsfreiheit ersichtlich nicht vergleichbar, auch wenn die Klägerin schlicht behauptet, eine Podiumsdiskussion sei soziologisch betrachtet nichts anderes als eine rituelle Handlung unter Beteiligung mehrerer Personen, die ebenfalls auf Kommunikation angelegt sei. Auch Musikveranstaltungen sind einer Vortragsveranstaltung mit anschließender Diskussion nicht vergleichbar, und zwar gleichgültig, ob es um kirchliche oder weltliche Musik geht. Denn bei Konzerten steht der gemeinsame Musikgenuss und nicht der politische Diskurs im Vordergrund.
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Das in der Kapelle im Juli 2021 veranstaltete Kulturfest, auf das die Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 09.08.2021 Bezug genommen hat, fand nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung, also nach dem 14.12.2018, statt und kann bereits deshalb nicht berücksichtigt werden. Ungeachtet dessen unterscheidet sich auch eine solche auf Unterhaltung des Publikums angelegte Kulturveranstaltung mit Live-Musik, Kabarett und Comedy wesentlich von einer Vortragsveranstaltung zu einem gesellschaftspolitischen Thema.
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Soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beigeladene habe - jedenfalls noch zum Zeitpunkt der hier streitigen Ablehnungsentscheidung des Beklagten - auf ihrer Internetseite die Kapelle zu einem „Mietpreis“ von 50,- EUR angeboten, hat das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, die Klägerin könne auch hieraus keine Rechte herleiten. Zwar heißt es auf dieser Internetseite unter der Überschrift: „Vermietung von Pfarrräumen: Mietpreise und Nebenkosten für Kirchen und Gebäude“, die Räume der Beigeladenen stünden „zunächst für Gottesdienste und Veranstaltungen“ ihrer Kirchengemeinde und deren Gruppierungen kostenlos zur Verfügung, unentgeltlich sei außerdem eine Nutzung der Kirchen (darunter der Tennenbacher Kapelle) bei „Trauungen, Taufen und Beerdigungen“ auch durch nicht im eigenen Kirchenbezirk wohnhafte Personen. Weiter wird ausgeführt: „Darüber hinaus können unsere Räume auch für Veranstaltungen von Dritten - gemäß unserer Raumnutzungsvereinbarung und gegen Mietpreis und Nebenkosten - über unsere Pfarrbüros gemietet werden, falls wir diese Räume nicht belegen können“.
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Tatsächlich hat die Beigeladene die Kapelle Dritten jedoch nicht, wie man aufgrund ihres „Internetangebots“ auf den ersten Blick annehmen könnte, als reinen Veranstaltungsraum für jede beliebige Nutzung unbesehen vermietet. Dies ergibt sich bereits aus der von ihr vorgelegten Tabelle über die Nutzungen seit dem Jahr 2015. Dass ihr Angebot nicht in diesem Sinne ausgelegt werden konnte und in der Praxis auch nicht so verstanden wurde, zeigt der Umstand, dass der sogenannte „Mietpreis“ von 50,- EUR pro Tag so gering ist, dass von einer kommerziellen Ausnutzung der Möglichkeit, die Kapelle Dritten zu überlassen, nicht die Rede sein kann. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, deckt dieser Preis kaum den mit einer Vermietung verbundenen Verwaltungs-, Pflege- und Kontrollaufwand.
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Dass eine Vermietung nicht ohne weitere Maßgaben von jedermann beansprucht werden konnte, sobald die Kapelle frei und kirchlich ungenutzt war, ergibt sich auch aus dem Zusatz „gemäß unserer Raumnutzungsvereinbarung“ sowie dem Hinweis des Pfarrers in seiner E-Mail an den Beklagten vom 27.08.2019, dass „(n)atürlich (...) bei der Vergabe der Kapelle für Konzerte (...) darauf geachtet (werde), dass die Musik dem Kirchenraum“ entspreche. Dies war auch für einen durchschnittlich verständigen, objektiven Leser der Internetseite erkennbar und entspricht der üblichen Praxis von Kirchengemeinden, die schon wegen des sakralen Charakters von Kirchengebäuden und ihrer Bedeutung als Gotteshaus diese regelmäßig nicht unbesehen und ohne Rücksicht darauf, ob sich eine Nutzung zu nicht-kirchlichen Zwecken damit verträgt, Dritten zur Verfügung stellen.
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5. Einen Anspruch auf Nutzung der Kapelle - oder zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung - kann die Klägerin auch nicht aus den Grundrechten der Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG), der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) oder der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) herleiten, auf die sie sich als inländische juristische Person gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich berufen kann.
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Wie der Senat bereits unter II. 3. dargelegt hat, ist der Schutzbereich der Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG hier nicht eröffnet. Die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 GG, auf die sich die Klägerin beruft, sind im Übrigen in erster Linie Abwehrrechte gegen den Staat und gewähren grundsätzlich keine originären Leistungsansprüche gegen diesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1990, aaO juris Rn. 37, wonach sich aus Art. 4 GG kein Anspruch auf Bereitstellung eines Kirchengebäudes herleiten lässt; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 04.07.2002 - 2 C 21.01 - BVerwGE 116, 359, juris Rn. 13; Germann in Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Art. 4 Rn. 61; Schneider in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 8 Rn. 30). Zwar sind unter Umständen auch die freie Wahl des Ortes und der Zeit der Äußerung einer Weltanschauung oder Meinung oder die Wahl des Versammlungsortes geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - juris Rn. 16, Urteil vom 22.02.2011 - 1 BvR 699/06 - BVerfGE 128, 226, juris Rn. 97, Beschluss vom 10.10.1995 - 1 BvR 1476/91 - BVerfGE 93, 266, juris Rn. 108; Schemmer in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 5 Rn. 9; Schneider in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 8 Rn. 17). Dieses Selbstbestimmungsrecht gewährt aber kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten (vgl. Schemmer in Epping/Hillgruber, aaO, Art. 5 Rn. 9). Insbesondere ergibt sich aus den Gewährleistungen des Grundgesetzes nicht das Recht, fremdes Grundeigentum - insbesondere Orte, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind - nach Belieben in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.12.2020 - 1 BvR 2734/20 - juris Rn. 10, Urteil vom 22.02.2011, aaO juris Rn. 65, 98; BVerwG, Urteil vom 29.10.1992 - 7 C 34.91 - BVerwGE 91, 135, juris Rn. 14). Grundsätzlich zulässig ist die Wahrnehmung dieser Rechte dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist. Dies ist neben dem öffentlichen Straßenraum auch bei außerhalb hiervon gelegenen Stätten der Fall, sofern dort in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen, nicht aber beispielsweise in Verwaltungsgebäuden oder in eingefriedeten, nicht für die Allgemeinheit geöffneten Anlagen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.12.2020, aaO, Kammerbeschluss vom 18.07.2015 - 1 BvQ 25/15 - juris Rn. 5, Urteil vom 22.02.2011, aaO juris Rn. 66 ff.). Orte allgemeinen kommunikativen Verkehrs, die neben dem öffentlichen Straßenraum für die Durchführung von Versammlungen in Anspruch genommen werden können, sind solche, die der Öffentlichkeit allgemein geöffnet und zugänglich sind (BVerfG, Urteil vom 22.02.2011, aaO juris Rn. 69).
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Um einen solchen Ort handelt es sich bei der Kapelle jedoch nicht, da weder der Beklagte noch die Beigeladene diese für die Öffentlichkeit allgemein geöffnet hat. Die Benutzung der Kapelle ist aufgrund des Übereinkommens vom 20.12.1897 vielmehr nur der Beigeladenen zu einem bestimmten Zweck gestattet, nämlich „zur Vornahme von kirchlichen Handlungen“.
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Ein Anspruch auf Erteilung einer Nutzungserlaubnis oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber steht der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu, dass für die Durchführung ihrer Veranstaltung kein anderer Ort als die Kapelle zur Verfügung stünde (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.1992, aaO juris Rn. 14 f.). Denn ein solcher Fall ist hier ersichtlich nicht gegeben. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Beigeladene ihr Angebot, die Klägerin könne ihr Gemeindehaus für die Durchführung der Vortragsveranstaltung/Podiumsdiskussion nutzen, erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und damit nach dem für die Rechtmäßigkeit des Bescheids maßgeblichen Eintritt der Erledigung ausgesprochen hat. Denn der Klägerin stehen für ihre Vortragsveranstaltungen seit Jahrzehnten offenbar genügend Veranstaltungsräume zur Verfügung, wie etwa die im Eigentum des Beklagten stehenden Räume der Universität Freiburg. Jedenfalls hat sie nicht dargelegt, dass sie sich vergeblich um alternative Veranstaltungsorte bemüht habe. Darauf, dass sie die Kapelle wegen des örtlichen Bezugs des Vortragsthemas als den am besten geeigneten Veranstaltungsort angesehen hat, kommt es - wie der Senat bereits dargelegt hat - nicht an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Im vorliegenden Fall entspricht es der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Antrag gestellt hat und damit nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 - juris Rn. 7 f.).
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Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Beschluss vom 17.08.2021
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Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

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