Auf den Antrag des Antragstellers wird § 2 Abs. 5 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 im Studienbetrieb (Corona-Verordnung Studienbetrieb – CoronaVO Studienbetrieb) vom 20. September 2021 in der Fassung der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Studienbetrieb vom 24. November 2021 vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu drei Vierteln und der Antragsgegner zu einem Viertel.
Der Streitwert wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt.
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| Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO zum einen gegen § 2 Abs. 5 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 im Studienbetrieb (Corona-Verordnung Studienbetrieb – CoronaVO Studienbetrieb) vom 20.09.2021 in der Fassung der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Studienbetrieb vom 24.11.2021, die seit dem 25.11.2021 Geltung beansprucht, und zum anderen gegen § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 10 Abs. 1 Nr. 2 sowie § 14 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vom 15.09.2021 in der Fassung der Fünften Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 14.12.2021, die seit dem 15.12.2021 Geltung beansprucht. |
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| Die angefochtene Vorschrift aus der Corona-Verordnung Studienbetrieb des Wissenschaftsministeriums lautet: |
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Grundsätze für den Studienbetrieb |
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(5) 1In der Alarmstufe II nach § 1 Absatz 2 Nummer 4 CoronaVO, frühestens ab 29. November 2021, ist abweichend von § 6 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 und § 7 Absatz 1 Satz 1 die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen in geschlossenen Räumen und die Nutzung studentischer Lernplätze außerhalb der Bibliothek von dem Vorliegen eines Impf- oder Genesenennachweises im Sinne des § 4 Absatz 2 CoronaVO abhängig; § 5 Absatz 1 Satz 3 CoronaVO gilt entsprechend. 2Für |
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1. Praxisveranstaltungen, die insbesondere spezielle Labor- oder Arbeitsräume an den Hochschulen erfordern, insbesondere Laborpraktika, praktische Ausbildungsanteile mit Patientenkontakt unter Einhaltung der Vorgaben der Klinika und Lehrkrankenhäuser, Präparierkurse, sowie Veranstaltungen mit überwiegend praktischen und künstlerischen Ausbildungsanteilen, |
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2. Prüfungen, insbesondere Abschlussprüfungen, sowie Zugangs- und Zulassungsverfahren sowie |
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3. den musikalischen Übebetrieb oder die künstlerische selbständige Arbeit am Werk an Musik- und Kunsthochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Akademien nach dem Akademiengesetz |
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verbleibt es, soweit diese Veranstaltungen zwingend in Präsenz notwendig sind, bei der Regelung des § 6 Absatz 1 Sätze 1 bis 3; die entsprechenden Präsenzveranstaltungen sind im Hygienekonzept darzustellen. § 6 Absatz 3 findet in den Fällen der Sätze 1 und 2 keine Anwendung. 3Die Hochschulen haben die Studierbarkeit der Studiengänge sicherzustellen und daher in ihren Konzepten für den Präsenzstudienbetrieb zu berücksichtigen, dass gegebenenfalls Studierende wegen Satz 1 oder Absatz 3 an Präsenzveranstaltungen nicht teilnehmen können. 4Absatz 4 Nummern 1, 2 und 4 gelten auch in der Alarmstufe II.“ |
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| Die angefochtenen Vorschriften aus der Corona-Verordnung der Landesregierung und die im Normzusammenhang stehenden Regelungen lauten: |
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Private Zusammenkünfte und private Veranstaltungen |
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(1) Private Zusammenkünfte und private Veranstaltungen sind zulässig |
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1. in der Basisstufe ohne Beschränkung, |
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2. in der Warnstufe nur mit Angehörigen eines Haushalts und fünf weiteren Personen, |
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3. in den Alarmstufen nur mit Angehörigen eines Haushalts und einer weiteren Person. |
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(2) Paare, die nicht zusammenleben, gelten als ein Haushalt. |
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(3) Immunisierte Personen sowie Personen, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben oder sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können oder für die keine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission besteht, bleiben bei der Ermittlung der Personenzahl und des Haushaltes unberücksichtigt. |
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(4) Bei sozialen Härtefällen oder Zusammenkünften oder Veranstaltungen zu ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Zwecken gelten die in Absatz 1 genannten Beschränkungen nicht.“ |
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(1) Veranstaltungen wie Theater-, Opern- und Konzertaufführungen, Filmvorführungen, Stadtführungen und Informations-, Betriebs-, Vereins- sowie Sportveranstaltungen sind |
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2. in der Warnstufe zulässig, wobei nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern der Zutritt zu geschlossenen Räumen nur nach Vorlage eines PCR-Testnachweises gestattet ist; bei Veranstaltungen im Freien ist nicht-immunisierten Personen der Zutritt nur nach Vorlage eines Antigen- oder PCR-Testnachweises gestattet, |
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Kultur-, Freizeit- und sonstige Einrichtungen sowie Verkehrswesen |
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(1) 1Der Betrieb von Kultureinrichtungen wie Galerien, Museen, Gedenkstätten, Archiven, Bibliotheken und ähnlichen Einrichtungen, Messen, Ausstellungen und Kongressen, Sportstätten, Bädern und Badeseen mit kontrolliertem Zugang, Saunen und ähnlichen Einrichtungen, Fluss- und Seenschifffahrt im Ausflugsverkehr, touristischen Bus-, Bahn- und Seilbahnverkehren, Skiaufstiegsanlagen und ähnlichen Einrichtungen, Freizeitparks, zoologischen und botanischen Gärten, Hochseilgärten und ähnlichen Einrichtungen ist für den Publikumsverkehr |
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1. in der Basisstufe zulässig, wobei nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern der Zutritt zu geschlossenen Räumen nur nach Vorlage eines Antigen- oder PCR-Testnachweises gestattet ist, |
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2. in der Warnstufe zulässig, wobei nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern der Zutritt zu geschlossenen Räumen nur nach Vorlage eines PCR-Testnachweises gestattet ist; im Freien ist nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern der Zutritt nur nach Vorlage eines Antigen- oder PCR-Testnachweises gestattet, |
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3. in der Alarmstufe zulässig, wobei nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern der Zutritt nicht gestattet ist, |
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4. in der Alarmstufe II zulässig, wobei der Zutritt nur immunisierten Besucherinnen und Besuchern nach Vorlage eines Antigen- oder PCR-Testnachweises gestattet ist. |
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2Die Abholung und Rückgabe von Medien in Bibliotheken und Archiven sind ohne Einschränkungen möglich. 3Der Zutritt zu den Landesbibliotheken und Archiven ist nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern abweichend von Satz 1 in den Alarmstufen nach Vorlage eines PCR-Testnachweises gestattet. 4Abweichend von Satz 1 ist nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern der Zutritt für die Ausübung von Sport zu dienstlichen Zwecken und von Reha-Sport nach Vorlage eines Antigen- oder PCR-Testnachweises gestattet; die Sportausübung außerhalb von Sportstätten richtet sich nach § 9.“ |
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| Der Antragsteller trägt vor, er sei nicht gegen COVID-19 geimpft und es liege bei ihm auch keine Kontraindikation gegen eine solche Impfung vor. Er studiere Pharmazie im 9. Semester an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Zur erfolgreichen Durchführung seines Studiums sei er darauf angewiesen, Zugang zu den Räumlichkeiten und der Infrastruktur der Universität zu haben. Nach der Studienordnung müsse er an näher bezeichneten Präsenzveranstaltungen teilnehmen, um nicht seine Studienzeit zu überschreiten und ggf. exmatrikuliert zu werden. Durch die angefochtenen Regelungen werde er in seinem Studium und in Bezug auf eine soziale Teilhabe beeinträchtigt. Er sei zudem Mitglied in einem Fitnessstudio und bezahle seinen Mitgliedsbeitrag, könne aber aufgrund der geltenden 2G-Regeln weder dieses noch das Angebot des Hochschulsports nutzen. Eine COVID-19-Impfung sei für ihn vor dem Hintergrund des Risikos schwerwiegender Impfnebenwirkungen keine zumutbare Alternative. Auf ihn träfen auch keinerlei Risikofaktoren für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung zu. |
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| Zur aktuellen Gefahrenlage sei unter anderem auszuführen, dass das Robert Koch-Institut (RKI) aufgrund seiner Weisungsgebundenheit und als Teil der Exekutive nicht die erforderliche institutionelle Unabhängigkeit habe, um zu gewährleisten, dass auch dann der aktuelle Stand der Wissenschaft berücksichtigt werde, wenn dies Weisungen, Leitlinien oder bereits zuvor getroffenen politischen Grundentscheidungen widerspreche. Die Lage insbesondere auf den Intensivstationen sei ernst, eine exponentielle Zunahme des Pandemiegeschehens sei jedoch zum Stand 05.12.2021 nicht gegeben. Der sog. 7-Tage-R-Wert liege bundes- und landesweit unter 1, die Hospitalisierungsquote sinke. Die Bereitstellung ausreichender Kapazitäten für die intensivmedizinische Versorgung sei möglich. Der Antragsgegner habe in der Begründung der Corona-Verordnung vom 15.09.2021 eine maximale Kapazität an Intensivbetten in Baden-Württemberg nach Rückmeldung der Krankenhäuser von 2.331 Betten, die im äußersten Notfall mit Personal betrieben werden könnten, angegeben und ausgeführt, in der Intensivbehandlung sei das im Notfall höchstens zur Verfügung stehende fachlich qualifizierte Personal der limitierende Faktor. Diese Angaben seien nicht nachvollziehbar und unplausibel. Es sei insbesondere ohne weiteres möglich, ausgeschiedene oder fehlende Pflegekräfte durch Sonderzahlungen und Erschwerniszulagen zurück- oder für eine Aufstockung ihrer Arbeitszeit in den Wochen der Spitzenbelastung im Herbst und Winter zu gewinnen. Auch eine personelle Ergänzung und Unterstützung durch Aushilfskräfte sei denkbar. Die Impfquote in Deutschland sei nicht verlässlich bekannt. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Impfquote der vulnerablen Bevölkerungsgruppen im Alter von über 60 Jahren besonders hoch sei und 95 % erreicht habe. Besonders hoch sei auch der Immunisierungsgrad unter Studierenden und es sei davon auszugehen, dass diese Bevölkerungsgruppe keinen relevanten Beitrag zur Überbelastung der Intensivstationen leiste. Das Risiko, schwerwiegend an COVID-19 zu erkranken, sei altersabhängig stark unterschiedlich verteilt. Maßnahmen, die sich gegen die Verbreitung von SARS-CoV-2 unter gesunden jüngeren Menschen richteten, hätten unmittelbar einen nur unerheblichen direkten Einfluss auf die Entlastung der Intensivstationen, weil für jüngere, gesunde Menschen ein sehr geringes Risiko bestehe, wegen COVID-19 intensivmedizinisch behandelt werden zu müssen. Die symptomatischen COVID-19-Fallzahlen nähmen zudem unter den Ungeimpften ab, während sie unter den Geimpften zunähmen. Die Ungeimpften spielten also eine immer geringere Rolle im Pandemiegeschehen, während die der Geimpften stark zunehme. Da für Studierende in der Regel das bislang ohne jede staatliche Schutzmaßnahme allgemein akzeptierte Risiko, wegen Influenza intensivmedizinische Behandlungen in Anspruch nehmen zu müssen, nicht geringer sei als im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion, fehle der Ungleichbehandlung von gegen COVID-19 Geimpften und Ungeimpften ein sachlicher Grund. |
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| Studien, wissenschaftliche Erkenntnisse oder gar wissenschaftliche Evidenz über die Wirksamkeit von Kontaktbeschränkungen im Sinne der sog. 2G-Regeln, die lediglich nicht-immunisierte Personen beträfen und von Möglichkeiten sozialer Teilhabe ausschlössen, lägen nicht vor. Es handele sich um ein allein politisch motiviertes soziales Experiment in der Hoffnung, dadurch die politische Kontrolle über die Pandemie zu erlangen. Die vorliegenden Daten sprächen dagegen, dass Kontaktbeschränkungen in Bezug auf nicht-immunisierte Menschen insbesondere an Hochschulen Infektionsketten in relevantem Umfang verhinderten. Epidemiologische Evidenz spreche dafür, dass soziale Kontakte in private Räume (Haushalte) verlagert würden, in denen das Infektionsrisiko um ein Vielfaches höher sei. Als Alternativen zu selektiven Kontaktbeschränkungen nicht-immunisierter Menschen kämen folgende Maßnahmen in Betracht, deren hohe Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen oder zumindest aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen sehr wahrscheinlich sei: der gezielte Schutz von Risikogruppen, die Sicherstellung der Raumlufthygiene, die Einsatz von Schnelltests, insbesondere von Reihentestungen in Risikosettings („1G“), die Wiederherstellung der intensivmedizinischen Kapazitäten des Jahres 2019, der schnelle und systematische Einsatz hochwirksamer COVID-19-Medikamente, darunter eine frühzeitige monoklonale Antikörpertherapie, sowie gezielte Impfangebote. Zur Wirksamkeit der Impfungen sei in Bezug auf den Schutz vor der Virustransmission auszuführen, dass von Geimpften eine ganz erhebliche Virusausbreitung ausgehe, und in Bezug auf den Schutz vor schweren COVID-19-Verläufen zu konstatieren, dass die Impfungen sehr gut vor schweren COVID-19-Verläufen schützten, geimpfte Über-60-Jährige aber dennoch eine überproportionale Rolle auf den Intensivstationen im Vergleich zu ungeimpften 20- bis 59-Jährigen spielten. |
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| Der Antragsteller macht weiter - unter anderem und jeweils näher ausgeführt - geltend, § 2 Abs. 5 Satz 1 CoronaVO Studienbetrieb sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Zur Begründung verweist er auf das im Auftrag des Vereins „Initiative freie Impfentscheidung e.V.“ unter dem 04.10.2021 von Prof. Dr. Murswiek erstellte Rechtsgutachten mit dem Titel „Freiheitseinschränkungen für Ungeimpfte – Die Verfassungswidrigkeit des indirekten COVID-19-Impfzwangs“ (Anlage A5, im Folgenden: „Rechtsgutachten“). Daraus teils zitierend und teils ergänzend trägt der Antragsteller - unter anderem und mit jeweils näherer Begründung - vor, die angefochtenen Regelungen entsprächen bereits nicht den einfachgesetzlichen Voraussetzungen aus § 28a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 IfSG. § 6 Abs. 2 der CoronaVO Studienbetrieb, der die Hochschulen zur Überprüfung sog. 3G-Nachweise verpflichte, sei außerdem mit dem institutionellen Gesetzesvorbehalt des Art. 70 Abs. 1 Satz 1 LV nicht vereinbar. § 2 Abs. 5 Satz 1 CoronaVO Studienbetrieb begründe darüber hinaus unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte der Normadressaten auf Berufsfreiheit (Berufsausbildungsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Als Zwecke, die mit den beanstandeten Maßnahmen verfolgt werden könnten, kämen zum einen die Vermeidung einer systemischen Überlastung der Intensivstationen und zum anderen die Minimierung von schweren COVID-19-Verläufen zum individuellen Gesundheitsschutz bzw. zum Schutz der Bevölkerung in Betracht. Das Ziel, die Pandemie durch eine hohe Impfquote unter Kontrolle zu bringen, sei an den Hochschulen des Landes erreicht, jedenfalls habe der Antragsgegner nichts Gegenteiliges ermittelt und bewiesen. Es sei danach nicht ersichtlich, zu welchem konkreten Zweck Hochschulen noch durch Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung in Anspruch genommen würden. Soweit es um eine Begrenzung der Virustransmission gehen sollte, werde dieses Ziel nach Aufgabe der Kontaktnachverfolgung durch den Antragsgegner nicht (mehr) verfolgt. Eine „echte“ Herdenimmunität anzustreben sei unrealistisch und daher verfassungsrechtlich nicht legitim. |
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| Zur Verfolgung eines nicht näher spezifizierten Gesundheitsschutzes durch die „2G“-Regelung an Hochschulen zur Dämpfung des Infektionsgeschehens sei die angefochtene Vorschrift jedenfalls in Bezug auf beide eingangs genannten Ziele jeweils nicht erforderlich. In Bezug auf die oben genannten milderen Mittel sei insbesondere auszuführen, dass das Bundesverfassungsgericht Reihentests an Schulen in seinem Beschluss vom 19.11.2021 (- 1 BvR 971/21, 1 BvR 1069/21 - , juris) grundsätzlich als milderes Mittel gegenüber Präsenzverboten angesehen, aber während der sog. „Bundesnotbremse“ noch keine hinreichende wissenschaftliche Bestätigung ihrer zumindest vergleichbaren Wirksamkeit habe feststellen können; Letztere liege inzwischen jedoch vor und lasse sich auf Hochschulen übertragen. Dem genannten Beschluss sei außerdem zu entnehmen, dass schwerwiegende Kontaktbeschränkungen gegenüber Menschen, die kein erhöhtes Risiko einer schweren COVID-Erkrankung hätten (dort Schüler), dann nicht gerechtfertigt seien, wenn ein allgemeines Impfangebot zur Verfügung stehe. |
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| Die angefochtene Vorschrift sei auch in Bezug auf keines der oben genannten Ziele angemessen. Die Zugangsbeschränkung wiege als Eingriff in die Berufsausbildungsfreiheit schwer. Der Ausschluss von der Präsenzlehre gewährleiste kein chancengleiches Studieren und stelle eine erhebliche Beeinträchtigung der Berufsausbildungsfreiheit dar. Die Qualität von Online-Lehrveranstaltungen oder der Teilnahme am Studium auf „Distanz“ sei, wie er (der Antragsteller) in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 20.10.2021 (Anlage AS 4) glaubhaft gemacht habe, von erheblich schlechterer Qualität im Vergleich zum Studium in Präsenz. Die Ausnahmen vom Zugangsverbot in § 2 Abs. 5 Satz 2 CoronaVO Studienbetrieb seien zwar wichtig, insgesamt können sie aber den erheblichen Nachteil des Ausschlusses von der Präsenzlehre nicht ausgleichen. Er sei ganz erheblich an der Teilhabe am Studium gehindert. Die Berufsfreiheit schütze nicht nur den Zugang zu einem „Minimum“ an Ausbildungsinhalten, sondern die bestmögliche Qualifikation, die die Studierenden aufgrund ihrer Fähigkeiten und der zur Verfügung stehenden Ressourcen der Hochschulen erwerben könnten. Jeder Studierende habe das Recht, sein Studium mit dem bestmöglichen Ergebnis abzuschließen, zu dem er fähig sei. Dem Antragsgegner stehe es nicht zu, die Zugangsbedingungen so zu verschlechtern, dass es gerade noch zu einem „ausreichend“ genüge. Zugleich liege ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, da Studierende besonders geschützte Gesundheitsdaten offenbaren müssten, um von ihren Grundrechten, insbesondere von Art. 12 Abs. 1 GG, Gebrauch machen zu dürfen. |
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| Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen begründeten darüber hinaus einen Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 GG). Durch die angefochtenen Zugangsbeschränkungen würden Ungeimpfte im Vergleich zu Geimpften und Genesenen rechtswidrig ungleich behandelt. Es sei bereits mehr als zweifelhaft, ob die Testpflicht für Ungeimpfte mehr Infektionen verhindere als sie durch ihren Anreiz, soziale Kontakte ins risikoreichere häusliche Umfeld zu verlagern, begünstige. Die Differenzierung sei unabhängig davon nicht gerechtfertigt, weil auch Geimpfte in erheblichem Maße zur Virusübertragung beitrügen. Die Differenzierung zwischen Geimpften und Ungeimpften sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil Ungeimpfte auf Präsenzveranstaltungen an Hochschulen vor Infektionen geschützt werden müssten, damit sie nicht zu einer Überlastung der Intensivstationen beitrügen. Tatsächlich sei keine Überlastung zu erwarten. Darüber hinaus sei die Gruppe der Ungeimpften hinsichtlich der Risiken schwerer COVID-19-Verläufe so heterogen, dass ihre Einordnung in ein und dieselbe Risikoklasse zum einen zu undifferenziert sei. Zum anderen hätten auch zahlreiche Geimpfte kein geringeres Risiko als die jüngeren Geimpften. |
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| Die beanstandete Zugangsbeschränkung begründe darüber hinaus einen verfassungswidrigen indirekten Impfzwang. Sie erzeuge einen Druck auf die Studierenden und andere Besucher und Mitarbeiter von Hochschulen, sich impfen zu lassen. Hierdurch seien die Rechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und auf individuelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG) sowie das Recht auf Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. |
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| Auch der weiter angegriffene § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 CoronaVO, der ihm (dem Antragsteller) unter anderem die Möglichkeit nehme, sich mit einer beliebigen Anzahl an Kommilitonen zu treffen und gemeinsame Lerngruppen zu bilden, widerspreche höherrangigem Recht. Die Vorschrift sei mit § 28a Abs. 3 IfSG nicht vereinbar. Die Kontaktbeschränkungen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 CoronaVO griffen außerdem in verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter, namentlich nicht erforderlicher und nicht angemessener Weise in die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 (allgemeine Handlungsfreiheit), Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 (Allgemeine Persönlichkeitsrecht), Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG (körperliche Unversehrtheit, indirekter Impfzwang) des Antragstellers ein. Es sei insbesondere nicht belegt, dass die vorgesehenen Kontaktbeschränkungen, die allein für nicht-immunisierte Menschen gälten, einen relevanten Beitrag zur Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems leisteten. Hinzu komme, dass die Maßnahmen nicht an die regionale Belastungssituation anknüpften. Es fehle somit an einer belastbaren Tatsachen- und Datengrundlage, um einen hinreichenden Beitrag der Regelungen zur Kontaktbegrenzung nicht-immunisierter Menschen zur Zweckerreichung zu belegen. Dieses Erkenntnisvakuum sei nach 20 Monaten Pandemie in Deutschland nicht mehr durch einen Beurteilungsspielraum der Exekutive gerechtfertigt. Damit sei auch kein Grund ersichtlich, von dem bestehenden Pandemieplan abzuweichen, wonach kontaktreduzierende Maßnahmen nur in den dort genannten Phasen „containment“ und „protection“, aber nicht mehr in der Phase „mitigation“ vorgesehen seien. Die angefochtene Vorschrift sei außerdem nicht kohärent. Das Regelungskonzept richte sich allein an nicht-immunisierte Menschen, während das Infektionsgeschehen unter den Geimpften nicht durch Maßnahmen reduziert werde, obwohl die Geimpften eine quantitativ ganz erhebliche Rolle für die Virustransmission und damit auch für eine mögliche Belastung des Gesundheitssystems spielten. Die Regelung sei auch nicht erforderlich, da zahlreiche mildere Mittel nicht ausgeschöpft würden. Der angefochtenen Regelung komme damit kein hohes Gewicht zu, das hochrangige Ziel, das der Verordnungsgeber anstrebe, zu erreichen. Sie sei unangemessen. Die angefochtene Kontaktbeschränkung sei ein schwerwiegender Grundrechtseingriff. Wenn er (der Antragsteller) sich gegen die Impfung entscheide, führe dies zu weitreichender sozialer Isolation. Die Alternative, sich zu impfen, bedeute einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und das Recht auf körperliche Selbstbestimmung, der irreversibel sei. Er sei auch mit dem Risiko schwerwiegender Langzeitfolgen verbunden und es bestehe ein nicht völlig unerhebliches Risiko von Todesfolgen. Der mit der Regelung verbundene Eingriff in das Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG führe zusätzlich zur Unverhältnismäßigkeit der angefochtenen Regelungen. |
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| Der ebenfalls angefochtene § 10 Abs. 1 Nr. 2 CoronaVO begründe aus im Wesentlichen den gleichen Gründen unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen Leben sei danach nicht mehr gewährleistet. Zusätzlich spreche für die Unverhältnismäßigkeit der Testnachweispflicht mittels PCR-Tests in der sog. Warnstufe unter anderem, dass qualitativ hochwertige Schnelltests ein milderes und geeigneteres Mittel seien. Besonders fragwürdig sei auch der in § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO normierte Ausschluss der als nicht-immunisiert Geltenden von sportlichen Aktivitäten. § 28a Abs. 8 Nr. 3 IfSG n.F. schließe die Untersagung der Sportausübung auch aus. |
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| Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. |
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| Er macht - mit jeweils näherer Begründung - geltend, der Sachvortrag des Antragstellers insbesondere zum Nutzen einer Impfung sei in weiten Teilen unzutreffend. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO sei teilweise - soweit der Antragsteller Verordnungsbestimmungen zur Warn- und zur (ersten) Alarmstufe im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 CoronaVO angreife, bereits unzulässig. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Rechtsgrundlage für die Vorschrift sei § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 CoronaVO i.V.m. § 32 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16, Abs. 7 Satz 1 Nr. 4, 5 und 6 IfSG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage lägen vor. Die angefochtene Verordnungsbestimmung verstoße auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht), Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit). Sie erweise sich vor dem Hintergrund des derzeitigen Stands der Pandemie insbesondere als verhältnismäßig. Die Erforderlichkeit der Maßnahme könne der Antragsteller insbesondere nicht durch den Verweis auf Testnachweispflichten als ein milderes Mittel in Frage stellen, weil dieses Mittel nicht gleich geeignet sei wie die in § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb getroffenen Regelungen zum sog. 2G-Betrieb. Diese Maßnahmen seien in der Alarmstufe II, einer sehr kritischen Phase des Pandemiegeschehens, auch angemessen, zumal die Regelungen den Präsenzbetrieb an Hochschulen erst wieder ermöglichten und § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb Ausnahmen von der 2G-Regel treffe, die auch für den Antragsteller relevant seien. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Die Differenzierung zwischen immunisierten und nicht-immunisierten Personen sei ebenso gerechtfertigt wie die Ungleichbehandlung von Hochschulen und Schulen. Auch der vom Antragsteller weiter angegriffene § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Vorschrift lasse sich auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage aus § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 7 Nr. 4 IfSG stützen. Die durch § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO bewirkten Grundrechtseingriffe seien verhältnismäßig. Die sog. 2G-plus-Regelung biete in besonders hohem Maße Schutz vor einer Ausweitung des Infektionsgeschehens. Mit den angeordneten Zutrittsverboten seien zwar deutlich spürbare Grundrechtseingriffe der Normbetroffenen verbunden. Dennoch überwögen angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens die drohenden Gefahren, zumal der Verordnungsgeber Zutrittsverbote dort angeordnet habe, wo ein besonderes Risiko für eine Übertragung des SARS-CoV-2-Virus bestehe. Unbegründet sei der Antrag des Antragstellers schließlich auch, soweit er sich gegen die Regelungen zu Kontaktbeschränkungen in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO wende. Rechtsgrundlage hierfür sei § 32 Satz 1, § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 IfSG. Die angefochtene Regelung sei auch im Übrigen rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Insbesondere ergäben sich aus dem Vortrag des Antragstellers zur Lerngruppenbildung keine Zweifel an der Angemessenheit. Da bereits ca. 80 bis 90 % der Studierenden geimpft seien, bewirke die angefochtene Regelung ausgehend von einer durchschnittlichen Lerngruppengröße von drei bis fünf Personen keine relevante Beschränkung für den Antragsteller. Ungeachtet dessen sei es ihm zumutbar, kostenlose Online-Plattformen für virtuelle Zusammentreffen zu nutzen. Auch die Folgenabwägung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO falle, selbst wenn man die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen bewerten wolle, eindeutig zugunsten des Gesundheitsschutzes aus. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten einschließlich der oben genannten und der weiteren Anlagen des Antragstellers verwiesen. |
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| Der Senat hat keinen Anlass, im Rubrum als Vertreter des Antragsgegners über das federführende Sozialministerium hinaus auch das Wissenschaftsministerium aufzunehmen. Der Senat hat dem Antragsgegner in der Eingangsverfügung vom 08.12.2021 Gelegenheit gegeben mitzuteilen, falls er im vorliegenden Verfahren auch durch das Wissenschaftsministerium vertreten werde. Er hat sich in seiner Antragserwiderung nicht dahingehend geäußert. |
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| Der Senat entscheidet über den Antrag ohne die vom Antragsteller angeregte mündliche Verhandlung. Für die Durchführung einer Verhandlung besteht im vorliegenden Beschlussverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kein Anlass (vgl. § 101 Abs. 3 VwGO). Die Beteiligten hatten Gelegenheit schriftsätzlich vorzutragen und hiervon umfassend Gebrauch gemacht. Besondere Umstände, die eine mündliche Verhandlung gebieten könnten, sind auch aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht erkennbar. Insbesondere begründet der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung auch in dem vom Antragsteller angeführten Fall, dass der Senat vom Vorbringen des Antragstellers „nicht hinreichend überzeugt“ ist und den Antrag abzulehnen beabsichtigt, entgegen dem Antragsvorbringen keinen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. |
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| Der Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO hat zum Teil Erfolg. Er ist teilweise unzulässig (1.). Soweit er zulässig ist, ist unbegründet, soweit sich der Antragsteller gegen Vorschriften aus der Corona-Verordnung der Landesregierung wendet, aber begründet, soweit er die im Tatbestand genannte Vorschrift aus der Corona-Verordnung Studienbetrieb des Wissenschaftsministeriums beanstandet (2.). |
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| 1. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig. |
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| Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind. |
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| Diese Voraussetzungen liegen hier nur vor, soweit sich der Antragsteller gegen § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb und gegen § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO betreffend die Alarmstufe II sowie gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und, soweit dieser die Alarmstufe II betrifft, Satz 3 CoronaVO wendet. Im Übrigen ist der Antrag unzulässig. |
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| a) Der Antrag ist statthaft. Das folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen - wie hier - der Landesregierung und eines Landesministeriums. |
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| c) Der Antragsteller ist jedoch nur teilweise antragsbefugt. |
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| Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462 m.w.N.). |
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| Nach diesem Maßstab fehlt dem Antragsteller die Antragsbefugnis, soweit er sich gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 CoronaVO wendet. Die Vorschrift stellt klar, dass die Abholung und Rückgabe von Medien in Bibliotheken und Archiven „ohne Einschränkungen möglich“ ist. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, in welcher Hinsicht der Antragsteller hierdurch in seinen - zumal welchen - Rechten verletzt sein sollte. Ebenfalls nicht antragsbefugt ist der Antragsteller, soweit er die vorläufige Außervollzugsetzung von § 14 Abs. 1 Satz 4 CoronaVO begehrt. Die Vorschrift trifft Regelungen „für die Ausübung von Sport zu dienstlichen Zwecken und von Reha-Sport“. Weder hat der Antragsteller vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass er gegenwärtig oder in absehbarer Zeit in einem Dienstverhältnis mit Dienstsport steht oder Reha-Sport auszuüben Anlass hat. |
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| In Bezug auf die übrigen vom Antragsteller angefochtenen Vorschriften besteht die Antragsbefugnis. |
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| d) Für den Antrag liegt aber, auch soweit der Antragsteller antragsbefugt ist, nur teilweise ein Rechtsschutzbedürfnis vor. |
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| Einen Normenkontrollantrag und damit auch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 47 Abs. 6 VwGO kann nur in zulässiger Weise stellen, wer ein irgendwie geartetes Interesse an der Unwirksamerklärung bzw. hier Außervollzugsetzung der Norm, geltend machen kann. Das Rechtsschutzinteresse fehlt immer dann, wenn durch die Unwirksamerklärung der Norm die Rechtsstellung des Antragstellers nicht verbessert werden kann und die Inanspruchnahme des Gerichts daher für ihn nutzlos ist. Besondere Maßstäbe gelten, wenn der Kläger oder Antragsteller vorbeugenden Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Denn die Verwaltungsgerichtsordnung ist auf die Gewährung von nachträglichem Rechtsschutz zugeschnitten, weil effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 VwGO) grundsätzlich ausreichend durch nachträglichen - ggf. auch einstweiligen - Rechtsschutz gewährt werden kann und ein nachträglicher Rechtsschutz dem verfassungsrechtlich normierten Grundsatz der Gewaltenteilung besser Rechnung trägt, weil vorbeugender Rechtsschutz den im gesetzlichen Rahmen bestehenden Handlungsspielraum der Exekutive in der Regel stärker beschneidet. Insbesondere ein vorbeugender vorläufiger Rechtsschutz kommt deshalb nur in Ausnahmefällen in Betracht (BVerwG, Beschl. v. 25.04.2007 - 9 VR 4.07 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 28). Hierfür muss ein spezielles, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse bestehen. Daran fehlt es, wenn es dem Betroffenen zuzumuten ist, die befürchteten Maßnahmen der Verwaltung abzuwarten und er auf einen als ausreichend anzusehenden nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.05.1987 - 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207; Senat, Urt. v. 13.05.1991 - 1 S 944/91 - VBlBW 1991, 429). Ein berechtigtes Interesse an einem vorbeugenden Rechtsschutz kann zudem insbesondere dann nicht anerkannt werden, solange sich noch nicht mit dafür erforderlicher Bestimmtheit übersehen lässt, welche Maßnahmen drohen oder unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergehen werden (BVerwG, Beschl. v. 30.09.1981 - 3 B 39.81 - juris; vgl. Senat, Beschl. v. 12.10.2021 - 1 S 3038/21 - und v. 08.02.2021 - 1 S 3952/20 - juris). |
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| An diesen Maßstäben gemessen, fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis, soweit er sich gegen Vorschriften wendet, die in der Warnstufe (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 CoronaVO) und in der (ersten) Alarmstufe (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO) Geltung beanspruchen (vgl. zur Basisstufe Senat Beschl. v. 15.11.2021 - 1 S 3295/21 - juris). Denn diese Vorschriften sind aktuell nicht anwendbar, da mit Wirkung vom 24.11.2021 die Alarmstufe II ausgerufen wurde (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO). Angesichts der derzeitigen Entwicklung des Pandemiegeschehens (s. näher unter 3.) ist auch nicht zu erwarten, dass die erste Alarmstufe oder gar die Warnstufe in nächster Zeit wieder erreicht wird. Der Antragsteller begehrt damit insoweit vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulässigkeit eines solchen Begehrens hat er nicht dargelegt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist der Antrag des Antragstellers daher im Ergebnis, soweit er sich gegen § 9 Abs. 1 Nr. 2 und, soweit diese die erste Alarmstufe betrifft, Nr. 3, § 10 Abs. 1 Nr. 2 sowie § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 CoronaVO wendet. Am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es darüber hinaus auch für den Antrag gegen diejenigen Vorschriften, in Bezug auf die dem Antragsteller bereits die Antragsbefugnis fehlt (vgl. oben c)). |
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| 3. Der Antrag ist, soweit er zulässig ist, nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. |
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| Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 - 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017 - 6 S 309/17 - juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 - 4 VR 2.98 - NVwZ 1998, 1065). |
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| An diesen Maßstäben gemessen, ist der gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gestellte Antrag der Antragstellerin, soweit er zulässig ist, nur teilweise begründet. |
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| Ein gegen § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO betreffend die Alarmstufe II gerichteter Normenkontrollantrag bliebe in einem Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach ohne Erfolg (a). Das Gleiche gilt für ein Hauptsacheverfahren gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und, soweit dieser die Alarmstufe II betrifft, Satz 3 CoronaVO (b). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in dieser Hinsicht gegenwärtig auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (c). Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus gegen § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb wendet, hätte ein Normenkontrollverfahren in der Hauptsache allerdings voraussichtlich Erfolg (d) und ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung auch im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten. |
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| a) Ein gegen § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO betreffend die Alarmstufe II gerichteter Normenkontrollantrag hätte voraussichtlich keinen Erfolg. |
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| aa) Für die Regelungen in § 9 Abs. 1 CoronaVO zur Beschränkung von privaten Zusammenkünften besteht eine Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 3, und Abs. 3 IfSG, die Regelungen der hier fraglichen Art am Maßstab des einfachen Gesetzesrechts gemessen grundsätzlich tragen kann (stRspr, vgl. zuletzt Senat, Beschl. v. 25.02.2021 - 1 S 519/21 - juris, v. 20.01.2021 - 1 S 80/21 -, v. 11.11.2020 - 1 S 3379/20 - juris, v. 18.05.2020 - 1 S 1357/20 - juris und v. 13.05.2020 - 1 S 1314/20 - juris). |
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| Als Rechtsgrundlage scheiden § 28a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 IfSG und die weiteren genannten Vorschriften auch nicht deshalb aus, weil die von § 28a Abs. 1 IfSG vorausgesetzte Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag gegenwärtig nicht (mehr) vorliegt. Denn § 28a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 IfSG trägt die angefochtene Vorschrift aufgrund § 28a Abs. 9 IfSG weiterhin. Diese Vorschrift bestimmt in Satz 1, dass die Absätze 1 bis 6 des § 28a IfSG nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite bis längstens zum Ablauf des 19.03.2022 für Schutzmaßnahmen nach Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG anwendbar bleiben, die bis zum 25.11.2021 in Kraft getreten sind. Nach Satz 2 gilt Satz 1 für Schutzmaßnahmen nach Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 und § 32 IfSG entsprechend, sofern das Parlament in dem betroffenen Land die Rechtsverordnungen nicht aufhebt. Davon ausgehend stellen die eingangs genannten Vorschriften weiterhin eine taugliche gesetzliche Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bestimmungen aus § 9 CoronaVO dar, denn diese Bestimmungen sind durch die Dritte Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 23.11.2021 eingeführt bzw. geändert worden, die am 24.11.2021 in Kraft trat. |
|
| Ohne Erfolg wendet der Antragsteller hiergegen unter Verweis auf das Rechtsgutachten vom 04.10.2021 sinngemäß ein, der Bundestag habe aber schon bei der zuletzt am 25.08.2021 erfolgten Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite und seither seinen Beurteilungsspielraum evident überschritten, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 6 IfSG bereits damals nicht und danach erst recht nicht mehr vorgelegen hätten, da keine „ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit“ im Sinne dieser Vorschrift und insbesondere keine ernsthafte Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems ersichtlich sei. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Anwendung von § 28a Abs. 1 IfSG neben dem formalen Vorliegen einer Feststellung des Deutschen Bundestages nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG überhaupt eine Inzidenzkontrolle der materiellen Voraussetzungen aus § 5 Abs. 1 IfSG voraussetzt (abl. VG Mainz, Beschl. v. 22.10.2021 - 1 L 787/21.MZ -). Denn es ist nach wie vor nichts substantiiert dazu vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Deutsche Bundestag bei seiner zuletzt am 25.08.2021 getroffenen Feststellung die Vorgaben des § 5 IfSG verletzt haben könnte. Der Senat verweist insoweit in vollem Umfang auf seine Ausführungen in dem den Beteiligten bekannten Senatsbeschluss vom 09.11.2021 in dem zwischen den Beteiligten geführten Verfahren 1 S 3254/21, an denen er auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im vorliegenden Verfahren insgesamt - auch in Bezug auf das vom Antragsteller erneut vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. M. und die „Gutachterliche Stellungnahme zu den Pandemie-Indikatoren der baden-württembergischen Corona-Verordnung (CoronaVO) vom 15.09.2021“ des Dr. W. (Anlagen AS 5 und 6) - festhält. |
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| bb) Die einfachgesetzlichen Voraussetzungen der genannten Ermächtigungsgrundlage, insbesondere aus § 28a Abs. 3 und 5 IfSG, sind gegenwärtig aller Voraussicht nach erfüllt. |
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| Wenn - wie im Fall des Coronavirus unstreitig der Fall - eine übertragbare Krankheit festgestellt ist, können nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG zum präventiven Infektionsschutz insbesondere die in § 28a Abs. 1 Nr. 3 IfSG genannten Schutzmaßnahmen - darunter Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum - ergriffen werden. Weitergehende Schutzmaßnahmen sollen gemäß § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG unter Berücksichtigung des jeweiligen regionalen und überregionalen Infektionsgeschehens mit dem Ziel getroffen werden, eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden. Im Sinne dieser Vorschriften notwendige Schutzmaßmaßnahmen können entgegen den im Antragsschriftsatz anklingenden Bedenken grundsätzlich auch gegenüber Nichtstörern getroffen werden (stRspr. des Senats, vgl. bereits Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - juris und v. 23.04.2020 - 1 S 1003/20 -, jeweils m.w.N.). |
|
| Die angefochtene Bestimmung aus § 9 CoronaVO erfüllt gegenwärtig aller Voraussicht nach die zitierten Voraussetzungen. Der Antragsgegner hat die in § 9 CoronaVO getroffenen Regelungen insbesondere erkennbar, wie von § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG vorausgesetzt „unter Berücksichtigung des jeweiligen regionalen und überregionalen Infektionsgeschehens mit dem Ziel getroffen“, „eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden“ (vgl. nur die Begründung der Corona-Verordnung der Landesregierung vom 15.09.2021, S. 1 ff., 6 ff., abrufbar unter www.baden-wuerttemberg.de). Inwiefern Satz 3 des § 28a Abs. 3 IfSG in Bezug auf Kontaktbeschränkungen im Land zu einer regional differenzierenden Regelung Anlass geben sollte, hat der Antragsteller weder substantiiert dargelegt noch drängt sich dies bei dem aktuellen Stand des Pandemiegeschehens (s. näher zu diesem sogleich unter cc)) sonst auf. Aus dem vom Antragsteller vorgelegten Rechtsgutachten vom 04.10.2021 folgt auch insoweit nichts anderes. Dessen Verfasser hat sich auf eine Betrachtung von bundesweiten „Regelungsansätzen“ beschränkt, die keine konkreten Rechtsvorschriften zum Untersuchungsgegenstand nimmt und insbesondere erklärtermaßen darauf verzichtet, das einschlägige Landesrecht - hier des Antragsgegners - in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. näher dazu Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O.). |
|
| Auch aus § 28a Abs. 5 IfSG ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen. Insbesondere ist die Verordnung gemäß § 28a Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1, Satz 2 IfSG befristet (vgl. § 25 Abs. 2 CoronaVO) und, wie gezeigt, mit einer Begründung versehen (vgl. § 28a Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 IfSG). |
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| cc) Die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO für die Alarmstufe II geregelte Vorgabe, dass private Zusammenkünfte und Veranstaltungen nur mit Angehörigen eines Haushalts und einer weiteren Person zulässig sind, stehen bei der - rechtsmethodisch wie inhaltlich gebotenen - Zusammenschau mit den ergänzenden Bestimmungen aus § 9 Abs. 2 bis 4 CoronaVO aller Voraussicht nach auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Verfassungswidrige Eingriffe in die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG auf allgemeine Handlungsfreiheit (1) aus Art. 12 Abs. 1 GG auf Berufsfreiheit (2) und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auf körperliche Unversehrtheit (3) liegen aller Voraussicht nach nicht vor. Eine Verletzung der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Würde des Menschen (4) ist ebenfalls nicht erkennbar. Auch das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht (5) und der in Art. 3 Abs. 1 GG normierte allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz werden durch die beanstandeten Verordnungsbestimmungen voraussichtlich nicht verletzt (6). |
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| (1) Ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG liegt aller Voraussicht nach nicht vor. Der durch § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO in der Alarmstufe II bewirkte Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts ist voraussichtlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. |
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| Die Corona-Verordnung dient nach ihrem § 1 Abs. 1 „der Bekämpfung der Pandemie des Virus SARS-CoV-2 zum Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger sowie der Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems“. Zur Erläuterung dieser Ziele hat der Antragsgegner in der Verordnungsbegründung unter anderem Folgendes auszugsweise und zusammenfassend ausgeführt: |
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| „Mit der 11. Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung - CoronaVO) [vom 15.09.2021] richtet die Landesregierung ihre Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an neuen epidemiologischen Leitindikatoren aus. Das bestehende Maßnahmenpaket der CoronaVO vom 14. August 2021 (10. CoronaVO) wird zudem in Vorbereitung auf die zu erwartende weitere rasche Ausbreitung der vierten Infektionswelle mit der hochansteckenden und weitaus gefährlicheren Virus-Variante B.1.617.2 (Delta-Variante), die größtenteils nicht-immunisierte Personen betrifft, im Rahmen eines dreistufigen Ampelsystems erweitert und verschärft. Die jeweilige Stufe des Ampelsystems (Basis, Warn- oder Alarmstufe) wird ausgelöst, wenn die in der Verordnung für die jeweilige Stufe bestimmten Schwellenwerte der neuen Leitindikatoren erreicht oder überschritten werden. (…) |
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| Allgemeiner Grundgedanke der Verordnung ist es darüber hinaus weiterhin, allen Bürgerinnen und Bürgern entsprechend ihrem infektiologischen Gefährdungspotential zu ermöglichen, in sämtlichen öffentlichen und privaten Lebensbereichen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, soweit es die epidemiologische Lage in Baden-Württemberg zulässt. Aufgrund der fortgeschrittenen Immunisierung der Bevölkerung ist es insoweit insbesondere auch verfassungsrechtlich geboten, den Bürgerinnen und Bürgern die Wahrnehmung ihrer grundgesetzlich gewährleisteten Freiheitrechte wieder möglichst weitgehend zu ermöglichen. Dies wird zu einer weiteren Belebung des gesellschaftlichen Lebens führen, sodass insgesamt wieder die volle persönliche und wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit einer und eines jeden Einzelnen gewährleistet werden kann. Mit der Verordnung wird daher weiterhin der Weg zurück in die Normalität des gesellschaftlichen Lebens verfolgt, wie man es vor der Corona-Pandemie kannte“ (Begründung zur Corona-Verordnung vom 15.09.2021, S. 1 f.) |
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| Näher heißt es dazu in der Begründung: |
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| „Ziel der Verordnung ist es, eine Überlastung des Gesundheitssystems, in der eine ausreichende Krankenhausversorgung nicht mehr gewährleistet werden kann (sog. Gesundheitsnotlage) zu verhindern und den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Laut RKI (d.h. dem Robert Koch-Institut) kann aufgrund des derzeitigen Infektionsgeschehens insgesamt nicht ausgeschlossenen werden, dass es wieder zu einer sehr starken Be- oder Überlastung der verfügbaren Intensivbettenkapazitäten kommt. Dies hätte im schlimmsten Fall zur Folge, dass auf Grund mangelnder verfügbarer intensivmedizinischer Kapazitäten die Versorgung z.B. von schwerstverletzten Unfallopfern oder Schlaganfallpatienten und vergleichbarer medizinischer Notfälle nicht mehr sichergestellt werden könnte. Daher ist es notwendig, das Infektionsgeschehen nachhaltig zu stabilisieren. Ohne weitere Maßnahmen der Landesregierung könnte das Gesundheitssystem erneut an seine Belastungsgrenzen kommen. |
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| Mit ihrem Maßnahmenpaket verfolgt die Landesregierung daher weiterhin die Ziele |
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| • einer zielgerichteten und wirksamen Reduzierung von Infektionsgefahren und der Gewährleistung der Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten, |
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| • der Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgungskapazitäten im Land und damit letztlich |
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| • des Schutzes der Gesundheit und des Lebens der Bevölkerung, zu dessen Gewährleistung die Landesregierung nach Art. 2 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet ist“ (Begründung zur Corona-Verordnung vom 15.09.2021, a.a.O., S. 8 f., Hervorhebung im Original). |
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| Weiter heißt es zu den Zielen der Verordnung: |
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| „Allgemeiner Grundgedanke der Verordnung ist es darüber hinaus weiterhin, allen Bürgerinnen und Bürgern entsprechend ihrem infektiologischen Gefährdungspotential zu ermöglichen, in sämtlichen öffentlichen und privaten Lebensbereichen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, soweit es die epidemiologische Lage in Baden-Württemberg zulässt. Aufgrund der fortgeschrittenen Immunisierung der Bevölkerung ist es insoweit insbesondere auch verfassungsrechtlich geboten, den Bürgerinnen und Bürgern die Wahrnehmung ihrer grundgesetzlich gewährleisteten Freiheitrechte wieder möglichst weitgehend zu ermöglichen. Dies wird zu einer weiteren Belebung des gesellschaftlichen Lebens führen, sodass insgesamt wieder die volle persönliche und wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit einer und eines jeden Einzelnen gewährleistet werden kann. Mit der Verordnung wird daher weiterhin der Weg zurück in die Normalität des gesellschaftlichen Lebens verfolgt, wie man es vor der Corona-Pandemie kannte“ (Begründung zur Corona-Verordnung vom 15.09.2021, a.a.O., S. 2). |
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| Im Rahmen dieser Ziele hat der Verordnungsgeber mit der Einführung der ursprünglich drei Stufen folgende Zwecke verfolgt: |
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| „Zur Erreichung dieser Ziele führt die Landesregierung ein abgeschichtetes Ampelsystem mit den folgenden drei Stufen ein, die entsprechend der jeweiligen Gefährdung des Gesundheitssystems die erforderlichen und angemessenen Schutzmaßnahmen vorsehen (…). |
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| Mit den beiden neuen Leitindikatoren der Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz und dem AIB-Wert soll sichergestellt werden, dass es bei einem Anstieg von COVID-19- Erkrankungen mit schweren Verläufen nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommt. (…) |
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| Hiermit setzt die Landesregierung auch die neuen bundesrechtlichen Vorgaben des § 28a Absatz 3 IfSG rechtswirksam um. Danach sollen weitergehende Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des jeweiligen Infektionsgeschehens mit dem Ziel getroffen werden, eine drohende Überlastung der stationären Versorgung zu vermeiden. Wesentlicher Maßstab für die Bewertung des Infektionsgeschehens und der weitergehenden Schutzmaßnahmen sollen danach insbesondere die Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz, aber unter anderem auch die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten sein. (…)“ (Begründung zur Corona-Verordnung vom 15.09.2021, a.a.O., S. 10 ff., und näher dazu S. 13 ff., 16 ff., 20 ff.). |
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| Der durch die Dritte Änderungsverordnung vom 23.11.2021 mit Wirkung vom 24.11.2021 erfolgten Einführung einer neuen vierten Stufe - der im vorliegenden Fall betroffenen „Alarmstufe II“ (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 CoronaVO) - lagen unter anderem folgende Erwägungen zugrunde: |
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| „Mit der (…) Änderungsverordnung (…) reagiert die Landesregierung auf das sich weiterhin exponentiell ausbreitende Infektionsgeschehen mit der hochansteckenden Delta-Variante B.1.617.2, welches in den letzten Wochen insbesondere zu einem starken Anstieg an überwiegend nicht immunisierten COVID-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen geführt hat. Zudem werden die Beschlüsse der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 18. November 2021 (BKMPK) umgesetzt. |
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| Neben einzelnen Nachschärfungen in der Alarmstufe wird das bestehende dreistufige Ampelsystem (Basis-, Warn-, und Alarmstufe) fortgeführt und um eine Alarmstufe II ergänzt. (…) |
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| In diesem Zusammenhang werden die in den nunmehr vier Ampelstufen vorgesehenen Schwellenwerte der Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz entsprechend dem Beschluss der BKMPK angepasst sowie in der Alarmstufe II entsprechend dem bisher bewerteten System um einen Wert für die Auslastung der Intensivbetten mit COVID19-Patientinnen und -Patienten (AIB-Wert von 450) ergänzt. (…) |
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| Die maximale Kapazität an Intensivbetten in Baden-Württemberg beträgt nach Rückmeldung der Krankenhäuser im DIVI-Intensivregister vom 23. November 2021 2.240 Betten, mit pädiatrischen Intensivbetten 2.651 Betten. Bei diesen ausgewiesenen Zahlen wird nicht berücksichtigt, ob und wie Beatmungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Diese Intensivbetten können im äußersten Notfall, wenn sämtliche elektiven Eingriffe ausgesetzt werden, mit Personal - das in diesem Fall aus allen Stationen des Krankenhauses zusammengezogen wird - betrieben werden. In der Intensivbehandlung ist das im Notfall höchstens zur Verfügung stehende fachlich qualifizierte Personal der limitierende Faktor. Die Zahl der „Intensivkapazität“ ist daher höher als die Zahl der „täglich am Netz befindlichen“ Intensivbetten, da hierbei nur die Betten gezählt werden, für die an dem Tag dienstplanmäßig tatsächlich Personal eingeteilt ist. |
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| Bei der Definition des die Alarmstufe auslösenden AIB-Wertes haben die verantwortlichen Intensivmediziner (Cluster-Verantwortliche) einen Sicherheitsabschlag einkalkuliert, da bei steigenden Fallzahlen und aufgrund der Belastungssituation mit einer weiteren Verknappung des Personals gerechnet werden muss, so dass bei steigenden Fallzahlen weniger betreibbare Intensivbetten zur Verfügung stehen. Darüber hinaus zeigen mehrere aktuelle Studien für Delta-Virusvarianten-Fälle gegenüber Alpha-Virusvarianten-Fällen eine höhere Hospitalisierungsrate und eine deutlich längere Liegedauer auf der Intensivstation. Daher kommt es durch die Verschiebung der Virusvarianten hin zur Delta-Variante (Anteil Delta an allen Fällen ca. 99%) zu einer weiteren Verknappung der verfügbaren Intensivbetten. Nach Einberechnung dieses ca. zehnprozentigen Sicherheitsabschlags wird somit eine Grenze von 390 Betten erreicht. |
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| Dieser Sicherheitsabschlag ist ab einer Auslastung mit 450 COVID-19- Intensivpatientinnen und -patienten auf den Intensivstationen verbraucht. Damit sind die Intensivstationen an einem Limit, oberhalb dessen die gute Versorgung von COVID-19-Fällen sowie Notfällen (z.B. Herzinfarkte, Schlaganfälle, Tumorpatienten) nebeneinander nicht mehr gewährleistet werden kann. (…)“ (Begründung zur Dritten Änderungsverordnung vom 24.11.2021, abrufbar a.a.O., S. 1 ff.). |
|
| Der Verordnungsgeber hat in diesem Zusammenhang weiter erläutert, dass für die durch Änderungsverordnung vom 24.11.2021 eingeführte Alarmstufe II die damals bereits bestehenden Regelungen der (ersten) Alarmstufe zu den Kontaktbeschränkungen aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO grundsätzlich fortgelten (vgl. Begründung zur Dritten Änderungsverordnung vom 24.11.2021, a.a.O., S. 17), denen folgende Erwägungen zugrunde liegen: |
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| „In der Alarmstufe (…) sind private Zusammenkünfte und private Veranstaltungen im öffentlichen Raum, in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken nur mit Angehörigen eines Haushalts und einer weiteren Person gestattet. Die Landesregierung erachtet in der Alarmstufe unter Abwägung der Eingriffsintensität von Kontaktbeschränkungen mit der Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems eine Beschränkung nach der Anzahl der Personen und der Anzahl der betroffenen Haushalte zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung als erforderlich aber auch als ausreichend. Zudem appelliert die Landesregierung an das Verantwortungsgefühl der Bevölkerung, nicht notwendige Kontakte während der Geltung der Alarmstufe weitestgehend zu vermeiden. Die Kontaktbeschränkungen in Absatz 1 sind auch verhältnismäßig, da dem Einzelnen das Recht zu entscheiden, ‚mit wem‘ man sich trifft, durch die Maßnahmen nicht genommen wird“ (Begründung zur Corona-Verordnung vom 15.09.2021, a.a.O., S. 51 f.). |
|
| Die vom Antragsgegner gemäß § 1 Abs. 1 CoronaVO verfolgten und in der Verordnungsbegründung näher umschriebenen Ziele sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Ziel, das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bevölkerung und damit einer potentiell sehr großen Zahl von Menschen zu schützen, dient der Erfüllung des sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden staatlichen Schutzauftrags, indem Neuinfektionen mit dem Coronavirus möglichst verhindert werden und die Verbreitung des Virus zumindest verlangsamt wird (vgl. nur Senat, Beschl. v. 15.11.2021, a.a.O., v. 23.04.2020 - 1 S 1003/20 - und v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - juris). Auch das weitere Ziel, Bürgerinnen und Bürgern die Wahrnehmung ihrer grundgesetzlich gewährleisteten Freiheitrechte wieder weitgehend zu ermöglichen, ist legitim (und verfassungsrechtlich geboten, vgl. zuletzt nur Senat, Beschl. 11.11.2021 - 1 S 2893/21 -, v. 09.11.2021, a.a.O., und v. 14.10.2021 - 1 S 3032/21 -). |
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| (b) Zur Erreichung der genannten Ziele ist das vom Verordnungsgeber in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO gewählte Mittel von Kontaktbeschränkungen in der Alarmstufe II voraussichtlich geeignet. |
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| Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann, wobei dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Eignung ein Beurteilungsspielraum zusteht (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984 - 1 BvR 1494/78 - BVerfGE 67, 157, 173 ff., und v. 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 u.a. - BVerfGE 90, 145, 172 f., Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O.). Davon ausgehend ist die angefochtene Verordnungsbestimmung zur Zielerreichung geeignet. Denn die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO geregelte Kontaktbeschränkung verringert die Zahl der Situationen, in denen sich Menschen begegnen und deshalb insbesondere Tröpfcheninfektionen und Infektionen durch Aerosole verursachen können (stRspr, vgl. zu Vorgängerbestimmungen Senat, Beschl. v. 25.02.2021, a.a.O., und v. 20.01.2021, a.a.O., dort u.H. auf NdsOVG, Beschl. v. 18.11.2020 - 13 MN 448/20 - juris). Vor diesem Hintergrund ist insbesondere die Behauptung des Antragstellers, die Kontaktbeschränkung biete keinen Nutzen für eine Begrenzung der Virentransmission, nicht plausibel. |
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| (c) Die angefochtene Vorschrift in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO betreffend die Alarmstufe II wird sich im Hauptsacheverfahren auch aller Voraussicht nach als im Rechtssinne erforderlich erweisen. |
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| Ein Gesetz ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können, wobei ihm bei der Beurteilung auch hier ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. erneut nur BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984, a.a.O., und v. 09.03.1994, a.a.O.; Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O.). Auch diesen Anforderungen wird die streitbefangene Vorschrift gerecht. |
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| Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit ist zu berücksichtigen, dass die vom Antragsteller (allein) angefochtene Bestimmung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO, wonach private Zusammenkünfte und Veranstaltungen in der Alarmstufe II nur mit Angehörigen eines Haushalts und einer weiteren Person zulässig sind, durch die Vorschriften in § 9 Abs. 2 bis 4 CoronaVO erheblich modifiziert - im Ergebnis in der Eingriffsintensität abgeschwächt - wird. Denn danach gelten Paare, die nicht zusammenleben, als ein Haushalt (Absatz 2), bleiben immunisierte Personen sowie Personen, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben oder sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können oder für die keine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission besteht, bei der Ermittlung der Personenzahl und des Haushaltes unberücksichtigt (Absatz 3) und gelten die in Absatz 1 genannten Beschränkungen bei sozialen Härtefällen oder Zusammenkünften oder Veranstaltungen zu ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Zwecken nicht. Die angefochtene Vorschrift schließt private Zusammenkünfte auch von zahlreichen Personen in der Alarmstufe II daher nicht generell aus, sondern steht im Ergebnis in erster Linie „nur“ - aber auch dies nur mit den genannten Relativierungen - größeren privaten Zusammenkünften entgegen, an denen ausschließlich oder hauptsächlich nicht immunisierte Personen teilzunehmen beabsichtigen. Insbesondere werden private Zusammentreffen einer nicht-immunisierten Person mit immunisierten Menschen sowie - auch zusätzlich - den von den Ausnahmebestimmungen erfassten nicht-immunisierten Normadressaten nicht ausgeschlossen. |
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| Gleich wirksame, aber (noch) weniger einschränkende Mittel hat der Antragsteller in seiner Antragsschrift nicht substantiiert aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Soweit er auch in diesem Zusammenhang auf den gezielten Schutz von Risikogruppen, die Sicherstellung der Raumlufthygiene und den Einsatz von Schnelltests verweist, sind diese Maßnahmen, weil sie Kontakte nicht vollständig verhindern, im Vergleich zu der angefochtenen Regelung schon nicht gleich geeignet. Soweit der Antragsteller auch im vorliegenden Verfahren auf eine „Wiederherstellung der intensivmedizinischen Kapazitäten des Jahres 2019“ verweist, verliert er aus dem Blick, dass eine solche Maßnahme allenfalls auf bereits eingetretene und intensivmedizinisch zu behandelnde - d.h. in aller Regel lebensgefährlich verlaufende - Erkrankungen zielt, aber nicht zur Erreichung des vom Antragsgegner verfolgten Ziels des Gesundheitsschutzes in der Gestalt von Infektions- und Krankheitsverhinderungen beitragen könnte. Unabhängig davon bleibt sein Vortrag zu der Frage, wie eine Erhöhung des Personalbestands im Pflegebereich zeitnah und damit zu einer effektiven Gefahrenabwehr geeignet umgesetzt werden soll, auch unter Berücksichtigung der vagen Überlegungen zur Setzung von finanziellen Anreizen unsubstantiiert (vgl. dazu bereits Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O.). Aus den gleichen Gründen führen auch seine pauschalen Überlegungen zu einem „schnellen und systematischen Einsatz hochwirksamer COVID-19-Medikamente“ nicht weiter. Soweit der Antragsteller - gemessen an seinem übrigen Vortrag zum eigenen Verhalten erneut nicht frei von Widersprüchen - auf die Durchführung der Impfkampagne als milderes Mittel verweist, übersieht er nach wie vor, dass eine Fortführung der Impfkampagne allein nicht ebenso effektiv zur Erreichung des genannten Zieles wie die Fortführung der Kampagne in Verbindung mit den angefochtenen Maßnahmen ist (vgl. auch hierzu bereits Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O.). Der Antragsteller setzt sich zudem auch hier in Widerspruch zu seinem übrigen Antragsvorbringen, da er den Antragsgegner auf Maßnahmen zur Stärkung der Impfkampagne verweisen will, diesem aber zugleich vorhält, Impfungen seien jedenfalls für ihn (den Antragsteller) „keine zumutbare Alternative“. |
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| Die Erforderlichkeit der die Alarmstufe II betreffenden Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO vermag der Antragsteller auch nicht mit seinem Einwand in Frage zu stellen, die Vorschrift sei nicht „kohärent“. Falls er damit - wie seine dazu angeführten Zitate teils nahelagen - auf das unionsrechtliche Kohärenzgebot abstellen will (vgl. dazu etwa EuGH, Urt. v. 12.06.2014 - C-156/13 - NVwZ 2014, 1001; BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 - BVerfGE 145, 20, m.w.N.), ist bereits weder dargelegt noch sonst erkennbar, in welcher Hinsicht der Anwendungsbereich zumal welcher unionsrechtlicher Bestimmungen eröffnet sein sollte. Falls der Antragsteller geltend machen will, die angefochtene Vorschrift sei deshalb nicht erforderlich, weil der Antragsgegner die von ihm genannten Ziele nicht hinreichend konsequent verfolge (vgl. auch dazu BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017, a.a.O.), ist dafür nichts erkennbar. Nicht zu beanstanden ist entgegen dem Antragsvorbringen insbesondere, dass sich der Verordnungsgeber dazu entschlossen hat, immunisierte Personen, namentlich Geimpfte, von den Kontaktbeschränkungen auszunehmen (vgl. erneut § 9 Abs. 3 CoronaVO), obwohl auch diese insbesondere in der Phase eines nachlassenden Impfschutzes - wenn auch in insgesamt geringerem Maße als nicht-immunisierte Personen - zum Pandemiegeschehen beitragen können. Mit der genannten Ausnahme will der Antragsgegner erklärtermaßen den Einschätzungen des RKI zur unterschiedlichen Gefahr der Virusübertragung durch geimpfte und genesene gegenüber nicht immunisierten Personen und damit erkennbar dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen (vgl. die Begründung der Corona-Verordnung vom 15.09.2021, a.a.O., S. 52; näher zu dem genannten Unterschied in Bezug auf die Virusübertragung unten (6)). Angesichts dieser Zwecksetzung des Antragsgegners nimmt die Ausnahmebestimmung der angefochtenen Regelung ebenso wenig die Erforderlichkeit wie die übrigen vom Antragsteller als „inkohärent“ angesehenen Maßgaben. |
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| Als milderes Mittel käme zwar in Betracht, die Voraussetzungen für den Eintritt der Alarmstufe II enger zu fassen, d.h. diese Stufe erst bei einer höheren Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz und einem höheren AIB-Wert als in § 1 Abs. 2 Nr. 4 CoronaVO geregelt eintreten zu lassen mit der Folge, dass auch erst bei einer höheren Inzidenz und Intensivbettenauslastung die angefochtenen Kontaktbeschränkungen eingreifen. Ein solches Mittel würde den Antragsteller im Vergleich zur geltenden Verordnungsrechtslage weniger belasten. Es wäre zur Erreichung der vom Antragsgegner verfolgten Ziele aber nicht ebenso gut geeignet. Der Antragsgegner ist ohne Überschreitung seines diesbezüglichen Beurteilungsspielraums zu der Auffassung gelangt, dass beim Überschreiten der in § 1 Abs. 2 Nr. 4 CoronaVO normierten Schwellenwerte ein Verzicht oder eine Beschränkung auf geringfügigere Kontaktbeschränkungen nicht mehr ausreichen, um das Ziel des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und insbesondere der Aufrechterhaltung einer hinreichenden intensivmedizinischen Versorgung zu gewährleisten. |
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| Die Erwägungen des Verordnungsgebers zur Festlegung der Schwellenwerte für die Erreichung der sog. Warn- und der Alarmstufen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 CoronaVO sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das hat der Senat zur Warn- und zur (ersten) Alarmstufe im Sinne von § 1 Abs. 2 CoronaVO vom 15.09.2021 (i.d.F. der Zweiten Änderungsverordnung vom 20.10.2021) bereits entschieden (vgl. Senat, Beschl. v. 15.11.2021, a.a.O.). Daran hält er auch nach der Neufassung dieser Vorschriften durch die Dritte Änderungsverordnung vom 23.11.2021 und der dortigen Neubestimmung der Schwellenwerte fest. Für die durch diese Änderungsverordnung mit Wirkung vom 24.11.2021 eingeführte „Alarmstufe II“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 CoronaVO gilt nichts anderes. Die Festlegung des dortigen Schwellenwerts für das Kriterium der „Auslastung der Intensivbetten (AIB)“ von 450 hat der Verordnungsgeber in der oben (unter (a)) zitierten Verordnungsbegründung plausibel und nachvollziehbar sowie willkürfrei begründet (vgl. erneut die Begründung zur Dritten Änderungsverordnung vom 24.11.2021, abrufbar a.a.O., S. 1 ff.; insoweit bereits Senat, Beschl. v. 15.11.2021, a.a.O.). Insbesondere ergibt sich aus dem insoweit pauschalen Vortrag des Antragstellers kein Grund, an der Richtigkeit der der Berechnung zugrundeliegenden Annahmen zur insgesamt verfügbaren Bettenzahl zu zweifeln. Dahingehende Zweifel sind im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch sonst nicht erkennbar. Der in § 1 Abs. 2 Nr. 2 CoronaVO festgelegte Schwellenwert für die Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz von 6 liegt zwar unter dem Schwellenwert aus § 1 Abs. 2 CoronaVO vom 15.09.2021 (i.d.F. der Zweiten Änderungsverordnung vom 20.10.2021) für die damalige Warnstufe (Schwellenwert 8) und die damals einzige Alarmstufe (Schwellenwert 12), ohne dass die Bestimmung des Schwellenwerts von 6 in § 1 Abs. 2 Nr. 4 CoronaVO n.F. in der diesbezüglichen Verordnungsbegründung über einen Verweis auf die Beschlüsse der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 18.11.2021 hinaus inhaltlich näher erläutert wurde. Durchgreifende Bedenken gegen § 1 Abs. 2 Nr. 4 CoronaVO ergeben sich daraus aber nicht. Denn die Festlegung des Schwellenwerts einer Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz von 6 als Voraussetzung für die Alarmstufe II - und damit für die besonders eingriffsintensiven Bestimmungen der Corona-Verordnung einschließlich der vom Antragsteller angegriffenen - ist plausibel und lässt insbesondere keinen Verstoß gegen das Willkürverbot erkennen. Die 7-Tages-Hospitalisierungsinzidenz lag in Baden-Württemberg beispielsweise am 23.11.2021 bei 6,3 und am 01.12.2021 bei 6,4. An den gleichen Tagen lag die 7-Tage-Inzidenz bei 470,0 bzw. 519,4 (vgl. Landesgesundheitsamt , Tagesberichte COVID-19 vom 23.11.2021 und vom 01.12.2021, abrufbar unter www.gesundheitsamt-bw.de). Die Sieben-Tage-Inzidenz kann der Antragsgegner rechtsfehlerfrei als frühesten Indikator für ein zunehmendes Infektionsgeschehen ansehen, der es erlaubt, die mit einem gewissen Zeitversatz eintretende Belastung des Gesundheitssystems und die Anzahl der zu erwartenden Todesfälle unter Berücksichtigung der Eigenschaften der jeweils vorherrschenden Virusvariante frühzeitig abzuschätzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. - juris , m.w.N. für die Geltungsdauer der sog Bundesnotbremse gemäß § 28b IfSG a.F.: „Nahezu sämtliche sachkundige Dritte bewerten die Sieben-Tage-Inzidenz als sensibles Frühwarnzeichen, das zu einem frühen Zeitpunkt Reaktionen ermöglicht.“). Der Antragsgegner konnte rechtsfehlerfrei annehmen, dass an Tagen, an denen die 7-Tage-Inzidenz schon bei 470,0 bzw. 519,4 lag - und die Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz von 6 überschritten war -, gravierende Gefahren für die intensivmedizinische Versorgung im Land bestehen, und den Schwellenwert von 6 deshalb als Anknüpfungspunkt für das in der Corona-Verordnung gewählte Stufensystem wählen. |
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| (d) Das von dem Verordnungsgeber zur Erreichung der eingangs genannten Ziele in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO für die Alarmstufe II gewählte Mittel einer begrenzten Kontaktbeschränkung ist im Zeitpunkt der vorliegenden Senatsent-scheidung auch verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen). |
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| Der Verordnungsgeber greift durch die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO normierten Kontaktbeschränkungen in der Alarmstufe II in die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger nach Art. 2 Abs. 1 GG erheblich ein. Die Verbote betreffen den privaten Lebensbereich und schränken die sozialen Kontaktmöglichkeiten in einem beachtlichen Umfang ein. Die Eingriffe gewinnen weiter dadurch an Gewicht, dass die aufgrund von § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO unterlassenen Zusammenkünfte nicht wiederholt und durch Online-Formate nur sehr eingeschränkt ersetzt werden können. Hinzu kommt, dass die durch § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO bewirkten Eingriffe nicht isoliert zu betrachten, sondern Teil eines normativen Maßnahmebündels des Verordnungsgebers sind, das nicht-immunisierten Personen (insbesondere) in der Alarmstufe II zahlreiche Grundrechtseingriffe zumutet, die sich in ihrem Gewicht summieren. Kumulativen oder „additiven“ Grundrechtseingriffen wohnt ein spezifisches Gefährdungspotential für grundrechtlich geschützte Freiheiten inne, das bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. - a.a.O., m.w.N.). |
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| Dem spürbaren Eingriff auch in das Grundrecht des Antragstellers aus Art. 2 Abs. 1 GG stehen jedoch die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands gegenüber. Der Antragsgegner verfolgt mit dem oben beschriebenen Ziel der Reduzierung physischer Kontakte den Schutz von hochrangigen, den Schutz der Verfassung genießenden wichtigen Rechtsgütern. Die Vorschrift dient dazu, - auch konkrete - Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Zahl von Menschen abzuwehren. Die angefochtene Norm bezweckt, wie gezeigt, zugleich, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Deutschland durch die Verlangsamung des Infektionsgeschehens sicherzustellen. Der Antragsgegner kommt damit der ihn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht nach. |
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| Der Senat misst den von dem Antragsgegner verfolgten Eingriffszwecken beim gegenwärtigen Stand der Pandemie ein sehr hohes Gewicht bei. Er geht insbesondere davon aus, dass die Gefahren, deren Abwehr die angefochtene Vorschrift dient, derzeit in hohem Maße bestehen. Das Pandemiegeschehen ist insbesondere im Vergleich zu dem Sachstand im Zeitpunkt des den Beteiligten bekannten Senatsbeschlusses vom 09.11.2021 in dem von ihnen geführten Verfahren 1 S 3254/21 (vgl. dazu Senat, a.a.O., Bl. 18 ff. d. BA) insgesamt nach wie vor deutlich besorgniserregender. Daran ändert der Umstand nichts, dass die statistischen Indikatoren gemessen an dem zwischenzeitlich noch schlechteren Sachstand seit einigen Tagen eine teils sinkende Tendenz aufweisen (vgl. zum bundesweiten 7-Tage-R-Wert von zuletzt 0,86 RKI, Lagebericht vom 16.12.2021, abrufbar unter www.rki.de, zuletzt abgerufen am 17.12.2021, und zum landesweiten Wert von zuletzt 0,84 LGA, Tagesbericht COVID-19 vom 16.12.2021, abrufbar unter www.gesundheitsamt-bw.de, zuletzt abgerufen am 17.12.2021). Die 7-Tage-Inzidenz liegt ungeachtet dieser Tendenz bundesweit nach wie vor auf einem hohen Niveau bei zuletzt 340,1 pro 100.000 Einwohner. Die Hospitalisierungsrate beläuft sich auf 5,17 und beträgt in dem Bereich der vulnerablen Gruppe der Menschen ab 60 Jahren 11,94 (vgl. RKI, Lagebericht vom 16.12.2021, a.a.O.). Die Situation in Baden-Württemberg ist im Vergleich zu diesem Bundesdurchschnitt insgesamt teils noch schlechter. Hier liegt die 7-Tage-Inzidenz bei 370,2 und die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz bei 4,8 (vgl. LGA, Tagesbericht COVID-19 vom 16.12.2021, a.a.O.). Nach den Daten des DIVI-Intensivregisters (www.intensivregister.de) von Krankenhaus-Standorten mit Intensivbetten zur Akutbehandlung sind mit Datenstand vom 16.12.2021, 12:30 Uhr, 621 COVID-19-Fälle in Baden-Württemberg in intensivmedizinischer Behandlung, davon werden 333 (52,4 %) invasiv beatmet. Der Anteil an COVID-19 Fällen in intensivmedizinischer Behandlung an der Gesamtzahl der betreibbaren ITS-Betten beträgt 27,3 %. (vgl. LGA, Tagesbericht COVID-19 vom 16.12.2021, a.a.O.). |
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| Das RKI gelangt vor diesem Hintergrund aktuell zusammenfassend und auszugsweise zu folgender Risikobewertung: |
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| „Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat eingeschätzt, steigt aber mit zunehmenden Infektionszahlen an. (…) |
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| Die 7-Tage-Inzidenzen sind derzeit in allen Altersgruppen insbesondere in der Gruppe der Ungeimpften sehr hoch. Die Fallzahlen sind deutlich höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zuletzt deutet sich ein Plateau an. Gründe für die hohen Fallzahlen sind unter anderem mehr Kontakte in Innenräumen und die noch immer große Zahl ungeimpfter Personen. |
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| Die Zahl der Todesfälle ist sehr hoch und zeigt weiterhin eine steigende Tendenz. Die Zahl schwerer Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus evtl. auch intensivmedizinisch behandelt werden müssen, steigt ebenfalls weiter an. Es lassen sich viele Infektionsketten nicht nachvollziehen, Ausbrüche treten in vielen verschiedenen Umfeldern auf. Die Ausbreitung der Variante Omikron ist sehr besorgniserregend. Sie wird bereits zusätzlich zu Delta in Deutschland nachgewiesen. Dies verstärkt die Notwendigkeit verstärkter kontaktreduzierender Maßnahmen und Boosterimpfungen. |
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| SARS-CoV-2 verbreitet sich überall dort, wo Menschen zusammenkommen, insbesondere in geschlossenen Räumen. Häufungen werden oft in Privathaushalten und in der Freizeit (z.B. im Zusammenhang mit Besuchen von Bars und Clubs) dokumentiert, Übertragungen und Ausbrüche finden aber auch in anderen Zusammenhängen statt, z.B. im Arbeitsumfeld, in Schulen, bei Reisen, bei Tanz- und Gesangsveranstaltungen und anderen Feiern, besonders auch bei Großveranstaltungen und in Innenräumen. COVID-19-bedingte Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen und Krankenhäusern treten wieder zunehmend auf. Davon sind auch geimpfte Personen betroffen. |
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| Die aktuelle Entwicklung ist sehr besorgniserregend und es ist zu befürchten, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfällen kommen wird und die deutschlandweit verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten zeitnah überschritten werden. |
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| Deshalb sollte ab sofort jeder Bürger und jede Bürgerin möglichst alle anwendbaren Maßnahmen umsetzen. |
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| Es ist unbedingt erforderlich, bei Symptomen einer neu auftretenden Atemwegserkrankung wie z.B. Schnupfen, Halsschmerzen oder Husten (unabhängig vom Impfstatus) zuhause zu bleiben, die Hausarztpraxis zu kontaktieren und einen PCR-Test durchführen zu lassen. |
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| Grundsätzlich sollten alle nicht notwendigen Kontakte reduziert und Reisen vermieden werden. (…) |
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| SARS-CoV-2 ist grundsätzlich sehr leicht von Mensch zu Mensch übertragbar, dies gilt insbesondere für die derzeit zirkulierende Deltavariante und möglicherweise noch mehr für die Omikronvariante. Die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole spielt eine besondere Rolle – v.a. in Innenräumen. |
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| Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe steigt mit zunehmendem Alter und bei bestehenden Vorerkrankungen. Es kann jedoch auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren oder lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Durch frühzeitige ärztliche Konsultation können individuell therapeutische Möglichkeiten geprüft werden (z.B. antivirale Therapie). Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich hier in klinischen Studien als wirksam erwiesen. Langzeitfolgen können auch nach leichten Verläufen auftreten. Internationale Studien weisen darauf hin, dass die derzeit in Deutschland dominierende Deltavariante im Vergleich mit früher vorherrschenden Viren bzw. Varianten zu schwereren Krankheitsverläufen mit mehr Hospitalisierungen und häufigerer Todesfolge führt. Die Schwere der durch die Variante Omikron verursachten Erkrankung lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. (…)“ (RKI, Risikobewertung zu COVID-19, Stand 08.12.2021, abrufbar unter www.rki.de, zuletzt abgerufen am 17.12.2021). |
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| Diese Risikobewertung wurde unter Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgenommen und ist vor dem Hintergrund der oben skizzierten Lage des aktuellen Pandemiegeschehens nachvollziehbar. Das gilt insbesondere für die vom RKI am 05.11.2021 erfolgte Verschärfung der Gefahrenprognose für geimpfte Personen auf „moderat, aber steigend“ und für nicht-geimpfte Menschen auf „sehr hoch“. |
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| Das vom Antragsteller erneut vorgelegte Rechtsgutachten vom 04.10.2021 rechtfertigt keine andere tatsächliche oder rechtliche Beurteilung. Das gilt unabhängig davon, dass es unter gravierenden methodischen und inhaltlichen Mängeln leidet, denn es beruht auf der bereits im Verfahren 1 S 3254/21 nicht überzeugenden und gegenwärtig erst recht überholten Annahme, es gebe zurzeit „nicht sehr viele Corona-Patienten auf den Intensivstationen“ (vgl. näher zum Ganzen Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O.). Auch aus den übrigen vom Antragsteller in Bezug genommenen Unterlagen folgt nichts anderes. Das gilt insbesondere für die vorgelegte „Gutachterliche Stellungnahme zu den Pandemie-Indikatoren der baden-württembergischen Corona-Verordnung (CoronaVO) vom 15.09.2021“ des Dr. W., die ebenfalls auf im Zeitpunkt der vorliegenden Senatsentscheidung (erst recht) überholten Sachverhaltsannahmen beruht (vgl. näher auch dazu Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O.). Die Plausibilität der oben referierten Lageeinschätzung des RKI vermag der Antragsteller auch nicht mit seinen vagen Ausführungen zur „Weisungsabhängigkeit“ des RKI in Frage zu stellen. Er setzt sich mit dessen inhaltlichen Ausführungen nicht konkret auseinander und legt unabhängig davon nicht ansatzweise dar, dass und in welcher Hinsicht es zu politisch motivierten, wissenschaftliche Erkenntnisse bewusst übergehenden Manipulationen der inhaltlichen Arbeit des Instituts gekommen sein sollte (vgl. dazu bereits Senat, Beschl. v. 26.02.2021 - 1 S 550/21 - juris, und v. 30.05.2020 - 1 S 1651/20 - juris). Dafür ist auch sonst nichts erkennbar. |
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| Angesichts der vom RKI mithin nachvollziehbar als „sehr hoch“ eingestuften Gefährdungslage für nicht ausreichend geimpfte Bevölkerungsgruppen und der auch für vollständig Geimpfte wieder verschärften Risikobewertung („moderat, aber ansteigend“), der besorgniserregenden Auswirkungen der sog. Deltavariante sowie der derzeit ungewissen Folgen der sog. Omikronvariante auf die Infektionszahlen und der in der Alarmstufe II konkret bestehenden, sehr angespannten Lage der Belegung der Intensivstationen, weist das mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO verfolgte Ziel in der Alarmstufe II derzeit nach wie vor ein solches Gewicht und eine solche Dringlichkeit auf, dass die dafür geregelten Kontaktbeschränkungen gegenwärtig aller Voraussicht nach angemessen sind. Zu ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne trägt maßgeblich bei, dass die Kontaktbeschränkungen, wie gezeigt, durch zahlreiche Ausnahmen in § 9 Abs. 2 bis 4 CoronaVO relativiert werden, die sicherstellen, dass auch nicht immunisierte Personen in der Alarmstufe II in erheblichem Umfang private Beziehungen auch durch persönliche Treffen mit anderen Menschen pflegen können und ihnen durch die angefochtene Vorschrift bei der gebotenen Gesamtschau keine soziale Isolation droht (vgl. zu Letzterem auch Senat, Beschl. v. 25.02.2021, a.a.O., zu § 9 Abs. 1 CoronaVO vom 30.11.2020 in der Fassung vom 13.02.2021 vor dem Hintergrund der damaligen Pandemielage). |
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| Der Antragsteller kann dem auch nicht mit Erfolg seinen sinngemäßen Einwand entgegenhalten, der Angemessenheit stehe (jedenfalls) entgegen, dass die Risiken, dass ungeimpfte Menschen seines Alters und seiner Gesundheit schwer erkrankten und andere infizierten, gering seien und dass die angefochtene Kontaktbeschränkung daher auch nur einen allenfalls geringfügigen Beitrag zur Erreichung der Ziele, Virusübertragungen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern, leisten könne. Der Antragsteller nimmt hierbei bereits in tatsächlicher Hinsicht das Ausmaß, mit dem Ungeimpfte aktuell zur Auslastung der Intensivstationen beitragen, nicht ausreichend in den Blick. Der Anteil an COVID-19 Fällen in intensivmedizinischer Behandlung an der Gesamtzahl der betreibbaren ITS-Betten beträgt aktuell bundesweit 21,5 % und landesweit 27,3 % (vgl. RKI, Lagebericht vom 16.12.2021, und LGA, Tagesbericht COVID 19 vom 16.12.2021, jeweils a.a.O.). In der Gruppe der auf Intensivstationen betreuten symptomatischen COVID-19-Fällen beträgt der Anteil der Impfdurchbrüche in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen 19,3 % und in derjenigen der Personen ab 60 Jahren 40,7 % (vgl. RKI, Wöchentlicher Lagebericht zu COVID-19, Stand 16.12.2021, S. 24, abrufbar unter www.rki.de, zuletzt abgerufen am 17.12.2021). Hieran zeigt sich, dass Ungeimpfte zur Auslastung der Intensivstationen durch eigene Erkrankungen maßgeblich unmittelbar beitragen. Hinzu kommt ein beachtlicher mittelbarer Beitrag, der dem Umstand geschuldet ist, dass das Risiko, dass Menschen trotz Impfung PCR-positiv werden und das Virus übertragen, im Vergleich zu ungeimpften Menschen nach dem derzeitigen Erkenntnisstand jedenfalls unter der Deltavariante deutlich vermindert ist (vgl. RKI, FAQ zur Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe, Stand 07.12.2021, abrufbar unter www.rki.de, zuletzt abgerufen am 17.12.2021). Unabhängig von diesen vom Antragsteller nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen Erkenntnissen zum medizinischen und epidemiologischen Sachverhalt stellt er bei seinem Einwand in rechtlicher Hinsicht das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit vor dem Hintergrund der potentiell tödlichen und aktuell weiterhin nicht ausreichend mit Medikamenten behandelbaren COVID-19-Erkrankung nicht mit dem gebotenen Gewicht in seine auch deshalb defizitäre Abwägung ein. |
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| (2) Ein verfassungswidriger Eingriff in das vom Antragsteller (auch) in Bezug auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO angeführte Grundrecht auf Berufsfreiheit des Antragstellers (Art. 12 Abs. 1 GG) liegt aller Voraussicht nach ebenfalls nicht vor. |
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| Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Schutzbereich dieses Grundrechts (vgl. näher dazu Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O., m.w.N., sowie unten d)) wegen der aus Sicht des Antragstellers bewirkten Beschränkung, private studentische Lerngruppen zu bilden, überhaupt tangiert ist. Die Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO begründet jedenfalls voraussichtlich keinen Eingriff in den genannten Schutzbereich. Für die Qualifizierung von - hier allenfalls vorliegenden - faktischen Beeinträchtigungen als Eingriffe in die Berufsfreiheit ist erforderlich, dass die zugrundeliegende Regelung eine objektiv berufsregelnde Tendenz aufweist oder dass die staatliche Maßnahme als nicht bezweckte, aber doch vorhersehbare und in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit bewirkt (stRspr, vgl. BVerfG, Urt. v. 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218, und Beschl. v. 30.10.1961 - 1 BvR 833/59 - BVerfGE 13, 181; Senat, Beschl. v. 09.04.2021 - 1 S 1108/21 - juris; Sachs/Mann, GG, 8. Aufl., Art. 12 Rn. 95 m.w.N.). Dies ist hier weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Unabhängig davon würde sich ein - unterstellter - Eingriff in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG und insbesondere seiner Ausprägung als Ausbildungsfreiheit aus den oben (unter (1)) genannten Gründen als verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig erweisen. |
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| (3) Einen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) bewirkt § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO mit seinen Regeln für die Alarmstufe II ebenfalls nicht. |
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| Die Verordnungsbestimmung begründet entgegen dem Antragsvorbringen insbesondere keinen verfassungswidrigen „indirekten Impfzwang“ (ebenso bereits Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O., zu § 6 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 Satz 1 CoronaVO Studienbetrieb; Beschl. v. 12.10.2021, a.a.O., zu den nachweisabhängigen Zutrittsbeschränkungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 4 Nr. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 1 CoronaVO jeweils i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 CoronaVO i.d.F. vom 15.09.2021; ferner Senat, Beschl. v. 16.07.2021 - 1 S 1980/21 - zu § 7 CoronaVO i.d.F. vom 28.06.2021). Wenn sich Personen aufgrund der mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO für sie verbundenen Beeinträchtigungen für eine Impfung entscheiden sollten, handelt es sich dabei aller Voraussicht nach nicht um einen mittelbaren Eingriff des Staates in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, sondern um die auf einer autonomen Entscheidung beruhende bloße Nebenfolge des vom Antragsgegner unmittelbar verfolgten - wie oben gezeigt legitimen - Zieles der Reduzierung der Zahl der Neuinfektionen (vgl. Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O., v. 12.10.2021, a.a.O., und v. 16.07.2021, a.a.O.). |
|
| (4) Eine Verletzung der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Würde des Menschen begründet § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO mit seinen Regeln für die Alarmstufe II ebenfalls nicht. Hierfür ergeben sich insbesondere aus dem vom Antragsteller vorgelegten Rechtsgutachten - das sich auch in diesem Zusammenhang auf von konkreten Rechtsnormen losgelöste allgemeine Erwägungen beschränkt und das vorliegend streitbefangene Landesrecht nicht in den Blick nimmt - keine Anhaltspunkte. |
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| Von der Vorstellung ausgehend, dass der Mensch in Freiheit sich selbst bestimmt und entfaltet (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.06.1999 - 2 BvE 2/08 u.a. - BVerf-GE 123, 267 <413> m.w.N.), umfasst die Garantie der Menschenwürde insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.01.2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 <207>). Damit ist ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum „bloßen Objekt“ staatlichen Handelns zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.01.2017, a.a.O., m.w.N.). Einer solchen ihn zum Objekt degradierenden Behandlung wird der Antragsteller durch die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO für die Alarmstufe II normierten Kontaktbeschränkungen bei der gebotenen Zusammenschau mit den oben näher erörterten Ausnahmebestimmungen in § 9 Abs. 2 bis 4 CoronaVO nicht ausgesetzt. |
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| (5) Auch das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht wird durch die Regeln für die Alarmstufe II in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO aller Voraussicht nach nicht verletzt. |
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| Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet über seinen Schutzbereich solche Elemente der Persönlichkeitsentfaltung, die - ohne bereits Gegenstand der besonderen Freiheitsgarantien des Grundgesetzes zu sein - diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Danach schützt es zwar nicht jegliche Zusammenkunft mit beliebigen anderen Personen, bietet jedoch Schutz davor, dass sämtliche Zusammenkünfte mit anderen Menschen unterbunden werden und die einzelne Person zu Einsamkeit gezwungen wird. Anderen Menschen überhaupt begegnen zu können, ist für die Persönlichkeitsentfaltung von konstituierender Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, a.a.O., m.w.N.). Ob gemessen an diesen Maßstäben § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO auch unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 bis 4 CoronaVO geregelten Ausnahmen einen Eingriff in den genannten Schutzbereich begründet, bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Eingriff würde sich in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und seinem Schutz vor Vereinzelung (s. näher dazu BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, a.a.O.) aus den oben (unter (1)) genannten Gründen als verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig erweisen. |
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| (6) Der in Art. 3 Abs. 1 GG normierte allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz wird durch die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO für die Alarmstufe II normierten Bestimmungen voraussichtlich nicht verletzt. Die der Vorschrift im Verbindung mit § 9 Abs. 3 CoronaVO in Bezug auf Kontaktbeschränkungen zugrundeliegende Unterscheidung zwischen Geimpften und Genesenen auf der einen und sonstigen („nicht immunisierten“) Personen auf der anderen Seite begegnet aller Voraussicht nach keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken. |
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| Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (stRspr, vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. - BVerfGE 98, 365, 385; Beschl. v. 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 f.; Urt. v. 19.02.2013 - 1 BvL 1/11 u.a. - BVerfGE 133, 59, 86). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen für jeden Regelungsbereich in gleicher Weise geltenden Maßstab. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschl. v. 21.07.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. - BVerfGE 126, 400, 416; Beschl. v. 18.07.2012 - 1 BvL 16/11 - BVerfGE 132, 179, 188). |
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| Der jeweils aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend. Jedoch ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger. Ein solcher besteht von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen (Art. 80 Abs. 1 GG). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden. In diesem Rahmen muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und hat sich von sachfremden Erwägungen freizuhalten (BVerfG, Beschl. v. 23.07.1963 - 1 BvR 265/62 - BVerfGE 16, 332, 338 f.; Beschl. v. 12.10.1976 - 1 BvR 197/73 - BVerfGE 42, 374, 387 f.; Beschl. v. 23.06.1981 - 2 BvR 1067/80 - BVerfGE 58, 68, 79; Beschl. v. 26.02.1985 - 2 BvL 17/83 - BVerfGE 69, 150, 160; Brenner, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 73). Der Verordnungsgeber soll das Gesetz konkretisieren und „zu Ende denken“, weiter gehen seine Befugnisse jedoch nicht. Er muss daher den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind. Gesetzlich vorgegebene Ziele darf er weder ignorieren noch korrigieren (Nierhaus, in: BK, Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 330, 336 [Stand: November 1998]). |
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| Infektionsschutzrechtlich begründete Maßnahmen haben sich mithin an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28a IfSG auszurichten, wenn sie Ungleichbehandlungen vornehmen. § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG bestimmt, dass bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vereinbar ist. Gemäß § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG können einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nicht zwingend erforderlich ist. |
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| An diesen Maßstäben gemessen, ist hier für eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die Regelungen für die Alarmstufe II in § 9 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO nichts ersichtlich. |
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| Es bedarf keiner Entscheidung, ob genesene und geimpfte Personen auf der einen und nicht-immunisierte Personen auf der anderen Seite überhaupt eine „wesentlich gleiche“ Personengruppen bilden. Jedenfalls beruht die Entscheidung des Antragsgegners, in § 9 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 CoronaVO zwischen diesen beiden Gruppen zu differenzieren, auf sachlichen, an den Zwecken der Verordnungsermächtigung ausgerichteten Gründen. |
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| Der landesrechtliche Verordnungsgeber hat mit seiner Regelung bundesrechtliche Vorgaben der Verordnung der Bundesregierung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 08.05.2021, zuletzt in der Fassung der Verordnung vom 10.12.2021) umgesetzt (vgl. die Begründung der 11. Corona-Verordnung vom 15.09.2021, a.a.O., S. 52). Diese Verordnung bestimmt in der derzeit geltenden Fassung in § 4 Abs. 2 Satz 1, dass, sofern auf Grund der Vorschriften des fünften Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes erlassenes Landesrecht die Zahl der Teilnehmer bei einer privaten Zusammenkunft oder bei ähnlichen sozialen Kontakten beschränkt, geimpfte Personen und genesene Personen bei der Ermittlung der Zahl der Teilnehmer grundsätzlich unberücksichtigt bleiben (ebenso zuvor der in der genannten Verordnungsbegründung in Bezug genommene § 8 Abs. 2 SchAusnahmV a.F.). § 4 Abs. 2 Satz 2 SchAusnahmV n.F. regelt zwar inzwischen, dass auf Grund der Vorschriften des fünften Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes erlassenes Landesrecht, durch das die Zahl der Teilnehmer bei einer privaten Zusammenkunft oder bei ähnlichen sozialen Kontakten beschränkt wird, abweichend von Satz 1 vorsehen kann, dass auch geimpfte und genesene Personen bei der Ermittlung der Zahl der Teilnehmer berücksichtigt werden. Der Antragsgegner konnte sich jedoch bei der Ausgestaltung seines Landesrechts ohne Gleichheitsverstoß dazu entscheiden, die in § 4 Abs. 2 Satz 1 SchAusnahmV angelegte Unterscheidung zwischen immunisierten und nicht-immunisierten Personen für den Regelungsbereich des § 9 CoronaVO beizubehalten. |
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| Dieser Differenzierung liegt im Kern die Annahme des Antragsgegners zugrunde, dass Personen, die über einen vollständigen Impfschutz verfügen oder im Sinne der Verordnung genesen sind, typischerweise gut gegen Neuinfektionen und gegen die Übertragung des Virus geschützt sind, während dies bei nicht-immunisierten Personen typischerweise nicht in gleichem Maße der Fall ist, und dass deshalb in der Alarmstufe II größere Zusammenkünfte von Nicht-Immunisierten vermieden, solche von Immunisierten hingegen zugelassen werden sollen (vgl. insoweit bereits die Begründung der Corona-Verordnung vom 15.09.2021, abrufbar unter www.baden-wuerttemberg.de, S. 1 ff., 25 f., 27 ff., 40 ff.). Die so begründete Differenzierung wurzelt im Infektionsschutz und trägt zusätzlich der Wertung des § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG Rechnung. |
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| Die Differenzierung beruht auch - entgegen dem Vorbringen des Antragstellers und der diesbezüglichen Ausführungen in dem von ihm vorgelegten Rechtsgutachten - in tatsächlicher Hinsicht auf nicht zu beanstandenden Annahmen. Der Senat hat hierzu in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 09.11.2021 in dem von ihnen geführten Verfahren 1 S 3254/21 entschieden: |
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| „Das RKI führt hierzu auf der Grundlage einer Auswertung der aktuellen Studienlage in seiner aktuellen Risikobewertung zusammenfassend aus: ‚Alle Impfstoffe, die aktuell in Deutschland zur Verfügung stehen, schützen nach derzeitigen Erkenntnissen bei vollständiger Impfung sehr gut vor einer schweren Erkrankung‘ (RKI, Risikobewertung zu COVID-19, a.a.O.). Näher heißt es dazu an anderer Stelle: |
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| „Menschen, die eine Impfung gegen COVID-19 erhalten, sollten vollständig geimpft werden, damit eine starke Immunantwort induziert werden kann. Ziel ist es, ein Immunescape der Viren, d.h. ein Umgehen der Immunantwort, und damit die Selektion von Escapemutanten, d.h. ein Entstehen von Virusmutanten mit neuen Fähigkeiten, zu verhindern. Die zeitgerecht verabreichte zweite Impfstoffdosis verringert die Wahrscheinlichkeit eines Immunescape wesentlich. |
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| Aktuelle Studien zeigen, dass die verfügbaren Impfstoffe auch gegen Virusvarianten wirksam sind. Derzeit ist Delta (B.1.617.2) die vorherrschende Virusvariante in Europa. Die Delta-Variante dominiert das Infektionsgeschehen und andere Varianten sind verdrängt worden (…). |
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| Das living systematic review der STIKO-Geschäftsstelle zeigt, dass die Effektivität der COVID-19-Impfstoffe Comirnaty, Spikevax und Vaxzevria gegen jegliche Infektion für die Delta-Variante um 10-20 % unter der Effektivität gegen die Alpha-Variante liegt. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass die Effektivität gegen Delta bezüglicher jeglicher Infektion schneller abnimmt als die Effektivität gegenüber anderen Varianten. |
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| Die Schutzwirkung gegen eine schwere COVID-19-Erkrankung ist für die Impfstoffe Comirnaty, Spikevax sowie Vaxzevria weiterhin hoch (…) und auch die Wirksamkeit gegen eine symptomatische SARS-CoV-2-Infektion mit der Delta-Variante ist bei allen drei Impfstoffen gut. |
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| Bei der Virusvariante Gamma (P.1) liegen aktuell nicht genügend Daten vor, um sicher zu bewerten, wie wirksam in der EU zugelassene Impfstoffe gegen Gamma sind. Die Mehrzahl der hierzu publizierten Studien wurde mit nicht in der EU zugelassenen Impfstoffen durchgeführt, so dass keine Rückschlüsse auf die Situation in Deutschland möglich sind. Viren der Linie Gamma (P.1) sind in Deutschland allerdings auch bislang nur bei vergleichsweise wenigen Fällen nachgewiesen worden (Anteil der Variante etwa 1%, Stand: Juli 2021). |
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| Die COVID-19-Impfstoffe induzieren neutralisierende Antikörper sowie eine T-Zell-Immunität gegen viele unterschiedliche Bereiche (Epitope) des Spike-Proteins des SARS-CoV-2-Virus. Es wird hier also eine polyklonale Immunantwort induziert. Hierdurch haben einzelne Mutationen in der Regel keinen sehr großen Einfluss auf die Wirksamkeit der Impfstoffe, wenn diese nach dem empfohlenen Impfschema verabreicht werden. Da alle derzeit verfügbaren COVID-19-Impfstoffe für das Spike-Protein des ursprünglichen Wuhan-Typs kodieren, ist davon auszugehen, dass die Auswirkungen der Mutationen in den Virusvarianten auf die Wirksamkeit der zugelassenen Impfstoffe prinzipiell ähnlich sind. Sollte die Wirksamkeit der Impfstoffe jedoch durch weitere Mutationen der hier zirkulierenden Viren erheblich absinken, wäre es den Impfstoffherstellern möglich, die verfügbaren Impfstoffe innerhalb weniger Wochen entsprechend anzupassen. (…) (RKI, „Welchen Einfluss haben die neuen Varianten von SARS-CoV-2 auf die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe?“, abrufbar unter www.rki.de, Stand 02.11.2021, m.w.N.; zuletzt abgerufen am 09.11.2021; Hervorhebung im Original). |
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| Zu der Frage, ob auch vollständig geimpfte Personen das Virus weiter übertragen können, führt das RKI nach Auswertung der aktuell vorhandenen Erkenntnisse ferner unter anderem aus: |
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| „Daten aus Zulassungsstudien wie auch aus Untersuchungen im Rahmen der breiten Anwendung (sog. Beobachtungsstudien) belegen, dass die in Deutschland zur Anwendung kommenden COVID-19-Impfstoffe SARS-CoV-2-Infektionen (symptomatisch und asymptomatisch) in einem erheblichen Maße verhindern. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person trotz vollständiger Impfung PCR-positiv wird, ist signifikant vermindert. Darüber hinaus ist die Virusausscheidung bei Personen, die trotz Impfung eine SARS-CoV-2-Infektion haben, kürzer als bei ungeimpften Personen mit SARS-CoV-2-Infektion. In welchem Maß die Impfung die Übertragung des Virus reduziert, kann derzeit nicht genau quantifiziert werden. |
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| Aktuelle Studien belegen, dass die Impfung auch bei Vorliegen der derzeit dominierenden Delta-Variante einen Schutz gegen symptomatische und asymptomatische Infektionen bietet. Der Schutz ist im Vergleich zu der Alpha-Variante reduziert (…). Gleichzeitig liegt für die Verhinderung von schweren Erkrankungsverläufen (Hospitalisierung) ein unverändert hoher Schutz vor. |
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| In der Summe ist das Risiko, dass Menschen trotz Impfung PCR-positiv werden und das Virus übertragen, auch unter der Deltavariante deutlich vermindert. (…) (RKI, COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen [FAQ], abrufbar unter www.rki.de, Stand 02.11.2021, m.w.N.; Hervorhebung im Original). |
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| In tatsächlicher Hinsicht wird diese auf einer Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse beruhende Einschätzung des RKI gestützt durch die aktuellen Infektions- und Hospitalisierungszahlen in Baden-Württemberg (s. näher dazu bereits oben unter aa)). So liegt die 7-Tage-Inzidenz bei abgeschlossener Impfserie bei 48,4, wohingegen sie bei nicht (vollständig) Immunisierten 647,6 beträgt. Die 28-Tage Hospitalisierungsinzidenz mit Impfschutz liegt bei 8,3 und ohne vollen Impfschutz bei 49,7 (vgl. LGA, Tagesbericht COVID-19, a.a.O.). Der Anteil der wahrscheinlichen Impfdurchbrüche an COVID-19-Fällen auf Intensivstationen betrug, jeweils betrachtet für die Kalenderwochen (KW) 05 bis 43, in der Gruppe der 18 bis 59-Jährigen 3,5 % und in der Gruppe der ab 60-Jährigen 10,3 % (betrachtet nur für die KW 40 bis 43 insgesamt 12,5 % bzw. 34,5 %, vgl. RKI, Wöchentlicher Lagebericht vom 04.11.2021, a.a.O., S. 21). Dass diese Erkenntnisse - zumal in der darin zum Ausdruck kommenden, eindeutigen Tendenz - insgesamt nicht valide sind, legt der Antragsteller auch in diesem Zusammenhang (vgl. oben aa)) weder in seiner Antragsschrift noch mit seiner Replik und den dort genannten Studien dar. Sie bieten in tatsächlicher Hinsicht Hinweise darauf, dass der durch die aktuell vermittelten Impfstoffe typischerweise vermittelte Impfschutz nach etwa sechs Monaten spürbar nachlässt, nicht aber, dass zwischen - erforderlichenfalls auch durch eine dritte oder weitere Impfung - immunisierten Personen und Menschen, die nicht geimpft oder genesen sind, in medizinischer und epidemiologischer Hinsicht, nicht zuletzt in Bezug auf die Verursachung von intensivmedizinisch behandlungsbedürftigen Fällen, keine Unterschiede von beachtlichem Gewicht bestehen. |
|
| Bei diesem Stand von Wissenschaft und Forschung ist die vom Antragsgegner in den angefochtenen Vorschriften gewählte Differenzierung gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller weist im Ansatz zutreffend und nachvollziehbar darauf hin, dass auch Menschen, die durch eine Impfung immunisiert wurden oder werden sollten, ein Risiko tragen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, daran (in seltenen Fällen auch schwer) zu erkranken und das Virus unabhängig von einer eigenen Erkrankung an Dritte weiterzugeben (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 12.08.2021 - 1 S 2315/21 - juris). All diese Risiken sind aber nach derzeitiger Erkenntnis im Vergleich zu Personen, die nicht immunisiert sind, in ganz erheblichem Maße reduziert (vgl. Senat, Beschl. v. 12.10.2021, a.a.O., und zum Schulbereich Beschl. v. 14.10.2021, a.a.O.).“ |
|
| Hieran hält der Senat auch in Kenntnis der seither zu verzeichnenden Entwicklung des Pandemiegeschehens und der aktuellen Inzidenz- und Impfdurchbruchszahlen (vgl. näher dazu oben unter (1)) sowie des Vorbringens des Antragstellers im vorliegenden Verfahren fest. Insbesondere ist nach wie vor davon auszugehen, dass nach derzeitigem Kenntnisstand die COVID-19-mRNA-Impfstoffe Comirnaty (BioNTech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) sowie der Vektor-Impfstoff Vaxzevria (AstraZeneca) eine hohe Wirksamkeit von etwa 90 % gegen eine schwere COVID-19-Erkrankung (z. B. Behandlung im Krankenhaus) und eine Wirksamkeit von etwa 75 % gegen eine symptomatische SARS-CoV-2-Infektion mit der Deltavariante bieten und dass dementsprechend die Wahrscheinlichkeit, schwer an COVID-19 zu erkranken, bei den vollständig gegen COVID-19 geimpften Personen um etwa 90 % geringer ist als bei den nicht geimpften Personen (vgl. RKI, FAQ zur Wirksamkeit der Impfstoffe, a.a.O.). Darüber hinaus ist nach dem Erkenntnisstand der vorliegenden Senatsentscheidung weiterhin davon auszugehen, dass die in Deutschland zur Anwendung kommenden COVID-19-Impfstoffe SARS-CoV-2-Infektionen in einem erheblichen Maße verhindern, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person trotz vollständiger Impfung PCR-positiv wird, signifikant vermindert ist, dass die Virusausscheidung bei Personen, die trotz Impfung eine SARS-CoV-2-Infektion haben, kürzer als bei ungeimpften Personen mit SARS-CoV-2-Infektion ist, und dass das Risiko, dass Menschen trotz Impfung PCR-positiv werden und das Virus übertragen, auch unter der Deltavariante deutlich vermindert ist (vgl. RKI, FAQ zur Wirksamkeit der Impfstoffe, a.a.O., m.w.N.). Durchgreifende Bedenken gegen diese Einschätzungen vermag der Antragsteller auch mit den von ihm angeführten Belegen nicht aufzuzeigen. Er weist im Ansatz zutreffend darauf hin, dass sich inzwischen gezeigt hat, dass die Schutzwirkung der derzeit in Deutschland zugelassenen Impfstoffe einige Monate nach der Erst- bzw. Zweitimpfung nachlässt und dass geimpfte Personen in solchen Phasen ebenfalls wieder zunehmend zum Pandemiegeschehen beitragen können. Er berücksichtigt bei seinem Vortrag hingegen nicht ausreichend, dass der Impfschutz durch sog. Boosterimpfungen aufgefrischt werden kann, und er lässt zudem außer Betracht, dass danach unabhängig hiervon auch zuvor immunisierte Personen nach dem aktuellen, oben skizzierten Kenntnisstand typischerweise in erheblichem Umfang besser gegen eine Infektion und Weitergabe von SARS-CoV-2 geschützt sind als nicht immunisierte Personen. Davon geht der Antragsteller in anderem Zusammenhang seiner auch insoweit teils widersprüchlichen Antragsbegründung der Sache selbst aus. Denn er will den Antragsgegner, wie gezeigt (vgl. oben (1)), auf Impfungen als im Vergleich zur angefochtenen Vorschrift auch seines Erachtens gleich geeignetes Mittel verweisen. Die vom Antragsgegner in § 9 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 CoronaVO gewählte Differenzierung ist nach alledem im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG aller Voraussicht von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. |
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| b) Ein gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und, soweit dieser die Alarmstufe II betrifft, Satz 3 CoronaVO (im Folgenden nur noch: § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 3 CoronaVO) gerichteter Normenkontrollantrag bliebe in einem Hauptsacheverfahren ebenfalls aller Voraussicht nach ohne Erfolg. Die Vorschriften sind mit höherrangigem Recht voraussichtlich vereinbar. |
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| aa) Für die Regelungen in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 3 CoronaVO zur Beschränkung des Zutritts von nicht-immunisierten Personen für die in den Anwendungsbereich der Vorschriften fallenden Kultur-, Freizeit- und sonstigen Einrichtungen sowie Bereiche aus dem Verkehrswesen besteht eine Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 3, 5 bis 8, 11 und 14, Abs. 3 und 9 IfSG, die Regelungen der hier fraglichen Art am Maßstab des einfachen Gesetzesrechts gemessen grundsätzlich tragen kann. Auch sind die einfachgesetzlichen Voraussetzungen der genannten Ermächtigungsgrundlage, insbesondere aus § 28a Abs. 3 und 5 IfSG, gegenwärtig aller Voraussicht nach erfüllt. Insoweit gilt das oben (unter a)aa)) Gesagte entsprechend. Ob daneben, wie der Antragsgegner meint, auch § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 7 Nr. 4 IfSG für eine Regelung mit dem fraglichen Inhalt in Betracht kommt, bedarf keiner Entscheidung. |
|
| Ohne Erfolg hält der Antragsteller dem entgegen, jedenfalls eine „Untersagung der Sportausübung“ sei durch § 28a Abs. 8 Nr. 3 IfSG ausgeschlossen. Der Einwand geht bereits deshalb fehl, weil § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO in der Alarmstufe II nicht generell „die Sportausübung“ untersagt, sondern lediglich bestimmt, dass der „Zutritt zu Sportstätten“ nur immunisierten Besuchern nach Vorlage eines Antigen- oder PCR-Testnachweises gestattet ist. Unabhängig davon steht der vom Antragsteller wohl gemeinte § 28a Abs. 8 Nr. 2 IfSG § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO auch in der Sache nicht entgegen. § 28a Abs. 8 Nr. 2 IfSG bestimmt, dass nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Absätze 1 bis 6 des § 28a IfSG auch angewendet werden können, soweit und solange die konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) in einem Land besteht und das Parlament in dem betroffenen Land die Anwendbarkeit der Absätze 1 bis 6 feststellt, mit der Maßgabe, dass (u.a.) die Untersagung der Sportausübung und die Schließung von Sporteinrichtungen ausgeschlossen sind. Die zuletzt zitierte Ausnahmebestimmung (Ausschluss einer „Untersagung der Sportausübung und die Schließung von Sporteinrichtungen“) ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Denn die angefochtene Verordnungsbestimmung ist nicht auf Absatz 8, sondern, wie gezeigt (vgl. oben a)aa)), auf Absatz 9 Satz 1 und2 des § 28a IfSG gestützt. § 28a Abs. 9 Satz 1 und 2 IfSG verweist uneingeschränkt - ohne die im Anwendungsbereich von Absatz 8 bestehenden Ausnahmen - auf § 28a Abs. 1 bis 6 IfSG. |
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| bb) Die in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO getroffene Regelung, dass der Zutritt zu den von der Vorschrift erfassten Einrichtungen in der Alarmstufe II nur immunisierten Besucherinnen und Besuchern nach Vorlage eines Antigen- oder PCR-Testnachweises gestattet ist, steht aller Voraussicht nach auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Sie begründet insbesondere voraussichtlich keinen verfassungswidrigen Eingriff in das vom Antragsteller dazu hervorgehobene Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf allgemeine Handlungsfreiheit (1) und in das - in einem Hauptsacheverfahren wegen des Charakters des Normenkontrollverfahrens als objektives Beanstandungsverfahren zu prüfende - Grundrecht der Einrichtungsbetreiber aus Art. 12 Abs. 1 GG auf Berufsfreiheit (2). Auch für einen Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG normierten allgemeinen Gleichheitssatz ist nichts erkennbar (3). |
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| (1) Die Bestimmung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO greift in den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG aller Voraussicht nach nicht rechtswidrig ein. Der Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. |
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| (a) Der Antragsgegner verfolgt mit den Zugangsbeschränkungen in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO den in § 1 Abs. 1 CoronaVO zusammenfassend genannten, oben (unter a)cc)) näher beschriebenen Zweck der Bekämpfung der Pandemie des Virus SARS-CoV-2 zum Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger sowie der Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems. Diese Ziele sind aus den oben genannten Gründen auch im vorliegenden Zusammenhang verfassungsrechtlich legitim. |
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| In deren Rahmen hat sich der Antragsgegner bei der Einführung von Nr. 4 des § 14 Abs. 1 Satz 1 CoronaVO, die mit der Vierten Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 03.12.2021 erfolgt ist, u.a. von folgenden Erwägungen leiten lassen: |
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| „Angesichts des weiterhin rasch zunehmenden Infektionsgeschehens, welches sich auch weiterhin stark unter nicht-immunisierten Personen ausbreitet und der damit einhergehenden sich dramatisch verschlechternden Situation in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen, sieht sich die Landesregierung zur Verhinderung einer weiteren Überlastung des Gesundheitssystems gezwungen, weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. |
|
| Mit der vierten Verordnung zur Änderung der elften Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) werden daher in der Alarmstufe II des bestehenden vierstufigen Ampelsystems weitergehende strenge 2G- und 2G-plus-Regelungen in nahezu sämtlichen Lebensbereichen sowie Personenobergrenzen für Veranstaltungen und vereinzelte Untersagungen getroffen. |
|
| Die 2G-plus-Regelung wird nunmehr auf weitere Einrichtungen und Bereiche erstreckt, in denen insbesondere aufgrund der zahlreichen Kontakte, die dort stattfinden, oder der örtlichen Situation eine besondere Infektionsgefahr besteht, die aus Sicht der Landesregierung aufgrund der aktuellen pandemischen Gefahrenlage nicht mehr vertretbar erscheint. Unter Berücksichtigung der in der Alarmstufe II bestehenden besonderen Situation, dass jeder weitere Anstieg an Neuinfektionen und Intensivpatientinnen und -patienten die Kapazitäten der stationären Gesundheitsversorgung überlasten könnte, müssen in der Alarmstufe II in infektiologisch besonders gefährlichen Situationen oder an besonders infektionsträchtigen Orten auch Maßnahmen gegenüber immunisierten Personen ergriffen werden, auch wenn diese das Infektionsgeschehen zu einem geringeren Anteil mitbestimmen. Mit 2G-plus reduziert sich der Wissenschaft zufolge zudem die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs im Vergleich zu 2G erheblich stärker, da noch weniger Personen infektiös eine Veranstaltung oder Einrichtung besuchen (…). Aus Sicht der Landesregierung handelt es sich deshalb bei der 2G-plus-Regel insbesondere auch vor dem Hintergrund der zeitlich bedingten Abnahme der Schutzwirkung der Impfung um eine äußerst wirksame Maßnahme zur frühzeitigen Entdeckung von Infektionen und damit zur Unterbrechung von Infektionsketten. Diese Einschätzung entspricht auch den Beschlüssen der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 18. November 2021 (…).“ (Begründung der Vierten Änderungsverordnung, S. 1 f., m.w.N., abrufbar unter www.baden-wuerttemberg.de). |
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|
| „Mit der neu eingefügten Nummer 4 werden die Zutrittsvoraussetzungen zu Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 1 für die Alarmstufe II im Sinne der 2G-plus-Regelung verschärft. Der Besuch dieser Einrichtungen ist gekennzeichnet etwa durch enge Kontakte in begrenzten Räumen, eine längere Verweildauer bei wechselnder Gruppenbildung sowie gegebenenfalls einem erhöhten Aerosolaufkommen. Entsprechend den Vorgaben der BKMPK-Beschlüsse vom 18. November sowie vom 2. Dezember sind besonders betroffene Länder angehalten, in Lebensbereichen, in denen ein stark erhöhtes Infektionsrisiko besteht, auch für immunisierte Personen eine Testpflicht als Zutrittsvoraussetzung vorzusehen (BKMPK-Beschluss vom 18. November 2021 sowie BKMPK-Beschluss vom 2. Dezember 2021). (…)“ (Begründung der Vierten Änderungsverordnung, a.a.O., S. 13). |
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| Der Antragsgegner verfolgt damit auch im Anwendungsbereich von § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO im Kern das Ziel, Sozialkontakte zu reduzieren, um bestehende Infektionsketten zu unterbrechen und das Entstehen neuer Ketten zu verhindern. Diese Ziele sind beim gegenwärtigen Stand der Pandemie, wie gezeigt, legitim. |
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| (b) Zur Erreichung dieser Ziele sind die vom Antragsgegner in § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO gewählten Mittel an den oben genannten Maßstäben (vgl. unter a)cc)(1)) geeignet und im Rechtssinne erforderlich. |
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| Mildere, aber ebenso wirksame Mittel zeigt der Antragsteller insbesondere nicht mit seinem sinngemäßen Einwand auf, der Antragsgegner hätte es anstelle eines Zutrittsverbots für nicht-immunisierte Personen dabei belassen können, ungeimpften Personen den Zutritt zu den in § 14 Abs. 1 CoronaVO geregelten Bereichen mit der Maßgabe, dass sie Tests vorlegen müssten, zu gestatten. Eine dahingehende Regelung würde den Antragsteller als Ungeimpften zwar weniger belasten. Sie wäre zur Erreichung der vom Antragsgegner verfolgten Ziele aber nicht ebenso wirksam. Denn sie würde - anders als § 14 Abs. 1 CoronaVO - Sozialkontakte mit nicht-immunisierten Personen, die, wie oben gezeigt, typischerweise ein größeres Risiko der Virenübertragung aufweisen, nicht verhindern, sondern die bei bestehenden Sozialkontakten vorhandenen Übertragungsrisiken durch Tests lediglich verringern. |
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| Der Antragsteller kann dem auch nicht mit Erfolg seinen Einwand entgegenhalten, es gebe keine Evidenz, dass durch die Zugangsverbote mehr Infektionen verhindert würden als durch die Verlagerung sozialer Kontakte in risikoreichere häusliche Umgebungen entstünden. Die von § 14 Abs. 1 CoronaVO erfassten Einrichtungen betreffen Bereiche, in denen typischerweise eine große Zahl von Menschen aus einer Vielzahl von Haushalten mit zumeist vielen Sozialkontakten aus verschiedenen Anlässen auf teils engem Raum zusammenkommen. Der Antragsgegner hat seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn er annimmt, dass in einem solchen Bereich die Einführung eines 2G-Modells die Gefahr von Neuinfektionen spürbar reduzieren kann. Die offenbar vom Antragsteller gehegte Vorstellung, dass sich etwa sämtliche Personen, die ein Archiv, eine Sauna oder eine Skiaufstiegsanlage besuchen, ohne diese Möglichkeit privat - zumal zur selben Zeit im selben Raum - treffen und deshalb vergleichbare oder gar größere Infektionsgefahren bestehen, ist fernliegend (so bereits zu Universitäten Senat, Beschl. v. 09.11.2021, a.a.O.). |
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| Die Erforderlichkeit der angefochtenen Vorschrift vermag der Antragsteller auch nicht mit seinem in diesem Zusammenhang wiederholten Einwand, die Regelung sei „inkohärent“, in Frage zu stellen. Das dazu oben (unter a)cc)(1)) Gesagte gilt hier entsprechend. |
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| (c) Das von dem Verordnungsgeber zur Erreichung der eingangs genannten Ziele in § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO für die Alarmstufe II gewählte Mittel einer Zugangsbeschränkung für nicht-immunisierte Personen und einer Testvorlagepflicht für immunisierte Personen ist im Zeitpunkt der vorliegenden Senatsentscheidung auch verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen). |
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| (aa) Mit dem Zutrittsverbot für nicht-immunisierte Personen greift der Antragsgegner in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit erheblich ein. Der Zugang zu den von § 14 Abs. 1 CoronaVO erfassten Bereichen wird den Normadressaten nicht lediglich erschwert, sondern für die Geltungsdauer der Verordnung untersagt. Dieser Eingriff erlangt dadurch zusätzliches Gewicht, dass § 14 Abs. 1 CoronaVO eine große Zahl an Lebensbereichen erfasst und zu weiteren Grundrechtseingriffen in anderen Regelungsfeldern hinzutritt, die sich, wie oben gezeigt (unter a)cc)(1)), summieren. Etwas relativiert wird die Eingriffsschwere durch die Umstände, dass § 14 Abs. 1 CoronaVO überwiegend Einrichtungen erfasst, die von den Normadressaten typischerweise zur Freizeitgestaltung genutzt werden, dass der Besuch der Einrichtungen zu einem späteren Zeitpunkt in vielen Fällen nachgeholt oder - wie etwa bei der Sportausübung - in einem gewissem Umfang durch Aktivitäten außerhalb der Einrichtungen kompensiert werden kann und dass einige Bereiche - wie etwa Badeseen und Hochseilgärten - in den gegenwärtigen Winterwochen, in denen die Verordnung Geltung beansprucht, typischerweise nicht oder allenfalls selten genutzt werden. Auch unter Berücksichtigung dieser Umstände verbleibt dem Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG gleichwohl ein sehr beachtliches Gewicht. |
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| Auch diesem Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers aus Art. 2 Abs. 1 GG stehen jedoch die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands gegenüber, die der Antragsgegner zur Erfüllung der ihn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht mit der angefochtenen Regelung schützt. Angesichts des, wie oben gezeigt, sehr hohen Gewichts, die den von dem Antragsgegner verfolgten Eingriffszwecken beim gegenwärtigen Stand der Pandemie beizumessen ist, sind die mit § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO verbundenen Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit der Normadressaten in der durch eine besondere Gefahrenlage gekennzeichneten Alarmstufe II auch angesichts des voraussichtlich überschaubaren Zeitraums der Geltungsdauer der Norm und der hohen Voraussetzungen für den Eintritt der Alarmstufe II gegenwärtig zumutbar. |
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| (bb) Derzeit nach dem zuvor Gesagten erst recht angemessen (verhältnismäßig i.e.S.) ist die in § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO für die Dauer der Alarmstufe II geregelte Testpflicht für immunisierte Personen als Voraussetzung für eine Nutzung der von der Vorschrift erfassten Einrichtungen (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Testnachweispflichten als Zugangsvoraussetzung für öffentliche Einrichtungen beim derzeitigen Pandemiestand nur Senat, Beschl. v. 22.11.2012 - 1 S 3117/21 - juris, v. 15.11.2021, a.a.O., und v. 09.11.2021, a.a.O., jeweils m.w.N.). |
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| (2) In das Grundrecht der Einrichtungsbetreiber aus Art. 12 Abs. 1 GG auf Berufsfreiheit greift § 14 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO mit den dort normierten Maßnahmen voraussichtlich ebenfalls ein. Dass sich dieser Eingriff als verfassungswidrig, insbesondere unverhältnismäßig erweisen könnte, legt der Antragsteller mit seinem Antrag nicht dar, und ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach dem zuvor Gesagten derzeit auch sonst nicht erkennbar. |
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| (3) Auch für einen Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG normierten allgemeinen Gleichheitssatz ist nichts ersichtlich. Insbesondere wird sich die auch § 14 Abs. 1 CoronaVO zugrundeliegende Unterscheidung von immunisierten und nicht-immunisierten Personen nach dem hierzu oben (unter a)cc)(6)) Gesagten auch in dieser Hinsicht aller Voraussicht nach als gleichheitsrechtlich unbedenklich erweisen. |
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| cc) Die in § 14 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO getroffene Regelung, dass der Zutritt zu den Landesbibliotheken und Archiven nicht-immunisierten Besucherinnen und Besuchern abweichend von Satz 1 in den Alarmstufen, mithin auch der Alarmstufe II, (nicht untersagt, sondern) nach Vorlage eines PCR-Testnachweises gestattet ist, steht aller Voraussicht nach mit Verfassungsrecht ebenfalls in Einklang. Das zuvor zu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO Gesagte gilt insoweit erst recht. Durchgreifende Bedenken gegen § 14 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO hat der Antragsteller mit seiner Antragsschrift nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ohne Erfolg bleibt insbesondere sein in Ansätzen sinngemäß vorgetragener Hinweis auf die Alternative, den Zugang zu den genannten Einrichtungen nicht von einem PCR-, sondern von einem (derzeit kostenlosen) Antigen-Schnelltest abhängig zu machen. Der Antragsgegner hat den ihm, wie gezeigt, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit auf der Ebene der Geeignetheit und Erforderlichkeit zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn er annimmt, dass Antigen-Tests im Vergleich zu PCR-Tests eine geringere Verlässlichkeit aufweisen und deshalb kein gleich geeignetes Mittel darstellen (vgl. Senat, Beschl. v. 15.11.2021, a.a.O.). Das Verlangen eines PCR-Tests erweist sich in dem von § 14 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO geregelten, geschlossene Räume betreffenden Bereich in der Alarmstufe II, die durch eine besondere Gefahrenlage gekennzeichnet ist, derzeit auch aller Voraussicht nach als verhältnismäßig im engeren Sinne. |
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| c) Soweit sich der Antragsteller gegen die oben genannten Vorschriften aus der Corona-Verordnung der Landesregierung wendet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenwärtig auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten. Dies folgt bereits daraus, dass ein Normenkontrollantrag gegen die von ihm beanstandeten Vorschriften aus dieser Verordnung in der Hauptsache, wie gezeigt, aller Voraussicht nach teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet wäre. In einem solchen Fall ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Unabhängig davon ist eine erhebliche, die von dem Antragsgegner vorgebrachten Interessen überwiegende Beeinträchtigung der Belange des Antragstellers nicht ersichtlich. Die mit den angefochtenen Vorschriften für ihn verbundenen Belastungen weisen ein beachtliches Gewicht auf, sind ihm aber aus den oben zur Verhältnismäßigkeit genannten Gründen derzeit zumutbar. |
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| d) Ein gegen § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb i.d.F. v. 24.11.2021 gerichteter Normenkontrollantrag dürfte hingegen Erfolg haben. Für die Regelung besteht zwar eine ausreichende Rechtsgrundlage (aa). Offen bleiben kann, ob das Begründungserfordernis des § 28a Abs. 5 IfSG erfüllt ist (bb). Denn die Regelung dürfte jedenfalls das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot verletzen (cc). |
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| aa) Für die Regelung in § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb in der Fassung vom 24.11.2021 besteht eine Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2a, Nr. 16 und Abs. 3 IfSG, die Regelungen der hier fraglichen Art am Maßstab des einfachen Gesetzesrechts gemessen grundsätzlich tragen kann (stRspr, vgl. zuletzt Senat, Beschl. v. 25.02.2021, a.a.O.,, v. 20.01.2021 - 1 S 80/21 -, v. 11.11.2020 - 1 S 3379/20 - juris, v. 18.05.2020 - 1 S 1357/20 - juris und v. 13.05.2020 - 1 S 1314/20 - juris). |
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| Als Rechtsgrundlage scheiden § 28a Abs. 1 Nr. 2a, Nr. 16 Abs. 3 IfSG und die weiteren genannten Vorschriften auch nicht deshalb aus, weil die von § 28a Abs. 1 IfSG vorausgesetzte Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag gegenwärtig nicht (mehr) vorliegt. Denn § 28a Abs. 1 Nr. 2a, Nr. 16, Abs. 3 IfSG trägt die angefochtene Vorschrift aufgrund § 28a Abs. 9 IfSG weiterhin (s. näher dazu oben unter a)). § 2 Abs. 5 CoronaVO ist durch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Studienbetrieb vom 24.11.2021 eingeführt bzw. geändert worden, die am 25.11.2021 in Kraft trat. Soweit der Antragsteller auch hier einwendet, der Bundestag habe aber schon bei der ursprünglichen bei der zuletzt am 25.08.2021 erfolgten Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite und seither seinen Beurteilungsspielraum evident überschritten, bleibt sein Vorbringen aus den oben zu a) ausgeführten Gründen ohne Erfolg. |
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| bb) Offen bleiben kann, ob die einfachgesetzlichen Voraussetzungen der genannten Ermächtigungsgrundlage aus § 28a Abs. 5 IfSG erfüllt sind. Nach § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG sind Rechtsverordnungen, die nach § 32 IfSG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 IfSG und § 28a Abs. 1 IfSG erlassen werden, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich zu befristen. Die Corona-Verordnung Studienbetrieb ist zwar zeitlich befristet. Ob das Begründungserfordernis erfüllt ist, bleibt offen. |
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| Die Begründungspflicht des § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG dient nach dem Willen des Gesetzgebers „…dazu, die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen und dient damit insbesondere der Verfahrensrationalität wie auch die Legitimationssicherung. Sie gewährleistet als prozedurale Anforderung den Grundrechtsschutz durch Verfahren. Innerhalb der Begründung ist zu erläutern, in welcher Weise die Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Infektionsbekämpfung dienen. Eine empirische und umfassende Erläuterung ist nicht geschuldet. Die Begründung ist möglichst zeitnah nach Erlass der Rechtsverordnung zu veröffentlichen“ (BT-Drs. 19/24334, S. 74). Ob der Antragsgegner diesen Anforderungen - insbesondere dem genannten Transparenzgebot - genügt hat, kann im vorliegenden Verfahren offenbleiben. Zwar hat er auf einer Internetseite des Wissenschaftsministeriums eine Verordnungsbegründung veröffentlicht (vgl. https://mwk.baden-wuerttemberg.de/de/service/informationen-zu-corona/coro-na-verordnung-studienbetrie/ und den dortigen Link auf das pdf-Dokument https://mwk.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mwk/intern/dateien/pdf/21_11_25_Begr%C3%BCndung_CVO_Studienbetrieb_-ENDG% C3%9 CLTIG.pdf). Allerdings hat er auf der Seite der Landesregierung, auf der die Corona-Verordnungen des Landes aufgeführt sind, und auf der dort verlinkten, ebenfalls die CoronaVO Studienbetrieb darstellenden Seite „https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/aktuelle-infos-zu-corona/ue-bersicht-corona-verordnungen/coronavo-studienbetrieb-und-kunst/“ keine Verordnungsbegründung eingestellt. Mit dieser Praxis ist der Antragsgegner von seiner bei den anderen Corona-Verordnungen gewählten Bekanntmachungspraxis abgewichen, was bei den Normadressaten möglicherweise den Irrtum hervorrufen kann, es fehle an einer Begründung, und das Auffinden dieser Begründung jedenfalls erschwert und deren Transparenz abträglich ist. |
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| cc) Ob der Antragsgegner deshalb gegen § 28a Abs. 5 IfSG verstoßen hat, kann im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch offenbleiben. Denn die in § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb in der Fassung vom 24.11.2021 für die Alarmstufe II getroffenen Regelung verstößt jedenfalls voraussichtlich gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. |
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| (1) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Gebot der Bestimmtheit von Normen verlangt, dass Rechtsvorschriften so gefasst sein müssen, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (vgl. BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 - 1 BvF 1/61 - BVerfGE 20, 150; Beschl. v. 12.01.1967 - 1 BvR 169/63 - BVerfGE 21, 73, v. 07.07.1971 - 1 BvR 775/66 - BVerfGE 31, 255, v. 09.04.2003 - 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01 - BVerfGE 108, 52, und v. 03.03.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, jeweils m.w.N.; Senat, Urt. v. 16.08.2018 - 1 S 625/18 - juris; Beschl. v. 30.07.2020 - 1 S 2087/10 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.11.2017 - 9 S 1145/16 - JuS 2018, 402, und v. 22.02.2017 - 5 S 1044/15 - juris). |
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| Dieses Gebot zwingt den Normgeber zwar nicht, jeden Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben bis ins Einzelne zu umschreiben. Generalklauseln und unbestimmte, der Ausfüllung bedürftige Begriffe sind schon deshalb grundsätzlich zulässig, weil sich die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen lässt. Der Normgeber ist aber gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer Vorschrift dabei noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit; es kann nicht erwartet werden, dass jeder Zweifel ausgeschlossen wird. Es ist Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und die Entscheidung des Normgebers - gegebenenfalls mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden - zu konkretisieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.06.1977 - 2 BvR 308/77 - BVerfGE 45, 363, v. 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88, 78/89 -, BVerfGE 86, 288, und v. 11.07.2013 - 2 BvR 2302/11 - BVerfGE 134, 33; BayVerfGH, Entscheidung v. 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 juris; Senat, Senat, Urt. v. 16.08.2018, a.a.O., und v. 22.04.2002 - 1 S 1667/00 - VBlBW 2002, 423). Verfahren und gerichtliche Kontrolle sind geeignet, mögliche Nachteile der Unbestimmtheit der Rechtsvorschrift bis zu einem gewissen Grade auszugleichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.01.1967 und v. 07.07.1971, jeweils a.a.O., sowie Urt. v. 18.07.1972 - 1 BvL 32/70, 25/71 - BVerfGE 33, 303; Senat, Urt. v. 16.08.2018, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.11.2017, a.a.O.). In jedem Fall müssen sich aber aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die eine willkürliche Handhabung der Norm durch die für die Vollziehung zuständigen Behörden ausschließen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2006 - 10 C 9.05 - BVerwGE 126, 222; Beschl. v. 10.04.2000 - 11 B 61.99 - juris; Senat, Urt. v. 22.04.2002, a.a.O., v. 16.10.2001 - 1 S 2346/00 - VBlBW 2002, 292, und v. 18.08.1992 - 1 S 2550/91 - VBlBW 1993, 99; Senat, Beschl. v. 30.07.2020 - 1 S 2087/20 - juris). |
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| (2) Diesen Voraussetzungen entspricht § 2 Abs. 5 CoronaVO Studienbetrieb in der Fassung vom 24.11.2021 voraussichtlich nicht. Denn aus der Vorschrift ergibt sich nicht hinreichend klar, zu welchen Vorkehrungen Hochschulen im Hinblick auf nicht-immunisierte Studierende verpflichtet sind, um im Sinne von § 2 Abs. 5 Satz 4 die Studierbarkeit des Studiengangs zu gewährleisten. Dies ergibt sich auch nicht ausreichend durch Auslegung der Vorschrift nach Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung einschließlich der insoweit nicht ergiebigen Verordnungsbegründung (vgl. die Begründung zur Corona-Verordnung Studienbetrieb vom 24.11.2021, a.a.O., Allgemeiner Teil und Einzelbegründung zu § 2 Abs. 5). |
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| Eine detailliertere Normierung dürfte insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung der Regelung für die Wahrnehmung des Rechts aus Art. 12 Abs. 1 GG für nicht immunisierte Studierende geboten sein. Denn Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet allen Deutschen das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen. Über das Recht auf Zugang zu einer Ausbildungsstätte hinaus schützt Art. 12 Abs. 1 GG die im Rahmen der Ausbildung notwendigen Tätigkeiten (BVerfG, Urt. v. 18.07.1972 - 2 BvL 32/70, 2 BvL 25/71 - BVerfGE 33, 303, juris Rn. 58; BVerfG, Beschl. v. 08.05.2013 - 1 BvL 1/08 - BVerfGE 134, 1, juris Rn. 37; BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020 - 2 BvR 1333/17 - BVerfGE 153, 1, juris Rn. 108 f.; je m.w.N.). Die Freiheit des Studiums umfasst das Recht der Studierenden, Lehrveranstaltungen nach Wahl - innerhalb des Studiengangs, in dem sie immatrikuliert sind, und innerhalb der Kapazitäten - zu besuchen (BayVGH, Beschl. v. 8.11.1979 - 7 Ce-13186/79 u. a. - NJW 1980, 662; NdsOVG, Beschl. v. 20.03.2012 - 2 ME 161/12 - juris Rn. 6, m.w.N.; Mann, in Sachs, GG, 9. Aufl., Art. 12 GG Rn. 162 ff., m.w.N.). Zudem kann Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip auch dazu verpflichten, im Hochschulbereich durch sachgerechte Zugangskriterien für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen, auch wenn keine Verpflichtung besteht, jedwede bestehenden Erschwernisse vollständig zu kompensieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.05.2013 - 1 BvL 1/08 - BVerfGE 134, 1, Rn. 40 f., zum Bremischen Studienkontengesetz). |
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| In dieses Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG greift § 2 Abs. 5 Satz 1 CoronaVO Studienbetrieb in der Fassung vom 24.11.2021 in schwerwiegender Weise ein, da Studierende, die keinen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen, an Präsenzveranstaltungen ihres Studiengangs - mit Ausnahme der in § 2 Abs. 5 Satz 2 CoronaVO Studienbetrieb in der Fassung vom 24.11.2021 vorgesehenen Veranstaltungen - nicht teilnehmen können. Durch diese Beschränkung kann, soweit kein anderweitiger Zugang zu diesen Studienangeboten bereitgestellt wird, jedenfalls der erfolgreiche Abschluss eines Semesters konkret gefährdet werden, was zumindest zu einer Verlängerung des Studiums führen kann. Auch die Gefährdung des Studienerfolgs insgesamt ist durch die Beschränkung des Zugangs zu Lehrveranstaltungen nicht von vornherein ausgeschlossen und erscheint nicht nur theoretisch möglich. |
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| Zu Recht hat der Antragsgegner daher im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG den Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO Studienbetrieb in der Fassung vom 24.11.2021 normiert und zugleich vorgesehen, dass Hochschulen die Studierbarkeit der Studiengänge sicherzustellen und daher in ihren Konzepten für den Präsenzstudienbetrieb zu berücksichtigen haben, dass gegebenenfalls Studierende wegen § 5 Abs. 2 Satz 1 oder § 5 Abs. 3 CoronaVO Studienbetrieb in der Fassung vom 24.11.2021 an Präsenzveranstaltungen nicht teilnehmen können. Auch im Hinblick auf die Bedeutung von Art. 12 Abs. 1 GG hinreichende Vorgaben, welche Maßnahmen die Hochschulen zu ergreifen haben, um die Studierbarkeit der Studiengänge sicherzustellen, fehlen in der angegriffenen Regelung jedoch. Diese sind allerdings voraussichtlich erforderlich. Denn unklar bleibt, ob Hochschulen - um den schwerwiegenden Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG soweit als möglich abzumildern - verpflichtet sein sollen, Präsenzveranstaltungen regelhaft als sog. Hybridveranstaltungen, also bei gleichzeitiger digitaler Übertragung an nicht Anwesende, durchzuführen oder Präsenzveranstaltungen, die elektronisch aufgezeichnet werden können, regelhaft aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen nicht-immunisierten Studierenden zügig zur Verfügung zu stellen oder ob es nach der Vorstellung des Verordnungsebers ausreichen soll, die Aufzeichnung von Präsenzveranstaltungen oder die Durchführung von Hybridveranstaltungen nur für nach der Studienordnung vorgesehene Pflichtveranstaltungen vorzusehen oder ob es den Hochschulen etwa möglich sein soll, die Studierbarkeit der Studiengänge auf andere Weise nach ihrem freien Ermessen sicherzustellen. |
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| Bereits aufgrund der überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache (vgl. oben d)) besteht ein deutliches Überwiegen der von dem Antragsteller geltend gemachten Belange gegenüber den von dem Antragsgegner vorgetragenen gegenläufigen Interessen. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die angefochtene Regelung ihn in seinen Grundrechten auf Berufsfreiheit (Berufsausbildungsfreiheit) aus Art. 12 Abs. 1 GG und auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG erheblich trifft. Dieser Belang überwiegt die gegenläufigen Interessen des Antragsgegners. Dessen Interessen sind zwar, wie gezeigt, von sehr hohem Gewicht. Denn die infektionsschutzrechtlichen Regelungen dienen dem Schutz von Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und der damit verbundenen Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands. Hieraus folgt aber nicht, dass der Antragsteller einen Verstoß gegen seine Grundrechte durch eine voraussichtlich rechtswidrige Regelung bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens hinnehmen müsste. |
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| Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2, § 39 Abs.1 GKG. Für eine Herabsetzung des Auffangstreitwerts aus § 52 Abs. 2 GKG bestand im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der weitgehend begehrten Vorwegnahme der Hauptsache kein Anlass. |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar. |
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