Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 1265/21

Tenor

Soweit der Kläger die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Februar 2021 - 1 K 9602/18 - zurückgenommen hat, wird das Berufungsverfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren zuletzt noch um die Frage, ob der Polizeivollzugsdienst des Beklagten im Rahmen der Abschiebung des Klägers nach Italien am 20.06.2018 in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) E... eine rechtswidrige Wohnungsdurchsuchung durchführte.
Der Kläger ist nach seinen Angaben ... geboren und kamerunischer Staatsangehöriger. Er wurde ... in Italien registriert, reiste am ... .2017 nach Deutschland ein und stellte dort einen Asylantrag.
Am selben Tag wurde der Kläger der vom Regierungspräsidium Stuttgart betriebenen LEA in E... zugewiesen. Damals beanspruchte eine von deren Leiter unter dem 10.08.2015 erlassene Hausordnung Geltung (im Folgenden: HausO). Darin war unter anderem geregelt, dass die Ausübung des Hausrechts der LEA-Leitung, d.h. vor Ort beschäftigten Mitarbeitern des Regierungspräsidiums, und, soweit das Hausrecht das Recht umfasse, Zimmer zuzuweisen, Verlegungen innerhalb des Geländes vorzunehmen und Zimmerkontrollen durchzuführen, auch der Fa. ... übertragen sei (vgl. § 2 lit. b Satz 4 und 5 HausO). Alle Gebäude würden regelmäßig vom Sicherheitsdienst im Hinblick auf die Einhaltung der Hausordnung kontrolliert. Die Bewohner hätten bei Gefahr im Verzug und auf Anforderung des Personals von ... ein Betreten des Zimmers zu dulden (vgl. § 5 lit. n HausO). Wegen der Einzelheiten der Hausordnung wird auf Bl. 42 ff. der Verwaltungsakte des Polizeipräsidiums A... (Az. RuD 639/18, Ordner „Klage LEA-Einsatz“) verwiesen.
Mit Bescheid vom 14.03.2018 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab, stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Die Abschiebungsanordnung wurde am 28.03.2018 bestandskräftig. Unter dem 11.04.2018 unterrichtete das BAMF die LEA vom Abschluss des Asylverfahrens. Es teilte mit, Italien habe einer Überstellung des Klägers zugestimmt. Die Überstellung habe auf dem Luftweg montags bis freitags mit einer Ankunftszeit von 8.00 bis 14.00 Uhr zu erfolgen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abschlussmitteilung des BAMF nebst Angaben zu den Überstellungsmodalitäten verwiesen (Bl. 1341 ff. der Verwaltungsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe).
Unter dem 26.04.2018 erteilte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Polizeipräsidium A... einen Vollstreckungsauftrag zur Abschiebung des Klägers. Das Regierungspräsidium gab vor, den Kläger für einen geplanten Flug vom Flughafen Frankfurt a.M. nach Mailand-Linate am 20.06.2018 um 10.50 Uhr so nach Frankfurt zu bringen, dass er mindestens zwei Stunden vor dem Abflug dort der Bundespolizei übergeben werde. Es ermächtigte das Polizeipräsidium zur Anwendung von unmittelbarem Zwang, erteilte ihm die Erlaubnis zur Vollstreckung während der Nachtzeit und bat darum, darauf zu achten, dass der Kläger alle vorhandenen Dokumente mitnehme. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1 ff. der Akte des Polizeipräsidiums (Az. RuD 639/18, Ordner „Abschiebung“) und auf Bl. 145 der Akte des Regierungspräsidiums verwiesen.
Am 30.04.2018 sollte eine andere Person aus der LEA E... abgeschoben werden. Die Abschiebung scheiterte. Hierauf bat das Regierungspräsidium Stuttgart am 02.05.2018 das Polizeipräsidium A... um „Maßnahmen zur Sicherstellung der Ordnung in der LEA E...“. Das Regierungspräsidium führte aus, in der LEA sei ein nicht akzeptabler Zustand festzustellen. Unter anderem könnten Rückführungen aktuell nicht durchgeführt werden, bestehe die Gefahr, dass ein Teil der Bewohner Anweisungen des Regierungspräsidiums nicht befolge, und bestehe die Vermutung, dass sich eine größere Gruppe von Bewohnern nicht in den zugewiesenen Unterkunftsräumen aufhalte. In einer vom Polizeipräsidium bei dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA) eingeholten Lagebewertung führte das LKA aus, für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 30.04.2018 seien in Bezug auf die LEA E... als sog. Ereignisort unter anderem 297 Straftaten verzeichnet worden (vgl. Bl. 32 ff. der Akte des Polizeipräsidiums - Az. RuD 639/18, Ordner „Klage LEA-Einsatz“).
Am 03.05.2018 führte das Polizeipräsidium in der LEA E... eine (von ihm sog.) Razzia durch. Hierzu wurden ab 05.19 Uhr Kontrollen in den Zimmern durchgeführt. Der Einsatz in dem vom Kläger belegten Zimmer 1.25 dauerte von 06.03 bis 06.50 Uhr. Einer der daran beteiligten Polizeibeamten erläuterte im Nachgang, die Tür habe sich ohne Anwendung von Gewalt durch Betätigung der Türklinke öffnen lassen. Man habe die beiden Bewohner des Zimmers geschlossen und auf den Boden gesetzt. Das Zimmer sei durchsucht worden. Nach Beendigung der Maßnahmen seien die Handschließen entfernt worden und die Personen hätten sich wieder frei in der Unterkunft bewegen können.
Am 20.06.2018 wurde der Kläger nach Italien abgeschoben. Den Ablauf der Abschiebung schilderte das Polizeipräsidium A... in einer am 20.06.2018 um 05.02 Uhr erstellten Einsatzmeldung (Bl. 233, 1293 der Verwaltungsakte des Regierungspräsidiums), einer unter dem 06.07.2018 gegen den Kläger erstatten Strafanzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (Bl. 1 ff. der Akte des AG E... - Az. ... - Beiordner) und im erstinstanzlichen Verfahren zusammenfassend (vgl. Schriftsatz vom 02.01.2019, S. 13 f- = Bl. 73 f. der VG-Akte) aus seiner Sicht wie folgt:
„Die ersten vorbereitenden Maßnahmen durch die Polizeikräfte begannen am 20.06.2018 ab 03.00 Uhr. Die eigentliche Maßnahme gegenüber dem Kläger fand jedoch erst ab 04.00 Uhr statt, da mit diesem Transport neben dem Kläger noch ein weiterer Bewohner der LEA zur Abschiebung anstand. Dieser konnte jedoch nicht angetroffen werden, so dass die Polizeikräfte sich nachfolgend dem Kläger zuwandten. Dieser wurde ebenfalls nicht in seinem Zimmer angetroffen. Vielmehr wurde der Kläger durch die Polizeibeamten PK W... und PKA E... in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Gebäudes 92 im Bereich der Toiletten angetroffen. Sie befragten ihn nach seinem Namen und baten ihn um seinen Ausweis. Anschließend wurde ihm der Vollstreckungsauftrag zur Abschiebung auf Englisch eröffnet. Da er seinen Ausweis nicht bei sich hatte, begleiteten sie ihn in sein Zimmer. Dort händigte er seine ID-Card, die er in seinem Geldbeutel hatte, Herrn PK W... aus. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, seine persönlichen Gegenstände zu packen, was einige Zeit in Anspruch nahm und anschließend durch die Einsatzkräfte zum Dienstfahrzeug begleitet, einem DB Vito. Dort verlangte er seinen Ausweis und seinen Geldbeutel zurück, worauf ihm eröffnet wurde, dass er diesen nach Erreichen des Polizeireviers E... erhalten würde. Weder wurde ihm (wie er später geltend machte, Anm. d. Senats) sein Handy weggenommen noch wurde ihm untersagt, mit seinem Anwalt zu telefonieren. Der Kläger weigerte sich das Fahrzeug zu besteigen und versuchte sich vom Fahrzeug zu entfernen, woraufhin er von den Polizeikräften PK W..., POK D..., PHM K..., PHK B... und PKA E... zu Boden gebracht und geschlossen wurde. Dabei widersetzte er sich vehement durch Sperren und Losreißen seiner Arme. Dann stellte er sich bewusstlos, was durch Überprüfen seiner Vitalfunktionen nicht bestätigt wurde. Da er sich weigerte aufzustehen wurde er von den Polizeikräften in das Fahrzeug getragen und dort auf den Boden gelegt. Während des Transports drohte der Kläger „I will come back soon as an assassin and kill somebody“. Beim Polizeirevier E... stieg er selbständig aus und wurde kurzzeitig in die dortige Gewahrsamszelle verbracht und durchsucht. Für den Transport wurde ein sogenannter Transportgürtel eingesetzt, der es erlaubt die Hände vorne zu schließen und dem Betroffenen einen eingeschränkten Bewegungsspielraum belässt. Die Füße wurden mit Fußfesseln gesichert. Nach Abschluss dieser Maßnahme übernahmen Kräfte des Polizeirevier Crailsheim (POM Fr... und PMin B... ) und fuhren zunächst zum Polizeirevier Crailsheim. Dort wurde er wiederum kurzzeitig in der Gewahrsamszelle untergebracht. Anschließend übernahmen PK S... und PKAin L... den Weitertransport zur Autobahnpolizei Weinsberg, wo um 06.50 Uhr Kräfte des PP Ludwigsburg (PHM K... und POM F... ) die Weiterreise zum Flughafen Frankfurt übernahmen. Im Rahmen des gesamten Transportes kam es zu keinen weiteren Auffälligkeiten, weder zu Widerstandshandlungen des Klägers noch zeigten sich irgendwelche Anzeichen gesundheitlicher Störungen bei diesem. Der Abflug in Frankfurt erfolgte am selben Vormittag um 10.50 Uhr.“
10 
Am 25.09.2018 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass die durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten gegen ihn am 03.05.2018 und am 20.06.2018 durchgeführten Maßnahmen, insbesondere die seines Erachtens jeweils erfolgte Durchsuchung seines Zimmers, rechtswidrig gewesen sind. In Bezug auf die Abschiebung führte er unter anderem aus, als er am frühen Morgen des 20.06.2018 die Toilette verlassen habe, habe er die Polizisten gesehen und diese angesprochen, was sie denn wollten. Sie hätten ihn nach seinem Ausweis gefragt und nach Feststellung der Personalien gesagt, er werde nach Italien abgeschoben. Sein Ausweis sei ihm weggenommen worden und man habe ihm mitgeteilt, er könne höchstens 20 kg mitnehmen. Er habe ihnen gesagt, dass er zu einem Gespräch bereit sei, dass er aber kein Krimineller sei und auch nicht wie ein solcher behandelt werden wolle. Er habe ein Recht auf seine Unterlagen. Die Polizisten hätten erwidert, er solle den Mund halten und sie nicht belehren, was sie zu tun oder zu lassen hätten. Das Betreten des Zimmers sei gesetzeswidrig erfolgt. Eine Durchsuchung von Wohnungen sei gegen den Willen des Betroffenen nur auf Anordnung des zuständigen Gerichts möglich. Hier habe eine Durchsuchung vorgelegen, weil man sein Zimmer betreten habe, um beispielsweise nach seinen Identitätspapieren zu suchen. Eine richterliche Anordnung habe aber nicht vorgelegen. Auch die nachfolgenden Maßnahmen seien rechtswidrig gewesen.
11 
Während des erstinstanzlichen Verfahrens ist der Kläger am 21.12.2018 wieder nach Deutschland eingereist. Er hat einen Asylfolgeantrag gestellt und ist der LEA Karlsruhe zugewiesen worden. Das BAMF hat den Antrag zunächst mit Bescheid vom 14.01.2019 abgelehnt, diesen Bescheid aber auf von vom Kläger anhängig gemachten Klage- und Eilverfahren (VG Karlsruhe, Verfahren A 9 K 467/19 und A 9 K 468/19) aufgehoben und erklärt, ein nationales Verfahren durchzuführen.
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Ebenfalls während des vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart geführten erstinstanzlichen Verfahrens hat das Amtsgericht E... (Jagst) in dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (... ) am 19.06.2020 die Hauptverhandlung durchgeführt, den Kläger (dort Angeklagten) angehört und (heute) PK E..., POK D... sowie (heute) PHK W... als Zeugen vernommen. Nach einer teilweisen Verfahrenseinstellung hat das Amtsgericht den Kläger mit Urteil vom 19.06.2020 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in fünf tateinheitlichen Fällen bei seiner Abschiebung vom 20.06.2018 zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,-- EUR verurteilt. In den Entscheidungsgründen hat das Amtsgericht unter anderem ausgeführt, die Abschiebung sei rechtmäßig erfolgt. Hierbei könne dahingestellt bleiben, ob es eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses für das Zimmer des Klägers (Angeklagten), das als Wohnung einzuordnen sei und dem Schutz von Art. 13 GG unterfalle, bedurft habe, weil er auf dem Flur angetroffen worden sei und es sich dabei um keine Wohnung gehandelt habe. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme des Amtsgerichts wird auf das Protokoll vom 19.06.2020 (Bl. 311 ff. der Akte ... ... ) und wegen der Einzelheiten des Urteils auf dessen Entscheidungsgründe (Bl. 350 ff. der Akte ... ) verwiesen. Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung zum Landgericht E... eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
13 
Am 18.02.2021 hat das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Verfahren die mündliche Verhandlung durchgeführt, den Kläger angehört und als Zeugen unter anderem die bei der Abschiebung am 20.06.2018 beteiligten (heute) EPHK B..., PHK W..., PHM Fr..., POM S... und POM F... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Verhandlung verwiesen (Bl. 275 ff., 287 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts).
14 
Mit Urteil vom 19.02.2021 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten gegenüber dem Kläger in der LEA in E... am 03.05.2018 durchgeführte Personenfeststellung, das Betreten und Durchsuchen des Zimmers des Klägers, das Durchsuchen des Klägers und das Festsetzen des Klägers unter Anlegen von Einmal-Handschließen rechtswidrig gewesen sind, dass weiter das Einbehalten des Geldbeutels durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten am 20.06.2018 im Rahmen der Abschiebung des Klägers rechtswidrig gewesen ist, die Klage im Übrigen abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob ein Zimmer in einer LEA als Wohnung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG zu qualifizieren ist, zugelassen. Zur Begründung seines Urteils hat das Verwaltungsgericht unter anderem ausgeführt, die im Tenor bezeichneten Maßnahmen der Razzia vom 03.05.2018 seien rechtswidrig gewesen. Der mit den Maßnahmen verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sei zur Nachtzeit nicht angemessen (verhältnismäßig i.e.S.) gewesen. Die Durchführung der Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 sei hingegen mit Ausnahme des zeitweisen Einbehaltens des Geldbeutels des Klägers rechtmäßig gewesen. Rechtsgrundlage für die zu überprüfenden Maßnahmen seien die Vorschriften des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes i.V.m. §§ 49 ff. PolG a.F. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen seien erfüllt gewesen. Mit der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung des BAMF habe ein wirksamer, vollstreckungsfähiger und vollstreckbarer Verwaltungsakt vorgelegen. Eine Durchsuchungsanordnung des Verwaltungsgerichts nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich bei dem Zimmer des Klägers nicht um eine Wohnung im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG, Art. 13 Abs. 1 GG gehandelt habe. Die konkrete Ausgestaltung der Unterbringung in der LEA in E... lasse es nicht zu, von einer ausreichend vorhandenen räumlichen Privatsphäre zu sprechen, deren Schutz Art. 13 Abs. 1 GG bezwecke. Die Polizei habe in Bezug auf die Abschiebung auch zur Nachtzeit vollstrecken dürfen. Ausgehend von dem zweckmäßig ausgewählten Flug von Frankfurt nach Mailand habe die Polizei bereits kurz nach 4 Uhr mit der Vollstreckung beginnen dürfen, um den Kläger rechtzeitig zum Flughafen Frankfurt verbringen zu können. Die einzelnen Maßnahmen im Rahmen der Abschiebung seien abgesehen von dem Einbehalt des Geldbeutels auch verhältnismäßig gewesen. Zwar habe es sich bei dem Aufsuchen bzw. Begleiten des Klägers in seinem Zimmer zur Nachtzeit um einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG von einigem Gewicht gehandelt. Dieser Eingriff sei aber zur Durchsetzung der Ausreisepflicht gerechtfertigt gewesen. Insbesondere komme der Verteidigung der Rechtsordnung ein bedeutsames Gewicht zu.
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19.02.2021 - 1 K 9602/18 - ist dem Kläger am 11.03.2021 zugestellt worden. Er hat dagegen mit Schriftsatz vom „08.03.2021“, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht am 08.04.2021, zunächst ohne Antrag und Begründung Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 11.05.2021, eingegangen am selben Tag, hat er beantragt, „das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 18.02.2021 (Az.: 1 K 9602/18) aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde“. Zur Begründung hat er in diesem Schriftsatz geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe seine Auffassung, bei Zimmern von Flüchtlingen in einer LEA handele es sich nicht um verfassungsrechtlich geschützte Wohnungen, willkürlich begründet, und diesen Einwand näher ausgeführt. Im Übrigen hat er sich zur Begründung der Berufung „auf die bisherigen Ausführungen und Schriftsätze im Klageverfahren“ bezogen (Schriftsatz vom 11.05.2021, S. 1 ff.). Auf Antrag des Klägers vom 11.05.2021 hat der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist zur (weiteren) Berufungsbegründung bis zum 11.06.2021 verlängert. Bis zum Ablauf des 11.06.2021 hat der Kläger keinen weiteren Schriftsatz eingereicht. Mit ab dem 18.08.2021 eingegangenen Schriftsätzen hat der Kläger seine Berufung ergänzend begründet.
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Er macht unter anderem geltend, die den Bewohnern innerhalb der LEA zugewiesenen Schlafräume stellten Wohnungen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG dar. Letzteres gelte für Zimmer in allen Sammelunterkünften, d.h. sowohl in Erstaufnahmeeinrichtungen als auch in Gemeinschaftsunterkünften nach § 53 AsylG. Als Wohnung im Sinne vom Art. 13 Abs. 1 GG seien alle Räume einzustufen, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine räumliche Abschirmung entzogen seien und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens von Menschen gemacht würden. Hierunter fielen alle privaten Wohnzwecken gewidmete Räumlichkeiten, in denen der Mensch das Recht habe, in Ruhe gelassen zu werden. Nach diesen Maßstäben handele es sich bei Zimmern in einer LEA um eine Wohnung. Sie würden zu Wohnzwecken, insbesondere zum Schlafen und sonstigen Aufenthalt genutzt, seien nach außen durch Wände und Türen abgeschirmt und weder öffentlich zugänglich noch für eine größere Zahl an Personen ohne weiteres einsichtig. Die Bewohner hätten dort ihren Lebensmittelpunkt, führten private Telefonate und Gespräche und bewahrten alle ihre persönlichen Gegenstände auf. Der Eigenschaft als Wohnung stehe, wie das Beispiel von Wohngemeinschaften und Krankenhauszimmern zeige, nicht entgegen, dass die Zimmer teilweise von mehreren Bewohnern geteilt würden. Auch die Betretungsrechte der LEA-Mitarbeiter und der Umstand, dass die Zimmer nicht abschließbar seien, entzögen ihnen nicht den Wohnungscharakter. Die Bewohner dürften erwarten, dass vor einem Betreten geklopft werde und die Zimmer in ihrer Abwesenheit nicht betreten würden. Ohnehin sei der Auffassung zu widersprechen, dass eine besonders repressive Ausgestaltung der Wohnverhältnisse durch die Hausordnung und ihre Umsetzung den Schutz von Art. 13 Abs. 1 GG aufheben könne. Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung seien an Art. 13 Abs. 1 GG zu messen und nicht umgekehrt. Die Hausordnung sei zudem in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage, die wegen der durch sie bewirkten Grundrechtseingriffe erforderlich sei, rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht habe außerdem verkannt, dass die LEA, anders als eine Haftanstalt, keine repressiven Zwecke verfolge, sondern dem Asylrecht und einer menschenwürdigen Unterbringung der Schutzsuchenden diene, was sich auch aus Unionsrecht, namentlich aus der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (im Folgenden: Aufnahmerichtlinie - AufnRL>), ergebe. Der vom Verwaltungsgericht gezogene Vergleich mit Dienstwohnungen von Soldaten gehe fehl, weil diese sich anders als Geflüchtete einem strengen, weit über die LEA-Hausordnung hinausgehenden Dienstrecht und einem stark reglementierten Alltag unterordnen müssten. Eher könne man Geflüchtetenunterkünfte mit Obdachlosenunterkünften vergleichen, die ebenfalls als Wohnungen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG anzusehen seien. Eine Einordnung der Zimmer in der LEA als Wohnraum entspreche auch dem Wortlaut von § 47 Abs. 1 AsylG, der von „wohnen“ spreche, wobei dieser Begriff entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in der Rechtsordnung überwiegend einheitlich gebraucht werde, was unter anderem § 123 Abs. 1 StGB, §§ 181 f. ZPO und § 20 BMG belegten.
17 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe das Betreten seines (des Klägers) Zimmers bei dem Polizeieinsatz vom 20.06.2018 einer gerichtlichen Anordnung bedurft. Es sei bereits zweifelhaft, ob das Verwaltungsvollstreckungsrecht als Rechtsgrundlage anwendbar gewesen sei, weil kein Verwaltungsakt, sondern eine gesetzliche Ausreisepflicht (§ 50 AufenthG) vollstreckt worden sei. Selbst wenn man der Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Rechtsgrundlage folgen wolle, seien die Handlungen der Polizei rechtswidrig gewesen. Für die Durchsuchung seines Zimmers habe es gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG einer richterlichen Anordnung bedurft, die gefehlt habe. Bei dem Betreten seines Zimmers habe es sich um eine „Durchsuchung“ im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG gehandelt. Dem Beklagten sei es aus der maßgeblichen ex ante-Sichte darum gegangen, ihn (den Kläger) aufzufinden. Unerheblich sei, dass die Beamten ihn zunächst nicht in seinem Zimmer angetroffen hätten. Sie hätten das Zimmer zweimal - zunächst erfolglos in seiner Abwesenheit und anschließend in seinem Beisein - zu dem Zweck betreten, seine Identität festzustellen und ihn zum Zweck der Abschiebung zu ergreifen. Allein dies begründe schon das Vorliegen einer Durchsuchung und gehe über ein bloßes Betreten hinaus. Das Betreten einer Wohnung durch Behördenmitarbeiter, um dort Personen zum Zwecke der Abschiebung aufzufinden und zu ergreifen, stelle stets eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG dar. Der Beklagte habe zudem aus der ex ante-Perspektive damit rechnen müssen, dass Suchhandlungen im Zimmer erforderlich sein würden, um festzustellen, wo er sich aufhalte. Für die Abgrenzung von Durchsuchung und Betreten könne es auch nicht darauf ankommen, ob der Adressat einer Maßnahme im Raum nach dem Betreten offen sichtbar sei. Denn andernfalls würde es von Zufällen wie der Größe oder Überschaubarkeit einer Wohnung abhängen, ob eine Durchsuchung vorliege. Das wäre mit dem Schutzversprechen des Art. 13 Abs. 1 GG nicht vereinbar, der nicht nach der Wohnungsgröße differenziere, und widerspräche Sinn und Zweck des Art. 13 Abs. 2 GG, der auf eine vorbeugende Kontrolle durch eine neutrale und unabhängige Instanz ziele. Vorsorglich werde auch einem möglichen Einwand des Beklagten, das zweite Betreten des Zimmers sei mit seiner (des Klägers) Einwilligung erfolgt, entgegengetreten. Vor dem Hintergrund von § 51 BDSG lasse sich schon die grundsätzliche Zulässigkeit einer Einwilligung bezweifeln. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung nicht vor. Es habe an der Freiwilligkeit und an einer hinreichend qualifizierten Belehrung unter Hinzuziehung eines Dolmetschers über den Zweck der Maßnahmen und die Konsequenzen einer Einwilligung gefehlt. Die richterliche Anordnung sei auch nicht nach § 6 Abs. 2 Satz 2 LVwVG wegen Gefährdung des Abschiebeerfolgs entbehrlich gewesen. Es habe weder vor noch während der Durchsuchung Anzeichen dafür gegeben, dass er untertauchen würde. Selbst wenn man nicht von einer Durchsuchung, sondern nur von einem Betreten des Zimmers ausgehen wolle, sei dies rechtswidrig erfolgt, weil in dem Zimmer ein zweiter LEA-Bewohner anwesend gewesen sei, der in das Betreten nicht eingewilligt habe. Außerdem sei das Betreten zur Nachtzeit unverhältnismäßig gewesen.
18 
Der Kläger beantragt - nach in der mündlichen Verhandlung erklärter teilweiser Zurücknahme der Berufung - zuletzt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18.02.2021 - 1 K 9602/18 - teilweise zu ändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und festzustellen, dass auch die durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten gegenüber ihm am 20.06.2018 im Rahmen seiner Abschiebung durchgeführte Maßnahme „Betreten des klägerischen Zimmers“ rechtswidrig gewesen ist.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zu verwerfen,
22 
hilfsweise, sie zurückzuweisen.
23 
Er macht geltend, die Berufung sei bereits unzulässig. Der Kläger habe innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Antrag gestellt und innerhalb der genannten Frist auch keine § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügende Begründung vorgelegt. Die Berufung sei jedenfalls unbegründet. Das Verwaltungsgericht habe dem Zimmer des Klägers in der LEA zu Recht die Eigenschaft als Wohnung abgesprochen. Art. 13 Abs. 1 GG schütze vor Eingriffen in eine vorhandene räumliche Privatsphäre, begründe aber keinen Anspruch jedes Menschen auf einen Mindeststandard an wohnlicher Privatheit. Entscheidend für die Frage, ob eine Wohnung vorliege, sei daher die konkrete Ausgestaltung der Unterbringung. Hier unterschieden sich Erstaufnahmeeinrichtungen (§ 44 AsylG) und Sammelunterbringung (§ 53 AsylG, § 8 FlüAG) bzw. die Anschlussunterbringung (§ 18 FlüAG) grundlegend voneinander. Das Zimmer in der LEA sei hierbei nicht als Wohnung zu qualifizieren. Der Widmungszweck von Erstaufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 AsylG bestehe darin, den zugewiesenen Asylantragstellern für die Dauer des Asylverfahrens eine Unterkunft zu bieten. Die Zuweisung gehe mit der Erreichbarkeitspflicht des § 44 Abs. 3 AsylG einher. Primärer Zweck der Unterkunft sei daher nicht das Wohnen, sondern die vorübergehende Unterbringung während des Asylverfahrens, um dessen ungestörten Fortgang zu gewährleisten. Es handele sich um ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, in dessen Zuge das Regierungspräsidium die Hausordnung gestützt auf sein als Rechtsgrundlage ausreichendes Hausrecht erlasse. In tatsächlicher Hinsicht lasse die Unterbringung in Mehrbettzimmern gemeinsam mit Personen, die in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis stünden und deren Zusammensetzung sich jederzeit ändern könne, keine ansatzweise qualitativ bemerkenswerte Privatsphäre zu.
24 
Bei der Abschiebemaßnahme vom 20.06.2018 habe unabhängig von der Einordnung des Zimmers als Wohnung jedenfalls keine Durchsuchung stattgefunden. Kennzeichnend für eine Durchsuchung sei die Absicht, etwas nicht klar zu Tage Liegendes aufzudecken oder ein Geheimnis zu lüften. Die beim Betreten von Wohnungen unvermeidliche Kenntnisnahme von Personen führe deshalb noch nicht zu einer Durchsuchung. Die in Teilen der Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung, dass jedes Betreten einer Wohnung als Durchsuchung zu werten sei, wenn durch Behördenmitarbeiter weitere Handlungen vorgenommen werden sollten, sei zu weitgehend, weil dann den in vielen Gesetzen vorgesehenen Betretungsbefugnissen, wie sie etwa in § 58 Abs. 5 AufenthG geregelt seien, kein Anwendungsbereich verbleibe. Davon ausgehend habe am 20.06.2018 keine Durchsuchung stattgefunden, da der Kläger nicht in seinem Zimmer, sondern auf dem Gang angetroffen worden sei und die Beamten das Zimmer dann in seiner Begleitung betreten hätten, damit er seine Sachen habe packen können. Insbesondere habe allein das (vorangehende) Klopfen und Öffnen der Tür den Durchsuchungsbegriff nicht erfüllt. Die am 20.06.2018 ergriffenen Maßnahmen seien auch zutreffend auf das Verwaltungsvollstreckungsrecht gestützt und verhältnismäßig gewesen.
25 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 28.03.2022 den Kläger angehört und die Zeugen PHK W..., PK E... und EPHK B... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Verhandlung Bezug genommen.
26 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (2 Bd.), des Polizeipräsidiums A... (2 Ordner), des Land- und des Amtsgerichts E... (1 Bd. mit Beiordner), des Verwaltungsgerichts (2 Bd.) sowie auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Soweit der Kläger seine Berufung in der mündlichen Verhandlung mit Einwilligung des Beklagten (vgl. § 126 Abs. 1 Satz 2 VwGO) zurückgenommen hat, bewirkt das in diesem Umfang den Verlust des Rechtsmittels (§ 126 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Das Berufungsverfahren war insoweit zur Klarstellung deklaratorisch einzustellen (vgl. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).Im Übrigen ist die Berufung zulässig (A.), aber nicht begründet (B.).
28 
A. Die Berufung ist in dem nach der erfolgten Teilrücknahme anhängig gebliebenen Umfang zulässig.
29 
Sie ist nach der durch das Verwaltungsgericht erfolgten Zulassung statthaft (§ 124 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat in Bezug auf den zuletzt nur noch anhängigen Streitgegenstand auch die Frist- und Begründungsanforderungen aus § 124a Abs. 2 und 3 VwGO erfüllt. Er hat die Berufung nach der am 11.03.2021 erfolgten Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils am 08.04.2021 fristgerecht eingelegt (vgl. § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO). Er hat innerhalb der gemäß § 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO bis zum 11.06.2021 verlängerten Begründungsfrist mit dem innerhalb dieser Frist allein eingereichten Schriftsatz vom 11.05.2021 auch einen im Sinne von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO hinreichend bestimmten Berufungsantrag gestellt (I.) und die Berufung in Bezug auf den noch anhängigen Streitgegenstand ausreichend begründet (II.).
30 
I. Zu dem von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO geforderten Berufungsantrag gehören der Rechtsmittelantrag - also der Antrag auf Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Urteils - sowie der Sachantrag zu der Frage, inwieweit das ursprüngliche materielle Klagebegehren in der Berufungsinstanz weiterverfolgt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.10.2020 - 5 S 2617/19 - RdL 2021, 150; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 124a Rn. 25; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 124a Rn. 87). § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt mit dem Erfordernis eines „bestimmten Antrags“ allerdings nicht, dass ein ausdrücklicher Berufungsantrag gestellt wird. Dem Antragserfordernis wird regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung des zugelassenen Berufungsverfahrens festhalten will (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.09.2011 - 3 B 56.11 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2015 - 10 S 96/13 - MedR 2016, 453). An diesen Maßstäben gemessen, hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 11.05.2021 einen ausreichenden Berufungsantrag gestellt. Ausdrücklich hat er darin zwar nur einen Rechtsmittelantrag formuliert („das Urteil […] aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde“). Bei der gebotenen Berücksichtigung der übrigen Ausführungen in dem Schriftsatz ergibt die sachdienliche Auslegung (vgl. § 125 Abs. 1, § 88 VwGO) aber, dass er implizit auch einen Sachantrag gestellt hat. Denn er hat darin inhaltlich zum Ausdruck gebracht, dass er mit seinem Berufungsantrag (damals noch) sein erstinstanzliches, insoweit vom Verwaltungsgericht abgewiesenes Begehren weiterverfolgen wollte, festzustellen, dass auch die durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten am 20.06.2018 durchgeführten Maßnahmen „Betreten des klägerischen Zimmers“, „Durchsuchung des Klägers“, „Einsatz körperlicher Gewalt“, „liegender Transport“ und „zeitweise Fesselung mit Hand- und Fußschellen“ rechtswidrig gewesen sind.
31 
II. Den so ausgelegten Berufungsantrag hat der Kläger durch seine in der mündlichen Verhandlung erklärte teilweise Rücknahme der Berufung dahingehend beschränkt, dass er zuletzt noch begehrt, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und festzustellen, dass auch die durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten gegenüber ihm (dem Kläger) am 20.06.2018 im Rahmen seiner Abschiebung durchgeführten Maßnahme „Betreten des klägerischen Zimmers“ rechtswidrig gewesen ist. In Bezug auf diesen verbleibenden Streitgegenstand hat der Kläger seinen Berufungsantrag innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in einer § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügende Weise begründet. Die nach dieser Vorschrift gebotene Anführung der Berufungsgründe erfordert, dass die Begründung der Berufung substantiiert und konkret auf den Streitfall und die tragenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zugeschnitten ist. Sie muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür muss er zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.02.2018 - 1 B 1.18 - juris, m.w.N.; Senat, Urt. v. 13.02.2018 - 1 S 1468/17 - juris, und v. 21.07.2017 - 1 S 1240/16 - VBlBW 2017, 338). Diesen Anforderungen hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 11.05.2021 in Bezug auf den im Berufungsverfahren zuletzt (nur) noch gestellten Sachantrag entsprochen. Denn er hat sich in dem Schriftsatz vom 11.05.2021 mit den insoweit entscheidungstragenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zur Frage der Einordnung eines LEA-Zimmers als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG und § 6 Abs. 2 LVwVG eingehend auseinandergesetzt.
32 
B. Die Berufung ist aber nicht begründet.
33 
Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsklage in Bezug auf die im Rahmen der am 20.06.2018 erfolgten Abschiebung des Klägers durchgeführte Maßnahme „Betreten des klägerischen Zimmers“ im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist insoweit zulässig, aber unbegründet.
34 
Das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des dem Kläger damals in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmers war rechtmäßig. Es war als Teil einer spezialgesetzlich geregelten Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung gemessen an den hierfür im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Vorschriften (I.), deren allgemeine Voraussetzungen vorlagen (II.), ohne vorherige richterliche Durchsuchungsanordnung zulässig (III.) und wurde auch im Übrigen rechtsfehlerfrei durchgeführt (IV.).
35 
I. Die Rechtsgrundlage für das Betreten des Zimmers des Klägers bildeten § 34a AsylG, § 58 AufenthG i.V.m. § 49 Abs. 1 PolG und § 1 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 2 und 3, §§ 5 bis 9 LVwVG sowie § 8 AAZuVO in den am 20.06.2018 geltenden Fassungen. Zu Unrecht macht der Kläger mit der Berufung geltend, das Verwaltungsvollstreckungsrecht biete für die Abschiebung und insbesondere das Betreten seines Zimmers keine geeignete gesetzliche Grundlage.
36 
Ein Ausländer ist gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Nähere Maßgaben hierzu treffen das Aufenthaltsgesetz und gegebenenfalls das Asylgesetz, insbesondere § 34a AsylG für den Fall der Abschiebung eines Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. der dort zitierten sog. Dublin III-Verordnung).
37 
Bei einer Abschiebung im Sinne des Aufenthalts- und des Asylgesetzes handelt es sich um eine spezialgesetzlich geregelte Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung in der Form der Ausübung unmittelbaren Zwangs (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265; Gordzielik, in: Huber/Mantel, AufenthG/AsylG, 3. Aufl., § 58 AufenthG Rn. 2; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.01.1999 - 9 S 3097/98 - VBlBW 1999, 190; BT-Drs. 10/10706, S. 14; Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl., § 58 AufenthG Rn. 2; Hailbronner/Fritzsch, in: Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Okt. 2021, § 58 AufenthG Rn. 6; Albracht/Naujoks, NVwZ 1986, 26; Meyer, NVwZ 1988, 206 <214>; Kluth, in: Kluth/Heusch, BeckOK ausländerrecht, 31. Ed., § 58 AufenthG § 58 Rn. 5). Die Abschiebung ist ein Realakt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.2018 - 1 C 21.17 - juris; Hocks, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl., § 58 AufenthG Rn. 1 m.w.N.) und dient der zwangsweisen Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht eines Ausländers, indem dieser aus dem Bundesgebiet entfernt wird (Gordzielik, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 2; Fleuß, in: Heusch u.a., Asylrecht in der Praxis, 2. Aufl., Rn. 775).
38 
Mit der Abschiebung wird zwar grundsätzlich - und insoweit abweichend von allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Grundsätzen (vgl. insoweit § 2 LVwVG) - auch beim Vorliegen einer Abschiebungsanordnung (vgl. Hailbronner/Fritzsch, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 2 ff., 7) kein Verwaltungsakt vollstreckt, sondern unmittelbar eine gesetzliche, nicht vertretbare Handlungspflicht - die Ausreisepflicht - durchgesetzt, für die ein Verwaltungsakt in der Regel allenfalls mittelbar eine Rolle spielen kann (vgl. HessVGH, Urt. v. 21.06.2018 - 3 A 2411/16 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl v. 20.6.2016 - 11 S 914/16 - juris; Dollinger, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 2; vgl. zu Einordnung der Abschiebungsanordnung als eine [nur] der Festsetzung entsprechende Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung Albracht/Naujoks, NVwZ 1986, 26 <28> m.w.N.). Gleichwohl finden auch auf die Durchführung der Abschiebung grundsätzlich die landesrechtlichen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts Anwendung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 LVwVG; dazu, dass diese Vorschrift den Anwendungsbereich des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes auf die Vollstreckung von nicht durch Verwaltungsakte geregelten Pflichten erstreckt, LT-Drs. 10/4374, S. 20; zum insoweit entsprechenden Landesrecht anderer Bundesländer OVG Bremen Beschl. v. 18.02.2020 - 2 S 43/20 - NVwZ-RR 2020, 660, v. 30.09.2019 - 2 S 262/19 - juris, und v. Beschl. v. 05.08.2019 - 2 F 211/19 - juris, m.w.N.; HambOVG, Ur. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - juris; Gordzielik, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 3 m.w.N.; Kluth, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 7 m.w.N.; Albracht/Naujoks, NVwZ 1986, 26 <27 f.> m.w.N.). Das Vollstreckungsrecht des Landes kommt nur dann nicht zum Tragen, wenn und soweit das Aufenthaltsgesetz oder gegebenenfalls das Asylgesetz spezialgesetzliche Regelungen enthalten (vgl. Gordzielik, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 26, 40; Hailbronner/Fritzsch, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 3; BT-Drs. 19/10706, S. 14).
39 
In zeitlicher Hinsicht ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Durchführung maßgeblich (vgl. Senat, Urt. v. 03.05.2021 - 1 S 512/19 - VBlBW 2022, 16, zum Vollstreckungskostenrecht; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.09.2021 - 6 S 124/19 - juris, allg. zum Vollstreckungsrecht; BayVGH, Beschl. v. 30.07.2018 - 10 CE 18.769 - BayVBl. 2019, 450, zur Abschiebung).
40 
Von diesen Grundsätzen ausgehend, bildeten im vorliegenden Fall § 34a AsylG, § 58 AufenthG i.V.m. § 49 Abs. 1 PolG und § 1 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 2 und 3, §§ 5 bis 9 LVwVG sowie § 8 AAZuVO in den am 20.06.2018 geltenden Fassungen die Rechtsgrundlage für die im Rahmen der Abschiebung des Klägers ergriffenen vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen.
41 
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 6 AAZuVO ist in Baden-Württemberg für Maßnahmen und Entscheidungen zur Beendigung des Aufenthalts von - wie hier - abgelehnten Asylbewerbern einschließlich der Organisation der Abschiebung das Regierungspräsidium Karlsruhe landesweit zuständig. Das Regierungspräsidium handelt insoweit als Vollstreckungsbehörde (vgl. § 4 Abs. 2 LVwVG), die andere Behörden um Vollstreckungshilfe ersuchen kann (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 LVwVG). Richtet das Regierungspräsidium ein solches Ersuchen an eine Behörde des Polizeivollzugsdienstes des Landes - wie hier mit an das Polizeipräsidium Aalen gerichtetem Vollstreckungsauftrag vom 26.04.2018 geschehen -, wird diese Behörde im Wege der Amtshilfe (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 LVwVG i.V.m. §§ 4 bis 8 LVwVfG) in der Gestalt von Vollstreckungshilfe tätig, die eine Unterform der Vollzugshilfe im Sinne von § 60 Abs. 5 PolG a.F. darstellt (vgl. zu Abschiebungen Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl., § 60 Rn. 17; allg. zur Anwendung unmittelbaren Zwangs Senat, Beschl. v. 03.05.2021 - 1 S 1024/21 - juris; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl., § 60 Rn. 15, zum unmittelbaren Zwang und Durchsuchungen; wohl tlw. a.A. zum dortigen Landesrecht OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019, a.a.O.: Da bei der Abschiebung kein Verwaltungsakt vollstreckt werde, komme es auf die „Rechtmäßigkeit einer Amtshilfe nach §§ 4 ff. BremVwVfG“ nicht an.).
42 
Die Rechtmäßigkeit der Vollzugshandlung selbst ist nach dem Recht zu beurteilen, das für den Polizeivollzugsdienst gilt (vgl. Stephan/Deger, a.a.O., § 60 Rn. 17). Erfolgt der Vollzug - wie hier geschehen - durch die Anwendung von Polizeizwang, bilden die Vorschriften des Polizeigesetzes zum Polizeizwang - im Jahr 2018 die §§ 49 ff. PolG vom 13.01.1992 in der Fassung vom 28.11.2017, die von hier nicht interessierenden Änderungen abgesehen im Wesentlichen bis zum 31.12.2019 galten (PolG a.F., im Folgenden nur noch: PolG) - und nach Maßgabe von § 49 Abs. 1 PolG das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz vom 12.03.1974 in der seither unveränderten Fassung vom 23.02.2017 den Maßstab (vgl. Stephan/Deger ebd.). Hierbei ist der Polizeivollzugsdienst grundsätzlich nur für die Art und Weise der Durchführung der Maßnahmen verantwortlich, nicht hingegen für die Recht- und Zweckmäßigkeit der Maßnahme, die vollzogen werden soll und für die der ersuchenden Behörde, die Herrin des Verfahrens bleibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.01.2021 - 3 S 4271/20 - juris), die Verantwortung zukommt (vgl. § 7 LVwVfG; Stephan/Deger, a.a.O., § 60 Rn. 17; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl., § 60 Rn. 18).
43 
Diesen landesrechtlichen Vorschriften vorgehende, spezialgesetzliche Regelungen enthielt das Bundesrecht im maßgeblichen Zeitpunkt am 20.06.2018 abgesehen von den Maßgaben des § 34a AsylG nicht. Insbesondere wurden die Vorschriften über das Festhalten von Personen und die Durchsuchung von Wohnungen zum Zwecke der Abschiebung in § 58 Abs. 4 bis 9 AufenthG n.F. erst durch das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.08.2019 (BGBl. I S. 1294) mit Wirkung vom 21.08.2019 und damit nach der im vorliegenden Fall streitbefangenen Abschiebung vom 20.06.2018 in das Aufenthaltsgesetz eingefügt (vgl. zu dem nach Ansicht des Bundesgesetzgebers wegen Regelungslücken vor allem im Berliner Landesverwaltungsvollstreckungsrecht damals bestehenden Regelungsbedarf, BT-Drs. 19/10706, S. 14, und OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 19.02.2018 - OVG 6 L 14.18 - juris).
44 
Auf die vorstehenden verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Rechtsgrundlagen hat sich bei der Abschiebung am 20.06.2018 auch der Beklagte der Sache nach gestützt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat in seinem Vollstreckungsauftrag vom 26.04.2018 zur Abschiebung des Klägers ausdrücklich auf § 58 AufenthG, §§ 9, 26 LVwVG und §§ 50 ff. PolG in den damals geltenden Fassungen verwiesen (vgl. a.a.O., S. 2 = Bl. 2 der Verwaltungsakte des Polizeipräsidiums Aalen - Az. RuD 639/18, Ordner „Abschiebung“).
45 
II. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen im Zeitpunkt des Vollzugs der Abschiebung am 20.06.2018 vor.
46 
1. Eines vollstreckungsfähigen (unanfechtbaren oder sofort vollziehbaren) Grundverwaltungsakts im Sinne von § 2 LVwVG bedurfte es für die Vollstreckung der Abschiebung aus den oben (unter I.) genannten Gründen nicht, da die insoweit spezialgesetzlich ausgestaltete Abschiebung unmittelbar der Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht dient. Keiner Entscheidung bedarf es, ob die Rechtmäßigkeit einer vom Polizeivollzugsdienst im Wege der Vollstreckungshilfe durchgeführten Maßnahmen (stattdessen) vom Bestehen der gesetzlichen Ausreisepflicht abhängt oder ob diese Frage alleine für die Rechtmäßigkeit der von der Vollstreckungsbehörde (hier des Regierungspräsidiums Karlsruhe) zu verantwortenden Entscheidung über das Ob der Maßnahme (Abschiebung) von Belang ist. Denn es steht fest, dass der Kläger am 20.06.2018 von Gesetzes wegen zur Ausreise verpflichtet war. Mit dem Eintritt der Bestandskraft der gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG verfügten Abschiebungsanordnung im Bescheid des BAMF vom 14.03.2018 erlosch am 28.03.2018 seine Aufenthaltsgestattung (vgl. § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1 und 2 AufenthG i.V.m. § 34a, § 55 Abs. 1 Satz 1, § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AsylG).
47 
2. Das Polizeipräsidium Aalen war für die Vollstreckung der Abschiebung aufgrund des Vollstreckungsersuchens des dafür als Vollstreckungsbehörde, wie gezeigt, zuständigen Regierungspräsidiums Karlsruhe als um Vollstreckungshilfe (Vollzugshilfe) ersuchte Behörde des Polizeivollzugsdienstes zuständig (vgl. § 4 Abs. 3 LVwVG i.V.m. § 51, 60 Abs. 5 PolG a.F.; näher oben unter I.).
48 
3. Der nach § 5 LVwVG erforderliche Vollstreckungsauftrag (vgl. näher dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.01.2021 - 3 S 4271/20 - NVwZ-RR 2021, 441) lag mit dem Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.04.2018 vor.
49 
4. Der Zweck der Vollstreckung war, wie von § 11 LVwVG vorausgesetzt, am 20.06.2018 zu Beginn der Maßnahme noch nicht erreicht, aber durch die Anwendung von Vollstreckungsmitteln noch erreichbar (vgl. näher dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.01.2021, a.a.O.).
50 
III. Das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des dem Kläger damals in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmers war gemäß § 6 Abs. 1 und 2 LVwVG ohne vorherige richterliche Anordnung zulässig.
51 
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 LVwVG ist der Vollstreckungsbeamte befugt, das Besitztum des Pflichtigen zu betreten und zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Er kann dabei verschlossene Räume und Behältnisse öffnen oder öffnen lassen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 LVwVG). Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann er Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges befriedetes Besitztum gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Eine Anordnung des Verwaltungsgerichts ist nicht erforderlich, wenn die dadurch eintretende Verzögerung den Zweck der Vollstreckung gefährden würde (§ 6 Abs. 2 Satz 2 LVwVG).
52 
Mit diesen Vorschriften war das Handeln der Beamten des Polizeivollzugsdienstes des Beklagten bei der Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 vereinbar. Bei dem ihm in der LEA damals zugewiesenen Zimmer handelte es sich zwar um eine „Wohnung“ im Sinne von § 6 Abs. 2 LVwVG (1.). Die Beamten haben diese Wohnung aber nicht im Sinne dieser Vorschrift „durchsucht“, sondern lediglich im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 LVwVG „betreten“ (2.).
53 
1. Das dem Kläger in der LEA bis zum 20.06.2018 zugewiesene Zimmer war eine „Wohnung“ im Sinne von § 6 Abs. 2 LVwVG.
54 
Mit den Vorschriften in § 6 Abs. 2 LVwVG wollte der Landesgesetzgeber Art. 13 Abs. 1 GG, wonach die Wohnung unverletzlich ist, und Art. 13 Abs. 2 GG, wonach Durchsuchungen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden dürfen, Rechnung tragen (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung vom 20.07.1973 für ein Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz, LT-Drs. 6/2990, S. 19; Senat, Beschl. v. 01.06.2005 - 1 S 499/05 - VBlBW 2005, 386, und v. 04.03.1991 - 1 S 429/91 - VBlBW 1991, 591; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.04.2021 - 6 S 4129/20 - juris, und v. 26.01.2021 - 3 S 4271/20 - juris). Der Begriff der „Wohnung“ in § 6 Abs. 2 LVwVG entspricht daher demjenigen aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG.
55 
Ausgehend von dem personellen (a) und sachlichen (b) Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG und unter Berücksichtigung der Schrankenregelung des Art. 13 Abs. 2 bis 7 GG (c) sowie der gesetzlichen Vorgaben für die Erstaufnahme von Asylbewerbern (d), ist die aktuell umstrittene Frage, ob Unterkünfte der Flüchtlingsunterbringung in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fallen, in Bezug auf das dem Kläger 2018 in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmer dahin zu beantworten, dass dieses Zimmer eine „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG darstellte (e).
56 
a) Wer Träger des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG ist, entscheidet sich nicht danach wer Eigentümer, sondern grundsätzlich danach, wer Nutzungsberechtigter der im jeweiligen Einzelfall betroffenen Wohnung ist (BVerfG, Beschl. v. 27.06.2018 - 2 BvR 1562/17 - NJW 2018, 2395, m.w.N.; s. auch BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.). Vom personellen Schutzbereich erfasst ist daher jeder berechtigte Bewohner, unabhängig davon, auf welchem Rechtsverhältnis die Nutzung der Wohnung beruht (vgl. Papier, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 95. Erg.-Lfg., Art. 13 Rn. 12; Jarass, in: dems./Kment, GG, 16. Aufl., Art. 13 Rn. 6; Gornig, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 13 Rn. 27).
57 
b) Der Begriff der „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG ist mit Blick auf Entstehungsgeschichte und Schutzzweck der Norm weit auszulegen und geht über das umgangssprachliche Begriffsverständnis hinaus (vgl. BVerfG, Urt. v. 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98 u.a. - BVerfGE 109, 279; Urt. v. 17.02.1998 - 1 BvF 1/91 - BVerfGE 97, 228; Beschl. v. 13.10.1971 - 1 BvR 280/66 - BVerfGE 32, 54; BVerwG, Urt. v. 25.08.2004 - 6 C 26.03 - BVerwGE 121, 345; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992 - NVwZ 1993, 388; BGH, Urt. v. 10.08.2005 - 1 StR 140/05 - BGHSt 50, 206). Art. 13 Abs. 1 GG verbürgt dem Einzelnen mit Blick auf die Menschenwürde sowie im Interesse der Entfaltung der Persönlichkeit einen elementaren Lebensraum, in den nur unter den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 bis 7 GG eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE, Beschl. v. 16.06.2015 - 2 BvR 2718/10 u.a. - BVerfGE 139, 245; Urt. v. 27.02.2008, a.a.O.; Beschl. v. 26.05.1993 - 1 BvR 208/93 - BVerfGE 89, 1). Die Unverletzlichkeit der Wohnung hat einen engen Bezug zur Menschenwürde und steht zugleich im nahen Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Gebot unbedingter Achtung einer Sphäre des Bürgers für eine ausschließlich private, „höchstpersönliche“ Entfaltung (vgl. BVerfG, Urt. v. 03.03.2004, a.a.O.). Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht. In diese sollen der Staat oder von ihm ermächtigte Dritte grundsätzlich nicht gegen den Willen der Bewohner eindringen dürfen (BVerfG, Urt. v. 17.02.1998, a.a.O.). Schutzgut ist demnach die räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet (BVerfGE, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. - BVerfGE 120, 274). Art. 13 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, in den geschützten Räumen „in Ruhe gelassen zu werden“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.03.2019 - 2 BvR 675/14 - BVerfGE 151, 67; Urt. v. 03.03.2004, a.a.O.; Beschl. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142; Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 1, m.w.N.).
58 
Der Begriff der Wohnung im Sinne des Art. 13 GG umfasst davon ausgehend neben der Wohnung im engeren, umgangssprachlichen Sinn jeden Raum, den ein Mensch der allgemeinen Zugänglichkeit entzieht und - auch nur vorübergehend - zur Stätte seines Lebens und Wirkens bestimmt (vgl. Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 10; Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 1; jeweils m.w.N.). Dabei sind an die Zweckbestimmung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Sie kann durch Mauern oder Zäune oder sonstige Zeichen, die das private, d.h. nicht allgemein Zugängliche deutlich machen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992 - NVwZ 1993, 388; ähnl. BGH, Urt. v. 24.07.1998 - 3 StR 78/98 - BGHSt 44, 138, m.w.N.), oder durch sonstiges Verhalten konkludent kundgetan werden (vgl. Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 14 f.: zum Beispiel durch Schilder). Maßgeblich ist die nach außen erkennbare Zweckbestimmung des Nutzungsberechtigten (BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.).
59 
In den Schutzbereich des Grundrechts fallen daher beispielsweise auch unmittelbar an Wohnräume im engeren Sinne angrenzende, als Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung ausgewiesene befriedete Bereiche wie ein Hof, Garten oder Spielplatz (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992 - NVwZ 1993, 388; Wolff, in: Hömig/Wolff, GG. 13. Aufl., Art. 13 Rn. 5 m.w.N.). Erfasst sind ferner Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (stRspr, vgl. grdl. BVerfG, Beschl. v. 13.10.1971, a.a.O.; krit. Kühne, in: Sachs, GG, 9. Aufl., Art. 13 Rn. 4, m.w.N.), wobei zu den geschützten Räumlichkeiten auch diejenigen Teile der Betriebsräume gehören, die der Hausrechtsinhaber aus eigenem Entschluss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O., m.w.N.). Als Wohnung im Sinne von Art. 13 GG sind ferner „Räume der Freizeit, Räume der Mobilität“ und „kultusbezogene“ sowie „der sozialen Beratung“ zuzuordnende Räume anzusehen, wenn sie die Privatheit der Lebensgestaltung ermöglichen, denn deren Schutz soll, wie gezeigt, durch diese Vorschrift umfassend gewährleistet werden (BGH, Urt. v. 10.08.2005 - 1 StR 140/05 - BGHSt 50, 206, m.w.N.). Dazu zählen etwa, sofern sie wie Privaträume genutzt werden, Gartenhäuser, Hotelzimmer, Wohnwagen, Wohnmobile, bewohnbare Schiffe, Zelte, ferner Personalaufenthaltsräume, Arbeitshallen und Werkstätten (vgl. BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O., und Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.; zu einem im Rahmen einer „Wagenburg“ genutzten Wohn- und Bauwagen auch Senat, Beschl. v. 15.04.1997 - 1 S 2446/96 - VBlBW 1997, 349) sowie Schlafwagenabteile (BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O.; ebenso Gornig, der aber „Liegewagenabteile“ als nicht mehr erfasst ansieht, vgl. a.a.O., Art. 13 Rn. 18, 21 m.w.N.). Ebenfalls in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fallen Krankenzimmer, selbst wenn diese Räumlichkeiten nur zu bestimmten Zwecken der Unterbringung und nur vorübergehend überlassen werden. Zwar mag bei Krankenzimmern wie bei Geschäftsräumen nicht der volle Schutz des Art. 13 GG zugunsten der Wahrung der räumlichen Privatsphäre gelten wie bei der Wohnung im engeren Sinne, weil den Krankenhausärzten und dem übrigen Krankenhauspersonal aufgrund ihres Heil- und Betreuungsauftrages Betretungs-, Überwachungs- und Kontrollbefugnisse zustehen. Diese Rechte heben jedoch den Privatcharakter des Krankenzimmers nicht auf (BGH, Urt. v. 10.08.2005 - 1 StR 140/05 - BGHSt 50, 206, m.w.N.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 5; Kluckert, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, GG, 49. Ed., Art. 13 Rn. 2; Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 18; vgl. zu dem abgestuften Schutz von Art. 13 GG bei Geschäftsräumen und dergleichen grdl. BVerfG, Beschl. v. 13.10.1971, a.a.O., und näher noch sogleich). Auch Zimmer in Studentenwohnheimen oder Altersheimen fallen in den Schutzbereich (Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 4 m.w.N.). Das Gleiche gilt für zur Behebung von Obdachlosigkeit zugewiesene Notunterkünfte (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 08.02.1989 - 6 S 150/88 - NVwZ-RR 1990, 194) jedenfalls dann, wenn es sich dabei um zur alleinigen Nutzung zugewiesene Räumlichkeiten handelt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 26.10.1990 - 4 TH 1480/90 - ESVGH 41, 314).
60 
Nicht vom Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG umfasst sind dagegen zum Beispiel im Rahmen des Üblichen zur Fortbewegung genutzte Personenkraftwagen (vgl. BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O., und v. 24.07.1998, a.a.O., m.w.N.), Strandkörbe und Telefonzellen (Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 20). Gleiches gilt für Hafträume einer Justizvollzugsanstalt, weil Anstaltsmitarbeiter Hafträume jederzeit unabhängig vom Einverständnis der dort untergebrachten Gefangenen zu betreten befugt sind (vgl. BVerfGE Beschl. v. 30.05.1996 - 2 BvR 727/94 u.a. - NJW 1996, 2643). Ebenfalls nicht erfasst sind Besucherräume in einer Untersuchungshaftvollzugsanstalt. Denn diese gewähren dem Gefangenen keine Privatsphäre, wie sie der Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG voraussetzt. Das Recht des Einzelnen, in Ruhe gelassen zu werden, wird einem Gefangenen unter den besonderen Bedingungen des Untersuchungshaftvollzugs in einem Besucherraum nur in erheblich beschränktem Umfang gewährleistet; eine räumliche Privatsphäre ist dort noch weniger garantiert als in einem Haftraum (BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.). Umstritten und in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist, ob Unterkunftsräume von Soldaten oder Polizeibeamten als Wohnung im Sinne des Art. 13 GG anzusehen sind (offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 10.03.2009 - 2 WBD 3.08 - BVerwGE 133, 231, m.w.N. zum Meinungsstand; abl. BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 5; Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 10).
61 
Nicht von Art. 13 Abs. 1 GG geschützt ist in allen Konstellation das Besitzrecht an einer bestehenden Wohnung oder der Wunsch nach einer solchen. Art. 13 Abs. 1 GG schützt nicht das Interesse, eine bestimmte Wohnung zum Lebensmittelpunkt zu machen und sie hierfür zu behalten. Der Schutz der Wohnung nach Art. 13 GG soll vielmehr, wie oben gezeigt, Störungen vom privaten Leben fernhalten (vgl. BVerfGE, Beschl. v. 26.05.1993 - 1 BvR 208/93 - BVerfGE 89, 1; BSG, Urt. v. 24.07.2003 - B 3 P 4/02 R -, BSGE 91, 174; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 6; Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, 84. Lfg., Art. 13 Rn. 13; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 14. Aufl., Art. 13 Rn. 7).
62 
c) Die Weite des Wohnungsbegriffs in Absatz 1 des Art. 13 GG hat Auswirkungen auf die Auslegung der Schrankenregelungen in den Absätzen 2 ff., in deren gesetzessystematischem Zusammenhang jene Vorschrift steht.
63 
Nach Art. 13 Abs. 2 GG dürfen Durchsuchungen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. Die Absätze 3 bis 6 des Art. 13 GG enthalten spezialgesetzliche Vorgaben für die - im vorliegenden Fall nicht relevante - technische Wohnraumüberwachung. Nach Art. 13 Abs. 7 GG dürfen Eingriffe und Beschränkungen im Übrigen - d.h. außerhalb der Anwendungsbereiche der Absätze 2 bis 6 (näher zum Verhältnis der Absätze 2 bis 7 Kluckert, a.a.O., Art. 13 Rn. 24 ff.; krit. und teils a.A. Kühne, a.a.O., Art. 13 Rn. 25 ff.) - nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
64 
Die Weite des Wohnungsbegriffs hat zur Folge, dass an die Zulässigkeit von Eingriffen und Beschränkungen im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG je nach der Nähe der Örtlichkeiten zur räumlichen Privatsphäre unterschiedlich hohe Anforderungen gestellt werden. Während bei Räumen, in denen sich das Privatleben im engeren Sinn abspielt, das Schutzbedürfnis am größten ist und der Schutzzweck des Grundrechts daher in vollem Umfang durchgreift, wird das Schutzbedürfnis beispielsweise bei reinen Betriebs-, Geschäfts- oder Arbeitsräumen durch den Zweck gemindert, den sie nach dem Willen des Inhabers besitzen. Je größer ihre Offenheit nach außen ist und je mehr sie zur Aufnahme sozialer Kontakte für Dritte bestimmt sind, desto schwächer wird der grundrechtliche Schutz. Nach diesen Grundsätzen stellen zum Beispiel Rechte zum Betreten von Betriebsräumen keine „Eingriffe und Beschränkungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG dar und verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG, wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten ermächtigt, das Betreten einem erlaubten Zweck dient und für dessen Erreichung erforderlich ist, das Gesetz Zweck, Gegenstand und Umfang des Betretens erkennen lässt und das Betreten auf Zeiten beschränkt wird, in denen die Räume normalerweise für die betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.02.1998 - 1 BvF 1/91 - BVerfGE 97, 228, und Beschl. v. 13.10.1971, a.a.O.; Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 15 ff., 20; Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 10a; Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 26; Hofmann, a.a.O., Art. 13 Rn. 8; zum Gesetzesvorbehalt für Betretensrechte auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992, a.a.O. ; jeweils m.w.N.).
65 
d) Für die Entscheidung, ob ausgehend von den vorstehenden Maßstäben Räume der Flüchtlingsunterbringung als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG einzuordnen sind und welchen Schutz ihnen Art. 13 Abs. 2 und 7 GG konkret vermittelt, ist der unions-, bundes- und landesgesetzliche Rahmen zu berücksichtigen, innerhalb dessen die Flüchtlingsunterbringung erfolgt.
66 
Unionsrechtliche Maßgaben enthält die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU. Diese Richtlinie beansprucht Anwendung „in allen Räumlichkeiten und Einrichtungen für die Unterbringung von Antragstellern (auf internationalen Schutz) und so lange, wie sie als Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bleiben dürfen“ (Erwägungsgrund 8). Sie beruht auf der Erwägung, dass „Normen für die Aufnahme von Antragstellern festgelegt werden (sollten), die diesen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und vergleichbare Lebensbedingungen in allen Mitgliedstaaten gewährleisten.“ Nach Art. 7 Abs. 1 AufnRL dürfen sich Antragsteller grundsätzlich „im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats oder in einem ihnen von diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Gebiet frei bewegen. Das zugewiesene Gebiet darf die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigen und muss hinreichenden Raum dafür bieten, dass Gewähr für eine Inanspruchnahme aller Vorteile aus dieser Richtlinie gegeben ist.“ Die Vorgabe, dass Maßnahmen der Mitgliedstaaten „die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigen“ dürfen, gilt jedenfalls für Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die sich - wie z.B. Meldeauflagen - nicht als „Haft“ im Sinne von Art. 8 AufnRL darstellen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AufnRL und dazu EuGH, Urt. v. 14.05.2020 - C-924/19 PPU u.a. - EuGRZ 2020, 546, Rn. 222). Nach Artikel 17 (Allgemeine Bestimmungen zu materiellen Leistungen im Rahmen der Aufnahme und zur medizinischen Versorgung) sorgen die Mitgliedstaaten dafür, „dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleistet“ (Art. 17 Abs. 2 UAbs. 1 AufnRL). Gemäß Artikel 18 (Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen) sollte, sofern die Unterbringung als Sachleistung erfolgt, „eine der folgenden Unterbringungsmöglichkeiten oder eine Kombination davon gewählt werden: (a) Räumlichkeiten zur Unterbringung von Antragstellern für die Dauer der Prüfung eines an der Grenze oder in Transitzonen gestellten Antrags auf internationalen Schutz; (b) Unterbringungszentren, die einen angemessenen Lebensstandard gewährleisten; (c) Privathäuser, Wohnungen, Hotels oder andere für die Unterbringung von Antragstellern geeignete Räumlichkeiten.“ (Art. 18 Abs. 1 AufnRL). Bei der Unterbringung der Antragsteller in den in Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Unterkünften „berücksichtigen die Mitgliedstaaten geschlechts- und altersspezifische Aspekte sowie die Situation von schutzbedürftigen Personen“ (Art. 18 Abs. 1 AufnRL).
67 
Der Umsetzung der vorgenannten Richtlinie dient auf der Ebene des Bundesrechts insbesondere das Asylgesetz (vgl. den Verweis in der Präambel dieses Gesetzes auf die Vorgänger-Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 ). Nach § 44 Abs. 1 AsylG sind die Länder verpflichtet, für die Unterbringung Asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten sowie entsprechend ihrer Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylbegehrender in den Aufnahmeeinrichtungen notwendige Zahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen. Volljährige Ausländer, die den Asylantrag - wie in der Regel und so auch im vorliegenden Fall - bei einer Außenstelle des Bundesamtes zu stellen haben (§ 14 Abs. 1 AsylG), sind gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, bis zur Entscheidung des BAMF über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung, längstens jedoch bis zu 18 Monate „in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen“ (nach § 47 Abs. 1 AsylG in der während der Unterbringung des Klägers maßgeblichen Fassung vom 20.07.2017 : „bis zu sechs Wochen, längstens jedoch bis zu sechs Monate“). Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, ist der Ausländer verpflichtet, für die zuständigen Behörden und Gerichte erreichbar zu sein (§ 47 Abs. 3 AsylG n.F./a.F.). Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden (§ 53 Abs. 1 Satz 1 AsylG n.F./a.F.).
68 
Mit § 47 AsylG hat der Bundesgesetzgeber die Aufnahmepflicht der Länder aus §§ 44 ff. AsylG für die Phase der Erstaufnahme in eine Wohnverpflichtung umgesetzt, die den Ausländer ungeachtet der insoweit ungenauen Überschrift („Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen“) ausweislich des Wortlauts der Absätze 1 und 3 aus ordnungspolitischen Gründen, nämlich zur Beschleunigung des Asylverfahrens und ggf. zu einer effektiveren Durchsetzung der Ausreisepflicht (vgl. Giesler, in: Huber/Mantel, AufenhG/AsylG, 3. Aufl., § 47 Rn. 1, m.w.N.; s. ferner Art. 7 Abs. 2 AufnRL), nicht lediglich zum allgemeinen Aufenthalt in der Unterkunft, sondern zum Wohnen und zur Erreichbarkeit verpflichtet (vgl. Bergmann, in: dems./Dienelt, a.a.O., § 47 Rn. 2; Heusch, in: Kluth/Heusch, a.a.O., § 47 Rn. 6; Schmidt-Sommerfeld, MüKo StGB, 3. Aufl., § 47 AsylG Rn. 1).
69 
Der Landesgesetzgeber hat nähere Bestimmungen zur Aufnahme von Asylbewerbern im Gesetz über die Aufnahme von Flüchtlingen getroffen (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG ), das während der Unterbringung des Klägers in der LEA Ellwangen in der Fassung vom 11.03.2017 galt (im Folgenden: FlüAG a.F.). Dieses Gesetz ist „getragen vom Grundsatz eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 FlüAG). Es regelt unter anderem die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Ausländern, die Asyl begehren (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 FlüAG a.F.) und unterscheidet hierbei zwischen der „Erstaufnahme“ (im Sinne von § 47 AsylG) und der (anschließenden) „vorläufigen Unterbringung“ (im Sinne von § 53 AsylG). Nach § 6 Abs. 3 FlüGA a.F. wird für die Dauer der Erstaufnahme ein öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis begründet, wobei das zuständige Regierungspräsidium eine „Nutzungsordnung“ erlässt und „die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen“ erlässt (vgl. zur Zuständigkeit § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG a.F. i.V.m. der Verordnung des Integrationsministeriums [inzwischen des Justizministeriums] über die Einrichtung weiterer Landeserstaufnahmeeinrichtungen vom 05.03.2015 (GBl. S. 175)). Die der Erstaufnahme gegebenenfalls folgende Anschlussunterbringung erfolgt durch die unteren Verwaltungsbehörden als untere Aufnahmebehörden (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 FlüAG a.F.) „in Gemeinschaftsunterkünften und in Wohnungen“ (vgl. § 7 Abs. 1 FlüAG a.F.) und ist in §§ 6 Abs. 4, §§ 7 bis 9 FlüAG a.F. sowie der zugehörigen Durchführungsverordnung näher geregelt (DVO FlüAG vom 08.01.2014 in der damals maßgeblichen Fassung vom 11.03.2017 ).
70 
e) An den eingangs genannten Maßstäben für den Begriff der „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG gemessen, ist unter Berücksichtigung des oben skizzierten gesetzlichen Rahmens der Flüchtlingsunterbringung das dem Kläger in der LEA Ellwangen im Jahr 2018 zugewiesene Zimmer als „Wohnung“ einzuordnen (aa), die den Schutz von Art. 13 Abs. 2 GG, auf der Ebene von Art. 13 Abs. 7 GG allerdings nur einen eingeschränkten Schutz genießt, wie er ähnlich für Betriebs- und Geschäftsräume gilt (bb).
71 
aa) Das dem Kläger in der LEA Ellwangen zugewiesene Zimmer war eine „Wohnung“ im weiten Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG.
72 
Ausgehend von der gebotenen Einzelfallbetrachtung (1) ist für den Regelfall anzunehmen, dass die Bewohner eines LEA-Zimmers als „Nutzungsberechtigte“ (2) den - auch rechtlich beachtlichen - Willen haben, dieses Zimmer als „Wohnung“ zu widmen (3). Wenn diese Zweckbestimmung, wie ebenfalls in der Regel, für Dritte erkennbar geäußert wird (4), liegt eine Wohnung vor, wenn der Zweck auch faktisch erreicht werden kann (5), wenn es also im Rahmen der tatsächlich vorhandenen Räumlichkeit und der sonstigen Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall möglich ist, in dem Zimmer ein Mindestmaß an Privatsphäre zu leben, wie dies etwa in einem Krankenzimmer, aber nicht mehr in einem Haftraum der Fall sein kann. Diese Voraussetzungen für das Vorliegen einer „Wohnung“ sind im vorliegenden Fall erfüllt, insbesondere standen dem die Vorgaben der LEA-Hausordnung und deren Umsetzung nicht entgegen (6).
73 
(1) Da Schutzgut des Art. 13 Abs. 1 GG, wie gezeigt, die Abschirmung einer tatsächlich bestehenden - nicht lediglich erst erstrebten - Privatsphäre in räumlicher Hinsicht ist und davon ausgehend der Begriff der Wohnung jeden Raum, den ein Mensch der allgemeinen Zugänglichkeit entzieht und, wenn auch nur vorübergehend, zur Stätte seines Lebens und Wirkens bestimmt, erfasst (vgl. oben b)), kann die Frage, ob ein Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft eine Wohnung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG darstellt, nicht pauschal beantwortet werden (so aber für flüchtlingsrechtliche Gemeinschaftsunterkünfte - eine Einordnung als Wohnung generell ablehnend - Zeitler, in: HTK-AuslR / § 58 AufenthG / Abs. 5 bis 10, Stand 28.04.2021, Rn. 13 ff.; eine Einordnung von Zimmern in Erstaufnahmeeinrichtungen als Wohnung wohl generell bejahend VG Kassel, [PKH-]Beschl. v. 27.12.2017 - 1 K 1933/16.KS - juris; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - juris; LG Bonn, Urt. v. 23.03.2018 - 9 O 307/17 - juris). Entscheidend sind vielmehr die Umstände des konkreten Einzelfalls (im Ergebnis ebenso für Sammelunterkünfte der Anschlussunterbringung - die Eigenschaft als „Wohnung“ dort jeweils bejahend - OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019 - 2 S 262/19 - juris [Fall, in dem einem bestandskräftig abgelehnten Asylbewerber in einer Gemeinschaftsunterkunft ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zugewiesen und von ihm vor allen zum Schlafen und sonstigen Aufenthalt genutzt wurde]; zust. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/03 -, juris [„jedenfalls nicht fernliegend“]; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322 [Fall, in dem ausreisepflichtigen früheren Asylbewerbern in einem Wohncontainer zwei für sie verschließbare Zimmer zur alleinigen Nutzung zugewiesen worden waren]; VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris [Fall, in dem zwei Bewohnern ein ca. 15 qm großes, von ihnen verschließbares Zimmer zugewiesen wurde]).
74 
Ausgehend von den oben skizzierten Voraussetzungen für das Vorliegen einer „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG ist mithin entscheidungserheblich und anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob der Nutzungsberechtigte den fraglichen Raum ausdrücklich oder konkludent zum Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung in dem Sinne gemacht hat, dass er dort - wie etwa in einem Krankenzimmer oder einem Geschäftsraum und anders als in einem Haftraum - wenigstens ein Mindestmaß an Privatsphäre in Anspruch nehmen und von staatlichen Eingriffen grundsätzlich „in Ruhe gelassen“ werden kann. Da es insoweit, wie gezeigt (oben b)), in erster Linie auf die Zweckbestimmung des „Nutzungsberechtigten“ ankommt, erfüllt ein Zimmer einer Erstaufnahmeeinrichtung - vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände - in der Regel die Voraussetzungen für eine „Wohnung“ (im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022 - 12 S 4089/20 - juris).
75 
So liegt der Fall auch hier:
76 
(2) „Nutzungsberechtigter“ ist bei einem Zimmer in einer Erstaufnahmeeinrichtung der Ausländer, dem das Zimmer zur alleinigen oder zur Mitnutzung zugewiesen wurde. Denn er ist kraft Bundesrechts dazu verpflichtet, in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen (vgl. § 47 Abs. 1 FlüAG a.F.), und mit dieser Pflicht geht in dem öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnis (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 FlüAG a.F./n.F.) das Recht einher, die ihm in der Einrichtung zugewiesene Unterkunft zu nutzen.
77 
(3) Für den Regelfall kann angenommen werden, dass der nutzungsberechtigte Ausländer das ihm zugewiesene Zimmer als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG widmen will.
78 
Der Betroffenen hat für die Dauer der Erstaufnahme im Sinne von § 47 Abs. 1 VwGO rechtlich keine Möglichkeit, eine andere oder eine zusätzliche Unterkunft zu nehmen. Er wird in dem regelmäßig mehrere Monate umfassenden Zeitraum der Erstaufnahme in aller Regel das von seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) geschützte Grundbedürfnis nach Wahrung wenigstens eines Mindestmaßes an Privatsphäre und an der Existenz eines Rückzugsraums haben. Zur Erfüllung dieses Bedürfnisses steht ihm einzig oder fast ausschließlich das Zimmer, das ihm zugewiesen wurde und in dem allein er zum Beispiel schlafen darf und kann, zur Verfügung (vgl. ähnl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O.). Es kann daher regelmäßig davon ausgegangen werden, dass er dieses Zimmer als Rückzugsbereich und Ort der Privatsphäre widmen will.
79 
Ein solcher Widmungswille ist auch nicht etwa aus rechtlichen Gründen von vornherein unbeachtlich.
80 
Auf den Willen des Betroffenen, das ihm zugewiesene Zimmer als Rückzugsort und Bereich seiner (Mindest-)Privatsphäre zu widmen, käme es dann nicht an, wenn er mit einer solchen Widmung den Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisses (§ 6 Abs. 3 Satz 1 FlüAG a.F./n.F.) überschreiten würde, wenn er also in diesem Nutzungsverhältnis von vornherein nicht dazu berechtigt wäre, ihm zugewiesene Räume zur Stätte seiner Privatsphäre zu machen. Ein dahingehendes gesetzliches Verbot besteht aber in dem genannten Nutzungsverhältnis nicht. Der Wortlaut von § 47 Abs. 1 AsylG enthält ein solches Verbot ebenso wenig wie derjenige von § 6 FlüAG. Auch dem Sinn und Zweck dieser Normen lässt sich solches Verbot nicht entnehmen. Es lässt sich insbesondere nicht mit der Erwägung begründen, die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen solle die persönliche Erreichbarkeit des Asylantragstellers als Grundlage der effizienten und raschen Durchführung des Asylverfahrens sichern und bezwecke darüber hinaus die Gewährleistung einer effektiven Rückführung, womit es nicht zu vereinbaren sei, „wenn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer sich in der Gemeinschaftsunterkunft verbergen und sich so der Abschiebung entziehen könnte“ (so aber Zeitler, a.a.O., Rn. 18). Bei dieser Argumentation wird zum einen übersehen, dass die Erstaufnahme im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wie gezeigt (vgl. oben cc)), nicht lediglich vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, sondern auch und in erster Linie Ausländer erfasst, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist und die deshalb über eine Aufenthaltsgestattung verfügen, also nicht vollziehbar ausreisepflichtig sind (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Es besteht kein Grund zur Annahme, dass der Bundes- oder der Landesgesetzgeber diesen Personen zur Verhinderung ihres „Verbergens“ die Berechtigung nehmen wollte, das ihnen zugewiesene Zimmer zur Ausübung einer Mindestprivatsphäre zu widmen. Unabhängig davon übersieht der Verweis auf die mit der Erstaufnahme verfolgten ordnungspolitischen Zwecke, die § 47 AsylG auch verfolgt, dass der Bundesgesetzgeber mit dieser Vorschrift zugleich sowohl für Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden, als auch für die in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebrachten ausreisepflichtigen Ausländer auch seine unionsrechtlichen Verpflichtungen erfüllen wollte. Das Unionsrecht steht zwar, wie gezeigt (oben cc)), der Einrichtung von „Unterbringungszentren“ (vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchst. b AufnRL) und auch räumliche Beschränkungen nicht entgegen (vgl. Art. 7 Abs. 2 AufnRL: „Beschluss über den Aufenthaltsort“). Es setzt aber voraus, dass dort ein „angemessener Lebensstandard“ gewährleistet ist (Art. 18 Abs. 1 Buchst. b AufnRL) und dass das „zugewiesene Gebiet“ - solange der Ausländer nicht ausnahmsweise in Haft genommen wurde - „die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigt“ (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 AufnRL). Mit dieser unionsrechtlichen Wertung, die auch bei der Auslegung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes zu berücksichtigen ist (vgl. § 1 Abs. 1 FlüAG; zum unionsrechtlichen Gebot der unionsfreundlichen Auslegung allg. EuGH, Urt. v. 08.03.2011 - C-249/09 - NVwZ 2011, 763; OVG NRW, Beschl. v. 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NWVBl. 2014, 472, mw.N.), wäre es nicht zu vereinbaren, § 47 AsylG oder § 6 FlüAG dahin auszulegen, dass es Ausländern, die einer Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen wurden, rechtlich von vornherein verboten werden solle, den ihnen zugewiesenen Raum im Rahmen des dadurch begründeten Nutzungsverhältnisses zum Rückzugsort für die Ausübung ihrer „unveräußerlichen Privatsphäre“ zu widmen.
81 
(4) Der Wille des Nutzungsberechtigten, das ihm zugewiesene Zimmer zur „Sphäre für eine private, ‚höchstpersönliche‘ Entfaltung“ zu machen (vgl. erneut BVerfG, Urt. v. 03.03.2004, a.a.O.) und dort von staatlichen Eingriffen möglichst „in Ruhe gelassen zu werden“ (vgl. erneut BVerfG, Beschl. v. 12.03.2019, a.a.O.), ist mithin rechtlich beachtlich. Dieser Wille allein vermag einem Zimmer allerdings die Wohnungseigenschaft noch nicht zu vermitteln. Zusätzlich erforderlich ist vielmehr zum einen, dass der Betroffene die Zweckbestimmung, das Zimmer der allgemeinen Zugänglichkeit zu entziehen, nach außen erkennbar macht. Da insoweit, wie gezeigt (oben b)), keine hohen Anforderungen zu stellen sind, wird es allerdings in der Regel genügen, dass eine Tür vorhanden ist und diese von dem Bewohner geschlossen wird. Denn damit wird das Private, d.h. nicht allgemein Zugängliche des Zimmers deutlich gemacht (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O.). Dass der Bewohner die Tür abschließen kann, ist gegebenenfalls ein zusätzliches Indiz für die eingangs genannte Zweckbestimmung (vgl. etwa - für Sammelunterkünfte der Anschlussunterbringung im Sinne von § 53 AsylG - HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322; VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris), aber keine notwendige Voraussetzung, wie der Vergleich mit einem typischerweise ebenfalls nicht abschließbaren Krankenzimmer oder einem (Wohn-)Zelt zeigt, die, wie gezeigt (oben b)), in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fallen.
82 
(5) Über den Willen des Nutzungsberechtigten, das ihm zugewiesene Zimmer zur „Wohnung“ i.w.S. zu widmen, und die Erkennbarkeit dieser Zweckbestimmung hinaus ist weiter erforderlich, dass dieser Zweck faktisch erreicht werden kann. Es muss mithin im Rahmen der tatsächlich vorhandenen Räumlichkeit und der sonstigen Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall möglich sein, in dem Zimmer ein Mindestmaß an Privatsphäre zu leben, wie dies etwa in einem Krankenzimmer, aber nicht mehr in einem Haftraum der Fall sein kann. Der Umstand, dass das Zimmer sich in einer Gemeinschaftsunterkunft befindet und mehreren Personen zugewiesen wird, schließt dabei die Schaffung einer solchen Mindestprivatsphäre nicht per se aus (vgl. VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris, und zum dortigen Verfahren 10 K 383.19 auch OVG Bln.-Brbg., [PKH-]Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/20 u.a. - juris, m.w.N.).
83 
(6) Von den vorstehenden Grundsätzen ausgehend, stellt das dem Kläger in der LEA Ellwangen im Mai 2018 zugewiesene Zimmer eine „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG dar.
84 
Der Kläger befand sich seit Dezember 2017 seit mehreren Monaten im Rahmen der Erstaufnahme in der LEA und hatte rechtlich keine Wahl, ein anderes als das ihm zugewiesene Zimmer zu beziehen. Es kann unterstellt werden, dass er als Nutzungsberechtigter das Zimmer im o.g. Sinne als Rückzugsort widmen wollte. Die Möglichkeiten, sich dort eine Privatsphäre zu schaffen, waren zwar erheblich beschränkt. So musste sich der Kläger das Zimmer mit anderen, ihm anfänglich nicht bekannten Personen teilen, und war die Tür nicht verschließbar. Diese Umstände allein schließen die Einordnung als Wohnung allerdings, wie oben gezeigt, nicht aus. Das gilt auch dann, wenn die Tür, wie der Kläger - vom Beklagten bestritten - vorträgt, am 20.06.2018 als Folge der sog. Razzia vom 03.05.2018 noch im Griffbereich beschädigt gewesen sein sollte, da die Tür jedenfalls weiterhin zugezogen werden konnte und wurde und so als erkennbares Zeichen der Privatsphäre diente. Das Zimmer bot dem Kläger auch trotz der bestehenden Einschränkungen eine - im Wesentlichen die einzige - Möglichkeit, sich aus den umfänglichen Gemeinschaftsbereichen der LEA zurückzuziehen und an diesem Rückzugsort, an dem auch seine Habseligkeiten untergebracht waren, bis in die Intimsphäre reichende Grundbedürfnisse nach Schlaf und Ruhe zu befriedigen. Das Zimmer verschaffte ihm ungeachtet der bestehenden Einschränkungen eine Möglichkeit, in einem beachtlichen Umfang „in Ruhe gelassen zu werden“ (im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., für Zimmer in der LEA Freiburg). Hiervon gingen erkennbar auch die übrigen Bewohner der LEA Ellwangen jeweils für ihre Zimmer aus, die auf verschiedene Weisen als Rückzugs- und Ruhebereich gekennzeichnet wurden. So hatten die Bewohner nach Aktenlage etwa „Verschlussersatzmöglichkeiten“ für die Nachtzeit, wie etwa vor die Türe geschobene Stühle, entwickelt.
85 
Die dem Kläger in dem Zimmer verbleibende - eingeschränkte, aber etwa einem Krankenzimmer ähnliche und bei dem verfassungsrechtlich gebotenen weiten Verständnis des Begriffs der „Wohnung“ ausreichende - Möglichkeit, das Zimmer zum Rückzugsort für die Ausübung seiner „unveräußerlichen Privatsphäre“ (vgl. oben zu Art. 7 Abs. 1 AufnRL) zu machen, wurde auch nicht durch die Hausordnung der LEA vom 10.08.2015 beseitigt (in diese Richtung aber für sämtliche flüchtlingsrechtliche Sammelunterbringungen sowohl der Erstaufnahme als auch der Anschlussunterbringung Zeitler, a.a.O., § 58 AufenthG / Abs. 5 bis 10, Stand 28.04.2021, Rn. 13 ff.; abl. und im Ergebnis wie hier für die Anschlussunterbringung OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021, a.a.O.). Die rechtliche Befugnis des Klägers, das Zimmer in diesem Sinne zu widmen, konnte die Hausordnung bereits aus den oben genannten, in höherrangigem Recht wurzelnden Gründen nicht einschränken. Die Umsetzung der Hausordnung hat die tatsächlichen Umstände in der LEA auch nicht faktisch so gestaltet, dass dem Kläger keine beachtliche Privatsphäre mehr verblieben wäre. Die in der Hausordnung normierten Vorgaben, dass das Zimmer nicht zum Kochen, zur Haltung von Haustieren oder zum Rauchen genutzt werden konnte (vgl. § 3 lit. e, § 4 lit. 1, § 5 lit. e bis h HausO), trugen zwar dazu bei, dass das Zimmer von einer Privatwohnung i.e.S. mit den dortigen Möglichkeiten zur unbehinderten Lebensgestaltung deutlich entfernt war. Die genannten, beispielsweise auch einem Krankenhauszimmer nicht unüblichen Vorgaben nahmen dem Zimmer in der LEA gleichwohl nicht die Tauglichkeit, den Bewohnern Raum für ein Mindestmaß an Privatsphäre, insbesondere zur Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Schlaf und Ruhe, zu bieten.
86 
Soweit die Hausordnung darüber hinaus eine Pflicht der Bewohner zur Duldung von Zimmerbetretungen „bei Gefahr in Verzug und auf Anforderung des Personals von ... “ normierte (vgl. § 5 lit. n HausO), steht diese Vorschrift der Einordnung des Zimmers des Klägers als „Wohnung“ im weiten Sinn des Art. 13 Abs. 1 GG bereits deshalb nicht entgegenstehen, weil diese Vorschrift unwirksam war. Die Vorschrift ermächtigte unabhängig von der Frage nach dem Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG jedenfalls zu erheblichen Eingriffen in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Zimmerbewohner (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., und Beschl. v. 28.06.2021 - 12 S 921/21 - juris Rn. 112 f., zu einer ähnlichen Regelung der Hausordnung der LEA Freiburg vom 16.12.2019/01.01.2020). Eine solche Regelung bedarf aufgrund ihrer Eingriffswirkung einer gesetzlichen Grundlage, die der Bedeutung des Rechts entsprechend hinreichend bestimmt gefasst sein muss (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a.-, juris Rn. 151 ff.; Rixen in: Sachs, a.a.O.; Art. 2 Rn. 107). Hieran fehlte es. Weder der keine inhaltlichen Vorgaben normierende § 6 Abs. 3 Satz 2 FlüAG noch das allgemeine Hausrecht des Einrichtungsbetreibers (Regierungspräsidiums Stuttgart) bot eine ausreichende gesetzliche Grundlage für gravierende Grundrechtseingriffe der beschriebenen Art (vgl. ausf. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., in einem die o.g. Hausordnung der LEA Freiburg betreffenden Normenkontrollverfahren; dahin tendierend bereits ders., Beschl. v. 28.06.2021, a.a.O., Rn. 92 ff.). Unabhängig davon hätte selbst die Anwendung von § 5 lit. n HausO und die Wahrnehmung der dort normierten Betretensrechte durch die Einrichtungsleitung oder deren Bedienstete dem Zimmer nicht die Tauglichkeit als Ort des Rückzugs und der Wahrnehmung eines Mindestmaßes an Privatsphäre genommen. So ermächtigte die genannte Hausordnungsvorschrift bei der gebotenen Auslegung im Lichte des verfassungsrechtlichen, im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgebots (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) insbesondere grundsätzlich nicht dazu, ohne Ankündigung oder zumindest vorheriges Klopfen und Abwarten einer Antwort das Zimmer zu betreten (vgl. zur genannten Hausordnung der LEA Freiburg VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.06.2021, a.a.O., Rn. 105 ff., 128).
87 
Der Einordnung des Zimmers in der LEA als Wohnung im weiten Sinn des Art. 13 Abs. 1 GG kann auch nicht der Einwand entgegengesetzt werden, die Wohnungseigenschaft der Unterkunft eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ende unabhängig von der konkreten Form der Unterbringung jedenfalls dann, wenn seine Abschiebung beginne, weil ein von Art. 13 Abs. 1 GG gegebenenfalls zuvor geschütztes Wohnverhältnis in diesem Moment dauerhaft beendet werde (so aber VG Neustadt a.d.W., Beschl. v. 28.06.2002 - 7 N 1804/02 NW - juris [Ls.]). Dieser Einwand trägt bereits in zeitlicher Hinsicht nicht. Der Umstand, dass ausreisepflichtige Asylbewerber im Zuge der Abschiebung ihre Unterkunft räumen müssen und deshalb dort anschließend - nach erfolgter Abschiebung - nicht mehr ihr Privatleben entfalten können, vermag den Räumlichkeiten bis zum Verlassen derselben nicht die - falls bis dahin vorhanden - Eigenschaft als räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet, zu nehmen (ebenso HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019, a.a.O.).
88 
bb) Die Einordnung des dem Kläger in der LEA Ellwangen im Jahr 2018 zugewiesenen Zimmers als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG hat zur Folge, dass es den Schutz von Art. 13 Abs. 2 GG (Richtervorbehalt für Durchsuchungen) genoss. Auf der Ebene von Art. 13 Abs. 7 GG kommt einem Zimmer in einer Erstaufnahmeeinrichtung allerdings bei einer tatsächlichen Ausgestaltung, wie sie für den vorliegenden Fall im Jahr 2018 zu verzeichnen war, nur der eingeschränkte Schutz zu, wie er ähnlich für Betriebs- und Geschäftsräume gilt (vgl. näher dazu oben c)). Denn ein Zimmer in einer Erstaufnahmeeinrichtung kann, wie gezeigt, ungeachtet der Einordnung als „Wohnung“ im weiteren Sinn aufgrund der Besonderheiten der Erstaufnahme und der dazu verwendeten Räumlichkeiten in der Regel - und so auch hier - nur in einem eingeschränkten Umfang Raum für eine Privatsphäre bieten. Das Zimmer dient zudem neben dem Zweck, den Bewohnern einen Rückzugsort und eine räumliche Möglichkeit zum Ausleben eines Mindestmaßes an ihrer Privatsphäre zu gewähren, wie dargestellt, zugleich auch anderen - öffentlichen, namentlich ordnungspolitischen - Zwecken (s. näher dazu oben d)). Die Weite des Wohnungsbegriffs hat vor dem Hintergrund, dass die Zimmer in einer LEA deshalb notwendigerweise eine größere „Offenheit nach außen“ aufweisen (vgl. erneut BVerfG, Urt. v. 03.03.2004, a.a.O., und v. 17.02.1998, a.a.O.) als etwa eine Privatwohnung und sie außerdem auch zur Aufnahme sozialer Kontakte für Dritte bestimmt sind, zur Folge, dass der Schutz der „Wohnung“ auf der Ebene von Art. 13 Abs. 7 GG eingeschränkt ist (vgl. für Betriebs- und Geschäftsräume näher dazu oben [unter c)]; für Zimmer in einer LEA ebenfalls offen gelassen, aber dahin tendierend VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., und Beschl. v. 28.06.2021, a.a.O.; ebenfalls dahin tendierend für Krankenhauszimmer BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O.). Betretungen von solchen Zimmer stellen daher wie bei Betriebsräumen keine „Eingriffe und Beschränkungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG dar und verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG, wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten ermächtigt, das Betreten einem erlaubten Zweck dient und für dessen Erreichung erforderlich ist, das Gesetz Zweck, Gegenstand und Umfang des Betretens erkennen lässt und das Betreten auf Zeiten beschränkt wird, in denen die Räume normalerweise für die Nutzung zur Verfügung stehen (s. dazu näher oben c)).
89 
2. Handelt es sich bei dem dem Kläger 2018 zugewiesenen Zimmer nach alledem um eine „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und 2 GG, durfte der Polizeivollzugsdienst des Beklagten diese gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG gegen den Willen des Klägers nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Eine verwaltungsgerichtliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor. Einen Rechtsfehler begründete dies jedoch nicht. Denn die Beamten des Polizeivollzugsdienstes haben das Zimmer des Klägers am 20.06.2018 nicht im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG „durchsucht“ (a). Die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Voraussetzungen für das stattdessen nur stattgehabte „Betreten“ des Zimmers lagen vor (b).
90 
a) Eine „Durchsuchung“ im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG fand bei der Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 nicht statt und der Richtervorbehalt aus diesen Vorschriften wurde auch nicht aus anderen Gründen verletzt.
91 
Ausgehend von dem § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG zugrundeliegenden Begriff der „Durchsuchung“ aus Art. 13 Abs. 2 GG (aa) und weiter ausgehend von dem Umstand, dass es für die Prüfung, ob der Richtervorbehalt aus dieser Vorschrift verletzt wurde, nicht entscheidend darauf ankommt, ob die Behörde ex ante betrachtet eine Durchsuchung durchführen wollte, sondern ob sie ex post betrachtet objektiv eine Durchsuchung durchgeführt hat (bb, cc), stand das Vorgehen des Polizeivollzugsdienstes am 20.06.2018 mit § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG in Einklang (dd).
92 
aa) Unter einer Durchsuchung ist „das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung nicht von sich aus offen legen oder herausgeben will“, zu verstehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020 - 2 BvE 2/19 - BVerfGE 154, 354, und v. 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 - BVerfGE 51, 97, 106 ff; BVerwG, Urt. v. 25.08.2004 - 6 C 26.03 - BVerwGE 121, 345, und v. 06.09.1974 - BVerwG I C 17.73 - BVerwGE 47, 31; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.09.2021 - 6 S 124/19 - juris; vgl. ferner Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 22 f.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 9; krit. zu dieser Begriffsbestimmung Kühne, a.a.O., Art. 13 Rn. 27 ff.; jeweils m.w.N.). Die Durchsuchung erschöpft sich nicht in einem Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen (BVerfG, Beschl. v. 16.06.1987 - 1 BvR 1202/84 - BVerfGE 76, 83, 89). Durchsuchungen dienen dem Auffinden und Ergreifen einer Person, dem Auffinden, Sicherstellen oder der Beschlagnahme einer Sache oder der Verfolgung von Spuren. Begriffsmerkmal der Durchsuchung ist somit die Suche nach Personen oder Sachen oder die Ermittlung eines Sachverhalts in einer Wohnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O.). Da zum verfassungsrechtlichen Begriff der Durchsuchung gehört, dass der Wohnungsinhaber den Sachverhalt, um dessen Ermittlung es sich handelt, geheim halten möchte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.05.1987 - 1 BvR 1113/85 - BVerfGE 75, 318), ist kennzeichnend für die Durchsuchung die Absicht, etwas nicht klar zutage Liegendes, vielleicht Verborgenes aufzudecken oder ein Geheimnis zu lüften, mithin das Ausforschen eines für die freie Entfaltung der Persönlichkeit wesentlichen Lebensbereichs, das unter Umständen bis in die Intimsphäre des Betroffenen dringen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.09.2021, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 26.10.1990 - 4 TH 1480/90 - ESVGH 41, 314: „kennzeichnend [ist] das Eindringen in das private Leben des Bürgers und in die Sphäre, in der er sich entfaltet“; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 9; jeweils m.w.N.).
93 
Nach diesen Grundsätzen ist beispielsweise das bauaufsichtliche Betreten und Besichtigen einer Wohnung keine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG, weil die Befugnis zum Betreten und Besichtigen einer Wohnung, die den Bauaufsichtsbehörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe eingeräumt wird, die Nutzung baulicher Anlagen daraufhin zu überwachen, ob sie die öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften einhalten, nicht den Zweck verfolgt, in der Wohnung verborgene Dinge oder Sachverhalte „aufzuspüren“ (BVerwG, Beschl. v. 07.06.2006 - 4 B 36.06 - NJW 2006, 2504; ebenso zu gewerberechtlichen Betretungen und Besichtigungen Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 24; zu anderen gefahrenabwehrrechtlichen Kontrollrechten Kluckert, a.a.O., Art. 13 Rn. 12). Auch macht die beim Betreten einer Wohnung unvermeidliche Kenntnisnahme von Personen, Sachen und Zuständen den Eingriff in die Wohnungsfreiheit allein noch nicht zu einer Durchsuchung (BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O.). Ebenso ist zum Beispiel das Betreten eines Raums durch Polizeibeamte zur Abnahme von an den Fenstern angebrachten Plakaten keine Durchsuchung, wenn ihnen bereits zuvor bekannt war, auf welche Gegenstände sich ihre Maßnahme beziehen sollte und wo sich diese befanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020, a.a.O. [dort: Betreten von Abgeordnetenräumen]). Am Element des „Suchens nach Verborgenem“ fehlt es beispielsweise ferner dann, wenn eine Weidefläche zur Sicherstellung oder Beschlagnahme von Tieren betreten wird, diese dort aber nicht verborgen, sondern schon aufgrund des Betretens offen wahrnehmbar sind (vgl. VGH Bad-Württ., Urt. v. 29.09.2021, a.a.O.). Auch die bloße Aufforderung an eine sich in einer Wohnung aufhaltenden Personen, den Raum zu verlassen, stellt keine Durchsuchung der Wohnung dar, weil damit die öffentliche Gewalt nicht in der für Durchsuchungen typischen Weise in das private Leben des Bürgers und in die räumliche Sphäre, in der es sich entfaltet, eindringt (BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, und v. 06.09.1974, a.a.O.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 9). Um eine Durchsuchung handelt es sich hingegen zum Beispiel dann, wenn Vollstreckungsorgane eine Wohnung betreten, um dort dem Inhaber der Wohnung ein Kind wegzunehmen, das dieser von sich aus nicht übergeben will, denn in einem solchen Fall suchen staatliche Organe ziel- und zweckgerichtet in der Wohnung nach einer Person, die der Inhaber von sich aus nicht herausgeben möchte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.1999 - 1 BvR 2017/97 - NJW 2000, 953, m.w.N.).
94 
bb) Nicht einheitlich beurteilt wird aktuell, ob ausgehend von den vorstehenden Maßstäben das Betreten einer Wohnung durch staatliche Stellen zum Zwecke des Ergreifens einer Person stets eine Durchsuchung darstellt und/oder den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG auslöst.
95 
Im Anwendungsbereich von § 102 StPO („Durchsuchung bei dem Beschuldigten“), der auch die sog. Ergreifungsdurchsuchung umfasst, wird die Auffassung vertreten, dass keine Durchsuchung, sondern eine bloße „Nachschau“ vorliege, „wenn sichere Kenntnis darüber besteht, dass sich der Gesuchte in einer bestimmten Wohnung aufhält“ (Hauschild, MüKo-ZPO, 2014, § 102 Rn. 6), oder jedenfalls, wenn die Polizeibeamten beim Betreten bemerken, dass sich der Beschuldigte in seiner Wohnung zwar aufhält, aber nicht verbirgt (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 19.02.2000 - (5) 1 Ss 363/09 (6/99) - juris; krit. Gercke, in: dems./Julius/Temming/Zöller, StPO, 6. Aufl., § 102 Rn. 11, m.w.N.). Bei dieser Betrachtungsweise kommt es für die Frage, ob eine Durchsuchung vorliegt, mithin maßgeblich nicht auf das von den Beamten ex ante verfolgte Ziel, sondern ex post und objektiv betrachtet auf die konkrete Situation an, welche die Beamten beim Betreten des Raumes vorgefunden haben, insbesondere auf dessen Größe und Überschaubarkeit sowie auf den Umstand, ob „auf einen Blick“ erkennbar ist, ob und gegebenenfalls wo sich die Person dort befindet, sowie auf die von den Beamten tatsächlich vorgenommenen Handlungen. Auch für die unangekündigte Abschiebung eines Ausländers aus dessen Wohnung heraus wird eine „Durchsuchung“ teils (erst) dann angenommen, „wenn dieser sich darin aufhält und soweit er sich verborgen hält“ (OVG Bremen, Beschl. v. 20.09.2019 - 2 S 262/19 - NVwZ-RR 2020, 324; im Ergebnis ebenso ex post betrachtend z.B. VG Frankfurt/Oder, Urt. v. 28.03.2021 - 6 K 76/08 - juris).
96 
Hiervon abweichend wird unter anderem in der jüngeren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung teils die Auffassung vertreten, dass es für das Bestehen des Richtervorbehalts aus Art. 13 Abs. 2 GG maßgeblich auf eine (hier sog.) subjektive ex ante-Betrachtung ankomme (vgl. in diesem Sinne OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/20 u.a. - juris, dort auch zum mit Art. 13 Abs. 2 GG übereinstimmenden Begriff der Durchsuchung i.S.v. § 58 Abs. 6 AufenthG; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322). Der Zweck des Richtervorbehalts, eine vorbeugende Kontrolle des Eingriffs in den privaten Lebensbereich der Wohnung auf seine Rechtmäßigkeit und insbesondere Verhältnismäßigkeit durch eine unabhängige und neutrale Instanz und somit einen präventiven Grundrechtsschutz durch Verfahren zu gewährleisten, spreche dafür, dass es für die Abgrenzung und das Erfordernis einer Einholung der richterlichen Durchsuchungsanordnung auf die ex ante-Sicht der Behördenmitarbeiter ankomme. Daraus folge, dass (bereits) dann, wenn die die Abschiebung durchführende Behörde bei der Vorbereitung der Maßnahme von der Notwendigkeit, Suchhandlungen vorzunehmen, ausgehen müsse oder zumindest mit solchen ernstlich zu rechnen sei, weil nicht absehbar sei, ob und - wenn ja - wo genau sich der aufzugreifende Ausländer in der Wohnung befinde, die Maßnahme auf eine Durchsuchung abziele, für die der Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG greife (vgl. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 a.a.O.; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - InfAuslR 2019, 257; ähnl. Franke/Kerkemeyer, NVwZ 2020, 760 ff., m.w.N. zum Meinungsstand; für § 102 StPO auch Gercke, a.a.O., § 112 Rn. 11, m.w.N.). Folge man hingegen der Ansicht, dass von einem Durchsuchen nicht gesprochen werden könne, wenn die fraglichen Personen sich nicht verborgen halten, sondern vor Ort bei der jeweiligen Umschau ohne weiteres zu erkennen sind, „hinge es letztlich von Zufällen wie der Größe oder der Überschaubarkeit einer Wohnung oder dem konkreten Aufenthaltsort der Personen innerhalb der Wohnung ab, ob eine Durchsuchung - die dann ggf. mangels richterlicher Anordnung abgebrochen werden müsste - oder ein Betreten vorliegt“ (HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; ähnl. Franke/Kerkemeyer, a.a.O, S. 765: „Im Ergebnis ist damit jegliches Betreten privaten Wohnraumes, das entweder dem Auffinden bestimmter Gegenstände oder Spuren oder der Ergreifung einer Person dient und nicht von einer Einwilligung des Wohnungsinhabers gedeckt ist, als Durchsuchung nach Art. 13 [Abs. 2] GG zu werten. Dies führt in der Praxis dazu, dass in aller Regel richterliche Durchsuchungsbeschlüsse beantragt werden müssen, wenn Personen in ihren Wohnungen ergriffen werden sollen.“).
97 
cc) Die zuletzt genannte, auf eine subjektive ex ante-Betrachtung abstellende Sichtweise überzeugt nicht.
98 
Sie hat zur Folge, dass maßgeblich für das Eingreifen des Richtervorbehalts aus § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG ist, ob die Behörde vor Beginn der Vollstreckung die Absicht hat oder es sich vorbehalten will, eine Durchsuchung durchzuführen. Unerheblich ist hingegen, ob sie im Ergebnis tatsächlich eine Durchsuchung durchgeführt hat. Geprüft wird m.a.W. nicht, ob es zu einem „ziel- und zweckgerichteten Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen (…), um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung nicht von sich aus offen legen oder herausgeben will“, tatsächlich - objektiv - gekommen ist, sondern nur, ob die von der Behörde beabsichtigte Maßnahme ex ante und subjektiv „auf eine Durchsuchung abziel[t]e“ (vgl. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 a.a.O.).
99 
Gegen diese Sichtweise spricht der Wortlaut von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG. § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG regelt, wie gezeigt, dass der Vollstreckungsbeamte Wohnungen gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts „durchsuchen kann“. Art. 13 Abs. 2 GG gibt vor, dass Durchsuchungen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form „durchgeführt werden“ dürfen. Beide Vorschriften stellen damit die Durchführung einer Durchsuchung unter den Vorbehalt einer vorherigen richterlichen Durchsuchungsanordnung. Dem Wortlaut der Vorschriften ist aber nicht zu entnehmen, dass der Richtervorbehalt bereits dann verletzt ist, wenn die Behörde vor dem Beginn einer Maßnahme eine Durchsuchung zwar möglicherweise beabsichtigt oder zumindest in Betracht gezogen, im Ergebnis aber tatsächlich keine Durchsuchung vorgenommen hat, weil sie vor Ort nichts „Verborgenes“ suchen musste oder konnte.
100 
Der Telos des Art. 13 Abs. 2 GG zwingt zu keiner vom Wortlaut abweichenden Auslegung. Insbesondere trägt die oben referierte Erwägung, der Zweck des Richtervorbehalts, eine vorbeugende Kontrolle des Eingriffs in den privaten Lebensbereich der Wohnung auf seine Rechtmäßigkeit und insbesondere Verhältnismäßigkeit durch eine unabhängige und neutrale Instanz und somit einen präventiven Grundrechtsschutz durch Verfahren zu gewährleisten, spreche dafür, dass es für die Abgrenzung und das Erfordernis einer Einholung der richterlichen Durchsuchungsanordnung (allein) auf die ex ante-Sicht der Behördenmitarbeiter ankomme, nicht. Denn dieses Argument ist zirkelschlüssig. Es trifft zu, dass der Richtervorbehalt auf eine vorbeugende Kontrolle des Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung in der Gestalt einer Durchsuchung durch eine unabhängige und neutrale Instanz zielt (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 01.08.2014 - 2 BvR 200/14 - NJW 2015, 851, m.w.N.). Kommt es aber im Ergebnis zu keiner Durchsuchung, weil die Beamten vor Ort tatsächlich nichts suchen konnten oder mussten, und findet damit objektiv kein Grundrechtseingriff im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG statt, ist es auch nicht schädlich, dass keine vorbeugende Kontrolle für einen solchen Eingriff stattfand.
101 
Zutreffend ist zwar der Einwand, dass es im Einzelfall von Zufällen abhängen kann, ob die Behörde Suchmaßnahmen durchführen muss oder nicht, um eine Person oder einen Gegenstand wahrzunehmen. Das rechtfertigt aber keine über den Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 GG und § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG hinausgehende Auslegung. Wenn die Behörde eine Abschiebung oder eine andere Vollstreckungsmaßnahme beginnt, ohne zuvor eine richterliche Durchsuchungsanordnung beantragt zu haben, geht sie das Risiko ein, die Maßnahme vor Ort abbrechen zu müssen, weil es sich als erforderlich erweist, eine Durchsuchung durchführen zu müssen. Das ändert aber nichts daran, dass, wenn tatsächlich keine Durchsuchung erforderlich ist, auch keine Notwendigkeit einer vorherigen richterlichen Überprüfung der Zulässigkeit einer Durchsuchung besteht. Es kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die an das Gesetz gebundenen Behörden (Art. 20 Abs. 3 GG), wenn sich vor Ort im Einzelfall die Notwendigkeit einer Durchsuchung ergibt, in solchen Fällen sehenden Auges und gar regelhaft unter Verstoß gegen § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG handeln.
102 
Zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führt auch nicht die Erwägung, es widerspreche dem Schutzversprechen des Art. 13 Abs. 1 GG, wenn im Ergebnis in kleineren Räumen - wegen ihrer besseren Überschaubarkeit - in der Regel keine „Durchsuchung“ stattfinden könne. Dieser Einwand überzeugt bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht. Er übersieht, dass auch in größeren Wohnungen eine „Durchsuchung“ begrifflich nicht vorliegt und der Schutz des Art. 13 Abs. 2 GG nicht greift, wenn die staatlichen Stellen beim Blick etwa in den Eingangsbereich die gesuchte Person oder den gesuchten Gegenstand sogleich wahrnehmen. Unabhängig davon überzeugt die genannte Erwägung inhaltlich und rechtsmethodisch nicht. Sie vermengt Fragen zum Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG mit Fragen zur besonderen Schrankenregelung des Art. 13 Abs. 2 GG. Sie greift zudem zur Begründung ihres Ergebnisses auf eine Behauptung zurück - Art. 13 Abs. 1 und 2 GG schütze in der Zusammenschau auch kleine, überschaubare Räume gegen einen Blick in den Raum durch den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG -, die sie erst zu belegen versucht.
103 
Eine reine subjektive ex ante-Betrachtung würde außerdem dazu führen, dass der Richtervorbehalt selbst in Fällen griffe, in denen es an einer Durchsuchbarkeit des Raumes fehlt und die Behörde nur rechtsirrig von der Möglichkeit einer Durchsuchung ausgeht. Eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG erschöpft sich, wie gezeigt (oben aa)), „nicht in einem Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen“ (vgl. erneut BVerfG, Beschl. v. 16.06.1987, a.a.O.), und zum verfassungsrechtlichen Begriff der Durchsuchung gehört, dass der Wohnungsinhaber den Sachverhalt, um dessen Ermittlung es sich handelt, geheim halten möchte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.05.1987, a.a.O.; näher zu allem oben unter aa)). Eine Durchsuchung kann gemessen daran begrifflich nicht vorliegen, wenn es aufgrund der räumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls - etwa weil der Raum sehr klein und überschaubar ist - von vornherein ausgeschlossen ist, dass es sich bei einem Bewohner und bei etwaigen vom Vollstreckungsauftrag umfassten Gegenständen um etwas „nicht klar zutage Liegendes, vielleicht Verborgenes“ handeln kann (vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O., und BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020, a.a.O.; VGH Bad-Württ., Urt. v. 29.09.2021, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 16.08.2021 - 15 CS 21.022 - juris; näher oben unter a)). In einem solchen Fall steht objektiv betrachtet auch ex ante fest, dass in dem Raum keine Durchsuchung möglich ist. Wer allein darauf abstellen will, ob die Behörde subjektiv ex ante der Auffassung war, sie könne und werde den Raum möglicherweise durchsuchen, müsste im Ergebnis einen Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 GG allein deshalb annehmen, weil die Behörde zu ihren Ungunsten einem Irrtum zum Sachverhalt unterlag. Man würde mit anderen Worten einen Richtervorbehalt auch für Fälle aufstellen, in denen objektiv keine Durchsuchung stattfinden kann. Das ist weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck von Art. 13 Abs. 2 GG und § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG zu vereinbaren.
104 
dd) Ausgehend von den deshalb auch für Abschiebungen maßgeblichen allgemeinen Maßstäben für das Vorliegen einer Durchsuchung (vgl. oben aa)) begründete es keinen Rechtsfehler, dass der Polizeivollzugsdienst des Beklagten die Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 ohne richterliche Durchsuchungsanordnung gemäß § 6 Abs. 2 LVwVG durchführte. Der Senat hat ausgehend von den aktenkundigen Erklärungen und Zeugenaussagen zum Geschehen am 20.06.2018 und nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten ergänzenden Beweiserhebung die Überzeugungsgewissheit erlangt, dass der Polizeivollzugsdienst an diesem Tag zweimal mit dem Zimmer des Klägers in Berührung kam (1). Keiner dieser Vorgänge unterfiel jedoch dem Richtervorbehalt des § 6 Abs. 2 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG (2):
105 
(1) Nach der Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass am 20.06.2018 mehrere Polizeivollzugsbeamte das Gebäude der LEA Ellwangen mit der Absicht betraten, den Vollstreckungsauftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.04.2018 zu erfüllen und zu diesem Zwecke zu dem Zimmer des Klägers zu gehen, ihn dort erforderlichenfalls zu ergreifen sowie, wie im Vollstreckungsauftrag erbeten, „darauf zu achten, dass die Person (…) alle vorhandenen Dokumente einschließlich Personenstandsurkunden und Zeugnisse mitnimmt (...)“ (S. 2 des Vollstreckungsauftrags).
106 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass federführend bei der unmittelbaren Kommunikation mit dem und erstzuständig für die Durchführung von Maßnahmen betreffend den Kläger der Zeuge PHK W... und in zweiter Linie der ihn auch zu Ausbildungszwecken damals als Polizeikommissaranwärter begleitende Zeuge PK E... waren. Zu deren Sicherung waren weitere Beamte zugegen, die insoweit unter der Einsatzführung des Zeugen EPHK B... standen, der von POK N... begleitet wurde. Zwei weitere, ebenfalls der Sicherung dienende Beamte waren teils die vorstehende Gruppe begleitend (PHM Fr... ) und teils jedenfalls in dem Gebäude (POM B... ) anwesend. Diese Feststellungen ergeben sich aus den insoweit im Wesentlichen übereinstimmenden Beschreibungen des Einsatzes in der Akte des Amtsgerichts Ellwangen, insbesondere aus der unmittelbar nach dem 20.06.2018 gefertigten Strafanzeige und den dazu eingeholten Aussagen der Beamten (vgl. Akte - Beiordner - zum Az. ... ), den Aussagen der Zeugen PHK W... und PK E... in der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts Ellwangen vom 19.06.2020 (vgl. Bl. 323 ff., 332 ff. d. Akte des Amtsgerichts) sowie der Zeugen PHK W..., EPHK B... und PHM Fr... in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 18.02.2021 (vgl. 295 ff, 301 ff., 309 der Akte des Verwaltungsgerichts) und der Zeugen PHK W..., EPHK B... und PK E... in der mündlichen Verhandlung des Senats am 28.03.2022.
107 
Zur Überzeugung des Senats steht aufgrund der insoweit übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der Zeugen PHK W..., PK E... und EPHK B... weiter fest, dass der Zeuge PHK W... in Begleitung jedenfalls des Zeugen PK E... und dem zu Sicherungszwecken im Hintergrund bleibenden Zeugen EPHK B... sowie POK N... zunächst zu dem dem Kläger damals zugewiesenen Zimmer gingen, wo der Zeuge PHK W..., der ein Lichtbild des Klägers mit sich führte, die Tür öffnete und - wahrscheinlich, aber ohne, dass dies entscheidungserheblich wäre (vgl. unten (2)), entweder unter Verwendung seiner Taschenlampe oder unter Anschalten des Zimmerlichtes - in den Raum sah. Der Zeuge gelangte aufgrund seines Blicks in den Raum zu der Auffassung, dass sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht im Zimmer aufhielt. Nach der Beweiserhebung offen blieb - und vom Senat auch offen gelassen werden kann (vgl. unten (2) -, ob der Zeuge hierzu einen Schritt in den Raum trat und/oder ob zu diesem Zeitpunkt ein weiterer Bewohner in dem Zimmer zugegen war, der dem Zeugen auch mitteilte, dass der Kläger nicht anwesend sei.
108 
Zur Überzeugung des Senats steht weiter fest, dass die Beamten anschließend den vor dem Zimmer befindlichen Flur entlang gingen und den Kläger von den Sanitäranlagen kommend antrafen. Der Zeuge PHK W... fragte ihn nach seinem Namen, den der Kläger angab, und anschließend sinngemäß, ob er sich ausweisen könne. Der Kläger teilte sinngemäß mit, dass sich seine ID-Karte auf dem Zimmer befinde. Er ging gefolgt von den Beamten zu dem Zimmer, das er und die Zeugen PHK W... sowie PK E... nach ihm betraten. Der Kläger übergab den Beamten dort seine Ausweispapiere samt Geldbeutel, den der Zeuge PHK W... durchsah und in seine Hosentasche steckte. Der Zeuge eröffnete dem Kläger den Vollstreckungsauftrag und teilte ihm, jeweils in englischer Sprache, mit, dass er abgeschoben werde. Die im Zimmer befindlichen Zeugen PHK W... und PK E... gaben dem Kläger Gelegenheit, seine Sachen zu packen, konnten hierbei in den vom Kläger geöffneten Schrank blicken, und begleiteten den Kläger anschließend aus dem Zimmer und von dort zusammen mit den zur Sicherung eingeteilten Beamten aus dem Gebäude zu dem davor stehenden Dienstfahrzeug. Die dahingehende Überzeugungsgewissheit hat sich der Senat auf der Grundlage der auch insoweit im Wesentlichen untereinander und mit den aktenkundigen früheren Aussagen und Einlassungen übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen gebildet, die insoweit auch nicht zu den Einlassungen des Klägers zum Geschehen am 20.06.2018 in Widerspruch stehen.
109 
Soweit der Kläger darüber hinaus sinngemäß - und insoweit anders als die Zeugen - vorgetragen hat, bei seiner Rückkehr zum Zimmer hätten sich bereits mehrere Beamte dort aufgehalten und diese seien während des weiteren Geschehens im Zimmer verblieben, vermochte sich der Senat von der Richtigkeit dieser Angabe - die allerdings auch nicht entscheidungserheblich ist (vgl. unten (2)) - nicht zu überzeugen. Angesichts der geringen Größe des Raums von etwa 14 bis 16 m2, in dem sich zwei Stockbetten und mehrere Spinde sowie ein Tisch befanden, ist es nicht glaubhaft, dass sich neben dem Kläger und seinem Mitbewohner sowie den Zeugen PHK W... und PK E... noch weitere zwei oder gar vier Beamte aufhielten. Das gilt umso mehr, als ein Bedürfnis hierfür vor dem Hintergrund des bis dahin kooperativen Verhaltens des Klägers nicht erkennbar war und der Zutritt von mehr als zwei Beamten gemessen an deren Ziel, den Kläger zum Packen seines Gepäcks zu bewegen und zügig aus dem LEA-Gebäude zu begleiten, kontraproduktiv gewesen wäre. Der Zeuge EPHK B... hat außerdem nachvollziehbar und glaubhaft sinngemäß bekundet, dass er mit der damals getragenen Schutzausrüstung zusätzlich Platz in Anspruch genommen hätte und es zudem der Einsatztaktik entsprach, dass sich die Sicherungsbeamten bei einem - wie bis dahin - kooperativen Verhalten von abzuschiebenden Personen grundsätzlich im Hintergrund halten sollten.
110 
Ebenfalls nicht zu überzeugen vermochte sich der Senat von der - allerdings wiederum nicht entscheidungserheblichen (vgl. unten (3)) - Angabe des Klägers, der Zeuge PHK W... habe ihn bereits in dem LEA-Zimmer durchsucht und ihn zu diesem Zweck aufgefordert, sich mit den Händen an das Stockbett gelehnt aufzustellen. Die vom Senat vernommenen Zeugen haben in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, dass sie auch vor dem Hintergrund der sog. Razzia vom 03.05.2018 und deren Vorgeschichte die Vorgabe hatten, abzuschiebende Personen möglichst zügig aus dem Gebäude zu bringen. Eine Durchsuchung der Person hätte dieses Ziel beeinträchtigt. Den vorliegenden Akten ist zudem der - auch nicht streitige - Umstand zu entnehmen, dass der Kläger unmittelbar nach Ankunft bei dem wenige Fahrminuten entfernt gelegenen Polizeirevier in Ellwangen durchsucht wurde. Hierfür hätte kein Bedarf bestanden, wenn die Beamten die Person des Klägers bereits unmittelbar zuvor im Gebäude der LEA durchsucht hätten.
111 
(2) Die von den Polizeibeamten im Gebäude der LEA vorgenommenen, zuvor (unter (1)) beschriebenen Handlungen haben bei Zugrundelegung der - wie gezeigt gebotenen (vgl. oben cc)) - objektiven ex post-Betrachtung keine „Durchsuchung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG und § 6 Abs. 2 LVwVG umfasst.
112 
Es kann dahinstehen, ob die Beamten bei dem ersten Versuch, den Kläger in seinem Zimmer anzutreffen, dieses Zimmer überhaupt betraten. Selbst wenn es dazu gekommen ist, dass der Zeuge PHK W..., wie er nicht ausschließen wollte, „einen Schritt ins Zimmer reingemacht“ hat, fanden dort jedenfalls keine weiteren relevanten Handlungen, insbesondere keine Suchvorgänge statt. Letzteres gilt auch für den zweiten Kontakt zu dem Zimmer. Zu einer „Durchsuchung“ wurde das Geschehen insbesondere nicht, wie der Kläger wohl meint, dadurch, dass die Beamten in dem Zimmer anhand der ihnen übergebenen Dokumente und des selbst mitgebrachten Lichtbilds die Identität des Klägers überprüften. Der von Art. 13 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz des Inhabers einer räumlichen Privatsphäre gegen das Eindringen staatlicher Stellen in diesen Raum (vgl. näher dazu oben III.1.)) wird durch eine Personenfeststellung nicht tangiert. Dasselbe gilt für eine Durchsuchung der Person, weshalb es nicht darauf ankommt, ob der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung, allerdings nicht zur Überzeugung des Senats (vgl. oben (1)), sinngemäß vorgetragen hat - bereits in dem Zimmer abgetastet wurde. Eine Durchsuchung fand in dem Zimmer auch nicht in Bezug auf den vom Kläger dort genutzten Spind statt. Die zu Beginn seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung des Senats ansatzweise vorgetragene Andeutung, die Beamten hätten dort Suchhandlungen vorgenommen, hat der Kläger auf mehrfache Fragen des Senats dahin relativiert, dass der Spind offenstand, nachdem der Kläger daraus Sachen entnahm, um sie zu packen, und dass die Beamten hierbei die Möglichkeit hatten, in den Spind zu sehen. Die hierzu befragten Zeugen haben übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass sie dem Kläger beim Packen nicht geholfen und insbesondere selbst keine Gegenstände aus dem Schrank genommen haben. Anhaltspunkte für Suchhandlungen in dem Spind bestehen nach alledem nicht. Das gilt umso mehr, als hierzu für die Beamten nach der Aushändigung der Identitätsdokumente durch den Kläger auch kein Anlass bestand.
113 
Eine „Durchsuchung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG und § 6 Abs. 2 LVwVG hat schließlich auch nicht deshalb stattgefunden, weil die Beamten des Polizeivollzugsdienstes den Kläger nach dem ersten Kontakt mit seinem Zimmer außerhalb dieses Zimmers auf den Fluren der LEA gesucht und in der Nähe von Sanitärräumen angetroffen haben. Die Flure der Gemeinschaftseinrichtung stellen an den oben (unter III.1.) genannten Maßstäben gemessen keine „Wohnung“ des Klägers (oder anderer Einrichtungsbewohner) dar. Es kann bereits nicht angenommen werden, dass die Bewohner den Willen haben, die erkennbar der Fortbewegung dienenden Flure ausdrücklich oder konkludent zum Rückzugsbereich ihrer privaten Lebensgestaltung machen zu wollen. Unabhängig davon könnte der Zweck, in einem Raum ein Mindestmaß an Privatsphäre in Anspruch zu nehmen und von staatlichen Eingriffen grundsätzlich „in Ruhe gelassen“ zu werden, auf dem Flur einer Gemeinschaftseinrichtung von vornherein nicht erreicht werden.
114 
b) Die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Voraussetzungen für das bei der Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 mithin nur erfolgte „Betreten“ des Zimmers des Klägers lagen vor.
115 
Im Rahmen der Schrankenregelungen des Art. 13 GG stellen Rechte zum Betreten von Zimmer in einer LEA, wie oben gezeigt (vgl. 1.c)), ähnlich wie bei Betriebs- und Geschäftsräumen sowie Krankenzimmern keine „Eingriffe und Beschränkungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG dar und verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG, wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten ermächtigt, das Betreten einem erlaubten Zweck dient und für dessen Erreichung erforderlich ist, das Gesetz Zweck, Gegenstand und Umfang des Betretens erkennen lässt und das Betreten auf Zeiten beschränkt wird, in denen die Räume normalerweise für die betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen.
116 
Eine diesen Anforderungen genügende einfachgesetzliche Rechtsgrundlage lag mit § 6 Abs. 1 LVwVG vor, wonach der Vollstreckungsbeamte befugt ist, das Besitztum des Pflichtigen zu betreten und zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Die Voraussetzungen dieser einfachgesetzlichen Rechtsgrundlage waren ebenfalls erfüllt. Das Betreten des Zimmers war insbesondere im Sinne dieser Vorschrift „erforderlich“, da die Beamten den Zweck der Vollstreckung - die Abschiebung des Klägers - nur erreichen konnten, wenn sie seine Identität anhand der nach seinen Angaben im Zimmer befindlichen Dokumente überprüfen und den Kläger auch zur Eigensicherung fortlaufend beobachten konnten.
117 
IV. Das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des dem Kläger damals in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmers wurde auch im Übrigen rechtsfehlerfrei durchgeführt. Die übrigen (besonderen) Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor.
118 
1. Einer nach dem allgemeinen Verwaltungsvollstreckungsrecht grundsätzlich erforderlichen vorherigen Androhung und Fristsetzung (vgl. § 20 LVwVG) bedurfte es gemäß § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG (schon vor dem Erlass der, wie gezeigt, einer Festsetzung des Zwangsmittels entsprechenden Abschiebungsanordnung) nicht.
119 
2. Die Vollstreckung erwies sich auch als verhältnismäßig (vgl. § 52 Abs. 1 PolG) und war insbesondere zur Nachtzeit zulässig. Die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 LVwVG für eine Vollstreckung zur Nachtzeit erforderliche schriftliche Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde lag mit dem Vollstreckungsauftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.04.2018 vor. Die Vollstreckung während der Nachtzeit war auch im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 LVwVG gemessen an dem von dem Beklagten verfolgten, damals legitimen Ziel der Abschiebung des seinerzeit ausreisepflichtigen Klägers „erforderlich“ (verhältnismäßig). Das hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil mit eingehender, das besondere Gewicht des mit einem nächtlichen Betreten verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (vgl. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG; zu nächtlichen Wohnungsdurchsuchungen BVerfG, Beschl. v. 12.03.2019 - 2 BvR 675/14 - BVerfGE 151, 67) berücksichtigender und insgesamt zutreffender Begründung entschieden (vgl. Bl. 34 f. i.V.m. §§ 30 f. d. UA.). Der Senat sieht insoweit gemäß § 130b Satz 2 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück.
120 
Substantiierte Einwände hat der Kläger dem angefochtenen Urteil insoweit mit seinem schriftsätzlichen Vortrag nicht entgegengesetzt. Soweit er in der mündlichen Verhandlung auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 04.03.2021 - 5 I 3/21 - (juris) verwiesen hat, ergeben sich auch daraus keine durchgreifenden Bedenken gegen das im vorliegenden Verfahren stattgehabte Betreten zur Nachtzeit. Das Verwaltungsgericht Köln hat sich in der Entscheidung zur Auslegung von § 58 Abs. 7 AufenthG (2019) geäußert, wonach die Wohnung zum Zweck einer Abschiebung zur Nachtzeit nur betreten oder durchsucht werden darf, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird (Satz 1), wobei nach Satz 2 die „Organisation der Abschiebung“ keine Tatsache im Sinne von Satz 1 ist. Das Verwaltungsgericht Köln hat in dem genannten Beschluss die Auffassung vertreten, dass aus § 58 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (2019) folge, dass zur Nachtzeit nicht durchsucht werden dürfe, wenn die Ergreifung des Ausländers auch außerhalb der Nachtzeit möglich wäre, aber die Abschiebung aufgrund organisatorischer Gründe wie den Abflugzeiten der gebuchten Chartermaschine einen Aufgriff zur Nachtzeit erfordern (vgl. VG Köln, a.a.O., Ls. 2 und Rn. 32 ff.). Der Verweis auf diese Entscheidung führt im vorliegenden Verfahren nicht weiter. Der Kläger übersieht bereits, dass § 58 Abs. 7 AufenthG 2019 für den vorliegenden, eine im Juni 2018 durchgeführte Abschiebung betreffenden Fall keinen gesetzlichen Maßstab bildet, weil diese Vorschrift 2018 noch nicht in Kraft war (vgl. näher dazu oben unter I.). Die stattdessen einschlägigen Rechtsgrundlagen aus dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz, insbesondere die §§ 6 und 9 LVwVG, enthalten auch keine § 58 Abs. 7 AufenthG 2019 entsprechenden Bestimmungen. Der Kläger übergeht bei seinem Verweis auf den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 04.03.2021 (a.a.O.) außerdem, dass das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen diese Entscheidung mit Beschluss vom 18.03.2021 - 18 E 221/21 - (NVwZ-RR 2021, 341) aufgehoben, die im dortigen Verfahren beantragte Durchsuchungsanordnung erlassen und - zutreffend - entschieden hat, dass organisatorische Rahmenbedingungen, die weder durch die zuständige Behörde noch durch bei der Abschiebung beteiligte sonstige deutsche Behörden beeinflusst werden können und damit deren Organisationsspielraum begrenzen, keine organisatorischen Gründe im Sinne des die Zulässigkeit von Durchsuchungen zur Nachtzeit einschränkenden Regelung des § 58 Abs. 7 Satz 2 AufenthG 2019 sind (vgl. OVG NRW, a.a.O. = juris Ls. 3 und Rn. 16 ff.). Der Kläger nimmt bei seinem auf die Frage der Verhältnismäßigkeit des Betretens zur Nachtzeit zielenden Einwand unabhängig davon nicht ausreichend in den Blick, dass die italienischen Behörden darauf angewiesen waren, dass der Kläger spätestens am Nachmittag im Land eintrifft, und eine in Ellwangen beginnende Abschiebung, die bis zum Nachmittag in Italien enden soll, ohne einen Beginn am frühen Morgen auf mehrere Tage erstreckt werden müsste, was möglicherweise eine Abschiebungshaft erfordern und sich unabhängig davon jedenfalls nicht als im Vergleich zu einem frühmorgendlichen Beginn milderes Mittel erweisen würde. Auch das hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung bereits sinngemäß und zu Recht entschieden.
121 
3. Rechtliche Bedenken gegen das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des Zimmers des Klägers ergeben sich schließlich auch nicht daraus, dass - wie er in der mündlichen Verhandlung des Senats sinngemäß geltend gemacht hat - in dem Zimmer ein weiterer Bewohner anwesend gewesen sei und dieser nicht ausdrücklich in das Betreten des Zimmers eingewilligt habe. Ein solches Einwilligungserfordernis bestand nicht. Der Landesgesetzgeber hat für den Fall von Durchsuchungen Einwilligungsvorbehalte und Duldungspflichten geregelt (vgl. § 6 Abs. 3 LVwVG und zur Gesetzesbegründung LT-Drs. 13/3201, S. 290), für das bloße Betreten von Wohnungen hingegen wegen der erheblich geringeren Eingriffsintensität einer solchen Maßnahme nicht. § 6 Abs. 1 Satz 1 LVwVG bietet eine - auch insoweit den oben genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende - Rechtsgrundlage deshalb für ein Betreten des Besitztums des Vollstreckungsschuldners („Pflichtigen“) auch dann, wenn Dritte an diesem Besitztum Mitbesitz haben. Unabhängig davon ist im vorliegenden Fall schon in tatsächlicher Hinsicht weder substantiiert vorgetragen noch sonst erkennbar, dass der (nach Angaben des Klägers inzwischen mit heute unbekannte Aufenthalt abgeschobene) damalige Mitbewohner in das Betreten des Zimmers nicht konkludent eingewilligt hat. Insbesondere hat der Kläger selbst nicht vorgetragen und ist weder den Aussagen der vom Senat vernommenen Zeugen noch den aktenkundigen Erklärungen zum Ablauf der Geschehnisse zu entnehmen, dass er dem Vorgang widersprochen oder sich auf andere Weise dagegen ausgesprochen hat.
122 
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 126 Abs. 3 Satz 2, § 155 Abs. 2 VwGO VwGO.
123 
D. Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist zwar die Frage, ob ein Zimmer in einer LEA als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG einzuordnen ist. Denn die Beantwortung dieser Frage hängt, wie gezeigt, ausgehend von den insoweit höchstrichterlich bereits geklärten Maßstäben von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzliche Bedeutung hat aber die entscheidungserhebliche Frage, ob es für die Prüfung, ob ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt aus Art. 13 Abs. 2 GG besteht, darauf ankommt, ob die Behörde subjektiv und ex ante betrachtet eine Durchsuchung in Betracht zieht, oder ob maßgeblich ist, ob objektiv und ex post betrachtet tatsächlich eine Durchsuchung stattfand.
124 
Beschluss
vom 28. März 2022
125 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 21. Februar 2021 gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG und in Anlehnung an Nr. 35.1 des Streitwertkatalogs auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Der Senat bemisst die von dem Kläger angefochtenen Maßnahmen zur Durchsetzung einer Abschiebung - insoweit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung entsprechend - insgesamt mit dem Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG.
126 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Soweit der Kläger seine Berufung in der mündlichen Verhandlung mit Einwilligung des Beklagten (vgl. § 126 Abs. 1 Satz 2 VwGO) zurückgenommen hat, bewirkt das in diesem Umfang den Verlust des Rechtsmittels (§ 126 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Das Berufungsverfahren war insoweit zur Klarstellung deklaratorisch einzustellen (vgl. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).Im Übrigen ist die Berufung zulässig (A.), aber nicht begründet (B.).
28 
A. Die Berufung ist in dem nach der erfolgten Teilrücknahme anhängig gebliebenen Umfang zulässig.
29 
Sie ist nach der durch das Verwaltungsgericht erfolgten Zulassung statthaft (§ 124 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat in Bezug auf den zuletzt nur noch anhängigen Streitgegenstand auch die Frist- und Begründungsanforderungen aus § 124a Abs. 2 und 3 VwGO erfüllt. Er hat die Berufung nach der am 11.03.2021 erfolgten Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils am 08.04.2021 fristgerecht eingelegt (vgl. § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO). Er hat innerhalb der gemäß § 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO bis zum 11.06.2021 verlängerten Begründungsfrist mit dem innerhalb dieser Frist allein eingereichten Schriftsatz vom 11.05.2021 auch einen im Sinne von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO hinreichend bestimmten Berufungsantrag gestellt (I.) und die Berufung in Bezug auf den noch anhängigen Streitgegenstand ausreichend begründet (II.).
30 
I. Zu dem von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO geforderten Berufungsantrag gehören der Rechtsmittelantrag - also der Antrag auf Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Urteils - sowie der Sachantrag zu der Frage, inwieweit das ursprüngliche materielle Klagebegehren in der Berufungsinstanz weiterverfolgt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.10.2020 - 5 S 2617/19 - RdL 2021, 150; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 124a Rn. 25; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 124a Rn. 87). § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt mit dem Erfordernis eines „bestimmten Antrags“ allerdings nicht, dass ein ausdrücklicher Berufungsantrag gestellt wird. Dem Antragserfordernis wird regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung des zugelassenen Berufungsverfahrens festhalten will (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.09.2011 - 3 B 56.11 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2015 - 10 S 96/13 - MedR 2016, 453). An diesen Maßstäben gemessen, hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 11.05.2021 einen ausreichenden Berufungsantrag gestellt. Ausdrücklich hat er darin zwar nur einen Rechtsmittelantrag formuliert („das Urteil […] aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde“). Bei der gebotenen Berücksichtigung der übrigen Ausführungen in dem Schriftsatz ergibt die sachdienliche Auslegung (vgl. § 125 Abs. 1, § 88 VwGO) aber, dass er implizit auch einen Sachantrag gestellt hat. Denn er hat darin inhaltlich zum Ausdruck gebracht, dass er mit seinem Berufungsantrag (damals noch) sein erstinstanzliches, insoweit vom Verwaltungsgericht abgewiesenes Begehren weiterverfolgen wollte, festzustellen, dass auch die durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten am 20.06.2018 durchgeführten Maßnahmen „Betreten des klägerischen Zimmers“, „Durchsuchung des Klägers“, „Einsatz körperlicher Gewalt“, „liegender Transport“ und „zeitweise Fesselung mit Hand- und Fußschellen“ rechtswidrig gewesen sind.
31 
II. Den so ausgelegten Berufungsantrag hat der Kläger durch seine in der mündlichen Verhandlung erklärte teilweise Rücknahme der Berufung dahingehend beschränkt, dass er zuletzt noch begehrt, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und festzustellen, dass auch die durch den Polizeivollzugsdienst des Beklagten gegenüber ihm (dem Kläger) am 20.06.2018 im Rahmen seiner Abschiebung durchgeführten Maßnahme „Betreten des klägerischen Zimmers“ rechtswidrig gewesen ist. In Bezug auf diesen verbleibenden Streitgegenstand hat der Kläger seinen Berufungsantrag innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in einer § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügende Weise begründet. Die nach dieser Vorschrift gebotene Anführung der Berufungsgründe erfordert, dass die Begründung der Berufung substantiiert und konkret auf den Streitfall und die tragenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zugeschnitten ist. Sie muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür muss er zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.02.2018 - 1 B 1.18 - juris, m.w.N.; Senat, Urt. v. 13.02.2018 - 1 S 1468/17 - juris, und v. 21.07.2017 - 1 S 1240/16 - VBlBW 2017, 338). Diesen Anforderungen hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 11.05.2021 in Bezug auf den im Berufungsverfahren zuletzt (nur) noch gestellten Sachantrag entsprochen. Denn er hat sich in dem Schriftsatz vom 11.05.2021 mit den insoweit entscheidungstragenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zur Frage der Einordnung eines LEA-Zimmers als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG und § 6 Abs. 2 LVwVG eingehend auseinandergesetzt.
32 
B. Die Berufung ist aber nicht begründet.
33 
Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsklage in Bezug auf die im Rahmen der am 20.06.2018 erfolgten Abschiebung des Klägers durchgeführte Maßnahme „Betreten des klägerischen Zimmers“ im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist insoweit zulässig, aber unbegründet.
34 
Das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des dem Kläger damals in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmers war rechtmäßig. Es war als Teil einer spezialgesetzlich geregelten Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung gemessen an den hierfür im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Vorschriften (I.), deren allgemeine Voraussetzungen vorlagen (II.), ohne vorherige richterliche Durchsuchungsanordnung zulässig (III.) und wurde auch im Übrigen rechtsfehlerfrei durchgeführt (IV.).
35 
I. Die Rechtsgrundlage für das Betreten des Zimmers des Klägers bildeten § 34a AsylG, § 58 AufenthG i.V.m. § 49 Abs. 1 PolG und § 1 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 2 und 3, §§ 5 bis 9 LVwVG sowie § 8 AAZuVO in den am 20.06.2018 geltenden Fassungen. Zu Unrecht macht der Kläger mit der Berufung geltend, das Verwaltungsvollstreckungsrecht biete für die Abschiebung und insbesondere das Betreten seines Zimmers keine geeignete gesetzliche Grundlage.
36 
Ein Ausländer ist gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Nähere Maßgaben hierzu treffen das Aufenthaltsgesetz und gegebenenfalls das Asylgesetz, insbesondere § 34a AsylG für den Fall der Abschiebung eines Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. der dort zitierten sog. Dublin III-Verordnung).
37 
Bei einer Abschiebung im Sinne des Aufenthalts- und des Asylgesetzes handelt es sich um eine spezialgesetzlich geregelte Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung in der Form der Ausübung unmittelbaren Zwangs (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265; Gordzielik, in: Huber/Mantel, AufenthG/AsylG, 3. Aufl., § 58 AufenthG Rn. 2; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.01.1999 - 9 S 3097/98 - VBlBW 1999, 190; BT-Drs. 10/10706, S. 14; Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl., § 58 AufenthG Rn. 2; Hailbronner/Fritzsch, in: Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Okt. 2021, § 58 AufenthG Rn. 6; Albracht/Naujoks, NVwZ 1986, 26; Meyer, NVwZ 1988, 206 <214>; Kluth, in: Kluth/Heusch, BeckOK ausländerrecht, 31. Ed., § 58 AufenthG § 58 Rn. 5). Die Abschiebung ist ein Realakt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.2018 - 1 C 21.17 - juris; Hocks, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl., § 58 AufenthG Rn. 1 m.w.N.) und dient der zwangsweisen Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht eines Ausländers, indem dieser aus dem Bundesgebiet entfernt wird (Gordzielik, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 2; Fleuß, in: Heusch u.a., Asylrecht in der Praxis, 2. Aufl., Rn. 775).
38 
Mit der Abschiebung wird zwar grundsätzlich - und insoweit abweichend von allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Grundsätzen (vgl. insoweit § 2 LVwVG) - auch beim Vorliegen einer Abschiebungsanordnung (vgl. Hailbronner/Fritzsch, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 2 ff., 7) kein Verwaltungsakt vollstreckt, sondern unmittelbar eine gesetzliche, nicht vertretbare Handlungspflicht - die Ausreisepflicht - durchgesetzt, für die ein Verwaltungsakt in der Regel allenfalls mittelbar eine Rolle spielen kann (vgl. HessVGH, Urt. v. 21.06.2018 - 3 A 2411/16 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl v. 20.6.2016 - 11 S 914/16 - juris; Dollinger, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 2; vgl. zu Einordnung der Abschiebungsanordnung als eine [nur] der Festsetzung entsprechende Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung Albracht/Naujoks, NVwZ 1986, 26 <28> m.w.N.). Gleichwohl finden auch auf die Durchführung der Abschiebung grundsätzlich die landesrechtlichen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts Anwendung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 LVwVG; dazu, dass diese Vorschrift den Anwendungsbereich des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes auf die Vollstreckung von nicht durch Verwaltungsakte geregelten Pflichten erstreckt, LT-Drs. 10/4374, S. 20; zum insoweit entsprechenden Landesrecht anderer Bundesländer OVG Bremen Beschl. v. 18.02.2020 - 2 S 43/20 - NVwZ-RR 2020, 660, v. 30.09.2019 - 2 S 262/19 - juris, und v. Beschl. v. 05.08.2019 - 2 F 211/19 - juris, m.w.N.; HambOVG, Ur. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - juris; Gordzielik, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 3 m.w.N.; Kluth, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 7 m.w.N.; Albracht/Naujoks, NVwZ 1986, 26 <27 f.> m.w.N.). Das Vollstreckungsrecht des Landes kommt nur dann nicht zum Tragen, wenn und soweit das Aufenthaltsgesetz oder gegebenenfalls das Asylgesetz spezialgesetzliche Regelungen enthalten (vgl. Gordzielik, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 26, 40; Hailbronner/Fritzsch, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 3; BT-Drs. 19/10706, S. 14).
39 
In zeitlicher Hinsicht ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Durchführung maßgeblich (vgl. Senat, Urt. v. 03.05.2021 - 1 S 512/19 - VBlBW 2022, 16, zum Vollstreckungskostenrecht; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.09.2021 - 6 S 124/19 - juris, allg. zum Vollstreckungsrecht; BayVGH, Beschl. v. 30.07.2018 - 10 CE 18.769 - BayVBl. 2019, 450, zur Abschiebung).
40 
Von diesen Grundsätzen ausgehend, bildeten im vorliegenden Fall § 34a AsylG, § 58 AufenthG i.V.m. § 49 Abs. 1 PolG und § 1 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 2 und 3, §§ 5 bis 9 LVwVG sowie § 8 AAZuVO in den am 20.06.2018 geltenden Fassungen die Rechtsgrundlage für die im Rahmen der Abschiebung des Klägers ergriffenen vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen.
41 
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 6 AAZuVO ist in Baden-Württemberg für Maßnahmen und Entscheidungen zur Beendigung des Aufenthalts von - wie hier - abgelehnten Asylbewerbern einschließlich der Organisation der Abschiebung das Regierungspräsidium Karlsruhe landesweit zuständig. Das Regierungspräsidium handelt insoweit als Vollstreckungsbehörde (vgl. § 4 Abs. 2 LVwVG), die andere Behörden um Vollstreckungshilfe ersuchen kann (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 LVwVG). Richtet das Regierungspräsidium ein solches Ersuchen an eine Behörde des Polizeivollzugsdienstes des Landes - wie hier mit an das Polizeipräsidium Aalen gerichtetem Vollstreckungsauftrag vom 26.04.2018 geschehen -, wird diese Behörde im Wege der Amtshilfe (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 LVwVG i.V.m. §§ 4 bis 8 LVwVfG) in der Gestalt von Vollstreckungshilfe tätig, die eine Unterform der Vollzugshilfe im Sinne von § 60 Abs. 5 PolG a.F. darstellt (vgl. zu Abschiebungen Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl., § 60 Rn. 17; allg. zur Anwendung unmittelbaren Zwangs Senat, Beschl. v. 03.05.2021 - 1 S 1024/21 - juris; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl., § 60 Rn. 15, zum unmittelbaren Zwang und Durchsuchungen; wohl tlw. a.A. zum dortigen Landesrecht OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019, a.a.O.: Da bei der Abschiebung kein Verwaltungsakt vollstreckt werde, komme es auf die „Rechtmäßigkeit einer Amtshilfe nach §§ 4 ff. BremVwVfG“ nicht an.).
42 
Die Rechtmäßigkeit der Vollzugshandlung selbst ist nach dem Recht zu beurteilen, das für den Polizeivollzugsdienst gilt (vgl. Stephan/Deger, a.a.O., § 60 Rn. 17). Erfolgt der Vollzug - wie hier geschehen - durch die Anwendung von Polizeizwang, bilden die Vorschriften des Polizeigesetzes zum Polizeizwang - im Jahr 2018 die §§ 49 ff. PolG vom 13.01.1992 in der Fassung vom 28.11.2017, die von hier nicht interessierenden Änderungen abgesehen im Wesentlichen bis zum 31.12.2019 galten (PolG a.F., im Folgenden nur noch: PolG) - und nach Maßgabe von § 49 Abs. 1 PolG das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz vom 12.03.1974 in der seither unveränderten Fassung vom 23.02.2017 den Maßstab (vgl. Stephan/Deger ebd.). Hierbei ist der Polizeivollzugsdienst grundsätzlich nur für die Art und Weise der Durchführung der Maßnahmen verantwortlich, nicht hingegen für die Recht- und Zweckmäßigkeit der Maßnahme, die vollzogen werden soll und für die der ersuchenden Behörde, die Herrin des Verfahrens bleibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.01.2021 - 3 S 4271/20 - juris), die Verantwortung zukommt (vgl. § 7 LVwVfG; Stephan/Deger, a.a.O., § 60 Rn. 17; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl., § 60 Rn. 18).
43 
Diesen landesrechtlichen Vorschriften vorgehende, spezialgesetzliche Regelungen enthielt das Bundesrecht im maßgeblichen Zeitpunkt am 20.06.2018 abgesehen von den Maßgaben des § 34a AsylG nicht. Insbesondere wurden die Vorschriften über das Festhalten von Personen und die Durchsuchung von Wohnungen zum Zwecke der Abschiebung in § 58 Abs. 4 bis 9 AufenthG n.F. erst durch das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.08.2019 (BGBl. I S. 1294) mit Wirkung vom 21.08.2019 und damit nach der im vorliegenden Fall streitbefangenen Abschiebung vom 20.06.2018 in das Aufenthaltsgesetz eingefügt (vgl. zu dem nach Ansicht des Bundesgesetzgebers wegen Regelungslücken vor allem im Berliner Landesverwaltungsvollstreckungsrecht damals bestehenden Regelungsbedarf, BT-Drs. 19/10706, S. 14, und OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 19.02.2018 - OVG 6 L 14.18 - juris).
44 
Auf die vorstehenden verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Rechtsgrundlagen hat sich bei der Abschiebung am 20.06.2018 auch der Beklagte der Sache nach gestützt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat in seinem Vollstreckungsauftrag vom 26.04.2018 zur Abschiebung des Klägers ausdrücklich auf § 58 AufenthG, §§ 9, 26 LVwVG und §§ 50 ff. PolG in den damals geltenden Fassungen verwiesen (vgl. a.a.O., S. 2 = Bl. 2 der Verwaltungsakte des Polizeipräsidiums Aalen - Az. RuD 639/18, Ordner „Abschiebung“).
45 
II. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen im Zeitpunkt des Vollzugs der Abschiebung am 20.06.2018 vor.
46 
1. Eines vollstreckungsfähigen (unanfechtbaren oder sofort vollziehbaren) Grundverwaltungsakts im Sinne von § 2 LVwVG bedurfte es für die Vollstreckung der Abschiebung aus den oben (unter I.) genannten Gründen nicht, da die insoweit spezialgesetzlich ausgestaltete Abschiebung unmittelbar der Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht dient. Keiner Entscheidung bedarf es, ob die Rechtmäßigkeit einer vom Polizeivollzugsdienst im Wege der Vollstreckungshilfe durchgeführten Maßnahmen (stattdessen) vom Bestehen der gesetzlichen Ausreisepflicht abhängt oder ob diese Frage alleine für die Rechtmäßigkeit der von der Vollstreckungsbehörde (hier des Regierungspräsidiums Karlsruhe) zu verantwortenden Entscheidung über das Ob der Maßnahme (Abschiebung) von Belang ist. Denn es steht fest, dass der Kläger am 20.06.2018 von Gesetzes wegen zur Ausreise verpflichtet war. Mit dem Eintritt der Bestandskraft der gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG verfügten Abschiebungsanordnung im Bescheid des BAMF vom 14.03.2018 erlosch am 28.03.2018 seine Aufenthaltsgestattung (vgl. § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1 und 2 AufenthG i.V.m. § 34a, § 55 Abs. 1 Satz 1, § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AsylG).
47 
2. Das Polizeipräsidium Aalen war für die Vollstreckung der Abschiebung aufgrund des Vollstreckungsersuchens des dafür als Vollstreckungsbehörde, wie gezeigt, zuständigen Regierungspräsidiums Karlsruhe als um Vollstreckungshilfe (Vollzugshilfe) ersuchte Behörde des Polizeivollzugsdienstes zuständig (vgl. § 4 Abs. 3 LVwVG i.V.m. § 51, 60 Abs. 5 PolG a.F.; näher oben unter I.).
48 
3. Der nach § 5 LVwVG erforderliche Vollstreckungsauftrag (vgl. näher dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.01.2021 - 3 S 4271/20 - NVwZ-RR 2021, 441) lag mit dem Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.04.2018 vor.
49 
4. Der Zweck der Vollstreckung war, wie von § 11 LVwVG vorausgesetzt, am 20.06.2018 zu Beginn der Maßnahme noch nicht erreicht, aber durch die Anwendung von Vollstreckungsmitteln noch erreichbar (vgl. näher dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.01.2021, a.a.O.).
50 
III. Das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des dem Kläger damals in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmers war gemäß § 6 Abs. 1 und 2 LVwVG ohne vorherige richterliche Anordnung zulässig.
51 
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 LVwVG ist der Vollstreckungsbeamte befugt, das Besitztum des Pflichtigen zu betreten und zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Er kann dabei verschlossene Räume und Behältnisse öffnen oder öffnen lassen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 LVwVG). Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann er Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges befriedetes Besitztum gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Eine Anordnung des Verwaltungsgerichts ist nicht erforderlich, wenn die dadurch eintretende Verzögerung den Zweck der Vollstreckung gefährden würde (§ 6 Abs. 2 Satz 2 LVwVG).
52 
Mit diesen Vorschriften war das Handeln der Beamten des Polizeivollzugsdienstes des Beklagten bei der Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 vereinbar. Bei dem ihm in der LEA damals zugewiesenen Zimmer handelte es sich zwar um eine „Wohnung“ im Sinne von § 6 Abs. 2 LVwVG (1.). Die Beamten haben diese Wohnung aber nicht im Sinne dieser Vorschrift „durchsucht“, sondern lediglich im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 LVwVG „betreten“ (2.).
53 
1. Das dem Kläger in der LEA bis zum 20.06.2018 zugewiesene Zimmer war eine „Wohnung“ im Sinne von § 6 Abs. 2 LVwVG.
54 
Mit den Vorschriften in § 6 Abs. 2 LVwVG wollte der Landesgesetzgeber Art. 13 Abs. 1 GG, wonach die Wohnung unverletzlich ist, und Art. 13 Abs. 2 GG, wonach Durchsuchungen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden dürfen, Rechnung tragen (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung vom 20.07.1973 für ein Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz, LT-Drs. 6/2990, S. 19; Senat, Beschl. v. 01.06.2005 - 1 S 499/05 - VBlBW 2005, 386, und v. 04.03.1991 - 1 S 429/91 - VBlBW 1991, 591; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.04.2021 - 6 S 4129/20 - juris, und v. 26.01.2021 - 3 S 4271/20 - juris). Der Begriff der „Wohnung“ in § 6 Abs. 2 LVwVG entspricht daher demjenigen aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG.
55 
Ausgehend von dem personellen (a) und sachlichen (b) Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG und unter Berücksichtigung der Schrankenregelung des Art. 13 Abs. 2 bis 7 GG (c) sowie der gesetzlichen Vorgaben für die Erstaufnahme von Asylbewerbern (d), ist die aktuell umstrittene Frage, ob Unterkünfte der Flüchtlingsunterbringung in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fallen, in Bezug auf das dem Kläger 2018 in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmer dahin zu beantworten, dass dieses Zimmer eine „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG darstellte (e).
56 
a) Wer Träger des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG ist, entscheidet sich nicht danach wer Eigentümer, sondern grundsätzlich danach, wer Nutzungsberechtigter der im jeweiligen Einzelfall betroffenen Wohnung ist (BVerfG, Beschl. v. 27.06.2018 - 2 BvR 1562/17 - NJW 2018, 2395, m.w.N.; s. auch BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.). Vom personellen Schutzbereich erfasst ist daher jeder berechtigte Bewohner, unabhängig davon, auf welchem Rechtsverhältnis die Nutzung der Wohnung beruht (vgl. Papier, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 95. Erg.-Lfg., Art. 13 Rn. 12; Jarass, in: dems./Kment, GG, 16. Aufl., Art. 13 Rn. 6; Gornig, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 13 Rn. 27).
57 
b) Der Begriff der „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG ist mit Blick auf Entstehungsgeschichte und Schutzzweck der Norm weit auszulegen und geht über das umgangssprachliche Begriffsverständnis hinaus (vgl. BVerfG, Urt. v. 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98 u.a. - BVerfGE 109, 279; Urt. v. 17.02.1998 - 1 BvF 1/91 - BVerfGE 97, 228; Beschl. v. 13.10.1971 - 1 BvR 280/66 - BVerfGE 32, 54; BVerwG, Urt. v. 25.08.2004 - 6 C 26.03 - BVerwGE 121, 345; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992 - NVwZ 1993, 388; BGH, Urt. v. 10.08.2005 - 1 StR 140/05 - BGHSt 50, 206). Art. 13 Abs. 1 GG verbürgt dem Einzelnen mit Blick auf die Menschenwürde sowie im Interesse der Entfaltung der Persönlichkeit einen elementaren Lebensraum, in den nur unter den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 bis 7 GG eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE, Beschl. v. 16.06.2015 - 2 BvR 2718/10 u.a. - BVerfGE 139, 245; Urt. v. 27.02.2008, a.a.O.; Beschl. v. 26.05.1993 - 1 BvR 208/93 - BVerfGE 89, 1). Die Unverletzlichkeit der Wohnung hat einen engen Bezug zur Menschenwürde und steht zugleich im nahen Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Gebot unbedingter Achtung einer Sphäre des Bürgers für eine ausschließlich private, „höchstpersönliche“ Entfaltung (vgl. BVerfG, Urt. v. 03.03.2004, a.a.O.). Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht. In diese sollen der Staat oder von ihm ermächtigte Dritte grundsätzlich nicht gegen den Willen der Bewohner eindringen dürfen (BVerfG, Urt. v. 17.02.1998, a.a.O.). Schutzgut ist demnach die räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet (BVerfGE, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. - BVerfGE 120, 274). Art. 13 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, in den geschützten Räumen „in Ruhe gelassen zu werden“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.03.2019 - 2 BvR 675/14 - BVerfGE 151, 67; Urt. v. 03.03.2004, a.a.O.; Beschl. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142; Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 1, m.w.N.).
58 
Der Begriff der Wohnung im Sinne des Art. 13 GG umfasst davon ausgehend neben der Wohnung im engeren, umgangssprachlichen Sinn jeden Raum, den ein Mensch der allgemeinen Zugänglichkeit entzieht und - auch nur vorübergehend - zur Stätte seines Lebens und Wirkens bestimmt (vgl. Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 10; Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 1; jeweils m.w.N.). Dabei sind an die Zweckbestimmung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Sie kann durch Mauern oder Zäune oder sonstige Zeichen, die das private, d.h. nicht allgemein Zugängliche deutlich machen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992 - NVwZ 1993, 388; ähnl. BGH, Urt. v. 24.07.1998 - 3 StR 78/98 - BGHSt 44, 138, m.w.N.), oder durch sonstiges Verhalten konkludent kundgetan werden (vgl. Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 14 f.: zum Beispiel durch Schilder). Maßgeblich ist die nach außen erkennbare Zweckbestimmung des Nutzungsberechtigten (BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.).
59 
In den Schutzbereich des Grundrechts fallen daher beispielsweise auch unmittelbar an Wohnräume im engeren Sinne angrenzende, als Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung ausgewiesene befriedete Bereiche wie ein Hof, Garten oder Spielplatz (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992 - NVwZ 1993, 388; Wolff, in: Hömig/Wolff, GG. 13. Aufl., Art. 13 Rn. 5 m.w.N.). Erfasst sind ferner Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (stRspr, vgl. grdl. BVerfG, Beschl. v. 13.10.1971, a.a.O.; krit. Kühne, in: Sachs, GG, 9. Aufl., Art. 13 Rn. 4, m.w.N.), wobei zu den geschützten Räumlichkeiten auch diejenigen Teile der Betriebsräume gehören, die der Hausrechtsinhaber aus eigenem Entschluss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O., m.w.N.). Als Wohnung im Sinne von Art. 13 GG sind ferner „Räume der Freizeit, Räume der Mobilität“ und „kultusbezogene“ sowie „der sozialen Beratung“ zuzuordnende Räume anzusehen, wenn sie die Privatheit der Lebensgestaltung ermöglichen, denn deren Schutz soll, wie gezeigt, durch diese Vorschrift umfassend gewährleistet werden (BGH, Urt. v. 10.08.2005 - 1 StR 140/05 - BGHSt 50, 206, m.w.N.). Dazu zählen etwa, sofern sie wie Privaträume genutzt werden, Gartenhäuser, Hotelzimmer, Wohnwagen, Wohnmobile, bewohnbare Schiffe, Zelte, ferner Personalaufenthaltsräume, Arbeitshallen und Werkstätten (vgl. BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O., und Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.; zu einem im Rahmen einer „Wagenburg“ genutzten Wohn- und Bauwagen auch Senat, Beschl. v. 15.04.1997 - 1 S 2446/96 - VBlBW 1997, 349) sowie Schlafwagenabteile (BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O.; ebenso Gornig, der aber „Liegewagenabteile“ als nicht mehr erfasst ansieht, vgl. a.a.O., Art. 13 Rn. 18, 21 m.w.N.). Ebenfalls in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fallen Krankenzimmer, selbst wenn diese Räumlichkeiten nur zu bestimmten Zwecken der Unterbringung und nur vorübergehend überlassen werden. Zwar mag bei Krankenzimmern wie bei Geschäftsräumen nicht der volle Schutz des Art. 13 GG zugunsten der Wahrung der räumlichen Privatsphäre gelten wie bei der Wohnung im engeren Sinne, weil den Krankenhausärzten und dem übrigen Krankenhauspersonal aufgrund ihres Heil- und Betreuungsauftrages Betretungs-, Überwachungs- und Kontrollbefugnisse zustehen. Diese Rechte heben jedoch den Privatcharakter des Krankenzimmers nicht auf (BGH, Urt. v. 10.08.2005 - 1 StR 140/05 - BGHSt 50, 206, m.w.N.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 5; Kluckert, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, GG, 49. Ed., Art. 13 Rn. 2; Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 18; vgl. zu dem abgestuften Schutz von Art. 13 GG bei Geschäftsräumen und dergleichen grdl. BVerfG, Beschl. v. 13.10.1971, a.a.O., und näher noch sogleich). Auch Zimmer in Studentenwohnheimen oder Altersheimen fallen in den Schutzbereich (Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 4 m.w.N.). Das Gleiche gilt für zur Behebung von Obdachlosigkeit zugewiesene Notunterkünfte (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 08.02.1989 - 6 S 150/88 - NVwZ-RR 1990, 194) jedenfalls dann, wenn es sich dabei um zur alleinigen Nutzung zugewiesene Räumlichkeiten handelt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 26.10.1990 - 4 TH 1480/90 - ESVGH 41, 314).
60 
Nicht vom Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG umfasst sind dagegen zum Beispiel im Rahmen des Üblichen zur Fortbewegung genutzte Personenkraftwagen (vgl. BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O., und v. 24.07.1998, a.a.O., m.w.N.), Strandkörbe und Telefonzellen (Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 20). Gleiches gilt für Hafträume einer Justizvollzugsanstalt, weil Anstaltsmitarbeiter Hafträume jederzeit unabhängig vom Einverständnis der dort untergebrachten Gefangenen zu betreten befugt sind (vgl. BVerfGE Beschl. v. 30.05.1996 - 2 BvR 727/94 u.a. - NJW 1996, 2643). Ebenfalls nicht erfasst sind Besucherräume in einer Untersuchungshaftvollzugsanstalt. Denn diese gewähren dem Gefangenen keine Privatsphäre, wie sie der Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG voraussetzt. Das Recht des Einzelnen, in Ruhe gelassen zu werden, wird einem Gefangenen unter den besonderen Bedingungen des Untersuchungshaftvollzugs in einem Besucherraum nur in erheblich beschränktem Umfang gewährleistet; eine räumliche Privatsphäre ist dort noch weniger garantiert als in einem Haftraum (BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.). Umstritten und in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist, ob Unterkunftsräume von Soldaten oder Polizeibeamten als Wohnung im Sinne des Art. 13 GG anzusehen sind (offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 10.03.2009 - 2 WBD 3.08 - BVerwGE 133, 231, m.w.N. zum Meinungsstand; abl. BGH, Urt. v. 24.07.1998, a.a.O.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 5; Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 10).
61 
Nicht von Art. 13 Abs. 1 GG geschützt ist in allen Konstellation das Besitzrecht an einer bestehenden Wohnung oder der Wunsch nach einer solchen. Art. 13 Abs. 1 GG schützt nicht das Interesse, eine bestimmte Wohnung zum Lebensmittelpunkt zu machen und sie hierfür zu behalten. Der Schutz der Wohnung nach Art. 13 GG soll vielmehr, wie oben gezeigt, Störungen vom privaten Leben fernhalten (vgl. BVerfGE, Beschl. v. 26.05.1993 - 1 BvR 208/93 - BVerfGE 89, 1; BSG, Urt. v. 24.07.2003 - B 3 P 4/02 R -, BSGE 91, 174; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 6; Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, 84. Lfg., Art. 13 Rn. 13; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 14. Aufl., Art. 13 Rn. 7).
62 
c) Die Weite des Wohnungsbegriffs in Absatz 1 des Art. 13 GG hat Auswirkungen auf die Auslegung der Schrankenregelungen in den Absätzen 2 ff., in deren gesetzessystematischem Zusammenhang jene Vorschrift steht.
63 
Nach Art. 13 Abs. 2 GG dürfen Durchsuchungen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. Die Absätze 3 bis 6 des Art. 13 GG enthalten spezialgesetzliche Vorgaben für die - im vorliegenden Fall nicht relevante - technische Wohnraumüberwachung. Nach Art. 13 Abs. 7 GG dürfen Eingriffe und Beschränkungen im Übrigen - d.h. außerhalb der Anwendungsbereiche der Absätze 2 bis 6 (näher zum Verhältnis der Absätze 2 bis 7 Kluckert, a.a.O., Art. 13 Rn. 24 ff.; krit. und teils a.A. Kühne, a.a.O., Art. 13 Rn. 25 ff.) - nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
64 
Die Weite des Wohnungsbegriffs hat zur Folge, dass an die Zulässigkeit von Eingriffen und Beschränkungen im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG je nach der Nähe der Örtlichkeiten zur räumlichen Privatsphäre unterschiedlich hohe Anforderungen gestellt werden. Während bei Räumen, in denen sich das Privatleben im engeren Sinn abspielt, das Schutzbedürfnis am größten ist und der Schutzzweck des Grundrechts daher in vollem Umfang durchgreift, wird das Schutzbedürfnis beispielsweise bei reinen Betriebs-, Geschäfts- oder Arbeitsräumen durch den Zweck gemindert, den sie nach dem Willen des Inhabers besitzen. Je größer ihre Offenheit nach außen ist und je mehr sie zur Aufnahme sozialer Kontakte für Dritte bestimmt sind, desto schwächer wird der grundrechtliche Schutz. Nach diesen Grundsätzen stellen zum Beispiel Rechte zum Betreten von Betriebsräumen keine „Eingriffe und Beschränkungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG dar und verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG, wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten ermächtigt, das Betreten einem erlaubten Zweck dient und für dessen Erreichung erforderlich ist, das Gesetz Zweck, Gegenstand und Umfang des Betretens erkennen lässt und das Betreten auf Zeiten beschränkt wird, in denen die Räume normalerweise für die betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.02.1998 - 1 BvF 1/91 - BVerfGE 97, 228, und Beschl. v. 13.10.1971, a.a.O.; Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 15 ff., 20; Jarass, a.a.O., Art. 13 Rn. 10a; Gornig, a.a.O., Art. 13 Rn. 26; Hofmann, a.a.O., Art. 13 Rn. 8; zum Gesetzesvorbehalt für Betretensrechte auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.1992, a.a.O. ; jeweils m.w.N.).
65 
d) Für die Entscheidung, ob ausgehend von den vorstehenden Maßstäben Räume der Flüchtlingsunterbringung als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG einzuordnen sind und welchen Schutz ihnen Art. 13 Abs. 2 und 7 GG konkret vermittelt, ist der unions-, bundes- und landesgesetzliche Rahmen zu berücksichtigen, innerhalb dessen die Flüchtlingsunterbringung erfolgt.
66 
Unionsrechtliche Maßgaben enthält die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU. Diese Richtlinie beansprucht Anwendung „in allen Räumlichkeiten und Einrichtungen für die Unterbringung von Antragstellern (auf internationalen Schutz) und so lange, wie sie als Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bleiben dürfen“ (Erwägungsgrund 8). Sie beruht auf der Erwägung, dass „Normen für die Aufnahme von Antragstellern festgelegt werden (sollten), die diesen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und vergleichbare Lebensbedingungen in allen Mitgliedstaaten gewährleisten.“ Nach Art. 7 Abs. 1 AufnRL dürfen sich Antragsteller grundsätzlich „im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats oder in einem ihnen von diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Gebiet frei bewegen. Das zugewiesene Gebiet darf die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigen und muss hinreichenden Raum dafür bieten, dass Gewähr für eine Inanspruchnahme aller Vorteile aus dieser Richtlinie gegeben ist.“ Die Vorgabe, dass Maßnahmen der Mitgliedstaaten „die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigen“ dürfen, gilt jedenfalls für Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die sich - wie z.B. Meldeauflagen - nicht als „Haft“ im Sinne von Art. 8 AufnRL darstellen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AufnRL und dazu EuGH, Urt. v. 14.05.2020 - C-924/19 PPU u.a. - EuGRZ 2020, 546, Rn. 222). Nach Artikel 17 (Allgemeine Bestimmungen zu materiellen Leistungen im Rahmen der Aufnahme und zur medizinischen Versorgung) sorgen die Mitgliedstaaten dafür, „dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleistet“ (Art. 17 Abs. 2 UAbs. 1 AufnRL). Gemäß Artikel 18 (Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen) sollte, sofern die Unterbringung als Sachleistung erfolgt, „eine der folgenden Unterbringungsmöglichkeiten oder eine Kombination davon gewählt werden: (a) Räumlichkeiten zur Unterbringung von Antragstellern für die Dauer der Prüfung eines an der Grenze oder in Transitzonen gestellten Antrags auf internationalen Schutz; (b) Unterbringungszentren, die einen angemessenen Lebensstandard gewährleisten; (c) Privathäuser, Wohnungen, Hotels oder andere für die Unterbringung von Antragstellern geeignete Räumlichkeiten.“ (Art. 18 Abs. 1 AufnRL). Bei der Unterbringung der Antragsteller in den in Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Unterkünften „berücksichtigen die Mitgliedstaaten geschlechts- und altersspezifische Aspekte sowie die Situation von schutzbedürftigen Personen“ (Art. 18 Abs. 1 AufnRL).
67 
Der Umsetzung der vorgenannten Richtlinie dient auf der Ebene des Bundesrechts insbesondere das Asylgesetz (vgl. den Verweis in der Präambel dieses Gesetzes auf die Vorgänger-Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 ). Nach § 44 Abs. 1 AsylG sind die Länder verpflichtet, für die Unterbringung Asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten sowie entsprechend ihrer Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylbegehrender in den Aufnahmeeinrichtungen notwendige Zahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen. Volljährige Ausländer, die den Asylantrag - wie in der Regel und so auch im vorliegenden Fall - bei einer Außenstelle des Bundesamtes zu stellen haben (§ 14 Abs. 1 AsylG), sind gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, bis zur Entscheidung des BAMF über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung, längstens jedoch bis zu 18 Monate „in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen“ (nach § 47 Abs. 1 AsylG in der während der Unterbringung des Klägers maßgeblichen Fassung vom 20.07.2017 : „bis zu sechs Wochen, längstens jedoch bis zu sechs Monate“). Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, ist der Ausländer verpflichtet, für die zuständigen Behörden und Gerichte erreichbar zu sein (§ 47 Abs. 3 AsylG n.F./a.F.). Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden (§ 53 Abs. 1 Satz 1 AsylG n.F./a.F.).
68 
Mit § 47 AsylG hat der Bundesgesetzgeber die Aufnahmepflicht der Länder aus §§ 44 ff. AsylG für die Phase der Erstaufnahme in eine Wohnverpflichtung umgesetzt, die den Ausländer ungeachtet der insoweit ungenauen Überschrift („Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen“) ausweislich des Wortlauts der Absätze 1 und 3 aus ordnungspolitischen Gründen, nämlich zur Beschleunigung des Asylverfahrens und ggf. zu einer effektiveren Durchsetzung der Ausreisepflicht (vgl. Giesler, in: Huber/Mantel, AufenhG/AsylG, 3. Aufl., § 47 Rn. 1, m.w.N.; s. ferner Art. 7 Abs. 2 AufnRL), nicht lediglich zum allgemeinen Aufenthalt in der Unterkunft, sondern zum Wohnen und zur Erreichbarkeit verpflichtet (vgl. Bergmann, in: dems./Dienelt, a.a.O., § 47 Rn. 2; Heusch, in: Kluth/Heusch, a.a.O., § 47 Rn. 6; Schmidt-Sommerfeld, MüKo StGB, 3. Aufl., § 47 AsylG Rn. 1).
69 
Der Landesgesetzgeber hat nähere Bestimmungen zur Aufnahme von Asylbewerbern im Gesetz über die Aufnahme von Flüchtlingen getroffen (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG ), das während der Unterbringung des Klägers in der LEA Ellwangen in der Fassung vom 11.03.2017 galt (im Folgenden: FlüAG a.F.). Dieses Gesetz ist „getragen vom Grundsatz eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 FlüAG). Es regelt unter anderem die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Ausländern, die Asyl begehren (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 FlüAG a.F.) und unterscheidet hierbei zwischen der „Erstaufnahme“ (im Sinne von § 47 AsylG) und der (anschließenden) „vorläufigen Unterbringung“ (im Sinne von § 53 AsylG). Nach § 6 Abs. 3 FlüGA a.F. wird für die Dauer der Erstaufnahme ein öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis begründet, wobei das zuständige Regierungspräsidium eine „Nutzungsordnung“ erlässt und „die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen“ erlässt (vgl. zur Zuständigkeit § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG a.F. i.V.m. der Verordnung des Integrationsministeriums [inzwischen des Justizministeriums] über die Einrichtung weiterer Landeserstaufnahmeeinrichtungen vom 05.03.2015 (GBl. S. 175)). Die der Erstaufnahme gegebenenfalls folgende Anschlussunterbringung erfolgt durch die unteren Verwaltungsbehörden als untere Aufnahmebehörden (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 FlüAG a.F.) „in Gemeinschaftsunterkünften und in Wohnungen“ (vgl. § 7 Abs. 1 FlüAG a.F.) und ist in §§ 6 Abs. 4, §§ 7 bis 9 FlüAG a.F. sowie der zugehörigen Durchführungsverordnung näher geregelt (DVO FlüAG vom 08.01.2014 in der damals maßgeblichen Fassung vom 11.03.2017 ).
70 
e) An den eingangs genannten Maßstäben für den Begriff der „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG gemessen, ist unter Berücksichtigung des oben skizzierten gesetzlichen Rahmens der Flüchtlingsunterbringung das dem Kläger in der LEA Ellwangen im Jahr 2018 zugewiesene Zimmer als „Wohnung“ einzuordnen (aa), die den Schutz von Art. 13 Abs. 2 GG, auf der Ebene von Art. 13 Abs. 7 GG allerdings nur einen eingeschränkten Schutz genießt, wie er ähnlich für Betriebs- und Geschäftsräume gilt (bb).
71 
aa) Das dem Kläger in der LEA Ellwangen zugewiesene Zimmer war eine „Wohnung“ im weiten Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG.
72 
Ausgehend von der gebotenen Einzelfallbetrachtung (1) ist für den Regelfall anzunehmen, dass die Bewohner eines LEA-Zimmers als „Nutzungsberechtigte“ (2) den - auch rechtlich beachtlichen - Willen haben, dieses Zimmer als „Wohnung“ zu widmen (3). Wenn diese Zweckbestimmung, wie ebenfalls in der Regel, für Dritte erkennbar geäußert wird (4), liegt eine Wohnung vor, wenn der Zweck auch faktisch erreicht werden kann (5), wenn es also im Rahmen der tatsächlich vorhandenen Räumlichkeit und der sonstigen Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall möglich ist, in dem Zimmer ein Mindestmaß an Privatsphäre zu leben, wie dies etwa in einem Krankenzimmer, aber nicht mehr in einem Haftraum der Fall sein kann. Diese Voraussetzungen für das Vorliegen einer „Wohnung“ sind im vorliegenden Fall erfüllt, insbesondere standen dem die Vorgaben der LEA-Hausordnung und deren Umsetzung nicht entgegen (6).
73 
(1) Da Schutzgut des Art. 13 Abs. 1 GG, wie gezeigt, die Abschirmung einer tatsächlich bestehenden - nicht lediglich erst erstrebten - Privatsphäre in räumlicher Hinsicht ist und davon ausgehend der Begriff der Wohnung jeden Raum, den ein Mensch der allgemeinen Zugänglichkeit entzieht und, wenn auch nur vorübergehend, zur Stätte seines Lebens und Wirkens bestimmt, erfasst (vgl. oben b)), kann die Frage, ob ein Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft eine Wohnung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG darstellt, nicht pauschal beantwortet werden (so aber für flüchtlingsrechtliche Gemeinschaftsunterkünfte - eine Einordnung als Wohnung generell ablehnend - Zeitler, in: HTK-AuslR / § 58 AufenthG / Abs. 5 bis 10, Stand 28.04.2021, Rn. 13 ff.; eine Einordnung von Zimmern in Erstaufnahmeeinrichtungen als Wohnung wohl generell bejahend VG Kassel, [PKH-]Beschl. v. 27.12.2017 - 1 K 1933/16.KS - juris; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - juris; LG Bonn, Urt. v. 23.03.2018 - 9 O 307/17 - juris). Entscheidend sind vielmehr die Umstände des konkreten Einzelfalls (im Ergebnis ebenso für Sammelunterkünfte der Anschlussunterbringung - die Eigenschaft als „Wohnung“ dort jeweils bejahend - OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019 - 2 S 262/19 - juris [Fall, in dem einem bestandskräftig abgelehnten Asylbewerber in einer Gemeinschaftsunterkunft ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zugewiesen und von ihm vor allen zum Schlafen und sonstigen Aufenthalt genutzt wurde]; zust. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/03 -, juris [„jedenfalls nicht fernliegend“]; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322 [Fall, in dem ausreisepflichtigen früheren Asylbewerbern in einem Wohncontainer zwei für sie verschließbare Zimmer zur alleinigen Nutzung zugewiesen worden waren]; VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris [Fall, in dem zwei Bewohnern ein ca. 15 qm großes, von ihnen verschließbares Zimmer zugewiesen wurde]).
74 
Ausgehend von den oben skizzierten Voraussetzungen für das Vorliegen einer „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG ist mithin entscheidungserheblich und anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob der Nutzungsberechtigte den fraglichen Raum ausdrücklich oder konkludent zum Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung in dem Sinne gemacht hat, dass er dort - wie etwa in einem Krankenzimmer oder einem Geschäftsraum und anders als in einem Haftraum - wenigstens ein Mindestmaß an Privatsphäre in Anspruch nehmen und von staatlichen Eingriffen grundsätzlich „in Ruhe gelassen“ werden kann. Da es insoweit, wie gezeigt (oben b)), in erster Linie auf die Zweckbestimmung des „Nutzungsberechtigten“ ankommt, erfüllt ein Zimmer einer Erstaufnahmeeinrichtung - vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände - in der Regel die Voraussetzungen für eine „Wohnung“ (im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022 - 12 S 4089/20 - juris).
75 
So liegt der Fall auch hier:
76 
(2) „Nutzungsberechtigter“ ist bei einem Zimmer in einer Erstaufnahmeeinrichtung der Ausländer, dem das Zimmer zur alleinigen oder zur Mitnutzung zugewiesen wurde. Denn er ist kraft Bundesrechts dazu verpflichtet, in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen (vgl. § 47 Abs. 1 FlüAG a.F.), und mit dieser Pflicht geht in dem öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnis (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 FlüAG a.F./n.F.) das Recht einher, die ihm in der Einrichtung zugewiesene Unterkunft zu nutzen.
77 
(3) Für den Regelfall kann angenommen werden, dass der nutzungsberechtigte Ausländer das ihm zugewiesene Zimmer als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG widmen will.
78 
Der Betroffenen hat für die Dauer der Erstaufnahme im Sinne von § 47 Abs. 1 VwGO rechtlich keine Möglichkeit, eine andere oder eine zusätzliche Unterkunft zu nehmen. Er wird in dem regelmäßig mehrere Monate umfassenden Zeitraum der Erstaufnahme in aller Regel das von seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) geschützte Grundbedürfnis nach Wahrung wenigstens eines Mindestmaßes an Privatsphäre und an der Existenz eines Rückzugsraums haben. Zur Erfüllung dieses Bedürfnisses steht ihm einzig oder fast ausschließlich das Zimmer, das ihm zugewiesen wurde und in dem allein er zum Beispiel schlafen darf und kann, zur Verfügung (vgl. ähnl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O.). Es kann daher regelmäßig davon ausgegangen werden, dass er dieses Zimmer als Rückzugsbereich und Ort der Privatsphäre widmen will.
79 
Ein solcher Widmungswille ist auch nicht etwa aus rechtlichen Gründen von vornherein unbeachtlich.
80 
Auf den Willen des Betroffenen, das ihm zugewiesene Zimmer als Rückzugsort und Bereich seiner (Mindest-)Privatsphäre zu widmen, käme es dann nicht an, wenn er mit einer solchen Widmung den Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisses (§ 6 Abs. 3 Satz 1 FlüAG a.F./n.F.) überschreiten würde, wenn er also in diesem Nutzungsverhältnis von vornherein nicht dazu berechtigt wäre, ihm zugewiesene Räume zur Stätte seiner Privatsphäre zu machen. Ein dahingehendes gesetzliches Verbot besteht aber in dem genannten Nutzungsverhältnis nicht. Der Wortlaut von § 47 Abs. 1 AsylG enthält ein solches Verbot ebenso wenig wie derjenige von § 6 FlüAG. Auch dem Sinn und Zweck dieser Normen lässt sich solches Verbot nicht entnehmen. Es lässt sich insbesondere nicht mit der Erwägung begründen, die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen solle die persönliche Erreichbarkeit des Asylantragstellers als Grundlage der effizienten und raschen Durchführung des Asylverfahrens sichern und bezwecke darüber hinaus die Gewährleistung einer effektiven Rückführung, womit es nicht zu vereinbaren sei, „wenn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer sich in der Gemeinschaftsunterkunft verbergen und sich so der Abschiebung entziehen könnte“ (so aber Zeitler, a.a.O., Rn. 18). Bei dieser Argumentation wird zum einen übersehen, dass die Erstaufnahme im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wie gezeigt (vgl. oben cc)), nicht lediglich vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, sondern auch und in erster Linie Ausländer erfasst, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist und die deshalb über eine Aufenthaltsgestattung verfügen, also nicht vollziehbar ausreisepflichtig sind (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Es besteht kein Grund zur Annahme, dass der Bundes- oder der Landesgesetzgeber diesen Personen zur Verhinderung ihres „Verbergens“ die Berechtigung nehmen wollte, das ihnen zugewiesene Zimmer zur Ausübung einer Mindestprivatsphäre zu widmen. Unabhängig davon übersieht der Verweis auf die mit der Erstaufnahme verfolgten ordnungspolitischen Zwecke, die § 47 AsylG auch verfolgt, dass der Bundesgesetzgeber mit dieser Vorschrift zugleich sowohl für Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden, als auch für die in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebrachten ausreisepflichtigen Ausländer auch seine unionsrechtlichen Verpflichtungen erfüllen wollte. Das Unionsrecht steht zwar, wie gezeigt (oben cc)), der Einrichtung von „Unterbringungszentren“ (vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchst. b AufnRL) und auch räumliche Beschränkungen nicht entgegen (vgl. Art. 7 Abs. 2 AufnRL: „Beschluss über den Aufenthaltsort“). Es setzt aber voraus, dass dort ein „angemessener Lebensstandard“ gewährleistet ist (Art. 18 Abs. 1 Buchst. b AufnRL) und dass das „zugewiesene Gebiet“ - solange der Ausländer nicht ausnahmsweise in Haft genommen wurde - „die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigt“ (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 AufnRL). Mit dieser unionsrechtlichen Wertung, die auch bei der Auslegung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes zu berücksichtigen ist (vgl. § 1 Abs. 1 FlüAG; zum unionsrechtlichen Gebot der unionsfreundlichen Auslegung allg. EuGH, Urt. v. 08.03.2011 - C-249/09 - NVwZ 2011, 763; OVG NRW, Beschl. v. 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NWVBl. 2014, 472, mw.N.), wäre es nicht zu vereinbaren, § 47 AsylG oder § 6 FlüAG dahin auszulegen, dass es Ausländern, die einer Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen wurden, rechtlich von vornherein verboten werden solle, den ihnen zugewiesenen Raum im Rahmen des dadurch begründeten Nutzungsverhältnisses zum Rückzugsort für die Ausübung ihrer „unveräußerlichen Privatsphäre“ zu widmen.
81 
(4) Der Wille des Nutzungsberechtigten, das ihm zugewiesene Zimmer zur „Sphäre für eine private, ‚höchstpersönliche‘ Entfaltung“ zu machen (vgl. erneut BVerfG, Urt. v. 03.03.2004, a.a.O.) und dort von staatlichen Eingriffen möglichst „in Ruhe gelassen zu werden“ (vgl. erneut BVerfG, Beschl. v. 12.03.2019, a.a.O.), ist mithin rechtlich beachtlich. Dieser Wille allein vermag einem Zimmer allerdings die Wohnungseigenschaft noch nicht zu vermitteln. Zusätzlich erforderlich ist vielmehr zum einen, dass der Betroffene die Zweckbestimmung, das Zimmer der allgemeinen Zugänglichkeit zu entziehen, nach außen erkennbar macht. Da insoweit, wie gezeigt (oben b)), keine hohen Anforderungen zu stellen sind, wird es allerdings in der Regel genügen, dass eine Tür vorhanden ist und diese von dem Bewohner geschlossen wird. Denn damit wird das Private, d.h. nicht allgemein Zugängliche des Zimmers deutlich gemacht (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O.). Dass der Bewohner die Tür abschließen kann, ist gegebenenfalls ein zusätzliches Indiz für die eingangs genannte Zweckbestimmung (vgl. etwa - für Sammelunterkünfte der Anschlussunterbringung im Sinne von § 53 AsylG - HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322; VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris), aber keine notwendige Voraussetzung, wie der Vergleich mit einem typischerweise ebenfalls nicht abschließbaren Krankenzimmer oder einem (Wohn-)Zelt zeigt, die, wie gezeigt (oben b)), in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fallen.
82 
(5) Über den Willen des Nutzungsberechtigten, das ihm zugewiesene Zimmer zur „Wohnung“ i.w.S. zu widmen, und die Erkennbarkeit dieser Zweckbestimmung hinaus ist weiter erforderlich, dass dieser Zweck faktisch erreicht werden kann. Es muss mithin im Rahmen der tatsächlich vorhandenen Räumlichkeit und der sonstigen Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall möglich sein, in dem Zimmer ein Mindestmaß an Privatsphäre zu leben, wie dies etwa in einem Krankenzimmer, aber nicht mehr in einem Haftraum der Fall sein kann. Der Umstand, dass das Zimmer sich in einer Gemeinschaftsunterkunft befindet und mehreren Personen zugewiesen wird, schließt dabei die Schaffung einer solchen Mindestprivatsphäre nicht per se aus (vgl. VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris, und zum dortigen Verfahren 10 K 383.19 auch OVG Bln.-Brbg., [PKH-]Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/20 u.a. - juris, m.w.N.).
83 
(6) Von den vorstehenden Grundsätzen ausgehend, stellt das dem Kläger in der LEA Ellwangen im Mai 2018 zugewiesene Zimmer eine „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG dar.
84 
Der Kläger befand sich seit Dezember 2017 seit mehreren Monaten im Rahmen der Erstaufnahme in der LEA und hatte rechtlich keine Wahl, ein anderes als das ihm zugewiesene Zimmer zu beziehen. Es kann unterstellt werden, dass er als Nutzungsberechtigter das Zimmer im o.g. Sinne als Rückzugsort widmen wollte. Die Möglichkeiten, sich dort eine Privatsphäre zu schaffen, waren zwar erheblich beschränkt. So musste sich der Kläger das Zimmer mit anderen, ihm anfänglich nicht bekannten Personen teilen, und war die Tür nicht verschließbar. Diese Umstände allein schließen die Einordnung als Wohnung allerdings, wie oben gezeigt, nicht aus. Das gilt auch dann, wenn die Tür, wie der Kläger - vom Beklagten bestritten - vorträgt, am 20.06.2018 als Folge der sog. Razzia vom 03.05.2018 noch im Griffbereich beschädigt gewesen sein sollte, da die Tür jedenfalls weiterhin zugezogen werden konnte und wurde und so als erkennbares Zeichen der Privatsphäre diente. Das Zimmer bot dem Kläger auch trotz der bestehenden Einschränkungen eine - im Wesentlichen die einzige - Möglichkeit, sich aus den umfänglichen Gemeinschaftsbereichen der LEA zurückzuziehen und an diesem Rückzugsort, an dem auch seine Habseligkeiten untergebracht waren, bis in die Intimsphäre reichende Grundbedürfnisse nach Schlaf und Ruhe zu befriedigen. Das Zimmer verschaffte ihm ungeachtet der bestehenden Einschränkungen eine Möglichkeit, in einem beachtlichen Umfang „in Ruhe gelassen zu werden“ (im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., für Zimmer in der LEA Freiburg). Hiervon gingen erkennbar auch die übrigen Bewohner der LEA Ellwangen jeweils für ihre Zimmer aus, die auf verschiedene Weisen als Rückzugs- und Ruhebereich gekennzeichnet wurden. So hatten die Bewohner nach Aktenlage etwa „Verschlussersatzmöglichkeiten“ für die Nachtzeit, wie etwa vor die Türe geschobene Stühle, entwickelt.
85 
Die dem Kläger in dem Zimmer verbleibende - eingeschränkte, aber etwa einem Krankenzimmer ähnliche und bei dem verfassungsrechtlich gebotenen weiten Verständnis des Begriffs der „Wohnung“ ausreichende - Möglichkeit, das Zimmer zum Rückzugsort für die Ausübung seiner „unveräußerlichen Privatsphäre“ (vgl. oben zu Art. 7 Abs. 1 AufnRL) zu machen, wurde auch nicht durch die Hausordnung der LEA vom 10.08.2015 beseitigt (in diese Richtung aber für sämtliche flüchtlingsrechtliche Sammelunterbringungen sowohl der Erstaufnahme als auch der Anschlussunterbringung Zeitler, a.a.O., § 58 AufenthG / Abs. 5 bis 10, Stand 28.04.2021, Rn. 13 ff.; abl. und im Ergebnis wie hier für die Anschlussunterbringung OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021, a.a.O.). Die rechtliche Befugnis des Klägers, das Zimmer in diesem Sinne zu widmen, konnte die Hausordnung bereits aus den oben genannten, in höherrangigem Recht wurzelnden Gründen nicht einschränken. Die Umsetzung der Hausordnung hat die tatsächlichen Umstände in der LEA auch nicht faktisch so gestaltet, dass dem Kläger keine beachtliche Privatsphäre mehr verblieben wäre. Die in der Hausordnung normierten Vorgaben, dass das Zimmer nicht zum Kochen, zur Haltung von Haustieren oder zum Rauchen genutzt werden konnte (vgl. § 3 lit. e, § 4 lit. 1, § 5 lit. e bis h HausO), trugen zwar dazu bei, dass das Zimmer von einer Privatwohnung i.e.S. mit den dortigen Möglichkeiten zur unbehinderten Lebensgestaltung deutlich entfernt war. Die genannten, beispielsweise auch einem Krankenhauszimmer nicht unüblichen Vorgaben nahmen dem Zimmer in der LEA gleichwohl nicht die Tauglichkeit, den Bewohnern Raum für ein Mindestmaß an Privatsphäre, insbesondere zur Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Schlaf und Ruhe, zu bieten.
86 
Soweit die Hausordnung darüber hinaus eine Pflicht der Bewohner zur Duldung von Zimmerbetretungen „bei Gefahr in Verzug und auf Anforderung des Personals von ... “ normierte (vgl. § 5 lit. n HausO), steht diese Vorschrift der Einordnung des Zimmers des Klägers als „Wohnung“ im weiten Sinn des Art. 13 Abs. 1 GG bereits deshalb nicht entgegenstehen, weil diese Vorschrift unwirksam war. Die Vorschrift ermächtigte unabhängig von der Frage nach dem Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG jedenfalls zu erheblichen Eingriffen in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Zimmerbewohner (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., und Beschl. v. 28.06.2021 - 12 S 921/21 - juris Rn. 112 f., zu einer ähnlichen Regelung der Hausordnung der LEA Freiburg vom 16.12.2019/01.01.2020). Eine solche Regelung bedarf aufgrund ihrer Eingriffswirkung einer gesetzlichen Grundlage, die der Bedeutung des Rechts entsprechend hinreichend bestimmt gefasst sein muss (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a.-, juris Rn. 151 ff.; Rixen in: Sachs, a.a.O.; Art. 2 Rn. 107). Hieran fehlte es. Weder der keine inhaltlichen Vorgaben normierende § 6 Abs. 3 Satz 2 FlüAG noch das allgemeine Hausrecht des Einrichtungsbetreibers (Regierungspräsidiums Stuttgart) bot eine ausreichende gesetzliche Grundlage für gravierende Grundrechtseingriffe der beschriebenen Art (vgl. ausf. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., in einem die o.g. Hausordnung der LEA Freiburg betreffenden Normenkontrollverfahren; dahin tendierend bereits ders., Beschl. v. 28.06.2021, a.a.O., Rn. 92 ff.). Unabhängig davon hätte selbst die Anwendung von § 5 lit. n HausO und die Wahrnehmung der dort normierten Betretensrechte durch die Einrichtungsleitung oder deren Bedienstete dem Zimmer nicht die Tauglichkeit als Ort des Rückzugs und der Wahrnehmung eines Mindestmaßes an Privatsphäre genommen. So ermächtigte die genannte Hausordnungsvorschrift bei der gebotenen Auslegung im Lichte des verfassungsrechtlichen, im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgebots (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) insbesondere grundsätzlich nicht dazu, ohne Ankündigung oder zumindest vorheriges Klopfen und Abwarten einer Antwort das Zimmer zu betreten (vgl. zur genannten Hausordnung der LEA Freiburg VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.06.2021, a.a.O., Rn. 105 ff., 128).
87 
Der Einordnung des Zimmers in der LEA als Wohnung im weiten Sinn des Art. 13 Abs. 1 GG kann auch nicht der Einwand entgegengesetzt werden, die Wohnungseigenschaft der Unterkunft eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ende unabhängig von der konkreten Form der Unterbringung jedenfalls dann, wenn seine Abschiebung beginne, weil ein von Art. 13 Abs. 1 GG gegebenenfalls zuvor geschütztes Wohnverhältnis in diesem Moment dauerhaft beendet werde (so aber VG Neustadt a.d.W., Beschl. v. 28.06.2002 - 7 N 1804/02 NW - juris [Ls.]). Dieser Einwand trägt bereits in zeitlicher Hinsicht nicht. Der Umstand, dass ausreisepflichtige Asylbewerber im Zuge der Abschiebung ihre Unterkunft räumen müssen und deshalb dort anschließend - nach erfolgter Abschiebung - nicht mehr ihr Privatleben entfalten können, vermag den Räumlichkeiten bis zum Verlassen derselben nicht die - falls bis dahin vorhanden - Eigenschaft als räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet, zu nehmen (ebenso HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019, a.a.O.).
88 
bb) Die Einordnung des dem Kläger in der LEA Ellwangen im Jahr 2018 zugewiesenen Zimmers als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG hat zur Folge, dass es den Schutz von Art. 13 Abs. 2 GG (Richtervorbehalt für Durchsuchungen) genoss. Auf der Ebene von Art. 13 Abs. 7 GG kommt einem Zimmer in einer Erstaufnahmeeinrichtung allerdings bei einer tatsächlichen Ausgestaltung, wie sie für den vorliegenden Fall im Jahr 2018 zu verzeichnen war, nur der eingeschränkte Schutz zu, wie er ähnlich für Betriebs- und Geschäftsräume gilt (vgl. näher dazu oben c)). Denn ein Zimmer in einer Erstaufnahmeeinrichtung kann, wie gezeigt, ungeachtet der Einordnung als „Wohnung“ im weiteren Sinn aufgrund der Besonderheiten der Erstaufnahme und der dazu verwendeten Räumlichkeiten in der Regel - und so auch hier - nur in einem eingeschränkten Umfang Raum für eine Privatsphäre bieten. Das Zimmer dient zudem neben dem Zweck, den Bewohnern einen Rückzugsort und eine räumliche Möglichkeit zum Ausleben eines Mindestmaßes an ihrer Privatsphäre zu gewähren, wie dargestellt, zugleich auch anderen - öffentlichen, namentlich ordnungspolitischen - Zwecken (s. näher dazu oben d)). Die Weite des Wohnungsbegriffs hat vor dem Hintergrund, dass die Zimmer in einer LEA deshalb notwendigerweise eine größere „Offenheit nach außen“ aufweisen (vgl. erneut BVerfG, Urt. v. 03.03.2004, a.a.O., und v. 17.02.1998, a.a.O.) als etwa eine Privatwohnung und sie außerdem auch zur Aufnahme sozialer Kontakte für Dritte bestimmt sind, zur Folge, dass der Schutz der „Wohnung“ auf der Ebene von Art. 13 Abs. 7 GG eingeschränkt ist (vgl. für Betriebs- und Geschäftsräume näher dazu oben [unter c)]; für Zimmer in einer LEA ebenfalls offen gelassen, aber dahin tendierend VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.02.2022, a.a.O., und Beschl. v. 28.06.2021, a.a.O.; ebenfalls dahin tendierend für Krankenhauszimmer BGH, Urt. v. 10.08.2005, a.a.O.). Betretungen von solchen Zimmer stellen daher wie bei Betriebsräumen keine „Eingriffe und Beschränkungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG dar und verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG, wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten ermächtigt, das Betreten einem erlaubten Zweck dient und für dessen Erreichung erforderlich ist, das Gesetz Zweck, Gegenstand und Umfang des Betretens erkennen lässt und das Betreten auf Zeiten beschränkt wird, in denen die Räume normalerweise für die Nutzung zur Verfügung stehen (s. dazu näher oben c)).
89 
2. Handelt es sich bei dem dem Kläger 2018 zugewiesenen Zimmer nach alledem um eine „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und 2 GG, durfte der Polizeivollzugsdienst des Beklagten diese gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG gegen den Willen des Klägers nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Eine verwaltungsgerichtliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor. Einen Rechtsfehler begründete dies jedoch nicht. Denn die Beamten des Polizeivollzugsdienstes haben das Zimmer des Klägers am 20.06.2018 nicht im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG „durchsucht“ (a). Die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Voraussetzungen für das stattdessen nur stattgehabte „Betreten“ des Zimmers lagen vor (b).
90 
a) Eine „Durchsuchung“ im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG fand bei der Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 nicht statt und der Richtervorbehalt aus diesen Vorschriften wurde auch nicht aus anderen Gründen verletzt.
91 
Ausgehend von dem § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG zugrundeliegenden Begriff der „Durchsuchung“ aus Art. 13 Abs. 2 GG (aa) und weiter ausgehend von dem Umstand, dass es für die Prüfung, ob der Richtervorbehalt aus dieser Vorschrift verletzt wurde, nicht entscheidend darauf ankommt, ob die Behörde ex ante betrachtet eine Durchsuchung durchführen wollte, sondern ob sie ex post betrachtet objektiv eine Durchsuchung durchgeführt hat (bb, cc), stand das Vorgehen des Polizeivollzugsdienstes am 20.06.2018 mit § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG in Einklang (dd).
92 
aa) Unter einer Durchsuchung ist „das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung nicht von sich aus offen legen oder herausgeben will“, zu verstehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020 - 2 BvE 2/19 - BVerfGE 154, 354, und v. 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 - BVerfGE 51, 97, 106 ff; BVerwG, Urt. v. 25.08.2004 - 6 C 26.03 - BVerwGE 121, 345, und v. 06.09.1974 - BVerwG I C 17.73 - BVerwGE 47, 31; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.09.2021 - 6 S 124/19 - juris; vgl. ferner Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 22 f.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 9; krit. zu dieser Begriffsbestimmung Kühne, a.a.O., Art. 13 Rn. 27 ff.; jeweils m.w.N.). Die Durchsuchung erschöpft sich nicht in einem Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen (BVerfG, Beschl. v. 16.06.1987 - 1 BvR 1202/84 - BVerfGE 76, 83, 89). Durchsuchungen dienen dem Auffinden und Ergreifen einer Person, dem Auffinden, Sicherstellen oder der Beschlagnahme einer Sache oder der Verfolgung von Spuren. Begriffsmerkmal der Durchsuchung ist somit die Suche nach Personen oder Sachen oder die Ermittlung eines Sachverhalts in einer Wohnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O.). Da zum verfassungsrechtlichen Begriff der Durchsuchung gehört, dass der Wohnungsinhaber den Sachverhalt, um dessen Ermittlung es sich handelt, geheim halten möchte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.05.1987 - 1 BvR 1113/85 - BVerfGE 75, 318), ist kennzeichnend für die Durchsuchung die Absicht, etwas nicht klar zutage Liegendes, vielleicht Verborgenes aufzudecken oder ein Geheimnis zu lüften, mithin das Ausforschen eines für die freie Entfaltung der Persönlichkeit wesentlichen Lebensbereichs, das unter Umständen bis in die Intimsphäre des Betroffenen dringen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.09.2021, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 26.10.1990 - 4 TH 1480/90 - ESVGH 41, 314: „kennzeichnend [ist] das Eindringen in das private Leben des Bürgers und in die Sphäre, in der er sich entfaltet“; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 9; jeweils m.w.N.).
93 
Nach diesen Grundsätzen ist beispielsweise das bauaufsichtliche Betreten und Besichtigen einer Wohnung keine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG, weil die Befugnis zum Betreten und Besichtigen einer Wohnung, die den Bauaufsichtsbehörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe eingeräumt wird, die Nutzung baulicher Anlagen daraufhin zu überwachen, ob sie die öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften einhalten, nicht den Zweck verfolgt, in der Wohnung verborgene Dinge oder Sachverhalte „aufzuspüren“ (BVerwG, Beschl. v. 07.06.2006 - 4 B 36.06 - NJW 2006, 2504; ebenso zu gewerberechtlichen Betretungen und Besichtigungen Papier, a.a.O., Art. 13 Rn. 24; zu anderen gefahrenabwehrrechtlichen Kontrollrechten Kluckert, a.a.O., Art. 13 Rn. 12). Auch macht die beim Betreten einer Wohnung unvermeidliche Kenntnisnahme von Personen, Sachen und Zuständen den Eingriff in die Wohnungsfreiheit allein noch nicht zu einer Durchsuchung (BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O.). Ebenso ist zum Beispiel das Betreten eines Raums durch Polizeibeamte zur Abnahme von an den Fenstern angebrachten Plakaten keine Durchsuchung, wenn ihnen bereits zuvor bekannt war, auf welche Gegenstände sich ihre Maßnahme beziehen sollte und wo sich diese befanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020, a.a.O. [dort: Betreten von Abgeordnetenräumen]). Am Element des „Suchens nach Verborgenem“ fehlt es beispielsweise ferner dann, wenn eine Weidefläche zur Sicherstellung oder Beschlagnahme von Tieren betreten wird, diese dort aber nicht verborgen, sondern schon aufgrund des Betretens offen wahrnehmbar sind (vgl. VGH Bad-Württ., Urt. v. 29.09.2021, a.a.O.). Auch die bloße Aufforderung an eine sich in einer Wohnung aufhaltenden Personen, den Raum zu verlassen, stellt keine Durchsuchung der Wohnung dar, weil damit die öffentliche Gewalt nicht in der für Durchsuchungen typischen Weise in das private Leben des Bürgers und in die räumliche Sphäre, in der es sich entfaltet, eindringt (BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, und v. 06.09.1974, a.a.O.; Wolff, a.a.O., Art. 13 Rn. 9). Um eine Durchsuchung handelt es sich hingegen zum Beispiel dann, wenn Vollstreckungsorgane eine Wohnung betreten, um dort dem Inhaber der Wohnung ein Kind wegzunehmen, das dieser von sich aus nicht übergeben will, denn in einem solchen Fall suchen staatliche Organe ziel- und zweckgerichtet in der Wohnung nach einer Person, die der Inhaber von sich aus nicht herausgeben möchte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.1999 - 1 BvR 2017/97 - NJW 2000, 953, m.w.N.).
94 
bb) Nicht einheitlich beurteilt wird aktuell, ob ausgehend von den vorstehenden Maßstäben das Betreten einer Wohnung durch staatliche Stellen zum Zwecke des Ergreifens einer Person stets eine Durchsuchung darstellt und/oder den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG auslöst.
95 
Im Anwendungsbereich von § 102 StPO („Durchsuchung bei dem Beschuldigten“), der auch die sog. Ergreifungsdurchsuchung umfasst, wird die Auffassung vertreten, dass keine Durchsuchung, sondern eine bloße „Nachschau“ vorliege, „wenn sichere Kenntnis darüber besteht, dass sich der Gesuchte in einer bestimmten Wohnung aufhält“ (Hauschild, MüKo-ZPO, 2014, § 102 Rn. 6), oder jedenfalls, wenn die Polizeibeamten beim Betreten bemerken, dass sich der Beschuldigte in seiner Wohnung zwar aufhält, aber nicht verbirgt (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 19.02.2000 - (5) 1 Ss 363/09 (6/99) - juris; krit. Gercke, in: dems./Julius/Temming/Zöller, StPO, 6. Aufl., § 102 Rn. 11, m.w.N.). Bei dieser Betrachtungsweise kommt es für die Frage, ob eine Durchsuchung vorliegt, mithin maßgeblich nicht auf das von den Beamten ex ante verfolgte Ziel, sondern ex post und objektiv betrachtet auf die konkrete Situation an, welche die Beamten beim Betreten des Raumes vorgefunden haben, insbesondere auf dessen Größe und Überschaubarkeit sowie auf den Umstand, ob „auf einen Blick“ erkennbar ist, ob und gegebenenfalls wo sich die Person dort befindet, sowie auf die von den Beamten tatsächlich vorgenommenen Handlungen. Auch für die unangekündigte Abschiebung eines Ausländers aus dessen Wohnung heraus wird eine „Durchsuchung“ teils (erst) dann angenommen, „wenn dieser sich darin aufhält und soweit er sich verborgen hält“ (OVG Bremen, Beschl. v. 20.09.2019 - 2 S 262/19 - NVwZ-RR 2020, 324; im Ergebnis ebenso ex post betrachtend z.B. VG Frankfurt/Oder, Urt. v. 28.03.2021 - 6 K 76/08 - juris).
96 
Hiervon abweichend wird unter anderem in der jüngeren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung teils die Auffassung vertreten, dass es für das Bestehen des Richtervorbehalts aus Art. 13 Abs. 2 GG maßgeblich auf eine (hier sog.) subjektive ex ante-Betrachtung ankomme (vgl. in diesem Sinne OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/20 u.a. - juris, dort auch zum mit Art. 13 Abs. 2 GG übereinstimmenden Begriff der Durchsuchung i.S.v. § 58 Abs. 6 AufenthG; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322). Der Zweck des Richtervorbehalts, eine vorbeugende Kontrolle des Eingriffs in den privaten Lebensbereich der Wohnung auf seine Rechtmäßigkeit und insbesondere Verhältnismäßigkeit durch eine unabhängige und neutrale Instanz und somit einen präventiven Grundrechtsschutz durch Verfahren zu gewährleisten, spreche dafür, dass es für die Abgrenzung und das Erfordernis einer Einholung der richterlichen Durchsuchungsanordnung auf die ex ante-Sicht der Behördenmitarbeiter ankomme. Daraus folge, dass (bereits) dann, wenn die die Abschiebung durchführende Behörde bei der Vorbereitung der Maßnahme von der Notwendigkeit, Suchhandlungen vorzunehmen, ausgehen müsse oder zumindest mit solchen ernstlich zu rechnen sei, weil nicht absehbar sei, ob und - wenn ja - wo genau sich der aufzugreifende Ausländer in der Wohnung befinde, die Maßnahme auf eine Durchsuchung abziele, für die der Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG greife (vgl. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 a.a.O.; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - InfAuslR 2019, 257; ähnl. Franke/Kerkemeyer, NVwZ 2020, 760 ff., m.w.N. zum Meinungsstand; für § 102 StPO auch Gercke, a.a.O., § 112 Rn. 11, m.w.N.). Folge man hingegen der Ansicht, dass von einem Durchsuchen nicht gesprochen werden könne, wenn die fraglichen Personen sich nicht verborgen halten, sondern vor Ort bei der jeweiligen Umschau ohne weiteres zu erkennen sind, „hinge es letztlich von Zufällen wie der Größe oder der Überschaubarkeit einer Wohnung oder dem konkreten Aufenthaltsort der Personen innerhalb der Wohnung ab, ob eine Durchsuchung - die dann ggf. mangels richterlicher Anordnung abgebrochen werden müsste - oder ein Betreten vorliegt“ (HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; ähnl. Franke/Kerkemeyer, a.a.O, S. 765: „Im Ergebnis ist damit jegliches Betreten privaten Wohnraumes, das entweder dem Auffinden bestimmter Gegenstände oder Spuren oder der Ergreifung einer Person dient und nicht von einer Einwilligung des Wohnungsinhabers gedeckt ist, als Durchsuchung nach Art. 13 [Abs. 2] GG zu werten. Dies führt in der Praxis dazu, dass in aller Regel richterliche Durchsuchungsbeschlüsse beantragt werden müssen, wenn Personen in ihren Wohnungen ergriffen werden sollen.“).
97 
cc) Die zuletzt genannte, auf eine subjektive ex ante-Betrachtung abstellende Sichtweise überzeugt nicht.
98 
Sie hat zur Folge, dass maßgeblich für das Eingreifen des Richtervorbehalts aus § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG ist, ob die Behörde vor Beginn der Vollstreckung die Absicht hat oder es sich vorbehalten will, eine Durchsuchung durchzuführen. Unerheblich ist hingegen, ob sie im Ergebnis tatsächlich eine Durchsuchung durchgeführt hat. Geprüft wird m.a.W. nicht, ob es zu einem „ziel- und zweckgerichteten Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen (…), um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung nicht von sich aus offen legen oder herausgeben will“, tatsächlich - objektiv - gekommen ist, sondern nur, ob die von der Behörde beabsichtigte Maßnahme ex ante und subjektiv „auf eine Durchsuchung abziel[t]e“ (vgl. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 a.a.O.).
99 
Gegen diese Sichtweise spricht der Wortlaut von § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG. § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG regelt, wie gezeigt, dass der Vollstreckungsbeamte Wohnungen gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts „durchsuchen kann“. Art. 13 Abs. 2 GG gibt vor, dass Durchsuchungen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form „durchgeführt werden“ dürfen. Beide Vorschriften stellen damit die Durchführung einer Durchsuchung unter den Vorbehalt einer vorherigen richterlichen Durchsuchungsanordnung. Dem Wortlaut der Vorschriften ist aber nicht zu entnehmen, dass der Richtervorbehalt bereits dann verletzt ist, wenn die Behörde vor dem Beginn einer Maßnahme eine Durchsuchung zwar möglicherweise beabsichtigt oder zumindest in Betracht gezogen, im Ergebnis aber tatsächlich keine Durchsuchung vorgenommen hat, weil sie vor Ort nichts „Verborgenes“ suchen musste oder konnte.
100 
Der Telos des Art. 13 Abs. 2 GG zwingt zu keiner vom Wortlaut abweichenden Auslegung. Insbesondere trägt die oben referierte Erwägung, der Zweck des Richtervorbehalts, eine vorbeugende Kontrolle des Eingriffs in den privaten Lebensbereich der Wohnung auf seine Rechtmäßigkeit und insbesondere Verhältnismäßigkeit durch eine unabhängige und neutrale Instanz und somit einen präventiven Grundrechtsschutz durch Verfahren zu gewährleisten, spreche dafür, dass es für die Abgrenzung und das Erfordernis einer Einholung der richterlichen Durchsuchungsanordnung (allein) auf die ex ante-Sicht der Behördenmitarbeiter ankomme, nicht. Denn dieses Argument ist zirkelschlüssig. Es trifft zu, dass der Richtervorbehalt auf eine vorbeugende Kontrolle des Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung in der Gestalt einer Durchsuchung durch eine unabhängige und neutrale Instanz zielt (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 01.08.2014 - 2 BvR 200/14 - NJW 2015, 851, m.w.N.). Kommt es aber im Ergebnis zu keiner Durchsuchung, weil die Beamten vor Ort tatsächlich nichts suchen konnten oder mussten, und findet damit objektiv kein Grundrechtseingriff im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG statt, ist es auch nicht schädlich, dass keine vorbeugende Kontrolle für einen solchen Eingriff stattfand.
101 
Zutreffend ist zwar der Einwand, dass es im Einzelfall von Zufällen abhängen kann, ob die Behörde Suchmaßnahmen durchführen muss oder nicht, um eine Person oder einen Gegenstand wahrzunehmen. Das rechtfertigt aber keine über den Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 GG und § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG hinausgehende Auslegung. Wenn die Behörde eine Abschiebung oder eine andere Vollstreckungsmaßnahme beginnt, ohne zuvor eine richterliche Durchsuchungsanordnung beantragt zu haben, geht sie das Risiko ein, die Maßnahme vor Ort abbrechen zu müssen, weil es sich als erforderlich erweist, eine Durchsuchung durchführen zu müssen. Das ändert aber nichts daran, dass, wenn tatsächlich keine Durchsuchung erforderlich ist, auch keine Notwendigkeit einer vorherigen richterlichen Überprüfung der Zulässigkeit einer Durchsuchung besteht. Es kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die an das Gesetz gebundenen Behörden (Art. 20 Abs. 3 GG), wenn sich vor Ort im Einzelfall die Notwendigkeit einer Durchsuchung ergibt, in solchen Fällen sehenden Auges und gar regelhaft unter Verstoß gegen § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG handeln.
102 
Zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führt auch nicht die Erwägung, es widerspreche dem Schutzversprechen des Art. 13 Abs. 1 GG, wenn im Ergebnis in kleineren Räumen - wegen ihrer besseren Überschaubarkeit - in der Regel keine „Durchsuchung“ stattfinden könne. Dieser Einwand überzeugt bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht. Er übersieht, dass auch in größeren Wohnungen eine „Durchsuchung“ begrifflich nicht vorliegt und der Schutz des Art. 13 Abs. 2 GG nicht greift, wenn die staatlichen Stellen beim Blick etwa in den Eingangsbereich die gesuchte Person oder den gesuchten Gegenstand sogleich wahrnehmen. Unabhängig davon überzeugt die genannte Erwägung inhaltlich und rechtsmethodisch nicht. Sie vermengt Fragen zum Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG mit Fragen zur besonderen Schrankenregelung des Art. 13 Abs. 2 GG. Sie greift zudem zur Begründung ihres Ergebnisses auf eine Behauptung zurück - Art. 13 Abs. 1 und 2 GG schütze in der Zusammenschau auch kleine, überschaubare Räume gegen einen Blick in den Raum durch den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG -, die sie erst zu belegen versucht.
103 
Eine reine subjektive ex ante-Betrachtung würde außerdem dazu führen, dass der Richtervorbehalt selbst in Fällen griffe, in denen es an einer Durchsuchbarkeit des Raumes fehlt und die Behörde nur rechtsirrig von der Möglichkeit einer Durchsuchung ausgeht. Eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG erschöpft sich, wie gezeigt (oben aa)), „nicht in einem Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen“ (vgl. erneut BVerfG, Beschl. v. 16.06.1987, a.a.O.), und zum verfassungsrechtlichen Begriff der Durchsuchung gehört, dass der Wohnungsinhaber den Sachverhalt, um dessen Ermittlung es sich handelt, geheim halten möchte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.05.1987, a.a.O.; näher zu allem oben unter aa)). Eine Durchsuchung kann gemessen daran begrifflich nicht vorliegen, wenn es aufgrund der räumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls - etwa weil der Raum sehr klein und überschaubar ist - von vornherein ausgeschlossen ist, dass es sich bei einem Bewohner und bei etwaigen vom Vollstreckungsauftrag umfassten Gegenständen um etwas „nicht klar zutage Liegendes, vielleicht Verborgenes“ handeln kann (vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, a.a.O., und BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020, a.a.O.; VGH Bad-Württ., Urt. v. 29.09.2021, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 16.08.2021 - 15 CS 21.022 - juris; näher oben unter a)). In einem solchen Fall steht objektiv betrachtet auch ex ante fest, dass in dem Raum keine Durchsuchung möglich ist. Wer allein darauf abstellen will, ob die Behörde subjektiv ex ante der Auffassung war, sie könne und werde den Raum möglicherweise durchsuchen, müsste im Ergebnis einen Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 GG allein deshalb annehmen, weil die Behörde zu ihren Ungunsten einem Irrtum zum Sachverhalt unterlag. Man würde mit anderen Worten einen Richtervorbehalt auch für Fälle aufstellen, in denen objektiv keine Durchsuchung stattfinden kann. Das ist weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck von Art. 13 Abs. 2 GG und § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG zu vereinbaren.
104 
dd) Ausgehend von den deshalb auch für Abschiebungen maßgeblichen allgemeinen Maßstäben für das Vorliegen einer Durchsuchung (vgl. oben aa)) begründete es keinen Rechtsfehler, dass der Polizeivollzugsdienst des Beklagten die Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 ohne richterliche Durchsuchungsanordnung gemäß § 6 Abs. 2 LVwVG durchführte. Der Senat hat ausgehend von den aktenkundigen Erklärungen und Zeugenaussagen zum Geschehen am 20.06.2018 und nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten ergänzenden Beweiserhebung die Überzeugungsgewissheit erlangt, dass der Polizeivollzugsdienst an diesem Tag zweimal mit dem Zimmer des Klägers in Berührung kam (1). Keiner dieser Vorgänge unterfiel jedoch dem Richtervorbehalt des § 6 Abs. 2 LVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG (2):
105 
(1) Nach der Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass am 20.06.2018 mehrere Polizeivollzugsbeamte das Gebäude der LEA Ellwangen mit der Absicht betraten, den Vollstreckungsauftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.04.2018 zu erfüllen und zu diesem Zwecke zu dem Zimmer des Klägers zu gehen, ihn dort erforderlichenfalls zu ergreifen sowie, wie im Vollstreckungsauftrag erbeten, „darauf zu achten, dass die Person (…) alle vorhandenen Dokumente einschließlich Personenstandsurkunden und Zeugnisse mitnimmt (...)“ (S. 2 des Vollstreckungsauftrags).
106 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass federführend bei der unmittelbaren Kommunikation mit dem und erstzuständig für die Durchführung von Maßnahmen betreffend den Kläger der Zeuge PHK W... und in zweiter Linie der ihn auch zu Ausbildungszwecken damals als Polizeikommissaranwärter begleitende Zeuge PK E... waren. Zu deren Sicherung waren weitere Beamte zugegen, die insoweit unter der Einsatzführung des Zeugen EPHK B... standen, der von POK N... begleitet wurde. Zwei weitere, ebenfalls der Sicherung dienende Beamte waren teils die vorstehende Gruppe begleitend (PHM Fr... ) und teils jedenfalls in dem Gebäude (POM B... ) anwesend. Diese Feststellungen ergeben sich aus den insoweit im Wesentlichen übereinstimmenden Beschreibungen des Einsatzes in der Akte des Amtsgerichts Ellwangen, insbesondere aus der unmittelbar nach dem 20.06.2018 gefertigten Strafanzeige und den dazu eingeholten Aussagen der Beamten (vgl. Akte - Beiordner - zum Az. ... ), den Aussagen der Zeugen PHK W... und PK E... in der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts Ellwangen vom 19.06.2020 (vgl. Bl. 323 ff., 332 ff. d. Akte des Amtsgerichts) sowie der Zeugen PHK W..., EPHK B... und PHM Fr... in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 18.02.2021 (vgl. 295 ff, 301 ff., 309 der Akte des Verwaltungsgerichts) und der Zeugen PHK W..., EPHK B... und PK E... in der mündlichen Verhandlung des Senats am 28.03.2022.
107 
Zur Überzeugung des Senats steht aufgrund der insoweit übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der Zeugen PHK W..., PK E... und EPHK B... weiter fest, dass der Zeuge PHK W... in Begleitung jedenfalls des Zeugen PK E... und dem zu Sicherungszwecken im Hintergrund bleibenden Zeugen EPHK B... sowie POK N... zunächst zu dem dem Kläger damals zugewiesenen Zimmer gingen, wo der Zeuge PHK W..., der ein Lichtbild des Klägers mit sich führte, die Tür öffnete und - wahrscheinlich, aber ohne, dass dies entscheidungserheblich wäre (vgl. unten (2)), entweder unter Verwendung seiner Taschenlampe oder unter Anschalten des Zimmerlichtes - in den Raum sah. Der Zeuge gelangte aufgrund seines Blicks in den Raum zu der Auffassung, dass sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht im Zimmer aufhielt. Nach der Beweiserhebung offen blieb - und vom Senat auch offen gelassen werden kann (vgl. unten (2) -, ob der Zeuge hierzu einen Schritt in den Raum trat und/oder ob zu diesem Zeitpunkt ein weiterer Bewohner in dem Zimmer zugegen war, der dem Zeugen auch mitteilte, dass der Kläger nicht anwesend sei.
108 
Zur Überzeugung des Senats steht weiter fest, dass die Beamten anschließend den vor dem Zimmer befindlichen Flur entlang gingen und den Kläger von den Sanitäranlagen kommend antrafen. Der Zeuge PHK W... fragte ihn nach seinem Namen, den der Kläger angab, und anschließend sinngemäß, ob er sich ausweisen könne. Der Kläger teilte sinngemäß mit, dass sich seine ID-Karte auf dem Zimmer befinde. Er ging gefolgt von den Beamten zu dem Zimmer, das er und die Zeugen PHK W... sowie PK E... nach ihm betraten. Der Kläger übergab den Beamten dort seine Ausweispapiere samt Geldbeutel, den der Zeuge PHK W... durchsah und in seine Hosentasche steckte. Der Zeuge eröffnete dem Kläger den Vollstreckungsauftrag und teilte ihm, jeweils in englischer Sprache, mit, dass er abgeschoben werde. Die im Zimmer befindlichen Zeugen PHK W... und PK E... gaben dem Kläger Gelegenheit, seine Sachen zu packen, konnten hierbei in den vom Kläger geöffneten Schrank blicken, und begleiteten den Kläger anschließend aus dem Zimmer und von dort zusammen mit den zur Sicherung eingeteilten Beamten aus dem Gebäude zu dem davor stehenden Dienstfahrzeug. Die dahingehende Überzeugungsgewissheit hat sich der Senat auf der Grundlage der auch insoweit im Wesentlichen untereinander und mit den aktenkundigen früheren Aussagen und Einlassungen übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen gebildet, die insoweit auch nicht zu den Einlassungen des Klägers zum Geschehen am 20.06.2018 in Widerspruch stehen.
109 
Soweit der Kläger darüber hinaus sinngemäß - und insoweit anders als die Zeugen - vorgetragen hat, bei seiner Rückkehr zum Zimmer hätten sich bereits mehrere Beamte dort aufgehalten und diese seien während des weiteren Geschehens im Zimmer verblieben, vermochte sich der Senat von der Richtigkeit dieser Angabe - die allerdings auch nicht entscheidungserheblich ist (vgl. unten (2)) - nicht zu überzeugen. Angesichts der geringen Größe des Raums von etwa 14 bis 16 m2, in dem sich zwei Stockbetten und mehrere Spinde sowie ein Tisch befanden, ist es nicht glaubhaft, dass sich neben dem Kläger und seinem Mitbewohner sowie den Zeugen PHK W... und PK E... noch weitere zwei oder gar vier Beamte aufhielten. Das gilt umso mehr, als ein Bedürfnis hierfür vor dem Hintergrund des bis dahin kooperativen Verhaltens des Klägers nicht erkennbar war und der Zutritt von mehr als zwei Beamten gemessen an deren Ziel, den Kläger zum Packen seines Gepäcks zu bewegen und zügig aus dem LEA-Gebäude zu begleiten, kontraproduktiv gewesen wäre. Der Zeuge EPHK B... hat außerdem nachvollziehbar und glaubhaft sinngemäß bekundet, dass er mit der damals getragenen Schutzausrüstung zusätzlich Platz in Anspruch genommen hätte und es zudem der Einsatztaktik entsprach, dass sich die Sicherungsbeamten bei einem - wie bis dahin - kooperativen Verhalten von abzuschiebenden Personen grundsätzlich im Hintergrund halten sollten.
110 
Ebenfalls nicht zu überzeugen vermochte sich der Senat von der - allerdings wiederum nicht entscheidungserheblichen (vgl. unten (3)) - Angabe des Klägers, der Zeuge PHK W... habe ihn bereits in dem LEA-Zimmer durchsucht und ihn zu diesem Zweck aufgefordert, sich mit den Händen an das Stockbett gelehnt aufzustellen. Die vom Senat vernommenen Zeugen haben in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, dass sie auch vor dem Hintergrund der sog. Razzia vom 03.05.2018 und deren Vorgeschichte die Vorgabe hatten, abzuschiebende Personen möglichst zügig aus dem Gebäude zu bringen. Eine Durchsuchung der Person hätte dieses Ziel beeinträchtigt. Den vorliegenden Akten ist zudem der - auch nicht streitige - Umstand zu entnehmen, dass der Kläger unmittelbar nach Ankunft bei dem wenige Fahrminuten entfernt gelegenen Polizeirevier in Ellwangen durchsucht wurde. Hierfür hätte kein Bedarf bestanden, wenn die Beamten die Person des Klägers bereits unmittelbar zuvor im Gebäude der LEA durchsucht hätten.
111 
(2) Die von den Polizeibeamten im Gebäude der LEA vorgenommenen, zuvor (unter (1)) beschriebenen Handlungen haben bei Zugrundelegung der - wie gezeigt gebotenen (vgl. oben cc)) - objektiven ex post-Betrachtung keine „Durchsuchung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG und § 6 Abs. 2 LVwVG umfasst.
112 
Es kann dahinstehen, ob die Beamten bei dem ersten Versuch, den Kläger in seinem Zimmer anzutreffen, dieses Zimmer überhaupt betraten. Selbst wenn es dazu gekommen ist, dass der Zeuge PHK W..., wie er nicht ausschließen wollte, „einen Schritt ins Zimmer reingemacht“ hat, fanden dort jedenfalls keine weiteren relevanten Handlungen, insbesondere keine Suchvorgänge statt. Letzteres gilt auch für den zweiten Kontakt zu dem Zimmer. Zu einer „Durchsuchung“ wurde das Geschehen insbesondere nicht, wie der Kläger wohl meint, dadurch, dass die Beamten in dem Zimmer anhand der ihnen übergebenen Dokumente und des selbst mitgebrachten Lichtbilds die Identität des Klägers überprüften. Der von Art. 13 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz des Inhabers einer räumlichen Privatsphäre gegen das Eindringen staatlicher Stellen in diesen Raum (vgl. näher dazu oben III.1.)) wird durch eine Personenfeststellung nicht tangiert. Dasselbe gilt für eine Durchsuchung der Person, weshalb es nicht darauf ankommt, ob der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung, allerdings nicht zur Überzeugung des Senats (vgl. oben (1)), sinngemäß vorgetragen hat - bereits in dem Zimmer abgetastet wurde. Eine Durchsuchung fand in dem Zimmer auch nicht in Bezug auf den vom Kläger dort genutzten Spind statt. Die zu Beginn seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung des Senats ansatzweise vorgetragene Andeutung, die Beamten hätten dort Suchhandlungen vorgenommen, hat der Kläger auf mehrfache Fragen des Senats dahin relativiert, dass der Spind offenstand, nachdem der Kläger daraus Sachen entnahm, um sie zu packen, und dass die Beamten hierbei die Möglichkeit hatten, in den Spind zu sehen. Die hierzu befragten Zeugen haben übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass sie dem Kläger beim Packen nicht geholfen und insbesondere selbst keine Gegenstände aus dem Schrank genommen haben. Anhaltspunkte für Suchhandlungen in dem Spind bestehen nach alledem nicht. Das gilt umso mehr, als hierzu für die Beamten nach der Aushändigung der Identitätsdokumente durch den Kläger auch kein Anlass bestand.
113 
Eine „Durchsuchung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG und § 6 Abs. 2 LVwVG hat schließlich auch nicht deshalb stattgefunden, weil die Beamten des Polizeivollzugsdienstes den Kläger nach dem ersten Kontakt mit seinem Zimmer außerhalb dieses Zimmers auf den Fluren der LEA gesucht und in der Nähe von Sanitärräumen angetroffen haben. Die Flure der Gemeinschaftseinrichtung stellen an den oben (unter III.1.) genannten Maßstäben gemessen keine „Wohnung“ des Klägers (oder anderer Einrichtungsbewohner) dar. Es kann bereits nicht angenommen werden, dass die Bewohner den Willen haben, die erkennbar der Fortbewegung dienenden Flure ausdrücklich oder konkludent zum Rückzugsbereich ihrer privaten Lebensgestaltung machen zu wollen. Unabhängig davon könnte der Zweck, in einem Raum ein Mindestmaß an Privatsphäre in Anspruch zu nehmen und von staatlichen Eingriffen grundsätzlich „in Ruhe gelassen“ zu werden, auf dem Flur einer Gemeinschaftseinrichtung von vornherein nicht erreicht werden.
114 
b) Die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Voraussetzungen für das bei der Abschiebung des Klägers am 20.06.2018 mithin nur erfolgte „Betreten“ des Zimmers des Klägers lagen vor.
115 
Im Rahmen der Schrankenregelungen des Art. 13 GG stellen Rechte zum Betreten von Zimmer in einer LEA, wie oben gezeigt (vgl. 1.c)), ähnlich wie bei Betriebs- und Geschäftsräumen sowie Krankenzimmern keine „Eingriffe und Beschränkungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 7 GG dar und verstoßen nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG, wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten ermächtigt, das Betreten einem erlaubten Zweck dient und für dessen Erreichung erforderlich ist, das Gesetz Zweck, Gegenstand und Umfang des Betretens erkennen lässt und das Betreten auf Zeiten beschränkt wird, in denen die Räume normalerweise für die betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen.
116 
Eine diesen Anforderungen genügende einfachgesetzliche Rechtsgrundlage lag mit § 6 Abs. 1 LVwVG vor, wonach der Vollstreckungsbeamte befugt ist, das Besitztum des Pflichtigen zu betreten und zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Die Voraussetzungen dieser einfachgesetzlichen Rechtsgrundlage waren ebenfalls erfüllt. Das Betreten des Zimmers war insbesondere im Sinne dieser Vorschrift „erforderlich“, da die Beamten den Zweck der Vollstreckung - die Abschiebung des Klägers - nur erreichen konnten, wenn sie seine Identität anhand der nach seinen Angaben im Zimmer befindlichen Dokumente überprüfen und den Kläger auch zur Eigensicherung fortlaufend beobachten konnten.
117 
IV. Das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des dem Kläger damals in der LEA Ellwangen zugewiesenen Zimmers wurde auch im Übrigen rechtsfehlerfrei durchgeführt. Die übrigen (besonderen) Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor.
118 
1. Einer nach dem allgemeinen Verwaltungsvollstreckungsrecht grundsätzlich erforderlichen vorherigen Androhung und Fristsetzung (vgl. § 20 LVwVG) bedurfte es gemäß § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG (schon vor dem Erlass der, wie gezeigt, einer Festsetzung des Zwangsmittels entsprechenden Abschiebungsanordnung) nicht.
119 
2. Die Vollstreckung erwies sich auch als verhältnismäßig (vgl. § 52 Abs. 1 PolG) und war insbesondere zur Nachtzeit zulässig. Die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 LVwVG für eine Vollstreckung zur Nachtzeit erforderliche schriftliche Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde lag mit dem Vollstreckungsauftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.04.2018 vor. Die Vollstreckung während der Nachtzeit war auch im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 LVwVG gemessen an dem von dem Beklagten verfolgten, damals legitimen Ziel der Abschiebung des seinerzeit ausreisepflichtigen Klägers „erforderlich“ (verhältnismäßig). Das hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil mit eingehender, das besondere Gewicht des mit einem nächtlichen Betreten verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (vgl. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG; zu nächtlichen Wohnungsdurchsuchungen BVerfG, Beschl. v. 12.03.2019 - 2 BvR 675/14 - BVerfGE 151, 67) berücksichtigender und insgesamt zutreffender Begründung entschieden (vgl. Bl. 34 f. i.V.m. §§ 30 f. d. UA.). Der Senat sieht insoweit gemäß § 130b Satz 2 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück.
120 
Substantiierte Einwände hat der Kläger dem angefochtenen Urteil insoweit mit seinem schriftsätzlichen Vortrag nicht entgegengesetzt. Soweit er in der mündlichen Verhandlung auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 04.03.2021 - 5 I 3/21 - (juris) verwiesen hat, ergeben sich auch daraus keine durchgreifenden Bedenken gegen das im vorliegenden Verfahren stattgehabte Betreten zur Nachtzeit. Das Verwaltungsgericht Köln hat sich in der Entscheidung zur Auslegung von § 58 Abs. 7 AufenthG (2019) geäußert, wonach die Wohnung zum Zweck einer Abschiebung zur Nachtzeit nur betreten oder durchsucht werden darf, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird (Satz 1), wobei nach Satz 2 die „Organisation der Abschiebung“ keine Tatsache im Sinne von Satz 1 ist. Das Verwaltungsgericht Köln hat in dem genannten Beschluss die Auffassung vertreten, dass aus § 58 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (2019) folge, dass zur Nachtzeit nicht durchsucht werden dürfe, wenn die Ergreifung des Ausländers auch außerhalb der Nachtzeit möglich wäre, aber die Abschiebung aufgrund organisatorischer Gründe wie den Abflugzeiten der gebuchten Chartermaschine einen Aufgriff zur Nachtzeit erfordern (vgl. VG Köln, a.a.O., Ls. 2 und Rn. 32 ff.). Der Verweis auf diese Entscheidung führt im vorliegenden Verfahren nicht weiter. Der Kläger übersieht bereits, dass § 58 Abs. 7 AufenthG 2019 für den vorliegenden, eine im Juni 2018 durchgeführte Abschiebung betreffenden Fall keinen gesetzlichen Maßstab bildet, weil diese Vorschrift 2018 noch nicht in Kraft war (vgl. näher dazu oben unter I.). Die stattdessen einschlägigen Rechtsgrundlagen aus dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz, insbesondere die §§ 6 und 9 LVwVG, enthalten auch keine § 58 Abs. 7 AufenthG 2019 entsprechenden Bestimmungen. Der Kläger übergeht bei seinem Verweis auf den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 04.03.2021 (a.a.O.) außerdem, dass das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen diese Entscheidung mit Beschluss vom 18.03.2021 - 18 E 221/21 - (NVwZ-RR 2021, 341) aufgehoben, die im dortigen Verfahren beantragte Durchsuchungsanordnung erlassen und - zutreffend - entschieden hat, dass organisatorische Rahmenbedingungen, die weder durch die zuständige Behörde noch durch bei der Abschiebung beteiligte sonstige deutsche Behörden beeinflusst werden können und damit deren Organisationsspielraum begrenzen, keine organisatorischen Gründe im Sinne des die Zulässigkeit von Durchsuchungen zur Nachtzeit einschränkenden Regelung des § 58 Abs. 7 Satz 2 AufenthG 2019 sind (vgl. OVG NRW, a.a.O. = juris Ls. 3 und Rn. 16 ff.). Der Kläger nimmt bei seinem auf die Frage der Verhältnismäßigkeit des Betretens zur Nachtzeit zielenden Einwand unabhängig davon nicht ausreichend in den Blick, dass die italienischen Behörden darauf angewiesen waren, dass der Kläger spätestens am Nachmittag im Land eintrifft, und eine in Ellwangen beginnende Abschiebung, die bis zum Nachmittag in Italien enden soll, ohne einen Beginn am frühen Morgen auf mehrere Tage erstreckt werden müsste, was möglicherweise eine Abschiebungshaft erfordern und sich unabhängig davon jedenfalls nicht als im Vergleich zu einem frühmorgendlichen Beginn milderes Mittel erweisen würde. Auch das hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung bereits sinngemäß und zu Recht entschieden.
121 
3. Rechtliche Bedenken gegen das am 20.06.2018 erfolgte Betreten des Zimmers des Klägers ergeben sich schließlich auch nicht daraus, dass - wie er in der mündlichen Verhandlung des Senats sinngemäß geltend gemacht hat - in dem Zimmer ein weiterer Bewohner anwesend gewesen sei und dieser nicht ausdrücklich in das Betreten des Zimmers eingewilligt habe. Ein solches Einwilligungserfordernis bestand nicht. Der Landesgesetzgeber hat für den Fall von Durchsuchungen Einwilligungsvorbehalte und Duldungspflichten geregelt (vgl. § 6 Abs. 3 LVwVG und zur Gesetzesbegründung LT-Drs. 13/3201, S. 290), für das bloße Betreten von Wohnungen hingegen wegen der erheblich geringeren Eingriffsintensität einer solchen Maßnahme nicht. § 6 Abs. 1 Satz 1 LVwVG bietet eine - auch insoweit den oben genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende - Rechtsgrundlage deshalb für ein Betreten des Besitztums des Vollstreckungsschuldners („Pflichtigen“) auch dann, wenn Dritte an diesem Besitztum Mitbesitz haben. Unabhängig davon ist im vorliegenden Fall schon in tatsächlicher Hinsicht weder substantiiert vorgetragen noch sonst erkennbar, dass der (nach Angaben des Klägers inzwischen mit heute unbekannte Aufenthalt abgeschobene) damalige Mitbewohner in das Betreten des Zimmers nicht konkludent eingewilligt hat. Insbesondere hat der Kläger selbst nicht vorgetragen und ist weder den Aussagen der vom Senat vernommenen Zeugen noch den aktenkundigen Erklärungen zum Ablauf der Geschehnisse zu entnehmen, dass er dem Vorgang widersprochen oder sich auf andere Weise dagegen ausgesprochen hat.
122 
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 126 Abs. 3 Satz 2, § 155 Abs. 2 VwGO VwGO.
123 
D. Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist zwar die Frage, ob ein Zimmer in einer LEA als „Wohnung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG einzuordnen ist. Denn die Beantwortung dieser Frage hängt, wie gezeigt, ausgehend von den insoweit höchstrichterlich bereits geklärten Maßstäben von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzliche Bedeutung hat aber die entscheidungserhebliche Frage, ob es für die Prüfung, ob ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt aus Art. 13 Abs. 2 GG besteht, darauf ankommt, ob die Behörde subjektiv und ex ante betrachtet eine Durchsuchung in Betracht zieht, oder ob maßgeblich ist, ob objektiv und ex post betrachtet tatsächlich eine Durchsuchung stattfand.
124 
Beschluss
vom 28. März 2022
125 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 21. Februar 2021 gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG und in Anlehnung an Nr. 35.1 des Streitwertkatalogs auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Der Senat bemisst die von dem Kläger angefochtenen Maßnahmen zur Durchsetzung einer Abschiebung - insoweit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung entsprechend - insgesamt mit dem Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG.
126 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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