Urteil vom Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) - 3a C 152/15

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 485,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.06.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Rechtsanwälte N... nicht anrechenbare Kosten der außergerichtlichen Beauftragung in Höhe von 83,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.06.2015 zu zahlen.

3. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

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Die Klägerin hat einen restlichen Schadensersatzanspruch in Höhe von 485,41 € gegen den Beklagten zu 1) als Halter des bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen L.-...-... als Gesamtschuldner aufgrund eines Verkehrsunfalles am 24.04.2015 in Frankenthal im Bereich Mahlastraße/Hans-Kopp-Straße/Frankenstraße, § 7 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 ff BGB, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.

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Die Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner ist dem Grunde nach unstreitig.

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Auf das durch die Klägerin vorgelegte Schadensgutachten des Kfz-Sachverständigen Sch. vom 28.04.2015, das Nettoreparaturkosten abzüglich Wertverbesserung von insgesamt 2891,86 € für erforderlich erachtet, regulierte die Beklagte zu 2) 2431,45 € unter Bezugnahme auf einen „Prüfbericht zur fiktiven Abrechnung“ vom 11.05.2015 (Blatt 7,8 der Akten), der unter Verweis auf die Stundenverrechnungssätze der M. F. GmbH in ... G. eine Kürzung hinsichtlich der Stundenverrechnungssätze und Lackmaterialberechnung vornimmt. Daneben regulierte die Beklagte zu 2) eine allgemeine Unkostenpauschale von 25,00 € sowie die Gebühren für das Schadengutachten in Höhe von 611,08 €.

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Die Beklagten können sich indes nicht mit Erfolg auf die Verweisung der Klägerin auf eine nicht markengebundene Fachwerkstatt bei Abrechnung des Unfallschadens auf Gutachtenbasis berufen. Zwar ist entgegen der Auffassung der Klägerin die Vorlage eines konkreten, verbindlichen, im Ergebnis annahmefähigen Reparaturangebotes, etwa auch in Form eines konkreten Kostenvoranschlages, durch den Schädiger bzw. den Haftpflichtversicherer nicht erforderlich (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2012 - I-1 U 139/11, 1 U 139/11 m.w.N.).

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Der Geschädigte aus einem Verkehrsunfall hat grundsätzlich das Recht, die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Werkstatt in Ansatz zu bringen (BGH Urteil vom 13.07.2010 - VI ZR 259/09 m.w.N.). Aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots im Rahmen der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB ist seitens des Schädigers unter Umständen eine Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ möglich (a.a.O.) Für die Beurteilung der technischen Gleichwertigkeit der Reparaturmöglichkeit in einer markengebundenen Werkstatt und in einer vom Schädiger vorgeschlagenen Werkstatt gilt das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO (a.a.O.). Hinsichtlich der Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ ist indes dann eine Unzumutbarkeit für den Geschädigten anzunehmen, wenn das beschädigte Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt nicht älter als 3 Jahre war. Dies gilt auch für ältere Fabrikate insbesondere dann, wenn das betreffende Fahrzeug bislang immer in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde, oder wenn eine Werkstatt nur aus dem Grund kostengünstiger ist, weil vertragliche Sonderkonditionen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers bestehen (a.a.O.).

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Seitens des Schädigers reicht allerdings der pauschale Hinweis auf eine konkrete - kostengünstige - freie Reparaturwerkstatt zur Überprüfung der fachlichen Gleichwertigkeit durch den Geschädigten nicht aus. Zu fordern ist, dass der Ersatzpflichtige dem Geschädigten konkrete, die Gleichwertigkeit betreffende Angaben zukommen lässt. Maßgeblich sind hier Kriterien, ob es sich um eine Meisterwerkstatt handelt, ob diese zertifiziert ist, ob dort Originalersatzteile Verwendung finden, nach Herstellervorgaben die Unfallinstandsetzung auch im Bereich der Elektronik und nicht nur im Bereich der Karosserie bzw. Lackierung, durchgeführt wird und über welche Erfahrung man bei der Reparatur von Unfallfahrzeugen verfügt. Daneben ist die Entfernung der durch den Schädiger benannten Werkstatt zum Wohnort des Geschädigten von Bedeutung, da die Realisierung der Kfz-Reparatur für den Geschädigten nicht mit unzumutbaren Unannehmlichkeiten verbunden sein darf. Bei der Prüfung der Gleichwertigkeit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gerade der Zentralverband Karosserie und Fahrzeugtechnik e.V. (ZKF) unter Beachtung der durch den Bundesgerichtshof in seinen Urteilen aufgestellten Kriterien einer gleichwertigen Reparaturmöglichkeit (zertifizierter Meisterbetrieb für Karosserie und Lackierarbeiten, Mitgliedschaft im zentralen Verband Karosserie und Fahrzeugtechnik (ZKF), Verwendung von original Ersatzteilen, regelmäßige Kontrolle des Qualitätsstandards durch unabhängige Prüforganisationen, drei Jahre Kundengarantie und regelmäßige Weiterbildung der Mitarbeiter sowie Reparatur nach Herstellervorgaben) lediglich bei einem Eurogarant Fachbetrieb als erfüllt sieht. Hierzu zählt die von der Beklagten zu 2) benannte M. F. GmbH in ... G. nicht (Quelle: www.Eurogarant.de), unabhängig davon, dass die Beklagte nicht hinreichend substantiiert zu den nach der Rechtsprechung des BGH erforderlichen Voraussetzungen vorgetragen hat. Das die von ihr benannte M. F. GmbH „durch ihre moderne Ausstattung und umfangreiche Erfahrung eine sach- und fachgerechte sowie qualitativ hochwertige Reparatur nach Herstellervorgaben gewährleiste und der Qualitätsstandard des Betriebes regelmäßig durch einen Verband oder eine Zertifizierungsstelle überprüft werde und keine vertraglichen Sonderkonditionen durch die Beklagte zu 2) und dem benannten Betrieb vereinbart sind“, reicht hierfür nach den Eingangs aufgestellten Grundsätzen des Bundesgerichtshofs vorliegend nicht.

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Da es sich bei dem durch die Beklagte zu 2) benannten Betrieb nicht um einen Eurogarant Fachbetrieb handelt, der aufgrund der Anforderungskriterien des ZKF regelmäßig den durch den Bundesgerichtshof für erforderlich erachteten Kriterien prima facie der Gleichwertigkeit der Reparatur bei einem Verweis auf eine nicht markengebundene Werkstatt entspricht, verbleibt es bei den strengen Anforderungen an die Substantiierungslast durch die Beklagten.

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Dabei kann offen bleiben, ob bereits die Entfernung von 16 km zum Wohnort, auch unter Berücksichtigung eines Hol- und Bringservices, für den Geschädigten zumutbar ist. Soweit die Beklagten für ihre Tatsachenbehauptungen die Einholung eines Sachverständigengutachtens anbieten, sind sie nach dem Vorgenannten nicht der ihnen obliegenden Darlegungslast im vollständigen Umfang nachgekommen. Darauf, ob die Klägerin ihr Fahrzeug, das erstmals am 27.05.2008 zugelassen ist, mithin im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles älter als 6 Jahre ist, regelmäßig in einer Markenwerkstatt hat warten lassen bei einer Laufleistung von 92.166 km, und wozu keine Darlegungen der Klägerin erfolgten, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an.

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Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Erstattung der durch den Sachverständigen Sch. für erforderlich erachteten Nettoreparaturkosten in Höhe von insgesamt 2.891,86 €, so dass unter Berücksichtigung vorgerichtlich durch die Beklagte zu 2) gezahlter 2.406,46 € ein Anspruch auf Zahlung restlicher 485,41 € besteht.

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Die Klägerin hat daneben einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren (LG Saarbrücken, Urteil vom 13.02.2014 - 14 O 227/12 m.w.N.) ausgehend von einer 1,3 Geschäftsgebühr bei einem Gegenstandswert bis 600,00 € von insgesamt 83,54 € brutto, auf 1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG, § 2 Abs. 1, Abs. 2 RVG, 58,50 € zuzüglich Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistung Nr. 7002 VV RVG §§ 2 Abs. 1, Abs. 2, 10 Abs. 2 RVG, 11,70 € zuzüglich 19% Mehrwertsteuer).

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Die geltend gemachten Zinsen sind gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Hauptforderung und gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 4, 280 Abs. 1, 249 ff BGB hinsichtlich der Nebenforderung seit 16.06.2015 begründet.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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