Beschluss vom Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein - 3a IN 354/14 Sp

Gründe

1

Der Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ist unzulässig. Der Antragsteller hat seine Antragsberechtigung als Erbe nach § 317 Abs. 1 InsO nicht durch die Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen. Das Gericht hat mit seiner Verfügung vom 10.9.2014 auf entsprechende Zweifel an der Zulässigkeit des Eröffnungsantrages hingewiesen. Der Antragsteller macht in seiner Erwiderung geltend, dass ein Erbscheinverfahren bislang nicht durchgeführt wurde, der Antragsteller als Ehemann der Erblasserin nach § 1931, 1371 BGB Erbe geworden, der Kreis der Erben allerdings bislang noch nicht hinreichend bestimmbar sei und keiner der Beteiligten das Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen geltend gemacht habe.

2

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.05.2011, Az. IX ZB 74/10, ZInsO 2011, 1352, die Frage, ob es der Vorlage eines Erbscheins bedarf, oder ob die Glaubhaftmachung der Erbenstellung ausreicht, offen gelassen, da im dort entschiedenen Fall der Antragsteller geltend machte, er habe die Erbschaft wirksam ausgeschlagen und damit, dass er bereits nicht Erbe geworden sei.

3

Die Rechtsprechung und Literatur gibt wohl überwiegend davon aus, dass zum Nachweis der Erbenstellung die Vorlage eines Erbscheins erforderlich ist (LG Köln, Beschluss vom 24.06.2003, Az. 19 T 84/03, ZInsO 2003, 720; LG Wuppertal, Beschluss vom 10.08.1999, Az. 6 T 630/99; Uhlenbruck-Lüer, 13. Aufl., § 317 Rnr. 2; HambKomm-Böhm, 4. Aufl. 2012, § 317 Rnr. 2, ggf. soll auch ein öffentliches Testament nebst Niederschrift über die Eröffnung ausreichen, §§ 2232 BGB, 348 FamFG). Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der InsO sowie der ZPO seien nachzuweisen, eine Glaubhaftmachung genüge nicht (FK-InsO-Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 14, Rnr. 5); die Amtsermittlung nach § 5 Abs. 1 S. 1 InsO setze erst mit dem Vorliegen eines zulässigen Antrages ein (vgl. allg. hierzu Beth, NZI 2014, 487). Das Eilverfahren der Nachlassinsolvenz soll nicht mit der Erbenermittlung belastet werden soll; die Möglichkeit, nach § 10 InsO von der Anhörung (möglicher) Erben abzusehen, ist keine wirkliche Lösung, da sie lediglich eine Verzögerung des gesamten Verfahrens durch das Anhörungserfordernis nach § 317 Abs. 2 S. 2 InsO, nicht aber die nach wie vor erforderliche Sachaufklärung ersetzt.

4

Nach einer anderen Auffassung ist die Glaubhaftmachung der Erbenstellung ausreichend (MüKomm-Siegmann, 3. Aufl. 2014, § 317 InsO, Rnr. 2; „unter Umständen“ soll die bloße Glaubhaftmachung genügen, HK-Marotzke, 7. Aufl. 2014, § 317, Rnr. 3; BGH, Urteil vom 10.12.2004, Az. V ZR 120/04, NJW-RR 2005, 599), da der Erbe bis auf wenige Ausnahmefälle nicht gezwungen ist, seine Erbenstellung durch die Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen (wie in § 35 Abs. 1 S. 1 GBO) und der Erbschein nach § 2365 BGB lediglich eine Möglichkeit zum Nachweis darstellt (MüKomm-Mayer, 6. Aufl. 2013, § 2365, Rnr. 32).

5

Das Gericht schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Zutreffend ist zwar, dass der Erbschein nicht die einzige Möglichkeit des Nachweises der Erbenstellung und dass seine Vorlage nur im Einzelfall gesetzlich zwingend ausdrücklich vorgeschrieben ist. Allerdings ist hinsichtlich der allgemeinen Zulässigkeitsvoraus-setzungen der volle Beweis zu führen (FK-InsO-Schmerbach, aaO.), was zumindest in aller Regel die Vorlage des Erbscheins voraussetzt. Gerade im vorliegenden Fall führt der Antragsteller selbst aus, dass der Kreis der möglichen Erben „derzeit noch gar nicht bestimmbar“ sei. Auch wenn bislang von „keinem der Beteiligten“ das Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen behauptet werde, ist - zumindest theoretisch - nicht ausgeschlossen, dass eine solche vorliegt (vgl. LG Köln, aaO). Hier im Vorprüfungsverfahren eine Klärung herbeizuführen, ist dem dazu bestimmten Erbscheinverfahren vorbehalten, auch wenn der Erbschein als solcher nicht in Rechtskraft erwächst. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es durch das Festhalten am Erfordernis des Erbscheins zu Verzögerungen bei der Durchführung des Insolvenzverfahrens kommen kann, die geeignet sind, dem Sicherungszweck zuwiderzulaufen; das ist im Grunde jedoch allen Zulässigkeitsvoraussetzungen gemein und reicht alleine nicht aus, um davon Abstand zu nehmen.

6

Dass der vorläufige Erbe - der Erbe vor der endgültigen Annahme nach § 1943 BGB - noch keinen Erbschein erhalten und somit seine Antragsbefugnis nicht nachweisen kann, ist hier unschädlich; der vorläufige Erbe ist einer Haftung nach § 1980 Abs. 1 zu BGB nicht ausgesetzt. Selbst wenn es danach zu einem zeitaufwändigen Erbscheinverfahren kommen sollte, muss der dann endgültige Erbe keine Haftung befürchten, da er lediglich „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens stellen muss. Auch dass ein Erbschaftskäufer seine Stellung nicht durch einen Erbschein nachweisen kann, steht der erstgenannten Auffassung nicht entgegen; der Nachweis kann hier durch die Vorlage des notariell beurkundeten Erbschaftskaufvertrages geführt werden.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen