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| 1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig, insbesondere ist das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. |
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| a) Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung eines Mitgliedes Betriebsrates bedarf nach der gesetzlichen Regelung des § 103 BetrVG der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates. Dabei ist das von der beabsichtigten Kündigung betroffene Mitglied des Betriebsrates wegen Befangenheit in eigener Sache von der Beratung und der Beschlussfassung über die Zustimmung ausgeschlossen. Es gilt als zeitweilig verhindert im Sinn des § 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG und wird durch ein Ersatzmitglied vertreten (vergl. BAG vom 26.08.1981, AP Nr. 13 zu § 103 BetrVG; BAG vom 23.08.1984, AP Nr. 17 zu § 103 BetrVG; so auch LAG Düsseldorf, DB 2005, S. 954). Nimmt das betroffene Betriebsratsmitglied demgegenüber an der Beratung und/oder an der Beschlussfassung über die Zustimmung zu seiner eigenen Kündigung teil, so ist der diesbezügliche Beschluss des Gremiums nichtig (so ausdrücklich BAG vom 23.08.1984, a.a.O.). Die Nichtigkeit des Beschlusses führt allerdings nicht dazu, dass die Zustimmung des Betriebsrates als erteilt gilt, denn diese muss nach der gesetzlichen Vorgabe des § 103 BetrVG ausdrücklich erklärt werden. Folglich muss der Arbeitgeber auch bei einem nichtigen Beschluss des Betriebsrates dessen fehlende Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen (vergl. Däubler, BetrVG, 11. Auflage, § 103 Rn. 24 ff.; ErfK-Kania, 8. Auflage, § 103 BetrVG Rn 7 ff; siehe auch Fitting, BetrVG, 23. Auflage, § 103 Rn. 31 ff.). |
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| b) Auf Grund der Unterschrift der Beteiligten zu 3) unter die Schreiben des Betriebsrates vom 11.04.2008 (Abl. 26 ) sowie vom 08.05.2008 ( Abl. 52 ), mit denen die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung der Beteiligten zu 3) verweigert wurde, könnte der Eindruck entstehen, dass diese an der Beratung beziehungsweise Beschlussfassung teilgenommen habe. Die Beschlüsse wären somit zwar gegebenenfalls fehlerhaft zu Stande gekommen und insofern nichtig; gleichwohl ist die Antragstellerin gehalten, vor Ausspruch der Kündigung die verweigerte Zustimmung gerichtlich ersetzen zu lassen. |
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| Der Antrag ist auch begründet, da nach Auffassung der Kammer die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3) zu ersetzen ist. |
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| 1) Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrates dessen vorheriger Zustimmung. Ausweislich der gesetzlichen Regelung des § 103 Abs. 2 S. 1 BetrVG i.V. mit § 15 Abs. 1 KSchG hat der Arbeitgeber dann einen Anspruch auf Ersetzung der verweigerten Zustimmung, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB voraus, wonach Tatsachen vorliegen müssen, auf Grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (so bereits BAG vom 22.08.1974, AP Nr. 1 zu § 103 BetrVG; BAG vom 10.02.1999, AP Nr. 42 zu § 15 KSchG; BAG vom 24.11.2005, AP Nr. 55 zu § 103 BetrVG ). . Im Rahmen der dem Gericht obliegenden umfassenden Interessenabwägung hat es neben den individuellen Belangen des Arbeitgebers und des zu kündigenden Arbeitnehmers auch die möglichen kollektiven Interessen des Betriebsrates und der Belegschaft an diesem Arbeitnehmer in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Funktion in die Betrachtung mit einzubeziehen ( so GK-Raab, BetrVG, 8. Auflage, unter Hinweis auf BAG vom 03.04.1979, AP Nr. 16 zu § 40 BetrVG sowie auf BAG vom 22.08.1974, AP Nr. 1 zu § 103 BetrVG). |
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| a) Fristlos kann einem Betriebsratsmitglied nach §§ 15 KSchG, 626 BGB nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren Nichtbetriebsratsmitglied dessen Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Nur so kann der Schutzbestimmung des § 78 S. 2 BetrVG angemessen Rechnung getragen werden, wonach Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Betriebsratstätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen ( so BAG vom 10.02.1999, AP Nr. 42 zu § 15 KSchG; vergl. auch Preis, Anmerkung zu AP Nr. 36 zu § 15 KSchG; KR-Etzel, 8. Auflage § 15 KSchG, Rn. 22 ff.; KR- Fischermeier, a.a.O., § 626 BGB, Rn. 133 ). Das Gericht ist daher verpflichtet, die Zustimmung zur Kündigung zu ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Das bedeutet, dass die Frage, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG in vollem Umfang zu überprüfen ist (vergl. GK-Raab, a.a.O. § 103 BetrVG Rn. 64 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen) |
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| a) Dabei ist das Gericht auf Grund des im Beschlussverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes ( § 83 Abs. 1 ArbGG ) im allgemeinen verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Diesbezüglich hat es alle für die Sachentscheidung erheblichen, für und gegen die Begründetheit des Antrags sprechenden Tatsachen zu erforschen. |
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| aa) Die Aufklärungspflicht zwingt jedoch nicht zu einer uferlosen Ermittlungstätigkeit des Gerichts „ins Blaue hinein“ ( so ausdrücklich Germelmann-Matthes, ArbGG, 6. Auflage, § 83 Rn. 83; ErfK -Eisemann, a.a.O., § 83 ArbGG Rn. 1; GK-Raab, a.a.O., § 103 BetrVG, Rn. 73). Die Ermittlung ist vielmehr nur insoweit durchzuführen, als das bisherige Vorbringen der Verfahrensbeteiligten und der schon bekannte Sachverhalt bei pflichtgemäßer Würdigung Anhaltspunkte dafür bietet, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt noch nicht vollständig ermittelt ist und noch weiterer Aufklärung bedarf (so Germelmann-Matthes, a.a.O. unter Hinweis auf BGH vom 08.03.1955, MDR 1955, Seite 347; BVerwG vom 16.06.1989, AP Nr. 3 zu § 8 BPersVG; OLG Frankfurt vom 10.11.1986, DB 1986, Seite 2658). Dies folgt aus dem Spannungsverhältnis des Untersuchungsgrundsatzes zur prozessualen Mitwirkungspflicht der Beteiligten, die in § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG normiert ist. Damit soll sichergestellt werden, dass in Beschlussverfahren, die nicht nur die Belange der verfahrensführenden Beteiligten selbst berühren, sondern an denen auch ein wesentliches Interesse der übrigen Betriebsangehörigen besteht, nach Möglichkeit der wirkliche Sachverhalt ermittelt wird und dies nicht dem Vorbringen der Beteiligten überlassen bleibt. Der Untersuchungsgrundsatz tritt daher aber auch umso weiter zurück, je stärker die Interessen der Beteiligten im Vordergrund stehen (so GK-Raab, a.a.O. unter Hinweis auf Dütz, Anmerkung zu BAG AP Nr. 1 zu § 20 BetrVG; vergleiche auch ErfK - Eisemann, a.a.O., § 83 ArbGG, Rn. 4; Eylert/Fenski, BB 1990, Seite 2401 (2404)). In welchem Umfang die Verfahrensbeteiligten im Rahmen der sie im Beschlussverfahren treffenden Feststellungslast von sich aus Tatsachen vortragen müssen, die geeignet sind, den Antrag zu stützen oder diesem entgegenstehen, hängt daher von den spezifischen Besonderheiten der entscheidenden Anspruchs- oder Rechtsgrundlagen ab (so ErfK - Eisemann, a.a.O., Rn. 4). |
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| bb) Bezüglich des vorliegenden Zustimmungsersetzungsverfahrens ist daher für den Umfang der richterlichen Amtsermittlung und der die Beteiligten treffenden Mitwirkungspflicht von besonderer Bedeutung, dass die in diesem Verfahren rechtskräftig getroffene Entscheidung, die Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes zu ersetzen, präjudizielle Wirkung für den späteren Kündigungsschutzprozess hat. Das Arbeitsgericht ist an die im Beschlussverfahren getroffene, allerdings nicht in Rechtskraft erwachsene Feststellung gebunden, dass die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Wegen dieser Präjudizwirkung kann der Arbeitnehmer im späteren Kündigungsschutzprozess die unrichtige Entscheidung der Vorfrage (Berechtigung der außerordentlichen Kündigung) nur dann geltend machen, wenn er neue Tatsachen vorträgt, die im Beschlussverfahren noch nicht berücksichtigt werden konnten. Hingegen kann sich der betroffene Arbeitnehmer nicht auf solche Tatsachen stützen, die er als Beteiligter in dem früheren Verfahren erfolglos geltend gemacht hat oder hätte geltend machen können (vergl. hierzu BAG vom 10.12.1992, AP Nr. 4 zu § 87 ArbGG; BAG vom 23.06.1993, AP Nr. 2 zu § 83 a ArbGG; BAG vom 24.04.1975, AP Nr. 4 zu § 103 BetrVG; BAG vom 09.01.1986, AP Nr. 20 zu § 626 BGB Ausschlussfrist; vergl. ferner ErfK-Kania, a.a.O.,§ 103 BetrVG, Rn. 15; Fitting, 23. Auflage, § 103 Rn. 47 ff.; Däubler, 11. Auflage, § 103 BetrVG Rn, 59 ff.; GK-Raab, a.a.O., § 103 BetrVG, Rn. 74). Im Ergebnis wird somit in der Regel im Beschlussverfahren nach § 103 BetrVG der spätere Kündigungsschutzprozess vorweggenommen. Es geht in diesem Verfahren demnach weniger um die Klärung von einer Vielzahl von Arbeitnehmer betreffenden betriebsverfassungsrechtlichen (Struktur-)Fragen, als vielmehr um eine konkrete, beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme, deren Vorfragen an den Normen des Betriebsverfassungsgesetzes zu messen sind (so überzeugend Eylert/Fenski, BB 1990, Seite 2401 (2406)). Dieser Umstand rechtfertigt es auch, an die Darlegungs- und Substantiierungspflicht der Beteiligten im Zustimmungsersetzungsverfahren vergleichbare Anforderungen zu stellen wie im Kündigungsschutzprozess ( so zutreffend GK-Raab, a.a.O, § 103 BetrVG Rn. 74; Eylert/Fenski, BB 1990, Seite 2401 (2402, 2406); im Ergebnis so wohl auch Däubler, a.a.O., § 103 BetrVG Rn. 44; ErfK-Eisemann, a.a.O., § 83 ArbGG, Rn. 4; LAG Düsseldorf vom 29.11.1993, BB 1994, Seite 793 ( 794 )). Deshalb führt der Untersuchungsgrundsatz im Verfahren nach § 103 BetrVG insbesondere nicht dazu, dass die Arbeitsgerichte einen ungenügend vorgetragenen Lebenssachverhalt, der die beabsichtigte Kündigung begründen beziehungsweise der einen entsprechenden Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund darstellen könnte, von Amts wegen aufzuklären und bei pauschalem, unsubstantiiertem Vortrag von sich aus Beweis zu erheben haben. |
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| cc) Vielmehr sind die allgemeinen Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast für die fristlose Kündigung anzuwenden. Folglich muss zunächst der Kündigende, vorliegend also die Arbeitgeberin, alle Umstände vortragen, die als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB geeignet sind und die die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung belegen (vergl. BAG vom 17.04.1956, AP Nr.8 zu § 626 BGB; BAG vom 24.11.1983, AP Nr. 76 zu § 626 BGB; BAG vom 17.08.1972, AP Nr. 4 zu § 626 BGB Ausschlussfrist; BAG vom 06.08.1987, AP Nr. 97 zu § 626 BGB; BGH vom 20.02.1995, NJW - RR 1995, Seite 669; ErfK-Müller-Glöge, a.a.O., § 626 BGB, Rn. 234 ff; HaKo -Gieseler, 3. Auflage, § 626 BGB, Rn. 140 ff.). Um die mit einer Pflicht zum Ausschluss aller denkbaren Entlastungsgründe verbundene Überforderung des Kündigenden zu vermeiden, legt die Rechtsprechung allerdings eine abgestufte Darlegungslast zu Grunde. Danach obliegt es im Prozess dem Kündigungsgegner - vorliegend also dem Antragsgegner und der Beteiligten zu 3) - seinerseits die tatsächlichen Umstände eines etwa von ihm vorgebrachten Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes so konkret wie möglich darzulegen. Dabei reicht allerdings ein pauschaler Vortrag ohne hinreichende Substantiierung nicht aus (vergl. BAG vom 06.08.1987, a.a.O.; BGH vom 28.10.2002, NJW 2003, Seite 431; siehe auch HaKo.-Gieseler, a.a.O. unter Hinweis auf BAG vom 19.12.1991, Az.: 2 AZR 367/91, sowie weitere LAG- Rechtsprechung; ErfK-Müller-Glöge a.a.O., § 626 BGB, Rn. 234 ff.). |
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| b) Die Darlegung eines solch wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses setzt den Vortrag einer schweren, regelmäßigen schuldhaften Pflichtenverletzung voraus. Diese kann nicht nur in einer erheblichen Verletzung der vertraglichen Hauptleistungspflichten liegen, sondern die erhebliche Verletzung von arbeitsvertraglichen Nebenpflichten kann ebenso einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen. So ist in Rechtsprechung und Literatur (BAG vom 26.01.1999, AN Nr. 151 zu § 626 BGB; BAG vom 10.10.2002, AP Nr. 180 zu § 626 BGB, BAG vom 06.11.2003, AP Nr. 46 zu § 1 KSchG verhaltensbedingte Kündigung; BAG vom 24.11.2008, AP Nr. 198 zu § 626 BGB; vergleiche auch ErfK-Müller-Glöge, a.a.O, § 626 Rn. 86 f; HaKo-Gieseler, a.a.O., § 626 BGB Rn. 94) anerkannt, dass Beleidigungen durch den Arbeitnehmer, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Arbeitgeber sowie für die betroffenen Mitarbeiter bedeuten, als Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis an sich zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung geeignet sind. Entsprechendes gilt für bewusst wahrheitswidrig aufgestellte ehrverletzende Tatsachenbehauptungen, insbesondere wenn sie den Tatbestand einer üblen Nachrede ausfüllen (vergl. BAG vom 17.02.2000, AP Nr. 151 zu § 626 BGB; BAG vom 26.05.1977 , AP Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; LAG Hamm vom 28.11.2003, DB 2004, Seite 442(443)). Ebenso kann grundsätzlich eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB, die dem Schutz und der Förderung des gemeinsamen Vertragszweckes dient (vergleiche hierzu Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung, 9. Auflage, Rn. 661; BAG vom 03.07.2003, AP Nr. 45 zu § 1 KSchG unter Hinweis auf BAG vom 10.10.2002, AP Nr. 44 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung; MünchArbR-Blomeyer, 2. Auflage, § 51 Rn. 19 ff.; ErfK-Preis, a.a.O. § 611 BGB, Rn. 615), den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen. Die Rücksichtnahmepflicht verlangt nämlich von den Parteien des Arbeitsverhältnisses, gegenseitig auf die Rechtsgüter und Interessen der jeweils anderen Vertragspartei in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen ( so BAG vom 24.06.2004, AP Nr. 49 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung ). Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebes nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (so ausdrücklich BAG vom 02.03.2006, NZA - RR 2006, Seite 636 ( 628 )). Der Arbeitnehmer hat darüber hinaus die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren und den Arbeitgeber über alle wesentlichen Vorkommnisse im Betrieb in Kenntnis zu setzen und diese nicht nach außen zu tragen, vor allem um Schäden des Arbeitgebers - nicht zuletzt durch negative Publizität - zu verhindern. Dies gilt umso mehr, wenn erhebliche Belange des Arbeitgebers gestört werden, weil das Verhalten des Arbeitnehmers geeignet ist, den Ruf des Arbeitgebers nachhaltig im Geschäftsverkehr zu schädigen (vergl. BAG vom 03.07.2003, a.a.O.; BAG vom 02.03.2006, a.a.O.; ErfK-Oetker, a.a.O., § 1 KSchG Rn. 190; BAG vom 06.11.2003, AP Nr. 39 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; LAG Hamm vom 28.11.2003, a.a.O.; BAG vom 20.08.1997, AP Nr. 27 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; Stahlhacke/Preis/Vossen, a.a.O., Rn. 692; Gach/Rützel, BB 1997, Seite 1959 ff.). |
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| aa) Die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern wird durch die Grundrechte näher ausgestaltet. Kollidiert das dem Arbeitgeber als Ausfluss seiner grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit (Artikel 12 Abs. 1 GG) zustehende Recht, vom Arbeitnehmer die Einhaltung eines gewissen Maßes von Rücksicht auf seine Interessen zu verlangen, mit grundrechtlich geschützten Positionen des Arbeitnehmers, so ist das Spannungsverhältnis im Rahmen der Konkretisierung und Anwendung der Generalklausel des § 241 Abs. 2 BGB grundrechtskonform auszugleichen und sind die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten entsprechend zu konkretisieren (so BAG vom 03.07.2003, a.a.O., unter Hinweis auf BAG vom 10.10.2002, AP Nr. 44 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung). Dabei sind die kollidierenden Grundrechte in ihrer Wechselwirkung zu sehen und so zu begrenzen, dass diese bei der Ausformung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (im Sinne einer praktischen Konkordanz, vergl. BAG vom 03.07.2003, a.a.O., mit weiteren Nachweisen). |
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| bb) Als Ausfluss der verfassungsrechtlich geschützten Unternehmerfreiheit hat der Arbeitgeber ein rechtlich geschütztes Interesse daran, nur mit solchen Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, die die Ziele des Unternehmens fördern und das Unternehmen vor Schäden bewahren (so ausdrücklich BAG vom 03.07.2003, a.a.O.). Diese Grundrechtsposition ist in Einklang zu bringen mit der ebenfalls grundrechtlich geschützten Meinungsäußerungsfreiheit des Arbeitnehmers, Artikel 5 GG. Danach sind Arbeitnehmer grundsätzlich berechtigt, unternehmensöffentliche Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen zu äußern. Der Begriff der Meinungsäußerung ist dabei weit zu verstehen und umfasst Werturteile ebenso wie Tatsachenmitteilungen, weil und soweit diese Voraussetzungen des Prozesses der Meinungsbildung sind. Da die Meinungsfreiheit grundsätzlich die Kommunikation als solche schützt, kommt es auch nicht darauf an, ob letztere rational oder emotional erfolgt. Geschützt sind daher sogar polemische Äußerungen. Der Schutz der Freiheit der Meinungsäußerung durch Artikel 5 Abs. 1 GG endet jedoch dort, wo die Äußerung nicht mehr subjektiv wahrhaftig oder im Zeitpunkt der Äußerung evident unwahr ist (so Preis/Stoffels, RdA 1996, Seite 210 (211) unter Hinweis auf Kremm, NJW 1995, Seite 1699 mit weiteren Nachweisen ). Nicht geschützt sind daher Entstellungen oder Verfälschungen (BVerfG vom 22.06.1982, BVerfGE 61, Seite 1 (8)). Die Meinungsäußerungsfreiheit deckt auch nicht Verzeichnungen der Wirklichkeit oder die Verdrehung von Tatsachen (Preis/Stoffels, a.a.O. unter Hinweis auf BVerfGE vom 10.05.1983, NJW 1984, Seite 1101 (1103)). Ebenso muss der Arbeitgeber nicht in grobem Maße unsachliche Angriffe, die auf der Äußerung unwahrer Tatsachen beruhen und zu Störungen des Betriebsablaufs beziehungsweise des Betriebsfriedens führen oder Schädigungen im Unternehmensbereich hervorrufen, hinnehmen (vergl. BAG vom 02.04.1987, AP Nr. 96 zu § 626 BGB; BAG vom 03.07.2003, a.a.O.; BAG vom 11.12.1975, AP Nr. 1 zu § 15 KSchG; MünchArbR-Blomeyer, § 51 Rn. 67).Im Rahmen der - bei allen Kündigungen - vorzunehmenden Interessenabwägung wird die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung umso eher anzunehmen sein, je bedachter die begangene Pflichtenverletzung erfolgt und je schwerer die hieraus erwachsenden Nachteile wiegen. Dabei kommt es maßgeblich auf den konkreten Inhalt der Äußerung, den Zusammenhang, in dem sie gefallen ist sowie die Größe und Reaktion des Zuhörerkreises beziehungsweise die erzielte Außenwirkung an. |
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| 2) Unter Anwendung oben genannter Grundsätze ist die Kammer der Überzeugung, dass die Beteiligte zu 3) zumindest im Interview für die Sendung „F.“ unwahre Tatsachen behauptet und sich hierdurch einer schwerwiegender Verletzung arbeitsvertraglicher Rücksichtnahmepflichten schuldig gemacht hat. Durch diese Interviewäußerungen wurde auch eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens verursacht, die die Antragstellerin nicht sanktionslos hinnehmen muss. Nach Abwägung der maßgeblichen Interessen war daher die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3) durch das erkennende Gericht zu ersetzen. |
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| a) Unstreitig hat die Beteiligte zu 3) in dem in der Sendung „F.“ am … aus gestrahlten Interview ausdrücklich gesagt, dass ständig der Krankenwagen gekommen und jeden zweiten Tag dagewesen sei. Diese Aussage steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der weiteren Behauptung, dass die Mitarbeiter wegen Arbeitsüberlastung und arbeitsbedingtem Stress umgefallen und am Ende ihrer Kraft gewesen seien. Jedem Fernsehzuschauer musste sich auf Grund dieser Schilderung geradezu der Eindruck aufdrängen, dass die Antragstellerin ihre Mitarbeiter, durch erhebliche Leistungsverdichtung und bewusste Überforderung deren Kräfte, massiv ausbeute. Durch die sprachliche Verbindung der Behauptung, „ständig, jeden zweiten Tag sei der Krankenwagen gekommen“, mit der Behauptung, „die Mitarbeiter seien wegen Arbeitsüberlastung umgefallen“, hat die Beteiligte zu 3) suggeriert, durch die von der Antragstellerin zu verantwortenden schlimmen innerbetrieblichen Zustände sei die Gesundheit der hiervon betroffenen Mitarbeiter so schwerwiegend beeinträchtigt worden, dass in Ansehung der konkreten individuellen Leiden regelmäßig der Einsatz eines Krankenwagens erforderlich gewesen sei. Mit der Interviewäußerung hat die Beteiligte zu 3) in der Öffentlichkeit unwahre Tatsachen verbreitet, die dazu geeignet waren, das Unternehmen I. und deren Mitarbeiter in Führungsfunktion zu verunglimpfen und zu diskreditieren |
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| aa) Dies folgt aus dem Umstand, dass es unstreitig im gesamten Jahr 2007 insgesamt nur neun und im Jahr 2008 bis zum Zeitpunkt der Interviewäußerung der Beteiligten zu 3) lediglich vier Einsätze eines Krankenwagens gab. Ebenso unstreitig betraf hierbei die überwiegende Anzahl der Einsätze gar nicht die Mitarbeiter der Antragstellerin, sondern vielmehr deren Kunden. Demnach steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es zumindest zum Zeitpunkt des Interviews der Beteiligten zu 3) keinen behaupteten ständigen, ja noch nicht einmal angesichts der gerichtsbekannt hohen Mitarbeiter- und Kundenzahlen der Antragstellerin einen häufigen Krankenwageneinsatz gab. Die Beteiligte zu 3) hat demnach objektive Tatsachen behauptet, deren Unwahrheit feststeht. Da es sich in Anbetracht von Inhalt und Auswirkung der Behauptungen nicht um einen Bagatellfall handelt, hat sie eine schwerwiegende Arbeitsvertragspflichtverletzung begangen. |
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| bb) Diese Pflichtenverletzung wird auch nicht durch den Vortrag der Beteiligten zu 3) relativiert, wonach sich die Aussagen auf die Kalenderwochen 38 bis 41 im Jahr 2005, nämlich auf den Zeitpunkt des Reviews, bezogen hätten, Ob es sich dabei - wie von der Antragstellerin eingewandt - um eine Schutzbehauptung der Beteiligten zu 3 handelt, kann die Kammer nicht mit hinreichender Gewissheit entscheiden. Für das Vorliegen einer solchen sprechen allerdings die Ausführungen der Beteiligten zu 3), der Reporter von „F.“ habe zur Einleitung des Interviews gefragt, wie es zu den 38 Beschlussverfahren gekommen sei. Gerichtsbekannt wurden nämlich in den Jahren 2005 und 2006 jeweils lediglich zwei Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Mannheim, in den Jahre 2007 (22) und 2008 (24 bis zum 19.08.2008) unter dem Betriebsratsvorsitz der Beteiligten zu 3) hingegen eine Vielzahl von Beschlussverfahren zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner geführt. Ausweislich der Bezugnahme auf die Höhe der Verfahrenszahl zielte die Frage des Reporters somit - für die Beteiligte zu 3 ersichtlich - auf das zum Interviewzeitpunkt aktuelle betriebsinterne Spannungsverhältnis. Insoweit ist für die Kammer nicht verständlich, warum die Beteiligte zu 3) hierauf lediglich mit Ausführungen auf die vermeintliche Situation im Jahr 2005 geantwortet haben will, zumal dieser Konflikt nach eigenem Vortrag durch den Vergleich in dem damals durchgeführten Beschlussverfahren bereits seit langem beigelegt war. Dies ist umso verwunderlicher, als die Beteiligte zu 3) bei ihrer Schilderung des Interviews kein Wort dazu ausführt, was sie denn bezüglich der aktuellen innerbetrieblichen Situation, bezogen auf das Jahr 2007/2008, gesagt haben will. |
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| Diese Zweifel können aber letztendlich nach Auffassung der Kammer dahinstehen. Selbst wenn man unterstellt und zu Gunsten der Beteiligten zu 3) berücksichtigt, dass die Interviewaussagen tatsächlich auf die Vergangenheit bezogen und vielmehr sinnentstellend ausgestrahlt worden sein sollten, so ändert dies im Ergebnis jedenfalls nichts an der von der Beteiligten zu 3) begangenen schweren Vertragspflichtverletzung. Denn unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zur Darlegungslast im Zustimmungsersetzungsverfahren (siehe II, 1. cc der Entscheidungsgründe) oblag es dem Antragsgegner beziehungsweise der Beteiligten zu 3), die tatsächlichen Umstände von Entschuldigungs- und Rechtfertigungsgründen so konkret wie möglich zu schildern. Um den Vorwurf der Behauptung unwahrer Tatsachen zu entkräften, hätten sie - wie auch von der Antragstellerin gerügt - substantiiert darlegen müssen, wann denn konkret in dem behaupteten Zeitraum der 38. bis 41. Kalenderwoche im Jahr 2005 ein Krankenwagen in welcher Häufigkeit die Betriebsstätte in W. angefahren haben soll. Statt dessen wurde jedoch konkret nur ein Fall des Krankenwageneinsatzes benannt, nämlich der Unfall des Betriebsratsmitgliedes N., der in diesem Zeitraum aus einem SB-Regal gestürzt sein soll. Die weiteren Behauptungen, nämlich dass Herr T. einen Kreislaufzusammenbruch erlitten habe und an einem Tag mindestens dreimal über Lautsprecher ein Arzt ausgerufen worden sein soll, haben nach dem eigenen Vortrag des Antragsgegners sowie der Beteiligten zu 3) keinen konkreten Zusammenhang mit einem Krankenwageneinsatz. |
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| Dies sehen wohl auch der Antragsgegner sowie die Beteiligte zu 3) so, denn sonst hätten sie sich nicht im Rahmen des Sachvortrages auf die weitere, nicht durch Tatsachenvortrag untermauerte pauschale Behauptung, tatsächlich sei in diesen Wochen (gemeint 38. bis 41. Kalenderwoche 2005 ) etwa jeden zweiten Tag ein Krankenwagen angefahren, unter Beweisantritt zurückgezogen. Dieser unsubstantiierte Vortrag lässt jedoch nicht einmal im Ansatz erkennen, wann denn dies nach deren Auffassung konkret der Fall gewesen sein soll. Gerade der von der Beteiligten zu 3) vorgetragene Umstand, dass sie damals Ersthelferin und ständig im Einsatz gewesen sei, müsste sie doch in die Lage versetzen, den Sachvortrag näher zu konkretisieren. Wenn aber nur ein grober Zeitrahmen angegeben wird, innerhalb dessen die weder nach Datum oder betroffenen Personen näher nachprüfbar behaupteten Einsätze erfolgt sein sollen, ist der Darlegungslast nicht genüge getan und dem Gericht die Erhebung eine Zeugenbeweises nicht möglich. Vielmehr würde die Vernehmung eines Zeugen unter diesen Umständen einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen (so im Ergebnis bei einer vergleichbaren Konstellation auch Eylert/Fenski, BB 1990, Seite 2401 mit weiteren Nachweisen). |
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| b) Entgegen ihrer Behauptungen musste die Beteiligte zu 3) auch wissen oder jedenfalls erkennen, dass diese Äußerungen von den Fernsehzuschauern wie dargelegt aufgefasst würden und die Antragstellerin hierdurch in ihrem öffentlichen Ansehen herabgewürdigt werde. Es handelte sich nämlich nach dem eigenen Vortrag der Beteiligten zu 3) keineswegs um eine private Meinungsäußerung in einem Interview. Vielmehr erfolgte sie während der Arbeitszeit auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin mit der Motivation, die Antragstellerin als Gegnerin in der laufenden Tarifauseinandersetzung bewusst zu schwächen. Die Äußerungen hatten daher bewusst provokativen Charakter und enthielten einerseits den Versuch der Herbeiführung einer Ansehensschädigung des Unternehmens durch die bewusste Behauptung unwahrer Tatsachen und andererseits die Bemühung, durch Beeinflussung der Öffentlichkeit deren Solidarisierung mit den eigenen sozialpolitischen Vorstellungen und Zielen zu erreichen. Es handelte sich somit um einen bewussten und überlegten Eingriff in die grundrechtlich gemäß Artikel 12 GG geschützte unternehmerische Betätigungsfreiheit der Antragstellerin. Durch ein derart pflichtwidriges Verhalten nahm die Beteiligte zu 3) keine eigenen verfassungsrechtlich geschützten Freiheiten wie etwa die Meinungs- oder Koalitionsfreiheit wahr, sondern sie verhielt sich gegenüber der Antragstellerin grob rechtsmissbräuchlich. |
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| Die Beteiligte zu 3) kann sich zur Entschuldigung ihres Fehlverhaltens auch nicht darauf berufen, dass die Interviewaussagen im Anschluss an eine auf dem Betriebsgelände in W. konkret durchgeführte Arbeitskampfmaßnahme erfolgt seien und insofern sozusagen aus der „Hitze des Gefechts“ zugespitzt oder überzogen geäußert worden seien. Nach eigener Darstellung wurden nämlich am Tag des Interviews weder etwaige Streikaktionen durchgeführt noch wurde die Beteiligte zu 3) etwa durch das Interviewbegehren überrascht. Vielmehr wurde die Beteiligte zu 3) vorab telefonisch um die Durchführung des Interviews unter Benennung des gewünschten Themas (Probleme zwischen dem Unternehmen I. und seinem Betriebsrat) gebeten. Ein impulsives oder spontanes Moment, das die Pflichtenverletzung gegebenenfalls entschuldigen könnte, ist somit für die Kammer nicht zu erkennen. Dass die Initiative zu dem Interview für die Sendung „F.“ nach dem Vortrag der Beteiligten zu 3) nicht von ihr ausgegangen sei, rechtfertigt auch keine andere Würdigung des Fehlverhaltens der Beteiligten zu 3) und vermag diese nicht zu entlasten. |
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| c) Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht seitens der Beteiligten zu 3) zumindest leichtfertig erfolgte. |
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| Auf Grund des zum Zeitpunkt des Interviews mit der Sendung „F.“ bereits eingeleiteten streitgegenständlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens musste die Beteiligte zu 3) doch in besonderem Maße dafür sensibilisiert sein, dass die Antragstellerin den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung beabsichtigt, sofern in öffentlichen Äußerungen unwahre Tatsachen, die zu erheblichen Rufschädigungen führen können, verbreitet werden. Ausweislich der Antragsbegründung hat die Antragstellerin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht gewillt ist, dies sanktionslos hinzunehmen. Dies hätte auch die Beteiligte zu 3) erkennen müssen, nicht zuletzt auf Grund der am 01.04.2008 anlässlich des Interviews bei Radio R. durchgeführten Anhörung, in deren Verlauf sie mit dem Vorwurf der Vertragspflichtverletzung konkret konfrontiert wurde. Diesbezüglich kann sich die Beteiligte zu 3) auch nicht darauf berufen, sie habe ausdrücklich erklärt, dass eine Veröffentlichung nicht erfolgen dürfe. Selbst wenn man dies zu Gunsten der Beteiligten zu 3) als tatsächlich gegeben unterstellen sollte, so wäre sie doch im Vertrauen auf eine Nichtverbreitung nicht geschützt. |
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| Wie die Antragstellerin zutreffend rügt, erscheint es doch im Übrigen völlig lebensfremd, dass ein Arbeitnehmer im Vertrauen auf die vermeintliche Nichtveröffentlichung ein Interview für einen Fernsehsender gibt, obwohl nach eigenem Bekunden bei dem kurz zu vor gegenüber Radio R. gegebenen Interview bereits gegen diese - behauptete - Zusage verstoßen worden sein soll. Gleiches behauptet die Beteiligte zu 3) im Übrigen für ihre dritte Interviewäußerung bei der Landesschau B.. Ferner stellt sich die Frage, was denn überhaupt in der Sendung „F.“ nach Auffassung der Beteiligten zu 3) gesendet werden konnte beziehungsweise sollte. Soweit sie nämlich vorträgt, sie habe ausdrücklich verlangt, die Interviewaussagen über - nach ihren Ausführungen - Geschehnisse der Vergangenheit nicht auszustrahlen, da die aktuelle Auseinandersetzung im Vordergrund stehe, so hat sie weder behauptet noch konkret dargelegt, dass und gegebenenfalls was sie überhaupt bezüglich der innerbetrieblichen Situation der Antragstellerin bezogen auf das Jahr 2007/2008 geäußert haben will. |
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| d) Schließlich ist im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung von Bedeutung, dass aus Sicht der Antragstellerin eine Wiederherstellung des Vertrauens zur Beteiligten zu 3) nicht zu erwarten ist. Dies folgt wie oben ausgeführt zum einen aus dem Umstand, dass die Beteiligte zu 3) nicht mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, ihr Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde von der Arbeitgeberin nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten angesehen. Zum anderen folgt dies aber auch aus dem Verhalten der Beteiligten zu 3) im Rahmen der durchgeführten Anhörung am 01.04.2008 zu dem Interview bei Radio R. und am 06.05.2008 zu den Fernsehinterviews für die Sendung „F.“ und die Landesschau B.. In beiden Anhörungen hat die Beteiligte zu 3) bezüglich der ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe jegliche Sachaussage verweigert und bezüglich des Radiointerviews auf Nachfrage der Antragstellerin auch nicht einmal eingeräumt, dass sie das Interview tatsächlich gegeben hatte. Vielmehr wurde dies erst im Laufe des vorliegenden Zustimmungsersetzungsverfahrens zugegeben. Nun mag man dafür Verständnis haben, dass sich die Beteiligte zu 3) in dieser Situation nicht selbst belasten und den Vorwurf der öffentliche Verbreitung unwahrer Tatsachen einräumen wollte. Nach Auffassung der Kammer hätte die Beteiligte zu 3) aber die Umstände, auf die sie sich im vorliegenden Verfahren zur Entschuldigung beruft, nämlich dass die Interviews sinnentstellend und entgegen ihrer ausdrücklichen Erklärung gesendet worden seien, offenbaren müssen. Hierzu war sie nach Treu und Glauben verpflichtet. Ein zeitiges Bekenntnis hätte die Antragstellerin sowie die Beteiligte zu 3) in die Lage versetzt, durch etwaige öffentliche Erklärungen oder presserechtliche Maßnahmen die infolge der Interviewausstrahlung einsetzende öffentliche Diskussion über die innerbetrieblichen Verhältnisses bei der Antragstellerin zu versachlichen. Statt dessen hat die Beteiligte zu 3) jedoch jegliche inhaltliche Erklärung verweigert, das Anhörungsgespräch am 06.05.2008 einseitig abgebrochen und erstmals - wohl den Ernst der Lage erkennend - im Lauf des vorliegenden Ersetzungsverfahrens Stellung genommen. Durch dieses Verhalten hat die Beteiligte zu 3) zumindest den Anschein geweckt, ihre Arbeitgeberin im Rahmen der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht nicht in den Bemühungen zu unterstützen, die negativen Auswirkungen der öffentlichen Berichterstattung durch - so die Beteiligte zu 3) - sinnentstellend wiedergegebene Interviews zu beschränken. Hierzu wäre sie aber als Interviewgeberin in besonderem Maße verpflichtet gewesen. |
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| e) Ferner ist es durch die seitens der Beteiligte zu 3) zumindest in dem Interview bei der Sendung „F.“ behaupteten unwahren Tatsachen sehr wohl zu Störungen des Betriebsfriedens bei der Antragstellerin gekommen. Dabei kann dahinstehen, ob sich Mitarbeiter bei Vorgesetzten oder Kunden gegenüber dem Unternehmen I. im Hinblick auf den Inhalt des Interviews negativ geäußert hätten. Auch die - gerichtsbekannt - einsetzende umfangreiche Diskussion im Rahmen von Leserbriefen in der regionalen Presse oder in Chatbeiträgen in Internetforen ist letztendlich nicht entscheidend. Die nachhaltige Störung des Betriebsfriedens (vergleich zu dem Begriff näher BAG vom 09.12.1982, AP Nr. 73 zu § 626 BGB) wird schließlich bereits dadurch dokumentiert, dass im Verfahren Arbeitsgericht Mannheim, Az.: 8 BV 10/08, einhundertdreißig (!) von circa 400 Mitarbeitern der I. Niederlassung in W. unstreitig beantragten, den Betriebsrat aufzulösen, hilfsweise die Beteiligte zu 3) als dessen Vorsitzende auszuschließen. Zur Begründung des Hilfsantrages wurde nicht nur darauf abgestellt, die Beteiligte zu 3) habe als Betriebsratsvorsitzende in einer Betriebsversammlung die Belegschaft bewusst über die Art und Weise der Durchführung der arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren getäuscht. Vielmehr wurde seitens der 133 Antragsteller der Beteiligten zu 3) vorgehalten, mit der Interviewaussage für die Sendung „F.“, dass nämlich jeden zweiten Tag der Krankenwagen gekommen sei und Ersthelferinnen ständig im Einsatz gewesen seien, bewusst gelogen zu haben. Durch diese gerichtsbekannten Umstände kommt für die Kammer unzweifelhaft zum Ausdruck, dass zumindest ein großer Teil der Belegschaft der Betriebsstätte W. über die Interviewäußerungen der Beteiligten zu 3) und der darin getätigten Behauptung unwahrer Tatsachen in massive Unruhe geraten und ihre Empörung und ihren Unmut in dem Antrag auf Auflösung des Betriebsrates und hilfsweise auf Ausschluss der Betriebsratsvorsitzenden B., der Beteiligten zu 3) in diesem Verfahren, zum Ausdruck gebracht hat. Den Einwand der Beteiligten zu 3), die Antragsteller des Auflösungs- beziehungsweise Ausschlussverfahrens seien von der Antragstellerin motiviert und quasi instrumentalisiert worden, vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Der Vorsitzende hatte in den mündlichen Verhandlungen, in denen sich insbesondere im Gütetermin zahlreiche Antragsteller persönlich zu Wort meldeten und ihre Sicht der Dinge ausführlich darlegten, den Eindruck, dass diese gerade keine willfährige und von der Arbeitgeberin vorgeschobene Masse waren, sondern vielmehr das dringende Bedürfnis hatten, ihre subjektive Unzufriedenheit mit der Amtsführung der Mitglieder des Betriebsrates, insbesondere aber mit der Beteiligten zu 3), zum Ausdruck zu bringen. |
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| f) Auf Seiten der Beteiligten zu 3) sind nach Auffassung der Kammer demgegenüber keine persönlichen Gesichtspunkte zu erkennen, die in Anbetracht der Schwere der geschilderten Pflichtenverletzung und deren Auswirkungen für die Unverhältnismäßigkeit der Kündigung sprächen. Zwar ist zu Gunsten der Beteiligten zu 3) zu berücksichtigen, dass sie für ein Kind unterhaltsverpflichtet ist und auf Grund der Betriebszugehörigkeit seit 1995 einen bereits verfestigten sozialen Besitzstand hat. Dies sind jedoch nicht zuletzt auf Grund des mittleren Alters der Beteiligten zu 3) und den damit einhergehenden guten Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt keine durchschlagenden Gesichtspunkte, die in vorliegendem Fall bei der Gesamtwürdigung aller Umstände den Ausspruch einer fristlosen Kündigung als unangemessen im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB erscheinen ließen. Angesichts des von der Beteiligten zu 3) gezeigten Verhaltens ist deren vertragspflichtverletzendes Verhalten als so schwerwiegend anzusehen, dass das Interesse der Antragstellerin, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, nach Auffassung der Kammer als weitaus überwiegend zu bewerten ist. |
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| 3. Der Begründetheit des Antrages auf Zustimmungsersetzung steht schließlich auch nicht entgegen, dass die beabsichtigte außerordentliche Kündigung etwa aus anderen Gründen unwirksam wäre. |
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| a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vergl. jüngst Beschluss vom 23.04.2008, DB 2008, Seite 1756; siehe ferner BAG vom 22.08.1974, AZ: 2 ABR 17/74, DB 07, Seite 1759; BAG vom 27.05.1975, AP Nr. 4 zu § 103 BetrVG; siehe auch Däubler, a.a.O., § 103 BetrVG , Rn. 41 ), kann der Arbeitgeber im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens auch noch solche Umstände zur Begründung des Antrages heranziehen, die erst während des laufenden Verfahrens entstanden sind. Allerdings muss er vor Einführung dieser Umstände im gerichtlichen Beschlussverfahren den Betriebsrat beteiligt und diesem Gelegenheit gegeben haben, seine Stellungnahme im Licht der neuen Tatsachen zu prüfen. |
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| Da die Antragstellerin nach Einleitung des vorliegenden Zustimmungsersetzungsverfahrens auf die neuerlichen Interviewäußerungen der Beteiligten zu 3) in der Fernsehsendung „F.“ und in der Landesschau B. zunächst eine Anhörung der Beteiligten zu 3) in Anwesenheit eines Betriebsratsmitgliedes durchgeführt und sodann den Antragsgegner mit umfangreichem Schreiben vom 07.05.2008 erneut angehört und um Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung der Beteiligten zu 3) gebeten hat, sind diese formalen Voraussetzungen gewahrt. Die Antragstellerin kann sich demnach zulässigerweise zur Begründung ihres Antrages auf die seitens der Beteiligten zu 3) begangenen Pflichtenverletzungen, nämlich die Äußerung unwahrer Tatsachen in dem Fernsehinterview bei „F.“, berufen. |
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| b) Die Unwirksamkeit der beabsichtigten Kündigung folgt entgegen der Auffassung des Antragsgegners und der Beteiligten zu 3) auch nicht aus der von ihnen aufgestellten Behauptung, seitens der Antragstellerin bestehe eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung in dem Einzelhandelsverband B., der die Tarifvereinbarung vom 10.07.2008 abgeschlossen hat. Soweit der Antragsgegner sowie die Beteiligte zu 3) diesbezüglich vortragen, die streitgegenständlichen Interviewäußerungen seien indirekt im Zusammenhang mit der Tarifauseinandersetzung zu sehen, weshalb es der Antragstellerin in Ansehung des in Ziff. 12 der Tarifvereinbarung enthaltenen Maßregelungsverbotes verwehrt sei, die Kündigung auszusprechen, so verkennen sie nach Auffassung der Kammer die rechtlichen Wirkungen der behaupteten OT-Mitgliedschaft der Antragstellerin. |
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| aa) Mitglieder der Tarifvertragsparteien sind nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden. Nur wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber tarifgebunden, das heißt Mitglieder einer tarifschließenden Partei sind, gelten die Normen des Tarifvertrages unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 TVG). Nach allgemeiner Auffassung der Rechtsprechung und der Literatur (vergl. hierzu jüngst BAG vom 18.07.2006, NZA 2006, Seite 1225 ff.; BAG vom 23.02.2005, NZA 2005, Seite 1320; LAG Rheinland-Pfalz vom 14.02.1995, NZA 1995, Seite 800 ff.; Buchner, NZA 2006, Seite 1377 ff.; ders., NZA 1994, Seite 2 ff.; ders., NZA 1995, Seite 761 ff.; Wilhelm-Dannhorn, NZA 2006, Seite 466 ff., Bayreuther, BB 2007, Seite 325 ff.; Berger-Delhey, ZTR 2006, Seite 531 ff.; siehe auch umfassend Otto, NZA 1996, Seite 623 ff.; zur OT-Mitgliedschaft hingegen kritisch Däubler, ZTR 1994, Seite 448 (453); Däubler-Peter, TVG , 2. Auflage, § 2, Rn. 118 ff.; Schaub, ArbeitsR-HdB, 12. Auflage, § 206, Rn. 29; Kempen-Zachert, TVG, 4. Auflage, § 2, Rn. 90; Wroblewski, NZA 2007, Seite 421 ff.) sind OT-Mitglieder aber gerade nicht als tarifgebundene Mitglieder eines Verbandes anzusehen. Nach der überzeugenden Entscheidungsbegründung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 18.07.2006, a.a.O., Seite 1228 ff. ) hängt die Tarifgebundenheit des einzelnen Arbeitgebers oder Arbeitnehmers grundsätzlich von dessen individueller Entscheidung über seine Mitgliedschaft im betreffenden Verband ab. Dies folgt aus dem Umstand, dass die durch den Tarifvertrag verpflichteten Unternehmen und Arbeitnehmer freiwillig Mitglied der tarifschließenden Partei geworden sind. In dem sie sich in einer Koalition zusammenschließen, die sich zur Aufgabe gesetzt hat, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch den Abschluss von Tarifverträgen zu regeln, haben sie sich der Tarifbindung unterworfen. Aus dem Eintritt in den Arbeitgeberverband kommt der Wille zum Ausdruck, sich an die diesbezüglichen Tarifverträge zu binden. Dies ist demgegenüber bei den OT-Mitgliedern aber gerade nicht der Fall. Diese Mitgliedergruppe möchte nicht tarifgebunden sein und verzichtet deshalb bewusst auch auf die „Vollmitgliedschaft“ in dem Verband. Sie sind zwar im Übrigen mit allen Rechten ausgestattet wie die sonstigen Verbandsmitglieder; für ihren Status als OT(in Worten: ohne Tarifbindung)-Mitglied verzichten sie aber im Gegenzug an der Teilnahme und Teilhabe an den tarifpolitischen Aktivitäten des Verbandes. Aus ihrem Eintritt in den Verband kann folglich gerade nicht geschlossen werden, das sie der Tarifbindung unterliegen wollen ( so ausdrücklich bereits Otto, NZA 1996, Seite 624 (628); siehe auch BAG vom 18.07.2006, a.a.O., Seite 1230 f.). |
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| bb) Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem grundlegenden Beschluss vom 18.07.2006, (a.a.O., Seite 1230) weiter zutreffend ausführt, sind die Koalitionen in Ansehen der geschilderten Besonderheiten grundsätzlich nicht daran gehindert, in ihren Satzungen die Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder unterschiedlich auszugestalten. Dies schließt die Möglichkeit ein, Mitgliedschaften vorzusehen, welche nicht die Rechtsfolge des § 3 Abs. 1 TVG auslösen. |
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| Hiervon hat gerichtsbekannt auch der tarifschließende Einzelhandelsverband Baden-Württemberg Gebrauch gemacht. So hat der für die Antragstellerin zuständige Regionalverband (Einzelhandelsverband Nordbaden e.V. ) in § 5.1 seiner Satzung die OT-Mitgliedschaft ausdrücklich geregelt und diesbezüglich festgelegt, dass Mitglieder ohne Tarifbindung kein Stimmrecht bei Beschlussfassungen über Tariffragen und Arbeitskampfmaßnahmen haben. Dementsprechend ist auch gerichtsbekannt in der Satzung des tarifvertragsschließenden Einzelhandelsverband Baden-Württemberg e.V., dessen Mitglieder die Regionalverbände des Einzelhandels sind, unter § 10 (Sozialrechtliche Abteilung) geregelt, dass nur die tarifgebundenen Mitglieder der angeschlossenen Verbände eine Tarifgemeinschaft bilden und an der Willensbildung in sozialrechtlichen Fragestellungen teilhaben. Demnach ist bei einer OT-Mitgliedschaft im Einzelhandelsverband - wie es im Übrigen auch bereits das LAG Baden-Württemberg, (Urteil vom 19.01.2007, Az.: 7 Sa 86/06) festgestellt hat - keine Tarifbindung gegeben. |
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| b) Im Übrigen wäre nach Auffassung der Kammer auch die Behauptung unwahrer Tatsachen in den Interviewäußerungen für die Sendung „F.“ überhaupt nicht von der Maßregelungsklausel des Ziff. 12 der Tarifvereinbarung vom 10.07.2008 erfasst. Soweit die Tarifvertragsparteien nämlich hierin ausdrücklich geregelt haben, dass gegen Arbeitnehmer, die sich aktiv an der Tarifauseinandersetzung 2007/2008 in Baden-Württemberg beteiligt haben, keine Sanktionen ergriffen werden, so ist dies auslegungsbedürftig. Nach Sinn und Zweck der Regelung wollten die Tarifvertragspartner damit negative Folgen für die Arbeitnehmer ausschließen, die sich aktiv am Arbeitskampf, das heißt an konkreten Streikaktionen, beteiligt haben. Keinesfalls sollten jedoch jegliche Pflichtenverletzungen, die nur im Entferntesten mit der mehrere Monate andauernden Tarifauseinandersetzung in Verbindung stehen, durch das Maßregelungsverbot erfasst werden. Hierfür bestand auch keine Veranlassung, da aus dem Kontext der Vereinbarung ersichtlich der Tarifstreit beigelegt werden und in diesem Zusammenhang etwa ergriffene, beziehungsweise zu ergreifende Sanktionsmaßnahmen oder aus streikaktionsbedingten Pflichtenverletzungen herrührende Schadensersatzansprüche ausgeschlossen werden sollten. Für eine weitergehende Auslegung gibt weder der Wortlaut noch der Sinnzusammenhang Anlass. |
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| Unstreitig wurde aber das Interview mit der Beteiligten zu 3) für die Sendung „F.“ nicht anlässlich einer konkreten Arbeitskampfmaßnahme auf dem Betriebsgelände in W. geführt. Es bestand auch kein unmittelbarer Zusammenhang mit der laufenden Tarifauseinandersetzung. Vielmehr erfolgte die telefonische Anfrage des Reporters nach einem Interview mit der Maßgabe, es solle über die betriebsinternen Probleme bei der Antragstellerin berichtet werden. Allein der Umstand, dass die Beteiligte zu 3) das Interview nach eigenem Bekunden „als probates und legitimes Mittel der Auseinandersetzung im Arbeitskampf“ nutzen wollte, macht dies jedoch nicht zu einer dem Maßregelungsverbot unterfallenden Tätigkeit im Rahmen konkreter Arbeitskampfmaßnahmen der Tarifvertragsparteien und deren Mitglieder. |
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| Zusammenfassend bleibt demnach festzuhalten, dass nach Auffassung der Kammer die Beteiligte zu 3) zumindest durch die Äußerung unwahrer Tatsachen in den Interview für die Sendung „F.“ eine schwerwiegende Pflichtenverletzung begangen hat, weshalb die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3) antragsgemäß zu ersetzen ist. |
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| Sowohl Antragsgegner als auch die Beteiligte zu 3) haben gegen diesen Beschluss ein selbständiges Beschwerderecht gemäß § 87 ArbGG. |
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