Urteil vom Bundesgerichtshof (2. Strafsenat) - 2 StR 46/15
Tenor
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 25. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 23-101, 105-106, 109-110 verurteilt worden ist.
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2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Von Rechts wegen
Gründe
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 79 Fällen sowie wegen versuchten Betruges in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und Adhäsionsentscheidungen getroffen.
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I.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts verabredeten der Angeklagte und der Zeuge H. im Jahre 2010 bei hälftiger Gewinnteilung, fortan unter falschen Identitäten vorgeblich Karten für Fußball-Champions-League- und DFB-Pokalspiele zu verkaufen, um hiermit in einer Vielzahl von Fällen auf serienmäßige, betrügerische Weise an Geld zu gelangen. Aufgabe des Zeugen H. war es dabei im Wesentlichen, mit gefälschten Ausweispapieren Bankkonten zu eröffnen. Die eigentliche Tatbegehung oblag dem Angeklagten. Dieser schaltete unter falschem Namen bundesweit Zeitungsannoncen, in denen er auf vermeintliche Kartenangebote aufmerksam machte. Zur Kontaktaufnahme nutzte er auf Falschpersonalien lautende E-Mail-Adressen und Handynummern. Per Mail oder Telefon täuschte er den Interessenten gegenüber vor, über Eintrittskarten zu verfügen. Dadurch veranlasste er eine Vielzahl von Interessenten, Geldbeträge auf die von dem Zeugen H. eröffneten Konten zu überweisen. Wie von vornherein geplant, erhielten die Interessenten nach der Überweisung keine Gegenleistung.
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Über einen Zeitraum von jedenfalls zwei Jahren kam es zu einer Vielzahl solcher Geschäfte, die später auch auf AIDA-Kreuzfahrten oder angeblich aus Insolvenzverwertungen stammende iPhones erstreckt wurden. Die Zusammenarbeit mit dem Zeugen H. wurde nach finanziellen Streitigkeiten Ende des Jahres 2012 beendet. Der Angeklagte setzte sein Tun danach allein fort.
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Insgesamt gab es zwischen August 2011 und April 2013 104 solcher Verkaufsvorgänge, wobei es in 25 Fällen nicht zu einem Geldeingang auf den vom Angeklagten angegebenen Konten und deshalb auch nicht zu einem Schaden der getäuschten Besteller gekommen ist. 18 Geschäfte initiierte der Angeklagte ab Februar 2013 allein.
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Der Angeklagte, der bereits zuvor mit den Tatvorwürfen konfrontiert worden war, wurde am 7. Mai 2013 festgenommen, bei der gleichzeitigen Durchsuchung der Wohnung wurde ein laufendes Netbook vorgefunden und beschlagnahmt. Ein Koffer mit wichtigen Dokumenten, der in der Wohnung des Angeklagten hinter einer Küchenleiste versteckt war, wurde nach einem Hinweis der Zeugin G. , der Ex-Lebensgefährtin des Angeklagten, am 13. Mai 2013 sichergestellt.
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Der Angeklagte hat eine Zusammenarbeit mit dem Zeugen H. und insoweit einige Taten im Zusammenhang mit dem Verkauf von AIDA-Kreuzfahrten eingeräumt. Er hat darüber hinaus gestanden, nach dem Zerwürfnis mit dem Zeugen die ab Februar 2013 durchgeführten Geschäfte allein betrieben zu haben. Im Übrigen hat er eine Tatbeteiligung bestritten.
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Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft in den von dem Angeklagten eingeräumten Fällen vor allem auf sein Geständnis und im Übrigen insbesondere auf den Inhalt des bei dem Angeklagten sichergestellten Koffers (mit Unterlagen und auf Datenträgern gespeicherten Daten, die für die Tatbegehung insoweit unerlässlich waren) gestützt.
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II.
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Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung in den Fällen 23-101, 105-106, 109-110 wendet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Der Angeklagte rügt zu Recht, dass sich das Landgericht in den genannten Fällen bei seiner Überzeugungsbildung auf Beweise gestützt hat, die es nicht hätte verwerten dürfen, da sie bei einer Durchsuchung gewonnen worden waren, die unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt (§ 105 Abs. 1 Satz 1 StPO) durchgeführt wurden und daher rechtswidrig waren.
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a) Am 13. Mai 2013 wurde in der Wohnung des Angeklagten hinter einer Küchenleiste versteckt ein Koffer gefunden, in dem sich wichtige Dokumente und Datenträger befanden. Auf die darin enthaltenen Unterlagen und auf die auf den Datenträgern gespeicherten Dateien hat sich die Strafkammer bei ihrer Überzeugungsbildung in den oben genannten Fällen gestützt. Zu der Durchsuchung, die zur Auffindung dieser Beweismittel führte, kam es wie folgt:
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Am 12. Mai 2013 rief die Zeugin G. , die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten, den Zeugen KHK L. an und bat um ein Treffen für den folgenden Tag. Im Rahmen dieses Treffens informierte sie den Polizeibeamten darüber, dass in der Wohnung des Angeklagten, der sich seit dem 7. Mai 2013 in Untersuchungshaft befand, hinter der Küchenleiste noch ein Koffer mit wichtigen Dokumenten aufbewahrt sei. KHK L. teilte dies der zuständigen Staatsanwältin mit, die „Gefahr im Verzug“ annahm und das gezielte Suchen des Koffers anordnete. Durch KHK L. wurde noch am 13. Mai 2013 in der Wohnung des Angeklagten ein Koffer mit Inhalt am angegebenen Ort aufgefunden, sichergestellt (UA S. 164 f.) und sein Inhalt gesichtet.
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Dem Vermerk der Staatsanwältin vom 13. Mai 2013 zur Begründung einer Eilzuständigkeit der Staatsanwaltschaft lässt sich entnehmen, dass sie von KHK L. um 16.40 Uhr darüber informiert worden sei, dass sich in der Wohnung des Angeklagten noch ein Koffer befinde, der bei der am 7. Mai 2013 erfolgten Durchsuchung nicht gefunden worden sei. Die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten, die im Besitz eines Schlüssels zur Wohnung sei, sei von dessen Verteidigern gebeten worden, diesen aus der Wohnung zu holen und an diese zu übergeben. Der Versuch um 16.44 Uhr, einen Haftrichter im Polizeipräsidium zu erreichen, der bereits mit dem Verfahren befasst gewesen sei, sei fehlgeschlagen. Um 16.45 Uhr sei im Bereitschaftsdienst des Amtsgerichts Richter am Amtsgericht Ki. erreicht worden. Dieser habe den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses ohne Vorlage der Akte abgelehnt. Daraufhin sei das Vorliegen von Gefahr im Verzug geprüft worden. Ein Zuwarten sei angesichts der heutigen Entwicklung nicht möglich. Zum einen sei die Vorlage der Akte derzeit nicht möglich, da sich diese beim Amtsgericht mit dem Antrag auf Erlass eines Beschlagnahmebeschlusses befinde. Zum anderen bestehe die konkrete Gefahr, dass Beweismittel durch die Zeugin G. beiseite geschafft würden. Überdies habe das Amtsgericht am 7. Mai 2013 einen Durchsuchungsbeschluss erlassen, so dass davon auszugehen sei, dass ein solcher auch im Hinblick auf die Aussage der Zeugin und die bei der Durchsuchung am 7. Mai 2013 aufgefundenen Beweismittel erneut erlassen würde. Die Genehmigung zur Wohnungsdurchsuchung sowie zur Öffnung des Koffers sei KHK L. um 16.50 Uhr mitgeteilt worden.
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b) Die Rüge des Angeklagten, die aus der Durchsuchung gewonnenen Erkenntnisse seien wegen eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt unverwertbar, ist zulässig. Es lässt sich der Revisionsbegründung zwar nicht zweifelsfrei entnehmen, ob der Angeklagte in der Hauptverhandlung bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt der Verwertung der bei der Durchsuchung am 13. Mai 2013 gewonnenen Beweismittel widersprochen hat. Dies steht der Zulässigkeit der Rüge mit Blick auf § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht im Wege. Ausführungen zum Zeitpunkt des Widerspruchs wären nur erforderlich, wenn für den verteidigten Angeklagten die Pflicht bestünde, zur Aufrechterhaltung einer Rügemöglichkeit der Unverwertbarkeit des fehlerhaft im Vorverfahren erhobenen Beweises bis zum Zeitpunkt des Äußerungsrechts zu diesbezüglichen Beweiserhebungen in der Hauptverhandlung gemäß § 257 Abs. 1 StPO zu widersprechen.
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Dies wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach der vor allem zu Fällen einer Verletzung der §§ 136 Abs. 1 Satz 2, 163a Abs. 4 Satz 2 StPO entwickelten Widerspruchslösung für unselbständige Beweisverwertungsverbote gefordert: Hat ein Verteidiger in der Hauptverhandlung mitgewirkt und hat der verteidigte Angeklagte der Verwertung des Inhalts einer ohne Belehrung über sein Recht, sich redend oder schweigend verteidigen und jederzeit den Beistand eines Verteidigers in Anspruch nehmen zu können, zustande gekommenen Aussage zugestimmt, so besteht kein Verwertungsverbot; dasselbe gilt aber auch, wenn der verteidigte Angeklagte der Verwertung nicht widersprochen hat. Der Widerspruch muss spätestens in der Erklärung enthalten sein, die der Angeklagte oder sein Verteidiger im Anschluss an diejenige Beweiserhebung abgibt, die sich auf den Inhalt der ohne Belehrung gemachten Aussage bezieht (BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 225 f.; Urteil vom 12. Januar 1996 - 5 StR 756/94, BGHSt 42, 15, 22 f.). Der rechtzeitige Widerspruch als Bewirkungshandlung ist danach eine Entstehungsvoraussetzung des Verwertungsverbots (Meixner, Das Widerspruchserfordernis des BGH bei Beweisverwertungsverboten, 2015, S. 17 ff.). Nach dem Zeitpunkt des § 257 Abs. 1 StPO kann er nicht mehr nachgeholt werden. Daher bedarf der fristgerechte Widerspruch gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechender Darlegungen im Rahmen einer Verfahrensrüge zum Revisionsgericht.
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Der Bundesgerichtshof hat bisher aber nicht entschieden, ob diese Widerspruchslösung auch für unselbständige Beweisverwertungsverbote wegen Fehlern bei der Durchsuchung oder Beschlagnahme gilt (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 296 f.). Dagegen spricht, dass eine Dispositionsmacht der Verteidigung über den auf diese Weise erfassten Sachbeweis, anders als bezüglich der Äußerungen des Beschuldigten, die durch verfahrensfehlerhafte Vernehmungen (§§ 136 Abs. 1 Satz 2, 163a Abs. 4 Satz 2 StPO) oder durch Gesprächsüberwachungen (§§ 100a, 100f StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 316/05, BGHSt 51, 1, 3) im Vorverfahren erlangt wurden, grundsätzlich nicht besteht. Seine früheren Angaben kann der Angeklagte aus seiner Erinnerung erläutern und erklären, er kann sie durch eine Sacheinlassung ersetzen oder dementieren; er kann auch aus seiner Sicht die Äußerungssituation, die zur staatlichen Informationsbeschaffung geführt hat, darstellen. Dann aber erscheint es nachvollziehbar, ihm ferner die Disposition über die Verwertbarkeit seiner früheren Angaben zu überlassen. Bei der staatlichen Erfassung von Sachbeweisen (Urkunden oder Augenscheinsobjekten) bestehen keine vergleichbaren Dispositionsmöglichkeiten. Die Verteidigung darf dem staatlichen Strafverfahren sächliche Beweismittel grundsätzlich nicht entziehen, wenn sie verwertbar und dem hoheitlichen Zugriff ausgesetzt sind. Die Art und Weise der Erlangung solcher Sachbeweise durch die Ermittlungsbehörden, auf die der Beschuldigte keinen Einfluss hat, ist deshalb vom Gericht von Amts wegen aufzuklären, soweit Verfahrensfehler bei diesem Vorgang in Betracht kommen. Auf einen Widerspruch gegen die Beweisverwertung kommt es dafür nicht an. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich - wie hier - auch ohne besonderen Hinweis der Verteidigung konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Ermittlungsmaßnahme nicht den gesetzlichen Eingriffsvoraussetzungen entspricht. Versäumnisse der Verteidigung dürfen insoweit nicht dazu führen, dass an sich rechtswidrig erlangtes Beweismaterial ohne weiteres zur Grundlage einer strafrechtlichen Verurteilung des Angeklagten werden kann.
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Selbst wenn eine Dispositionsbefugnis der Verteidigung angenommen werden würde, weil sie - auch im Hinblick auf ihr günstige Erkenntnisse aus den verfahrensfehlerhaft erlangten Sachbeweisen - selbst entscheiden können soll, ob sie die Verwertung dieser Erkenntnisse wünscht (vgl. BGH aaO, BGHSt 51, 1, 3), würde dies nicht bedeuten, dass eine Entscheidung hierüber bis zu dem in § 257 Abs. 1 StPO genannten Zeitpunkt erfolgt sein muss. Es genügt jedenfalls, wenn der Angeklagte so rechtzeitig auf die mögliche Unverwertbarkeit von Erkenntnissen hinweist, dass das Tatgericht dies in der Beweisaufnahme prüfen kann. Eine (zwingende) Begründung dafür, warum ein Widerspruch unbedingt bis zu dem in § 257 Abs. 1 StPO genannten Zeitpunkt erklärt sein muss, findet sich nicht. § 257 Abs. 1 StPO ist vielmehr eine Schutzbestimmung zugunsten der Verfahrensbeteiligten, wonach ihnen zu den Beweiserhebungen in der Hauptverhandlung jeweils das rechtliche Gehör zu gewähren ist. Die Änderung des Normgehalts in eine Befristung für eine Prozesserklärung zur Herbeiführung eines Beweisverwertungsverbots, das mangels rechtzeitigen Widerspruchs im gesamten weiteren Instanzenzug präkludiert ist, ergibt sich daraus nicht. Auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Disponibilität möglicher Rechtsverstöße ist es nicht geboten, eine frühzeitige Festlegung der Verteidigung zu fordern. Würde man statt eines Widerspruchs eine Beanstandung nach § 238 Abs. 2 StPO gegen die Anordnung der Beweiserhebung durch den Vorsitzenden fordern (vgl. BGH aaO, BGHSt 51, 1, 4), wäre eine solche Beanstandung auch an keine Frist gebunden (vgl. KK/Schneider, StPO, 7. Aufl., § 238 Rn. 17).
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Soweit der Angeklagte in seiner Revisionsbegründung jedenfalls vorgetragen hat, der Verwertung der Erkenntnisse aus dem sichergestellten Koffer überhaupt widersprochen zu haben, ist seine Rüge damit zulässig erhoben.
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c) Die Rüge ist auch begründet. Die bei der Durchsuchung des Koffers aufgefundenen Beweismittel unterliegen einem Beweisverwertungsverbot.
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Die am 13. Mai 2013 durchgeführte Durchsuchung war wegen Missachtung des Richtervorbehalts rechtswidrig. Eine gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor. Die Gestattung der Durchsuchung durch die ermittelnde Staatsanwältin beruhte nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme der sich aus § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Eilkompetenz. Gefahr im Verzug lag nicht vor. Der deshalb vorliegende Kompetenzmangel bei der Anordnung der Durchsuchung führt hier zur Unverwertbarkeit der auf diesem Wege sichergestellten Sachbeweise.
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aa) Gefahr im Verzug ist gegeben, wenn die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte (vgl. BVerfGE 103, 142, 154; BGHSt 51, 285, 288). Ob ein angemessener Zeitraum zur Verfügung steht, innerhalb dessen eine Entscheidung des zuständigen Richters erwartet werden kann, oder ob bereits eine zeitliche Verzögerung wegen des Versuchs der Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde und daher eine nichtrichterliche Durchsuchungsanordnung ergehen darf, haben die Ermittlungsbehörden zunächst selbst zu prüfen. Dabei darf Gefahr im Verzug nicht vorschnell angenommen werden, damit die bei Wohnungsdurchsuchungen auch aus Art. 13 Abs. 2 GG fließende Regelzuständigkeit des Richters nicht unterlaufen wird. Aus diesem Grund reichen auf reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder auf kriminalistische Alltagserfahrungen gestützte, fallunabhängige Vermutungen nicht aus, Gefahr im Verzug zu begründen (vgl. BVerfGE 103, 142, 155; 139, 245, 270). Regelmäßig ist daher auch der Versuch zu unternehmen, eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Haben die Ermittlungsbehörden den zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichter mit der Sache befasst, ist für ihre Eilkompetenz kein Raum mehr. Sie kann (nur) durch nachträglich eintretende oder neu bekannt werdende tatsächliche Umstände, die sich nicht aus dem Prozess der Prüfung des Durchsuchungsantrags und der Entscheidung darüber ergeben, neu begründet werden (BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2015 - 2 BvR 2718/10, 1849, 2808/11, BVerfGE 139, 245, 269 ff.).
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Gemessen daran ist die Annahme von Gefahr im Verzug nicht tragfähig begründet. Die ermittelnde Staatsanwältin hat den Eilrichter erreicht und bei ihm den Erlass einer Durchsuchungsanordnung beantragt. Damit hat sie zu erkennen gegeben, dass zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen einer staatsanwaltschaftlichen Eilanordnung nicht gegeben waren. Mit der Befassung des Eilrichters aber endet grundsätzlich die Eilzuständigkeit der Ermittlungsbehörden; es ist nunmehr Sache des Ermittlungsrichters, über den beantragten Eingriff zu entscheiden (BVerfGE 139, 245, 273 ff.). Auch soweit während des durch den Richter in Anspruch genommenen Entscheidungszeitraums nach dessen Befassung die Gefahr eines Beweismittelverlusts eintritt, etwa weil dieser auf ein mündlich gestelltes Durchsuchungsbegehren hin die Vorlage schriftlicher Antragsunterlagen oder einer Ermittlungsakte fordert, Nachermittlungen anordnet oder schlicht bis zum Eintritt der Gefahr eines Beweismittelverlusts noch nicht entschieden hat, lebt die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden nicht wieder auf. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen die richterliche Entscheidung über den Durchsuchungsantrag unterbleibt (vgl. BVerfGE 139, 245, 273). Der ermittelnden Staatsanwältin war es deshalb verwehrt, erneut in eine eigene Sachprüfung einzutreten, nachdem der Eilrichter eine Entscheidung ohne Vorlage der Akte abgelehnt hatte. Es hätte ihr vielmehr oblegen, dem Eilrichter die Akte zur Verfügung zu stellen, damit dieser in Kenntnis des Ermittlungsstandes sachgerecht über den Antrag entscheiden kann. Dass dies nach ihrer Ansicht nicht möglich gewesen sei, weil diese beim Amtsgericht mit dem Antrag auf Erlass eines Beschlagnahmebeschlusses liege, ändert daran nichts. Es erschließt sich nicht ohne Weiteres, dass es nicht möglich sein soll, eine beim Amtsgericht befindliche Akte einem Eilrichter bei demselben Gericht zugänglich zu machen; selbst wenn damit organisatorische Schwierigkeiten verbunden wären, wäre es zur Gewährleistung des präventiven Rechtsschutzes durch den Richter geboten, diese aus dem Weg zu räumen. Wenn die ermittelnde Staatsanwältin bei dieser Sachlage nicht einmal den Versuch unternimmt, die Akten beizubringen, belegt dies eine grundsätzliche Verkennung der Bedeutung des Richtervorbehalts.
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Auch die sich an die unzutreffende Annahme der eigenen Eilkompetenz anschließende Prüfung der Staatsanwältin, ob weiteres Zuwarten die Gefahr eines Beweismittelverlusts mit sich bringe, erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die Annahme einer konkreten Gefahr, dass Beweismittel durch die (Ex-)Lebensgefährtin des Beschuldigten beiseite geschafft würden, ist nicht durch Tatsachen belegt, erweist sich vielmehr als bloße, fernliegende Spekulation. Auf andere Möglichkeiten eines Beweismittelverlusts etwa durch den Angeklagten oder Dritte, hat die Staatsanwältin weder abgestellt noch sind Umstände ersichtlich, die konkret darauf hindeuten könnten. Die ehemalige Lebensgefährtin des zu dieser Zeit bereits inhaftierten Beschuldigten, die sich schon zu diesem Zeitpunkt auch gegenüber den Ermittlungsbehörden von ihm distanziert hatte, hatte die Ermittlungsbehörden auf die Existenz des Koffers, den sie auf Veranlassung der Verteidiger des Beschuldigten aus der Wohnung verbringen sollte, hingewiesen und insoweit das Gespräch mit der ermittelnden Polizei gesucht; die zuvor bestehende Möglichkeit, den von ihr in einem Versteck in der Wohnung aufgefundenen Koffer beiseite zu schaffen, hatte sie nicht genutzt. Anhaltspunkte dafür, dass sie anderen Sinnes geworden sein und nunmehr den Koffer aus der Wohnung schaffen könnte, sind nicht ersichtlich und auch von der Staatsanwältin nicht dokumentiert worden. Angesichts ihrer von dem ermittelnden Polizeibeamten wiedergegebenen Erklärung, sie habe „kein Interesse, mit oder für den Beschuldigten etwas zu tun“, und mit Blick auf ihre weiteren Unterstützungsleistungen zur Auffindung von den Angeklagten belastenden Beweismitteln (vgl. Aktenvermerk des KHK L. vom 14. Mai 2013) wird deutlich, dass die von der ermittelnden Staatsanwältin angegebenen Gründe vorgeschoben sind und die darauf gestützte Annahme von Gefahr im Verzug objektiv nicht vertretbar war. Dies gilt in besonderem Maße mit Blick darauf, dass das Vorgehen der Ermittlungsbehörden hier nicht allein auf eine Beweissicherung durch eine Sicherstellung des Koffers beschränkt war, sondern die Anordnung des Einschreitens durch die Staatsanwaltschaft ohne Weiteres auch zur Öffnung des Koffers und dessen inhaltlicher Sichtung führte.
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bb) Das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung führt hier zu einem Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel.
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Die Annahme eines Beweisverwertungsverbots ist zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten (BVerfG, Beschluss vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02, BVerfGE 113, 29, 61; Beschluss vom 16. März 2006 - 2 BvR 954/02, NJW 2006, 2684, 2686; Beschluss vom 20. Mai 2011 - 2 BvR 2017/10, NJW 2011, 2783, 2784). Ein schwerwiegender Verstoß liegt aufgrund der oben geschilderten Umstände vor. Die ermittelnde Staatsanwältin hat die Bedeutung des Richtervorbehalts grundlegend verkannt, als sie nach der Befassung des Eilrichters in der Sache - ohne dass sich gegenüber der Sachlage zuvor etwas Neues ergeben hätte - ihre eigene Eilkompetenz allein deshalb wieder aufleben ließ, weil der Eilrichter sich zu einer Entscheidung ohne Akten nicht in der Lage gesehen hat. Dass sie keine Anstrengungen unternommen hat, dem Ermittlungsrichter die Akten beizubringen, entbehrt eines nachvollziehbaren Grundes. Schon dies stellt angesichts der dargelegten Besonderheiten des Falles für sich gesehen - ungeachtet des Umstands, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die den Vorrang der richterlichen Entscheidung vor einer Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden nach dessen Befassung festgestellt hat, zum Zeitpunkt der Eilanordnung der Staatsanwältin noch nicht ergangen war - eine grundlegende Verkennung der Bedeutung des Richtervorbehalts dar.
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Hinzu kommt die objektiv unvertretbare Annahme eines durch die Ex-Lebensgefährtin des Beschuldigten drohenden Beweismittelverlusts, der angesichts ihrer kooperativen Mitarbeit keinerlei tatsächliche Grundlage hat und auch nicht durch allgemeine kriminalistische Erwägungen gestützt wird. Dies gilt trotz des Umstands, dass bereits am 7. Mai 2013 in der Sache ein Durchsuchungsbeschluss erlassen worden war und die die Ermittlung führende Staatsanwältin davon ausging, das Amtsgericht würde im Hinblick auf die Angaben der Zeugin G. und die bei der Durchsuchung am 7. Mai 2013 aufgefundenen Beweismittel erneut einen Durchsuchungsbeschluss erlassen.
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Dem Aspekt eines möglichen hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4) kommt bei - wie hier - grober Verkennung des Richtervorbehalts ohnehin keine Bedeutung zu (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 295 f.; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8; Beschluss vom 21. April 2016 - 2 StR 394/15, StraFo 2010, 338). Hier kommt hinzu, dass es eine verbindliche und abschließende richterliche Entscheidung gibt, ohne Aktenvorlage die beantragte Maßnahme abzulehnen. Die ist von der Staatsanwaltschaft zu respektieren und verbietet den Rückgriff auf einen „hypothetischen“ anderen Ermittlungsrichter, der dem Antrag stattgegeben hätte.
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2. Die Verurteilung in den Fällen 23-101, 105-106, 109-110, in denen wesentliche Verurteilungsgrundlage die in dem Koffer aufgefundenen Unterlagen waren (UA S. 174), kann danach keinen Bestand haben. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht in diesen Fällen ohne Berücksichtigung des in dem Koffer enthaltenen Materials nicht zu einer Verurteilung gelangt wäre. Dies führt zur Aufhebung und Zurückverweisung; angesichts der weiteren gegen den Angeklagten sprechenden Umstände (UA S. 191 ff.) ist es möglich, dass in einer neuen Hauptverhandlung auch ohne Verwertung aller anlässlich der Durchsuchung vom 13. Mai 2013 gewonnenen Erkenntnisse noch Feststellungen getroffen werden können, die einen Schuldspruch tragen.
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Fischer
Krehl
Eschelbach
Zeng
Bartel
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