Beschluss vom Bundesgerichtshof (Senat für Notarsachen) - NotZ (Brfg) 1/16

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Notarsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. März 2016 wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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1. Die 1972 geborene Klägerin war ursprünglich als Rechtsanwältin im Amtsgerichtsbezirk B.    tätig. Im März 2014 wurde sie mit dortigem Amtssitz zur Notarin bestellt. Auf ihren Antrag gestattete ihr gemäß § 48b BNotO die Beklagte für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis zum 31. März 2016 die vorübergehende Amtsniederlegung. Seit April 2015 übt die Klägerin ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in einer Sozietät in A.    aus.

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Mit Schreiben vom 11. Juni 2015 beantragte sie bei der Beklagten, ihren vorübergehend niedergelegten Amtssitz als Notarin in B.    wiederaufnehmen und diesen nach A.    verlegen zu dürfen. Die Beklagte verstand dieses Begehren dahingehend, dass die Klägerin ihren Antrag auf Wiederaufnahme des Notaramtes von der Verlegung des Amtssitzes nach A.    abhängig gemacht hat. Mit Bescheid vom 27. Juli 2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Sitzverlegung nach A.     ab. Im Hinblick auf das vorgenannte Verständnis des Begehrens der Klägerin verbeschied die Beklagte das Ersuchen um Wiederaufnahme des Notaramtes ausdrücklich nicht.

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2. Gegen diesen Bescheid hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und im Hauptantrag begehrt, sie wieder als Notarin zu bestellen und ihren Amtssitz von B.    nach A.    zu verlegen. Ihr Hilfsantrag ist auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet gewesen, der Sitzverlegung zuzustimmen. Ihre Klage ist insgesamt erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiederbestellung zur Notarin mangels Rechtsschutzbedürfnisses dafür als unzulässig erachtet. Die Verknüpfung von Wiederbestellung und Sitzverlegung ist vom Oberlandesgericht als rechtlich nicht möglich und der kombinierte Antrag daher als unbegründet zurückgewiesen worden. Der Hilfsantrag hat mangels Anspruchs der Beklagten auf eine Verlegung des Amtssitzes ebenfalls keinen Erfolg gehabt.

II.

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Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das vorgenannte Urteil ist nicht begründet. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob sich das Verfahren in der Hauptsache jedenfalls insoweit erledigt haben könnte, als die Klägerin auch die Wiederbestellung zur Notarin mit Amtssitz in B.   gemäß § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO trotz Ablaufs der dort geregelten einjährigen Frist begehren sollte. Denn Zulassungsgründe liegen ohnehin nicht vor.

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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO) ist nur gegeben, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (BVerfGE 110, 77, 83 Rn. 52; BVerfGE 125, 104, 140 Rn. 96; BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 - juris Rn. 36 und vom 9. Juni 2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16; BGH, Beschluss vom 27. Juni 2016 - AnwZ(Brfg) 10/16 - Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund aber dann nicht aus, wenn solche Zweifel nicht auch die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4/03, NVwZ-RR 2004, 542 f.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 - juris Rn. 40).

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a) Das Oberlandesgericht hat das ursprüngliche Begehren der Klägerin in ihrem Antrag vom 11. Juni 2015 und den Hauptantrag ihrer Klage zutreffend erfasst. Sowohl aus dem genannten Antrag und der Begründung der Klage einschließlich des Schriftsatzes vom 22. Januar 2016 als auch aus den Ausführungen in dem Zulassungsantrag ergibt sich unmissverständlich, dass sie die Wiederbestellung zur Notarin auf der Grundlage von § 48c BNotO lediglich in Verbindung mit der gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO begehrten Verlegung des Amtssitzes nach A.    anstrebt. In der Klageschrift vom 30. September 2015 führt die Klägerin ausdrücklich aus, "der Antrag auf Wiederbestellung (wurde) mit dem Antrag auf Amtssitzverlegung als notwendige Voraussetzung für die Verlegung verbunden, aber mit der Maßgabe, dass die Wiederbestellung nur im Falle der Genehmigung des Amtssitzwechsels erfolgen möge." Auf der Grundlage dieses Verständnisses des klägerischen Begehrens, von dem im Ergebnis auch die Beklagte in ihrem Bescheid vom 27. Juni 2015 ausgegangen ist, hat das Oberlandesgericht über den Haupt- und den Hilfsantrag der Klägerin entschieden. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die sich auf dessen Ergebnis ausgewirkt haben, bestehen nicht.

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b) Für die von der Klägerin begehrte Verknüpfung der Wiederbestellung zur Notarin gemäß § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO mit der Verlegung des Amtssitzes bietet das Gesetz - wie das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat - keine Grundlage. Das ergibt sich aus Folgendem:

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aa) Das Notaramt der Klägerin ist gemäß § 47 Nr. 7 BNotO mit der Genehmigung ihres Antrags vom 25. März 2015 zur vorübergehenden Amtsniederlegung gemäß § 48b Abs. 1 Nr. 2 BNotO erloschen (vgl. Senat, Urteil vom 21. November 2011 - NotZ(Brfg) 3/11, BGHZ 191, 344, 347 Rn. 12; Gaier ZNotP 2014, 282, 283 f.; Galke, ZNotP 2013, 82, 89). Wie der Senat bereits entschieden hat, kann nach einem Erlöschen des Amtes auf der Grundlage von § 47 BNotO ein erneutes Innehaben lediglich durch erneute Bestellung erfolgen (Senat, aaO BGHZ 191, 344, 347 Rn. 12; siehe auch Senat, Beschluss vom 20. Juli 2015 - NotZ(Brfg) 12/14, BGHZ 206, 248, 252 Rn. 12). Der Bestellung muss grundsätzlich eine Ermittlung der Bewerber um die Notarstelle vorausgehen (§ 6b Abs. 1 Halbs. 1 BNotO; vgl. dazu BT-Drucks. 11/6007 S. 11; Senat aaO BGHZ 191, 344, 347 Rn. 13; Galke ZNotP 2013, 82, 89). Von diesem Grundsatz lässt § 6b Abs. 1 Halbs. 2 BNotO ausschließlich für die Wiederbestellung nach vorübergehender Amtsniederlegung gemäß § 48c BNotO eine Ausnahme zu (Senat aaO BGHZ 191, 344, 347 Rn. 12 aE; Bremkamp in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 4. Aufl., 2016, BNotO §§ 48b, 48c Rn. 38). Liegen die Voraussetzungen des § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO, also die vorübergehende Amtsniederlegung aus den Gründen des § 48b BNotO für nicht mehr als ein Jahr, in der Person des Antragstellers nach § 48c BNotO vor, hat dieser einen Anspruch auf Wiederbestellung in das Notarsamt (BT-Drucks. 13/4184 S. 19 und 29; Senat aaO BGHZ 191, 344, 347 Rn. 12; Gaier ZNotP 2014, 282, 284). Der zuständigen Landesjustizverwaltung steht dann bei der Entscheidung über die (Wieder)Bestellung kein Entschließungs- oder Auswahlermessen zu (Bremkamp aaO §§ 48b, 48c Rn. 39). In den Konstellationen des § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO räumt das Gesetz dem vormaligen Notar, dem die vorübergehende Amtsniederlegung gemäß § 48b Abs. 1 gestattet worden war, damit eine "Wiederbestellungsgarantie" (BT-Drucks. 13/4184 S. 19 und 29; Senat aaO BGHZ 191, 344, 347 Rn. 12; Gaier ZNotP 2014, 282, 284) außerhalb des ansonsten zwingend gebotenen Verfahrens zur Besetzung einer Notarstelle und zur Bestellung in das Notarsamt ein.

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bb) Dieser Anspruch auf Wiederbestellung in das Notaramt ohne ein Ausschreibungs- und Auswahlverfahren sowie ohne Bedarfsprüfung gemäß § 4 BNotO gilt jedoch lediglich für diejenige am bisherigen Amtssitz i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 BNotO. Der Wortlaut von § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO ist eindeutig. Er erfasst ausdrücklich nur das Begehren des früheren Notars, das Notaramt "am bisherigen Amtssitz" wieder antreten zu wollen. Auch die in § 48c Abs. 2 Satz 1 BNotO getroffene Regelung spricht für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von Abs. 1 Satz 1 auf die Wiederbestellung am bisherigen Amtssitz. Der dort angeordnete Ausschluss der Möglichkeit einer erneuten vorübergehenden Amtsniederlegung vor Ablauf einer zweijährigen Sperrfrist im Anschluss an eine Wiederbestellung gemäß § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO stellt ebenfalls auf die "erneute Bestellung am bisherigen Amtssitz" ab. Damit will das Gesetz erkennbar dem Erfordernis der Gewährleistung einer gewissen Kontinuität in der persönlichen Amtsausübung des Notaramtes Rechnung tragen (vgl. BT-Drucks. 13/4184 S. 29 linke Spalte). Diese Kontinuität gehört zu den wesentlichen Bedingungen einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege (Senat, Beschluss vom 28. März 1991 - NotZ 27/90, NJW 1993, 1591; vgl. auch Senat; Urteil vom 21. November 2011 - NotZ(Brfg) 3/11, BGHZ 191, 344, 351 Rn. 18 aE). Kontinuierliche persönliche Amtsführung ließe sich aber nicht erreichen, wenn in kurzen zeitlichen Abständen der Inhaber einer Notarstelle wiederholt das Amt vorübergehend niederlegen dürfte und für das betroffene Notariat regelmäßig ein Verwalter bestellt werden müsste (§ 56 Abs. 3 BNotO; siehe auch Senat, Urteil vom 21. November 2011 - NotZ(Brfg) 3/11, BGHZ 191, 344, 347 Rn. 12 aE und 349 Rn. 14). Diese Kontinuität kann sich im Zusammenhang mit der Wiederbestellung nach vorübergehender Amtsniederlegung lediglich auf die Notariatsstelle am bisherigen Amtssitz beziehen. An diesem - und nur an diesem - wird die Stelle für den bisherigen Stelleninhaber gleichsam "frei gehalten" (vgl. Senat aaO BGHZ 191, 344, 347 Rn. 12 aE).

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cc) Vor allem aber sprechen die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck von § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO und der Vergleich mit der Rechtslage bei dem Ersuchen um erneute Bestellung zum Notar bei über ein Jahr hinausgehenden vorübergehenden Amtsniederlegungen (vgl. § 48b Abs. 2 BNotO) dafür, den Anspruch auf Wiederbestellung ausschließlich am bisherigen Amtssitz zu gewährleisten.

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(1) Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll die vorübergehende Amtsniederlegung mit einer Wiederbestellung "am selben Amtssitz" (BT-Drucks. 13/4184 S. 29 linke Spalte) verbunden werden können, wenn bereits bei dem Gesuch um Gestattung der vorübergehenden Amtsniederlegung von dem Amtsinhaber erklärt wird, das Amt spätestens nach Ablauf eines Jahres wieder antreten zu wollen. Diese Höchstfrist für die Inanspruchnahme der Wiederbestellungsgarantie hat ihren Grund u.a. darin, dass innerhalb dieser Frist bei Bestellung eines qualifizierten Notariatsverwalters eine kontinuierliche Amtsausübung des Notariats am bisherigen Amtssitz sichergestellt werden kann (BT-Drucks. aaO). Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 21. November 2011 (NotZ(Brfg) 3/11, BGHZ 191, 344, 349 ff. Rn. 15-18) ausgeführt hat, ist im zum Dritten Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze führenden Gesetzgebungsverfahren die Möglichkeit einer längeren Frist für die Wiederbestellungsgarantie erwogen worden, um damit dem mit der Reform auch verfolgten Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Notariat zu erleichtern, stärker Rechnung zu tragen (Senat aaO BGHZ 191, 344, 349 Rn. 15 mwN). Der Gesetzgeber hat sich aber - was verfassungsrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (BVerfG [2. Kammer des Ersten Senats], Beschluss vom 20. November 2013 - 1 BvR 63/12, NJW 2014, 843, 844 f.; Senat aaO BGHZ 191, 344, 351 f.) - im Interesse der Bevölkerung an einer angemessenen Versorgung mit Notariaten und im Interesse der Landesjustizverwaltungen an Planungssicherheit für die einjährige Höchstfrist entschieden (Senat aaO BGHZ 191, 344, 351 Rn. 18 aE).

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(2) Gerade an dem Aspekt der Planungssicherheit wird aber wiederum die notwendige Beschränkung der Garantie des § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO auf die Wiederbestellung am bisherigen Amtssitz des (vormaligen) Notars deutlich. Wie sich aus dem Regelungszusammenhang von § 48c Abs. 1 Satz 1, § 48b BNotO und §§ 4, 6b BNotO entnehmen lässt, kann von dem im Regelfall bei Besetzung einer nach Maßgabe von § 4 BNotO zu besetzenden Notarstelle erforderlichen Auswahlverfahren nur im Fall der ein Jahr nicht übersteigenden Amtsniederlegung und der Wiederbestellung am bisherigen Amtssitz abgesehen werden. Erst das kumulative Zusammentreffen von zeitlicher und örtlicher Komponente gestatten es den Landesjustizverwaltungen, innerhalb der Jahresfrist des § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO auf eine Prüfung zu verzichten, ob das Notariat am bisherigen Amtssitz bestehen bleiben oder eingezogen werden soll und ob bei fortbestehendem Bedürfnis (§ 4 BNotO) ein Auswahlverfahren durchzuführen ist. Letztlich liegt den Regelungen die Erwägung zugrunde, dass sich innerhalb der Jahresfrist die für § 4 BNotO relevanten Bedingungen typischerweise nicht in maßgeblicher Weise verändert haben. Das kann aber lediglich für die Verhältnisse am bisherigen Amtssitz gelten.

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dd) Mit diesem Regelungszweck ist es jedenfalls für die hier vorliegenden Verhältnisse nicht vereinbar, die Wiederbestellung gemäß § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO mit einer Amtssitzverlegung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO in der von der Klägerin geltend gemachten Weise zu verknüpfen.

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(1) Die Amtssitzverlegung i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO erfasst nach Wortlaut, Systematik und Regelungszweck in ihrem sachlichen Anwendungsbereich wenigstens zwei unterschiedliche Konstellationen. Zum einen kann der Amtssitzwechsel innerhalb desselben Amtsbereichs (§ 10a Abs. 1 Satz 1 BNotO) erfolgen; zum anderen sind auch Amtssitzwechsel erfasst, die mit einem Wechsel des Amtsbereichs oder gar des Amtsbezirks (§ 11 Abs. 1 BNotO) verbunden sind.

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Wird seitens des Notars eine Amtssitzverlegung in einen anderen Amtsbereich begehrt, kann eine solche lediglich dann in Betracht kommen, wenn nach Maßgabe von § 4 BNotO innerhalb des von dem antragenden Notar in Aussicht genommenen Amtsbereichs das Bedürfnis für die Neueinrichtung (oder Wiederbesetzung) eines Notariats an dem angestrebten Amtssitz besteht (Senat, Urteil vom 5. März 2012 - NotZ(Brfg) 5/11, ZNotP 2012, 192, 193 f.; Bormann in Diehn, BNotO, 2015, § 10 Rn. 4; Bremkamp aaO § 10 Rn. 27; Lerch in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., 2016, § 10 Rn. 9; vgl. auch Egerland, Die Notarbestellung im hauptberuflichen Notariat, 2007, S. 147 f.). Auf die Ausübung des durch § 4 BNotO eröffneten Organisationsermessens (Senat, Beschluss vom 22. März 2010 - NotZ 14/09, Rn. 11 ff.; siehe auch Urteil vom 21. November 2011 - NotZ(Brfg) 3/11, BGHZ 191, 344, 353 Rn. 23 mwN) hat der Bewerber kein subjektives Recht (Senat jeweils aaO). Das gilt auch, wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 22. März 2010 - NotZ 14/09 Rn. 13), bei der Besetzung einer Notarstelle im Rahmen eines Amtssitzwechsels. Ein mit einer Änderung des Amtsbereichs verbundener Amtssitzwechsel gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO kommt daher im Ergebnis nur im Rahmen eines Besetzungsverfahrens um eine - nach Prüfung und Bejahung des Bedürfnisses (§ 4 BNotO) - ausgeschriebene Notarstelle und unter Einhaltung des Auswahlverfahrens nach § 6b BNotO in Betracht (vgl. Bormann in Diehn aaO § 10 Rn. 4; Bremkamp aaO § 10 Rn. 27; Lerch in Arndt/Lerch/ Sandkühler aaO § 10 Rn. 11; siehe auch Egerland aaO S. 147 f.).

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(2) Die Klägerin begehrt einen mit einer Änderung des bisherigen Amtsbereichs verbundenen Amtssitzwechsel. Ihr vor dem Erlöschen des Notaramts innegehabter Amtssitz lag im Amtsbereich des Amtsgerichts B.   , der zusammen mit der Wiederbestellung (§ 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO) erstrebte neue Amtssitz liegt im Amtsgerichtsbezirk A.    und damit in einem anderen Amtsbereich i.S.v. § 10a Abs. 1 Satz 1 BNotO. Die von der Klägerin angestrebte Verknüpfung von Wiederbestellung im Rahmen der Wiederbestellungsgarantie mit einem Amtssitzwechsel in einen anderen Amtsbereich außerhalb eines Ausschreibungsverfahrens um eine Notarstelle in einem anderen Amtsbereich läuft den gesetzlichen Regelungen zuwider. Aus den aufgezeigten Gründen ist die Garantie des § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO zeitlich auf die Jahresfrist und örtlich auf den bisherigen Amtssitz beschränkt. Ein Amtssitzwechsel gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO ohne Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren kommt nur in Ausnahmefällen bei Beibehaltung des bisherigen Amtsbereichs in Betracht (vgl. Püls in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 10 Rn. 8). Hinter den genannten Ausnahmen stehen jeweils Gründe der notwendigen Planungssicherheit für die Landesjustizverwaltungen, um dadurch eine geordnete und qualitativ hochwertige vorsorgende Rechtspflege gewährleisten zu können. Durch die Verknüpfung von Wiedereinstellungsbegehren und Amtssitzwechsel (mit Amtsbereichswechsel) in der von der Klägerin vorgenommenen Form werden gerade die Bedingungen aufgehoben, auf denen sowohl die Wiedereinstellungsgarantie als auch der (erleichterte) Amtssitzwechsel nach der Konzeption des Gesetzes beruhen.

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ee) Für das mit dem Hauptantrag der Klägerin verfolgte Begehren, sie wieder zur Notarin zu bestellen und ihren Amtssitz von B.    nach A.   zu verlegen, gibt es auch dann keine gesetzliche Grundlage, wenn der Antrag so zu verstehen wäre, dass zunächst eine Wiederbestellung am vormaligen Amtssitz in B.    und anschließend - nach einer logischen Sekunde - die Verlegung des Amtssitzes nach A.    erfolgt.

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Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob eine Wiederbestellung nach § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO überhaupt noch in Betracht kommt, nachdem die Klägerin bereits vor ihrem Antrag vom 11. Juni 2015 ab April 2015 ihre anwaltliche Tätigkeit nicht mehr am vormaligen Sitz des Notariats in B.   , sondern in A.    und damit an einem - im Sinne des Notarrechts - anderen Amtssitz und in einem anderen Amtsbereich ausübt. Denn die bereits erörterten Gründe zur fehlenden gesetzlichen Grundlage einer im Sinne einer Bedingung erfolgten Verknüpfung von Wiederbestellung und Amtssitzwechsel stehen auch einer Verbindung beider in Gestalt einer dem Amtssitzwechselbegehren im Sinne einer logischen Sekunde vorausgehenden Wiederbestellung entgegen. Die Wiederbestellung gemäß § 48c Abs. 1 Satz 1 BNotO kann lediglich dann erfolgen, wenn das Notariat am bisherigen Amtssitz fortgeführt werden soll. Das ist bei bereits im Zeitpunkt des Wiederbestellungsersuchens bestehendem und bekundetem Wunsch, den Amtssitz zu wechseln, nicht der Fall; insbesondere dann nicht, wenn der angestrebte Amtssitzwechsel - wie hier - mit der Verlegung in einen anderen Amtsbereich verbunden ist.

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c) Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob die Klägerin in dem Besetzungsverfahren um zwei für den Amtsbereich A.    am 15. Juli 2015 ausgeschriebene Notarstellen zu berücksichtigen sein wird. Das Auswahlverfahren um diese beiden Stellen ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Der Antrag der Klägerin vom 11. Juni 2015 ist - angesichts der zeitlichen Abläufe notwendigerweise - nicht auf die Berücksichtigung im Rahmen des genannten Ausschreibungsverfahrens gerichtet. Dementsprechend verweist der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2015 die Klägerin auch lediglich auf die Möglichkeit, sich auf die ausgeschriebenen Notarstellen zu bewerben.

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Im Rahmen dieser Stellenbesetzung wird allerdings in Bezug auf die Klägerin zu berücksichtigen sein, dass diese bereits einmal eine Notarstelle innehatte (BVerfG [2. Kammer des Ersten Senats], Beschluss vom 20. November 2013 - 1 BvR 63/12, NJW 2013, 843, 844 Rn. 22 f.; Senat, Urteil vom 21. November 2011 - NotZ(Brfg) 3/11, BGHZ 191, 344, 348 Rn. 13 aE; Gaier ZNotP 2014, 282, 285; Galke ZNotP 2013, 82, 89).

21

d) Das Oberlandesgericht hat damit die Klage im Ergebnis ohne Rechtsfehler sowohl in Bezug auf den Haupt- als auch den Hilfsantrag abgewiesen, so dass der Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO nicht gegeben ist.

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2. Die Rechtssache ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO). Dieser Zulassungsgrund ist erfüllt, wenn es im konkreten Fall auf eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage ankommt, die über den von der ersten Instanz entschiedenen Fall hinausgeht und an deren Klärung daher im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts auch für vergleichbare Fälle ein Interesse besteht (BVerfG NVwZ 2010, 434, 641; BVerwG NVwZ 2005, 709; Dietz, in Gärditz, VwGO, § 124 Rn. 40 mwN).

23

Das ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin in ihrem Zulassungsantrag formulierten Rechtsfragen nicht der Fall. Die Frage, ob es bei einer mit einem Wechsel des Amtsbereichs verbundenen Amtssitzverlegung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO stets eines Ausschreibungsverfahrens bedarf, ist in der Rechtsprechung des Senats für das hauptamtliche Notariat bereits geklärt. Für das Anwaltsnotariat gilt nichts anderes, wie sich aus den dargelegten Gründen für die Notwendigkeit des Ausschreibungsverfahrens in diesen Konstellationen ergibt. Der weiteren aufgeworfenen Rechtsfrage, ob die Voraussetzung aus § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO im Rahmen eines Amtssitzwechsels (im Anwaltsnotariat) Prüfungsgegenstand ist, kommt keine Bedeutung für den konkreten Fall zu. Es fehlt aus den dargelegten Gründen bereits an den übrigen Voraussetzungen für einen mit der Veränderung des Amtsbereichs verbundenen Amtssitzwechsel. Die Klägerin ist derzeit keine Notarin. Ihr Wiederbestellungsantrag hat in der hier relevanten Form keine gesetzliche Grundlage.

III.

24

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 111g Abs. 2 Satz 1 BNotO.

Galke      

        

Radtke      

        

Roloff

        

Strzyz      

        

Hahn      

        

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