Urteil vom Bundesgerichtshof (1. Zivilsenat) - I ZR 212/17

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kammergerichts - 5. Zivilsenat - vom 30. Juni 2020 aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Berlin - Kammer für Handelssachen 101 - vom 17. Juni 2019 abgeändert.

Die Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Anbieten von Rechtsanwaltsdienstleistungen gegenüber Verbrauchern die Angabe zu machen, sie sei Mitglied der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München, wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin Kosten für das anwaltliche Abschlussschreiben in Höhe von 1.336,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Januar 2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. November 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin hinsichtlich der Widerklage zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 5. Oktober 2016 zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 5/6 und die Beklagte 1/6 zu tragen. Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 64% und die Beklagte 36% zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin und die Beklagte bieten Rechtsanwaltsdienstleistungen an. Ein Teil der Gesellschafter der Klägerin war im Jahr 2014 für mehrere Monate mit der Beklagten zur gemeinsamen Berufsausübung zusammengeschlossen. Die Parteien führten seit Mitte 2015 unter umgekehrtem Rubrum eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung vor dem Landgericht München I und dem Oberlandesgericht München, die jedenfalls im Zeitpunkt des vorliegenden erstinstanzlichen Rechtsstreits noch andauerte.

2

Auf der von der Beklagten betriebenen Internetseite www.       .de war am 29. Mai 2018 auf der Unterseite "Anwälte" und der Rubrik "S.   F.  " und dort unter der Überschrift "Besondere Aktivitäten" aufgeführt:

Mitglied der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München.

3

Die Beklagte war seit 2012 nicht mehr Mitglied der Vorstandsabteilung XII der Rechtsanwaltskammer München.

4

Nach vorgerichtlicher Abmahnung erwirkte die Klägerin gegen die Beklagte wegen des vorliegend streitgegenständlichen Verhaltens am 14. Juni 2018 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin, die der Beklagten am 19. Juni 2018 zugestellt wurde. Mit Anwaltsschreiben vom 4. Juli 2018 forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf.

5

Die Klägerin hält die angegriffene Angabe für eine unlautere irreführende Angabe.

6

Sie hat beantragt,

1. der Beklagten unter Androhung im einzelnen bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Anbieten von Rechtsanwaltsdienstleistungen gegenüber Verbrauchern die Angabe zu machen, die Antragsgegnerin sei Mitglied der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München, wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Kosten für das anwaltliche Abschlussschreiben in Höhe von 1.336,90 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12. Januar 2019 zu zahlen.

7

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

1

Die Klägerin stellt Geräte für die Garten- und Landschaftspflege her. Im Jahr 2006 erwarb sie die G.         GmbH. Diese vertreibt seit 1968 das "Original G.   System", ein Gartenschlauchsystem, zu dessen Steck-Set eine Bewässerungsspritze sowie eine Schnellkupplung zur Verbindung der Bewässerungsspritze mit dem Gartenschlauch gehören.

2

Die Klägerin ist Inhaberin der am 31. Januar 1997 angemeldeten und am 26. Januar 2000 in den Farben orangerot-grau-hellgrau für die Ware "Bewässerungsspritze" eingetragenen dreidimensionalen Unionsmarke Nr. 456244 (Klagemarke). Die grafische Wiedergabe dieser Marke im Register zeigt eine Bewässerungsspritze, die aus drei Teilen besteht, nämlich einem Verbindungsstück, einem Handlauf und einer Spitze. Der Handlauf ist grau und kegelförmig und verfügt über eine fein geriffelte Oberfläche. Die Spitze ist schmaler und länger als der Handlauf. Sie ist ebenfalls kegelförmig und nach vorn hin verjüngend ausgestaltet, verfügt über leichte, ellipsenförmige Vertiefungen und ist in einer dunkel-orangen Farbe gehalten.

3

Die Klagemarke ist im Register wie folgt grafisch wiedergegeben:

Abbildung

4

Die von der Klägerin jedenfalls bis Mai 2012 vertriebene Bewässerungsspritze mit der Artikelnummer 941 entspricht der Klagemarke.

5

Die Beklagte ist eine Gesellschaft des L. -Konzerns, die für das OnlineAngebot der Discounter-Kette und den Betrieb des Onlineshops zuständig ist. Seit Anfang Juli 2014 bis zumindest Januar 2015 bot die Beklagte in ihrem Onlineshop ein Spiralschlauch-Set an, das aus einem Spiralschlauch, einer Bewässerungsspritze und einer Kupplungshülse für eine Schlauch-Schnellkupplung bestand.

6

Die Klägerin hat dieses Angebot als Verletzung ihrer Unionsmarke angesehen und die Beklagte auf Unterlassung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat widerklagend die Löschung der Unionsmarke wegen Verfalls beantragt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen (LG Düsseldorf, Urteil vom 5. Oktober 2016 - 2a O 34/15, BeckRS 2016, 136670). Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Unionsmarke Nr. 456244 ab dem 31. Mai 2017 für verfallen erklärt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2017 - 20 U 137/16, juris).

7

Der Senat hat die Revision zugelassen, soweit hinsichtlich der Widerklage zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit darin die Widerklage abgewiesen worden ist.

8

Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78 vom 24. März 2009, S. 1) und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 2017/1001 vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. L 154 vom 16. Juni 2017, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2019 - I ZR 212/17, GRUR 2019, 1051 = WRP 2019, 1321 - Bewässerungsspritze I):

1. Ist im Falle einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke, die vor Ablauf des Zeitraums der fünfjährigen Nichtbenutzung erhoben worden ist, die Festlegung des Zeitpunkts, der im Rahmen der Anwendung von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a UMV für die Berechnung des Nichtbenutzungszeitraums maßgeblich ist, von den Regelungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung sowie der Unionsmarkenverordnung erfasst?

2. Falls Frage 1 zu bejahen ist: Ist bei der Berechnung des Zeitraums der fünfjährigen Nichtbenutzung gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a UMV im Falle einer vor Ablauf des Zeitraums der fünfjährigen Nichtbenutzung erhobenen Widerklage auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke auf den Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage oder den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz abzustellen?

9

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Fragen wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-607/19, GRUR 2021, 613 = WRP 2021, 325 - Husqvarna):

Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass im Fall einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke der Zeitpunkt, auf den für die Feststellung, ob der in dieser Bestimmung genannte ununterbrochene Zeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist, abzustellen ist, der Zeitpunkt der Erhebung dieser Klage ist.

Entscheidungsgründe

8

I. Das Berufungsgericht hat die mit der Klage geltend gemachten Unterlassungs- und Kostenersatzansprüche für unbegründet gehalten und hierzu ausgeführt:

9

Die von der Klägerin beanstandete Angabe im Internetauftritt der Beklagten sei keine unlautere geschäftliche Handlung. Zwar sei die Angabe irreführend, da sie von den angesprochenen Verkehrskreisen dahingehend verstanden werde, die Beklagte gehöre gegenwärtig der Vorstandsabteilung XII der Rechtsanwaltskammer München an, wohingegen die Beklagte diesem Gremium am Tag des Abrufs der Internetseite (29. Mai 2018) nicht mehr angehört habe. Diese Irreführung sei aber aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

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10

Aus den gleichen Gründen fehle es an einer spürbaren Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen im Sinne des § 3a UWG in Verbindung mit einem Verstoß gegen das Verbot unsachlicher Werbung gemäß § 43b BRAO.

11

II. Die Revision hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß den § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG nicht verneint werden. Deshalb hat auch die Abweisung des auf Zahlung der Kosten des Abschlussschreibens gerichteten Antrags keinen Bestand.

12

1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffene Angabe über die Mitgliedschaft der Beklagten in der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München sei eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, die eine zur Täuschung geeignete Angabe über den Umfang von Mitgliedschaften der Beklagten im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG darstelle, nimmt die Revision als ihr günstig hin. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

13

2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffene Angabe sei nicht - wie nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG für die Einordnung als unlautere irreführende geschäftliche Handlung erforderlich - geeignet, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, hat allerdings keinen Bestand.

14

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die beworbene Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München berühre eine Tätigkeit, die für einen Rechtssuchenden in der Regel nicht von Interesse sei, weil es dabei um Vermittlung in Streitigkeiten nicht zwischen Mandanten und deren Gegnern, sondern zwischen Rechtsanwälten oder Rechtsanwälten und ihren eigenen Mandanten gehe. Zudem sei die Beklagte in der Vergangenheit tatsächlich Mitglied in der genannten Vorstandsabteilung gewesen. Dies habe die Beklagte durch Vorlage der Mitteilungen der Rechtsanwaltskammer München vom Januar 2011 substantiiert und detailreich vorgetragen. Demgegenüber sei das Bestreiten der Klägerin substanzlos und daher unbeachtlich. Die Klägerin, eine in München ansässige Rechtsanwaltsgesellschaft, habe ungeachtet eines gerichtlichen Hinweises keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass und warum die Verlautbarung der Rechtsanwaltskammer München unzutreffend sein könne. Sie habe auch nicht vorgetragen, sich bei ihrer Rechtsanwaltskammer hinsichtlich einer vormaligen Mitgliedschaft der Beklagten erkundigt zu haben. Der Erhebung der von beiden Parteien angebotenen Zeugenbeweise habe es deshalb nicht bedurft.

15

Stehe mithin fest, dass die Beklagte immerhin früher einmal Mitglied der genannten Vorstandsabteilung gewesen sei, spreche dies gegen die geschäftliche Relevanz der Irreführung. Wenn es einem Verbraucher als potentiellen Mandanten überhaupt darauf ankommen sollte, dass ein zu beauftragender Rechtsanwalt in diese Vorstandsabteilung berufen worden sei, sei dies im Falle der Beklagten insoweit zutreffend, als sie in der Vergangenheit diesem Gremium angehört habe. Es erscheine nahezu ausgeschlossen, dass es einem potentiellen Mandanten auch auf die gegenwärtige Abteilungsmitgliedschaft ankommen könne. Soweit auch Rechtsanwälte durch die Angabe angesprochen würden, sei ihre Irreführung schon vom Unterlassungsantrag nicht erfasst. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

16

b) Bei der Prüfung der Relevanzklausel des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG kommt es auf die Vorstellung des verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers an. Erforderlich ist, dass die betroffene Angabe geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 23/15, GRUR 2016, 1073 Rn. 27 = WRP 2016, 1228 - Geo-Targeting; Urteil vom 24. Januar 2019 - I ZR 200/17, GRUR 2019, 631 Rn. 67 = WRP 2019, 736 - Das beste Netz, jeweils mwN). Die vom Tatgericht vorgenommene Würdigung des Verkehrsverständnisses ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob ihr ein zutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde liegt, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt sind und kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 53/16, GRUR 2018, 320 Rn. 18 = WRP 2018, 328 - Festzins Plus, mwN).

17

c) Das Berufungsgericht ist bei der Würdigung des Parteivortrags rechtsfehlerhaft vorgegangen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin die von der Beklagten behauptete frühere Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung der Rechtsanwaltskammer München gemäß § 138 Abs. 4 ZPO wirksam mit Nichtwissen bestritten, so dass das Berufungsgericht den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten zu einer früher bestehenden Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung nicht ohne Beweisaufnahme zugrunde legen durfte.

18

aa) Das Berufungsgericht hat der Klägerin zur Last gelegt, das substantiierte Vorbringen der Beklagten zur Mitgliedschaft in der genannten Vorstandsabteilung nicht substantiiert bestritten zu haben. Die Nachfrage bei der Rechtsanwaltskammer hat das Berufungsgericht als unzureichend angesehen, weil die Klägerin sich mit der Mitteilung des Links zur aktuellen Abteilungsübersicht zufriedengegeben und nicht weiter nachgefragt hatte, ob der Auszug aus dem Mitteilungsblatt zutreffend sei.

19

bb) Damit hat das Berufungsgericht der Klägerin zu Unrecht eine gesteigerte Behauptungslast auferlegt.

20

(1) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass Umstände, die gegen eine geschäftliche Relevanz des beanstandeten Verhaltens sprechen, in der Darlegungs- und Beweislast der Beklagten liegen, mithin auch die vom Berufungsgericht insoweit - wenn auch im Ergebnis zu Unrecht (dazu Rn. 36 f.) - als maßgeblich erachtete frühere Mitgliedschaft der Beklagten in der Vorstandsabteilung XII der Rechtsanwaltskammer München.

21

Die Beklagte hat ihrer Darlegungslast mit der Behauptung ihrer früheren Mitgliedschaft in dieser Vorstandsabteilung genügt. Die Klägerin hat diese Behauptung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wirksam mit Nichtwissen bestritten.

22

(2) Nach den Regeln der gestuften Darlegungslast, die an die Vorschrift des § 138 Abs. 2 ZPO anknüpfen, wonach sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären hat, hängen die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden zunächst davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung der darlegungspflichtigen Partei (hier der Beklagten) das einfache Bestreiten des Gegners (hier der Klägerin). Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 36 mwN; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 138 ZPO Rn. 8a). Die nicht darlegungsbelastete Partei kann sich also nicht auf ein substanzloses Bestreiten zurückziehen, wenn ihr nach Lage der Dinge ein substantiiertes Bestreiten möglich ist.

23

Demgegenüber ermöglicht § 138 Abs. 4 ZPO einer Partei, sich zu Tatsachen, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, mit Nichtwissen zu erklären. Auf diese Weise kann die Partei die Beweisbedürftigkeit einer ihr unbekannten Tatsache herstellen, die möglicherweise wahr ist und deshalb unter Beachtung der Wahrheitspflicht gemäß § 138 Abs. 1 ZPO nicht (als unwahr) bestritten werden darf (vgl. MünchKomm.ZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 138 Rn. 31).

24

Den eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO sind Vorgänge im eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich gleichgestellt. Die Partei hat eine Erkundigungspflicht, sofern die maßgebenden Tatsachen Personen bekannt sind, die in ihrem Unternehmensbereich oder unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind. Dies hat zur Folge, dass eine Erklärung mit Nichtwissen unzulässig ist, wenn und soweit diese Informationspflicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, NJW 1995, 130, 131 [juris Rn. 20]; Urteil vom 7. Oktober 1998 - VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53, 54 [juris Rn. 14]; Urteil vom 2. Juli 2009 - III ZR 333/08, NJW-RR 2009, 1666 Rn. 16; Beschluss vom 28. März 2019 - I ZR 179/18, MMR 2019, 617 Rn. 19).

25

Darf sich eine Partei gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen erklären, so kommt die Annahme einer Verpflichtung zum substantiierten Bestreiten nicht in Betracht. Unternimmt diese Partei gleichwohl den Versuch, ihr Bestreiten näher zu begründen, führt das auch dann nicht zur Unbeachtlichkeit ihrer Erklärung mit Nichtwissen, wenn sie dabei eine Behauptung ins Blaue hinein aufstellt (BGH, Beschluss vom 29. November 2018 - I ZR 5/18, MDR 2019, 242 Rn. 10).

26

(3) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen lassen sich im Streitfall zugunsten der Klägerin die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO hinsichtlich der früheren Mitgliedschaft der Beklagten in der bezeichneten Vorstandsabteilung nicht verneinen. Die frühere Mitgliedschaft der Beklagten in der genannten Vorstandsabteilung stellt nicht nur keine eigene Handlung der Klägerin oder ihrer Mitglieder dar, sondern war auch nicht Gegenstand deren eigener Wahrnehmung.

27

Die etwaige Zugehörigkeit der Mitglieder der Klägerin zur Rechtsanwaltskammer München rechtfertigt nicht die Annahme, die frühere Mitgliedschaft der Beklagten in einer Vorstandsabteilung der Rechtsanwaltskammer München falle in den Wahrnehmungsbereich der Mitglieder der Klägerin. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Mitglieder einer berufsständischen Selbstverwaltungskörperschaft Kenntnis davon haben, wie Gremien der Körperschaft in der Vergangenheit personell besetzt waren.

28

Soweit sich aus dem Umstand, dass einige Mitglieder der Klägerin im Jahr 2014 mit der Beklagten für mehrere Monate zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden waren, hinsichtlich der Kenntnis vom zurückliegenden berufsständischen Engagement der Beklagten Anderes ergeben könnte, fehlt es ebenfalls an entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts.

29

Eine Erkundigungspflicht der Klägerin kommt allenfalls hinsichtlich des Bereichs ihres eigenen Unternehmens, also mit Blick auf die bei ihr tätigen Rechtsanwälte in Betracht, nicht aber hinsichtlich der Rechtsanwaltskammer München. Bei der Rechtsanwaltskammer handelt es sich nicht um eine Stelle, die im Unternehmensbereich der Klägerin oder unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden ist. Das Berufungsgericht durfte folglich der Klägerin nicht zur Last legen, keine weiteren Erkundigungen bei der Rechtsanwaltskammer eingeholt zu haben.

30

(4) Die erst- und zweitinstanzliche Erklärung der Klägerin, die frühere Mitgliedschaft der Beklagten in der Vorstandsabteilung XII der Rechtsanwaltskammer München zu bestreiten, ist als Erklärung mit Nichtwissen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO auszulegen. Bestreitet eine Partei eine erkennbar außerhalb des Bereichs ihrer eigenen Wahrnehmung liegende Tatsache, so ist dies als Erklärung mit Nichtwissen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO zu werten (vgl. Zöller/Greger aaO § 138 Rn. 13).

31

d) Die Würdigung des Berufungsgerichts hat auch dann keinen Bestand, wenn die Behauptung der Beklagten zu ihrer früheren Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung als richtig unterstellt wird. Die Beurteilung des Berufungsgerichts ist widersprüchlich und erfahrungswidrig.

32

aa) Das Berufungsgericht hat sich durch Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts dessen Beurteilung zu Eigen gemacht, dass Aktivitäten von Rechtsanwälten außerhalb der eigentlichen Rechtsberatung und Prozessvertretung, insbesondere Mitgliedschaften, die ein hohes Maß an Engagement und Leistungsbereitschaft erkennen lassen, für die Marktentscheidung des Verbrauchers bedeutsam sind.

33

Hiermit ist es nicht vereinbar, die mit der angegriffenen Angabe behauptete Tätigkeit in der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München gleichwohl nicht als für die Verbraucherentscheidung relevant anzusehen. Denn diese Art der ehrenamtlichen Tätigkeit in einer berufsständischen Einrichtung zählt zu den außerhalb der Rechtsberatung entfalteten anwaltlichen Aktivitäten, die ein hohes Maß an Engagement und Leistungsbereitschaft erkennen lassen.

34

bb) Die Würdigung des Berufungsgerichts ist erfahrungswidrig, soweit darin der Angabe über die Mitgliedschaft in einer Vorstandsabteilung der Rechtsanwaltskammer, die für die Vermittlung von Streitigkeiten zwischen Rechtsanwälten oder Rechtsanwälten und ihren Mandanten zuständig ist, generell die geschäftliche Relevanz abgesprochen wird. Gleichermaßen erfahrungswidrig ist die vom Berufungsgericht in Bezug genommene Würdigung des Landgerichts, die Berufung in eine Vorstandsabteilung sei kein besonderer Vertrauensbeweis und vermittele auch nicht den Eindruck besonderer Integrität, Verantwortungsbereitschaft und Kompetenz, weil sie nicht auf einer Wahl beruhe.

35

Es verhält sich vielmehr so, dass eine Angabe der streitgegenständlichen Art in der anwaltlichen Werbung durchaus Eindruck auf den Rechtsrat suchenden Verbraucher macht, weil mit ihr nicht nur die Botschaft transportiert wird, dass die werbende Rechtsanwältin für würdig befunden worden ist, in einer Vorstandsabteilung mitzuwirken, sondern sie auch über Erfahrungen in der Streitschlichtung im Umgang mit Rechtsanwälten verfügt. Diese Umstände stellen wirksame Argumente bei der anwaltlichen Mandantengewinnung dar, ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob die Aufnahme in die Vorstandsabteilung von einer Wahl oder einer Berufung abhängt.

36

cc) Die Würdigung des Berufungsgerichts ist auch insoweit erfahrungswidrig, als es gemeint hat, dem Verbraucher komme es, wenn eine aktuelle Mitgliedschaft behauptet werde, nicht auf eine aktuelle Mitgliedschaft an, sondern er begnüge sich auch mit einer in der Vergangenheit liegenden.

37

Gerade die Behauptung einer andauernden Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München entfaltet werbliche Wirkung, weil die mit dieser Angabe verknüpfte inhaltliche Botschaft der Vertrauenswürdigkeit und Streitschlichtungskompetenz (dazu vorstehend Rn. 35) als gegenwärtig gegeben dargestellt wird.

38

III. Auf die Revision der Klägerin ist das angegriffene Urteil daher aufzuheben. Hierbei hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

39

1. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts, insbesondere des unstreitigen Umstands, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der angegriffenen Angabe nicht Mitglied der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München war, ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG begründet. Die unzutreffende Behauptung des derzeitigen Bestehens einer solchen Mitgliedschaft ist eine irreführende geschäftliche Handlung, die auch dann geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, wenn in der Vergangenheit eine solche Mitgliedschaft bestanden hat.

40

2. Auf der Grundlage des feststehenden Sachverhalts ist der Klägerin auch der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der für das Abschlussschreiben aufgewandten Kosten in Höhe von 1.336,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Januar 2019 zuzusprechen. Hinsichtlich der überschießend geltend gemachten Zinshöhe ist die Klage abzuweisen.

41

a) Die Kosten eines Abschlussschreibens, mit dem der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs dem Schuldner nach dem im Beschlusswege erfolgten Erlass einer einstweiligen Verfügung Gelegenheit gibt, die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens durch Abgabe einer Abschlusserklärung abzuwenden, sind nach den §§ 677, 683, 670 BGB ersatzfähig, wenn der Gläubiger dem Schuldner zuvor eine zweiwöchige Wartefrist gewährt hat, um die Abschlusserklärung unaufgefordert von sich aus abgeben zu können (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 59/14, GRUR 2015, 822 Rn. 21 = WRP 2015, 979 - Kosten für Abschlussschreiben II; Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 263/15, GRUR 2017, 1160 Rn. 57 = WRP 2017, 1337 - BretarisGenuair, jeweils mwN; Teplitzky/Bacher, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 43 Rn. 31). Für das Abschlussschreiben fällt regelmäßig eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV an (BGH, GRUR 2015, 822 Rn. 34 - Kosten f2;r Abschlussschreiben II).

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42

b) Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen vor. Die Klägerin hat das Abschlussschreiben nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung unter Beachtung der zweiwöchigen Wartefrist versandt. Somit ist die von der Klägerin auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 37.500 € berechnete 1,3-fache Geschäftsgebühr nach § 13 Abs. 1 RVG aF in Verbindung mit Nr. 2300 RVG-VV in Höhe von 1.316,90 € angefallen. Zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale von 20 € ergibt sich mithin die geltend gemachte Zahlungsforderung in Höhe von 1.336,90 €.

43

c) Verzugszinsen schuldet die Beklagte ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit am 11. Januar 2019 gemäß § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB nur in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, nicht jedoch in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB.

44

Unter Entgeltforderungen im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB sind nur solche Forderungen zu verstehen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet sind, wozu Ansprüche aus Vertragsstrafeversprechen und Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten nicht zählen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2010 - XII ZR 10/08, NJW 2010, 1872 Rn. 23; Urteil vom 17. November 2014 - I ZR 97/13, GRUR 2015, 187 Rn. 27 = WRP 2015, 198 - Zuwiderhandlung während der Schwebezeit; Beschluss vom 8. Dezember 2016 - I ZR 88/16, MMR 2017, 240 Rn. 12).

45

Bei der auf Erstattung der Kosten für ein Abschlussschreiben gerichteten Forderung handelt es sich gleichfalls nicht um eine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB.

46

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Koch     

      

Feddersen     

      

Pohl   

      

Schmaltz     

      

Wille     

      

10

I. Das Berufungsgericht hat die Widerklage für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:

11

Die Klagemarke sei mit Wirkung vom 31. Mai 2017 für verfallen zu erklären. Für die Berechnung des ununterbrochenen Zeitraums der Nichtbenutzung sei nicht die Erhebung der Widerklage im September 2015, sondern der Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2017 maßgeblich. Die Klägerin habe die Marke bis zu diesem Zeitpunkt nicht innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ernsthaft benutzt, weil die Bewässerungsspritze mit der Artikelnummer 941 nur bis Mai 2012 vertrieben worden sei.

12

II. Die Revision hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der mit der Widerklage geltend gemachte Löschungsanspruch wegen Verfalls nicht zuerkannt werden.

13

1. Nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV, dem Art. 58 Abs. 1 Buchst. a UMV entspricht, wird die Unionsmarke auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

14

a) Der für die Feststellung, ob der in dieser Bestimmung genannte ununterbrochene Zeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist, maßgebliche Zeitpunkt ist - wie der Europäische Gerichtshof auf die im Streitfall erfolgte Vorlage entschieden hat - derjenige der Erhebung der Widerklage auf Erklärung des Verfalls (vgl. EuGH, GRUR 2021, 613 Rn. 37 und 50 - Husqvarna; zu § 49 Abs. 1 MarkenG BGH, Urteil vom 14. Januar 2021 - I ZR 40/20, GRUR 2021, 736 Rn. 15 = WRP 2021, 623 - STELLA).

15

b) Eine Marke wird im Sinne der Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2003 - C-40/01, Slg. 2003, I-2439 = GRUR 2003, 425 Rn. 43 - Ansul).

16

2. Nach diesem Maßstab kann im Streitfall das Vorliegen der Verfallsvoraussetzungen nicht angenommen werden.

17

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Widerklage im September 2015 erhoben worden. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die Klägerin die der Klagemarke entsprechende Bewässerungsspritze mit der Artikelnummer 941 bis Mai 2012 vertrieben hat.

18

b) Danach kann der Verfall der Klagemarke nicht angenommen werden, weil die Klagemarke im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch nicht, wie für den Verfall erforderlich, für einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt war. Der bis Mai 2012 vorgenommene Vertrieb der der Klagemarke entsprechenden Bewässerungsspritze mit der Artikelnummer 941 stellt eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung dar.

19

III. Danach ist das angegriffene Urteil aufzuheben. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

20

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Löschungsklage abzuweisen, weil die Voraussetzungen des Verfalls nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV nicht vorliegen. Die Klagemarke war im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch nicht für einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren nicht benutzt.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch     

      

Schwonke     

      

Feddersen

      

Schmaltz     

      

Wille     

      

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