Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 B 75/16

Gründe

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Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist.

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1. Der 1967 geborene Kläger war von Februar 2002 bis Mitte September 2005 als angestellter Lehrer zunächst an einer Mädchenschule kirchlicher Trägerschaft und anschließend an einer staatlichen Schule tätig. Mit Wirkung zum 12. September 2005 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat zur Anstellung ernannt. Er war an einem staatlichen Gymnasium als Lehrer für Mathematik und Physik tätig. Im Juli 2006 teilte ein im August 1992 geborener Schüler der Leitung der Schule mit, er sei vom Kläger im Sommer 2005 bei Aufenthalten in Sommerlagern eines Sportvereins, für den der Kläger auch als Trainer tätig war, wiederholt im Genitalbereich berührt worden. Das vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Staatsministerium) eingeleitete Verfahren zur Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wurde im August 2006 ausgesetzt, um das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten. Dem Kläger wurde im September 2006 bestandskräftig die Weiterführung seiner Dienstgeschäfte verboten.

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Das Amtsgericht verurteilte den Kläger im Oktober 2008 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf selbstständigen Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, in zwei Fällen zudem in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Der Kläger habe bei drei Trainingslagern im Sommer 2005 an einem minderjährigen Jungen, dessen Alter ihm bekannt gewesen sei, sexuelle Handlungen vorgenommen, nachdem er es organisiert habe, dass er mit diesem Jungen, dessen Angaben glaubhaft seien, in einer engen Kammer eines Zeltes gemeinsam geschlafen habe. Anfang März 2010 hob das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts auf und sprach den Kläger - rechtskräftig - frei. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, es habe nicht mit der für eine strafgerichtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass es zu den dem Kläger zur Last gelegten sexuellen Übergriffen gegenüber dem Jungen gekommen sei.

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Mitte September 2010 verfügte das Staatsministerium die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender charakterlicher und gesundheitlicher Eignung für eine Tätigkeit als Lehrkraft im Gymnasialschuldienst.

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Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger gegen die Entlassungsverfügung erhobene Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie die Entlassungsverfügung des Staatsministeriums vom 16. September 2010 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 17. August 2011 und unter Berücksichtigung der vom Beklagten zu Protokoll gegebenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 27. März 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

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Es sei nicht festzustellen, dass der Kläger in gesundheitlicher oder körperlicher Hinsicht ungeeignet sei. Ließen sich gesicherte Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung eines Probebeamten nicht treffen, gehe dies zu Lasten des Dienstherrn. Nach den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Ausführungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen leide der Kläger nicht an einer sexuellen Präferenzstörung in Form der Pädophilie. Auch für eine pädohebephile Orientierung lägen keine objektiven und belastbaren Umstände vor. Die Voraussetzungen der beiden Systeme zur Klassifikation der Pädophilie seien nicht erfüllt. Der Kläger verspüre keine intensiven sexuellen Impulse und berichte nicht von wiederholt auftretenden sexuellen Phantasien, die sich auf ungewöhnliche Gegenstände oder Aktivitäten bezögen. Zwar könne die Diagnose der Pädophilie auch dann gestellt werden, wenn der Betroffene das Interesse an Kindern leugne, sofern er sich mehreren Kindern bei verschiedenen Gelegenheiten sexuell genähert habe. Dies treffe auf den Kläger aber nicht zu. Den Ausführungen des vom Beklagten beauftragten Gutachters könne nicht gefolgt werden. Bei der Bewertung müssten die inkriminierten Sachverhalte wegen der Unschuldsvermutung außer Betracht bleiben. Nach einem rechtskräftigen Freispruch sei das Äußern eines Schuldverdachts gegen den Betroffenen mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung, die eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips sei und damit Verfassungsrang habe, unvereinbar. Weder der Umstand, dass der Kläger Nachhilfeunterricht erteilt habe, noch sein außerordentliches pädagogisches Engagement im Sportbereich rechtfertigten den Rückschluss auf eine pädophile Neigung des Klägers. Auch die Ergebnisse des Affinity-Tests, wenn man diesen Test überhaupt heranziehen wollte, sprächen nicht für eine Pädophilie des Klägers. Der Gutachter des Beklagten habe die entscheidende Feststellung, dass bei dem Kläger keine pädophile Neigung habe festgestellt werden können, unterschlagen. Es handele sich um ein Parteigutachten, das ersichtlich von einem gewünschten Ergebnis getragen sei. Auch die die Verfügung selbstständig tragende Annahme der fehlenden charakterlichen Eignung des Klägers sei rechtsfehlerhaft. Die vom Beklagten vorgebrachten Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers bewegten sich im Bereich bloßer Mutmaßungen. Nach den gutachterlichen Feststellungen bestehe beim Kläger keine pädophile Neigung. Zwar habe der Beklagte für die von ihm angenommenen Grenzverletzungen im Lehrer-Schüler-Verhältnis konkrete Verhaltensweisen des Klägers benannt. Aber auch diese rechtfertigten die Entlassung des Klägers wegen mangelnder charakterlicher Eignung ohne vorherige Abmahnung nicht. Die dem Kläger vorgehaltene Distanzlosigkeit gegenüber Schülern sei zuvor nicht thematisiert worden. Die dem Kläger vorgeworfenen Verhaltensweisen könnten aufgegeben und geändert werden, sodass ein behebbarer Mangel gegeben sei.

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2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im angegriffenen Urteil wiederholt darauf abgehoben, bei der Bewertung der Eignung des Klägers dürften die "inkriminierten Sachverhalte" nicht mehr berücksichtigt werden. Dies sei Folge der Rechtskraft des den Kläger freisprechenden Strafurteils sowie der Unschuldsvermutung. Beide Aspekte tragen die rechtliche Schlussfolgerung des Berufungsgerichts nicht.

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a) Die Entscheidung über die Bewährung eines Beamten auf Probe während der Probezeit aufgrund von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG knüpft anders als § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG nicht an ein den Beamten rechtskräftig wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilenden Strafurteil eines deutschen Gerichts an. Ist der Beamte vom Vorwurf einer Straftat rechtskräftig freigesprochen worden, so sind andere Gerichte an diese Wertung des Sachverhalts durch das Strafgericht grundsätzlich nicht gebunden, soweit es bei ihren Verfahren nicht um die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen geht. Eine Bindung anderer Gerichte oder auch von Behörden an das Ergebnis eines strafgerichtlichen Verfahrens tritt nur ein, wenn und soweit der Gesetzgeber dies ausdrücklich anordnet, wie er dies z.B. in § 190 Satz 2 StGB oder in § 14 Abs. 2 BDG getan hat. Eine solche gesetzliche Vorschrift besteht hier nicht.

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Jenseits solcher Fälle einer gesetzlich ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung ist bei einem freisprechenden strafgerichtlichen Urteil die materielle Rechtskraft auf den Tenor beschränkt. Das Urteil regelt insoweit die zukünftige Zulässigkeit von strafrechtlichen Sanktionen gegen denselben Täter wegen derselben Tat. Materielle strafrechtliche Rechtsfolgen wegen dieser Tat sind für die Zukunft grundsätzlich (vgl. z.B. die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten nach § 362 StPO) ausgeschlossen (Fischer, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl. 2013, Einleitung Rn. 482 f.). Auf die Entscheidungsgründe eines Urteils bezieht sich die Wirkung der Rechtskraft dagegen nicht. Auch hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen tritt keine Rechtskraft ein.

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Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass in einem späteren Strafverfahren das dort entscheidende Gericht hinsichtlich der Würdigung des Geschehens nicht an die Bewertungen in einem rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteil gebunden ist. Vielmehr muss sich das neu entscheidende Tatgericht ohne Bindung an das frühere Urteil eine eigene Überzeugung verschaffen (BGH, Beschluss vom 3. Juni 1997 - 1 StR 183/97 - BGHSt 43, 106 <108 f.>; Urteil vom 30. März 2004 - 1 StR 354/03 - NStZ-RR 2004, 238 <240>). Dies gilt z.B. für die Frage einer etwaigen Bindungswirkung der Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils gegen den Täter eines Betäubungsmitteldelikts im weiteren Strafverfahren gegen einen Gehilfen. In diesem weiteren Strafverfahren muss sich das Tatgericht hinsichtlich der Haupttat ungeachtet der Rechtskraft des den Haupttäter verurteilenden Strafurteils eine eigene Gewissheit verschaffen (BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 4 StR 640/09 - NStZ 2010, 529).

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b) Die Unschuldsvermutung hat ihre Wurzeln im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und wird auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben (BVerfG, Beschluss vom 16. März 2006 - 2 BvR 170/06 - NJW 2006, 1336 Rn. 21).

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Die Unschuldsvermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafzumessung vorausgegangen ist, nicht jedoch vor Rechtsfolgen, die keinen Strafcharakter haben (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 2 BvR 254, 1343/88 - BVerfGE 82, 106 <117>; Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 f. = juris Rn. 9 ff. und vom 29. Oktober 2015 - 2 BvR 388/13 - juris Rn. 31 m.w.N.). Bei einem Freispruch aus Mangel an Beweisen dürfen z.B. die nicht ausgeräumten Verdachtsmomente zur Rechtfertigung von Rechtsfolgen herangezogen werden, die ihrerseits weder Strafcharakter haben noch dem Betroffenen in einer strafgerichtlichen Entscheidung Schuld zuweisen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 f. = juris Rn. 11 m.w.N. zur Zulässigkeit einer Speicherung und Verwendung von im Strafermittlungsverfahren gewonnenen Daten zur Verhütung oder Verfolgung künftiger Straftaten nach einem rechtskräftigen Freispruch vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern).

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Die Beurteilung der gesundheitlichen und charakterlichen Eignung eines Beamten auf Probe im Rahmen von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG dient der Sicherung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, indem die Lebenszeitverbeamtung von solchen Probebeamten ausgeschlossen wird, die sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Nach den Kriterien, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei der Qualifikation einer staatlichen Maßnahme als strafrechtliches Verfahren im Sinne von Art. 6 EMRK zugrunde legt (EGMR, Urteil vom 8. Juni 1976 - 5100/71 - EGMR-E 1,178 - Engel u.a./Niederlande), handelt es sich bei der Entlassung eines Probebeamten wegen fehlender Bewährung in der Probezeit nicht um ein Strafverfahren. Weder ordnet das innerstaatliche Recht der Bundesrepublik das Geschehen als Strafverfahren ein, noch spricht die Natur des Vergehens für ein Strafverfahren noch hat die Rechtsfolge Strafcharakter oder will abschrecken.

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Auf Verfahren, die nach ihrer Zielsetzung nicht auf die Feststellung und Ahndung strafrechtlicher Schuld gerichtet sind, sondern die außerhalb der eigentlichen Strafrechtspflege eine Entscheidung über andere Rechtsfolgen eines (auch) strafrechtlich relevanten Sachverhalts zum Gegenstand haben, erstreckt sich die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK nicht (Esser, in Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 11, 26. Aufl. 2012, EMRK, Art. 6 Rn. 520 ff.). Diese anderweitigen Entscheidungen von Verwaltungsbehörden oder auch Zivil- und Verwaltungsgerichten, die sich nach anderen rechtlichen Voraussetzungen beurteilen als eine strafgerichtliche Verurteilung, dürfen aber keine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen zum Ausdruck bringen oder dessen strafrechtliche Schuld feststellen (Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 217; Karpenstein/Mayer, EMRK, 2. Aufl. 2015, Art. 6 Rn. 168 jeweils m.w.N.).

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3. Das angegriffene Urteil weicht mit der Ansicht, bei der Bewertung der gesundheitlichen und charakterlichen Eignung des Klägers müssten die "inkriminierten Sachverhalte" wegen der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) in jeglicher Hinsicht unberücksichtigt bleiben, im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf dieser Abweichung. Art. 6 Abs. 2 EMRK, auf den sich sowohl die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts als auch das Berufungsurteil beziehen, hat aufgrund des Zustimmungsgesetzes des Bundes (Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 7. August 1952, BGB II, S. 685) innerstaatlich den Rang eines Bundesgesetzes (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <367>).

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Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass die Unschuldsvermutung den Betreffenden nicht vor Nachteilen schützt, die keinen Strafcharakter haben (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 2 BvR 254, 1343/88 - BVerfGE 82, 106 <117>; Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 f. = juris Rn. 9 ff. und vom 29. Oktober 2015 - 2 BvR 388/13 - juris Rn. 31 m.w.N.). Die Beurteilung der gesundheitlichen und charakterlichen Eignung eines Beamten auf Probe im Rahmen von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG hat keinen solchen Strafcharakter, sondern dient der Sicherung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner Entscheidung von einem rechtsgrundsätzlich abweichenden umfassenderen Verständnis des Art. 6 Abs. 2 EMRK ausgegangen.

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Das angegriffene Urteil beruht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auch auf dieser Abweichung, weil es sich auf den gerichtlich bestellten Gutachter stützt, der entsprechend der Vorgabe des Berufungsgerichts die "inkriminierten Sachverhalte" unberücksichtigt gelassen hat. Dem vom Beklagten beauftragten Gutachter ist der Verwaltungsgerichtshof gerade mit der Begründung nicht gefolgt, dieser habe ausgehend von den "inkriminierten Sachverhalten" ein Hypothesengebäude aufzubauen versucht, das nicht überzeuge.

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3. Die in der Beschwerdebegründung als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,

ob "bei einer Prüfung der Bewährung im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG ein Geschehen ohne Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK auch dann ganz oder in Teilen verwertet werden kann, wenn es in einem vorangegangenen Strafverfahren als nicht erwiesen gewürdigt wurde",

lässt sich ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Reichweite der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens klären. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Unschuldsvermutung für gerichtliche oder behördliche Entscheidungen - z.B. über die Ausweisung eines Ausländers oder über ein Vereinsverbot - nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist, weil es sich insoweit weder um eine repressive Strafe noch um eine individuelle Schuldzuweisung handelt (BVerwG, Urteile vom 17. Juni 1998 - 1 C 27.96 - BVerwGE 107, 58 <63> und vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 44).

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4. Ausgehend von der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die "inkriminierten Sachverhalte" dürften zur Prüfung der Eignung des Klägers im Sinne von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG nicht herangezogen werden, leidet das Berufungsurteil des Weiteren an einem vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung auch beruhen kann (§ 133 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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a) Die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs, der Kläger sei nicht gesundheitlich ungeeignet, beruht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, weil das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt nicht vollständig berücksichtigt hat.

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Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 40 ff.).

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In dem an den Gutachter gerichteten Begleitschreiben zum Beweisbeschluss vom 19. März 2015 hat das Berufungsgericht dem Gutachter vorgegeben, dass bei der Begutachtung, ob beim Kläger eine sexuelle Präferenzstörung in der Form der Pädophilie vorliege, das diesen freisprechende strafrechtliche Urteil zu beachten sei. In dem auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen gestützten Berufungsurteil ist der Verwaltungsgerichtshof durchgängig davon ausgegangen, aus Rechtsgründen an der Berücksichtigung der "inkriminierten Sachverhalte" gehindert zu sein.

23

Bei der Frage, ob das Berufungsurteil an einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO leidet, ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Berufungsgerichts maßgeblich, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4 = juris Rn. 16). Aber selbst auf der Grundlage der Rechtsansicht, die Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils sowie die Unschuldsvermutung stünden der Berücksichtigung der "inkriminierten Sachverhalte" entgegen, hätte der Verwaltungsgerichtshof die Aspekte, die nicht Bestandteil des eigentlichen strafrechtlichen Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kindern, des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen waren, in den Blick nehmen müssen. Dies gilt insbesondere für den - jenseits der Tatbestandshandlungen dieser Delikte liegenden - Umstand, dass der Kläger dem damals knapp 13-jäh-rigen Jungen jeweils vorgeschlagen hatte, während der Trainingslager bei ihm in einem recht beengten Zelt zu übernachten. Hieraus können sich ohne Weiteres Anhaltspunkte für eine - vom Verwaltungsgerichtshof so bezeichnete - "unnatürliche" Verhaltensweise des Klägers und einen eignungsrelevanten Mangel an gebotener körperlicher Distanz zu ihm anvertrauten Kindern ergeben.

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b) Auf die übrigen vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel kommt es nicht mehr an.

25

5. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Ermächtigung des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, die Berufungsentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

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Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat auf das Folgende hin: Die konkrete Begründung, auf die der Beklagte die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gestützt hat, ist unerheblich. Da die Begründung eines belastenden Verwaltungsakts ein allein formelles Erfordernis ist, ist für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur maßgeblich, ob die Voraussetzungen der tatsächlich einschlägigen Ermächtigungsgrundlage vorliegen.

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Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof nunmehr durch eine eigenständige Beweisaufnahme zu klären, ob der Kläger im Juni und Juli 2005 an einem ihm anvertrauten Jungen sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Lässt sich dies nicht aufklären, ist weiter zu prüfen, ob andere Umstände den Schluss der mangelnden Bewährung des Klägers in der Probezeit rechtfertigen. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof sämtliche vorliegenden Unterlagen auszuwerten, insbesondere die Akten des Strafverfahrens. Es ist auch zu klären, ob es dem Kläger im Rahmen der - mehrtägigen - Veranstaltungen darauf angekommen ist, mit einem oder mehreren der Jungen in einem Zelt zu übernachten, und, sofern ein solches Bemühen des Klägers nachweisbar ist, mit welchen Mitteln der Kläger dieses Ziel verfolgt hat. Zu klären sind ferner die räumlichen Verhältnisse, unter denen der Kläger gemeinsam mit den ihm anvertrauten Jungen übernachtet hat. Hinweise ergeben sich z.B. aus dem Schriftsatz des Verteidigers des Klägers im Strafverfahren vom 6. Oktober 2008, dem eine Skizze des Zelts beigefügt ist.

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Im Hinblick auf die Ausführungen im Berufungsurteil zum Erfordernis einer vorherigen "Abmahnung" des betroffenen Beamten weist der Senat darauf hin, dass es im Lehrer-Schüler-Verhältnis, das stets von einer ausreichenden körperlichen Distanz geprägt sein muss, auch Verhaltensweisen gibt, die auch ohne vorherigen Hinweis des Dienstherrn auf ihre Unangemessenheit den Schluss rechtfertigen, der betreffende Lehrer habe sich im Laufe der Probezeit nicht bewährt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof beanstandet, ein solches Verhalten sei gegenüber dem Kläger zuvor nicht "thematisiert" worden, wird im Übrigen zu berücksichtigen sein, dass die Verhaltensweisen des Klägers erst im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bekanntgeworden sind.

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