Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (9. Senat) - 9 C 12/16

Tatbestand

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Der Kläger erstrebt die Festsetzung einer höheren Vergütung für seine Tätigkeit als Vertreter in einem Bodenordnungsverfahren.

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Nachdem ein im Ausland lebender, am Bodenordnungsverfahren beteiligter Grundstückseigentümer erfolglos zur Bestellung eines Vertreters aufgefordert worden war, wurde der Kläger auf Antrag des Beklagten durch Beschluss des Amtsgerichts zum Vertreter bestellt. Im Rahmen seiner Tätigkeit vereinbarte er für den Vertretenen eine Geldabfindung gegen entsprechenden Landverzicht. Anschließend machte er gegenüber dem Beklagten einen Vergütungsanspruch in Höhe von 611,21 € geltend. Unter anderem beantragte er die Vergütung eines Zeitaufwands von 7 Stunden und 5 Minuten mit einem Stundensatz von 70 €. Bei der Frage der Angemessenheit der Vergütung seien die für die Vertretung nutzbaren Fachkenntnisse sowie Umfang und Schwierigkeit der Vertretertätigkeit zu berücksichtigen.

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Im Bescheid vom 3. Juli 2012 wurde die Vergütung des Klägers auf 303,54 € festgesetzt. Dem lag der dargelegte Zeitaufwand, jedoch ein Stundensatz von lediglich 33,50 € zu Grunde. Anzuwenden sei die Vergütungsregelung im Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG -, die hier diesen Stundensatz vorsehe.

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Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger zur Begründung seiner Klage geltend gemacht, bei der Feststellung der Angemessenheit der Vergütung gemäß § 119 Abs. 3 Satz 1 FlurbG sei nicht auf die Regelungen des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes abzustellen, da eine Verweisung des Gesetzgebers hierauf fehle. Anzuwenden sei vielmehr § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift bestimme sich die Vergütung nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit dieser Geschäfte. Die Rechtsprechung der Zivilgerichte halte für Pfleger Stundensätze zwischen 67 € und 150 € für angemessen.

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Das Flurbereinigungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Bestimmung der angemessenen Vergütung gemäß § 119 Abs. 3 Satz 1 FlurbG erfordere wegen der Sachnähe zur Abwesenheitspflegschaft die Heranziehung des § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hiernach komme es auf die für die Führung der Vertretungsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse des Vertreters sowie auf Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit an. Daran gemessen sei der vom Kläger beanspruchte Stundensatz von 70 € gerechtfertigt. Die Kosten der personellen und sachlichen Ausstattung der Anwaltskanzlei seien zu berücksichtigen.

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Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Revision führt der Beklagte aus, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstoße gegen § 119 Abs. 3 Satz 1 FlurbG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 RVG. Letztgenannte Norm schließe es aus, bei der Festsetzung einer angemessenen Vergütung den Umstand hauptberuflicher Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Vertreter zu berücksichtigen. Die Anwendung des höchsten Stundensatzes gemäß § 3 Abs. 1 VBVG in Höhe von 33,50 € sei nicht unangemessen niedrig. Aus § 119 Abs. 4 FlurbG ergebe sich, dass der Gesetzgeber Pflegschaftsrecht nur "im Übrigen" und damit für die Vergütung gerade nicht angewendet wissen wolle. Die Flurbereinigungsbehörde solle eigenständig eine angemessene Vergütung festsetzen.

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Der Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Flurbereinigungsgericht) vom 25. Juni 2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Er verteidigt das angefochtene Urteil.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht in Einklang. Es hat dem Kläger zu Recht die begehrte höhere Vergütung für seine Tätigkeit als Vertreter im Bodenordnungsverfahren zugesprochen.

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1. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Klage gegen den beklagten Verband, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 26a Abs. 1 Satz 3 FlurbG, zu richten ist. Die Vertreterbestellung hat vorliegend ihre gesetzliche Grundlage in § 119 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG. Nach dieser Vorschrift bestimmt das zuständige Gericht auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde oder der oberen Flurbereinigungsbehörde einen geeigneten Vertreter für das Flurbereinigungsverfahren für einen Beteiligten ohne Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn dieser der Aufforderung der Behörde, einen Vertreter zu bestellen, innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachgekommen ist. Zwar ist hiernach nur diese Flurbereinigungsbehörde für den Antrag auf Vertreterbestellung zuständig. Das Oberverwaltungsgericht hat jedoch den landesrechtlichen Vorschriften in § 3 Abs. 1 und 5 des Gesetzes über ländliche Entwicklung und zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes und des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes im Land Brandenburg i.d.F. vom 29. Juni 2004 (GVBl. S. 298) entnommen, dass diese Aufgabe von der Flurbereinigungsbehörde auf die Teilnehmergemeinschaft übertragen worden ist, die insoweit die verfahrensrechtliche Stellung der Flurbereinigungsbehörde einnimmt. An die Stelle der Teilnehmergemeinschaft wiederum ist nach Maßgabe seiner Satzung der hier beklagte Verband getreten (§ 26a Abs. 1 Satz 2 FlurbG, vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 2015 - 9 C 12.14 - Buchholz 424.02 § 57 LwAnpG Nr. 2 Rn. 12). Er ist hiernach als Behörde für die Antragstellung und damit auch für die Festsetzung der Vergütung gemäß § 119 Abs. 3 Satz 3 FlurbG zuständig.

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Dem steht nicht entgegen, dass der Verband der Teilnehmergemeinschaften, dem nach brandenburgischem Landesrecht eine Doppelfunktion zukommt, im Falle eines Antrages auf Vertreterbestellung nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB im eigenen Wirkungskreis handelt und daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 VwGO auch klagebefugt sein kann (Urteil vom 5. Mai 2015, a.a.O.). Denn im Unterschied zu Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB, der den Antrag auf Vertreterbestellung an ein berechtigtes Interesse und damit an eine Rechtsbeziehung zum Grundstückseigentümer knüpft (Urteil vom 5. Mai 2015, a.a.O. Rn. 27), ist für die Antragstellung nach § 119 Abs. 1 FlurbG im Ausgangspunkt eine Behörde zuständig, der Kläger dabei mithin im übertragenen Wirkungskreis tätig.

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2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Flurbereinigungsgericht den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die begehrte weitere Vergütung für seine Vertretertätigkeit zu gewähren.

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Der Vergütungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage abschließend in § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 119 Abs. 3 FlurbG. Dem Gesetz lässt sich kein Hinweis auf die entsprechende Anwendung des § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB entnehmen und entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht die Regelung über die Höhe der Vergütung in § 3 VBVG heranzuziehen (a). Kriterien für die Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung in § 119 Abs. 3 FlurbG sind einerseits die nutzbaren Fachkenntnisse des Vertreters sowie andererseits Umfang und Schwierigkeit der Vertretungsgeschäfte (b). Die Vorschrift des § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB kann bei der Bestimmung der Höhe einer angemessenen Vergütung nach Maßgabe dieser Kriterien als Orientierungshilfe dienen (c). Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden (d).

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a) In § 119 Abs. 3 FlurbG wird die Frage der Vergütung des Vertreters im Flurbereinigungsverfahren eigenständig geregelt. Der Vertreter hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung und auf die Erstattung seiner baren Auslagen. Bereits dieser Wortlaut der Vorschrift spricht dafür, dass die Normierung einer "angemessenen Vergütung" vollständig sein soll.

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Gegen eine analoge Anwendung von Vorschriften des Pflegschaftsrechts spricht auch der systematische Zusammenhang mit § 119 Abs. 4 FlurbG. Hiernach gelten - im Anschluss an die Normierung der Vergütung in § 119 Abs. 3 FlurbG - für die Bestellung und für das Amt des Vertreters die Vorschriften über die Pflegschaft nur im Übrigen entsprechend. Das Flurbereinigungsrecht unterscheidet sich insoweit von der Vorschrift des § 207 Satz 2 BauGB, die für die Bestellung und für das Amt des Vertreters uneingeschränkt auf das Pflegschaftsrecht verweist, weil es dort keine eigene Regelung über die Vergütung des Vertreters gibt.

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Der Gesetzgeber bezweckte mit § 119 Abs. 3 FlurbG eine eigenständige Vergütungsregelung für einen Vertreter im Flurbereinigungsverfahren zu schaffen. Auch dies spricht dafür, die Norm als vollständige und abschließende Regelung zu verstehen. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 7/3020 S. 34) heißt es, Absatz 3 sei notwendig, weil insoweit die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Pflegschaft, auf die im Übrigen verwiesen werde, nicht ausreichten. Näher ausgeführt findet sich dieser Gedanke in dem zeitlich parallelen Gesetzgebungsverfahren zum Verwaltungsverfahrensgesetz. In der Gesetzesbegründung für den heutigen - mit § 119 Abs. 3 FlurbG gleichlautenden - § 16 Abs. 3 VwVfG wird dargestellt, dass nach der damaligen Rechtslage ein Pfleger entsprechend den Bestimmungen über den Vormund, auf die § 1915 BGB verweise, grundsätzlich keinen Anspruch auf Vergütung habe (§ 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil es sich um ein Ehrenamt handele, das angenommen werden müsse. Da im Verwaltungsverfahren der Vertreter aber auf Ersuchen der Behörde bestellt werde, erscheine es angemessen, ihm einen unmittelbar gegen die die Behörde tragende Körperschaft gerichteten Anspruch auf Erstattung seiner baren Auslagen und auf eine angemessene Vergütung einzuräumen. Es könne dem Vertreter nicht zugemutet werden, sich zunächst mit dem Vertretenen auseinanderzusetzen (BT-Drs. 7/910 S. 45). Der Zweck der eigenständigen Vergütungsregelung in § 119 Abs. 3 FlurbG und § 16 Abs. 3 VwVfG besteht somit darin, dem Vertreter in einem Verwaltungsverfahren einen leicht durchsetzbaren Anspruch gegen den Träger der um die Bestellung ersuchenden Behörde zu verschaffen (so zu Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4 EGBGB i.V.m. § 16 Abs. 3 VwVfG auch BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2008 - 8 C 18.07 - Buchholz 428 § 11b VermG Nr. 2 Rn. 36).

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Keine ausschlaggebende Bedeutung für die Auslegung des § 119 Abs. 3 FlurbG kommt dagegen dem Umstand zu, dass der Gesetzgeber später in §§ 3, 4 VBVG Vergütungsregelungen mit festen Stundensätzen für Vormünder und Betreuer geschaffen und anschließend in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt hat, dass sich die Höhe der Vergütung der Pfleger abweichend von diesen Stundensätzen bemisst. Zweck der zuletzt genannten Regelung war es, die Grundlage für eine gegenüber den nunmehr für die Vormundschaft geltenden Regelsätzen (noch) höhere Pflegervergütung zu bieten (s. BT-Drs. 15/4874 S. 27). Der Gesetzgeber hat diese Neuregelungen jedoch nicht zum Anlass genommen, in § 119 Abs. 3 FlurbG hinsichtlich der Vertretervergütung eine Verweisung aufzunehmen, wie dies etwa in § 277 Abs. 2 Satz 2 FamFG für die dort genannten Verfahrenspfleger geschehen ist.

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b) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht zur Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung auf die Kriterien der für die Führung der Vertretungsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse des Vertreters einerseits sowie auf Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit andererseits abgestellt. Diese Kriterien hat der Gesetzgeber sowohl in § 1915 BGB als auch in §§ 3, 4 VBVG benannt. Gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG erhöht sich der Stundensatz des Vormunds bzw. des Betreuers, wenn der Betreffende über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Vormundschaft bzw. Betreuung nutzbar sind, und § 3 Abs. 3 VBVG erlaubt bei besonderer Schwierigkeit der Geschäfte die Bewilligung eines höheren als des in § 3 Abs. 1 des Gesetzes vorgesehenen Stundensatzes.

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An der Benennung dieser Kriterien in verschiedenen Vorschriften und Regelungszusammenhängen lässt sich erkennen, dass sie nach dem Willen des Gesetzgebers allgemeine Gültigkeit beanspruchen sollen und so auch für die Auslegung gesetzlicher Regelungen wie § 119 Abs. 3 FlurbG oder § 16 Abs. 3 VwVfG herangezogen werden können, die für die Bestimmung der Angemessenheit einer Vergütung keine eigenen Kriterien enthalten (im Ergebnis ebenso für § 16 Abs. 3 VwVfG Hönig, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 16 Rn. 71; Birk, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 16 Rn. 22; im Ansatz auch VG Halle (Saale), Urteil vom 17. Dezember 2012 - 2 A 122/12 HAL - juris Rn. 24; VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 22. Juni 2015 - 4 K 765/13 - juris Rn. 20; a.A.- analoge Anwendung der Stundensätze des § 3 Abs. 1 VBVG - Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 119 Rn. 5).

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c) Der Umstand, dass § 119 Abs. 3 FlurbG eine abschließende Vergütungsregelung enthält, schließt nicht aus, dass sich die festsetzungsberechtigte Behörde - und im Streitfall das Gericht - zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der angemessenen Vergütung an anderen gesetzlichen Regelungen orientiert, soweit sie vergleichbare Sachverhalte betreffen. In diesem Zusammenhang ist die Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, die davon ausgeht, dass die Vertretung im Flurbereinigungsverfahren sachlich einer Abwesenheitspflegschaft nach § 1911 BGB am nächsten kommt (BT-Drs. 7/3020 S. 34 zum Entwurf für § 119 FlurbG, ebenso BT-Drs. 7/910 S. 44 zum Entwurf des heutigen § 16 Abs. 3 VwVfG). Diese Sachnähe der Vertretung im Flurbereinigungsverfahren zur Pflegschaft hat zur Folge, dass die auf der Grundlage des § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB üblichen Stundensätze in besonderem Maße als Orientierungshilfe für eine angemessene Vertretervergütung in Betracht kommen. Im Unterschied zu der in § 3 VBVG getroffenen Regelung, nach der erst die besondere Schwierigkeit der Geschäfte nach § 3 Abs. 3 VBVG die Bewilligung eines höheren als des in § 3 Abs. 1 VBVG vorgegebenen Stundensatzes rechtfertigen kann, kommt umgekehrt bei Orientierung an der für die Führung einer Pflegschaft üblichen Vergütung ein Stundensatz nach § 3 Abs. 1 VBVG nur bei besonders geringer Schwierigkeit der Geschäfte in Betracht. Es handelt sich bei dem Stundensatz für Hochschulabsolventen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG so um die untere Grenze für die angemessene Vergütung eines Rechtsanwalts als Vertreter im Flurbereinigungsverfahren. Der Vertreter hat für die Bewilligung einer bei Pflegschaften üblichen Vergütung nicht die besondere Schwierigkeit der Geschäfte darzulegen; vielmehr hat umgekehrt die Behörde aufzuzeigen, weshalb ein besonders einfach gelagerter Fall vorliegt und deshalb nur der Mindeststundensatz für Hochschulabsolventen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG zu bewilligen ist.

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d) Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts mit Bundesrecht in Einklang. Es hat auf die zutreffenden Kriterien der für die Vertretertätigkeit nutzbaren Fachkenntnisse des Klägers sowie auf den Umfang und die Schwierigkeit der Vertretertätigkeit abgestellt. Seine tatsächlichen Feststellungen sind nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und im Übrigen - insbesondere der vom Kläger genau dargelegte zeitliche Umfang seiner Tätigkeit - auch unstreitig. In erster Linie hat das Flurbereinigungsgericht die für die Vertretertätigkeit nutzbaren Fachkenntnisse des Klägers herangezogen und den Umstand gewürdigt, dass das Amtsgericht mit dem Kläger einen zugelassenen Rechtsanwalt zum Vertreter bestellt hat. Dabei hat die Vorinstanz den vom Kläger geltend gemachten Stundensatz von 70 € mit der Begründung gerechtfertigt, die Kosten für die personelle und sächliche Ausstattung einer Anwaltskanzlei seien zu berücksichtigen.

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Das ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vergütung von Berufsbetreuern (Beschluss vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 1904/95 u.a. - BVerfGE 101, 331 <352>) und von Verfahrenspflegern (Kammerbeschluss vom 7. Juni 2000 - 1 BvR 23/00 und 111/00 - FamRZ 2000, 1280 <1282>) nichts anderes. Das Bundesverfassungsgericht hat wesentlich darauf abgestellt, dass bei Berufsbetreuern und Verfahrenspflegern keine Pflicht zur Übernahme des Amtes besteht. Mit diesem Gesichtspunkt hat es begründet, dass die Kostenstruktur einer Anwaltskanzlei dort nicht berücksichtigt werden musste. Demgegenüber besteht für das Amt eines Vertreters im Flurbereinigungsverfahren und auch in anderen Verwaltungsverfahren wie im Pflegschaftsrecht eine Pflicht zur Übernahme der Tätigkeit (§ 119 Abs. 4 FlurbG i.V.m. §§ 1915, 1785 BGB; so auch Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 119 Rn. 7; ebenso allg. Meinung zur entsprechenden Norm des § 16 Abs. 4 VwVfG, s. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 16 Rn. 32; Birk, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 16 Rn. 26; ferner zu § 207 BauGB Kalb/Külpmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1. Februar 2017, § 207 Rn. 33; Hornmann, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 207 Rn. 30; vgl. auch Bienwald, FamRZ 2000, 1283). Dies rechtfertigt und erfordert die Berücksichtigung der Kosten für die personelle und sächliche Ausstattung einer Anwaltskanzlei bei der Festlegung des Stundensatzes, weil der Rechtsanwalt hier für das öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in die Pflicht genommen wird.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

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