Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 64/15
Tatbestand
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Verkauf eines zur Reinigung von Wasser bestimmten Destilliergerätes der amtlichen Aufsicht nach dem Branntweinmonopolgesetz unterliegt und - bejahendenfalls -, ob der Klägerin eine Ausnahmegenehmigung zum Verkauf solcher Geräte zu erteilen ist.
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Die Klägerin vertrieb über ihren Versandhandel seit 2004 den Wasserdestillierer "XX ..." (XX) zum Preis von ca. ... €. Sie verkaufte die in China hergestellten Geräte an private Endkunden und gewerbliche Weiterverkäufer. Das Gerät ähnelt optisch einem Wasserkocher. Größtes Teil ist ein Flüssigkeitsbehälter aus Edelstahl mit einem Volumen von vier Litern. Unter diesem Behälter befindet sich ein elektrisches Heizgerät. Der Behälter wird durch ein Oberteil mit einem innenliegenden Deckel aus Edelstahl verschlossen. In diesem Deckel befindet sich ein Kühllüfter. Daneben wird ein gläserner Auffangbehälter für die destillierten Flüssigkeiten mitgeliefert. Zum Destillieren wird der Hauptbehälter mit einer Flüssigkeit gefüllt, der Deckel aufgebracht und verriegelt. Nach dem Einschalten des Geräts wird - bei bestimmungsgemäßem Gebrauch - das Wasser bis zum Siedepunkt erhitzt, steigt als Dampf auf und schlägt sich durch die Kühlung im Deckel als Kondensat nieder. Durch Abläufe im Deckel wird das Kondensat in den außenliegenden Auffangbehälter geleitet. Zuvor fließt es noch durch einen Aktivkohlefilter. Nach der Bedienungsanleitung ist das Gerät ausschließlich zum Destillieren von Trinkwasser im privaten Bereich bestimmt, geeignet und zugelassen. Es besitzt eine Nennaufnahme von 800 Watt.
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Nachdem gewerbliche Kunden der Klägerin 2014 von verschiedenen Hauptzollämtern darauf aufmerksam gemacht worden waren, dass der Verkauf solcher Destilliergeräte nicht erlaubt sei, wandte sich die Klägerin u. a. an die damalige Bundesfinanzdirektion A, um die Rechtslage zu klären.
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Diese antwortete mit Schreiben vom 28.08.2014, dass das Destilliergerät für die Herstellung kleiner Branntweinmengen geeignet sei und daher nach § 46 Abs. 1 Branntweinmonopolgesetz (BranntwMonG) im Steuergebiet weder angeboten, noch angepriesen oder verkauft werden dürfe. Ein Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG besitze die Klägerin nicht. Verstöße gegen das Verkaufsverbot und gegen die Anzeigepflichten bei der Abgabe eines zur Herstellung von Branntwein geeigneten Gerätes seien bußgeldbewehrt.
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Die Klägerin beantragte am 15.09.2014 gegenüber der damaligen Bundesfinanzdirektion A und am 24.09.2014 nochmals über das Hauptzollamt B eine solche Ausnahmegenehmigung. Sie habe ein wirtschaftliches Interesse an der Fortführung des bisher sehr erfolgreichen Verkaufs des Destillierers in Deutschland. Die Bewerbung des Gerätes sei ausschließlich auf die Trinkwasserreinigung gerichtet und entsprechend werde das Gerät auch von den Erwerbern verwendet. Einer missbräuchlichen Verwendung stehe bereits entgegen, dass der Branntwein aus dem XX ungenießbar sei. Es sei zwar theoretisch möglich, Alkohol herzustellen aber der Kunde könne das Ergebnis nicht nutzen. Ein eindeutiger Hinweis in der Bedienungsanleitung, dass das Gerät ausschließlich zur Wasserdestillation vorgesehen sei, erscheine ausreichend. Sie legte eine Stellungnahme des Herstellers vom 13.11.2014 vor, worin es u. a. heißt:
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"Obwohl unsere für Verbraucherzwecke hergestellten Destilliergeräte auch zum Destillieren von Branntwein geeignet wären, sind sie für diesen Zweck sehr unpraktisch. Niedrige Temperaturen sind für eine vernünftige Herstellung von Branntwein entscheidend. Mit dem XX kann man die Temperatur weder einstellen noch kontrollieren. Das einfließende Wasser wird bei einer gleichmäßig hohen Temperatur im Schnellverfahren mit einem 800-Watt-Heizstab erhitzt. Branntwein, der bei diesen Temperaturen entsteht, wäre von schlechter Qualität. Außerdem müsste der Branntwein mehrmals destilliert werden, um eine annehmbare Qualität zu erreichen. Da das Destilliergerät einen Verbrauch von ca. 3,2 kWh pro Charge hat, wären die Kosten für mehrmaliges Destillieren kontraproduktiv bei der Herstellung von günstigem Branntwein."
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Der Beklagte zog im Genehmigungsverfahren die Unterlagen aus der Überprüfung eines anderen Wasserdestillierers namens "YY" durch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein heran. Dieser ist ähnlich wie der XX aufgebaut, verfügt ebenfalls über ein Volumen von 4 Litern, heizt allerdings mit einer Leistung von 320 Watt. Nach der Bedienungsanleitung des YY ist das Gerät auch zur Destillation von Alkohol ausgelegt. Es besteht ebenfalls aus einem elektrisch beheizbaren Kessel aus Edelstahl mit einem Deckel, in den ein Ventilator und eine Kühlschlange eingebaut sind. Eine Möglichkeit zur Temperaturregulierung fehlt. Zur Überprüfung, ob das Gerät zu Brennzwecken geeignet sei, wurde es nach dem Gutachten des Bundesmonopolamtes vom 23.10.2012 mit vier Litern Rotwein (Alkoholgehalt 10,3 % vol.) befüllt und eingeschaltet. Die Destillation führte zu einem Liter Destillat mit einem Alkoholgehalt von 37 % vol. Festgehalten wurde daraufhin, dass sich das Gerät grundsätzlich zur Herstellung von branntweinsteuerpflichtigen Spirituosen eigne. Eine Verkostung des Destillats führte dabei zu sehr unterschiedlichen Bewertungen. Schlechte Bewertungen wurden darauf zurückgeführt, dass das Gerät aus Edelstahl und nicht aus Kupfer bestehe. Das Destillat sei zwar trinkbar, weise jedoch eher nicht die Qualität auf, die von Spirituosen des Handels erwartet würde. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Gewinnung von Spirituosen aus dem YY selbst bei einem preiswerten Wein nicht wirtschaftlich sei, da die Aufwendungen höher seien als die umgangene Branntweinsteuer. Abschließend wurde festgehalten, dass Spirituosen von höherer Qualität zu einem Preis, der nur geringfügig über der Branntweinsteuer des darin enthaltenen Alkohols liege, angeboten würden. Die Verwendung des YY zur Herstellung von Spirituosen könne daher eher im Hobbybereich angesiedelt werden.
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Der Beklagte vermerkte daraufhin, dass der XX nahezu baugleich mit dem YY sei. Auch das Hauptzollamt C habe am 07.05.2014 in einem Kontrollvermerk festgehalten, dass der XX in der Lage sei, bei schwachalkoholischen Flüssigkeiten wie Bier oder Wein die alkoholischen Bestandteile durch Ausdampfen zu komprimieren bzw. zu verstärken und damit eine Steuerentstehung nach dem Branntweinsteuerrecht hervorzurufen. Eine gesonderte Prüfung des XX durch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein hielt der Beklagte daher für entbehrlich.
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Mit Bescheid vom 30.12.2014 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ab. Die Branntweingewinnung sei im Monopolgebiet grundsätzlich nur in der amtlichen Aufsicht unterliegenden Verschluss- oder Abfindungsbrennereien zulässig. Die private Branntweinherstellung sei unzulässig. Da es sich bei Branntwein um eine hochsteuerbare Ware handele, sei zur Einschränkung der Missbrauchsgefahr in § 46 BranntwMonG geregelt, dass bereits das Anbieten, Anpreisen oder Verkaufen von Vorrichtungen, die zur nicht gewerblichen Herstellung oder Reinigung kleiner Branntweinmengen geeignet seien, grundsätzlich verboten sei. Es komme nicht darauf an, ob die Vorrichtungen für die Branntweinherstellung bestimmt seien. Unwesentlich sei auch, ob die Branntweinherstellung mit diesen Vorrichtungen wirtschaftlich sinnvoll sei. Der XX benötige weder Kühlwasser, noch ein Thermometer oder ein anderes Zubehör wie herkömmliche Destillationsgeräte. Auch wenn das Gerät laut der Gerätebeschreibung der Wasserdestillation für private Haushalte diene, könne es problemlos zur Herstellung von Branntwein aus schwachalkoholhaltigen Flüssigkeiten eingesetzt werden. Eine gewerbliche Nutzung zur Branntweinherstellung sei aufgrund der Kosten nicht wirtschaftlich, eine Verwendung im Privatbereich jedoch denkbar. Ein nahezu baugleiches Wasserdestilliergerät sei von der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein auf seine Tauglichkeit zur Branntweinherstellung untersucht worden. Die Prüfung habe ergeben, dass derartige Geräte grundsätzlich zur Branntweingewinnung geeignet seien. Der während der Prüfung gewonnene Branntwein sei trinkbar und lediglich in normalem Maße verunreinigt gewesen. Diese Ergebnisse seien aufgrund der nahezu gleichen Bauart auf den XX übertragbar. Der Verordnungsgeber sei den Interessen der Beteiligten bereits entgegengekommen, indem für Destilliergeräte mit einem Fassungsvermögen der Brennblase von nicht mehr als 0,5 Liter eine allgemeine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG erteilt worden sei und diese Geräte von der amtlichen Aufsicht ausgenommen worden seien. Eine darüber hinausgehende Ausnahmegenehmigung für Kleindestillieranlagen mit größeren Fassungsvermögen sei im Hinblick auf das bestehende Verbot der privaten Herstellung kleiner Branntweinmengen nicht gerechtfertigt. Im privaten Bereich sei eine wirksame steuerliche Überwachung der nicht missbräuchlichen Verwendung nicht möglich. In der Rechtsbehelfsbelehrung wies der Beklagte darauf hin, dass gegen den Bescheid Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht erhoben werden könne.
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Mit der am 30.01.2015 beim Finanzgericht Hannover eingegangenen Klage, die das Gericht mit Beschluss vom 07.04.2015 an das Finanzgericht Hamburg verwiesen hat, verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie begehre vorrangig die Feststellung, dass kein Rechtsverhältnis bestehe, aufgrund dessen der Beklagte ihr den Vertrieb des XX untersagen könne. Ein Feststellungsinteresse folge aus dem Risiko potentieller Sanktionen, da der Beklagte bereits auf die mögliche Anwendbarkeit von Bußgeldvorschriften hingewiesen habe. Die begehrte Feststellung einer Genehmigungsfreiheit für den Vertrieb des Destilliergerätes biete ihr weitergehenden Schutz als die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung. Ein Rechtsverhältnis, welches es der Klägerin untersage, das Gerät zu vertreiben, bestehe nicht. Ein solches Verbot folge nicht aus § 46 Abs. 1 BranntwMonG, da der XX vom Anwendungsbereich der Norm nicht erfasst werde. Das Gerät sei bereits nicht zur Branntweinherstellung "geeignet". Zwar könne mit dem Gerät grundsätzlich Äthylalkohol hergestellt werden, wenn anstatt Trinkwasser Wein oder Bier destilliert würden. Die bloße technische Fähigkeit, Branntwein herzustellen, die beim XX gegeben sei, sei aber nicht ausreichend, um dem Gerät eine entsprechende Eignung zuzusprechen. Der Begriff der Eignung sei einschränkend auszulegen. Maßnahmen zur Sicherung des Monopolaufkommens seien nur erforderlich, wenn eine hinreichend wahrscheinliche Gefährdung des Monopolaufkommens bestehe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Herstellung von Branntwein mit dem XX sei nicht wirtschaftlich. Wie der Beklagte auch beim YY festgestellt habe, lägen gerade im Privatbereich die Herstellungskosten über dem Kaufpreis von ordnungsgemäß versteuertem Branntwein. Dabei müssten auch der Kaufpreis des XX in Höhe von ca. ... € und die aufgewandte Arbeitszeit berücksichtigt werden. Zudem habe das Gerät eine deutlich höhere Leistung von 800 Watt als der YY. Eine Gefährdung des Monopolaufkommens sei auch aufgrund der minderwertigen Qualität des hergestellten Branntweins unwahrscheinlich. Die Begutachtung des YY habe gezeigt, dass der Geschmack des Branntweins aus Wasserdestillationsgeräten minderwertig sei. Diese Feststellung sei zu einem Gerät getroffen worden, das nur über eine Leistung von 320 Watt verfügt habe. Trotz grundsätzlich vergleichbarer Bauweise verfüge der XX über eine Leistung von 800 Watt. Aufgrund dieser Leistung und der damit einhergehenden unkontrollierten Erhitzung sei mit noch mehr Reststoffen und Verunreinigungen und folglich einem noch schlechteren Geschmack zu rechnen.
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Aus §§ 226, 227 ff. Brennereiordnung (BrennO) folge zudem, dass ein Vertriebsverbot nach § 46 Abs. 1 BranntwMonG nur für Geräte bestehe, die zur Herstellung von Branntwein nicht nur geeignet, sondern auch bestimmt seien. Diese Vorschriften regelten detailliert die steuerliche Aufsicht der Abgabe und des Erwerbs von Geräten, die zwar zur Herstellung von Branntwein geeignet, aber nicht bestimmt seien. Eine in dieser Form ausgestaltete Regelungsstruktur wäre nicht erforderlich, wenn die Abgabe derartiger Geräte bereits durch § 46 Abs. 1 BranntwMonG grundsätzlich verboten wäre. Der Beklagte ignoriere insoweit den Willen des Gesetzgebers, die Abgabe von Destillationsgeräten grundsätzlich - unter steuerlicher Aufsicht - zu erlauben. Die Regelungen verdeutlichten, dass der Gesetzgeber die steuerliche Aufsicht im Hinblick auf die Gefahren für die Erhebung von Branntweinabgaben gewichtet habe. Insbesondere die Ausnahme nach § 228 Abs. 6 BrennO von der Anzeigepflicht bei der Abgabe eines Gerätes nach § 227 Abs. 1 BrennO zeige, dass der Gesetzgeber für Destillationsgeräte mit einer Blase bis zu fünf Litern nur eine geringe Gefährdung des Steueranspruchs des Staates sehe. Selbst wenn das Verbot des § 46 Abs. 1 BranntwMonG Wasserdestilliergeräte erfasste, verstieße dies gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs nach Art. 34 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts wäre das Verbot im Hinblick auf Destillationsgeräte nicht anwendbar. Das Vertriebsverbot begründe eine Behinderung des freien Warenverkehrs. Es gelte uneingeschränkt auch für solche Geräte, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellt und vermarktet würden. Die Beschränkung des Marktzugangs sei nicht nach Artikel 36 AEUV gerechtfertigt. Zwar zähle zu den rechtfertigenden zwingenden Erfordernissen auch das Erfordernis einer wirksamen steuerlichen Kontrolle. Es fehle aber an der Verhältnismäßigkeit des Handelshemmnisses im Hinblick auf das verfolgte Ziel. Bezweckt werde durch das Verbot der Schutz des Branntweinmonopols und des Branntweinsteueraufkommens. Hierfür sei ein vollständiges Vertriebsverbot nicht erforderlich. Die steuerliche Aufsicht und Kontrolle der Verwendung der Geräte sei ein milderes Mittel. Die gesetzlichen Grundlagen für eine solche Kontrolle seien im Rahmen der §§ 226 ff. BrennO vorhanden. Der Anwendung dieser Vorschriften könne nicht entgegengehalten werden, dass die steuerliche Aufsicht faktisch nicht durchgeführt werden könne. Etwaige personelle Engpässe seien unbeachtlich, da der Bund eine hinreichende Personalausstattung der Zollverwaltung sicherstellen müsse. Daneben sei die Schwere des Eingriffs in den Binnenmarkt zu berücksichtigen und dass die Wahrscheinlichkeit eines Missbrauchs der Geräte zur Herstellung von Branntwein gering sei. Zudem seien die Gewinnung reinen Trinkwassers durch Destillationsgeräte und der Vertrieb solcher Geräte legitime Anliegen der Verbraucher und Händler. Eine zweckfremde Verwendung könne zwar nicht ausgeschlossen werden, angesichts der Erwägungen zur Wirtschaftlichkeit und zum Geschmack des Destillats stelle sie jedoch einen Ausnahmefall dar. Sofern die abstrakte Möglichkeit einer missbräuchlichen Verwendung einer Ware zur Verhängung einer Handelsmaßnahme bereits ausreichend wäre, könnte der Vertrieb nahezu jeder Ware untersagt werden.
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Hilfsweise sei ihr - der Klägerin - im Wege der Verpflichtungsklage eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG zu erteilen. Dies stehe im Ermessen des Beklagten. Dieser habe sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Zunächst sei er von unzutreffenden tatsächlichen Annahmen ausgegangen. Er habe sich im Hinblick auf die Eignung des XX zur Herstellung von Branntwein allein auf die Feststellungen des Bundesmonopolamtes für Branntwein zum YY verlassen. Eine eigenständige Prüfung des Geräts habe nicht stattgefunden. Ohne eine konkrete Prüfung habe der Beklagte keine Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit des Geräts zur Branntweinherstellung, die Genussfähigkeit des Branntweins und ggf. der tatsächlichen Möglichkeit zur Herstellung des Branntweins gewinnen können. Der XX unterscheide sich vom YY hinsichtlich der Leistung mit entsprechenden Folgen für die Destillationsdauer und die Reinheit des gewonnenen Destillats. Unberücksichtigt gelassen habe der Beklagte überdies die Anschaffungskosten des XX und den Arbeitsaufwand für die Herstellung von Branntwein. Zudem habe der Beklagte die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten. Die Ablehnung der Genehmigung sei unverhältnismäßig. Das Risiko einer Gefährdung sei unzutreffend gewichtet worden. Selbst für den leistungsschwächeren YY habe der Beklagte festgestellt, dass die Verwendung des Destillationsgeräts zur Herstellung von Alkohol unwirtschaftlich und die Genussfähigkeit reduziert sei. Hieraus folge ein geringes Risiko, dass die Geräte zweckentfremdet würden. Folglich sei auch das Risiko, dass Branntwein ohne die Leistung steuerlicher Abgaben hergestellt werde, gering. Diese geringe Gefährdung der wirksamen steuerlichen Kontrolle spreche für eine Ausnahmegenehmigung im Rahmen einer Abwägung. Hinzu komme, dass eine wirksame steuerliche Aufsicht nach den §§ 226 ff. BrennO ein milderes Mittel darstelle. Diese könne über § 210 AO sichergestellt werden. § 210 Abs. 2 AO ermögliche eine Nachschau ohne zeitliche oder räumliche Einschränkung. Zwar bestehe diese Befugnis nur, wenn der Verdacht eines Verstoßes gegen die Steueraufsicht vorliege. Eine solche Aufsichtsmöglichkeit erscheine aber im Hinblick auf das geringe Missbrauchspotential als ausreichend. Im Übrigen könnten Destillationsgeräte, die im Ausland von Privatpersonen erworben würden, zulässigerweise ins Bundesgebiet eingeführt werden. Der Besitz von Destillationsgeräten sei nach dem BranntwMonG und der BrennO nicht verboten. Gleiches gelte für den Erwerb derartiger Geräte im Ausland und die Einfuhr nach Deutschland. Diese Geräte unterlägen nach §§ 226 ff. BrennO lediglich der steuerlichen Aufsicht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum beim Vertrieb im Inland etwas anderes gelten solle. Insoweit behandele der Beklagte vergleichbare Sachverhaltskonstellationen ohne rechtfertigenden Grund ungleich und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Jedenfalls müsse das nationale Recht im Einklang mit dem Unionsrecht ausgelegt werden. Die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, könne unionskonform nur dahingehend ausgelegt werden, eine solche Genehmigung zu erteilen. Sofern es an der Spruchreife fehle, sei der Beklagte aufgrund der dargestellten Ermessensfehler zu verpflichten, den Antrag neu zu bescheiden. Der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 18.08.2015 (VII R 60/13) stehe dem Klagebegehren nicht entgegen. Gegenstand des Revisionsverfahrens sei kein Wasserdestillationsgerät gewesen, sondern Geräte gänzlich anderer Natur. Soweit der Bundesfinanzhof für die Anwendbarkeit des § 46 Abs. 1 BranntwMonG allein auf die Eignung zur Herstellung von Branntwein verweise, könnten diese Ausführungen nicht unbesehen auf die Frage der Zulässigkeit des Vertriebs von Wasserreinigungsgeräten übertragen werden. Im Verfahren seien die besonderen Bestimmungen für Kleindestillieranlagen gemäß § 228 Abs. 6 BrennO nicht anzuwenden gewesen. Der Bundesfinanzhof habe sich weder mit der Frage auseinandergesetzt, ob Kleindestillieranlagen unter das Verbot des § 46 Abs. 1 BranntwMonG fielen, noch zur Vereinbarkeit dieses Verbots mit Unionsrecht Stellung genommen. Zudem habe der Bundesfinanzhof unterstrichen, dass § 46 Abs. 1 BranntwMonG eingeführt worden sei, um die damals angesichts hoher Branntweinpreise zunehmende heimliche Branntweingewinnung einzudämmen. Ferner habe das Verbot der Sicherung des Branntweinsteueraufkommens gedient. Diese Zwecke seien bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 46 Abs. 2 BranntwMonG zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe der Bundesfinanzhof eines der tragenden Argumente des Beklagten gegen die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung entkräftet. Nach seiner Auffassung ermöglichten die bestehenden Rechtsgrundlagen eine wirksame steuerliche Überwachung. Dabei habe der Bundesfinanzhof ausdrücklich die Möglichkeit berücksichtigt, dass Haushaltsgegenstände zur Herstellung von Branntwein verwendet werden könnten. Bei der Notwendigkeit und dem Umfang der steuerlichen Aufsicht sei ferner zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber an die steuerliche Aufsicht für Kleindestillieranlagen im Sinne von § 228 Abs. 6 BrennO geringere Anforderungen gesetzt habe.
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Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass der Erwerb, der Besitz, die Beförderung und die Abgabe des Wasserdestilliergeräts "XX ..." nicht der Steueraufsicht gemäß §§ 43 ff. BranntwMonG unterfällt,
2. hilfsweise festzustellen, dass das Anbieten, das Anpreisen und der Verkauf des Wasserdestilliergeräts "XX ..." nicht der Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 2 BranntwMonG bedarf, sondern als Vertreiben gemäß § 228 Abs. 6 i. V. m. Abs. 1 und Abs. 2 BrennO lediglich der Pflicht zur Anmeldung unterliegt,
3. weiter hilfsweise unter Aufhebung des Bescheids vom 30.12.2014 den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 15.09.2014 eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Feststellungsklagen seien unbegründet. Das Vertriebsverbot sei gesetzlich vorgeschrieben. Der XX diene der Wasserdestillation für private Haushalte, könne allerdings auch zur Herstellung von Branntwein aus Wein oder Bier eingesetzt werden. Eine entsprechende Eignung bestreite auch die Klägerin nicht. Nach §§ 43 ff. BranntwMonG komme es nicht darauf an, zu welchem Zweck die Geräte vertrieben würden. Es sei ausreichend, dass sie grundsätzlich zur Herstellung von Branntwein geeignet seien, um den Tatbestand des § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG zu erfüllen. Fragen der Wirtschaftlichkeit der Branntweinherstellung seien unerheblich. Darauf stelle der Gesetzestext nicht ab. Der Bundesfinanzhof habe im Beschluss vom 18.08.2015 ausgeführt, dass die bloße Geeignetheit einer Vorrichtung zur nicht gewerblichen Herstellung oder Reinigung kleiner Branntweinmengen ausreiche, um den Tatbestand des § 46 Abs. 1 BranntwMonG zu erfüllen. Auf die konkrete Zweckbestimmung des Herstellers oder den Kundenkreis komme es nicht an. Gleiches gelte für die konkrete Nutzung, die wirtschaftliche Eignung zur Branntweingewinnung und die tatsächliche Missbrauchsgefahr.
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Ein Verstoß gegen Artikel 34 AEUV liege nicht vor. Das Verbot gemäß § 46 Abs. 1 BranntwMonG sowie die Anzeigepflichten nach §§ 227 ff. BrennO dienten der wirksamen steuerlichen Kontrolle der Herstellung des im Monopolgebiet der Branntweinsteuer unterliegenden Branntweins. Das Verbot sei folglich notwendig, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden.
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Die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei ebenfalls rechtmäßig. Eine Erteilung sei nach der durchgeführten Ermessensabwägung nicht in Betracht gekommen. Vorrichtungen, die zur nicht gewerblichen Herstellung oder Reinigung kleiner Branntweinmengen geeignet seien, dürften im Steuergebiet gemäß § 46 Abs. 1 BranntwMonG generell nicht angeboten, angepriesen oder verkauft werden. Eine Legaldefinition, welche Vorrichtungen von diesem Verbot erfasst seien, existiere nicht. Bei Anlagen, deren Brennblase einen Rauminhalt von bis zu 5,0 Litern aufweise, werde davon ausgegangen, dass diese lediglich der nicht gewerblichen Herstellung kleiner Branntweinmengen dienen könnten und somit dem Verbot unterlägen. In Bezug auf potentielle private Erwerber derartiger Kleindestillieranlagen sei berücksichtigt worden, dass eine wirksame steuerliche Überwachung der nicht missbräuchlichen Verwendung im privaten Bereich nicht möglich sei. Selbst wenn der Besitz solcher Destilliergeräte der amtlichen Überwachung nach § 226 BrennO unterläge, käme eine Nachschau nach § 210 Abs. 1 AO in den Wohnräumen der Besitzer nicht in Betracht. Zwar seien nach § 210 Abs. 1 AO die mit der Steueraufsicht betrauten Amtsträger berechtigt, Grundstücke und Räume der Person zu betreten. Aus der Formulierung ergebe sich auch keine Einschränkung auf Geschäftsräume. Jedoch solle durch die Bezugnahme auf Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübten, klargestellt werden, dass sich das Betretungsrecht auf Geschäftsgrundstücke und Geschäftsräume, nicht aber auf Wohnräume beziehe. Zu beachten sei auch, dass es in Wohnräumen keine "Geschäfts- und Arbeitszeiten" gebe. Nur bei einer Verdachtsnachschau nach § 210 Abs. 2 AO dürften auch Wohnräume betreten werden, weil hier ein Bezug zum Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht hergestellt werde. Eine Nachschau sei daher allenfalls dann möglich, wenn die Privatperson den Zutritt ausdrücklich gestatte. Überdies sei die Nutzung des Geräts zur verbotenen privaten Branntweingewinnung ohne großen Aufwand möglich. Es müsse lediglich Wein oder Bier eingefüllt und der Destillationsvorgang gestartet werden. Im Rahmen der Brennereiordnung sei man den Interessen der Beteiligten bereits entgegengekommen, indem Destilliergeräte mit einem Fassungsvermögen der Brennblase von nicht mehr als 0,5 Litern von der amtlichen Aufsicht ausgenommen worden seien. Eine darüber hinausgehende Ausnahmegenehmigung für Destilliergeräte mit einem größeren Fassungsvermögen erscheine im Hinblick auf das bestehende Verbot der privaten Herstellung oder Reinigung kleiner Branntweinmengen und die nicht mögliche wirksame steuerliche Überwachung nicht gerechtfertigt. Insoweit komme für den privaten Bereich keine weitergehende Ausnahmegenehmigung als die genannte allgemeine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG in Betracht. Dementsprechend seien vergleichbare Anträge bisher ebenfalls immer abgelehnt worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Sachakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die von der Klägerin geltend gemachten Klagebegehren können nach § 43 FGO in einer Klage zusammen verfolgt werden, da sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.
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II. Die Klage hat lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags zu 3. teilweise Erfolg. Der Hauptantrag zu 1. und der Hilfsantrag zu 2. sind zulässig, aber unbegründet.
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1. Der Antrag zu 1., festzustellen, dass der Erwerb, der Besitz, die Beförderung und die Abgabe des XX nicht der Steueraufsicht gemäß §§ 43 ff. BranntwMonG unterfällt, ist zulässig (a.), aber unbegründet (b.).
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a. Die Feststellungsklage ist nach § 41 Abs. 1 FGO zulässig. Danach kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Nach § 41 Abs. 2 S. 1 FGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Rechtsverhältnis ist die sich aus einem konkreten Sachverhalt ergebende, aufgrund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder einer Person und einer Sache (Seer in Tipke/Kruse, 138. Lfg. Okt. 2014, § 41 FGO, Rn. 2). Vorliegend beabsichtigt die Klägerin, den XX zukünftig wieder zu verkaufen, und begehrt die Klärung, ob sie dabei der amtlichen Aufsicht nach den §§ 43 ff. BranntwMonG und den sich daraus ergebenden Pflichten und Beschränkungen unterliegt. Ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung liegt vor. Insoweit genügt jedes vernünftige Interesse, das schutzwürdig ist, auch ideelles und wirtschaftliches Interesse von einigem Gewicht (Seer in Tipke/Kruse, 138. Lfg. Okt. 2014, § 41 FGO, Rn. 8). Sollte die Klägerin bei ihrer beabsichtigten Tätigkeit der amtlichen Aufsicht unterliegen, hätte sie diverse Anzeige- und Anmeldepflichten nach den §§ 226 ff. BrennO zu beachten. Im Fall des Verstoßes gegen solche Pflichten drohen ihr Ordnungswidrigkeitsverfahren (z. B. nach § 229 Abs. 6 BrennO). Es ist ihr nicht zumutbar, erst in diesen Verfahren die ihr obliegenden Pflichten klären zu lassen. Schließlich kann die Klägerin ihre Rechte auch nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen. Die Feststellungsklage ist nur dann nach § 41 Abs. 2 S. 1 FGO subsidiär, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel durch Anfechtungs- oder Leistungsklage ebenso gut oder besser erreichen kann (Seer in Tipke/Kruse, 138. Lfg. Okt. 2014, § 41 FGO, Rn. 15). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar hat der Beklagte durch Bescheid vom 30.12.2014 die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG abgelehnt. Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin ist aber vorrangig auf die Feststellung gerichtet, dass die von ihr beabsichtigte wirtschaftliche Bestätigung nicht dem Regelungsregime der amtlichen Aufsicht nach dem BranntwMonG unterliegt, hilfsweise, dass sie hierzu keiner Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG bedarf.
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b. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Der Erwerb, der Besitz, die Beförderung und die Abgabe des XX unterfallen der Steueraufsicht gemäß den §§ 43 ff. BranntwMonG.
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Dies folgt aus § 43 Nr. 2 BranntwMonG. Danach unterliegen Betriebe, Unternehmen oder Personen, die Brenn- oder Wiengeräte oder sonstige zur Herstellung oder Reinigung von Branntwein geeignete Geräte oder zur Reinigung von Branntwein geeignete Stoffe herstellen, besitzen, erwerben, befördern oder abgeben, nach näherer Anordnung der Ausführungsbestimmungen der amtlichen Aufsicht.
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Der XX ist ein zur Herstellung von Branntwein geeignetes Gerät. Der Bundesfinanzhof hat im Beschluss vom 18.08.2015 (VII R 60/13, Juris) zum Tatbestandsmerkmal der "Eignung" einer Vorrichtung zur Branntweinherstellung in § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG festgestellt, dass mit diesem Kriterium die objektive, also technische Eignung zur Branntweinherstellung gemeint sei. Der Begriff der Eignung sei nicht einschränkend auszulegen. Es sei nicht darauf abzustellen, mit welcher Zweckbestimmung die Geräte vom Hersteller angeboten und vertrieben und an welchen Kundenkreis sie tatsächlich abgegeben würden. Mit der Zielvorgabe des Gesetzgebers, das Branntweinsteueraufkommen zu sichern, lasse es sich nicht vereinbaren, den Begriff der Eignung einschränkend auszulegen und seine Deutung von Kriterien abhängig zu machen, die zu Unsicherheiten bei der Durchsetzung des Verkaufsverbots nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG führen könnten. Zu diesen Kriterien zählten insbesondere die tatsächliche Nutzung, die wirtschaftliche Eignung der Vorrichtung zur Herstellung von Branntwein sowie die tatsächliche Missbrauchsgefahr.
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Der Senat schließt sich dieser Auslegung des Begriffs der "Eignung" eines Geräts bzw. einer Vorrichtung zur Branntweinherstellung im Rahmen der §§ 43 ff. BranntwMonG an. Der Begriff wird in den §§ 43 Nr. 2, 45 Abs. 2 S. 1, 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG, §§ 226 ff. BrennO einheitlich und ohne weitere, insbesondere einschränkende Kriterien gebraucht. Insoweit gibt bereits der Wortlaut der Normen keinen Anhaltspunkt für eine einschränkende Auslegung. Es ergibt sich auch nicht aus der Systematik der §§ 226 ff. BrennO, dass der Begriff der "Eignung" zur Branntweinherstellung in den §§ 43 ff. BranntwMonG dahingehend auszulegen wäre, dass diese Geräte auch zur Branntweinherstellung "bestimmt" sein müssten. Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, wie unter Berücksichtigung der Normenhierarchie die Systematik einer ohne Zustimmung des Bundesrates (§ 165 BranntwMonG) erlassenen Rechtsverordnung geeignet sein soll, zu einer vom Wortlaut der Norm nicht gedeckten Auslegung eines Bundesgesetzes zu führen. Die Vorschriften der BrennO, die eine Anlage zur Branntweinmonopolverordnung darstellt, sind entsprechend den Normen des Branntweinmonopolgesetzes auszulegen und nicht umgekehrt. Die Brennereiordnung gehört zu den in § 43 BranntwMonG genannten "Ausführungsbestimmungen", die die Rahmenbestimmungen zur amtlichen Aufsicht in §§ 43 ff. BranntwMonG lediglich näher ausgestalten (Hoppe/Heinricht, 1. Lfg. Jan. 1959, § 43 BranntwMonG, Anm. 1).
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Der XX ist objektiv bzw. technisch zur Herstellung von Branntwein geeignet. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde vom Gerätehersteller im Schreiben vom 13.11.2014 bestätigt.
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2. Der Antrag zu 2., hilfsweise festzustellen, dass das Anbieten, das Anpreisen und der Verkauf des XX nicht der Ausnahme gemäß § 46 Abs. 2 BranntwMonG bedarf, sondern als Vertreiben gemäß § 228 Abs. 6 i. V. m. Abs. 1 und Abs. 2 BrennO lediglich der Pflicht zur Anmeldung unterliegt, ist zulässig (a.), aber unbegründet (b.).
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a. Hinsichtlich der Zulässigkeit wird auf die Ausführungen zum Antrag zu 1. verwiesen. Die Anträge zu 1. und zu 2. sind in der gewählten Form der Eventualhäufung zulässig. Gegenstand des Antrags zu 1. ist, ob der XX unter die für alle zur Branntweinherstellung geeigneten Brenngeräte ungeachtet des Fassungsvermögens der Brennblase bestehende amtliche Aufsicht fällt. Gegenstand des Hilfsantrags zu 2. ist hingegen, ob er darüber hinaus den besonderen Beschränkungen des § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG für sog. Kleindestillieranlagen unterliegt.
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b. Der Antrag ist unbegründet. Der von der Klägerin beabsichtigte Vertrieb des XX bedarf einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG, da er nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG verboten ist. Danach ist es verboten, Vorrichtungen, die zur nicht gewerblichen Herstellung oder Reinigung kleiner Branntweinmengen geeignet sind, anzubieten, anzupreisen oder zu verkaufen. Es wurde bereits oben festgestellt, dass das Tatbestandsmerkmal der Eignung eines Gerätes bzw. einer Vorrichtung zur Herstellung von Branntwein objektiv auszulegen ist und der XX diese Voraussetzung erfüllt. Aufgrund seines Volumens von 4 Litern ist er zur Herstellung kleiner Branntweinmengen geeignet (sog. Kleindestillieranlage). Es ist nach der gesetzlichen Konzeption nicht möglich, dass eine Kleindestillieranlage wie der XX nicht dem Verbot des § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG aber gleichwohl bzw. lediglich der Begünstigung des § 228 Abs. 6 BrennO unterliegt. § 46 BranntwMonG spricht das Verbot in Abs. 1 Nr. 1 für Vorrichtungen aus, die zur nicht gewerblichen Herstellung kleiner Branntweinmengen geeignet sind. Nach § 228 Abs. 6 BrennO sind die Absätze 1 bis 5 des § 228 BrennO auch auf Personen oder Betriebe anzuwenden, die zur Herstellung oder Reinigung von Branntwein geeignete Destilliergeräte mit einem Fassungsvermögen der Blase von mehr als einem halben Liter bis zu 5 Litern herstellen oder vertreiben. Nach § 228 Abs. 1 BrennO ist die Abgabe von Filtergeräten nicht nach § 227 BrennO unter Angabe des Erwerbers der Zollstelle schriftlich anzuzeigen. Die Absätze 2 bis 5 regeln sodann ein erleichtertes Verfahren der amtlichen Aufsicht. Sowohl § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG als auch § 228 Abs. 6 BrennO setzen damit auf Tatbestandsebene eine Vorrichtung bzw. ein Destilliergerät, welches seinerseits eine Vorrichtung i. S. d. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG darstellt (vgl. BFH, Beschluss vom 18.08.2015, VII R 60/13, Juris Rn.11 - Gegenstand des Verfahrens war eine zur u. a. Destillation bestimmte Apparatur), voraus, die bzw. das zur Herstellung kleiner Branntweinmengen objektiv geeignet ist. Liegt eine solche Eignung vor, dann ist der Verkauf dieses Gerätes nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG verboten. Für die Anwendbarkeit des § 228 BrennO verbleibt in diesem Fall kein Raum. Liegt allerdings eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG vor, dann findet § 288 BrennO im Rahmen der amtlichen Aufsicht über ausnahmsweise genehmigte Kleindestillieranlagen Anwendung und damit auch das erleichterte Verfahren nach § 228 Abs. 6 BrennO. Ein solches Verständnis der Normen entspricht den Zwecken des Branntweinmonopolgesetzes. Eine Ausnahmegenehmigung nach 46 Abs. 2 BranntwMonG wird nur dann erteilt werden können, wenn zur Sicherung des Branntweinsteueraufkommens ein Verkaufsverbot nicht nötig erscheint, mithin beim Vorliegen einer Sachlage, in der das erleichterte Verfahren nach § 228 BrennO dem Erfordernis nach amtlicher Aufsicht hinreichend Rechnung trägt.
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Das auf den XX als Kleindestillieranlage anwendbare Verkaufsverbot nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG ist auch nicht wegen eines Verstoßes dieser Vorschrift gegen Art. 34 AEUV unanwendbar. Nach Art. 34 AEUV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Es kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben, inwieweit der Schutzbereich des Art. 34 AEUV dadurch berührt ist, dass § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG es der Klägerin verbietet, Destillationsgeräte, die zur Herstellung kleiner Branntweinmengen geeignet sind und die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellt und vermarktet werden, in Deutschland zu verkaufen. Ein absolutes gesetzliches Verbot, im europäischen Ausland gekaufte Wasserdestilliergeräte im Inland zu verkaufen, liegt nicht vor. Nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG kann der Bundesminister der Finanzen Ausnahmen vom Verbot nach § 46 Abs. 1 zulassen. Erst die Verweigerung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG ist daher überhaupt geeignet, den freien Warenverkehr und damit den Schutzbereich des Art. 34 AEUV zu beeinträchtigen.
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3. Der Hilfsantrag zu 3., den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 30.12.2014 zu verpflichten, der Klägerin eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG zu erteilen, ist zulässig (a.), aber nur hinsichtlich des inzidenten hilfsweisen Begehrens auf eine ermessensfehlerfreie Neubescheidung des Genehmigungsantrags begründet. Zwar ist der Ablehnungsbescheid vom 30.12.2014 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 S. 1 FGO) (b.), die Sache ist aber nicht spruchreif (§ 101 S. 2 FGO) (c.).
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a. Der Verpflichtungsantrag ist zulässig. Die Klägerin musste vor der Klageerhebung kein Einspruchsverfahren durchführen, da der Einspruch gegen Verwaltungsakte der obersten Finanzbehörden des Bundes nicht statthaft ist, außer wenn ein Gesetz das Einspruchsverfahren vorschreibt (§ 348 Nr. 3 AO, § 44 Abs. 1 FGO). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Auch die Klagefrist ist gewahrt. Diese folgt aufgrund der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung über das zuständige Gericht aus § 55 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 FGO, wonach die Klage innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben ist. Die Klägerin hat die Klage innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids erhoben.
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b. Der Ablehnungsbescheid vom 30.12.2014 ist rechtswidrig. Nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG kann der Bundesminister der Finanzen Ausnahmen vom Verbot des § 46 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG zulassen. Die Vorschrift eröffnet dem Entscheidungsträger einen Ermessensspielraum, um das strikte Verkaufsverbot in besonders gelagerten Einzelfällen zu lockern. Der Gesetzgeber hat von der Festlegung bestimmter rechtlich zwingender Voraussetzungen, unter denen eine Ausnahmegenehmigung als gebundene Entscheidung zu erteilen wäre, abgesehen. Eine Überprüfung der nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG zu treffenden Ermessensentscheidung ist daher lediglich im Rahmen des § 102 FGO möglich (BFH, Beschluss vom 18.08.2015, VII R 60/13, Juris). Nach dessen Satz 1 ist die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
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Solche Ermessensfehler sind vorliegend gegeben. Der Beklagte hat im Bescheid vom 13.12.2014 kaum Ermessenserwägungen angestellt, sondern das bestehende Verbot der privaten Herstellung kleiner Branntweinmengen und die erteilte allgemeine Ausnahmegenehmigung hervorgehoben, allerdings auch unterstrichen, dass im privaten Bereich eine wirksame steuerliche Überwachung der nicht missbräuchlichen Verwendung nicht möglich sei. Im gerichtlichen Verfahren hat er hieran angeknüpft und seine Ermessenserwägungen gemäß § 102 S. 2 FGO ergänzt. Die Nutzung des XX zur verbotenen privaten Branntweingewinnung sei für die Käufer des Geräts im Steuergebiet ohne großen Aufwand möglich. Im Interesse der Beteiligten seien bereits Destilliergeräte mit einem Fassungsvermögen der Brennblase von nicht mehr als 0,5 Liter von der amtlichen Aufsicht ausgenommen worden, eine darüber hinausgehende Ausnahmegenehmigung für Destilliergeräte mit einem größeren Fassungsvermögen sei im Hinblick auf das bestehende Verbot und die nicht mögliche wirksame steuerliche Überwachung nicht gerechtfertigt. Vergleichbare Anträge seien bisher ebenfalls immer abgelehnt worden.
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Diese Ermessensausübung ist in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Es liegt eine Ermessensunterschreitung vor, da der Beklagte nicht alle gebotenen Erwägungen angestellt hat. Folge hiervon ist, dass Gründe und Gegengründe nicht hinreichend abgewogen wurden, was einen Begründungsmangel und einen Ermessensfehlgebrauch darstellt. Diese Fehler gehen einher mit einer mangelnden Sachverhaltsermittlung durch den Beklagten, die eine Ermessensüberschreitung nach sich zieht.
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Nach § 5 AO hat die Finanzbehörde ein ihr eingeräumtes Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Zum Zweck der Ermächtigung des § 46 Abs. 2 BranntwMonG und der Intention des Gesetzgebers liegen keine aussagekräftigen Materialien vor. Allerdings wurde das Verbot nach § 46 Abs. 1 BranntwMonG ausweislich der Gesetzesbegründung für erforderlich gehalten, "um die bei den hohen Branntweinpreisen immer mehr zunehmende heimliche Branntweingewinnung, insbesondere im Haushalt, die eine nicht zu unterschätzende Schädigung des Monopolaufkommens bedeutet, einzudämmen." Sinn und Zweck der Regelung bestehen in der Verhinderung bzw. Erschwerung des Schwarzbrandes und der Entgällung von Branntwein im Kleinen, vor allem für den Hausgebrauch (vgl. BFH, Beschluss vom 18.08.2015, VII R 60/13, Juris m. w. N.). Die Notwendigkeit einer strengen Aufsicht im Interesse der Monopoleinnahmen und des redlichen Gewerbes ergab sich vor allem in wirtschaftlichen Notzeiten (Inflationszeit, Wirtschaftsdepression in den 1930er Jahren und den Mangeljahren nach 1945), weil dann erfahrungsgemäß der Anreiz zur Herstellung von unversteuertem Branntwein besonders groß war (Hoppe/Heinricht, 1. Lfg. Jan. 1959, § 43 BranntwMonG, Anm. 1).
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Vor dem Hintergrund dieser Gesetzesbegründung kommen Ausnahmen vom Verbot des § 46 Abs. 1 BranntwMonG nach dessen Absatz 2 lediglich bei Sachverhalten in Betracht, in denen die mit dem strikten Verbot nach § 46 Abs. 1 BranntwMonG verfolgten Zwecke nicht oder lediglich in einem zu vernachlässigenden Umfang beeinträchtigt werden. Ob dies der Fall ist, hängt, wie der geschichtliche Zusammenhang zeigt, im Wesentlichen davon ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein zur Herstellung kleiner Branntweinmengen geeignetes Destilliergerät zur Branntweingewinnung eingesetzt wird. Die tatsächliche Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung des XX hat der Beklagte weder ermittelt, noch bewertet oder in seine Ermessenserwägungen eingestellt. Dabei spricht einiges dafür, diese Gefahr als gering anzusehen. Eine geringe Missbrauchsgefahr ginge mit einem reduzierten Bedürfnis nach amtlicher Aufsicht einher, sodass die Gewichtung des vom Beklagten mehrfach unterstrichenen Arguments einer nicht wirksamen steuerlichen Überwachung dann ebenfalls neu zu beurteilen sein dürfte.
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Es ist nicht wahrscheinlich, dass Personen den XX zu Alkoholdestillationszwecken kaufen. Das Gerät kostet nahezu ... €. Selbst wenn ihn jemand günstiger erwirbt oder ihn sogar geschenkt bekommt, ist es mit dem XX nicht möglich, Branntwein herzustellen, der günstiger ist als ein im Handel gekauftes versteuertes Produkt. Zum Beweis dieser Tatsache bedarf es keiner Einholung eines von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens. Die Begutachtung des im Wesentlichen baugleichen YY, deren Ergebnisse auch der Beklagte auf den XX übertragen hat, hat bereits gezeigt, dass mit solchen Wasserdestilliergeräten kein Branntwein hergestellt werden kann, der preisgünstiger ist als im Handel verfügbarer versteuerter Branntwein. Abzustellen ist dabei auf die aktuellen Gegebenheiten und nicht, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, auf etwaige höhere Steuersätze in der Zukunft. Zudem hatte das Bundesmonopolamt den Kaufpreis des YY von bis zu ... € nicht einmal berücksichtigt. Gleiches gilt für die Tatsache, dass der mit dem XX hergestellte Branntwein von geringerer Qualität ist als der im Handel erhältliche. Auch insoweit macht sich der Senat die Erkenntnisse aus der Begutachtung des YY zu Eigen. Das Bundesmonopolamt hat hierzu festgehalten, dass das Destillat "eher nicht die Qualität aufweist, die von Spirituosen des Handels erwartet wird." Anhaltspunkte dafür, dass die Qualität des Destillats beim XX besser sein könnte, bestehen nicht. Der XX besteht ebenfalls aus Edelstahl und nicht wie herkömmliche Brenngeräte aus Kupfer, was sich negativ auf die sensorische Eigenschaft von Destillaten auswirkt. Er ist nach der Gebrauchsanleitung anders als der YY nicht (auch) zur Alkoholdestillation ausgelegt. Darüber hinaus hat der XX eine Leistungsaufnahme von 800 Watt, der YY hingegen lediglich von 335 Watt, wobei 15 Watt auf den Lüfter entfallen. Der Lüfter des XX dürfte ähnlich wenig Strom verbrauchen. Damit ist die Heizleistung des XX mehr als doppelt so hoch wie die des YY. Es erscheint wahrscheinlich, dass dadurch der Geschmack des Destillats leiden und dieses eine noch geringere Qualität aufweisen könnte als es beim YY der Fall ist. Dann wäre - worauf auch der Hersteller hingewiesen hat - ein mehrfacher Destillationsvorgang notwendig, der weitere Zeit in Anspruch nehmen und Strom verbrauchen würde und der Attraktivität des XX zur Branntweinherstellung abträglich sein dürfte. Dies dürfte insbesondere für den Hobbybereich gelten, für den das Bundesmonopolamt eine missbräuchliche Nutzung des YY für möglich hält. Damit sprechen Anhaltspunkte dafür, dass der XX noch weniger zur Branntweindestillation geeignet sein könnte als der YY, mithin die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung noch geringer sein könnte. Aus diesem Grund wäre es nötig gewesen, den XX einer Begutachtung zu unterziehen, um die von dem Gerät ausgehende tatsächliche Missbrauchsgefahr konkret zu ermitteln.
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Eine geringe Missbrauchsgefahr war im Übrigen auch Anlass für die allgemeine Ausnahmegenehmigung für Kleindestillieranlagen mit einem Erfassungsvermögen der Brennblase von nicht mehr als 0,5 Liter. Im Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.11.2007 (VSF V 23 70-3) wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Geräte in erster Linie Demonstrations- und Dekorationszwecken dienten und ihr verhältnismäßig großer Preis außer Verhältnis zum Steuerwert des erzeugten Branntweins stehe. Entsprechende Geräte sind derzeit ab ca. ... € im Handel erhältlich. Dabei wurde der Vertrieb dieser Geräte unter der Auflage allgemein zugelassen, dass in der Gebrauchsanweisung ausdrücklich darauf hinzuweisen sei, dass es bei der Destillation von Wein im Destillat zur Anreicherung von Methylalkohol und anderen gesundheitsschädlichen Stoffen komme und dass die Kleindestillieranlage nur zu privaten Zwecken in Betrieb genommen werden dürfe und jede gewerbliche Verwendung unzulässig sei. Auch das Hauptzollamt B hatte im Schreiben vom 06.11.2014 an die Bundesfinanzdirektion D hinsichtlich des XX festgehalten, dass der für ein "Küchengerät" verhältnismäßig hohe Endverbrauchspreis sowie das zweifelhafte, möglicherweise gesundheitsgefährdende Ergebnis bei einem Einsatz zur Alkoholerzeugung eine missbräuchliche Verwendung des Gerätes als unwahrscheinlich erscheinen lasse und auf die Unzulässigkeit der Branntweinherstellung in den Kaufunterlagen und in der Bedienungsanleitung ausdrücklich hingewiesen werden könnte. Insoweit dürfte auch vorliegend zu erwägen sein, ob einer Missbrauchsgefahr durch einen Hinweis in der Gebrauchsanleitung des XX gegebenenfalls unter Verweis auf mögliche Bußgelder entgegengewirkt werden kann. Dies hat der Beklagte ebenfalls nicht in seine Ermessenserwägungen eingestellt.
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Gleiches gilt allgemein für den Gesichtspunkt, ob dem Schutz des Branntweinmonopolaufkommens bzw. der Sicherung der amtlichen Überwachung durch sonstige Auflagen oder Beschränkungen in einer Ausnahmegenehmigung hätte genügt werden können (vgl. zu Nebenbestimmungen i. R. d. § 46 Abs. 2 BranntwMonG FG München, Urteil vom 24.10.2013, 14 K 559/13, Juris).
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Schließlich ist auch unberücksichtigt geblieben, dass ein Wasserdestilliergerät tatsächlich in erster Linie ein, wie es das Hauptzollamt B bezeichnet hat, "Küchengerät" ist, dessen Erwerb und bestimmungsgemäßer Gebrauch im Interesse der Verbraucher liegt. Der Bundesfinanzhof hat zu Recht im Beschluss vom 18.08.2015 unterstrichen, dass eine lückenlose steuerliche Kontrolle aller denkbaren Geräte einschließlich Haushaltsgegenstände, die sich zur Alkoholerzeugung eignen, nicht zu gewährleisten ist.
- 44
c. Eine Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 BranntwMonG zu erteilen, kommt nicht in Betracht. Die Sache ist nicht spruchreif. Spruchreife liegt vor, wenn der Sachverhalt so umfassend geklärt ist, dass der entsprechende Anspruch nach der für den Streitfall maßgeblichen Sach- und Rechtslage als bestehend angesehen werden kann (Brandis in Tipke/Kruse, 138. Lfg. Okt. 2014, § 101 FGO, Rn. 2). Dies ist vorliegend - auch unter Berücksichtigung der o. g. Feststellungen zur Wirtschaftlichkeit der Alkoholdestillation mit dem XX und zur Qualität des gewonnenen Destillats - nicht der Fall. Nach der derzeitigen Sachlage kann eine missbräuchliche Nutzung des XX zur Alkoholdestillation nicht hinreichend sicher ausgeschlossen bzw. als vernachlässigenswert angesehen werden. Das mit dem XX gewonnene Destillat ist nach derzeitigem Sachstand entsprechend dem Begutachtungsergebnis des YY trinkbar. Die Verwendung des XX zur Alkoholdestillation kommt ebenfalls im "Hobbybereich" in Betracht, insbesondere ist die Verwendung des destillierten Alkohols für Mixgetränke möglich.
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Eine abschließende Klärung der Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung des XX zur Branntweinherstellung erfordert eine Begutachtung des Gerätes. Es bestehen aufgrund der mehr als doppelt so hohen Heizleistung Anhaltspunkte dafür, dass der XX für solche Zwecke noch unwirtschaftlicher sein und das Destillat eine noch geringere Qualität aufweisen könnte als es beim YY, der zur Alkoholdestillation ausgelegt ist, der Fall ist. Die Begutachtung könnte dazu führen, die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung geringer einzustufen als beim YY, gegebenenfalls sogar dahingehend, dass eine missbräuchliche Nutzung realistischerweise nicht oder nur in einem nicht ins Gewicht fallenden Umfang zu erwarten ist, sodass die Ermessensentscheidung des Beklagten auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung reduziert sein könnte. Sollte dies nicht der Fall sein, wird der Beklagte in seinen Ermessenserwägungen zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin die Geräte, die sie in der Vergangenheit mit großem Erfolg verkauft hat, an einen unbestimmten Personenkreis verkaufen möchte, was die amtliche Aufsicht erschweren dürfte. Darüber hinaus wird der Beklagte zu beachten haben, dass eine rechtliche Grenze des ihm eingeräumten Ermessens aufgrund seines Anwendungsvorrangs auch das Unionsrecht darstellt und dessen Nichtbeachtung einen Ermessensfehlgebrauch zur Folge hätte.
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Der Senat ist nicht verpflichtet, eine Spruchreife durch eigene Sachaufklärung herbeizuführen bzw. dies zu versuchen. § 101 S. 1 FGO verlangt die Herstellung der Spruchreife nur insoweit, als dies zur Aufhebung des Verwaltungsakts erforderlich ist. Das Finanzgericht hat unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung nur die Aufgabe, das bisher Geschehene bzw. das Unterlassen auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht jedoch, grundsätzlich der Verwaltung zustehende Funktionen auszuüben, indem es von der Verwaltung bisher nicht geprüfte Sachverhalte aufgreift und durch eigene Ermittlungen klärt. Es hat nur die Pflicht, den Sachverhalt bis zur Entscheidungsreife für den Erlass eines Bescheidungsurteils aufzuklären (BFH, Urteil vom 02.06.2005, III R 66/04, Juris; Brandis in Tipke/Kruse, 138. Lfg. Okt. 2014, § 101 FGO, Rn. 3 m. w. N.).
- 47
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FGO. Die Klägerin hat 3/4 der Kosten zu tragen, da ihre zwei Feststellungsanträge und der Verpflichtungsantrag keinen Erfolg hatten, sondern lediglich der dem Verpflichtungsantrag immanente Hilfsantrag auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.
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