Urteil vom Finanzgericht Münster - 5 K 3578/18 AO
Tenor
Der Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Abgabenordnung vom 17.07.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 wird dahingehend geändert, dass am Abrechnungsstichtag 17.07.2018 eine offene Umsatzsteuer 2012 in Höhe von 0,00 € bestand. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 70% und die Klägerin zu 30%.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Streitig ist die Erfüllungswirkung einer erfolgten Abtretung im Zusammenhang mit der Anwendung des § 27 Abs. 19 Umsatzsteuergesetz (UStG).
3Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb eines Bauunternehmens ist.
4In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2012 meldete die Klägerin eine Umsatzsteuer i.H.v. ./. 82.018,87 € an. Der Beklagte erteilte am 03.05.2013 seine Zustimmung, womit die Steuer nunmehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt war. Mit Bescheid vom 02.10.2014 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) auf.
5Am 08.06.2015 erhielt der Beklagte eine Kontrollmitteilung vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung J-Stadt. Die Klägerin habe im Jahr 2012 als leistende Unternehmerin Bauleistungen an die Bauträgerin Y-GmbH (nachfolgend: Y-GmbH) über insgesamt 162.646,06 € netto (Umsatzsteuer nach § 13b UStG 30.902,76 €) erbracht. Die Y-GmbH als Bauleistungsempfängerin habe nunmehr mit Schreiben vom 28.05.2014 unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 22.08.2013 (V R 37/10) einen Antrag auf Erstattung der nach § 13b UStG für Bauleistungen der Klägerin abgeführten Umsatzsteuer 2012 gestellt.
6Mit Schreiben vom 28.07.2015 setzte der Beklagte die Klägerin über diesen Sachverhalt in Kenntnis. Er teilte der Klägerin zugleich mit, dass diese nunmehr nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldnerin sei. Sie, die Klägerin, sei deshalb nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG verpflichtet, ordnungsgemäße Rechnungen im Sinne des § 14 Abs. 4 S. 1 UStG auszustellen, die insbesondere den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag enthalten müssten. Zudem sei die Klägerin nach § 18 UStG verpflichtet, die Umsatzsteuer anzumelden bzw. eine berichtigte Jahreserklärung abzugeben. Es sei regelmäßig von einer Nettopreisabrede auszugehen, wenn die Parteien davon ausgegangen seien, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulde. Der Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, den gesamten sich aus den berichtigten Rechnungen ergebenden Zahlungsanspruch gegen den Leistungsempfänger an das Land NRW, vertreten durch den Beklagten, nach § 27 Abs. 19 S. 3 UStG abzutreten. Im Falle der Erfüllung der Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 S. 4 UStG könne die Klägerin hiermit an Zahlungs statt ihre Umsatzsteuerschuld erfüllen. Sofern die Klägerin von der Möglichkeit der Abtretung Gebrauch machen wolle, solle sie dem Beklagten zunächst die entsprechenden berichtigten Rechnungen sowie die unterschriebene Abtretungserklärung bzw. den unterschriebenen Abtretungsvertrag übersenden. Das Schreiben enthielt eine Frist bis zum 25.08.2015.
7Die Klägerin erteilte zunächst keine korrigierten Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis über die erbrachten Bauleistungen im Jahr 2012. Auch erklärte sie zunächst nicht die Abtretung der Zahlungsansprüche gegen die Y-GmbH im Sinne des § 27 Abs. 19 S. 3 UStG. Vielmehr antwortete sie dem Beklagten mit Schreiben vom 06.08.2015 und 17.08.2015, dass sie nicht erkennen könne, weshalb sie nun nachträglich die Umsatzsteuer schulden und sie eine berichtigte Erklärung abgeben solle. Außerdem sei § 27 Abs. 19 S. 2 UStG verfassungswidrig. Gegen einen Änderungsbescheid wolle sie Sprungklage erheben.
8Der Beklagte erließ daraufhin am 02.10.2015 einen nach § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2012, in dem er die Umsatzsteuer nunmehr i.H.v. ./. 56.050,24 € (Umsatzsteuer-Erhöhung um 25.968,63 €) festsetzte (Bl. 9 der Gerichtsakte 5 K 3278/15 U). Der Änderungsbetrag errechnete sich durch Herausrechnung der Umsatzsteuer aus den ursprünglichen Rechnungsbeträgen von insgesamt 162.646,06 €. Zugleich setzte der Beklagte Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO i.H.v. 2.335,00 € fest. Diese würden sich auf den Nachzahlungsbetrag von 25.968,63 € bei einem Zinslauf ab 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres 2015, in dem die Y-GmbH den Antrag auf Erstattung der § 13b UStG-Steuer gestellt habe, ergeben.
9Am 19.10.2015 erhob die Klägerin gegen die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für 2012 mit Zustimmung des Beklagten Sprungklage, welche beim Gericht unter dem Aktenzeichen 5 K 3278/15 U geführt wurde. Zur Begründung ihrer Klage legte die Klägerin dar, dass § 27 Abs. 19 UStG nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sei, insbesondere verstoße die Norm gegen das Rückwirkungsverbot und der in § 176 Abs. 2 AO normierte Vertrauensschutz werde durchbrochen. Ferner hätten weder die Klägerin noch die Y-GmbH einem Rechtsirrtum hinsichtlich der Steuerschuldnerschaft unterlegen. Vielmehr sei die Klägerin vom Beklagten – entgegen ihrer eigenen Rechtsinterpretation – dazu gezwungen worden, die Steuerschuldnerschaft auf die Y-GmbH zu verlagern. Zudem habe die Klägerin keinen (abtretbaren) Anspruch gegen die Y-GmbH, insbesondere scheide ein Anspruch nach § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus, da sich die Klägerin und die Y-GmbH nicht bezüglich der Steuerschuldnerschaft geirrt hätten, sondern allenfalls die Finanzverwaltung. Vor diesem Hintergrund seien Ansprüche der Klägerin gegen die Y-GmbH auch verjährt, da die Klägerin und die Y-GmbH nicht erst seit dem BFH-Urteil vom 22.08.2013 oder seit den Feststellungen der Groß- und Konzernbetriebsprüfung im Jahr 2015, sondern bereits im Jahr 2012 Kenntnis von der Nichtanwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens und damit vom Anspruch der Klägerin gegen die Y-GmbH auf Zahlung der Umsatzsteuer gehabt hätten.
10Der Beklagte erließ am 21.10.2015 einen nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid über Zinsen zur Umsatzsteuer 2012, mit dem die Zinsen auf 0,00 € festgesetzt wurden (Gerichtsakte Bl. 70). Hierin wird ausgeführt, dass für den Steuerbetrag von 25.968,63 € der Zinslauf am 01.04.2016 beginne.
11Während des laufenden Klageverfahrens 5 K 3278/15 U beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 21.04.2016 beim Beklagten die anderweitige Festsetzung der Umsatzsteuer 2012 gemäß § 163 AO und hilfsweise den Erlass gemäß § 227 AO. Zur Begründung behauptete sie, dass sich allein der Beklagte bezüglich der Umsatzsteuerschuldnerschaft geirrt habe. Auftraggeber und Auftragnehmer hätten sich nach ausführlicher Diskussion lediglich der Meinung des Beklagten gebeugt und dessen Weisungen folgend die Steuerschuldnerschaft des Auftraggebers unterstellt. Daher würden die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27 Abs. 19 UStG nicht vorliegen.
12Im Hinblick auf das laufende Billigkeitsverfahren beim Beklagten setzte das Gericht das Verfahren 5 K 3728/15 U gemäß § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zu einer bestandskräftigen oder rechtskräftigen Entscheidung des Beklagten über den Antrag der Klägerin auf Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO zunächst aus.
13Mit Schreiben vom 19.05.2016, welches mit „von Ihnen geforderte Abtretungserklärung“ überschrieben war, erklärte die Klägerin die Abtretung der „Ihrer Ansicht nach bestehenden Ansprüche“ gegen die Y-GmbH aus den im Kalenderjahr 2012 an die Y-GmbH erbrachten Werklieferungen und –leistungen, beschränkt auf die Umsatzsteuer i.H.v. 19% aus 162.646,06 €, also 25.968,63 €, an das Land NRW vertreten durch den Beklagten (Bl. 84 der Gerichtsakte 5 K 3278/15 U). Gleichzeitig wies die Klägerin ausdrücklich darauf hin, dass aus ihrer Sicht der Anspruch gegen die Y-GmbH nicht bestehe. Sie sehe sich daher außerstande, der Y-GmbH geänderte Rechnungen zu erteilen, da sie sich andernfalls der Rechtsfolge des § 14c UStG aussetze. Der Beklagte könne selbst und in eigener Verantwortung die gewünschten Rechnungen ausstellen. Deshalb nahm die Klägerin auch zu diesem Zeitpunkt keine Berichtigung der Rechnungen vor.
14Der Beklagte lehnte den o.g. Billigkeitsantrag mit Bescheid vom 06.07.2016 ab. Hierauf erhob die Klägerin am 26.01.2017 die unter dem Aktenzeichen 5 K 305/17 geführte Untätigkeitsklage. Mit Einspruchsentscheidung vom 10.02.2017 wies der Beklagte den Einspruch gegen die Ablehnung des Billigkeitsantrags als unbegründet zurück.
15Mit Urteil vom 23.11.2017 wies der Senat die Klage 5 K 305/17 wegen abweichender Festsetzung der Umsatzsteuer 2012 gemäß § 163 S. 1 AO, hilfsweise Erlass gemäß § 227 AO ab. Der Senat folgte insbesondere nicht der Behauptung der Klägerin, dass weder sie noch die Y-GmbH, sondern allein der Beklagte bezüglich der Umsatzsteuerschuldnerschaft geirrt habe und sah weder die Voraussetzungen des § 163 S. 1 AO noch die des § 227 AO als erfüllt an.
16Die Klägerin übersandte im Hinblick auf die Urteilsbegründung im Klageverfahren 5 K 305/17 mit Schreiben vom 21.12.2017 geänderte Rechnungen im Original an den Beklagten, in der Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 30.902,75 € ausgewiesen waren (Bl. 129-137 der Gerichtsakte 5 K 3278/15):
17Re.-Nr. |
Netto |
USt |
Brutto |
1004950 |
2.490,18 € |
473,13 € |
2.963,31 € |
1004951 |
2.646,00 € |
502,74 € |
3.148,74 € |
1004954 |
53.934,09 € |
10.247,48 € |
64.181,57 € |
1004959 |
3.697,48 € |
702,52 € |
4.400,00 € |
1004960 |
99.878,30 € |
18.976,88 € |
118.855,18 € |
Summe |
162.646,05 € |
30.902,75 € |
193.548,80 € |
Die Klägerin führte in dem Schreiben vom 21.12.2017 aus, dass sie weder eine Anspruchsgrundlage für eine Nachforderung der Umsatzsteuer gemäß § 313 BGB noch in § 27 Abs. 19 S. 4 UStG eine Anspruchsgrundlage sehe. Sie selbst sehe sich im Hinblick auf die erfolgte Abtretung und deren Inhibitoriumswirkung gemäß § 398 S. 2 BGB zudem als nicht mehr befugt an, über den Anspruch gegenüber der Y-GmbH zu verfügen. Allein die Finanzverwaltung als Zessionarin sei berechtigt, die geforderten Rechnungen zu schreiben und der Y-GmbH auszuhändigen. Die Klägerin sei hierbei lediglich behilflich ohne diesbezüglich selbst zu einer Veränderung der Rechtslage und zur Abgabe von Willenserklärungen gegenüber der Y-GmbH befugt zu sein. Infolgedessen übersandte die Klägerin die dem Beklagten übersandten geänderten Rechnungen nicht auch der Y-GmbH.
19Mit Urteil vom 15.05.2018 hat der Senat die Klage wegen Umsatzsteuer 2012, Aktenzeichen 5 K 3278/15 U, abgewiesen. Die Vorschrift des § 27 Abs. 19 UStG sei unionsrechtskonform und verfassungsgemäß und der Klägerin stehe auch ein abtretbarer Anspruch gegen die Y-GmbH zu. Der Beklagte habe zwar fälschlich die Umsatzsteuer durch Herausrechnung aus dem Nettoumsatz von 162.646,06 € i.H.v. lediglich 25.968,63 € errechnet, obwohl er zur Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2012 i.H.v. 30.902,75 € (19% von 162.646,06 € netto) berechtigt gewesen wäre. Das Gericht sei jedoch wegen des Verböserungsverbots an einer Änderung zuungunsten der Klägerin gehindert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 15.05.2018 Bezug genommen.
20Mit Schreiben vom 29.06.2018 nahm der Beklagte die mit Schreiben vom 19.05.2016 von der Klägerin erklärte Abtretung schließlich zwar an, jedoch ausdrücklich ohne Wirkung an Zahlungs statt. Die Klägerin habe die berichtigten Rechnungen nicht der Y-GmbH zugesandt und die Abtretung sei nicht unverzüglich dem Bauträger, der Y-GmbH, angezeigt worden. Den Mitwirkungspflichten nach § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 4 UStG sei die Klägerin daher nicht vollumfänglich nachgekommen.
21Die während des Klageverfahrens 5 K 3278/15 U wegen Umsatzsteuerfestsetzung 2012 durch Gerichtsbeschluss vom 15.02.2016 (Az. 5 V 3537/15 U, Antragseingang bei Gericht am 10.11.2015) gewährte Aussetzung der Vollziehung wurde unter Einräumung einer Nachfrist zum 31.08.2018 beendet (Gerichtsakte Bl. 131).
22Die Klägerin beantragte bereits mit Schreiben vom 07.02.2018 den Erlass eines Abrechnungsbescheides zur Umsatzsteuer 2012 (Bl. 169 der Gerichtsakten). Mit ihrer am 22.03.2018 erhobenen und unter dem Aktenzeichen 5 K 943/18 AO geführten Klage beantragte sie, den Beklagten zum Erlass eines Abrechnungsbescheides zu verpflichten.
23Der Beklagte erließ im Laufe des Klageverfahrens 5 K 943/18 AO – am 17.07.2018 – einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO, auf den Bezug genommen wird (Gerichtsakte Bl. 8). Am Abrechnungsstichtag 17.07.2018 weise das Erhebungskonto eine offene und derzeit von der Vollziehung ausgesetzte Umsatzsteuer 2012 i.H.v. 25.968,63 € aus (Änderungsfestsetzung lt. Umsatzsteuerbescheid vom 02.10.2015 i.H.v. ./. 56.050,24 €, zuvor erstattet vom Beklagten 82.018,87 € auf die Festsetzung vom 03.05.2013). Laut des Urteils des FG Münster vom 15.05.2018, 5 K 3278/15 U, bestehe ein abtretbarer Anspruch der Klägerin gegen die Y-GmbH gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Die Abtretung der Klägerin ihrer Ansprüche aus dem im Jahr 2012 erbrachten Werklieferungen und Werkleistungen gegenüber der Y-GmbH i.H.v. 19 % aus 162.646,06 € = 25.968,63 € an das Land NRW, vertreten durch den Beklagten, habe kein Erlöschen der Zahlungsverpflichtung aus dem Umsatzsteuerbescheid vom 02.10.2018 bewirkt. Das Land NRW, vertreten durch den Beklagten, habe den Anspruch i.H.v. 25.968,63 € am 29.06.2018 angenommen mit dem Hinweis, dass die Abtretung nicht an Zahlungs statt wirke. Die Abtretung an Zahlungs statt setze gemäß § 27 Abs. 19 UStG auch voraus, dass der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine erstmalige oder geänderte Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstelle und dem Leistungsempfänger die Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt werde, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr habe. Vorliegend seien die korrigierten Rechnungen vom 21.12.2017 nur der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt worden; sie seien aber nicht dem Leistungsempfänger, der Y-GmbH zugesandt worden. Die Verpflichtung zur Rechnungstellung gemäß § 14 UStG könne nicht auf das Land NRW bzw. das Finanzamt übertragen werden. Außerdem sei der Y-GmbH die Abtretung vom 19.05.2016 nicht unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt worden, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr habe. Falls doch eine solche Anzeige erfolgt sei, werde gebeten, diese in Kopie vorzulegen. Inwiefern die Abtretungserklärung Rechtswirkung entfalte, bleibe einem zivilrechtlichen Verfahren vorbehalten.
24Die Klage 5 K 943/18 AO wegen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO nahm die Klägerin, da zuvor kein Einspruchsverfahren durchgeführt worden war, am 16.08.2018 zurück und erhob sogleich Sprungklage wegen Abrechnung Umsatzsteuer 2012. Dieser unter dem Aktenzeichen 5 K 2600/18 AO geführten Sprungklage stimmte der Beklagte nicht zu.
25Daraufhin wurde zunächst das Einspruchsverfahren wegen Abrechnung zur Umsatzsteuer 2012 durchgeführt. Die Klägerin trug zur Begründung unter anderem vor, dass die Anzeige der Abtretung gegenüber der Y-GmbH, welche allein im Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltung als Rechtsinhaber des Anspruchs liege, erfolgt sei. Eine Verpflichtung des Abtretenden, hier der Klägerin, ließe sich aus § 27 Abs. 19 UStG nicht herleiten. Zur Vermeidung eines Risikos aus § 14c UStG habe sie die auf Anweisung des Finanzamts ausgestellten korrigierten Ausgangsrechnungen nicht in den Verkehr gebracht.
26Mit Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 (Gerichtsakte Bl. 14) wies der Beklagte den Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid als unbegründet zurück. Die Klägerin sei ihren gesetzlich geregelten Mitwirkungspflichten nicht vollumfänglich nachgekommen. Die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 19 UStG sei hinreichend geklärt. Die Klägerin habe nach Ergehen des BFH-Urteils vom 22.08.2013, V R 37/10, einen zusätzlichen Entgeltanspruch gegen die Y-GmbH i.H.v. 19 % auf die bisherige Bemessungsgrundlage, welcher unabhängig von § 27 Abs. 19 UStG entstanden sei. Die Umsatzsteuer sei in der Person der Klägerin gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG entstanden, was eine Anwendung von § 14c UStG bereits tatbestandlich ausschließe. Vielmehr sei die Klägerin nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet, mit welcher der zusätzliche Entgeltanspruch gegen die Y-GMBH zivilrechtlich geltend gemacht werden könne. Die Abtretung vom 19.05.2016 sei keine im Sinne des § 27 Abs. 19 S. 3 UStG, sodass die Erfüllungswirkung nicht eingetreten sei. Nachdem die Klägerin die Durchführung des in § 27 Abs. 19 UStG vorgesehenen Verfahrens verweigert habe (die Klägerin habe die Rechnungen unstreitig nicht an die Y-GmbH bekanntgegeben), sei der Umsatzsteuerbescheid 2012 am 02.10.2015 geändert worden, allerdings zugunsten der Klägerin durch Herausrechnung der Steuer aus dem von der Y-GmbH vereinnahmten Entgelt. Auf diesen Betrag habe die Klägerin auch den „abgetretenen“ Betrag begrenzt. Eine Abtretung nach § 27 Abs. 19 S. 3 UStG sei auch schon deshalb nicht möglich, weil der in der Abtretung genannte Betrag bereits von der Y-GmbH an die Klägerin gezahlt worden und damit durch Erfüllung erloschen sei. Wegen der Weigerung, die geänderten Rechnungen mit dem erstmaligen (unzutreffenden) Steuerausweis auch in Verkehr zu bringen, sei davon auszugehen, dass im Ergebnis auf weitergehende Ansprüche verzichtet würde (vgl. BMF vom 26.07.2017, BStBl I 2017, 1001, Tz. 8). Im Übrigen komme es auf die Anzeige der Abtretung an die Y-GmbH nicht mehr an, weil die Klägerin die Rechnungen unstreitig nicht an die Y-GmbH bekanntgegeben habe.
27Mit Schreiben vom 25.09.2018 stellte die Klägerin einen Antrag nach § 163 AO auf anderweitige Festsetzung der Säumniszuschläge aus Billigkeitsgründen. Die Erhebung von Säumniszuschlägen sei bei der gegebenen Sach- und Rechtslage treuwidrig und sachlich nicht gerechtfertigt. Mit Bescheid vom 07.11.2018 lehnte der Beklagte den Antrag auf anderweitige Festsetzung der Säumniszuschläge ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23.01.2019 als unbegründet zurück (Gerichtsakte Bl. 55). Der Beklagte führte zur Begründung aus, dass § 163 AO auf Säumniszuschläge nicht anwendbar sei. Diese würden gemäß § 240 AO kraft Gesetzes allein durch Zeitablauf bei verspäteter Zahlung entstehen und seien damit systematisch dem Erhebungsverfahren zuzuordnen.
28Zusammen mit einer Zahlungsaufforderung machte der Beklagte mit Schreiben vom 05.12.2018 die an ihn abgetretene Forderung i.H.v. 25.968,63 € gegenüber der Y-GmbH geltend und übersandte dieser „informatorisch“ die von der Klägerin berichtigten Rechnungen (Gerichtsakte Bl. 123 ff.). Die Y-GmbH solle den Betrag bis zum 19.12.2018 überweisen oder bis zum 12.12.2018 den Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklären. Die Y-GmbH erklärte zunächst fristgerecht den Verzicht auf die Einrede der Verjährung und überwies sodann am 22.02.2019 den geforderten Betrag an die Finanzkasse, ohne Einwendungen zu erheben. Der Beklagte nahm hierzu eine entsprechende Umbuchung auf das Steuerkonto der Klägerin vor (Gerichtsakte Bl. 120, 142). Außerdem berechnete der Beklagte die entstandenen Säumniszuschläge abschließend mit 1.445,00 €.
29Zuvor, bereits am 22.11.2018, hat die Klägerin die vorliegende, hier zu entscheidende Klage wegen Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2012 gemäß § 218 Abs. 2 AO erhoben, zu deren Begründung sie zunächst erneut die Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG und dessen Rückwirkung infrage stellt. Die Steuerschuld sei zwar rechtskräftig festgesetzt, doch bedeute dies nicht gleichzeitig, dass sie auch rechtmäßig festgesetzt sei. Es liege lediglich eine rechtskräftige subjektive Entscheidung des zuständigen 5. Senats des FG Münster vor.
30Die aufforderungsgemäß erfolgte Abtretung habe die Wirkung an Erfüllungs statt gehabt, sodass der angefochtene Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2012 rechtswidrig sei. Nach dem Willen des Beklagten habe die Klägerin geänderte Ausgangsrechnungen ausgestellt und diesem zur weiteren Verwendung ausgehändigt, jedoch mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass die Klägerin die gegensätzliche Rechtsinterpretation des Beklagten nicht als zutreffend anerkenne und nur die eventuell gebotene Hilfestellung gemäß § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 4 UStG hierdurch leiste. Nach eigener Interpretation gehe die von der Finanzverwaltung geforderte Abtretung mangels abtretbarem Anspruch aus § 313 BGB oder § 27 Abs. 19 S. 4 UStG ins Leere. Um einem Risiko aus § 14c UStG zu entgegnen, habe sie, die Klägerin, die geänderten Ausgangsrechnungen nicht selbst in den Verkehr gebracht.
31Die der vorherigen Interpretation durch die Finanzverwaltung entgegenstehende BFH-Rechtsprechung stelle kein rückwirkendes Ereignis, sondern lediglich eine andere Interpretation der Rechtslage dar. Erst auf ausdrückliche Weisung durch den Beklagten liege die Steuerschuldnerschaft weisungsgemäß nunmehr bei der Klägerin. Die Vertragsparteien hätten sich damals jedoch nicht geirrt und die damalige Fehlinterpretation der Finanzverwaltung schon damals für falsch gehalten. Trotzdem hätten sie sich der damaligen Fehlinterpretation der Finanzverwaltung gebeugt und hätten so gehandelt wie von der Verwaltung gewollt. Hierdurch hätten sie aber nicht ihre gegenteilige Interpretation aufgegeben. Es liege auch keine neue Rechtslage vor und damit auch kein rückwirkendes Ereignis. § 27 Abs. 19 S. 1 UStG solle den Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnen, einem unterlegenen Irrtum in der Gesetzesinterpretation korrigieren zu können, welchen es vorliegend nicht gegeben habe. Die Norm sei hingegen kein Instrument für die Finanzverwaltung, ihren Interpretationsfehler, also ihren Rechtsinterpretationsirrtum, zu korrigieren.
32Da mit den weisungsgemäßen Zahlungen der Y-GmbH an die Finanzkasse die Umsatzsteuerschuld der Steuergläubigerin zweckbestimmt für die streitgegenständlichen Lieferungen und Leistungen getilgt worden seien, habe es gar keiner Abtretung bedurft. Die angefallene Umsatzsteuer sei in voller Höhe von Y-GmbH fristgemäß für die gesetzmäßige Steuerschuldnerin, die Klägerin, i.S.v. § 48 Abs. 1 AO gezahlt worden. Sei dem nicht so, schulde die Klägerin die Umsatzsteuer nicht für 2012, sondern gemäß § 17 Abs. 1 UStG erst im Jahr der Geltendmachung der Klägerin gegenüber der Auftraggeberin.
33Der Beklagte übersehe mit seiner Auffassung, dass die Klägerin die geänderten Rechnungen mangels Übermittlung an die Y-GmbH nicht in den Verkehr gebracht habe und damit ihren Mitwirkungspflichten gemäß § 27 Abs. 19 S. 4 UStG nicht nachgekommen sei, dass die Klägerin aufgrund der Inhibitoriumswirkung der Abtretung gar nicht mehr befugt gewesen sei, über die Forderung zu verfügen und Willenserklärungen bezüglich der abgetretenen Forderung gegenüber der Y-GmbH abzugeben. Die Klägerin habe ihrer Mitwirkungspflicht genüge getan, indem sie dem Beklagten geänderte Ausgangsrechnungen zur Verfügung gestellt habe, die dieser an die Y-GmbH in Verkehr habe bringen können und offenkundig auch in Verkehr gebracht habe. Schließlich habe der Beklagte die Zahlung von der Y-GmbH im Zivilrechtswege erfolgreich geltend machen können.
34Die Klägerin habe die vom Beklagten behaupteten Ansprüche auf Zahlung der Umsatzsteuer auch an das Land NRW abgetreten und der Beklagte habe diese Abtretung namens und im Auftrag des Landes NRW angenommen. Diese Abtretung wirke gemäß § 27 Abs. 19 S. 4 UStG auf den Zeitpunkt der Fälligkeit an Erfüllung statt – hier habe der Beklagte keine Dispositionsfreiheit –, sodass keine Zinsen und Säumniszuschläge würden entstehen können. Aber selbst wenn man ein Entstehen widerrechtlich unterstelle, wäre deren Erhebung sachlich unbillig, weil der Fiskus bereits im Besitz der Finanzmittel sei durch Zahlung der angefallenen Umsatzsteuer durch die Y-GmbH.
35Der Beklagte habe nunmehr im Ergebnis die geschuldete Umsatzsteuer mehrfach vereinnahmt. Zunächst habe Y-GmbH den Umsatzsteuerbetrag angemeldet und auch gezahlt. Weiter habe der Beklagte Erstattungsansprüche der Klägerin aus anderen Voranmeldungszeiträumen und Anspruchsgrundlagen aufgerechnet und nicht an die Klägerin ausgezahlt bzw. erstattet. Schließlich habe der Beklagte aufforderungsgemäß eine Abtretung der von ihm behaupteten Ansprüche gegen die Y-GmbH gemäß § 27 Abs. 19 UStG erhalten. Nun fordere die Finanzverwaltung von der Y-GmbH noch zivilrechtlich einen Betrag i.H.v. 19 % der vertraglichen Nettovergütung.
36Die Säumniszuschläge bis zum 28.02.2019 i.H.v. 1.445,00 € würden weder von der Klägerin geschuldet noch seien diese durch die Klägerin oder Dritte getilgt worden. Einer Aufrechnung werde vorsorglich widersprochen. Die Abtretung sei nur mit dem Zweck der Tilgung der angeblichen Umsatzsteuerschuld 2012 erfolgt, sodass die eigenmächtige Verrechnung des Beklagten rechtswidrig sei.
37Die Säumniszuschläge würden zudem zur Hälfte Zinsen darstellen, sodass die zu erwartende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des § 238 AO auch Auswirkung auf das vorliegende Verfahren habe.
38Mit Bescheid vom 26.06.2019 hat der Beklagte Aussetzungszinsen i.H.v. 4.152,00 € festgesetzt (Gerichtsakte Bl. 133). Solche seien in der Zeit ab dem Tag der Aussetzung des streitigen Umsatzsteuerbetrags für 2012 vom 05.11.2015 bis zum Tag der Zahlung der Y-GmbH auf den abgetretenen Anspruch am 13.07.2018 angefallen. Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch mit Schreiben vom 02.07.2019 hat die Klägerin vorgetragen, dass die erfolgte Abtretung bewirkt habe, dass die Steuerschuld in Höhe des Abtretungsbetrags ex tunc zum Zeitpunkt der Fälligkeit an Erfüllungs statt als getilgt anzusehen sei. Über den Einspruch hat der Beklagte bislang noch nicht entschieden. Laut Abbuchungsmitteilung vom 06.08.2019 hat der Beklagte die i.H.v. 4.152,00 € festgesetzten Aussetzungszinsen vom Konto der Klägerin abgebucht.
39Mit Schreiben vom 20.08.2019 hat die Klägerin ihre Klage auf die Abbuchung von Aussetzungszinsen zur Umsatzsteuer 2012 i.H.v. 4.152 € gemäß Abbuchungsmitteilung vom 06.08.2019 (Gerichtsakte Bl. 98) erweitert. Die streitige Umsatzsteuerforderung sei fristgemäß zum Fälligkeitszeitpunkt gemäß § 362 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 Abs. 2 Alt. 2 BGB erfüllt gewesen, so dass für eine Aussetzung der Vollziehung ab dem Erfüllungszeitpunkt kein Raum mehr gewesen sei. Durch die Zahlung des vom Beklagten selbst bestimmten Dritten – der Y-GmbH – sei die Steuer bereits im Zeitpunkt der pflichtgemäß erfolgten Umsatzsteuervoranmeldung im Jahr 2012 und dessen Bezahlung erfüllt gewesen, so dass weder Säumniszuschläge noch Aussetzungszinsen hätten rechtmäßig entstehen können.
40Die Klägerin beantragt,
41den Abrechnungsbescheid vom 17.07.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuerforderung von 25.968,63 € in voller Höhe mit Wertstellung zum Fälligkeitstag getilgt wurde und weder Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO, Säumniszuschläge, Vollstreckungskosten etc. dem Grunde und der Höhe nach entstanden sind,
42festzustellen, dass keine Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2012 angefallen sind,
43hilfsweise und ersatzweise festzustellen, dass deren Erhebung rechtswidrig bzw. sachlich unbillig ist,
44festzustellen, dass die per Lastschrift erfolgte Abbuchung für Aussetzungszinsen zur Umsatzsteuer 2012 i.H.v. 4.152,00 € gemäß Mitteilung vom 06.08.2019 sine causa erfolgte und damit rechtswidrig ist und dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtlichen der Klägerin hierfür entstandenen Schaden zu erstatten.
45Der Beklagte beantragt,
46die Klage abzuweisen.
47Mit den Ausführungen der Klägerin zur Verfassungsmäßigkeit und Anwendbarkeit des § 27 Abs. 19 UStG könne die Klägerin hier im Erhebungsverfahren nicht mehr durchdringen.
48Entgegen der Darstellung der Klägerin habe keine Verpflichtung im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null bestanden, die Abtretung an Erfüllungs statt anzunehmen. Es handele sich nicht um eine Abtretung im Sinne des § 27 Abs. 19 UStG, weil die Klägerin ihren gesetzlich normierten Mitwirkungspflichten nicht vollumfänglich nachgekommen sei. Im Text der Abtretung und im Übersendungsschreiben vom 19.05.2016 habe die Klägerin zugleich das Bestehen eines abtretbaren Anspruchs weiterhin bestritten und außerdem nicht nur einen aus dem ursprünglichen Rechnungsbetrag herausgerechneten Umsatzsteuerbetrag und nicht den zusätzlichen Entgeltanspruch in Höhe der aufgeschlagenen Umsatzsteuer, wie es § 27 Abs. 19 UStG vorsehe, abgetreten. Die schließlich am 21.12.2017 berichtigten Rechnungen habe die Klägerin nicht in den Verkehr gebracht.
49Um den bereits im Jahr 2014 gestellten Erstattungsantrag der Y-GmbH abschließend bearbeiten zu können, habe die zuständige Stelle des Finanzamts der Y-GmbH die berichtigten Rechnungen am 05.12.2018 schließlich zusammen mit einer Zahlungsaufforderung informatorisch übermittelt. Der von der Y-GmbH erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung sei letztlich der Vorgehensweis aufgrund der besonderen Umstände in diesem Fall (strittige Erfüllungswirkung der Abtretung, keine geänderten Rechnungen bekanntgegeben) notwendig geworden. Außerdem hätte die Zahlungsaufforderung auf den Betrag von 25.968,63 € begrenzt werden müssen, obwohl der Klägerin ein Anspruch von 30.902,74 € gegenüber der Y-GmbH zugestanden habe. Dem Beklagten sei ein Schaden entstanden durch die die Zahlungsaufforderung übersteigende Erstattung und die erhöhte Zinslast nach § 233a AO gegenüber der Y-GmbH wegen verzögerter Abwicklung des Erstattungsantrags infolge mangelnder Mitwirkung der Klägerin.
50Die am 22.02.2019 von der Y-GmbH erhaltene Zahlung sei dem Steuerkonto der Klägerin mit Wertstellung 22.02.2019 gutgeschrieben worden. Die hier strittige Frage, ob die Abtretung bereits schuldbefreiende Wirkung gehabt habe und ob der Abrechnungsbescheid insoweit den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als noch nicht erfüllt habe ausweisen dürfen, sei davon allerdings nicht berührt.
51Die Steuerschuld der Klägerin sei nicht bereits am Fälligkeitstag getilgt worden. Die Zahlung des Bauträgers vor Änderung der Rechtsprechung zu § 13b UStG auf seine eigene Steuerschuld im seinerzeitigen Voranmeldungsverfahren habe ebenfalls nicht die Tilgung der Steuerschuld der Klägerin bedeutet. Es habe vorliegend mit Erstattungsansprüchen aufgerechnet werden können, weil die Steuerschuld nach Auffassung des Beklagten nicht erfüllt sei.
52Es bestehe keine Veranlassung, einen korrigierten Abrechnungsbescheid zu erlassen. Der angefochtene Abrechnungsbescheid weise die Umsatzsteuernachforderung zu Recht als offen aus. Nach wie vor sei die Umsatzsteuernachforderung 2012 gesetzlich entstanden und rechtskräftig festgesetzt. Die Klägerin sei ihrer Mitwirkungspflicht aus § 27 Abs. 19 S. 4 UStG nicht vollumfänglich nachgekommen, weil sie keine geänderten Rechnungen an den Bauträger in Verkehr gebracht habe, sodass die vorgelegte Abtretung keine schuldbefreiende Wirkung habe und der Umsatzsteueranspruch zum Fälligkeitszeitpunkt nicht erloschen sei. Die Rechnungserteilung sei zwar keine Voraussetzung für die Abtretung nach § 27 Abs. 19 S. 3 UStG, aber Bedingung für die Erfüllungswirkung an Zahlungs statt nach § 27 Abs. 19 S. 4 UStG.
53Durch die jahrelange Weigerung der Klägerin, das in § 27 Abs. 19 UStG niedergelegte Verfahren vollumfänglich anzuwenden und vor allem auch die Rechnungen an den Bauträger bekanntzugeben, habe kraft Gesetzes zur Entstehung von Säumniszuschlägen geführt, und zwar ab Ende der Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2012 zum 31.12.2018. Die bis zum 28.02.2019 berechneten Säumniszuschläge würden 1.445,00 € betragen, welche durch Zubuchung aus der Zahlung des Bauträgers vom 22.02.2019 getilgt worden seien. Die Erhebung der Säumniszuschläge sei jedenfalls nicht unbillig.
54Die Festsetzung von Nachzahlungszinsen nach § 233a AO sei ein mit der Steuerfestsetzung verbundener Verwaltungsakt, der von der Klägerin nicht eigenständig angefochten worden sei, sodass dieser gleichzeitig mit der Steuerfestsetzung bestandskräftig geworden sei.
55Die von der Klägerin bemängelte Abbuchung beziehe sich auf fällige Aussetzungszinsen zur Umsatzsteuer 2012 nach erfolglosem Klageverfahren. Schlichte Abbuchungsmitteilungen würden keinen Verwaltungsakt darstellen. Den Bescheid über die Aussetzungszinsen vom 26.06.2019 habe die Klägerin mit Einspruch vom 02.07.2019 angefochten, ohne einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen. Über diesen Einspruch sei noch nicht entschieden (Stand 26.08.2019, Gerichtsakte Bl. 105, 118). Die verschiedenen Verwaltungsverfahren im Erhebungs- und Festsetzungsverfahren seien zu trennen.
56Die Sache ist am 01.07.2021 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
57Die Gerichtsakten 5 K 3278/15 U, 5 K 305/17, 5 K 943/18 AO und 5 K 2600/18 AO sind zum Verfahren beigezogen worden.
58Entscheidungsgründe:
59I. Die Klagen wegen Abrechnungsbescheid vom 17.07.2018 und die Klage wegen anderweitiger „Festsetzung“ der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2012 sind zulässig. Zwar werden Säumniszuschläge nicht festgesetzt, sondern entstehen kraft Gesetzes (§ 240 AO). Insoweit hat die Rechtsprechung zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes jedoch entschieden, dass bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Säumniszuschlägen das Finanzamt in dem Abrechnungsbescheid nicht nur über die verbliebene Höhe der Säumniszuschläge nach zwischenzeitlicher Zahlung von Steuerschulden entscheidet, sondern auch, ob Säumniszuschläge überhaupt entstanden sind (BFH, Urteil vom 06.02.1990, VII R 48/87, BFH/NV 1991, 3; Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 08.09.1992, 4 K 2268/90, EFG 1993, 565).
60Die Klage wegen Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO ist unzulässig, weil es insoweit an einem Rechtsschutzbedürfnis gemäß § 40 Abs. 2 FGO fehlt. Zinsen gemäß § 233a AO sind nicht bzw. mit Änderungsbescheid vom 21.10.2015 auf 0,00 € festgesetzt worden.
61Die Feststellungsklage wegen Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2012 ist unzulässig, weil sie subsidiär zur ebenfalls erhobenen Anfechtungsklage wegen Säumniszuschläge ist (§ 41 Abs. 2 FGO).
62Die Klage wegen Aussetzungszinsen gemäß § 237 AO ist unzulässig, weil ein ganz oder teilweise erfolglos gebliebenes Vorverfahren fehlt (§ 44 Abs. 1 FGO). Sie ist auch nicht als Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO zulässig, weil der Beklagte mit zureichendem Grund untätig geblieben ist. Er hat deutlich gemacht, dass er das Klageverfahren erst abwarten will (Gerichtsakte Bl. 118), auch wenn er das Einspruchsverfahren hierzu nicht ruhend gestellt hat.
63Soweit die Klägerin zudem die Feststellung eines Schadensersatzes begehrt, besteht hierfür wegen der Subsidiarität zu einer Klage unmittelbar auf Schadensersatz bereits kein Rechtschutzbedürfnis. Eine Abtrennung der Klage wegen Feststellung eines Schadensersatzes und Abgabe an die Zivilgerichtsbarkeit, weil der Finanzrechtsweg nicht gegeben ist (§ 33 FGO), war daher nicht erforderlich.
64Im Hinblick auf die im Antrag der Klägerin mitgenannten Vollstreckungskosten fehlt es an einer Darlegung des Rechtsschutzinteresses (§ 40 Abs. 2 FGO). Vollstreckungskosten sind im angefochtenen Abrechnungsbescheid nicht enthalten.
65II. Die zulässige Klage wegen Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2012 ist begründet.
66Der angefochtene Abrechnungsbescheid vom 17.07.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Zu Unrecht hat der Beklagte im Abrechnungsbescheid vom 17.07.2018 für die Umsatzsteuer 2012 einen noch offenen Betrag von 25.968,63 € ausgewiesen.
671. Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, entscheidet die Finanzbehörde nach § 218 Abs. 2 S. 1 AO durch Abrechnungsbescheid. Zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis zählt nach § 37 Abs. 1 AO der Steueranspruch. Gegenstand des Abrechnungsbescheids ist die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens reiner Zahlungsansprüche; er entscheidet, inwieweit bestimmte Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder durch einen der in § 47 AO aufgeführten Erlöschenstatbestände ganz oder teilweise erloschen sind (BFH, Urteil vom 28.02.2012, VII R 36/11, BStBl II 2012, 451). Zu den in § 47 AO ausdrücklich genannten Erlöschenstatbeständen gehört auch die Zahlung (§ 224 AO). Dem steht die Wirkung eines Vorgangs an Zahlungs statt gleich, wie sie § 27 Abs. 19 S. 4 UStG für die Abtretung des Anspruchs des Leistenden gegen den Leistungsempfänger auf Nachzahlung der Umsatzsteuer vorsieht. Über diese Wirkung ist durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 S. 1 AO zu entscheiden (BFH, Urteil vom 23.02.2017, V R 16/16, V R 24/16, BStBl. II 2017, 760, II. 2. c) cc) der Gründe).
682. Für die Frage der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheides vom 17.07.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 ist auf die Verhältnisse vom 19.11.2018, dem Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung abzustellen, da Gegenstand der gerichtlichen Prüfung im Rahmen einer Anfechtungsklage gemäß § 44 Abs. 2 FGO der Abrechnungsbescheid in Gestalt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung) ist (vgl. auch ständige Rechtsprechung, etwa BFH, Urteil vom 21.11.2006, VII R 68/05, BStBl II 2007, 291).
69Spätere Ereignisse mit Einfluss auf das Erhebungskonto sind deshalb hier nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Sie können nur in einem neu zu erteilenden Abrechnungsbescheid Berücksichtigung finden (zu späteren Änderungen hinsichtlich der Steuerfestsetzung vgl. BFH, Urteile vom 02.03.1971, VII R 74/68, BStBl II 1971, 498; vom 04.05.1993, VII R 82/92, BFH/NV 1994, 285). Ein solcher ist hier nicht ergangen.
70Im Abrechnungsbescheid vom 17.07.2018 ausgewiesen ist eine festgesetzte Umsatzsteuer laut Bescheid vom 02.10.2015 i.H.v. ./. 56.050,24 €, eine Steuererstattung i.H.v. 82.018,87 € und damit eine offene Umsatzsteuer 2012 i.H.v. 25.968,63€, welche jedoch zu der Zeit, nämlich bis zum 31.08.2018, von der Vollziehung ausgesetzt war. Säumniszuschläge und Zinsen gemäß § 233a AO zur Umsatzsteuer 2012 waren ausweislich des Abrechnungsbescheides zu dieser Zeit weder entstanden noch festgesetzt.
713. Das Erhebungskonto laut Abrechnungsbescheid weist zu Recht eine festgesetzte Umsatzsteuer i.H.v. ./. 56.050,24 € aus. Dies entspricht der bestandskräftig gewordenen Festsetzung laut Umsatzsteueränderungsbescheid vom 02.10.2015 in Gestalt des rechtskräftigen Urteils des erkennenden Senats vom 15.05.2018, Az. 5 K 3278/15 U.
72Soweit die Klägerin meint, dass die Umsatzsteuerfestsetzung für 2012 rechtswidrig sei, kann sie hiermit nicht durchdringen. Das Urteil des erkennenden Senats vom 15.05.2018 wegen Umsatzsteuer 2012 ist rechtskräftig. Vorliegend hat das Gericht allein über die Rechtswidrigkeit des Abrechnungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu entscheiden, welches nicht mehr das Festsetzungs-, sondern allein das Erhebungsverfahren betrifft.
734. Es erfolgte eine zwischen den Beteiligten unstreitige Umsatzsteuererstattung i.H.v. 82.018,87 €, so dass zunächst ein offener Steuerbetrag von 25.968,63 € entstanden war.
745. Die (damals noch von der Vollziehung ausgesetzte) Zahlungsverpflichtung i.H.v. 25.968,63 € war am 17.07.2018 jedoch bereits erloschen und hätte im angefochtenen Abrechnungsbescheid nicht mehr als offen ausgewiesen werden dürfen. Der Steueranspruch war durch Abtretung an Zahlungs statt gemäß § 27 Abs. 19 S. 4 UStG mit Zugang des Schreibens der Klägerin vom 21.12.2017 beim Beklagten erloschen.
75a) Die Klägerin hat den offenen Steuerbetrag nicht durch Zahlung entrichtet. Im Streitfall erfolgten bis zum maßgebenden Zeitpunkt, dem 19.11.2018, keine Zahlungen auf den offenen Steuerbetrag von 25.968,63 €.
76Mit den Zahlungen der Y-GmbH im Rahmen derer Umsatzsteuerfestsetzungen, insbesondere derer Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren 2012 hat diese entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf die Steuerschuld der Klägerin gezahlt, so dass diese nicht bereits deshalb erloschen ist. Leistungen auf das Steuerschuldverhältnis können zwar auch durch Dritte bewirkt werden (§ 48 Abs. 1 AO). Doch erfolgten die Zahlungen der Y-GmbH auf deren eigene Steuerschuld, die nach den damaligen Festsetzungen bestand, nicht aber auf die der Klägerin, deren Festsetzungen die streitbefangenen Bauleistungen noch gar nicht beinhalteten. Schließlich hat die Y-GmbH auch einen Antrag auf Erstattung dieser von ihr gezahlten Steuerbeträge gestellt, woraus deutlich wird, dass die Y-GmbH auch weiterhin davon ausging, auf ihre eigene Steuerschuld gezahlt zu haben. Denn ein solcher Erstattungsantrag wäre hinfällig, wenn die Y-GmbH hier die Steuerschuld der Klägerin beglichen hätte.
77b) Der offene Steuerbetrag von 25.968,63 € ist im Streitfall durch Abtretung an Zahlungs statt im Sinne von § 27 Abs. 19 S. 4 UStG erloschen. Nach dieser Vorschrift tritt eine Erfüllungswirkung der Abtretung nach § 27 Abs. 19 S. 3 UStG ein, wenn der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine erstmalige oder geänderte Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt (Nr. 1), die Abtretung an das Finanzamt wirksam bleibt (Nr. 2), dem Leistungsempfänger diese Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wird, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr hat (Nr. 3) und der Leistende seiner Mitwirkungspflicht nachkommt (Nr. 4). Das Fehlen einer dieser Voraussetzungen kann zur Wirkungslosigkeit der erfolgten Abtretung führen (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.12.2020, 7 K 7211/18, EFG 2021, 891).
78Soweit der Beklagte zeitgleich mit der Annahme der Abtretung sowie im angefochtenen Abrechnungsbescheid erklärt hat, dass die Abtretung nicht an Zahlungs statt wirke, hat dies keine Rechtswirkung. Denn nicht der Beklagte entscheidet über die in § 27 Abs. 19 S. 4 UStG vorgesehenen gesetzlichen Folgen, sondern allein das Vorliegen der in § 27 Abs. 19 UStG aufgeführten Voraussetzungen ist maßgeblich.
79(1) Zunächst sieht der Senat die Voraussetzung des § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 1 UStG, dass die Klägerin als leistende Unternehmerin dem Leistungsempfänger geänderte Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausgestellt hat, letztlich als erfüllt an.
80Die Klägerin als leistende Unternehmerin hat am 21.12.2017 erstmalig Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis erstellt und diese dem Beklagten mit Schreiben vom 21.12.2017 zukommen lassen mit dem Hinweis, er als Abtretungsempfänger könne diese selbst in den Verkehr bringen. Sie selbst, die Klägerin, sehe sich aufgrund einer Inhibitoriumswirkung der erfolgten Abtretung als nicht mehr berechtigt an, die Rechtslage durch Übermittlung geänderter Rechnungen an die Y-GmbH zu verändern und Willenserklärungen bezogen auf die streitgegenständlichen Vergütungsansprüche abzugeben. Sie sei dem Beklagten durch Übersendung der angeforderten geänderten Rechnungen lediglich behilflich.
81Tatsächlich lässt § 398 BGB eine Inhaltsänderung der Forderung nur hinsichtlich der Gläubigerstellung und auch diesbezüglich nur insoweit zu, als die Forderung vom Zedenten auf den Zessionar übertragen werden kann (Martens in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 398 BGB, Rn. 29). Nach erfolgter Abtretung gemäß § 398 BGB kann der Abtretende, der Zedent, nicht mehr über die Forderung verfügen. Andere Änderungen des Inhalts können nur durch eine Vereinbarung mit dem Schuldner vorgenommen werden. Die Rechtsstellung des Schuldners soll durch die Abtretung möglichst nicht beeinträchtigt werden. Dem Schuldner bleiben daher seine Einwendungen gegen den Zedenten erhalten (§ 404 BGB) und er erhält über §§ 406 ff. BGB zusätzlich Schutz vor Nachteilen, die durch eine Unsicherheit hinsichtlich der Gläubigerstellung infolge der Abtretung für ihn entstehen könnten.
82Durch erstmaligen Ausweis der Umsatzsteuer auf die bereits erbrachten und abgerechneten Netto-Bauleistungen hätte die Klägerin als Zedentin jedoch nicht über die zuvor abgetretene Forderung in Höhe der entstandenen Umsatzsteuer verfügt. Die Umsatzsteuer war bereits kraft Gesetzes entstanden, über sie war lediglich noch keine Rechnung erteilt worden. Mit der Übermittlung von geänderten Rechnungen an die Y-GmbH als Schuldner, nunmehr mit der kraft Gesetzes entstandenen Umsatzsteuer, hätte die Klägerin als Zedentin deshalb nicht über die an das Land NRW, vertreten durch den Beklagten, bereits abgetretene Forderung verfügt. Die Forderung hätte auch weiterhin dem Beklagten zugestanden.
83Dadurch, dass die Klägerin dem Beklagten unter ihrem Namen geänderte Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis übermittelt und es dem Abtretungsempfänger, dem Beklagten, ausdrücklich überlassen hat, diese an die Y-GmbH weiterzuleiten, hat sie die Rechnungen zwar nicht unmittelbar gegenüber der Y-GmbH, aber doch über den Beklagten in den Verkehr gebracht. Sie hat den Beklagten ermächtigt und in die Lage versetzt, die Rechnungen, die die Klägerin in ihrem Namen ausgestellt hatte, an die Y-GmbH zu überreichen. Nach Auffassung des Senats kann dieses im Streitfall zur Erfüllung der Voraussetzung des § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 1 UStG als ausreichend angesehen werden. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Sinn und Zweck des § 27 Abs. 19 UStG letztlich auch der Schadloshaltung des Fiskus dient, der die Rechtslage für Fälle wie den vorliegenden vormals dahin gesehen hatte, dass der Leistungsempfänger und nicht der Leistende die Umsatzsteuer schuldet (Abschn. 182a Abs. 11 UStHA 2005). Die Y-GmbH hat die ihr später, mit Schreiben vom 05.12.2018, vom Beklagten „informatorisch“ übermittelten Rechnungen hier auch ohne Einwendungen akzeptiert.
84(2) Die Abtretung an das Finanzamt ist auch wirksam geworden und geblieben (§ 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 2 UStG).
85Die Klägerin hat an das Land NRW, vertreten durch den Beklagten, mit Schreiben vom 19.05.2016 einen Betrag in Höhe des bei ihr noch offenen Steuerbetrags von 25.968,63 € abgetreten. Der Beklagte hat die Abtretung am 29.06.2018 angenommen. Die Abtretung der Forderung i.H.v. 25.968,63 € ist damit – wie es zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – nach § 398 BGB wirksam erfolgt. Unmaßgeblich ist die von der Klägerin gewählte Form der Abtretungserklärung. § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 2 UStG verlangt nicht die Abtretungserklärung auf einem Formular der Finanzverwaltung, so dass der erkennende Senat die Abtretungserklärung mit Schreiben vom 19.05.2016 als ausreichend ansieht. Der in § 46 Abs. 2 und 3 AO aufgeführte amtlich vorgeschriebene Vordruck betrifft lediglich die Anzeige einer erfolgten Abtretung von z.B. Steuererstattungsansprüchen gegenüber dem Finanzamt, aber nicht die Abtretung selbst, noch dazu nicht eine Abtretung an das Finanzamt.
86Dem Wirksamwerden der erklärten Abtretung eines Betrags in Höhe der rechtskräftig festgesetzten Umsatzsteuer durch Annahme des Beklagten steht hierbei nicht entgegen, dass die Klägerin selbst nicht von der Wirksamkeit einer Abtretung ausgegangen ist, weil eine irrtümliche Rechtsmeinung allein des Beklagten einen Anspruch gegen die Y-GmbH auf einen Werklohnanspruch in Höhe des streitigen Umsatzsteuerbetrags nicht begründen könne.
87Soweit der Beklagte anführt, dass die Klägerin nicht den vollen gesetzlichen Umsatzsteuerbetrag von 30.902,76 €, sondern nur einen herausgerechneten Steuerbetrag von 25.968,63 € an ihn abgetreten hat, der nicht der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer entspricht, ist dies an dieser Stelle ohne Bedeutung, da nur die Wirkung der Abtretung eines Betrags von 25.968,63 € an Zahlungs statt im Raum steht.
88(3) Die Wirkung der Abtretung an Zahlungs statt scheitert im Streitfall nicht daran, dass dem Leistungsempfänger die Abtretung nicht unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wurde, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr hat (§ 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 3 UStG).
89aa) Dass vorliegend nicht die Klägerin, sondern der Beklagte die erfolgte Abtretung der Y-GmbH als Leistungsempfängerin der Bauleistungen mit Schreiben vom 05.12.2018 angezeigt hat, ist für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 27 Abs. 19 S. 4 UStG nach den Verhältnissen des Streitfalls unschädlich.
90Zivilrechtlich setzt eine wirksame Abtretung nach § 398 BGB nur einen Vertrag zwischen dem alten Gläubiger (Zedent) und dem neuen Gläubiger (Zessionar) voraus. Eine Zustimmung oder andersförmige Mitwirkung des Schuldners oder eine Anzeige der Abtretung an ihn ist für die Wirksamkeit der Abtretung nicht erforderlich (Martens in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 398 BGB, Rn. 6). Auch wenn damit eine Anzeige nicht solchermaßen zur Wirksamkeitsbedingung der Abtretung gehört, sollte der Zessionar dem Schuldner im eigenen Interesse die Abtretung anzeigen, da der Schuldner bis zur Kenntniserlangung in seinem guten Glauben an die Gläubigerstellung des Zedenten nach §§ 406-408 BGB geschützt wird (Martens in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 398 BGB, Rn. 6), obwohl die Abtretung ex nunc wirkt.
91§ 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 3 UStG weist seinem Wortlaut nach die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige gegenüber dem Leistungsempfänger zwar nicht abweichend vom Zivilrecht ausdrücklich dem Leistenden, dem Zedenten, zu. Das Gesetz lässt vielmehr offen, wer die Abtretungsanzeige an den Leistungsempfänger veranlassen muss. Aus dem Regelungszusammenhang des § 27 Abs. 19 S. 4 UStG ergibt sich jedoch, dass die Abtretung nach § 27 Abs. 19 S. 3 UStG dann an Zahlungs statt wirken soll, wenn der leistende Unternehmer daran mitwirkt, dass die Finanzbehörde den abgetretenen Anspruch dem Leistungsempfänger gegenüber geltend machen kann. Auf eine Mitwirkung des Finanzamts bzw. auf dessen Rechtshandlungen wie beispielsweise auch die Annahme der Abtretungserklärung kommt es hiernach diesbezüglich grundsätzlich nicht an. Ergeben aber die Verhältnisse des Einzelfalls, dass der leistende Unternehmer davon ausgehen bzw. darauf vertrauen konnte, dass der Beklagte einzelne der in § 27 Abs. 19 S. 4 UStG genannten Mitwirkungshandlungen selbst übernimmt, kann es dem leistenden Unternehmer nicht angelastet werden, wenn er diese Mitwirkungshandlungen daraufhin unterlassen hat.
92Nach den Verhältnissen im Streitfall durfte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagte die Abtretungsanzeige an die Y-GmbH zeitnah selbst veranlasst. Im Schreiben vom 28.07.2015 wies der Beklagte die Klägerin auf die Abtretungsmöglichkeit des § 27 Abs. 19 S. 3 UStG und die Wirkung der Abtretung an Zahlungs statt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 S. 4 UStG hin. Sofern die Klägerin von der Möglichkeit der Abtretung Gebrauch machen wolle, solle sie zunächst entsprechend berichtigte Rechnungen sowie die Abtretungserklärung übersenden. Hiernach hat der Beklagte mit diesem Schreiben nicht auch sogleich die Abtretungsanzeige gegenüber der Y-GmbH als Mitwirkungshandlung verlangt. Die Klägerin ihrerseits stellte die Verfassungsmäßigkeit und Unionsrechtsmäßigkeit der Vorschrift des § 27 Abs. 19 UStG sowie dessen Anwendbarkeit im Streitfall mehrfach in Frage, erklärte aber mit Schreiben vom 19.05.2016 schließlich die Abtretung und übersandte mit Schreiben vom 21.12.2017 die berichtigten Rechnungen. Insbesondere in ihrem Schreiben vom 19.05.2016 brachte die Klägerin gleichzeitig deutlich zum Ausdruck, dass ihrer Auffassung nach tatsächlich kein Anspruch auf den abgetretenen Betrag bestehe und sie noch immer nicht davon ausgehe, dass § 27 Abs. 19 UStG im Streitfall einschlägig sei. Der Beklagte als Abtretungsempfänger sei „selbst ermächtigt, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die von ihm behauptete und nun an ihn abgetretene Forderung zu realisieren“. Damit hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten deutlich gemacht, dass sie nicht nur zum damaligen Zeitpunkt keine berichtigten Rechnungen ausstellen wollte, sondern darüber hinaus auch keine Abtretungsanzeige an die Y-GmbH vornehmen wird, weil sie dies dem Aufgabenbereich des Beklagten zurechnete. Im Schreiben vom 21.12.2017 machte die Klägerin nochmals deutlich, dass sie sich rechtlich nicht in der Lage sehe, neben der Abgabe einer Abtretungserklärung und der Übersendung berichtigter Rechnungen an den Beklagten weitere Rechtshandlungen vorzunehmen. Da der Beklagte die Klägerin im Hinblick hierauf nicht trotzdem explizit zur Abtretungsanzeige aufforderte, durfte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagte, der seinerseits von der Verfassungsmäßigkeit und der Anwendbarkeit des § 27 Abs. 19 UStG ausging, die Abtretungsanzeige an die Y-GmbH zeitnah selbst veranlasst.
93bb) Dass der Beklagte die Abtretungsanzeige gegenüber der Y-GmbH erst mit Schreiben vom 05.12.2018, mithin gut fünf Monate nach Annahme der Abtretungserklärung vornahm, hindert nicht das Erfüllen der Voraussetzung nach § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 3 UStG. Zwar erfolgte die Abtretungsanzeige des Beklagten gegenüber der Y-GmbH damit nicht unverzüglich, doch geht dies nicht zu Lasten der Klägerin.
94Nach der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB liegt ein unverzügliches Handeln vor, wenn es „ohne schuldhaftes Zögern“ erfolgt. § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 3 UStG ist nicht eindeutig zu entnehmen, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, nach dem ein Tätigwerden ohne schuldhaftes Zögern vorliegt. Da der erkennbare Zweck der Abtretungsanzeige darin liegt, eine Erfüllungswirkung von Zahlungen des Leistungsempfängers an den Leistenden nach § 407 Abs. 1 BGB auszuschließen, kann insoweit sinnvollerweise nur an den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abtretung anzuknüpfen sein (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04. September 2019, 7 K 7194/18, EFG 2019, 1797, Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist dies der Zugang der Annahmeerklärung des Beklagten vom 29.06.2018 bei der Klägerin. Denn vorher war die Abtretung, welche nach § 398 S. 1 BGB durch Vertrag zu erfolgen hat, nicht wirksam, so dass weder für die Klägerin noch für den Beklagten Anlass für eine Anzeige an die Y-GmbH bestand. Die Abtretungsanzeige gegenüber der Y-GmbH mit Schreiben des Beklagten vom 05.12.2018, mithin erst gut fünf Monate später, sieht der Senat nicht mehr als ausreichend zeitnah im Sinne des § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 3 UStG an. Die zögerliche Anzeige des Beklagten war nicht schuldlos. Es ist für den Senat nicht erkennbar, weshalb der Beklagte der Y-GmbH die Abtretung nicht unmittelbar nach Annahme der Abtretungserklärung angezeigt hat. Nach der Annahme der Abtretungserklärung waren zwischen den Beteiligten nur die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids vom 17.07.2018 insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts der Erfüllungswirkung der erfolgten Abtretung sowie eine anderweitige Festsetzung von Säumniszuschlägen streitig. Der Abtretungsvertrag lag indes bereits vor. Die zeitnahe Abtretungsanzeige an die Y-GmbH lag zudem im Interesse des Beklagten als Zessionar.
95Doch kann das schuldhafte Zögern des Beklagten hier nicht zu Lasten der Klägerin gehen, die – wie ausgeführt – davon ausgehen bzw. darauf vertrauen durfte, dass der Beklagte die Abtretung gegenüber der Y-GmbH unverzüglich anzeigen wird. Soweit der Beklagte die Klägerin mit Annahme der Abtretungserklärung, also mit Schreiben vom 29.06.2018, sowie mit Abrechnungsbescheid vom 17.07.2018, darüber in Kenntnis setzte, dass er gemäß § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 3 UStG die Klägerin und nicht sich selbst in der Pflicht sehe, die Abtretung gegenüber der Y-GmbH anzuzeigen, hat er die Klägerin jedoch in Unkenntnis darüber gelassen, dass er selbst noch gar nicht an die Y-GmbH herangetreten war, um ihr die Abtretung gegenüber anzuzeigen. Die Klägerin durfte hier weiterhin davon ausgehen, dass der Beklagte zwar die Erfüllungswirkung der erfolgten Abtretung nur zahlungshalber und nicht an Erfüllungs statt ansieht, aber trotz dessen die seiner Meinung nach bestehenden Rechte aus der erfolgten Abtretung gegenüber der Y-GmbH geltend gemacht hat.
96(4) Die Wirkung der Abtretung an Zahlungs statt ist schließlich auch nicht wegen Verletzung von Mitwirkungspflichten im Sinne von § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 4 UStG ausgeschlossen.
97aa) Dem Gesetzestext lässt sich nicht entnehmen, was Inhalt der in § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 4 UStG genannten Mitwirkungspflichten ist. Auch in der Literatur finden sich hierzu kaum nähere Ausführungen. Nach Burbaum/Baumgartner (in Offerhaus/Söhn/Lange, Stand Mai 2019, § 27 UStG, Rn. 46) sollen die Mitwirkungspflichten insbesondere den Nachweis der Richtigkeit und des Bestandes der abgetretenen Forderung sowie der Wirksamkeit der Abtretung umfassen.
98Sinn und Zweck der gesetzlichen Abtretungskonstruktion des § 27 Abs. 19 S. 3 UStG ist es, dem Fiskus die Möglichkeit zu geben, die nachträgliche Steuererstattung an den Leistungsempfänger kompensieren zu können, indem die Finanzbehörde dieser in gleicher Höhe einen Gegenanspruch entgegen halten kann (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 07.12.2020, 7 K 7211/18, EFG 2021, 891, Rz. 42 ff.; vom 04.09.2019, 7 K 7194/18, EFG 2019, 1797, Rz. 45 ff.). Es soll die Situation herbeigeführt werden, die bestanden hätte, wenn alle Beteiligten von Anfang an von der zutreffenden materiellen Rechtslage ausgegangen wären. Dann hätte der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer zusätzlich zur vereinbarten Nettovergütung an den Leistenden gezahlt und der Leistende sie an den Fiskus abgeführt (vgl. Heuermann in Sölch/Ringleb, UStG, Dokumentenstand 85. EL März 2019, § 27 UStG, Rn. 58 mit weiteren Nachweisen).
99Deshalb hat der Leistende im Rahmen des § 27 Abs. 19 S. 3 UStG alles ihm Zumutbare zu tun, um dem Finanzamt die Realisation des abzutretenden zivilrechtlichen Anspruchs zu ermöglichen. Entsprechend versteht auch der 15. Senat des FG Münster (Urteil vom 15.03.2016, 15 K 3669/15 U, EFG 2016, 849, Rz. 24) die allgemeine Mitwirkungspflicht des § 27 Abs. 19 S. 3 UStG in dem Sinne, dass der Leistende die Informationen und vertraglichen Unterlagen, insbesondere die Höhe des möglichen Umsatzsteuernachforderungsanspruchs betreffend, der Finanzbehörde bereitzustellen hat, damit diese die Umsatzsteuer vom Bauträger nachfordern kann. Dem entsprechen auch die Regelungen im vorgesehenen Abtretungsvertragsformular des Beklagten, wonach der Abtretende auf Verlangen des Steuergläubigers die für die Abtretung und Einziehung der Forderung erforderlichen Handlungen vornehmen, dem Steuergläubiger die Einsichtnahme in seine Bücher und Schriftstücke gewähren und Angaben zur Abnahme der erbrachten Leistungen machen soll.
100Hat die Finanzbehörde das Abtretungsangebot des Leistenden angenommen, bedeutet dies nach den Tatbestandsvoraussetzungen des § 27 Abs. 19 S. 3 UStG gleichzeitig, dass „der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mit(ge)wirkt“ hat. § 27 Abs. 19 S. 4 UStG, der eine Regelung zur Erfüllungswirkung der Abtretung beinhaltet, sieht seinerseits in seinen Nr. 1-3 spezielle Mitwirkungspflichten wie z. B. die Erteilung einer Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer und nach dem Normverständnis des erkennenden Senats in Nr. 4 allgemeine Mitwirkungspflichten für den Abtretenden vor.
101Das FG Berlin-Brandenburg füllt diese allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 4 UStG mit der Annahme einer zeitlichen Komponente bei der Erfüllung der bereits von § 27 Abs. 19 S. 3 und 4 Nr. 1-3 UStG umfassten Mitwirkungspflichten. Der Wortlaut von § 27 Abs. 19 S. 4 UStG enthalte zwar keine ausdrücklichen zeitlichen Vorgaben für die Erfüllung der Voraussetzungen. Entsprechend des Sinn und Zwecks der Regelung würden sich aber durchaus zeitliche Voraussetzungen identifizieren lassen (FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 07.12.2020, 7 K 7211/18, EFG 2021, 891, Rz. 44; vom 04.09.2019, 7 K 7194/18, EFG 2019, 1797, Rz. 48). Weiter dürfe es im Grundsatz zwar nicht zu Lasten des Leistenden gehen, wenn die Realisation scheitere, weil keine wirksame Aufrechnung vorgenommen werden könne und eine Durchsetzung der Forderung auf anderem Wege scheitere, weil der Leistungsempfänger etwa insolvent sei oder werde. Sollte die abgetretene Forderung nicht werthaltig sein oder ihre Werthaltigkeit fraglich sein, habe die Finanzbehörde dies grundsätzlich mit dem Leistungsempfänger auszumachen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich das Gericht anschließe, stehe der einfachgesetzliche Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes nur dann mit den unionsrechtlichen Vorgaben im Einklang, wenn dem Leistenden hieraus keine Nachteile entständen (BFH, Urteil vom 23.02.2017, V R 24/16, BStBl. II 2017, 760, II. 2. a) dd) (1) der Gründe). Wenn allerdings die schuldhafte Unterlassung oder nur verzögerte Vornahme der Abtretung, der geänderten Rechnungsstellung oder einer sonstigen Mitwirkungshandlung des Leistenden kausal für die Nichtrealisation der abgetretenen Forderung oder wenigstens für eine wesentliche Verschlechterung der Realisationschancen werde, liege eine Mitwirkungspflichtverletzung im Sinne von § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 4 UStG vor, welche die Erfüllungswirkung der Abtretung ausschließe. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Leistende die Abtretung oder die geänderte Rechnungsstellung bis zum Eintritt der zivilrechtlichen Verjährung der abzutretenden Forderung hinauszögern würde, obwohl ihm eine rechtzeitige Abtretung möglich und zumutbar gewesen wäre (FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 07.12.2020, 7 K 7211/18, EFG 2021, 891, Rz. 44; vom 04.09.2019, 7 K 7194/18, EFG 2019, 1797, Rz. 48).
102bb) Auch der erkennende Senat sieht ein zeitgerechtes Handeln als erforderliche Mitwirkung im Sinne des § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 4 UStG an, da Sinn und Zweck der Abtretung insbesondere dann nicht mehr erreicht werden kann, wenn der abgetretene Anspruch bereits der Verjährung unterliegt.
103Der Senat ist aber auch der Auffassung, dass dem leistenden Unternehmer, der sich nunmehr einer geänderten, erhöhten Steuerfestsetzung gegenüber sieht, demgegenüber auch zugestanden werden muss, dass er von den ihm vom deutschen Rechtssystem zur Verfügung gestellten Rechtsmittel zunächst Gebrauch macht, um die Rechtmäßigkeit bzw. Verfassungsmäßigkeit oder Unionsrechtswidrigkeit im Allgemeinen und die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 19 UStG im Einzelfall überprüfen zu lassen. Denn insbesondere war die Vorschrift mit Wirkung vom 31.07.2014 im Hinblick darauf neu eingefügt worden, dass die Finanzverwaltung in Abschn. 182a Abs. 11 UStHA 2005 zuvor einem Rechtsanwendungsfehler unterlegen war und den falschen Steuerschuldner zur Besteuerung solcher Bauleistungen herangezogen hatte. Die Verfassungsmäßigkeit und Unionsrechtmäßigkeit der Norm wurde erst Anfang 2017 bestätigt (BFH, Urteil vom 23.02.2017, V R 16, 24/16, BStBl II 2017, 760). Noch immer gibt es von der Rechtsprechung ungeklärte Anwendungsfragen zu § 27 Abs. 19 UStG.
104cc) Im Streitfall hat die Klägerin die Abtretung zwar nur zögerlich erklärt und auch die berichtigten Rechnungen – nunmehr mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer – nur zögerlich ausgestellt. Das zögerliche Verhalten der Klägerin hatte aber insbesondere nicht zur Folge, dass die Forderung gegenüber der Y-GmbH bereits verjährt war, als die Klägerin sie schließlich an den Beklagten abgetreten hat.
105Wie ausgeführt musste der Klägerin als Bauleistende zugestanden werden, dass sie die anfangs vielfach in verfassungsrechtlicher Hinsicht in Zweifel gezogene Norm des § 27 Abs. 19 UStG in der Zeit bis zur verfassungsrechtlichen Klärung in Mitte 2017 zunächst kritisch hinterfragte und die Gerichte anrief, um die Rechtsnorm und die Rechtmäßigkeit ihrer Anwendung überprüfen zu lassen. Es konnte damit von der Klägerin auch nicht erwartet werden, dass sie unmittelbar nachdem sie über den Erstattungsantrag der Y-GmbH und dessen Rechtsfolgen informiert worden war, die Abtretung erklärte und geänderte Rechnungen ausstellte.
106Im Streitfall muss zudem auch dem Beklagten ein nur zögerliches Verhalten vorgehalten werden, auch wenn dies teils in der eigenwillig gewählten Form des Abtretungsangebots und der Übersendung der geänderten Rechnungen an den Beklagten statt an die Y-GmbH gelegen haben dürfte.
107Die Y-GmbH hatte den Antrag auf Erstattung der gezahlten Umsatzsteuer i.H.v. 30.902,76 € bereits am 28.05.2014 gestellt. Erst mehr als ein Jahr später hat das beklagte Finanzamt hierüber Mitteilung erhalten, welches die Klägerin dann recht zeitnah, nämlich mit Schreiben vom 28.07.2015, darüber informierte und das mögliche weitere Vorgehen skizzierte, insbesondere die Möglichkeit der Abtretung nach § 27 Abs. 19 S. 3 UStG aufzeigte. Auf den sodann am 02.10.2015 gegenüber der Klägerin erlassenen Umsatzsteueränderungsbescheid (Steuermehrbetrag: 25.968,63 €) erhob diese sogleich Sprungklage, um insbesondere die Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG in Frage zu stellen. Noch während des laufenden Klageverfahrens (Az. 5 K 3278/15 U) und während eines laufenden Billigkeitsverfahrens beim Beklagten hat die Klägerin schließlich am 19.05.2016 die Abtretung des Steuerbetrags von 25.968,63 € erklärt. Nachdem über den Billigkeitsantrag sowohl der Beklagte als auch das Gericht (Az. 5 K 305/17) mit Urteil vom 23.11.2017 abschlägig beschieden bzw. entschieden hatten, übersandte die Klägerin dem Beklagten nunmehr auch Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis. Erst hiernach, nämlich mit Urteil vom 15.05.2018, hat der Senat über die Sprungklage 5 K 3278/15 U entschieden. Der Beklagte brauchte zwei Jahre nach der von der Klägerin erklärten Abtretung bzw. ein halbes Jahr bis nach Übersendung der geänderten Rechnungen zur Annahme der Abtretungserklärung der Klägerin. Denn erst am 29.06.2018 nahm er die Abtretung, jedoch ausdrücklich ohne Wirkung an Zahlungs statt, an. Es dauerte weitere gut fünf Monate, nämlich bis zum 05.12.2018, bis der Beklagte dann auf die Y-GmbH zuging und ihr gegenüber den – zivilrechtlich noch nicht verjährten – abgetretenen zivilrechtlichen Anspruch auf Zahlung eines an sie abgetretenen Betrags i.H.v. 25.968,63 € bei gleichzeitiger Übersendung der ihr vorliegenden berichtigten Rechnungen geltend machte.
108dd) Jedenfalls reichten im Streitfall die Mitwirkungshandlungen der Klägerin aus, um den zutreffenden Rechtszustand nachträglich herzustellen. Der Beklagte hat den abgetretenen Betrag von 25.968,63 € bei der Y-GmbH erfolgreich geltend machen können, obwohl er – wie oben ausgeführt – selbst jeweils nicht zeitnah gehandelt hat. Die Y-GMBH erklärte auf das Schreiben des Beklagten vom 05.12.2018 sogleich den Verzicht der Einrede der Verjährung; der Betrag von 25.968,63 € wurde zudem bereits am 22.02.2019 bezahlt, ohne dass die Y-GmbH Einwendungen erhoben hatte. Dies zeigt, dass der Klägerin letztlich nicht der Vorwurf gemacht werden kann, nicht zeitgerecht in ausreichendem Maße an der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitgewirkt zu haben. Die Klägerin stellt die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 19 UStG bis heute in Frage, hat aber trotzdem im Sinne der Vorschrift mitgewirkt. Ob der Klägerin eine frühere Mitwirkung zumutbar gewesen wäre und ihr ein signifikantes Risiko der Inanspruchnahme nach § 14c Abs. 1 UStG drohte (siehe hierzu FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 07.12.2020, 7 K 7211/18, EFG 2021, 891, Rz. 49 ff.; vom 04.09.2019, 7 K 7194/18, EFG 2019, 1797, Rz. 50), kann hier dahingestellt bleiben.
109Auch der Umstand, dass die Klägerin berichtigte Rechnungen nur an den Beklagten übermittelte und dieser diese lediglich „informatorisch“ an die Y-GmbH weiterleitete, hatte nicht zur Folge, dass die Y-GmbH Einwendungen erhob. Sie hat sich insbesondere nicht auf ein bis zur Übersendung von ordnungsgemäßen, berichtigten Rechnungen bestehendes Zurückbehaltungsrecht wegen einer nicht erfüllten Nebenverpflichtung aus dem Vertrag (vgl. § 273 BGB, BGH, Urteil vom 26.06.2014, VII ZR 247/13, HFR 2014, 947; FG Münster, Urteil vom 15.03.2016, 15 K 3669/15 U, EFG 2016, 849, Rn. 36) berufen.
110ee) Die Klägerin hat die ihr obliegende Mitwirkungspflicht auch nicht dadurch verletzt, dass sie am 19.05.2016 die Abtretung nur in Höhe einer aus dem ursprünglichen Rechnungsbetrag herausgerechneten Umsatzsteuer von 25.968,63 € erklärt hat. Nur insoweit war die Umsatzsteuer 2012 ihr gegenüber festgesetzt worden. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 15.05.2018 ausgeführt, dass der Beklagte insoweit zwar eine Umsatzsteuer i.H.v. 30.902,76 € hätte berücksichtigen können, er selbst aber im gerichtlichen Verfahren nicht verbösern könne. Der Beklagte muss sich nun vorhalten lassen, dass eine Abtretung auch nur in dieser Höhe erfolgte, da ein Steueranspruch des Beklagten schließlich auch nur in dieser fälschlich zu niedrigen Höhe bestand. Da es sich um einen rein rechnerischen Betrag handelt, kann der Beklagte hier auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Klägerin eine Forderung in Höhe eines aus dem ursprünglichen Rechnungsbetrag herausgerechneten Steuerbetrags abgetreten hat, obwohl die Y-GmbH bereits den ursprünglichen Rechnungsbetrag bezahlt hatte und insoweit gar keine Forderung bestanden habe. Soweit die Klägerin nach bereits abgegebenem Abtretungsangebot über einen Betrag von 25.968,63 € in den berichtigten Rechnungen vom 21.12.2017 eine Umsatzsteuer i.H.v. 30.902,76 € offen auswies, war die Klägerin nicht gehalten, die Abtretung auch noch i.H.v. weiteren 4.934,13 € zu erklären. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn der Beklagte auf die berichtigten Rechnungen hin einen Umsatzsteueränderungsbescheid erlassen hätte, mit welchem er der Klägerin gegenüber bezüglich der streitigen Bauleistungen dann eine Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 30.902,76 € festgesetzt hätte. So aber kann der Beklagte nicht fordern, einen höheren Steuerbetrag als festgesetzt abgetreten zu erhalten. Anderenfalls würde dies eine Bereicherung für den Beklagten darstellen, weil er dann von der Y-GmbH die Zahlung von 30.902,76 € hätte fordern können, obwohl die Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin nur i.H.v. 25.968,63 € festgesetzt worden ist. Der Fiskus hat zwar nun letztlich einen Schaden erlitten, weil er 30.902,76 € an die Y-GmbH erstattet hat und nur 25.968,63 € durch Zahlung auf die abgetretenen Forderung erhalten hat. Dieser Schaden ist jedoch nicht der Klägerin, sondern dem Beklagten selbst zuzurechnen, weil die Umsatzsteuerfestsetzung für 2012 zu niedrig erfolgt ist.
111c) Die Steuerverbindlichkeit der Klägerin i.H.v. 25.968,63 € war durch Abtretung an Zahlungs statt gemäß § 27 Abs. 19 S. 4 UStG mit Zugang des Schreibens der Klägerin vom 21.12.2017 beim Beklagten erloschen.
112Im Streitfall wirkte die Abtretung i.H.v. 25.968,63 € an Zahlungs statt nicht wie von der Klägerin beantragt mit Wirkung zum Fälligkeitstag, sondern erst im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 21.12.2017 beim Beklagten. Mit diesem Schreiben wurden dem Beklagten die geänderten Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis übermittelt. Erst hierdurch war der Fiskus abschließend in die Lage versetzt, dem Erstattungsbegehren der Y-GmbH den von der Klägerin abgetretenen Anspruch entgegensetzen zu können.
113Um dem Erstattungsbegehren der Y-GmbH den von der Klägerin abgetretenen Anspruch entgegenhalten zu können, bedurfte es zunächst der zeitgerechten Abtretungserklärung hinsichtlich eines durchsetzbaren Anspruchs, mithin der Abtretungserklärung insbesondere vor Eintritt der Verjährung des zivilrechtlichen Anspruchs. Auf die Annahme der Abtretungserklärung kommt es für den Zeitpunkt der Erfüllungswirkung nach § 27 Abs. 19 S. 4 UStG nicht an, da dies allein in die Sphäre des Beklagten fällt. Anderenfalls könnte der Beklagte durch Zurückhalten der Annahmeerklärung das Eintreten der Erfüllungswirkung an Zahlungs statt einseitig verhindern. Voraussetzung für den Eintritt der Wirkung an Zahlungs statt ist gemäß § 27 Abs. 19 S. 4 Nr. 1 UStG zudem die Übersendung berichtigter Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis. Erst dann besteht seitens des Leistungsempfängers jedenfalls kein Zurückbehaltungsrecht im Wege der Einrede nach §§ 273, 320 BGB. Da die Klägerin vorliegend davon ausgehen bzw. darauf vertrauen durfte, dass der Beklagte die Abtretungsanzeige gegenüber der Y-GmbH vornimmt, kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob die Erfüllungswirkung nach § 27 Abs. 19 S. 4 UStG grundsätzlich auch das Vorliegen der Abtretungsanzeige an den Leistungsempfänger voraussetzt. Hier war der Beklagte jedenfalls bereits mit der Abtretungserklärung und der Übersendung der berichtigten Rechnungen in die Lage versetzt worden, dem Erstattungsbegehren des Leistungsempfängers die abgetretene Gegenforderung entgegenzusetzen, was sich auch in der erfolgreichen Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs zeigt.
114Dass der Beklagte auf den Erstattungsantrag der Y-GmbH i.H.v. 30.902,76 € nicht einen abgetretenen Anspruch in gleicher Höhe, sondern nur i.H.v. 25.968,63 € entgegenhalten konnte, ist der zu niedrigen Steuerfestsetzung durch den Beklagten geschuldet (siehe unter II.5.b)(4)ee)) und verhindert nicht die Erfüllungswirkung an Zahlungs statt des abgetretenen Anspruchs i.H.v. 25.968,63 €.
115III. Die zulässige Klage wegen anderweitiger Festsetzung der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2012 ist unbegründet.
116Gemäß § 240 Abs. 1 S. 1 AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird, ohne dass es auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen ankommt (BFH, Beschluss vom 02.03.2017, II B 33/16, BStBl II 2017, 646, Rz 32, m.w.N.). Säumniszuschläge sind allerdings nicht verwirkt, soweit die Vollziehung des Steuerbescheids ausgesetzt ist (BFH, Urteile vom 18.09.2018, XI R 36/16, BStBl II 2019, 87, Rn. 31; vom 10.03.2016, BStBl II 2016, 508, Rz 30; BFH, Beschluss vom 02.03.2017, II B 33/16, BStBl II 2017, 646, Rz 32, Rz 15).
117Nach § 240 Abs. 1 S. 4 AO bleiben verwirkte Säumniszuschläge unberührt, wenn die Festsetzung einer Steuer aufgehoben oder geändert wird. Diese Regelung gilt uneingeschränkt auch für die Beseitigung rechtswidriger Steuerfestsetzungen, da die Vollstreckbarkeit eines Steuerbescheids nicht von seiner Bestandskraft abhängt.
118Da Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 S. 1 AO kraft gesetzlicher Anordnung entstehen, sind Einwendungen gegen ihren Ansatz und ihre Höhe mit einem Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheides (§ 218 Abs. 2 AO) geltend zu machen (BFH, Beschluss vom 06.07.2015, III B 168/14, BFH/NV 2015, 1344). Der hier angefochtene Abrechnungsbescheid vom 17.07.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 weist keine entstandenen Säumniszuschläge aus. Ein neuer Abrechnungsbescheid ist noch nicht ergangen.
119Ob der Beklagte im Streitfall auf Erhebungsebene nach § 227 AO verpflichtet ist, die Säumniszuschläge nach § 227 AO zu erlassen, weil die Steuer tatsächlich bereits mit erfolgter Abtretung erloschen ist, ist zum einen nicht Gegenstand des Klageverfahrens und zum anderen fehlt es diesbezüglich an einem abgeschlossenen Vorverfahren (§ 44 Abs. 1 FGO). Die Klägerin wendet sich allein gegen die "Festsetzung" von Säumniszuschlägen. Der Erlass der festgesetzten Säumniszuschläge ist beim Beklagten nicht beantragt worden.
120IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
121Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
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