Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm - 11 Sa 1507/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 03.09.2014 - 1 Ca 3431/13 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die zutreffende Berechnung des Zuschusses zum Anpassungsgeld.
3Mit Wirkung zum 01.08.1975 begann der am 22.08.1959 geborene Kläger bei der Beklagten eine Ausbildung zum Elektroanlageninstallateur. Zuletzt war er als Aufsichtshauer auf dem Bergwerk Ost tätig.
4Die Beklagte hält aufgrund gesetzlicher Bestimmungen eine Grubenwehr vor. In dieser war auch der Kläger als Grubenwehrmann tätig. Für seine Tätigkeiten im Rahmen der Grubenwehrübung außerhalb der Schichtzeit erhielt er Zahlungen unter der sogenannten Lohnart „Grubenwehr-Übung außerh“.
5Der von der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen, welche Bestandteil des Unternehmens der Beklagten ist, aufgestellte Plan für das Grubenrettungswesen beinhaltet unter Anderem folgende Regelungen:
63 Grubenwehrmitgliedschaft
73.1 Aufnahme in die Grubenwehr
8Der Beitritt zur Grubenwehr ist freiwillig. Bewerbungen und Aufnahme werden an den Oberführer gerichtet. In der Grubenwehr werden als Wehrmänner nur Personen aufgenommen, die
9- mindestens 18 und höchstens 40 Jahre alt sind
10- unmittelbar vor der Aufnahme mindestens ein Jahr unter Tage gearbeitet haben
11- nach ärztlicher Bescheinigung für den Dienst in der Grubenwehr geeignet sind
12- gemäß Abschnitt 4.1 des Plans ausgebildet sind.
13Nach Abschluss der Grundausbildung sind die Anwärter mit der Eintragung in die Mitgliederkartei in die Grubenwehr aufgenommen. Als Eintrittsdatum gilt dann der Tag der ersten Einstundenübung. Bei der Aufnahme wird ihnen der Plan für das Grubenrettungswesen ausgehändigt, dessen Empfang sie durch Unterschrift bestätigen. Aus den „Pflichten der Grubenwehrmitglieder“ (Kap.5) ergibt sich die für Grubenwehrmitglieder verbindliche Dienstanweisung. (…)
144.4 Nachschulung
154.4.1 Nachschulung der Oberführer, Truppführer und Wehrmänner
164.4.1.1 Allgemeines
17Die praktische Nachschulung der Grubenwehrführer und Wehrmänner erfolgt in Übungsschichten und/oder in Übungen außerhalb der Schichtzeit. Die Übungen werden möglichst gleichmäßig über das Jahr verteilt.
184.4.1.2 Übungen
19Grubenwehrführer und Wehrmänner verfahren jährlich mindestens fünf Übungen mit Sauerstoffschutzgeräten. (…)
20Der Grubenwehr steht ein Übungsraum zur Verfügung, in dem bei erhöhter Temperatur und Sichtbehinderung (Rauch/Nebel) besondere Übungsaufgaben durchgeführt werden. (…)
21Die Übungen finden unter Aufsicht eines Oberführers oder eines von ihm beauftragten Truppführers statt. (…)
22Folgende Übungen mit Atemschutzübungen sind vorgeschrieben: (…)
23-Sonstige Übungen
24Bei den übrigen zweistündigen und vierstündigen Übungen im Übungsraum oder unter Tage werden je nach Bedarf und Ausbildungsauftrag auch andere grubenwehrbezogene Tätigkeiten (…) durchgeführt.
25Übungen über die volle Gebrauchszeit des Atemschutzgerätes (sog. 4-Stunden-Übungen) werden grundsätzlich innerhalb der Arbeitszeit verfahren.
26(…)
275 Pflichten der Grubenwehrmitglieder
285.1 Grubenwehrmitglieder
29Jedes Grubenwehrmitglied hat sich auf Eignung für den Dienst in der Grubenwehr untersuchen zu lassen.
30Die Grubenwehrmitglieder sind verpflichtet, vor Übungen und Einsätzen dem Truppführer bzw. dem Oberführer zu melden, wenn sie sich körperlich nicht voll leistungsfähig fühlen. Das Grubenwehrmitglied hat den Oberführer über Krankheiten und Unfälle zu unterrichten, die eine wesentliche Beeinträchtigung für den Dienst in der Grubenwehr verursachen können. Das Grubenwehrmitglied hat dafür Sorge zu tragen, dass es den Anforderungen der Übungen und Einsätze durch ausreichende Kondition gewachsen ist. In den vom Oberführer bestimmten Abständen – jedoch mindestens zweimal im Jahr- hat sich das Grubenwehrmitglied unter Aufsicht einer Konditionsprüfung zu unterziehen (…).
31Die Mitglieder der Grubenwehr leisten bei der Ausbildung und im Einsatz den Anweisungen des Oberführers und des von ihm beauftragten Grubenwehrführers Folge.
32Sie nehmen an den Übungen, Ausbildungen und Unterweisungen (Kapitel 4) planmäßig teil.
33(…).
34Die Bezahlung der Mitglieder der Grubenwehr richtet sich bei der Beklagten nach der Vorstandsrichtlinie DSK VR 02/07 „Bezahlung der Gruben- und Gasschutzwehren“ nebst Anlagen 1 und 2.
35Diese beinhaltet unter Anderem folgende Regelungenungen:
362 Einsätze der Gruben-/Gasschutzwehr
37Grundvergütung
38Für einen Einsatz der Gruben- oder Gasschutzwehr erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen.
39Mehr-, Ruhetags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit
40Für Mehr-, Ruhetags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit werden neben der Grundvergütung die tariflichen Zuschläge bezahlt.
41(…)
42Bei dieser Regelung handelt es sich nicht um eine Mehrarbeitsvergütung im Sinne des Arbeitsvertrages.
433 Übungen innerhalb der Schicht
44Übungen innerhalb der Schichtzeit sind grundsätzlich vorzuziehen, da hier in der Regel keine physische Vorbelastung die Atemschutzübungen erschwert und ein ausreichender Zeitrahmen für die theoretische Ausbildung zur Verfügung steht.
45Übungen innerhalb der Schichtzeit bestehen immer aus einer praktischen Übung und einer Unterweisung. Für eine Übung/Unterweisung innerhalb der Schicht erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. die Bezüge einschließlich der sonst gezahlten Zulagen. Die Pauschalen für Übungen innerhalb der Schicht werden gewährt für das Tragen der Atemschutzgeräte im Rahmen der praktischen Übung.
46Atemschutzübungen der Grubenwehr mit Pressluftatmern, Schlauchgeräten, Tauchgeräten oder Filtergeräten werden nach der Bezahlungstabelle der Gasschutzwehr bezahlt.
47Werden von der Grubenwehr Klimaübungen verfahren, die aufgrund der Einsatzbeschränkung (Plan Grubenrettungswesen) verkürzt werden müssen, so ist die Pauschale für eine zweistündige Übung zu gewähren.
48(…)
494 Übungen außerhalb der Schicht
50Die Pauschalen und Stundensätze für Übungen außerhalb der Schicht beinhalten den gesamten zeitlichen Ablauf inklusive einer Zulage für das Tragen der Atemschutzgeräte im Rahmen einer praktischen Übung (…, bei Grubenwehren in der Regel 2 Stunden Übungszeit unter Atemschutz). Atemschutzübungen der Grubenwehr mit Presslufthammern, Tauchgeräten, Schlauchgeräten oder Filtergeräten (Dauer 0,5 Stunden) werden nach der Bezahlungstabelle der Gasschutzwehr bezahlt.
51Werden von der Grubenwehr Klimaübungen verfahren, die aufgrund der Einsatzdauerbeschränkung (Plan Grubenwesen) verkürzt werden müssen, so ist die Pauschale für eine zweistündige Übung zu gewähren. Im Rahmen einer Übung ohne Atemschutz sind Aufgaben durchzuführen, die in direktem Zusammenhang mit dem Auftrag einer Grubenwehr oder Gasschutzwehr, z.B. Löschübungen, Dammbauarbeiten stehen.
52(…)
535 Unterweisung / Teilnahme
54Für eine Unterweisung innerhalb der Schicht erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen.
55Die Stundensätze für Unterweisungen außerhalb der Schicht beinhalten den gesamten zeitlichen Aufwand. Abgerechnet werden die tatsächlichen Unterweisungszeiten.
56Bei der Beklagten existiert ein Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG vom 25.06.2003, abgeschlossen zwischen dem Vorstand der Deutschen Steinkohle AG -im Namen und für Rechnung der Beklagten- und dem Gesamtbetriebsrat der Deutschen Steinkohle AG. Nach dessen § 2 S.1 u. 2. erhalten Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen APG-Richtlinien haben, unter Anderem einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Ziffer 7 der vorgenannten Regelung hat unter Anderem folgenden Inhalt:
57(1) DSK leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld ohne Abzug der in Ziff.4.1.2 der APG-Richtlinien genannten Leistungen das Garantieeinkommen nicht erreicht.
58(…)
59(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
60Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
61Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
62(…)
63(8) Der betriebliche Zuschuss wird für die Dauer des Bezuges von Anpassungsgeld – ausgenommen Zeiten des Bezuges gemäß Ziff.5.7 der APG-Richtlinien gewährt. (…)
64Bei dem Zuschuss des Anpassungsgeldes bzw. bei der Berechnung des Garantieeinkommens finden die in der DSK VR 02/07 enthaltenen Pauschalen für Übungen, die innerhalb der Schicht geleistet werden, Berücksichtigung.
65Mit Wirkung vom 01.12.2008 nahm der Kläger an der Transferkurzarbeit teil. Seit dem 01.09.2009 befand er sich in der sogenannten Anpassung und bezog seitdem Anpassungsgeld, welches von dem Bundesamt für Außenwirtschaft (BAFA) gezahlt wird.
66Mit Datum vom 27.05.2010 verabschiedeten die Vertragsparteien des Gesamtsozialplanes die Protokollnotiz VII. Ausweislich dessen Inhalts stimmen die Parteien darin überein, dass unter Anderem bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß § 2 Ziffer 7 (Zuschuss zum Anpassungsgeld) Absatz 3 des Gesamtsozialplanes die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen seien. In dieser Anlage findet sich unter Anderem die Lohnart „0E02 Übung Grub-/Gas. auss.einm“. Im Weiteren stellen die Vertragsparteien darin klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplanes bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes am 25.06.2003 vorhanden gewesen sei und dem Abschluss des Gesamtsozialplanes zugrunde gelegen habe.
67§ 20 des Tarifvertrages über die allgemeinen betrieblichen Arbeitsbedingungen im rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbau (im Nachfolgenden TV ABA) beinhaltet unter Anderem folgende Regelungen:
68(1) Beschwerden wegen unrichtiger Ermittlung oder Errechnung oder Zahlung von Lohn oder Gehalt sind von dem Arbeitnehmer unverzüglich vorzubringen.
69(2) Die Ansprüche des Absatzes 1 sind nötigenfalls im Wege der Klage innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten seit dem Auszahlungstag geltend zu machen. Ansprüche anderer Art werden hierdurch nicht berührt.
70Zur Begründung seiner bei Gericht am 19.12.2013 eingegangenen und der Beklagten am 03.01.2014 zugestellten Klageschrift, mit der der Kläger zunächst einen Differenzbetrag in Höhe von 69,64 € für die Jahre 2010 bis 2013 in Höhe von insgesamt 3.334,25 € verlangt hat, hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Mitgliedern der Grubenwehr die Notwendigkeit der Übung zu ermöglichen. Ohne Übungen entfalle seine Qualifikation als freiwilliger Grubenwehrmann. Ohne freiwillige Grubenwehr könne die Beklagten ihren Betriebszweck nicht mehr fortführen. Bei einer Grubenwehrübung handele es sich seiner Ansicht nach deshalb um notwendige Arbeitszeit zur Erhaltung der zusätzlichen Qualifikation, die staatlicherseits angeordnet worden sei. Bei Mehrarbeit handele es sich um angeordnete Arbeit, die zusätzlich zur normativen Arbeitszeit erbracht werden solle, die jedoch nicht Voraussetzung für den Erhalt des Arbeitsplatzes oder der Qualität darstelle. Von daher sei die Einsatzzeit für Grubenwehrübungen grundsätzlich anders zu betrachten als reine Mehrarbeit. Eine hiervon abweichende Auslegung des Sozialplanes sei nicht möglich. Wenn beide Parteien vereinbarten, bestimmte Entgelte nicht berücksichtigen zu wollen, so sei diese Vereinbarung abschließend. Ansonsten hätten sie anderes vereinbaren müssen. Dies hätten sie auch zwischenzeitlich getan. Mit der Vereinbarung vom 27.05.2010 hätten die Vertragsparteien den § 2 Ziffer 7 sowie § 3 Ziffer 1,2, § 4 Ziffer 1,3 sowie § 5 Ziffer 1 neu geregelt. Dies könne, wenn überhaupt, jedoch nur für die Zukunft gelten. Der Vortrag der Beklagten, dass die Auschlussfrist des § 20 TV ABA gelten würde, sei zurückzuweisen. Es handele sich bei dem Entgelt weder um Lohn noch um Gehalt. Er erhalte einen Zuschuss gemäß einem Sozialplan und unterliege somit nicht oben genannter Regelung des TV ABA.
71Mit bei Gericht am 30.07.2014 eingegangenem und der Beklagten am 01.08.2014 zugestelltem Schriftsatz vom 29.07.2014 hat der Kläger die von der Beklagten aufgestellte Berechnung unstreitig gestellt und hat nunmehr eine monatliche Vergütungsdifferenz in Höhe von 66,17 € für insgesamt 48 Monate begehrt.
72Der Kläger hat zuletzt unter Rücknahme der Klage im Übrigen beantragt,
73die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.176,16 € brutto nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 29.07.2014 zu zahlen.
74Die Beklagte hat beantragt,
75die Klage abzuweisen.
76Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Bezüge, welche der Kläger für seine Grubenwehrtätigkeit erhalten habe, bei der Einkommensermittlung des Garantieeinkommens für Anpassungsgeldempfänger und damit in der Berechnung des ihrerseits zu leistenden Zuschusses nicht zu berücksichtigen seien. Bei den an den Kläger gezahlten Bezügen für Grubenwehrtätigkeiten handele es sich zwar um Entgelt, welches der Sozialversicherungspflicht unterliege. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.10.2013 sei auf den vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht anwendbar. Folge man der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, ergäbe sich aus dem Wortlaut des § 2 Ziffer 7 Abs.3 S.2 des Gesamtsozialplanes nicht, dass die dem Kläger gewährte Zulage für Grubenwehrzulagen außerhalb der Arbeitszeit tatsächlich Entgelt für geleistete Arbeit gewesen sei. Die Wahrnehmung der Aufgaben als freiwilliges Mitglied der Grubenwehr sei nicht ein weiterer Teil der Arbeitspflichten des Klägers geworden. Da die Mitgliedschaft in der Grubenwehr nicht zwingend mit dem Abschluss bzw. der Änderung des Arbeitsvertrages einhergehe, bedürfe es hierzu jeweils eines gesonderten Aktes. Der Mitarbeiter könne in die Grubenwehr eintreten bzw. auch wieder austreten. Sie, die Beklagte, habe insoweit kein entsprechendes Weisungs- bzw. Direktionsrecht. Dass es sich bei der Teilnahme nicht um eine Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag handele und die Beklagte insofern kein Leistungsbestimmungsrecht im Hinblick auf Ort, Art und Umfang gehabt habe, folge schon daraus, dass sie selbst für den Fall, dass der Kläger nicht an einer Grubenwehrübung außerhalb der Arbeitszeit teilgenommen habe, dieses nicht habe sanktionieren können. Es sei auch nicht ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, ob und wie die freiwilligen Mitglieder der Grubenwehr ihre Übungen organisierten. Da der Kläger ihr die Teilnahme an den Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit arbeitsvertraglich nicht schulde, seien die gezahlten Grubenwehrzulagen kein Entgelt im Sinne des § 2 Ziff.7 Abs.3 des Gesamtsozialplanes vom 25.06.2003. Nach ihren Berechnungen betrage das monatliche Garantieeinkommen ohne Grubenwehrzulage 2.787,40 € sowie inklusive Grubenwehrzulage 2.673,42 €. Es ergäbe sich eine Differenz in Höhe von 66,17 € brutto monatlich.
77Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 03.09.2014 verurteilt, an den Kläger 3.176,16 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen. Für die Jahre 2010 bis einschließlich 2013 (insgesamt 48 Monate) könne der Kläger einen weiteren Zuschuss in Höhe von jeweils 66,17 € nach § 2 Satz 1, 2 Ziffer 7 des Gesamtsozialplans vom 25.06.2003 beanspruchen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch die für die Tätigkeit als Grubenwehrmann gezahlte Zulage in die Berechnung des Garantieeinkommens einzubeziehen. Entscheidend hierfür sei, dass der Kläger durch seine Tätigkeit als Grubenwehrmann gegenüber der Beklagten weitere zusätzliche arbeitsvertragliche Pflichten übernommen habe. Dass es sich bei der Tätigkeit eines Grubenwehrmannes innerhalb der Grubenwehr um eine Erweiterung der arbeitsvertraglichen Pflichten handele, verdeutliche die Tatsache, dass ausweislich Ziffer 2 des DSK VR 02/07 die Mitglieder der Wehr für einen Einsatz der Gruben-/und Gasschutzwehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen erhielten. Jedenfalls insoweit handele es sich um Vergütung für eine tatsächlich erbrachte Leistung. Die in den Sätzen 3 und 4 des § 2 Ziffer 7 Nr. 3 des Sozialplans konkret benannten Einschränkungen führten zu keiner abweichenden Entscheidung. Sämtliche dieser Einschränkungen träfen auf die streitgegenständliche Zulage nicht zu (weder Einmalzahlungen noch Mehrarbeitsgrundvergütungen noch Lohn- bzw. Gehaltsanteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen). Für eine Auslegung in dem von der Beklagten gewünschten Sinn bleibe die Protokollnotiz vom 27.05.2010 ohne Bedeutung. Diese sei erst nahezu sieben Jahre später verfasst worden und könne schon deshalb kein maßgebliches Auslegungskriterium für die frühere Vereinbarung sein. Die Grubenwehrzulage „außerhalb“ sei bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen und damit Teil des Garantieeinkommens. Nach der unstreitig gewordenen Berechnung der Beklagten ergebe sich ein monatlicher Anspruch von 66,17 € brutto. Die Ansprüche seien nicht nach § 20 TV ABA verfallen, da es sich nicht um Ansprüche auf Arbeitsvergütung handele, welche von der Geltung der tariflichen Verfallfrist erfasst würden. Vielmehr handele es sich um eine Leistung, die dem Kläger erst nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gewährt werde. Verzinsung könne der Kläger nach §§ 291, 288 Abs. 2 Satz 2 BGB beanspruchen.
78Das Urteil ist der Beklagten am 26.09.2014 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 27.10.2014 (Montag) Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 02.02.2015 am 02.02.2015 begründet.
79Die Beklagte wendet ein, unzutreffend habe das Arbeitsgericht entschieden, dass die gewährte Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld zugunsten des Klägers zu berücksichtigen sei. Die Entscheidung des BAG vom 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 – betreffe den Fall eines hauptamtlichen Hauptgerätewarts und sei deshalb für den Fall des Klägers nicht einschlägig. Die Beklagte stellt die historische Entwicklung und die gegenwärtigen normativen Vorgaben für das Grubenrettungswesen dar. Insoweit wird auf die Ausführungen unter III. und IV. der Berufungsbegründung Bezug genommen (Bl. 126 – 129 GA). Sie halte an ihrer Auffassung fest, dass die für Grubenwehrübungen in der Freizeit gewährten Zulagen bei der Berechnung des Zuschusses nicht zu berücksichtigen seien. Dies folge entweder aus einer authentischen Auslegung des Gesamtsozialplans unter Berücksichtigung der Protokollnotiz oder aus der - im Übrigen eindeutig - dem Wortlaut der Protokollnotiz zu entnehmenden, auch für diese gewollten normativen Wirkung. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Kläger aufgrund des Arbeitsvertrages nicht verpflichtet gewesen, Mitglied der Grubenwehr zu werden oder Tätigkeiten eines Mitglieds der Grubenwehr zu erbringen. Zu der vom Kläger arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung habe es unstreitig nicht gehört, die Arbeiten eines Mitglieds der Grubenwehr zu verrichten. Der bloße Antrag auf Mitgliedschaft in der Grubenwehr sei ebenso wie die bloße Aufnahme einer Tätigkeit als freiwilliges Grubenwehrmitglied oder umgekehrt das bloße Dulden einer solchen Tätigkeit durch sie, die Beklagte, kein Austausch von Erklärungen mit Rechtsbindungswillen, die auf den Abschluss eines besonderen zusätzlichen Arbeitsvertrages oder die Erweiterung der Pflichten eines bestehenden Arbeitsvertrages gerichtet seien. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bewirke die „offizielle“ Aufnahme als Mitglied der Grubenwehr keinen Arbeitsvertragsabschluss und keine Änderung bestehender arbeitsvertraglicher Verpflichtungen. Bei der Mitgliedschaft in der Grubenwehr handele es sich um ein Rechtsverhältnis sui generis, um ein ehrenamtliches Engagement, das gerade außerhalb etwaig bestehender anderweitiger arbeitsvertraglicher Verpflichtungen ausgeübt werde. Nachdem der Grubenrettungsplan Teil des von der Bergaufsicht zu genehmigenden allgemeinen Betriebsplans sei, sei auch die Organisation der Grubenwehr Teil dieses aufsichtsrechtlichen und damit öffentlich-rechtlichen Verfahrens zur Genehmigung eines Betriebs. Die Bereiche, die der Regulation der Bergaufsicht unterlägen, seien dadurch gekennzeichnet, dass die dort tätigen sogenannten „verantwortlichen Personen“ nur eingeschränkt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterlägen. Über den Plan werde aufsichtsrechtlich eine besondere Freiheit der Grubenwehren abgesichert. Die ehrenamtliche Mitgliedschaft in der Grubenwehr begründe insoweit ein Rechtsverhältnis sui generis, das kein Arbeitsvertrag sei. Sie, die Beklagte, habe kein Direktionsrecht für freiwillige Mitglieder der Grubenwehr. Betrachte man das Zusammenspiel von Grubenrettungsplan, Betriebsplan und den aufsichtsrechtlichen Vorgaben im Übrigen, so ergebe sich gerade im Gegenteil, dass das Direktionsrecht aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen gegenüber den Grubenwehren und deren Mitgliedern tatsächlich eingeschränkt sei. Sie könne keinen Einfluss darauf nehmen, welcher Arbeitnehmer zum Mitglied einer Grubenwehr ernannt werde, selbst wenn sie es wollte. Umgekehrt könne sie auch keinem Arbeitnehmer vorschreiben, dass er Mitglied der Grubenwehr werde oder als Mitglied austreten solle oder was er konkret als Mitglied der Grubenwehr aktuell an Aufgaben erledigen solle. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei rechtswidrig, weil es ihr, der Beklagten, ein Direktionsrecht zuschreibe, das sie nicht habe. Die Zahlung einer Vergütung sei kein Indiz für einen Arbeitsvertrag. Die Tatsache, dass die freiwilligen Mitglieder der Grubenwehren für ihre Tätigkeit in der Freizeit Zahlungen erhielten, spreche nicht dafür, dass es sich damit automatisch um Leistungen handele, wie sie im Rahmen und als Teil der arbeitsvertraglichen Pflichten erbracht würden. Wie das Beispiel der freiwilligen Feuerwehren zeige, gebe es auch andere freiwillige und ehrenamtliche Tätigkeiten, bei denen sehr wohl Aufwandsentschädigungen gezahlt würden bzw. pauschale Zahlungen die Freiwilligen motivieren sollten. Die Tatsache, dass die Vergütungen sozialversicherungsrechtlich verbeitragt werden müssten, seien kein Indiz für einen abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass auch dann, wenn man für die Auslegung des Gesamtsozialplans der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts folgen wolle und die Protokollnotiz der Betriebspartner für wirkungslos erachte, die Klage abzuweisen sei. Die Tätigkeit des Klägers als freiwilliges Mitglied der Grubenwehr in seiner Freizeit sei weder Teil seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen noch Teil eines zweiten neben seinem Hauptarbeitsvertrag abgeschlossenen Nebenarbeitsverhältnisses. Er erbringe diese Tätigkeiten im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements als freiwilligem Mitglied der Grubenwehr, was sie mit Zahlung der streitbefangenen Zulage honoriere. Da der Gesamtsozialplan als Berechnungsgrundlage für den betrieblichen Zuschuss nur auf das Entgelt abstelle, das im synallagmatischen Zusammenhang des Arbeitsvertrages stehe, seien diese Zahlungen der Lohnart 1015 für die Berechnung des Zuschusses nicht zu berücksichtigen.
80Die Beklagte beantragt,
81das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 03.09.2014 – 1 Ca 3431/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
82Der Kläger beantragt,
83die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
84Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Unstreitig sei, dass die Vergütung für Übungen und Einsätze innerhalb der regulären Arbeitszeit von freiwilligen Mitgliedern der Grubenwehr zur Berechnung des APG-Zuschusses berücksichtigt würden. Am Status als freiwilliger Grubenwehrmann habe sich nichts geändert, wenn diese Übungen außerhalb der regulären Arbeitszeit durchgeführt worden seien. Die Beklagte sei rechtlich zur Unterhaltung einer Grubenwehr verpflichtet. Die Beklagte hätte die Grubenwehr auch ausschließlich hauptamtlich organisieren können. Dies habe sie jedoch nicht getan und sich entschieden, die Grubenwehr hauptamtlich und freiwillig durch eigene Mitarbeiter zu organisieren. Die Beklagte sei zum Betrieb der Bergwerke auf freiwillige Grubenwehrmänner aus ihrem Mitarbeiterstamm angewiesen. Nach 3.1 des Plans für das Grubenrettungswesen sei die Aufnahme in die Grubenwehr unmittelbar an eine Beschäftigung unter Tage gebunden. Für die Grubenwehrmitglieder ergäben sich aus dem Plan für das Grubenrettungswesen verbindliche Dienstanweisungen. Damit stellten Kapitel 4 und 5 des Plans auch erweiterte Pflichten aus dem Arbeitsvertrag dar, da sie für die Grubenwehrmitglieder verbindlich von der Beklagten aufgestellt worden seien. Entsprechend der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2013 sei der Wortlaut des § 2 Ziffer 7 Satz 3 und 4 des Sozialplans 2003 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig. Zutreffend habe das Bundesarbeitsgericht die spätere Protokollnotiz für wirkungslos erachtet. Hervorzuheben sei, dass es die Beklagte selbst sei, die die Entscheidung darüber treffe, wer in die Grubenwehr als Wehrmann aufgenommen werde. Er, der Kläger, sei verpflichtet gewesen, die Übungen durchzuführen, wenn er Mitglied der Grubenwehr habe werden wollen. Aus Satz 6 des Planes für das Grubenrettungswesen ergäben sich Pflichten der Grubenwehrmitglieder (Kapitel 5). Hierin lägen verbindliche Dienstanweisungen auch für freiwillige Grubenwehrmitglieder durch den Arbeitgeber, also die Beklagte. Die Beklagte lege Ort, Art und Umfang der Grubenwehrübungen fest. Warum das für die Grubenwehrtätigkeit erhaltene Geld, aufgrund der Sozialversicherungspflicht eindeutig auch Entgelt für Arbeitsleistung, bei Einsätzen während der Arbeitszeit juristisch anders zu bewerten sein solle als für Übungen außerhalb der normalen Arbeitszeit, sei rein logisch nicht nachzuvollziehen. Nach der Regelung im Sozialplan blieben Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütung sowie Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterlägen, bei der Ermittlung außer Betracht. Diese Aufzählung sei nach dem klaren Wortlaut der Regelung abschließend und nicht lediglich beispielhaft erfolgt. Die hier streitgegenständlichen Zahlungen seien unstreitig sozialversicherungspflichtig. Es handele sich nicht um Einmalzahlungen und auch nicht um Mehrarbeitsvergütung
85Wegen des weiteren Vorbringens und weiterer Details der rechtlichen Argumente der Parteien wird ergänzend auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
86Entscheidungsgründe
87I. Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
88II. In der Sache bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld zu zahlen, wie er sich bei der Einbeziehung der Zahlungen für Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit in das Garantieeinkommen errechnet.
891. Der Anspruch hat seine Grundlage in § 2 Nr. 7 Gesamtsozialplan. Danach hat die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld zu zahlen, wenn das Anpassungsgeld das Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen beträgt dabei 60 % des Bruttoeinkommens, maximal 60 % der einschlägigen rentenversicherungsrechtlichen Bemessungsgrenze. Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens ist das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate zugrundezulegen. Nicht einzubeziehen sind Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrund-vergütungen sowie Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Bei zutreffender Berechnung nach Maßgabe dieser Regelung schuldet die Beklagte dem Kläger eine weitere Zahlung im ausgeurteilten Umfang.
90a) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind in das maßgebliche Garantieeinkommen die Bruttozahlungen einzubeziehen, die sie dem Kläger für Grubenwehrübungen außerhalb der regulären Schichtzeit gezahlt hat. Diesem Ergebnis steht die Protokollnotiz vom 27.05.2010 nicht entgegen.
91Die erkennende Kammer hatte in einem Urteil vom 22.03.2012 den gegenteiligen Standpunkt eingenommen (LAG Hamm 22.03.2012 – 11 Sa 1634/10 -). Die Kammer hatte argumentiert, aus dem Gesamtsozialplan vom 25.06.2003 i.V.m. der Protokollnotiz vom 27.05.2010 folge, dass die Bezüge für die Teilnahme an Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit nicht in das Garantieeinkommen einzurechnen seien. Ausweislich der Protokollnotiz sei dies bei Verabschiedung des Gesamtsozialplans das gemeinsame Verständnis der Betriebsparteien gewesen. Es habe eine Fallgestaltung vorgelegen, in der Unklarheiten und Regelungslücken in einer Betriebsvereinbarung auch rückwirkend durch eine authentische Interpretation der Betriebsparteien durch eine Protokollnotiz hätten beseitigt werden können. Die dafür erforderlichen Unklarheiten seien darin begründet, dass die Betriebsparteien die Mehrarbeitsgrundvergütung und damit sozialversicherungspflichtige Bezüge, die ebenfalls für Leistungen „außerhalb der Schichtzeit“ gezahlt würden, ausdrücklich aus dem Garantieeinkommen ausgenommen hätten.
92Dieser Argumentation ist das Bundesarbeitsgericht entgegengetreten (BAG 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 – AP BetrVG § 112 Nr. 223 LS [voller Wortlaut nur in AP Online-Fassung]). Es hat entschieden, dass die einem hauptamtlichen Hauptgerätewart gezahlte Grubenwehrzulage (außerhalb der Schichtzeit) bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG vom 25. Juni 2003 zu berücksichtigen ist. Nach der Regelungssystematik des Gesamtsozialplans, so das BAG (aaO), ist die Grubenwehrzulage Entgelt, das bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen ist. Sie ist sozialversicherungspflichtiges Entgelt, das weder eine Einmalzahlung noch eine Mehrarbeitsvergütung darstellt. Dieses Ergebnis entspricht, so das BAG weiter, auch dem Regelungszweck des Sozialplans, den in den Regelungen festgelegten sozialen Besitzstand zu sichern, der sich nach der Höhe des Entgelts richtet, das der Arbeitnehmer als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat. Die Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 steht diesem Ergebnis nicht entgegen (BAG aaO). Bei der Protokollnotiz handelt es sich nicht um eine eigenständige normative Regelung sondern lediglich um eine Auslegungshilfe (BAG aaO). Das in der Protokollnotiz zum Ausdruck gebrachte abweichende Verständnis der Betriebsparteien hat im Gesamtsozialplan keinen hinreichenden Niederschlag gefunden und kann deshalb bei dessen Auslegung nicht berücksichtigt werden (BAG aaO). Betriebsvereinbarungen sind objektiv auszulegen. Entscheidend ist, wie die Normunterworfenen und die Gerichte eine Regelung zu verstehen haben. Der subjektive Regelungswillen der Betriebsparteien kann nur Berücksichtigung finden, soweit er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat. Daran fehlt es hier.
93Die Kammer folgt nunmehr diesem Auslegungsergebnis des BAG.
94b) Dem so begründeten Anspruch steht nicht entgegen, dass der hiesige Kläger anders als der Kläger der Entscheidung des BAG nicht hauptamtlicher Gerätewart für die Grubenwehr war. Durch die Vorgaben und Regelungen im Plan für das Grubenrettungswesen und die Regelungen zur Bezahlung bei Einsätzen in der Grubenwehr nach der Vorstandsrichtlinie DSK VR 02/07 und die entsprechende tatsächliche Handhabung sind die Parteien durch schlüssiges Verhalten übereingekommen, dass der Kläger mit Tätigkeiten für die Grubenwehr eine Tätigkeit ausübt, die für die Zeit ihrer Verrichtung an die Stelle der sonstigen vertraglichen Arbeitstätigkeit tritt. In diesem Zusammenhang ist es nicht von Bedeutung, dass der Eintritt in die Grubenwehr auf einem freien Willensentschluss des Klägers beruht. Dies ist auch bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Arbeitsvertrages so, ohne dass deshalb der Bezahlung für die anschließend verrichtete weisungsgebundene Tätigkeit die Qualifikation als Arbeitsentgelt abzusprechen wäre. Bei der Tätigkeit für die Grubenwehr war es auch nicht so, dass der Kläger insoweit weisungsungebunden tätig geworden wäre. In 3.1 des von der Beklagten aufgestellten Plans für das Grubenrettungswesens ist ausdrücklich festgelegt, dass die unter der Überschrift „Pflichten der Grubenwehrmitglieder“ (Kap. 5) festgelegten Regeln als verbindliche Dienstanweisung zu verstehen sind („Aus den „Pflichten der Grubenwehrmitglieder“ (Kap.5) ergibt sich die für die Grubenwehrmitglieder verbindliche Dienstanweisung“). Entsprechend den benannten Vorgaben ist dem Kläger über die Jahre seiner Grubenwehrzugehörigkeit für Grubenwehrtätigkeiten innerhalb der Schicht undifferenziert das reguläre vertragliche Entgelt durchgezahlt worden. Die so deutlich gewordene einvernehmliche Qualifizierung der Grubenwehrtätigkeit als Erfüllung der Arbeitsvertragspflicht kann einem Teil der Grubenwehrtätigkeiten dann nicht allein deshalb wieder abgesprochen werden, weil sie gelegentlich auch außerhalb der regulären Schichtzeit absolviert worden ist. Die von den Grubenwehrmitgliedern außerhalb der Schicht verdienten sozialversicherungspflichtigen Zahlungen der Beklagten sind ebenso wie die innerhalb der Schicht verdienten sozialversicherungspflichtigen Zahlungen Teil des bisherigen sozialen Besitzstandes des Arbeitnehmers, der durch die Garantiezahlung nach dem GSP abgesichert werden soll. Dies gilt für alle Mitglieder der Grubenwehr in gleicher Weise und unabhängig davon, ob sie in ihrer sonstigen vertraglichen Tätigkeit etwa als Hauer, Aufsichtshauer, Kolonnenführer im Maschinenbetrieb, Elektroanlageninstallateur tätig waren oder als Gerätewart für die Grubenwehr. Nachdem die Bezahlung der Grubenwehrübungen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich wie geschehen praktiziert worden ist, kann die Beklagte wegen der Treuwidrigkeit widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) auch nicht mit dem Einwand gehört werden, anlässlich der Aufnahme des Klägers in die Grubenwehr sei eine schriftliche Vertragsänderung vorzunehmen gewesen. Ob durch die Förmlichkeiten der Aufnahme in die Grubenwehr die Schriftform gewahrt ist, wie in einigen erstinstanzlichen Urteilen ausgeführt wird, kann dahingestellt bleiben.
952. Die Höhe der geschuldeten Nachzahlung ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Kläger hat sich im Verlaufe des Rechtsstreits der von der Beklagten vorgenommenen Berechnung angeschlossen und diese in seinen aktuell gestellten Klageantrag übernommen. Die ausgurteilte Verzinsung der nachzuzahlenden Beträge schuldet die Beklagte nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 247 BGB.
96III. Die Kostenentscheidung fußt auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels die Partei zu tragen, die es eingelegt hat. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
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Referenzen
- § 20 TV 2x (nicht zugeordnet)
- 1 AZR 544/12 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung 1x
- ZPO § 519 Berufungsschrift 1x
- ZPO § 520 Berufungsbegründung 1x
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 1x
- Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm - 11 Sa 1634/10 1x
- BGB § 247 Basiszinssatz 1x
- ArbGG § 64 Grundsatz 1x
- Urteil vom Arbeitsgericht Herne - 1 Ca 3431/13 2x
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 2x
- Urteil vom Bundesarbeitsgericht (1. Senat) - 1 AZR 544/12 1x
- BGB § 291 Prozesszinsen 2x
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x