Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamburg (6. Kammer) - 6 Sa 44/17

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. März 2017 – Az. 7 Ca 337/16 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des 30.06.2016 aufgrund der vertraglichen Befristung vom 08.05.2012 beendet worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in Vollzeit als Psychologen und wissenschaftlichen Mitarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu beschäftigen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG).

2

Die Parteien waren seit dem 1. Januar 2003 in verschiedenen Vertragsverhältnissen miteinander verbunden. Für den Zeitraum 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2009 schlossen sie einen nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz befristeten Arbeitsvertrag ab. Mit Arbeitsvertrag vom 28. April 2009/29. Mai 2009 vereinbarten die Parteien nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG die befristete Weiterbeschäftigung des Klägers als Psychologen und wissenschaftlichen Mitarbeiter bis zum 31. Mai 2012. Für die Einzelheiten des Arbeitsvertrages vom 28. April 2009/29. Mai 2009 wird auf die Anlage K2, Bl. 13 ff. d.A., verwiesen. Mit Änderungsvertrag vom 8. Mai 2012 verlängerten die Parteien das befristete Arbeitsverhältnis „in beiderseitigem Einvernehmen“ bis zum 30. Juni 2016 (siehe hierzu Anlage K 3, Bl. 19 f d.A.). Mit der vorliegenden, am 21. Juli 2016 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 28. Juli 2016 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit dieser Befristungsvereinbarung. Der Kläger erzielte zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 6.372,55 €.

3

Bereits vor seiner Tätigkeit für die Beklagte war der Kläger langjährig im Wissenschaftsbereich tätig:

4

Vom 1. Mai 1998 bis zum 30. April 2001 erhielt er ein Doktorandenstipendium im Rahmen des Graduiertenkollegs „Neuronale Plastizität: Moleküle, Strukturen, Funktionen“ des Klinikums der G.-Universität F.. In einem Schreiben des Graduiertenkollegs vom 12. Mai 1998, durch das dem Antrag des Klägers auf das Doktorandenstipendium stattgegeben wurde, heißt es wie folgt:

5

„Das Stipendium soll Ihnen zur Durchführung ihres Forschungsvorhabens mit dem Titel `X und damit verbunden zur Anfertigung einer Dissertation unter der Anleitung von Prof. Dr. S. dienen...“

6

Für die Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage C, Bl. 312 f. d.A. verwiesen. Der Kläger forschte während der Förderung durch das Graduiertenkolleg am M.-Institut für H. in F. a. M.. Innerhalb des ersten Jahres seiner Tätigkeit wechselte er die Arbeitsgruppe und arbeitete fortan in der Arbeitsgruppe des Herrn Prof. (damals: Dr. habil.) E..

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In einem Zwischenbericht über die Arbeit des Klägers vom 24.02.1999 – nunmehr zu dem Thema „Die Rolle zeitlich strukturierter Reize für die Synchronisation kortikaler Neurone erwachsener und junger Katzen“ wird Herr Dr. habil. E. als Betreuer der Arbeit des Klägers benannt. Der Zwischenbericht umfasst eine ausführliche Stellungnahme von Herrn Prof. (damals: Dr. habil.) E. zur Arbeit des Klägers. Auf das Anlagenkonvolut K 10, Bl. 140ff. d.A. wird verwiesen. Mit Schreiben des Graduiertenkollegs vom 22. April 1999 und 19. April 2000 wurde den Anträgen des Klägers auf Verlängerung des Doktorandenstipendiums stattgegeben und jeweils das neue Forschungsvorhaben des Klägers aufgeführt. Als Anleiter war jeweils Herr Prof. S. benannt. Für die Einzelheiten wird auf die Anlagen D (Blatt 314 d.A.) und E (Bl. 316 d.A.) verwiesen.

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Nach dem Auslaufen des Doktorandenstipendiums wurde der Kläger befristet vom 1. Mai 2001 bis zum 31. Oktober 2001 auf Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 9. Mai 2001 (Anlage K 5, Bl. 58 ff. d.A.) von der M.-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. „als Doktorand zur Weiterbildung im Sinne von § 57 b Abs. 2 Nr. 1 Hochschulrahmengesetz“ am M.-Institut für H. in F. beschäftigt.

9

Die Institute der M.-Gesellschaft haben kein Promotionsrecht. Bei der G.-Universität F. galt die Promotionsordnung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachbereiche vom 26. Mai 1993 (Anlage H, Bl. 437 ff. d.A.). Der Kläger beantragte in seiner Zeit am M.-Institut in F. weder seine Annahme als Doktorand noch immatrikulierte er sich im Rahmen eines Graduiertenstudiums an der G.-Universität.

10

Der Leiter der Arbeitsgruppe des Klägers Herr Prof. (damals Dr. habil.) E. wechselte zum 1. November 2001 an das Forschungszentrum J.. In der Zeit vom 1. November 2001 bis zum 31. Dezember 2002 war der Kläger aufgrund von befristeten Privat-Arbeitsverträgen nach §§ 57a, 57e, 57b Abs. 2 Hochschulrahmengesetz zwischen ihm und Herrn Prof. (damals Dr. habil.) E. bzw. aufgrund von nach dem Hochschulrahmengesetz befristeten Arbeitsverträgen zwischen ihm und der Forschungszentrum J. GmbH am Forschungszentrum J. tätig. Die Aufgabe des Klägers bestand in der Auswertung von tierexperimentellen Daten im Rahmen eines Forschungsvorhabens, das aus Mitteln der DFG finanziert wurde. Ausweislich der Regelung unter § 1 Abs. 3 der Privat-Arbeitsverträge sollte der Kläger außerhalb der Arbeitszeit „keine Gelegenheit zur Vorbereitung einer Promotion“ erhalten (siehe etwa Anlage K 6, Bl. 63 d.A.).

11

Zum 1. Januar 2003 wechselte Herr Prof. (damals Dr. habil.) E. zur Beklagten und wurde in der Folge zum Professor der Psychologie berufen. Vom 1. Januar 2003 bis zum 31. März 2004 schlossen der Kläger und die Beklagte zwei befristete Arbeitsverträge nach dem Hochschulrahmengesetz ab. In der Folge erkrankte der Kläger im Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zumindest 31. Januar 2005. Ab dem 1. Februar 2005 vereinbarten die Parteien mehrere Verträge über eine Tätigkeit des Klägers als freier Mitarbeiter. Beispielhaft wird auf den als Anlage K 20 (Bl. 193 ff. d.A.) eingereichten Vertrag verwiesen.

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Für den Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg galt die Promotionsordnung vom 20. August 2003 (Anlage B 2, Bl. 352 ff. d.A.). Der Kläger stellte einen Antrag auf Annahme als Doktorand und reichte mit Schreiben vom 6. Mai 2007 einen Arbeitsplan für ein Promotionsvorhaben mit dem Thema „Zeitliche Muster neuronaler Aktivität – stimulusgekoppelte und intrinsisch generierte Komponenten“ ein. Als Betreuer der Arbeit nannte er Herrn Prof. Dr. E.. Für die Einzelheiten des Arbeitsplans wird auf die Anlage G, Bl. 429 d.A. verwiesen.

13

Der ständige Prüfungsausschuss für Promotionen der Universität Hamburg nahm das Promotionsvorhaben des Klägers am 23. Mai 2007 an. Hierüber wurde der Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 2007 informiert (Anlage K 18, Bl. 189 d.A.). Mit Schreiben vom selben Tag wurde Herr Prof. E. durch den Prüfungsausschuss in Kenntnis gesetzt, dass er als Erstgutachter der Promotion des Klägers vorgeschlagen sei. Herr Prof. E. wurde auf das gemäß § 6 (1) Promotionsordnung mit dem Bewerber zu führende Beratungsgespräch über die beabsichtigte Dissertation informiert. Für die Einzelheiten wird das Schreiben vom 30. Mai 2007 (B 3, Bl. 358 d.A.). in Bezug genommen. Ein solches Beratungsgespräch fand zu keinem Zeitpunkt statt.

14

Nachdem der Kläger seine Dissertation eingereicht hatte, teilte die Universität Hamburg ihm mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 mit, dass beide Gutachter seine Arbeit mit „sehr gut“ bewertet hätten (siehe das Schreiben in der Anlage K 19, Bl. 192 d.A.). Am 28. November 2007 wurde der Kläger promoviert.

15

Am 20. März 2012 gab der Kläger eine „Erklärung über bisherige Beschäftigung- und Promotionszeiten nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WisszeitVG)“ (Anlage K 8, Bl. 85 d.A.) ab. Auf dem Formular ist folgender Hinweis enthalten:

16

Hinweis gemäß § 2 Abs. 1,3 WisszeitVG:

17

Die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von 6 Jahren zulässig; nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von 6 Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von 9 Jahren zulässig.

18

Auf diese Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit einem ¼ der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer staatlichen bzw. überwiegend staatlich finanzierten Forschungseinrichtung i.S.d. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden, einschließlich Zeiten in Privatdienstverträgen bei Professoren (§ 3 WissZeitVG) sowie Zeiten entsprechender Beamtenverhältnis auf Zeit (z.B. wiss. Assistent/in, Hochschuldozent/in, Juniorprofessor) anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden.“

19

Der Kläger nannte in der Erklärung zunächst auch den Zeitraum 01.05.1998-30.04.2001 als Beschäftigungszeit und verwies auf sein Stipendium beim Graduiertenkolleg Universität F.. Der entsprechende Zeitraum wurde ausweislich des Formulars sodann „laut Herrn R.“ gestrichen. Unter der Überschrift „Angaben zur Promotion“ mit dem Hinweis „(dazu zählen auch Zeiten von Promotionsstipendien sowie beschäftigungsfreie Zeiten, in denen an der Promotion gearbeitet wurde)“ gab der Kläger an:

20

Ich habe die Promotion am 28.11.07 abgeschlossen. Ausgabe des Themas war am.....[keine Angabe].“

21

Bei der „Ermittlung der Befristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Wissenschaftsvertragsgesetz“ kam die Beklagte am 8. November 2011 auf einem von „V. S1“ unterzeichneten Bogen zu dem Ergebnis, dass folgende vorhergehende befristete Arbeitsfeldes auf die Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG anzurechnen waren:

22

„01.05.01-31.03.04“.

23

Als Zeitpunkt, bis zu dem eine Verlängerung der Befristungsdauer um die Restzeit möglich sei, wurde der

24

„30.06.16“

25

ausgewiesen. Auf die Anlage K7, Bl. 84 d.A. wird verwiesen.

26

Die Beklagte erteilte dem Kläger ein von Herrn Prof. E. unterzeichnetes Arbeitszeugnis vom 30. Juni 2016. Der zweite Absatz des Arbeitszeugnisses lautet wie folgt:

27

„... Er begann seine Tätigkeit zunächst als Doktorand und führte wissenschaftliche Untersuchungen zum visuellen System von Katzen durch, die er von den Messungen im Labor bis zur Formulierung wissenschaftlicher Aussagen hin selbständig ausführte.“

28

Für den Inhalt des Arbeitszeugnisses im Übrigen wird auf die Anlage K 17, Bl. 187ff. d.A. verwiesen. Die Gesamtdauer von allen befristeten Arbeitsverhältnisse des Klägers bis zum 30. Juni 2016 belief sich auf genau 12 Jahre.

29

Der Kläger hat vorgetragen, dass auch seine Beschäftigungszeiten am M.-Institut als Promotionszeiten i.S.d. § 2 Abs. 1, 2. HS WissZeitVG zu werten seien. Damit überstiegen die anzurechnenden Zeiträume zusammen die zulässige Höchstdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG.

30

Er habe sich bereits während seiner Beschäftigung am M.-Institut mit seiner Dissertation befasst. So habe er mehrere Experimente/Tierversuche in dieser Zeit durchgeführt, die in seine Dissertationsschrift eingeflossen seien.

31

Seine Doktorarbeit sei in dieser Zeit von Herrn Prof. (damals Dr. habil.) E. betreut worden. Auf einem Tagungswochenende habe der Kläger seine Forschung vorgestellt, dabei sei das Thema mit dem vorläufigen Arbeitstitel der Doktorarbeit identisch gewesen.

32

Erstmals mit nachgelassenem Schriftsatz vom 09.02.2017 hat der Kläger behauptet, dass auch die Zeit vom 01.02.2005 bis zum 31.05.2007, in der der Kläger auf Basis von Honorar-/Werkverträgen für die Beklagte tätig wurde, zu berücksichtigen sei, da der Kläger insoweit als Scheinselbständiger beschäftigt worden sei.

33

Zudem sei die Zeit vom 23.05.2007 bis zum 31.05.2007 für die Befristungsdauer zu berücksichtigen. Es handele sich jedenfalls um eine Promotionszeit ohne Beschäftigung, die gem. § 2 Abs. 2 S. 2, 2. HS WissZeitVG anzuerkennen sei.

34

Der Kläger hat beantragt,

35

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des 30.06.2016 aufgrund der vertraglichen Befristung vom 08.05.2012 beendet worden ist;

36

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger in Vollzeit als Psychologen und wissenschaftlichen Mitarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtstreits zu beschäftigen.

37

Die Beklagte hat beantragt,

38

die Klage abzuweisen.

39

Die Beklagte hat entgegnet, dass die Zeit des Klägers am M.-Institut als Promotionszeit nicht zu berücksichtigen sei. Die Arbeit sei weder bei einer Universität angemeldet worden, noch habe der Kläger das Dissertationsthema mit einem Doktorvater vereinbart.

40

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei mit Ablauf der vertraglichen Befristung am 30. Juni 2016 beendet worden. Die Höchstbefristungsdauer von 12 Jahren (§ 2 Abs. 2-4 Wissenschaftszeitvertragsgesetz) sei nicht überschritten worden. Die Zeiten des Klägers am M.-Institut in F. seien nicht als Promotionszeiten in die Berechnung einzubeziehen. Aus dem Vortrag des Klägers ergebe sich nicht, dass er seine Promotion zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen habe.

41

Der Vortrag des Klägers aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Februar 2017, dass auch die Zeiten vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Mai 2007, jedenfalls aber vom 23. Mai 2007 bis zum 31. Mai 2007 anzurechnen seien, sei bei der Entscheidung durch die Kammer nicht zu berücksichtigen gewesen. Dieser Vortrag stelle keine Reaktion auf den Schriftsatz der Beklagten dar, da von diesen Sachverhalten keine Rede gewesen sei (§ 296a ZPO). Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sei nicht veranlasst gewesen. Für die Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 2. März 2017, Bl. 252 ff. d.A. verwiesen.

42

Der Kläger hat das ihm am 9. März 2017 zugestellte Urteil am 5. April 2017 mit der Berufung angegriffen, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 9. Juni 2017 mit am 31. Mai 2017 beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

43

Der Kläger hält das Urteil des Arbeitsgerichts für fehlerhaft. Über die exakt 12 Jahre hinaus, auf die sich die befristeten Arbeitsverträge des Klägers vor und nach der Promotion insgesamt erstreckten, sei zumindest der Zeitraum vom 23. Mai 2007 bis 31. Mai 2007 auf die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG anzurechnen. Bei dieser Zeit handele es sich um eine beschäftigungslose Promotionszeit. Denn das Dissertationsvorhaben des Klägers sei unstreitig am 23. Mai 2007 vom Prüfungsausschuss der Universität Hamburg angenommen worden. Das Vorbringen des Klägers zur Berücksichtigung des Zeitraums vom 23. Mai 2007 bis 31. Mai 2007 sei nicht präkludiert. Ihm sei durch das Arbeitsgericht Schriftsatznachlass gewährt worden. Der Schriftsatz des Klägers mit dem entsprechenden Vorbringen sei innerhalb der ihm gewährten Frist eingegangen.

44

Zudem habe der Kläger seine Promotion bereits mit der Festlegung seines Promotionsthemas „Y.“ im Jahr 1999 begonnen, das ihm bei der Versetzung in die Arbeitsgruppe von Herrn Prof. E. durch Herrn Prof. S. zugeteilt worden sei. Herr Prof. S. habe die ordnungsgemäße Durchführung der durch das Stipendium unterstützten Promotion im Graduiertenkolleg verantwortet. Die späteren Änderungen des Themas seien keine offiziellen Themenänderungen, sondern stillschweigend vorgenommene Anpassungen des Titels an die Ergebnisse gewesen, die sich während der Arbeit ergeben hätten. Sie stellten sich somit als Teil des Promotionsprozesses dar. Auf den Zeitpunkt der Vereinbarung des Promotionsthemas komme es deshalb an, weil das M.-Institut, an dem der Kläger damals tätig gewesen sei, kein Promotionsrecht besessen habe. Anders als bei einer Tätigkeit an einer Universität könne deshalb nicht auf ein im Landesrecht oder im Satzungsrecht der Universität vorgesehenes formales Ereignis, z.B. an die Einschreibung als Promotionsstudent, angeknüpft werden.

45

Der Kläger beantragt,

46

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. März 2017 – 7 AZR 337/16 – abzuändern und

47

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des 30. Juni 2016 aufgrund der vertraglichen Befristung vom 8. Mai 2012 beendet worden ist,

48

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger in Vollzeit als Psychologen und wissenschaftlichen Mitarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu beschäftigen.

49

Die Beklagte beantragt,

50

die Berufung zurückzuweisen.

51

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Angriffe der Berufung seien auch unter Einbeziehung der teilweise vom Arbeitsgericht unberücksichtigt gelassenen Inhalte aus dem nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 9. Februar 2017 nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung infrage zu stellen.

52

Über die befristeten Arbeitsverträge hinaus seien keine beschäftigungslosen Promotionszeiten des Klägers auf die Bonuszeiten nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG anzurechnen.

53

Für den Beginn der Promotionszeit sei mit dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20 März 2016 – 7 AZR 70/14 – juris Rn 47) an ein „formales Ereignis“ anzuknüpfen. Da Promotionen ausschließlich an einer Hochschule, nicht aber an anderen Institutionen oder Einrichtungen stattfinden könnten, müsse dieses „formale Ereignis“ einen universitären Bezug haben. Nur dann sei dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit Rechnung getragen. Eine Ausweitung von Promotionszeiten auf Forschungsaktivitäten, die keinerlei Anbindung an eine promotionsberechtigte Hochschule hätten, ließe sich mit den landesrechtlichen, das Promotionsverfahren ausgestaltenden Vorschriften nicht vereinbaren.

54

Der Kläger habe sich unstreitig niemals als Promotionsstudent an einer Universität eingeschrieben. Die Promotionsordnung der Universität F. sehe die förmliche Annahme von Doktoranden vor. Unstreitig habe der Kläger keine entsprechenden Anträge an die Universität F. gerichtet. Allein aus der Teilnahme an einem Graduiertenkolleg können nicht auf die förmliche Aufnahme einer Promotion geschlossen werden.

55

Im Übrigen habe es keine Gespräche und Verabredungen zwischen dem Kläger und Herrn Prof. S. über die tatsächliche Durchführung einer Promotion am M.-Institut gegeben. Es sei ausschließlich darum gegangen, dem Kläger ein Stipendium zu verschaffen. Herr Prof. S. habe den Titel „Y.“ nicht mit dem Kläger als Thema einer Doktorarbeit vereinbart und sich nicht als Doktorvater angeboten bzw. gar verpflichtet. Dies sei zudem deshalb nicht in Betracht gekommen, da sich Herr Prof. S. als Mediziner promoviert und habilitiert habe. Der vom Kläger erstinstanzlich als Anlage K 10 eingereichte Zwischenbericht von Herrn Prof. (damals Dr. habil.) E. habe keine Aussagekraft. Er habe allein dem Zweck gedient, die Verlängerung des begehrten Stipendiums zu fördern. Der Kläger habe seine Forschungen im M.-Institut mit der Zielsetzung aufgenommen, in deren weiteren Verlauf ein für seine Promotion in Betracht kommendes Thema erst zu finden. Herr Prof. E. sei erst im Verlaufe seiner Tätigkeit für die Beklagte zum Prof. für Psychologie berufen worden und erst ab diesem Zeitpunkt als Doktorvater in Betracht gekommen. Bis kurz vor der Anmeldung des Promotionsvorhabens an der Universität Hamburg habe keine Begleitung durch Herrn Prof. E. stattgefunden, die der eines Doktorvaters vergleichbar gewesen wäre.

56

Die Zeit vom 23. Mai 2007 bis 31. Mai 2007 sei nicht als Promotionszeit anzuerkennen. § 6 der Promotionsordnung des Fachbereichs Psychologie der Universität Hamburg vom 20. August 2003 beschreibe den maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn eines Promotionsvorhabens. Dies sei der Zeitpunkt, zu dem die Betreuerin bzw. der Betreuer, ein weiteres Mitglied des Promotionsprüfungsausschusses und die Dekanin bzw. der Dekan mit der Bewerberin bzw. dem Bewerber ein Beratungsgespräch über die beabsichtigte Dissertation und den angestrebten Doktorgrad eines Dr. phil oder Dr. rer.nat. führe. Ein solches Beratungsgespräch habe im Falle des Klägers unstreitig zu keinem Zeitpunkt stattgefunden.

57

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

58

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

59

Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 b) und c) ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist nach § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1, 2 ArbGG eingelegt und begründet worden.

II.

60

Die Berufung ist begründet.

61

Das Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der im Änderungsvertrag der Parteien vom 8. Mai 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 30. Juni 2016 geendet. Die Befristung des Arbeitsvertrages ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nach § 2 Abs. 1 S. 2 WissZeitVG nicht in zulässiger Weise erfolgt (hierzu unter 1). Der Kläger kann verlangen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Psychologe weiterbeschäftigt zu werden (hierzu unter 2).

62

1. Die Befristung des Arbeitsvertrages bis zum 30. Juni 2016 ist unwirksam.

63

a) Die im Arbeitsvertrag vom 28. April 2009/29. Mai 2009 in der Fassung der letzten Änderung vom 8. Mai 2012 vereinbarte Befristung zum 30. Juni 2016 gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG i.V.m. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat am 21. Juli 2017 und damit rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG i.V.m. § 17 Satz 1 TzBfG erhoben.

64

b) Die Befristung ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 WissZeitVG unwirksam.

65

aa) Die vereinbarte Befristung genügt dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 28. April 2009/29. Mai 2009 nimmt in § 1 Abs. 2 lit. c) auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG Bezug.

66

bb) Der betriebliche Geltungsbereich von § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG ist eröffnet. Es handelt sich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags für eine bestimmte Zeit an einer Einrichtung des Bildungswesens, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG) ist das Universitätsklinikum Eppendorf eine Staatliche Hochschule der Freien und Hansestadt Hamburg.

67

cc) Die Befristung überschreitet die sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG im Fall des Klägers ergebende Höchstbefristungsdauer.

68

Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichem und künstlerischem Personal ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion, dh. in der sog. Postdoc-Phase, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren - im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren - möglich. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG verlängert sich die zulässige Befristungsdauer in der Postdoc-Phase in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben (BAG, Urteil vom 23. März 2016 – 7 AZR 70/14 –, BAGE 154, 375-393, juris Rn. 28).

69

Hier hat der letzte Arbeitsvertrag der Parteien in der Postdoc-Phase die Befristungshöchstdauer überschritten. Zwar beläuft sich die Dauer der befristeten Arbeitsverträge des Klägers nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz in der Promotionsphase und in der Postdoc-Phase insgesamt auf exakt 12 Jahre. Doch ist die Befristungshöchstdauer deshalb überschritten, weil Promotionszeiten ohne Beschäftigung auf die Bonuszeiten anzurechnen sind, um die sich die Befristungshöchstdauer in der Postdoc-Phase verlängert.

70

(1) Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung über den Beginn der Promotion. § 2 Abs. 1 WissZeitVG entspricht allerdings - von notwendigen redaktionellen Änderungen abgesehen - dem früheren § 57b Abs. 1 HRG. Nach der Gesetzesbegründung sollte die Gesetzeslage insoweit nicht verändert werden (BT-Drs. 16/3438 S. 11). § 21 Abs. 1 HRG aF verwies darauf, dass Personen, die eine Doktorarbeit anfertigen, nach Maßgabe des Landesrechts als Doktorandinnen und Doktoranden an der Hochschule eingeschrieben werden, an der sie promovieren wollen. Daher ist zur Feststellung des Beginns der Promotion grundsätzlich an das im Landesrecht oder im Satzungsrecht der Universität vorgesehene formale Ereignis, zB die Einschreibung als Promotionsstudent, anzuknüpfen. Legt das Landesrecht oder das Satzungsrecht der Universität den Beginn der Promotion nicht fest, kann für den Beginn der Promotion die Vereinbarung eines Promotionsthemas von Bedeutung sein, da grundsätzlich anzunehmen ist, dass sich der Betreffende seitdem tatsächlich mit der Promotion befasst hat (BAG, Urteil vom 23. März 2016 – 7 AZR 70/14 –, BAGE 154, 375-393, juris Rn. 47).

71

(2) Schon für die Zeit, in der der Kläger ein Doktorandenstipendium im Rahmen des Graduiertenkollegs des Klinikums der G.-Universität F. erhalten hat, kommt eine Anerkennung als Promotionszeit ohne Beschäftigung in Betracht.

72

In dieser Zeit ist dem Kläger beispielsweise durch die Schreiben des Graduiertenkollegs und den Beitrag von Herrn Prof. (damals Dr. habil.) E., mit dem dieser in der Funktion als Betreuer am Zwischenbericht über die Doktorarbeit des Klägers vom 24.02.1999 mitgewirkt hat, der Status als Doktorand beigemessen worden. Auch in dem von Herrn Prof. E. unterzeichneten Arbeitszeugnis der Beklagten vom 30. Juni 2016 geht diese davon aus, dass der Kläger während seiner Zeit am M.-Institut als Doktorand tätig war. Das M.-Institut verfügte als nichtuniversitäre Forschungseinrichtung allerdings nicht über eine Promotionsberechtigung. Der Kläger hat während seiner Tätigkeit an dem Institut unstreitig keine Schritte unternommen, um eine Promotion im Hochschulbereich anzumelden.

73

Die sich deshalb stellenden Fragen, ob und ggf. anknüpfend an welches Ereignis bei einer Forschungstätigkeit an einer Einrichtung nach § 5 WissZeitVG von dem Beginn einer Promotion ausgegangen werden kann, wenn ein Thema für eine Promotion formuliert worden ist, die Bezeichnung als Doktorand in Bescheiden über die Förderung der Forschungsarbeit zu dem Promotionsthema durch ein Doktorandenstipendium erfolgt ist, ein Professor als Anleiter bei der Erstellung der Promotion benannt worden ist und der Leiter einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe in einem Zwischenbericht über die Doktorarbeit als Betreuer aufgetreten ist, bedürfen nach Auffassung der Kammer hier jedoch keiner Beantwortung.

74

(3) Denn jedenfalls ist der Zeitraum vom 23. Mai 2007 bis zum 31. Mai 2007 für den Kläger als Promotionszeit ohne Beschäftigung zu werten. Nach dem Satzungsrecht der Universität Hamburg kann der Beginn der Promotion spätestens für den 23. Mai 2007 festgestellt werden.

75

Im Geltungsbereich der Promotionsordnung des Fachbereichs Psychologie der Universität Hamburg (im Folgenden: Promotionsordnung HH) ist als formales Ereignis, an das für den Beginn der Promotion angeknüpft werden kann, die Entscheidung des Prüfungsausschusses geeignet, mit der dieser über die Zulassung zur Promotion entscheidet (vgl. § 3 Abs. 1 Promotionsordnung HH; siehe auch § 4 Abs. 6 Promotionsordnung HH). Diese Entscheidung ist hier unstreitig am 23. Mai 2007 getroffen worden.

76

Soweit die Beklagte meint, nicht die Entscheidung des Prüfungsausschusses, sondern das Beratungsgespräch nach § 6 Abs. 1 Promotionsordnung HH bestimme den Beginn der Promotion, kann ihr nicht gefolgt werden. Dies gilt trotz der für § 6 Promotionsordnung HH gewählten Überschrift „Beginn und Anfertigung der Dissertation“. Das Beratungsgespräch ist Teil der Betreuung des Bewerbers, findet in dessen Interesse statt und soll ihn auf dem Weg zur Promotion unterstützen. Eine förmliche Voraussetzung für die Promotion ist es nicht. Es gibt keine Verpflichtung, die Durchführung des Gesprächs, insbesondere den Zeitpunkt des Gesprächs, zu dokumentieren. Im Begutachtungsverfahren der Dissertation wird nicht geprüft, ob vor ihrer Erstellung ein Beratungsgespräch stattgefunden hat. Auch Bewerber wie der Kläger, mit denen niemals ein Beratungsgespräch geführt worden ist, können promoviert werden. Das Beratungsgespräch ist damit kein „formales Ereignis“, an das für den Beginn der Promotion rechtssicher angeknüpft werden kann.

77

(4) Das Vorbringen des Klägers zur Entscheidung des Promotionsausschusses vom 23. Mai 2007 und der sich hieran anschließenden beschäftigungslosen Promotionszeit vom 23. Mai 2007 bis 31. Mai 2007 ist nicht nach § 67 Abs. 1 ArbGG präkludiert.

78

Abgesehen davon, dass die Zurückweisungsentscheidung des Arbeitsgerichts schon deshalb nicht überzeugt, weil der Kläger innerhalb der ihm erstinstanzlich nach § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsatzfrist zu diesem Punkt vorgetragen hat, ist die Tatsache, an die der Kläger seine rechtliche Würdigung der „beschäftigungslosen Promotionszeit“ anknüpft, nämlich die Entscheidung des Prüfungsausschusses vom 23. Mai 2007, unstreitig. Erstinstanzlich wegen Verspätung ausgeschlossenes Vorbringen ist im Berufungsverfahren immer zu berücksichtigen, wenn es unstreitig geworden ist (BVerfG 07.10.1980 – 1BvL 50/79 – juris Rn 43, 46; Düwell/Lipke ArbGG 4. Aufl., § 67 Rn. 25).

79

(5) Die Berufung des Klägers auf die beschäftigungslose Promotionszeit vom 23. Mai 2007 bis 31. Mai 2007 ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, obwohl der Kläger diese Zeit in seiner „Erklärung über bisherige Beschäftigungs- und Promotionszeiten nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG)“ vom 20. März 2012 nicht angegeben hat. In dem Formular war der Kläger aufgefordert, befristete Arbeitsverhältnisse im Sinne des in dem Formular enthaltenen Hinweises anzugeben. Dieser Aufforderung ist der Kläger wahrheitsgemäß nachgekommen. Er hatte zunächst sogar über die Zeiten der befristeten Arbeitsverhältnisse hinaus die Zeit des Stipendiums vom 1. Mai 1998 bis 30. April 2001 aufgeführt. Aufgrund des Hinweises in dem Formular, der sich ausschließlich auf die Anrechnung von vertraglichen Beschäftigungsverhältnissen, nicht aber auf beschäftigungslose Promotionszeiten bezieht, hatte der Kläger keinen Anlass, den Zeitraum 23. Mai 2007 bis 31. Mai 2007 als anrechenbare beschäftigungslose Promotionszeit einzutragen.

80

Soweit der Kläger unter der Überschrift „Angaben zur Promotion“ den Zeitpunkt der Ausgabe des Promotionsthemas nicht benannt, sondern lediglich angegeben hat, die Promotion am 28. November 2007 abgeschlossen zu haben, enthält das Formular keine fehlerhafte Angabe, sondern eine Auslassung. Diese Auslassung führt nicht dazu, dass die Berufung des Klägers auf den Zeitraum 23. Mai 2007 bis 31. Mai 2007 als rechtsmissbräuchlich gewertet werden könnte. Zum einen hat dieser Zeitraum mit der Ausgabe des Promotionsthemas nichts zu tun. Zum anderen ergab sich für den Kläger aus dem Hinweis auf dem Formular nicht, dass die Angabe zum Zeitpunkt der Ausgabe des Themas erforderlich sein könnte, um die zulässige Restbefristungsdauer nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu ermitteln. Auch hat die Beklagte die fehlende Angabe nicht erfragt, sondern sich ausweislich des Schreibens von V. S1 vom 8. November 2011 in der Lage gesehen, auch ohne Angabe des Zeitpunkts der Ausgabe des Promotionsthemas zu ermitteln, bis wann die Befristungsdauer für den Kläger verlängert werden konnte.

81

2. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristung zum 30. Juni 2016 geendet hat, steht dem Kläger nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 27. 2.1985 – GS 1/84, zitiert nach juris) aufgestellten Grundsätzen ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung als Psychologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu. Schutzwürdige Interessen der Beklagten, die dieser ausnahmsweise eine Beschäftigung des Klägers unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich.

III.

82

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

83

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

84

[Hinweis der Dokumentationsstelle: Die Berichtigungsbeschlüsse wurden in die Entscheidung eingearbeitet

85

Berichtigungsbeschluss vom 08. Dezember 2017

86

(verbunden mit Urteil vom 27. September 2017 (Bl. 657 ff.) 14.12.2017/SV)

87

Auf Antrag der Beklagten wird der Tatbestand des Urteils vom 27. September 2017 wie folgt berichtigt:

88

Auf Seite 6 des Urteils, 1. Absatz, 4. Satz wird das Wort „Doktorarbeit“ durch „Arbeit“ ersetzt, sodass der Satz neu wie folgt lautet:

89

„In einem Zwischenbericht über die Arbeit des Klägers vom 24.02.1999 – nunmehr zu dem Thema „Die Rolle zeitlich strukturierter Reize für die Synchronisation kortikaler Neurone erwachsener und junger Katzen“ wird Herr Dr. habil. E. als Betreuer der Arbeit des Klägers benannt.“

90

Auf Seite 6 des Urteils, 1. Absatz, 6. Satz wird die Formulierung „...das neue Promotionsthema...“ ersetzt durch „... das neue Forschungsvorhaben“, sodass der Satz neu wie folgt lautet:

91

„Mit Schreiben des Graduiertenkollegs vom 22. April 1999 und 19. April 2000 wurde den Anträgen des Klägers auf Verlängerung des Doktorandenstipendiums stattgegeben und jeweils das neue Forschungsvorhaben des Klägers aufgeführt“.

92

Gründe

I.

93

Der Tatbestand des Urteils vom 27. September 2017, der Beklagten zugestellt am 2. Oktober 2017, ist wie von der Beklagten form- und fristgerecht (§ 320 Abs. 1 ZPO) mit am 16. Oktober 2017 eingegangenem Schriftsatz beantragt, zu berichtigen.

94

Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass zwischen den Parteien streitig ist, ob der Kläger in seiner Zeit am M.-Institut bereits eine Doktorarbeit anfertigte oder an einem Forschungsvorhaben arbeitete, das darauf gerichtet war, zu einem späteren Zeitpunkt ein mit einem Doktorvater zu vereinbarendes Promotionsthema zu finden. Die Begriffe „Doktorarbeit“ und „Promotionsthema“ sind im unstreitigen Teil des Tatbestands daher zu ersetzen durch die Begriffe „Arbeit“ und „Forschungsvorhaben“.

II.

95

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 320 Abs. 4 Satz 3 ZPO kein Rechtsmittel gegeben.

96

2. Berichtigungsbeschluss vom 26. Januar 2018

97

(verbunden mit Urteil vom 27.09.2017 (Bl. 657 ff.) und Berichtigungsbeschluss vom 08.12.2017 (Bl. 690 ff.) 26.01.2018/SV)

98

Der Tenor des Urteils vom 27. September 2017 wird wegen offensichtlicher Unvollständigkeit um folgenden Satz ergänzt:

99

„Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.“

100

Gründe

101

Der Urteilstenor ist wegen offensichtlicher Unvollständigkeit von Amts wegen zu ergänzen, da versehentlich eine Kostenentscheidung unterblieben ist.

102

Fehlt im Tenor eines Urteils die Kostenentscheidung, kann diese durch einen Beschluss der Vorsitzenden außerhalb der mündlichen Verhandlung nachgeholt werden (§§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 ArbGG, § 319 Abs. 1 ZPO, vgl. LAG Köln 16.03.2012 – 9 Ta 80/12 – juris m.w.N.).

103

Hier ist die Kostenentscheidung, durch die der unterlegenen Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden, versehentlich vergessen worden. Dies ist zunächst weder dem Gericht noch den Parteien aufgefallen und erst nach Eingang des Kostenfestsetzungsantrags des Prozessbevollmächtigten des Klägers bemerkt worden. Nach Anhörung der Parteien ist der Tenor um die Kostenentscheidung zu ergänzen.]

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