Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 504/12
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 20.09.2012 - 3 Ca 667/12 - abgeändert, soweit es der Klage gegen den Beklagten zu 1) stattgegeben hat.
Die Klage gegen den Beklagten zu 1) wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin und die Beklagte zu 2) jeweils zur Hälfte.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt die Klägerin.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 2) zur Hälfte.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin und der Beklagte zu 1) streiten in der Berufungsinstanz zuletzt noch über die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle.
- 2
Die Klägerin war vom 01. Juli 2011 bis 30. Juni 2012 bei der Firma S. GmbH beschäftigt. Der Beklagte zu 1) wurde im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Firma S. GmbH vom Amtsgericht Ulm mit Beschluss vom 23. Januar 2012 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und fungierte ab dem 30. Januar 2012 aufgrund des an diesem Tage angeordneten allgemeinen Verfügungsverbots als sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter. Am 28. März 2012 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Ulm vom gleichen Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma S. GmbH eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Insolvenzverwalter ernannt.
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Bei der Insolvenzschuldnerin erfolgte die Gehaltszahlung immer am Ende des Folgemonats für alle geleisteten Stunden aus dem Vormonat. Mit Schreiben vom 26. Januar 2012 (Bl. 13 d. A.) wurde der Klägerin folgendes mitgeteilt:
- 4
"Auszahlung Insolvenzgeld - Eilt sehr!
- 5
Sehr geehrte Frau D.,
Ihre Gehälter für die Monate Januar bis März 2012 werden im Rahmen des Insolvenzgeldes ausbezahlt. Damit Sie Ihr Entgelt wie gewohnt Anfang des Monats erhalten, werden Ihre Ansprüche durch die Sparkasse U. vorfinanziert. Zur Abwicklung der Insolvenzgeldvorfinanzierung ist es erforderlich, das Sie eine Anspruchsabtretung unterschreiben.
- 6
Dafür erhalten Sie diesem Schreiben beigefügt einen von der Bank erstellten Formvordruck "Ankauf von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt" in 2facher Ausfertigung. Die Anspruchsabtretung erfordert Ihre Originalunterschrift.
(…)"
- 7
Der diesem Schreiben beigefügte Formvordruck "Ankauf von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt" vom 25. Januar 2012, der von der Klägerin sodann unterzeichnet wurde, lautet wie folgt:
- 8
"Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber Ansprüche auf Netto-Arbeitsentgelte d. h. auf die um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelte für die Monate
Januar, Februar und März 2012
in der vom Arbeitgeber und vorläufigen Insolvenzverwalter bestätigten insolvenzgeldfähigen Höhe.
- 9
Zug um Zug gegen Zahlung dieser Beträge verkauft und überträgt der Arbeitnehmer der
Sparkasse U., U-Straße, U-Stadt
-nachstehend Sparkasse genannt -
die vorgenannten Ansprüche auf Arbeitsentgelt und damit die Ansprüche auf Insolvenzgeld. Der Kaufpreis entspricht dem jeweils angekauften Forderungsnominal. Der Arbeitgeber und der vorläufige Insolvenzverwalter, A., A-Straße, A-Stadt stimmen dem zu. Die Sparkasse nimmt die Übertragung an unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die zuständige Agentur für Arbeit U-Stadt.
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Der Arbeitnehmer sichert zu, dass die Ansprüche auf Arbeitsentgelt weder anderweitig abgetreten noch verpfändet sind und dass er keinen Antrag auf Insolvenzgeld gestellt und für den oben genannten Zeitraum keine Arbeitslosenunterstützung erhalten oder beantragt hat oder beantragen wird. Ein bereits gestellter Antrag auf Insolvenzgeld gilt für den Betrag der Vorfinanzierung als zurückgenommen.
- 11
Die Sparkasse übernimmt, außer der Verpflichtung der Zahlung des Kaufpreises, keine weiteren Verpflichtungen; sie steht insbesondere nicht ein für Lohnfolgekosten, d. h. für die das jeweilige Netto-Arbeitsentgelt übersteigenden Beträge wie Steuern und Sozialabgaben."
- 12
Mit der Lohn-/Gehaltsabrechnung "01/12" vom 31. Januar 2012 rechnete die Insolvenzschuldnerin unter Zugrundelegung der von der Klägerin im Dezember 2011 tatsächlich geleisteten 119,5 Stunden einen Bruttobetrag von 1.075,50 EUR ab. Der sich daraus ergebende Nettobetrag in Höhe von 808,63 EUR wurde von der Beklagten zu 2) an die Klägerin zur Auszahlung gebracht. In der Lohn-/Ge-haltsabrechnung "02/12" vom 23. Februar 2012 ist ein Bruttobetrag in Höhe von 855,00 EUR ausgewiesen, von dem 169,08 EUR Lohnsteuer und 2,61 EUR Kirchensteuer in Abzug gebracht sind. In der Lohnabrechnung "03/12" vom 26. März 2012 ist ein Bruttobetrag in Höhe von 1.152,00 EUR ausgewiesen, von dem der mit der Abrechnung "01/12" vom 31. Januar 2012 abgerechnete Bruttobetrag in Höhe von 1.075,50 EUR als "nicht insolvenzgeldfähig" in Abzug gebracht ist, wonach ein Bruttobetrag von 76,50 EUR bzw. ein Nettobetrag von 47,57 EUR verbleibt.
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Mit ihrer beim Arbeitsgericht Trier am 14. Mai 2012 eingereichten Klage, die dem Beklagten zu 1) am 19. Mai 2012 und der Beklagten zu 2) am 21. Mai 2012 zugestellt worden ist, hat die Klägerin die Auszahlung der mit der Abrechnung "02/12" vom 23. Februar 2012 in Abzug gebrachten Lohn- und Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 171,69 EUR netto und die Auszahlung eines weiteren Nettobetrages in Höhe von 808,63 EUR wegen der in der Abrechnung "03/12" vom 26. März 2012 vorgenommenen Verrechnung mit dem in der Abrechnung "01/12" vom 31. Januar 2012 ausgewiesenen Nettobetrag geltend gemacht.
- 14
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, der mit der Abrechnung "02/12 " vom 23. Februar 2012 vorgenommene Abzug von Lohn- und Kirchensteuer sei unberechtigt, weil bei dem abgerechneten Bruttoentgelt in Höhe von 855,00 EUR nach ihren Steuermerkmalen keine Steuern anfielen. Weiterhin sei die mit der Abrechnung "03/12" vom 26. März 2012 vorgenommene Verrechnung mit dem aufgrund der Abrechnung "01/12" vom 31. Januar 2012 ausgezahlten Bruttobetrag in Höhe von 1.075,50 EUR unzulässig, so dass sie einen Anspruch auf Auszahlung des entsprechenden Nettobetrages in Höhe von 808,63 EUR habe.
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Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
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die Beklagten zu verurteilen, ihr 171,69 EUR netto zu zahlen,
die Beklagten zu verurteilen, ihr 808,63 EUR netto zu zahlen.
- 17
Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 19
Mit Urteil vom 20. September 2012 - 3 Ca 667/12 - hat das Arbeitsgericht Trier der Klage gegen den Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen - d.h. in Bezug auf die Beklagte zu 2) - abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Seiten 4 - 6 = Bl. 96 - 98 d. A.) verwiesen.
- 20
Gegen das ihnen am 08. Oktober 2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts haben sowohl der Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) mit Schriftsatz vom 7. November 2012, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10. Januar 2013 mit Schriftsatz vom 10. Januar 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.
- 21
Nach dem Beschluss des Amtsgerichts Ulm - Insolvenzgericht - vom 2. November 2012 - 3 IN 26/12 - hat der Beklagte zu 1) die drohende Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 29. November 2012 (Bl. 119 - 121 d. A.) wurde der Klägerin aufgrund ihres Antrages vom 25. Mai 2012 Insolvenzgeld in Höhe von 980,32 EUR unter Verweis darauf bewilligt, dass der Nachzahlungsbetrag den "Feststellungen des Arbeitsgerichts Trier AZ 3 Ca 667/12 im Urteil vom 20. September 2012" entspreche.
- 22
Im Termin vom 18. April 2013 hat die Beklagte zu 2) ihre Berufung zurückgenommen. Die Klägerin hat aufgrund der durch den Beklagten zu 1) angezeigten drohenden Masseunzulänglichkeit die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe beantragt, dass sie für die Bundesagentur für Arbeit die Feststellung der Forderungen in Höhe von 171,69 EUR netto und 808,63 EUR netto zur Insolvenztabelle begehrt.
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Der Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass die (geänderte) Klage mangels Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle unzulässig sei.
- 24
Der Beklagte zu 1) beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 20. September 2012 - 3 Ca 667/12 - abzuändern, soweit es der Klage gegen ihn stattgegeben hat, und die gegen ihn gerichtete Klage ebenfalls abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Berufung zurückzuweisen,
- 28
2. festzustellen, dass für die Bundesagentur für Arbeit, R-Straße, N-Stadt, vertreten durch die Agentur für Arbeit U., U-Straße, U-Stadt, diese vertreten durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung, Herr P. R., eine Forderung in Höhe von 171,69 EUR netto zur Insolvenztabelle festgestellt wird,
- 29
3. festzustellen, dass für die Bundesagentur für Arbeit, R-Straße, N-Stadt, vertreten durch die Agentur für Arbeit U., U-Straße, U-Stadt, diese vertreten durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung, Herr P. R., eine Forderung in Höhe von 808,63 EUR netto zur Insolvenztabelle festgestellt wird.
- 30
Sie erwidert, der Arbeitnehmer bleibe gem. § 265 Abs. 2 ZPO Partei des Rechtsstreits, wenn die Klage - wie hier - vor Stellung des Insolvenzgeldantrages erhoben worden sei. Im Übrigen habe sie die Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 17. April 2013 (Bl. 176 d. A.) zur Geltendmachung der Forderungen ermächtigt.
- 31
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 32
Die Berufung des Beklagten zu 1) ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die (geänderte) Klage gegen den Beklagten zu 1) ist unzulässig.
I.
- 33
Die Berufung ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).
- 34
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Berufung auch nicht teilweise in Bezug auf den vom Arbeitsgericht zuerkannten Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Lohn- und Kirchensteuer in Höhe von 171,69 EUR netto unzulässig. Der Beklagte zu 1) hat in seiner fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründung unter Berufung auf die angeführte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 3. April 2001 darauf verwiesen, dass die Anordnung einer starken Insolvenzverwaltung nichts daran ändere, dass die Forderung bei Beantragung von Insolvenzgeld lediglich eine Insolvenzforderung sei, was das Arbeitsgericht verkannt habe. Mit diesem Berufungsangriff, der beide Klageansprüche erfasst, liegt auch hinsichtlich der vom Arbeitsgericht zuerkannten Vergütung in Höhe von 171,69 EUR netto eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung vor.
II.
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Die Berufung des Beklagten zu 1) hat auch in der Sache Erfolg. Die (geänderte) Klage gegen den Beklagten zu 1) ist unzulässig.
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 31. März 2004 - 10 AZR 253/03 - Rn. 31, NZA 2004, 1093) fehlt einer Klage auf Leistung das Rechtschutzbedürfnis, wenn nach Anzeige der drohenden Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO ein Vollstreckungsverbot i.S.d. § 210 InsO eintritt. Im Streitfall hat der Beklagte zu 1) nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils gemäß dem Beschluss des Amtsgerichts Ulm vom 2. November 2012 die drohende Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt, so dass die von der Klägerin ursprünglich erhobene Leistungsklage bereits deshalb unzulässig geworden ist. Weiterhin hat die Klägerin nach Klageerhebung unter dem 25. Mai 2012 einen Antrag auf Insolvenzgeld gestellt, woraufhin ihr von der Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom 29. November 2012 Insolvenzgeld in Höhe der Klageforderungen mit der Begründung bewilligt worden ist, dass der Nachzahlungsbetrag den Feststellungen des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 20. September 2012 entspreche. Der hierdurch bewirkte Übergang der Klageansprüche auf die Bundesagentur für Arbeit (§ 169 SGB III) hat als solcher nach § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO keinen Einfluss auf dessen prozessuale Geltendmachung. Der Rechtsvorgänger behält nach § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO weiter seine Prozessführungsbefugnis und darf den Rechtsstreit als Partei im eigenen Namen weiter führen (Prozessstandschaft). Aufgrund der veränderten materiellen Rechtslage muss der Kläger jedoch grundsätzlich Leistung an seinen Rechtsnachfolger verlangen (BGH 19. März 2004 - V AZR 104/03 - Rn. 21, NJW 2004, 2152). Hinsichtlich der von einem starken vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Ansprüche hat der gesetzliche Forderungsübergang nach § 169 SGB III allerdings zur Folge, dass die Bundesagentur für Arbeit diese Ansprüche nach § 55 Abs. 3 Satz 1 InsO nur als Insolvenzgläubiger geltend machen kann. Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter), gelten gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Gehen die nach § 55 Abs. 2 InsO begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 SGB III auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nach § 55 Abs. 3 Satz 1 InsO nur als Insolvenzgläubiger, d.h. im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle (§§ 174 ff. InsO) geltend machen.
- 37
2. Im Hinblick auf die dargestellte veränderte Prozesssituation hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17. April 2013 "aufgrund der durch den Beklagten zu 1) angezeigten drohenden Masseunzulänglichkeit" ihre Klage dahingehend geändert, dass sie nunmehr die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe beantragt, dass die Klageforderungen für die Bundesagentur für Arbeit zur Insolvenztabelle festgestellt werden.
- 38
Zwar ist diese Modifizierung des Klageantrags in der Berufungsinstanz gemäß § 264 Nr. 2 bzw. 3 ZPO zulässig, ohne dass es hierzu einer Anschlussberufung bedarf. Eine Antragsänderung, die - wie die Umstellung des Klageantrags auf Leistung an den Rechtsnachfolger oder der Übergang von einer Leistungs- zur Feststellungsklage - den Bestimmungen des § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO unterfällt, ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht als eine Klageänderung anzusehen; § 533 ZPO findet auf Änderungen des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 und 3 ZPO keine Anwendung (BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - Rn. 25, NJW 2004, 2152). Einer Anschlussberufung bedarf es nicht, sofern der Berufungsbeklagte - wie hier die Klägerin - mit dem geänderten Klageantrag nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreichen will; eine Änderung des Klagebegehrens i.S.v. § 264 Nr. 2 und 3 ZPO hat nicht zum Ziel, eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zugunsten des Klägers herbeizuführen (BGH 12. Januar 2006 - VII ZR 73/04 - Rn. 9 und 10, NJW-RR 2006, 669).
- 39
Die geänderte Klage ist aber als Insolvenzfeststellungsklage unzulässig. Eine Insolvenzfeststellungsklage ist nur statthaft, wenn die Klageforderung im Insolvenzverfahren angemeldet, geprüft und bestritten worden ist. Hierbei handelt es sich um eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Einer Klage, mit der die Feststellung einer unangemeldeten und ungeprüften Forderung beantragt wird, fehlt das - von Amts wegen zu prüfende - Feststellungsinteresse und ist als unzulässig abzuweisen (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 229/11 (F) - Rn. 29, NZA-RR 2013, 304; BAG 16. Juni 2004 - 5 AZR 521/03 - Rn. 16, NJW 2004, 3588; BGH 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02 - Rn. 20 und 21, NJW-RR 2004, 1050). Auch im Bereich der Prozessvoraussetzungen haben grundsätzlich die Parteien die Zulässigkeitsvoraussetzungen darzutun und die erforderlichen Nachweise zu beschaffen (BAG 16. Juni 2004 - 5 AZR 521/03 - Rn. 16, NJW 2004, 3588). Da die Klägerin hierzu nichts vorgetragen hat und der Beklagte zu 1) im Termin vom 18. April 2013 darauf verwiesen hat, dass eine Anmeldung zur Tabelle nicht erfolgt sei, ist die Klage gegen den Beklagten zu 1) als unzulässig abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass gegen das arbeitsgerichtliche Urteil auch die - nicht beschwerte - Beklagte zu 2) Berufung eingelegt und diese im Termin vom 18. April 2013 mit der Kostenfolge des § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO zurückgenommen hat. Dementsprechend waren die Kosten entsprechend § 92 ZPO nach Quoten gemäß der sog. Baumbachschen Formel zu verteilen (vgl. hierzu Zöller ZPO 27. Aufl. § 100 Rn. 5 ff.).
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Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs 2 ArbGG) nicht vorliegen.
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Referenzen
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