Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 213/13
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.03.2013 - 11 Ca 3329/12 - hinsichtlich der Ziffer 2 aufgehoben und teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die fristlose Kündigung vom 28.08.2012 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat; das Arbeitsverhältnis ist aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 22.08.2012 am 30.09.2012 beendet worden.
Die Beklagte wird verurteilt, € 5.250,00 brutto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2012 an den Kläger zu zahlen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, einer außerordentlichen Kündigung und über Ansprüche des Klägers auf Vergütung und Reisekostenerstattung.
- 2
Die Parteien habe am 26.07.2012 einen schriftlichen Arbeitsvertrag abge-schlossen. Einleitend heißt es darin, dass zwischen den Parteien "mit Wirkung vom 01.08.2012" der "folgende Anstellungsvertrag" geschlossen wird.
- 3
Ziffer 4 des Arbeitsvertrages (Gehalt und Aufwendungsersatz) hat unter anderem folgenden Wortlaut:
- 4
"4.1 Die Bezüge des Reisenden setzen sich grundsätzlich aus 12 x Grundgehalt, 12 x Provision und Aufwendungsersatz zusammen. […] Das Jahresmindesteinkommen wird für den Zeitraum 2012 (anteilig) bis Ende 2014 auf Euro 63.000,00 brutto festgelegt.
- 5
4.2 Die Vergütung setzt sich wie folgt zusammen:
- 6
2012/2013 Euro 3.000,00 Grundgehalt brutto monatlich
2012/2013 Euro 2.250,00 Garantieprovision brutto monatlich
2012/2013 Euro 5.250,00 Fixeinkommen monatlich
- 7
[…]
- 8
Übersteigt die lt. Provisionsabrechnungen ermittelte Provision (basierend auf bonusfähigem Planumsatz) in den Jahren 2012 bis 2014 die jeweilige Garantieprovision (Prüfung erfolgt am Jahresende für den jeweiligen Zeitraum) so wird dieser erwirtschaftete Provisionsüberschuss mit der ersten Abrechnung des Folgejahres ausgezahlt.
- 9
[…]
- 10
4.3 Die dem Reisenden entstandenen Aufwendungen werden wie folgt erstattet:
- 11
a) Kraftfahrzeugkosten
- 12
Die dem Reisenden zur Durchführung von Geschäftsfahrten mit dem Firmen-Kfz entstandenen Kosten wie z. B. Kraftstoff-, Wartungs- Pflege- und Instandhaltungskosten trägt die Firma. Kosten für die Anmietung einer Garage trägt die Firma nicht.
- 13
b) Übernachtungskosten
- 14
Übernachtungskosten werden dem Reisenden nach Vorlage der Originalbelege und einer Kopie des zeitzugehörigen Fahrtenbuches im Rahmen der jeweils gültigen Reisekostenordnung, die diesem Vertrag als Anlage 6 beigefügt ist, mit der nächstmöglichen Abrechnung erstattet. Bewirtungskosten werden nur nach vorhergehender, eingeholter schriftlicher Zustimmung der Geschäfts- oder Vertriebsleitung erstattet.
- 15
Unter Ziffer 16 Vertragsdauer und Kündigung heißt es auszugsweise wie folgt:
- 16
16.1 Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die ersten Monate gelten als Probezeit, während der das Vertragsverhältnis mit Monatsfrist jeweils für das Ende eines Kalendermonats von beiden Seiten gekündigt werden kann."
- 17
Hinsichtlich des weiteren Inhalts des schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 41 ff. d. A. Bezug genommen.
- 18
In einer E-Mail von Herrn F., dem Vertriebsleiter der Beklagten und Vorgesetzten des Klägers vom 14.07.2012, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Bl. 19 d. A. Bezug genommen wird, heißt es unter anderem:
- 19
Hallo Herr A.,
leider konnte ich mich mit unserem Geschäftsführer am Freitag nicht mehr abstimmen, da er nicht im Neuwied war. Ich habe ihm den Vertrag zugeschickt und werde mich spätestens am Montag abstimmen.
Der Ihnen zugeordnete [sic] Umsatz der geplanten Kunden beträgt 1,2 Mio
Das garantierte Mindesteinkommen beträgt wie besprochen 63.000,00 €.
Ich habe im Vertragsentwurf Grundgehalt und Provision werden so festgelegt, dass Sie bei 100 % Planerfüllung das Zieleinkommen von 72.000,00 EUR erreichen.
Als Info schicke ich Ihnen unter Vorbehalt der Zustimmung der Geschäftsführung den Vertragsentwurf vertraulich in der Anlage zu…."
- 20
Der Kläger hat für die Beklagte in der Zeit vom 17.07. bis zum 20.07.2012 eine Schulungsmaßnahme in Luckenau, vom 24.07. bis 26.07.2012 eine weitere in Maisach und vom 31.07. bis 02.08.2012 eine solche in Neuwied absolviert. Dafür hat der Kläger am 04.08.2012 der Beklagten eine Reisekostenabrechnung Juni/Juli 2012, hinsichtlich der weiteren Inhalts auf Bl. 103 d. A. Bezug genommen wird, erstellt, in der er für die mit dem Privat-Pkw zurückgelegten Kilometer 0,30 EUR je Kilometer ansetzt. Der insoweit abgerechnete Betrag wurde von der Beklagten bezahlt.
- 21
Daneben hat der Kläger eine weitere Reisekostenabrechnung am 07.09.2012 für August 2012 erstellt, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Bl. 25 d.A. Bezug genommen wird. Diese enthält 5 Positionen "Reisespesen (133,25 EUR), Fahrten mit dem privaten Pkw aus Anlass der Schulung vom 31.07. bis 02.08.: 900 Kilometer x 0,30 EUR pro Kilometer = 270,00 EUR sowie 7 Positionen "Einzelbelege" (insgesamt 354,73 EUR), wobei die aufgelisteten Einzelbelege wie z. B. Tank-quittungen der zur Gerichtsakte gereichten Abrechnung nicht beigefügt sind. Der insoweit abgerechnete Betrag wurde von der Beklagten nicht bezahlt.
- 22
In der Zeit vom 03. bis zum 21.08.2012 hatte der Kläger Urlaub. Am 22.08.2012 hat die Beklagte den Kläger von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Die Beklagte hat am 22.08.2012 ein Schreiben an den bei ihr bestehenden Betriebsrat mit der Überschrift "Mitteilung über die beabsichtigte Kündigung des Mitarbeiters (§ 102 BetrVG)" betreffend den Kläger gerichtet, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 50 d. A. Bezug genommen wird. In diesem Schreiben wird als Beginn der Beschäftigung der 01.08.2012 genannt. Unter "Gründe der Kündigung" ist ausgeführt: "Differenzen zwischen dem Mitarbeiter zu den Vorgesetzten." Noch am 22.08.2012 hat die Beklagte eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zum 30.09.2012 erklärt; hinsichtlich des weiteren Inhalts des Kündigungs-schreibens wird auf Bl. 16 d. A. Bezug genommen.
- 23
In einer E-Mail des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, Herrn R, vom 27.08.2012 heißt es unter anderem:
- 24
" Nach Erörterung der Vorkommnisse vom 23.08.2012/24.08.2012 mit anschließender Bedrohung von H. F stimmt der Betriebsrat […] aus verhaltensbedingten Gründen einer fristlosen Kündigung von H. A. zu…"
- 25
Mit Schreiben vom 28.08.2012, das dem Kläger am 29.08.2012 zugegangen ist, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt.
- 26
Mit der am 13.09.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht der Kläger die Unwirksamkeit beider Kündigungen geltend sowie Ansprüche auf Arbeitsvergütung für August und September 2012 sowie Reisekostenerstattung.
- 27
Der Kläger hat vorgetragen,
sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung seien unwirksam. Der Betriebsrat sei jeweils nicht ordnungsgemäß angehört worden. So sei der Betriebsrat hinsichtlich der ordentlichen Kündigung nicht darüber informiert worden, dass das Arbeitsverhältnis bereits am 17.07.2012 mit der ersten Schulungsmaßnahme begonnen habe.
- 28
Nachdem er seine Familie über die ordentliche Kündigung informiert habe, habe es erheblichen Ärger gegeben. Er sei außer sich gewesen und habe begonnen, sich zu betrinken. Nachdem er sehr betrunken gewesen sei, habe er bei Herrn F. angerufen, der jedoch aufgelegt habe. Daraufhin habe er - der Kläger - noch weiter getrunken und sei dann wohl in einen Zustand der Schuldunfähigkeit geraten. Er sei mit Sicherheit so betrunken gewesen, dass er nicht gewusst habe, was er gesagt habe. Er müsse wohl erneut bei Herrn F. angerufen und ihn beleidigt haben. Ihm sei davon nichts mehr in Erinnerung und insofern müsse er die Beleidigungen mit Nichtwissen bestreiten. Wenn er Beleidigungen gegenüber Herrn F. erklärt haben solle, dann müsse dies insgesamt aufgrund der extremen Situation unter Berücksichtigung des extrem hohen Alkoholgenusses, der für ihn unüblich, was an seiner Stimme erkennbar gewesen sein müsse, im Zustand der Schuldunfähigkeit erfolgt sein. Darüber habe der Zeuge F. die Beklagte informieren müssen. Auch sei der Betriebsrat sicherlich nicht darüber informiert worden, dass er - der Kläger -, falls er Beleidigungen ausgesprochen habe, zuvor mit unberechtigten Vorwürfen seitens Frau W konfrontiert worden und dass er in völlig unangemessener Weise und für ihn völlig überraschend fristgemäß gekündigt worden sei. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass der Betriebsrat darüber nicht informiert worden sei, dass wenn Beleidigungen ausgesprochen worden seien, diese im Zustand der Trunkenheit und Schuldunfähigkeit ausgesprochen worden seien. Deshalb sei die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung zu rügen.
- 29
Ihm stehe für August 2012 die Differenz zwischen den von der Beklagten gezahlten 5.250,00 EUR und 6.000,00 EUR zu, also weitere 750,00 EUR brutto. Weiterhin stehe ihm für September 2012 wegen der Unwirksamkeit der Kündigung ein Gehalt von 6.000,00 EUR brutto zu. Zur weiteren Berechnung der Klageforderung insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das streitige Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Rechtszug (S. 6 = Bl. 139 d. A.) Bezug genommen. Schließlich stünden ihm 757,98 EUR netto Reisekosten gemäß seiner Abrechnung vom 07.09.2012 zu.
- 30
Der Kläger beantragt,
- 31
es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 22.08.2012 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis ungekündigt über den 30.09.2012 hinaus fortbesteht,
- 32
es wird festgestellt, dass die fristlose Kündigung vom 28.08.2012 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat,
- 33
die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weitere brutto 750,00 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.09.2012 zu bezahlen,
- 34
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.000,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.10.2012 sowie weitere 757,98 EUR netto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.10.2012 zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 37
Die Beklagte hat vorgetragen,
die außerordentliche Kündigung vom 28.08.2012 sei wirksam. Der Kläger habe am 23. und 24.08.2012 nach Erhalt der ordentlichen Kündigung Herrn F. massiv bedroht. Er habe am 23.08.2012 im Zeitraum von 0.47 Uhr bis 2.06 Uhr mehrmals bei Herrn F. angerufen, nachdem das Handy ausgeschaltet gewesen sei und auf dessen Mailbox gesprochen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im erstinstanzlichen Rechtszug insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 7, 8 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 140, 141 d. A.) Bezug genommen.
- 38
Der Betriebsrat sei jeweils ordnungsgemäß angehört worden. Ihm seien die Gründe für die außerordentliche Kündigung mitgeteilt worden. Der Betriebsrat, vertreten durch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Herrn R, habe der Kündigung mit E-Mail vom 27.08.2012 zugestimmt. Jedenfalls sei die ordentliche Kündigung vom 22.08.2012 in der arbeitsvertraglich vereinbarten Probezeit wirksam. Auch dazu sei der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden.
- 39
Weitere Vergütungsansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Arbeitsvertraglich sei ein Jahresmindesteinkommen von 63.000,00 EUR vereinbart worden. Daraus folgten monatliche Entgeltzahlungen in Höhe von 5.250,00 EUR brutto; diesen Betrag habe der Kläger für August 2012 - unstreitig - erhalten. Die Vereinbarung eines Jahreseinkommens von 72.000,00 EUR bei hundertprozentiger Planerfüllung habe es nicht gegeben. Herr F. habe dem Kläger den Abschluss einer solchen Regelung lediglich in Aussicht gestellt, er sei aber nicht befugt, die Beklagte insoweit zu vertreten. Die E-Mail vom 14.07.2012 stehe unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Zustimmung des Geschäftsführers.
- 40
Ein Anspruch auf Erstattung von Reisekosten in Höhe von 757,98 EUR bestehe nicht. Es sei zu bestreiten, dass dem Kläger derartige Reisekosten entstanden seien. Er habe keine Rechnungen vorgelegt. Der Vortrag sei nicht einlassungsfähig.
- 41
Das Arbeitsgericht Koblenz hat, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, daraufhin durch Urteil vom 14.03.2013 - 11 Ca 3329/12 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger 270,00 EUR netto nebst Zinsen zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 135 bis 152 d. A. Bezug genommen.
- 42
Gegen das ihm am 17.04.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 15.05.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel zugleich begründet.
- 43
Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Anhörung des Betriebsrats sei hinsichtlich beider Kündigungen unwirksam. Wenn der Arbeitgeber die Kündigung mit Beleidigungen des Vorgesetzten begründen und darauf stützen wolle, so sei er auch verpflichtet, dem Betriebsrat mitzuteilen, was die Ursachen dafür gewesen seien. Aus der E-Mail des Betriebsrats ergebe sich aber lediglich, dass die Beklagte dem Betriebsrat ihre Kündigungsgründe mitgeteilt habe. Der tatsächliche Arbeitsbeginn des Klägers sei zudem bereits vor dem 01.08.2012 gewesen.
- 44
Dem Kläger sei schließlich mündlich zugesagt worden, dass er eine um 750,00 EUR brutto höhere Vergütung erhalten werde. Letztlich stehe ihm Annahmeverzugslohn zu sowie weiterhin die geltend gemachten Reisekosten.
- 45
Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 13.05.2013 (Bl. 165 bis 168 d. A.) sowie seine Schriftsätze vom 11.07.2013 (Bl. 189 bis 191 d. A.) nebst Anlage (Bl. 192 d. A.) und vom 18.09.2013 (Bl. 219, 220 d. A.) Bezug genommen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz wird dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass
die Kündigung der Beklagten vom 22.08.2012 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis ungekündigt über den 30.09.2012 hinaus fortbesteht,
die fristlose Kündigung vom 28.08.2012 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat,
die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger weitere 750,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.09.2012 zu bezahlen,
die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 6.000,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.10.2012 sowie weitere 487,98 UER netto, nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.10.2012 zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 50
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, der Betriebsrat sei in beiden Fällen ordnungsgemäß beteiligt worden. Denn der Arbeitgeber genüge seiner diesbezüglichen Pflicht, wenn er die aus seiner Sicht maßgeblichen Kündigungsgründe dem Betriebsrat vollständig unterbreite. Der Betriebsrat sei über die Bedrohungen und Beschimpfungen des Klägers gegenüber seinem Vorgesetzten unterrichtet gewesen, ferner darüber, dass der Kläger kurz zuvor nach nur kurzer Beschäftigungszeit ordentlich gekündigt worden sei. Dies folge aus der E-Mail des Betriebsrats vom 27.08.2012. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung sei die Information des Betriebsrats am 22.08.2012 erfolgt; der Betriebsrat habe dieser Kündigung noch am gleichen Tage zugestimmt. In welchem Zeitraum der Betriebsrat einer Kündigung zustimme oder nicht, sei nicht an Vorgaben gebunden und könne demnach nicht zur Unwirksamkeit einer Anhörung führen.
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Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 23.07.2013 (Bl. 196 bis 198 d. A.) sowie ihren Schriftsatz vom 26.08.2013 (Bl. 204 bis 207 d. A.) Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.
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Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 07.10.2013.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
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Das gilt allerdings nicht für den Fall, dass der Kläger beabsichtigt haben sollte, Berufung auch gegen die Verurteilung im Wege der Widerklage, das Kfz VW Passat Kombi Limousine an die Beklagte herauszugeben (Nr. 3 des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.03.2013 - 11 Ca 3329/12 -). Seinen entsprechenden Willen ließe sich allenfalls aus den Ausführungen im letzten Absatz (S. 4) der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 168 d. A.) "zu B.I" entnehmen, wonach die Widerklage unberechtigt ist, da das Arbeitsverhältnis fortbestehe und dement-sprechend dem Kläger auch der Dienstwagen zur Verfügung stehe. Allerdings spricht gegen einen derartigen Willen entscheidend zum Einen, dass derartiges sich den angekündigten und auch tatsächlich im Berufungsverfahren gestellten Klageanträgen nicht entnehmen lässt; zum anderen fehlt es im Berufungsver-fahren an jeglicher Begründung des Rechtsmittels insoweit. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon ausgegangen, dass sich dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, auch insoweit eine - ohnehin unbegründete - Berufung einlegen zu wollen.
II.
- 56
Mit dem Kläger ist allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten davon auszugehen, dass vorliegend das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.08.2012 sein Ende gefunden hat.
- 57
Denn die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung ist jedenfalls gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtsunwirksam, so dass dahinstehen kann, ob insoweit für die Beklagte ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB gegeben war.
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Gemäß § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung, auch der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Personalgespräch verabredeten (BAG 28.06.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 14), durch den Arbeitgeber anzuhören.
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Gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG, § 79 Abs. 4 BPersVG ist die ohne Beteiligung des Betriebs- oder Personalrats erfolgte Kündigung unwirksam (vgl. BAG 16.03.2000 EzA § 108 BPersVG Nr. 2). Das gilt auf Grund einer ausdehnenden Auslegung dieser Vorschrift auch dann, wenn das Anhörungsverfahren nicht wirksam eingeleitet oder durchgeführt oder abgeschlossen worden ist (BAG 04.06.2003 EzA § 209 InsO Nr. 1; 06.10.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 16; Landesarbeitsgericht BW 11.08.2006 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. V; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2013, Kap. 4 Rn. 354 ff.).
- 60
Wegen der einschneidenden Bedeutung der Kündigung sieht das BetrVG eine verstärkte Rechtsstellung des Betriebsrats und damit seiner kollektiven Schutzfunktion vor und verknüpft zugleich den kollektiven Schutz (vgl. § 1 Abs. 2 S. S KSchG). Der Arbeitgeber kann folglich die Kündigung erst dann aussprechen, wenn das Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen ist.
- 61
Das Anhörungsverfahren ist dann abgeschlossen, wenn die Äußerungsfrist gem. § 102 Abs. 2 BetrVG (eine Woche für die ordentliche, drei Tage für die außerordentliche Kündigung) abgelaufen ist oder der Betriebsrat bereits vorher eine sachlich-inhaltliche Stellungnahme abgegeben hat (vgl. Landesarbeitsgericht Bln. 12.07.1999 NUA-RR 1999, 485). Der Arbeitgeber kann nach einer abschließenden Stellungnahme die Kündigung auch dann vor Ablauf der Frist des § 102 BetrVG aussprechen, wenn die Stellungnahme fehlerhaft zustande gekommen ist (BAG 24.06.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 9).
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Erklärt der Betriebsrat die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers, so ist das Verfahren gem. § 102 Abs. 1, 2 BetrVG abgeschlossen. Des Abwartens der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG bedarf es in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der die Zustimmung beinhaltende Beschluss des Betriebsrats im Beisein des Arbeitgebers unter irrtümlicher Beteiligung eines Arbeitnehmers erfolgt ist, der bereits aus dem Betriebsrat ausgeschieden war (Landesarbeitsgericht Düsseld. 15.04.2011 NZA-RR 2011, 531 LS).
- 63
Vorliegend besteht für die Kammer keine Möglichkeit, festzustellen, ob der Betriebsrat insoweit ordnungsgemäß vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung über die Kündigungsgründe informiert worden ist.
- 64
Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitteilen (§ 102 Abs. 1 S. BetrVG). Dabei ist zu beachten, dass die Substantiierungspflicht im Kündigungsschutzprozess nicht das Maß für die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 102 BetrVG ist (Landesarbeitsgericht Hamm 20.10.2005 - 8 Sa 205/05, FA 2006, 189 LS). Der Umfang der Unterrichtungspflicht orientiert sich an dem vom Zweck des Kündigungsschutzprozesses zu unterscheidenden Zweck des Anhörungsverfahrens. Es zielt nicht darauf ab, die selbstständige Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung zu gewähren. Der Betriebsrat ist kein "Gericht", dass über Anträge des Arbeitgebers entscheidet, sondern er soll Partner des Arbeitgebers in einem zwar institutionalisierten, aber vertrauensvoll zu führenden betrieblichen Gespräch sein (BAG 28.08.2003 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 4).
- 65
Mit Kündigungsgründen sind folglich nicht nur die wichtigsten Kündigungsgründe gemeint, vielmehr hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über alle Tatsachen und subjektiven Vorstellungen zu unterrichten, die ihn zu der Kündigung veranlassen (BAG 24.11.1983, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 54). Bei einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung gegenüber einem angestellten Arzt wegen sexuellen Missbrauchs von Patientinnen gehören zur notwendigen ausreichenden Information über die Tatvorwürfe z. B. Angaben über die äußeren Umstände der Untersuchungen, über die konkreten Beschwerden der Patientinnen sowie über die Art und Weise der dem Arbeitnehmer vorgeworfenen Untersuchungshand-lungen (Landesarbeitsgericht Köln 29.11.2005 NZA-RR 2006, 443).
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Denn § 102 BetrVG soll dem Betriebsrat die Möglichkeit geben, durch seine Stellungnahme auf den Willen des Arbeitgebers einzuwirken und ihn durch Darlegung von Gegengründen u.U. von seiner Planung, den Arbeitnehmer zu entlassen, abzubringen (vgl. BAG 28.02.1974 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 8). Andererseits muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur diejenigen Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind (BAG 13.05.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 7; 5.07.2004 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 54; 26.09.2004 EzA § 102 BetrVG 201 Nr. 10). Das ist auch dann der Fall, wenn er kündigungsrechtlich objektiv erhebliche Tatsachen nicht mitteilt, weil er darauf die Kündigung zunächst nicht stützen will, denn eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG (BAG 11.12.2003 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 5). Demgegenüber genügt die Mitteilung von Scheingründen oder die unvollständige Mitteilung von Kündigungsgründen - insbes. unter bewusster Verschweigung der wahren Kündigungsgründe - nicht (BAG 13.05.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 7; Landesarbeitsgericht Köln 27.01.2010 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. 9). Kommen andererseits aus der Sicht des Arbeitgebers mehrere Kündigungssachverhalte und Kündigungsgründe in Betracht, so führt ein bewusstes Verschweigen eines - von mehreren - Sachverhalten nicht zur Unwirksamkeit der Anhörung (BAG 16.09.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 10; Landesarbeitsgericht BW 11.08.2006 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. 5; s.a. Landesarbeitsgericht Hamm 20.10.2005 - 8 Sa 205/05, FA 2006, 189 LS).
- 67
Wenn dem Betriebsrat insoweit Gelegenheit gegeben werden soll, sich zu der beabsichtigten Kündigung zu äußern, dann muss er die Wirksamkeit dieser Kündigung auch beurteilen können. Das ist aber nur möglich, wenn er alle Tatsachen kennt, auf die der Arbeitgeber seine Kündigung stützt. Dazu gehören auch dem Arbeitgeber bekannte, seinen Kündigungsgründen widerstreitende Umstände (Landesarbeitsgericht SA 05.11.1996 NZA-RR 1997, 325; vgl. ausf. KR/Etzel § 102 BetrVG Rn. 62), z. B. Entlastungszeugen für Fehlverhalten des Arbeit-nehmers (Landesarbeitsgericht Köln 30.09.1993 LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr. 36), allgemein entlastende, bekannte Umstände (Landesarbeitsgericht Nbg. 22.06.2010 - 5 Sa 820/08, AuR 2010, 443; Verdachtskündigung; ArbG Düsseld. 06.04.2011 - 14 Ca 8029/10, AuR 2011, 314 LS; MAVO Kath. Kirche) oder eine Gegendarstellung des Arbeitnehmers (BAG 31.08.1989 EzA § 102 BetrVG 1972 NR. 75; vgl. dazu Landesarbeitsgericht Köln 05.06.2000 NZA-RR 2001, 168 LS zu § 72 a NWPersVG).
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Die maßgeblichen Tatsachen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat substantiiert mitteilen. Die pauschale Angabe von Kündigungsgründen oder die Angabe eines Werturteils allein genügen nicht (vgl. BAG 27.06.1985 EzA § 102 BetrVG 1972 NR. 60). Angaben wie "Arbeitsverweigerung", "hohe Krankheitszeiten", "ungenügende Arbeitsleistung", "fehlende Führungsqualitäten" sind folglich nicht ausreichend (Landesarbeitsgericht SchlH 30.10.2002 NZA-RR 2003, 310).
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Folglich muss der Arbeitgeber die aus seiner Sicht die Kündigung begründenden Umstände (BAG 15.07.2004 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 54; 16.09.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 10) so genau und umfassend darlegen, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über seine Stellung-nahme schlüssig zu werden (vgl. BAG 13.07.1978 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 35; Landesarbeitsgericht Hamm 11.01.2006 - 3 Sa 9/05 - FA 2006, 189 LS).
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Zu berücksichtigen ist aber, dass der Arbeitgeber im Rahmen des § 102 BetrVG nur die aus seiner Sicht tragenden Umstände mitteilen muss (BAG 15.07.2004 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 54; 16.09.2004 EzA § 102 2001 Nr. 10; 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607). Erst eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung führt zu einer fehlerhaften Anhörung. Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information des Betriebsrats gehört auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsame Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen können (BAG 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltenbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607).
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Eine Verletzung der Mitteilungspflicht liegt insgesamt nur dann vor, wenn er dem Betriebsrat bewusst ihm bekannte und seinen Kündigungsentschluss (mit)bestimmende Tatsachen vorenthält, die nicht nur eine Ergänzung oder Konkretisierung des mitgeteilten Sachverhalts darstellen, sondern diesem erst das Gewicht eines Kündigungsgrundes geben oder weitere eigenständige Kündigungsgründe beinhalten (APS/Koch § 102 BetrVG Rn. 88ff.). Das ist nicht der Fall, wenn er kündigungsrechtlich objektiv erhebliche Tatsachen nicht mitteilt, weil er darauf die Kündigung zunächst nicht stützen will, denn eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG (BAG 11.12.2003 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 5). Demgegenüber genügt die Mitteilung von Scheingründen oder die unvollständige Mitteilung von Kündigungsgründen - insbes. unter bewusster Verschweigung der wahren Kündigungsgründe - nicht. Kommen andererseits aus der Sicht des Arbeitgebers mehrere Kündigungssachverhalte und Kündigungsgründe in Betracht, so führt ein bewusstes Verschweigen einer - von mehreren - Sachverhalten nicht zur Unwirksamkeit der Anhörung (BAG 16.09.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 10). Allerdings führt die subjektive Determination nicht dazu, dass der Arbeitgeber auf eine Mitteilung persönlicher Gründe ganz verzichten darf, auch wenn er sie nicht berücksichtigt. Der Arbeitgeber muss deshalb im Allgemeinen das Lebensalter und die Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie einen eventuellen Sonderkündigungsschutz al unverzichtbare Daten für die Beurteilung der Kündigung dem Betriebsrat mitteilen. Das gilt auch für einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund, da dem Betriebsrat keine persönlichen Umstände vorenthalten werden dürfen, die sich im Rahmen der Interessenabwägung zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken können (BAG 06.10.2005 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 66).
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Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber aus seiner Sicht unrichtige oder unvollständige Sachdarstellungen unterbreitet (BAG 18.05.1994, 22.09.1994 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 85, 86). Damit wird es dem Arbeitgeber insbes. verwehrt, dem Betriebsrat den Sachverhalt irreführend zu schildern, damit sich die Kündigungsgründe als möglichst überzeugend darstellen (ArbG Bln. 25.01.2002 NZA-RR 2003, 85). Beabsichtigt ein Arbeitgeber, ein Arbeitsverhältnis wegen Diebstahls oder des Verdacht auf des Diebstahls zu kündigen, hat er nach z. T. vertretener Auffassung den in seinem Betrieb gebildeten Betriebsrat auch über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses und die von ihm vorgenommene Interessenabwägung zu unterrichten (Landesarbeitsgericht SchlH 10.01.2012 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. 15).
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Dies führt mittelbar zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn der verwertbare Sachverhalt die Kündigung nicht trägt, d. h. wenn es der sachlichen Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 KSchG oder § 626 BGB bedarf und dazu der (zuvor dem Betriebsrat) mitgeteilten Kündigungssachverhalt nicht ausreicht (sog. subjektive Determinierung der Mitteilungspflicht des Arbeitgebers; vgl. BAG 22.09.1994 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 86; 11.12.2003 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 5; 22.04.2010 - 6 AZR 828/08, EzA-SD 12/2010 S. 3; Landesarbeitsgericht SchlH 30.10.2002 NZA-RR 203, 310). Der Arbeitgeber kann sich auch nicht auf den Kündigungsgrund der dauernden Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung berufen, wenn er der MAV nur Gründe aus dem Bereich häufiger Kurzerkrankungen mitgeteilt hat (Landesarbeitsgericht Bl.-Bra. 03.11.2010 - 15 Sa 1738/10; ZTR 2011, 181 LS).
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Unterrichtet der Arbeitgeber deshalb z.B. den Betriebsrat von einer beabsichtigten betriebsbedingten Änderungskündigung mit dem Ziel, eine unselbstständige Betriebsabteilung wegen hoher Kostenbelastung zu sanieren, nur über die wirtschaftlichen Verhältnisse des unselbstständigen Betriebsteils, nicht aber zugleich über die Ertragslage des gesamten Betriebes, dann kann er sich im Kündigungsschutzprozess jedenfalls nicht auf ein dringendes Sanierungsbedürfnis des Betriebes berufen (BAG 11.10.1989 EzA § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 64).
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Informiert der Arbeitgeber gem. § 102 BetrVG nicht auch über Begleitumstände, die dem an sich eine Kündigung tragenden Sachverhalt ein besonderes Gewicht verleihen und für die Interessenabwägung erhebliche Bedeutung haben (können), so sind diese Begleitumstände bei der Prüfung der Berechtigung der Kündigung nicht verwertbar. Ohne wenigstens einen Hinweis auf das Vorliegen solcher Begleitumstände ist der Betriebsrat mit diesen nicht befasst und braucht insbes. nicht von sich aus solche Umstände zu ermitteln, in dem er die ihm übergebenen Unterlagen auf solche Umstände hin prüft und auswertet (Hess. Landesarbeitsgericht 15.09.1998 NZA 1999, 269 LS).
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Darüber ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass es für die Wirksamkeit der Anhörung insbesondere unerheblich ist, ob der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung widerspricht, ob ein derartiger Widerspruch erheblich ist oder nicht und ob der Betriebsrat, wenn er die gegebenen Informationen nicht für ausreichend gehalten hat, keine weitere Angaben ausdrücklich angefordert hat. Denn der Arbeitgeber ist verpflichtet, den maßgeblichen Sachverhalt näher so zu umschreiben, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen oder Rückfragen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe überprüfen kann. Unterlässt es der Arbeitgeber aber, den Betriebsrat über die Gründe der Kündigung zu unterrichten, z. B. in der irrigen oder vermeintlichen Annahme, dass dieser bereits über den erforderlichen und aktuellen Kenntnisstand verfügt, so liegt keine ordnungsgemäße Einleitung des Anhörungsverfahrens vor (BAG 25.06.1985, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 60).
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Vorliegend bestand für die Kammer keinerlei Möglichkeit, festzustellen, welche Tatsachen konkret dem Betriebsrat vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung mitgeteilt worden sind. Dazu verhält sich das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen nicht näher, insbesondere nicht substantiiert. Den insoweit zu stellen Anforderungen genügt auch entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht das Schreiben des Betriebsratsvorsitzenden an die Beklagte vom 04.10.2012. Denn danach wird lediglich bestätigt, dass der Betriebsrat die Mitteilung über die beabsichtigte fristlose Kündigung des Klägers am 27.08.2012 erhalten hat. Nach dem Inhalt dieses Schreibens hat der Betriebsrat daraufhin in seiner Sitzung am 27.08.2012, nach Erörterung der Vorkommnisse vom 24.08.2012, beschlossen, der Kündigung zuzustimmen. Der Betriebsratsvorsitzende hat insoweit auf eine von ihm versendete E-Mail vom 27.08.2012 Bezug genommen, wonach der Betriebsrat nach Erörterung der Vorkommnisse am 23.08.2012/24.08.2012 mit anschließender Bedrohung von Herrn F. der fristlosen Kündigung des Klägers zustimmt (vgl. Bl. 208, 209 d. A.).
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Damit bleibt völlig offen, welche konkreten Tatsachen hinsichtlich der aus der Sicht der Beklagten maßgeblichen und die Kündigung legitimierenden Umstände dem Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung mitgeteilt worden sind, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats insoweit erfolgt ist. Die Beklagte ist folglich der ihr insoweit obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen.
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Dem gegenüber hat entgegen der Auffassung des Klägers die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 22.08.2012 das Arbeitsverhältnis am 30.09.2012 beendet.
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Denn entgegen der Auffassung des Klägers kann insoweit nicht davon ausgegangen werden, dass auch diese Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtsunwirksam ist.
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Denn insoweit gelten im Hinblick auf eine ordentliche Kündigung vor Ablauf der Sechsmonatsfrist (§ 1 Abs. 1 KSchG) folgende Grundsätze:
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Zwar kann der Arbeitgeber vor Anwendbarkeit des KSchG (vgl. §§ 1, 23 KSchG) grds. ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist kündigen.
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Dennoch gelten nach ständiger Rechtsprechung des BAG (28.09.1978 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 39; 08.09.1988 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 73; 18.05.1994 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 85; 03.12.1998 EzA § 102 1972 Nr. 100; a.A. Raab ZfA 1995, 479 ff.) hinsichtlich der Mitteilungspflicht des Arbeitgebers an den Betriebsrat an sich auch dann keine geringeren Anforderungen, wenn die beabsichtigte Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden soll. Denn der Wortlaut von § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG ist insoweit eindeutig. Wenn auch ein Arbeitgeber bei einer ordentlichen Kündigung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich Kündigungsfreiheit genießt und deshalb im Prozess nicht - jedenfalls nicht primär - gehalten ist, seine Kündigung näher zu begründen, wird hierdurch eine kollektivrechtliche Pflicht zur Angabe der Kündigungsgründe gegenüber dem Betriebsrat nicht ausgeschlossen. § 102 BetrVG knüpft die Beteiligung des Betriebsrats nicht an das Bestehen des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz. Der Betriebsrat soll auch in diesen Fällen in die Lage versetzt werden, auf den Arbeit-geber einzuwirken, um ihn ggf. mit besseren Argumenten von seinem Kündigungsentschluss abzubringen. Hierfür muss der Betriebsrat aber die Gründe kennen, die den Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen (BAG 06.11.2003 EzA § 14 TzBfG Nr. 7; s. Landesarbeitsgericht Düsseldorf 22.11.2011 - 17 Sa 961/11, ZTR 2012, 301 LS).
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Auch insoweit hat der Arbeitgeber also diejenigen Gründe mitzuteilen, die für seinen Kündigungsentschluss (subjektiv) maßgebend sind, die nach seiner Ansicht die Kündigung rechtfertigen. Ist für den Arbeitgeber folglich bei einer Kündigung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses der maßgebliche Kündigungsgrund nicht die eigene Eignungsbeurteilung, sondern die Tatsache der negativen Beurteilung der Arbeitsbeziehungen zu anderen Mitarbeitern durch den Dienstvorgesetzten, so reicht eine entsprechende Mitteilung aus (BAG 21.07.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 15; s. a. Landesarbeitsgericht Düsseldorf 22.11.2011 - 17 Sa 961/11, ZTR 2012, 301 LS). Dagegen genügt die bloße Angabe, dass kein Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besteht, insoweit nicht (Landesarbeitsgericht Düsseldorf 22.11.2011 - 17 Sa 961/11, ZTR 2012, 301 LS).
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Von daher genügt es auch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist gem. § 1 Abs. 1 KSchG eigentlich nicht, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat in einem Mit-teilungsschreiben lediglich mitteilt, die bisherige Zusammenarbeit mit dem Kläger lasse eine für beide Seiten zufrieden stellende Kooperation für die Zukunft nicht erwarten. Denn auch vor Anwendbarkeit des KSchG darf sich der Arbeitgeber nicht mit einer schlagwort- oder stichwortartigen Bezeichnung des Kündigungsgrundes begnügen.
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Demgegenüber genügt die pauschale Umschreibung des Kündigungsgrundes durch ein Werturteil (z.B. nicht hinreichende Arbeitsleistung) den gesetzlichen Anforderungen ausnahmsweise dann, wenn der Arbeitgeber seine Motivation nicht mit konkreten Tatsachen belegen kann (BAG 08.09.1988 EzA § 102 BetrVG 1972 NR. 73; s. von Tiling ZTR 2012, 554 ff.). Hat der Arbeitgeber also keine auf Tatsachen gestützte und demgemäß durch die Mitteilung dieser Tatsachen konkretisierbaren Kündigungsgründe, so genügt es, wenn er dem Betriebsrat seine subjektiven Wertungen mitteilt, die ihn zu der Kündigung veranlassen (BAG 03.12.1998 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 100; 22.04.2010 - 6 AZR 828/08, NZA 2010, 1199 LS; Landesarbeitsgericht SchlH 30.10.2002 NZA-RR 2003, 310; Landesarbeitsgericht Düsseld. 29.07.2004 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. 1 a), wenn er keine auf Tatsachen gestützten und durch Tatsachen konkretisierbaren Kündigungsgründe benennen kann. Dafür reichen dann aber pauschale, schlagwortartige Begründungen; der Arbeitgeber ist in diesen Fällen insbes. nicht verpflichtet, sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen (BAG 22.04.2010 - 6 AZR 828/08, EzA-SD 12/2010 S. 3 = NZA 2010, 1199 LS). Denn der Arbeitgeber ist nicht gehalten, nur für den Betriebsrat über-wachende Aufzeichnungen zu führen, die er dem Arbeitnehmer gegenüber nicht benötigt (Landesarbeitsgericht Bln 11.12.2003 NZA-RR 2004, 528).
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Es ist gerade eine Konsequenz der subjektiven Determinierung der Mitteilungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG, in diesen Fällen die Unterrichtung über die subjektiven Vorstellungen ausreichen zu lassen. Jede andere Lösung wäre systemwidrig und realitätsfremd. Sie würde vom Arbeitgeber geradezu verlangen, tatsächlich nicht vorhandene objektive Gründe für seinen Kündigungsentschluss zu erfinden und vorzuschieben.
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Vorliegend ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf die ungewöhnlich kurze Dauer des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien die Bezeichnung der Kündigungsgründe im Anhörungsschreiben an den Betriebsrat als ausreichend anzusehen ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass als Beginn des Arbeitsverhältnisses der 01.08.2012 angegeben ist; dies schon deshalb nicht, weil dieser Zeitpunkt genau der ist, den die Parteien kurz vertraglich ausdrücklich festgelegt haben. Allein die Tatsache, dass der Kläger bereits zuvor - auch im Interesse der Beklagten - an Schulungen usw. teilgenommen hat, rechtfertigt insoweit keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.
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Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht daraus, dass der Betriebsrat nach schriftlicher Mitteilung des Betriebsratsvorsitzenden vom 20.08.2012 noch in seiner Sitzung am 22.08.2012, also dem Tag des Eingangs der Mitteilung über die beabsichtigte ordentliche Kündigung nach Erörterung der mündlich mitgeteilten Gründe beschlossen hat, der Kündigung zuzustimmen. Denn selbst wenn, wofür die Kammer allerdings keine konkreten Anhaltspunkte hat, insoweit dem Betriebsrat Verfahrensfehler unterlaufen sein sollten, z. B. wegen einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Betriebsratssitzung, würde dies nicht zur Unwirksamkeit der Beteiligung des Betriebsrats führen.
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Ist nämlich die Anhörung des Betriebsrats aus Gründen fehlerhaft, die in seinem Verantwortungsbereich liegen, so ist das für die Wirksamkeit der Anhörung und damit die Kündigung grds. ohne Bedeutung (BAG 24.06.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 9; 06.10.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 16; 12.03.2009 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 26; Landesarbeitsgericht Köln 09.12.2004 - 5 (7) Sa 925/94, EzA-SD 7/05, S. 13 LS), selbst wenn sie dem Arbeitgeber bekannt sind, es sei denn, dass er sie selbst veranlasst bzw. beeinflusst hat (BAG 24.06.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 9; 06.10.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 16).
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Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber nach den Umständen weiß, erkennen oder zumindest vermuten kann, dass die Behandlung der Angelegenheit durch den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß erfolgt ist (BAG 16.01.2003 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 1; 24.06.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 9; 06.10.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 9; 06.10.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 16; Landesarbeitsgericht Düsseld. 15.04.2011 LAGE § 13 BetrVG 2001 Nr. 1). Teilt z. B. der Betriebsratsvorsitzende, obwohl vom Arbeitgeber umfassend informiert, dem Betriebsratsgremium vor der Beschlussfassung nicht mit, dass der Arbeitnehmer vor einer verhaltensbedingten Kündigung mehrfach ordnungsgemäß abgemahnt worden ist, ist die Kündigung nicht unwirksam, denn der Arbeitgeber hat seiner Unterrichtungspflicht durch die Information des Betriebsratsvorsitzenden genügt (Landesarbeitsgericht SchlH 26.09.2002 ARST 2003, 190 LS).
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Zu den Fehlern im Verantwortungsbereich des Betriebsrats gehören auch die fehlerhafte Besetzung des Betriebsrats (BAG 24.06.2004 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 9; Landesarbeitsgericht Köln 01.07.2004 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. 1), die Entscheidung im Umlaufverfahren (Landesarbeitsgericht Düsseld. 22.11.2001 NZA -RR 2003, 280), statt in einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung, die Befassung des nicht zuständigen Betriebsausschusses statt des Betriebsrats mit der Sache (Landesarbeitsgericht Köln 01.07.2004 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. 1) oder die Teilnahme des Arbeitgebers an der Betriebsratssitzung.
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Vor diesem Hintergrund ist die Anhörung des Betriebsrats insoweit nicht zu beanstanden.
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Weitere Vergütungsansprüche für den Monat August 2012 stehen dem Kläger nicht zu. Davon ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen; deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 15, 16 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 148, 149 d. A.) Bezug genommen.
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Für den Monat September 2012 steht dem Kläger damit ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 5.250,00 EUR gemäß §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB zu. Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass es der Beklagten etwa unzumutbar gewesen wäre, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu beschäftigen. Zum einen hat sie dies selbst in beiden Rechtszügen nicht behauptet, zum anderen war der Kläger bereits vor Zugang der außerordentlichen Kündigung von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt worden, so dass ein Vollzug des Arbeitsverhältnisses mit einer etwaigen Gefährdung des Mitarbeiters F. ohnehin ausgeschlossen war.
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Andererseits kommt eine höhere Zahlung als die von 5.250,00 EUR brutto aus den zuvor dargestellten Gründen nicht in Betracht.
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Schließlich steht dem Kläger ein weiterer Anspruch auf Auslagenerstattung entsprechend seiner Abrechnung vom 07.09.2012 über den vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Betrag hinaus nicht zu. Davon ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen; deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 17 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 150 d. A.) Bezug genommen.
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Das weitere Berufungsvorbringen des Klägers, soweit nicht bereits vorliegend ausführlich berücksichtigt, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts, denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht insoweit lediglich deutlich, dass der Kläger - aus seiner Sicht verständlich - die von der Kammer teilweise für zutreffend erachteten Ausführungen des Arbeitsgerichts nicht teilt. Weitere Ausführungen sind folglich insoweit nicht veranlasst.
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Nach alledem war die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts teilweise aufzuheben und abzuändern.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
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Bei der Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.
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