Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 264/16

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. Mai 2016, Az. 9 Ca 488/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Inhalt eines bereits erteilten Arbeitszeugnisses.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von € 3.300 beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag wurde sie als Sekretärin eingestellt. Mit Datum vom 30.12.2014 erteilte ihr die Beklagte folgendes Zwischenzeugnis [Hervorh. d. Verf.]:

3

"Zwischenzeugnis

Frau A., geb. am … 1966, wohnhaft in der A-Straße in A-Stadt, ist seit dem 01.01.2008 bei der C. als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.

Die C. vertreibt Nahrungsmittel wie Suppen, Saucen, Ansatz- und Tiefkühlprodukte im Direktvertrieb an Kunden in Deutschland und Österreich.
Der Kundenkreis besteht hauptsächlich aus professionellen Großverbrauchern. Das sind Großküchen in der Betriebsgastronomie oder im Care Bereich wie Anstalten,
Heime, Krankenhäuser sowie in der Gastronomie, etc.

Frau A. oblag die aktive Unterstützung des Geschäftsführers Vertrieb.

Wichtige Aufgaben waren im Einzelnen wie folgt:

- Assistenz der Geschäftsleitung sowie allgemeine Sekretariatsaufgaben

- Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsführung deutsch/englisch

- Protokollführung bei Sitzungen und Besprechungen

- Erstellung monatlicher Auswertungen/Statistiken

- Terminkontrolle von Einzelprojekten

- Administrative Unterstützung der Verkaufsleiter

- Auswertung der Verkaufswettbewerbe

- Organisation von Tagungen sowie von Messen und Ausstellungen

- Vorbereiten und Erstellen von Präsentationen

- Unterstützung des Marketingleiters

- Eigenständige Betreuung des Tiefkühl-Sortiments

- Mithilfe bei der Pflege und Aktualisierung des Internet-Auftritts

- Für ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsleitung brachte Frau A. alle Voraussetzungen mit.

Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

Sie arbeitete sich sehr schnell in alle Arbeitsbereiche ein und konnte schon bald sehr gut eigenständige Resultate erzielen. Sie verfügt über eine sehr gute Auffassungsgabe
und eine ausgezeichnete Eigenmotivation.

Die vereinbarten Vorgaben hat Frau A. stets eingehalten und oft noch übertroffen. Jederzeit ist Frau A. zudem bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Kollegen und Vorgesetzte konnten sich stets auf sie verlassen. Wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer kollegialen Haltung war sie bei Vorgesetzten und Mitarbeitern
gleichermaßen beliebt und geschätzt.

Dieses Zwischenzeugnis wurde wegen eines Vorgesetztenwechsels auf Wunsch von Frau A. ausgestellt. Wir danken Frau A. für die bisherige gute Zusammenarbeit
und wünschen uns auch zukünftig noch viel Erfolg in der weiteren Zusammenarbeit.

Mainz, den 31.12.2014
C. GmbH"

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 17.07. zum 30.09.2015 aus betriebsbedingten Gründen. Im Kündigungsschutzverfahren (Az. 1 Ca 1366/15) schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Mainz am 07.09.2015 einen Vergleich. Sie einigten sich ua. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und vereinbarten in Ziff. 4 des Vergleichs folgendes:

5

"4. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Endzeugnis auf der Basis des bereits erteilten Zwischenzeugnisses vom 30.12.2014 mit folgenden Änderungen in der Tätigkeitsbeschreibung:

6

- das Führen der Korrespondenz in Englisch fällt weg
- es heißt weiterhin Mithilfe bei der Organisation von Messen und Tagungen
- im Zusammenhang mit Präsentationen heißt es "nur" Vorbereiten, das Erstellen fällt weg
- insbesondere bezüglich der Führungs- und Leistungsbeurteilung bleibt es bei der Beurteilung aus dem Zwischenzeugnis und das Endzeugnis wird eine im Verkehr übliche Schlussformulierung im Sinne einer Dankens-, Bedauerns- und Wünschensformel enthalten."

7

Die Beklagte erteilte der Klägerin mit dem Datum 30.09.2015 ein Endzeugnis. Mit ihrer am 21.03.2016 erhobenen Klage verlangt die Klägerin inhaltliche Änderungen wie folgt [Hervorh. d. Verf.]:

8

"beantragtes Endzeugnis:
(Schriftsatz vom 13.07.2016)

erteiltes Endzeugnis:
(vor Klageerhebung)

Frau A., geb. am ... 1966,

war seit dem 01.01.2008 bei der C. GmbH als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.

Frau A., geb. am … 1966,
wohnhaft in der A-Straße in A-Stadt,
war seit dem 01.01.2008 bei der C. als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.

Die C. GmbH vertreibt Nahrungsmittel wie Suppen, Saucen, Ansatz- und Tiefkühlprodukte im
Direktvertrieb an Kunden in Deutschland und Österreich. Der Kundenkreis besteht
hauptsächlich aus professionellen Großverbrauchern. Das sind Großküchen in der
Betriebsgastronomie oder im Care Bereich wie Anstalten, Heime, Krankenhäuser sowie
in der Gastronomie, etc.

Die C. vertreibt Nahrungsmittel wie Suppen, Saucen, Ansatz- und Tiefkühlprodukte im
Direktvertrieb an Kunden in Deutschland und Österreich. Der Kundenkreis besteht
hauptsächlich aus professionellen Großverbrauchern. Das sind Großküchen in der
Betriebsgastronomie oder im Care Bereich wie Anstalten, Heime, Krankenhäuser sowie
in der Gastronomie, etc.

Frau A. oblag die aktive Unterstützung des Geschäftsführers Vertrieb.

Frau A. oblag die aktive Unterstützung des Geschäftsführers Vertrieb.

Zu ihren Aufgaben gehörten:

Wichtige Aufgaben waren im Einzelnen wie folgt:

- Assistenz der Geschäftsführung sowie allgemeine Sekretariatsaufgaben

- Assistenz der Geschäftsleitung sowie allgemeine Sekretariatsaufgaben

- Vorbereitung von Angelegenheiten der Geschäftsführung bis zur Entscheidungsreife

        

- Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsführung

- Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsführung

- Protokollführung bei Sitzungen und Besprechungen

- Protokollführung bei Sitzungen und Besprechungen

- Erstellung monatlicher Auswertungen/ Statistiken

- Erstellung monatlicher Auswertungen/ Statistiken

- Terminkontrolle von Einzelprojekten

- Terminkontrolle von Einzelprojekten

- Administrative Unterstützung der Verkaufsleiter

- Administrative Unterstützung der Verkaufsleiter

- Auswertung der Verkaufswettbewerbe

- Auswertung der Verkaufswettbewerbe

- Mithilfe bei der Organisation von Messen und Tagungen

- Mithilfe bei der Organisation von Messen und Tagungen

- Erstellen von Präsentationen (Power Point)

- Vorbereiten von Präsentationen

- Aufbereitung von Unterlagen zu diversen Tagungen in Absprache mit der Geschäftsführung

        

- Termingerechte Erstellung und Vorlage der "Geburtstagsbriefe" sowie Weihnachtsgrüße

        

- Unterstützung des Marketingleiters

- Unterstützung des Marketingleiters

- Eigenständige Betreuung des Tiefkühl-Sortiments

- Eigenständige Betreuung des Tiefkühl-Sortiments

- Eigenständige Erstellung aller Verkaufsunterlagen für das Tiefkühl-Sortiment

        

- Mithilfe bei der Pflege und Aktualisierung des Internet-Auftritts

- Mithilfe bei der Pflege und Aktualisierung des Internet-Auftritts

- Mithilfe bei der Organisation von Produktschulungen (in Mainz) und Kundenveranstaltungen
(hauptsächlich Österreich mit Rahmenprogramm, Flug-/ Hotelbuchungen, Abschiedsgeschenke)

        

- Beschaffung von Verkaufsförderungsartikeln (Angebotseinholung und Bestellung)
und Ausgabe an Mitarbeiter nach Auftragsprüfung

        

Ausstattung neuer Außendienstmitarbeiter mit sämtlichen Arbeitsmaterialien

        

- Rechnungsprüfung für sämtliche Bestellungen und Hotelbuchungen in ihrem Aufgabengebiet

        

Für ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung brachte Frau A. alle
Voraussetzungen mit.

Für ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsleitung brachte Frau A. alle
Voraussetzungen mit.

        

Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

Frau A. zeichnete sich durch eine hohe Arbeitsmoral aus. Sie war eine sehr engagierte,
zuverlässige und strebsame Mitarbeiterin.
Sie arbeitete sich sehr schnell in alle Arbeitsbereiche ein und konnte schon bald sehr gut
eigenständige Resultate erzielen. Sie verfügt über eine sehr gute Auffassungsgabe und eine
ausgezeichnete Eigenmotivation.
Dank ihres umfangreichen, fundierten und aktuellen Fachwissens löste sie alle ihre
Aufgaben stets gut.



Sie arbeitete sich sehr schnell in alle Arbeitsbereiche ein und konnte schon bald sehr gut
eigenständige Resultate erzielen. Sie verfügt über eine sehr gute Auffassungsgabe und eine
ausgezeichnete Eigenmotivation.

Die vereinbarten Vorgaben hat Frau A. stets eingehalten und oft noch übertroffen.
Frau A. war zudem jederzeit bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.
Arbeitsmenge und Arbeitstempo lagen stets über unseren Erwartungen und Anforderungen.

Die vereinbarten Vorgaben hat Frau A. stets eingehalten und oft noch übertroffen.
Frau A. war zudem jederzeit bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

        

Das Verhalten von Frau A. gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war stets vorbildlich.
Wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer kollegialen Haltung war sie bei Vorgesetzten
und Mitarbeitern gleichermaßen beliebt und geschätzt.
Kollegen und Vorgesetzte konnten sich stets auf sie verlassen.

Kollegen und Vorgesetzte konnten sich stets auf sie verlassen.
Wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer kollegialen Haltung war sie bei Vorgesetzten
und Mitarbeitern gleichermaßen beliebt und geschätzt.

Auch ihr Verhalten gegenüber Kunden und Geschäftspartnern war stets sehr gut.
Sie wurde wegen ihres Engagements und ihrer Zuvorkommenheit stets sehr geschätzt
und oft gelobt.

        

Das Arbeitsverhältnis mit Frau A. endet fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen
zum 30.09.2015.

Das Arbeitsverhältnis mit Frau A. endet fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen
zum 30.09.2015.

Wir danken Frau A. für die stets gute Zusammenarbeit und bedauern sehr, ihr aufgrund
der organisatorischen und strukturellen Veränderungen in unserem Unternehmen keinen
geeigneten Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen zu können.

Wir danken Frau A. für die stets gute Zusammenarbeit und bedauern sehr, ihr aufgrund
der organisatorischen und strukturellen Veränderungen in unserem Unternehmen keinen
geeigneten Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen zu können.

Wir wünschen Frau A. für ihre persönliche und berufliche Zukunft alles Gute und
weiterhin viel Erfolg.

Wir wünschen Frau A. für ihre persönliche und berufliche Zukunft alles Gute
und viel Erfolg.

Mainz, den 30. September 2015
C. GmbH

Mainz, den 30. September 2015
C. GmbH

9

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Sachanträge wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 10.05.2016 Bezug genommen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Teilversäumnis- und Endurteil vom 10.05.2016 teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, den letzten Satz des Zeugnisses zu ändern und der Klägerin im Schlusssatz "> weiterhin < viel Erfolg" zu wünschen. Ansonsten hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 10.05.2016 Bezug genommen.

11

Gegen das am 23.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 20.06.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 25.07.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat das Zeugnis urteilsgemäß geändert und wünscht der Klägerin "> weiterhin < viel Erfolg".

12

Die Klägerin macht geltend, sie habe durch die Vereinbarungen im Prozessvergleich vom 07.09.2015 nicht ihre Zeugnisberichtigungsansprüche verloren. Die Beklagte habe nach der vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung des LAG Niedersachsen (13.03.2007 - 9 Sa 1835/06) kein Recht, vom Zwischenzeugnis abzuweichen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Erfüllung des Vergleichs berufen, weil sie selbst von der Basis des Zwischenzeugnisses abgewichen sei. Sie habe statt Bullet Points, Spiegelstriche verwendet und die Adresse aus dem Adressfeld herausgenommen. Ihre Adresse sei aus dem Zeugnis zu entfernen. Durch den Vergleich habe sie sich nicht damit einverstanden erklärt, ihre Adresse bereits im Zeugnis erwähnt zu wissen. Hinsichtlich der Einheitlichkeit der Schreibweise sei darauf abzustellen, dass es korrekt "Geschäftsführung" heiße, damit sei nur der Geschäftsführer gemeint und nicht die "Geschäftsleitung". "Geschäftsleiter" und "Geschäftsführer" seien keine synonym verwendbaren Begriffe, sondern drückten auch unterschiedliche Zuständigkeiten aus, was im Hinblick auf die Wahrheitspflicht von Bedeutung sei. Aus diesem Grund habe die Beklagte keine freie Wahl ihrer Formulierung. Die "Assistenz der Geschäftsführung" sei der richtig zu verwendende Begriff. Im Übrigen sei im Prozessvergleich die Tätigkeitsbeschreibung nicht abschließend geregelt worden. Das Zeugnis unterliege der Wahrheitspflicht. Eine Tätigkeitsbeschreibung müsse illustrativ sein. Außerdem sei zu beanstanden, dass wesentliche Leistungsbeurteilungen fehlten und das Zeugnis damit unvollständig sei.

13

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

14

das Teilversäumnis- und Endurteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.05.2016, Az. 9 Ca 488/16, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Zug-um-Zug gegen Herausgabe des unter dem 30.09.2015 erteilten Zeugnisses ein Zeugnis mit dem im Schriftsatz vom 13.07.2016 zitierten Inhalt zu erteilen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

18

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

19

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht weit überwiegend abgewiesen. Die Klägerin hat nach § 109 Abs. 1 GewO keinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit dem begehrten Inhalt. Ihr Zeugnisanspruch ist nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. In Ermangelung eines Rechtsmittels der Beklagten verbleibt es indes bei der Wunschformel "> weiterhin < viel Erfolg".

20

1. Die Klage ist zulässig, obwohl die Klägerin ein schlechteres Arbeitszeugnis erstrebt, als ihr die Beklagte erteilt hat. Werden in einem Zeugnis Banalitäten (zB. termingerechte Erstellung von Geburtstags- und Weihnachtsgrüßen, Aufbereitung von Unterlagen), die keiner Erwähnung bedürfen, weil sie von einer Chefsekretärin oder Assistentin des Geschäftsführers nach der Verkehrsanschauung selbstverständlich erwartet werden, besonders betont und herausgestrichen, führt dies zur Abwertung des Zeugnisses. Auch eine Überfrachtung der Tätigkeitsbeschreibung mit Verdopplungen oder Verdreifachungen (Eigenständige Betreuung des Tiefkühlsortiments, eigenständige Erstellung aller Verkaufsunterlagen für das Tiefkühlsortiment, Aufbereitung von Unterlagen) entwertet das Zeugnis.

21

Gleichwohl kann der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage nicht abgesprochen werden. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage folgt grundsätzlich aus der Nichterfüllung eines vermeintlichen Anspruchs. Es genügt regelmäßig die Behauptung der klagenden Partei, der von ihr verfolgte Anspruch bestehe. Ob ein solcher Anspruch gegeben ist, ist eine Frage seiner materiell-rechtlichen Begründetheit (vgl. BAG 16.12.2014 - 9 AZR 915/13 - Rn. 14 mwN).

22

2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat den Zeugnisanspruch der Klägerin nach § 109 GewO nicht nur erfüllt, sondern sich darüber hinaus im Prozessvergleich vom 07.09.2015 bereit erklärt, eine Dankes-, Wunsch- und Bedauernsformel in den Zeugnistext aufzunehmen, obwohl Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers nach dem Gesetz nicht zum erforderlichen Zeugnisinhalt gehören (vgl. ausführlich BAG 11.12.2012 - 9 AZR 227/11).

23

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin keine inhaltlichen Änderungen am Zeugnistext mehr verlangen kann, die über den im Prozessvergleich gefundenen Kompromiss mit der Beklagten hinausgehen. Die Parteien haben sich im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 07.09.2015 nach § 779 BGB im Wege gegenseitigen Nachgebens nicht nur über die Beendigung des (gekündigten) Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, sondern auch über den Inhalt des Arbeitszeugnisses gütlich geeinigt. Sie wollten erkennbar das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen, insbesondere auch einem künftigen Rechtsstreit über den Zeugnisinhalt vorbeugen. Jede andere Auffassung ist mit der allgemeinen Prozessvergleichspraxis unvereinbar und würde den erstrebten Vergleichsfrieden von vornherein in Frage stellen. Ziel der Vereinbarung in Ziff. 4 des gerichtlichen Vergleichs war es, den Zeugnistext abschließend zu regeln. Der darin bekundete Vergleichswille wäre wertlos, wenn der Zeugnistext - wie die Klägerin meint - Quelle eines neuen Rechtsstreits sein könnte. Das belegt exemplarisch der Antrag, im Zeugnis die Formulierung "Erstellen von Präsentationen" aufzunehmen, obwohl sich die (auch im Vorprozess anwaltlich vertretene) Klägerin im Prozessvergleich mit der Beklagten darauf geeinigt hat, dass es im Zusammenhang mit Präsentationen nur "Vorbereiten" heißen soll, "das Erstellen fällt weg".

24

3. Selbst wenn die Parteien am 07.09.2015 keinen Prozessvergleich abgeschlossen hätten, könnte die Klägerin von der Beklagten kein Arbeitszeugnis mit dem im Klage- bzw. Berufungsantrag formulierten Inhalt beanspruchen.

25

Wie bereits oben ausgeführt, wäre die Beklagte nicht verpflichtet, im Schlusssatz des Zeugnisses persönliche Empfindungen, wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche, zum Ausdruck zu bringen. Ist ein Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber verwendeten Schlussformel nicht einverstanden, hat er keinen Anspruch auf Ergänzung oder Umformulierung, sondern auf ein Zeugnis ohne jeden Schlusssatz (vgl. BAG 11.12.2012 - 9 AZR 227/11 - Rn. 17).

26

Die Klägerin hätte auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihre Anschrift aus dem Zeugnis ("wohnhaft in der A-Straße in A-Stadt") streicht. Dafür besteht keine gesetzliche Grundlage. Inhaltlich muss das Zeugnis den Geboten der Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit gerecht werden. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Angabe der Wohnanschrift diesen Erfordernissen nicht entsprechen sollte. Soweit die Klägerin beanstandet, dass der Name C. im Fließtext des Zeugnisses nicht in Großbuchstaben geschrieben wird, ist ebenfalls unklar, woraus sie einen derartigen Anspruch herleiten will. Es handelt sich um keinen Rechtschreibfehler.

27

Das erteilte Zeugnis genügt den gesetzlichen Anforderungen. Die Berufung verkennt - auch mit ihren weiteren Änderungswünschen, dass es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers ist, das Zeugnis im Einzelnen zu verfassen. Die Formulierung und Ausdrucksweise steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Maßstab ist dabei ein wohlwollender verständiger Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat insoweit einen Beurteilungsspielraum. Dies gilt insbesondere für die Formulierung von Werturteilen. Sie lässt sich nicht bis in die Einzelheiten regeln und vorschreiben. Solange das Zeugnis allgemein verständlich ist und nichts Falsches enthält, kann der Arbeitnehmer daher keine abweichende Formulierung oder eine abweichenden Gliederung verlangen (vgl. BAG 15.11.2011 - 9 AZR 386/10 - Rn. 11).

28

Im Streitfall ist das Zeugnis allgemein verständlich und - entgegen der Ansicht der Klägerin - weder von der Gliederung noch vom Satzbau zu beanstanden. Die Klägerin hätte auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte "Geschäftsleitung" durch "Geschäftsführung" ersetzt. Das ist Frage des persönlichen Stils. Auch die Tätigkeitsbeschreibung ist vollständig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, jeden Einzelaspekt (zB. das termingerechte Erstellen von Geburtstags- oder Weihnachtskarten) ins Zeugnis aufnehmen; es genügt, wenn sie die wichtigsten Aufgaben der Tätigkeit der Klägerin aufführt. Diese Verpflichtung hat sie erfüllt.

29

Schließlich hätte die Klägerin, wäre kein Prozessvergleich geschlossen worden, auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte dem Zeugnis noch Textbausteine (zB. zur Arbeitsmoral, zum Arbeitstempo oder zur Arbeitsmenge) hinzufügt, die nicht mehr zum Stil und zur Wortwahl des Zeugnisses als Ganzes passen, "zusammengestückelt" wirken, und die die im Zeugnis enthaltenen Bewertungen der Beklagten (zB. bezüglich des Verhaltens gegenüber Vorgesetzten und Kollegen) teilweise verdoppeln. Die Wortwahl steht - wie ausgeführt - im Ermessen des Arbeitgebers.

III.

30

Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

31

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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