Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (6. Kammer) - 6 Sa 320/17

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 23. Mai 2017 - 8 Ca 1566/16 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und der Klarstellung halber insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für das Jahr 2018 einen Jahresurlaub einschließlich des tariflichen Zusatzurlaubs von insgesamt 32 Urlaubstagen zu gewähren, ab 2019 einen solchen von 33 Urlaubstagen, ab 2021 einen solchen von 34 Urlaubstagen und ab 2023 einen solchen von 35 Urlaubstagen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin zu 95 %, die Beklagte zu 5 %.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Fragen der Arbeitszeit und der Dienstplangestaltung, um Abrechnungen, die Höhe des der Klägerin zustehenden Urlaubsanspruchs und um Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin ist seit 01. Juni 2013 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Omnibusfahrerin im Linienverkehr in Vollzeit beschäftigt, zuletzt zu einer durchschnittlichen Bruttovergütung von 2.200,00 Euro monatlich. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Arbeitsvertrag vom 23. Mai 2013 (Bl. 9 ff. d. A.; im Folgenden AV), der in Ziff. 5, 7, 15 und 18 unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

3

"5. Arbeitszeit

4

Für die Arbeitszeit sind die Bestimmungen des § 6 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz in seiner jeweils gültigen Fassung maßgebend.
...

5

Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit richtet sich nach den Gegebenheiten im Betrieb. Die Arbeitszeit kann auf die Wochentage Montag bis Sonntag auch ungleichmäßig verteilt und nach den betrieblichen Erfordernissen eingeteilt werden.
...

6

Der Arbeitgeber vergütet freiwillig und jederzeit widerrufbar auch Arbeitszeitunterbrechungen, die länger als 15 Minuten dauern, mit einem Wert von 15 Minuten.

7

Hiervon ausgenommen sind Pausen/ und oder Arbeitszeitunterbrechungen, die in Verbindung mit den gesetzlichen Pausen stehen.
...

8

15. Urlaub

9

Der Mitarbeiter hat Anspruch auf einen jährlichen Erholungsurlaub nach dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Rheinland-Pfalz.
...

10

18. Ausschlussfristen

11

Ansprüche aus Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Spesen und von Zulagen aller Art sowie auf Rückzahlung von Barauslagen sind spätestens acht Wochen nach Fälligkeit schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen (§ 27 Abs. 2 MTV).

12

Alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag sind binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen (§ 27 Abs. 3 MTV).

13

Nach Ablauf der angeführten Fristen ist beiderseits die Geltendmachung dieser Ansprüche ausgeschlossen. (§ 27 Abs. 4 MTV).
"

14

Unter dem 19. Juni 2015 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit im Fahrdienst“ (Bl. 16 ff. d. A.; im Folgenden: BV Arbeitszeit Fahrdienst), hinsichtlich deren Regelungen im Einzelnen auf den Akteninhalt Bezug genommen wird.

15

Die Klägerin hat am 30. Dezember 2016 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern, in dessen Bezirk sie überwiegend eingesetzt ist, vorliegende Klage mit Anträgen in zwei Stufen erhoben, mit der sie zuletzt geklärt wissen wollte, dass die Beklagte unter bestimmten Umständen nicht zur Verrechnung von Plus- mit Minusstunden berechtigt, sowie zur Zahlung von Vergütung für gewissen Arbeitszeitunterbrechungen und zur Aufrundung bestimmter Arbeitsstunden verpflichtet ist (Stufe I). Unter der Bezeichnung „Stufe II“ hat die Klägerin die Erstellung von Stundenabrechnungen auf der Grundlage der vorgenannten Anträge nebst Auszahlung und einen bezifferten Betrag eingeklagt. Darüber hinaus hat sie die Gewährung gestaffelter Urlaubstage und die Erteilung eines Dienstplanes mit Vorlaufzeit verlangt.

16

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte habe in Abweichung zu den Regelungen von Arbeitszeit, Manteltarifvertrag und Betriebsvereinbarung abgerechnet. Sie habe unzulässigerweise statt der bisherigen 5-Tage-Woche mit 7,8 Stunden eine 6-Tage-Woche mit 6,5 Stunden eingeführt. Entgegen der Anlage 3 zu § 6 MTV sei arbeitsvertraglich vereinbart, dass Arbeitszeitunterbrechungen von mehr als 15 Minuten zu vergüten seien, was mindestens zweimal täglich vorkomme. Auch habe sie entgegen § 7 Abs. 5 MTV nicht jede angefangene halbe Stunde aufgerundet und verrechne ohne ihr ausreichend Arbeit zur Verfügung zu stellen und ohne Grundlage vermeintliche Minusstunden mit Plusstunden. Die entsprechenden Lohnrückstände seien Gegenstand der Klage. Die Klägerin trägt zuletzt vor, die Beklagte schulde ihr für das Jahr 2013 Vergütung für 236,09 Stunden, für 2014 für 399,19 Stunden, für 2015 für 414,46 Stunden und für 2016 für 405,05 Stunden, bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von 12,95 Euro brutto und 1.454,79 Stunden insgesamt 19.627,41 Euro brutto. Die Stundenfeststellungen und -berechnungen ergäben sich aus den Anlagen K 5 bis K 8 (Bl. 206 bis 354 a d. A.). Die Forderung Juni 2013 bis Juni 2016 sei mit Schreiben vom 22. Juli 2016 geltend gemacht worden. Soweit sich die Beklagte auf die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist berufe, sei diese nicht mit dem Mindestlohngesetz konform und daher unwirksam. Es bestehe eine Übung der Beklagten, Dienstpläne so zu gestalten, dass Feiertage schlicht ausgeklammert würden, obwohl sie ohne Feiertag Dienst gehabt hätte, weshalb sie Minusstunden aufgebürdet bekomme und damit das Feiertagsrisiko trage. Die Beklagte komme ihrer durch Betriebsvereinbarung geregelten Verpflichtung, dem Betriebsrat die Dienstpläne spätestens vier Wochen im Voraus zur Verfügung zu stellen, nicht nach. Auch sie werde nur absolut kurzfristig eingesetzt. Durch die mit der BV Arbeitszeit Fahrdienst verbundene Einführung der 6-Tage-Woche ohne gleichzeitige Anpassung der Urlaubsregelung gingen ihr Urlaubstage verloren.

17

Der Klägerin hat zuletzt beantragt,

18

Auf Stufe I:

19

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt war und nicht berechtigt ist, eine Verrechnung von Plusstunden der Klägerin, die dadurch entstehen, dass die Klägerin

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- außerdienstplanmäßig Mehrarbeit leistet
- dienstplanmäßig mehr als 39 Stunden in der Woche zur Arbeit eingeteilt wird

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mit Minusstunden der Klägerin, die dadurch entstehen, dass die Beklagte der Klägerin weniger als 39 Wochenstunden dienstplanmäßig zuweist oder zuweisen kann, vorzunehmen.

22

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für jede Arbeitszeitunterbrechung, die länger als 15 Minuten andauert und nicht in Verbindung zu einer regulären Pause steht, eine Vergütung für 15 Minuten zu zahlen.

23

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin bei der Abrechnung für geleistete Arbeitszeit für jede angefangene halbe Stunde, die Arbeitszeit auf eine volle halbe Stunde aufzurunden.

24

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in den Wochen, in denen sie ansonsten zum Dienst eingeteilt ist, für einen in dieser Woche liegenden Feiertag, die Arbeitszeit für einen vollen Arbeitstag zu berechnen.

25

Auf Stufe II:

26

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Stundenabrechnungen der Klägerin auf der Grundlage der gemäß Ziff. 1 bis 4 getroffenen Feststellungen neu zu erstellen, die so errechneten Stunden abzurechnen und den sich daraus errechneten Betrag an die Klägerin auszuzahlen.

27

6. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 19.627,41 Euro zu zahlen.

28

7. Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin statt bisher 26 Tage Urlaub jetzt 31 Tage Urlaub zu gewähren, nach vier Jahren Betriebszugehörigkeit statt bisher 27 Tage Urlaub 32 Tage Urlaub zu gewähren, nach sechs Jahren Betriebszugehörigkeit statt 28 Tage Urlaub bisher 33 Tage Urlaub zu gewähren, nach acht Jahren Betriebszugehörigkeit statt bisher 29 Tage Urlaub jetzt 35 Tage Urlaub zu gewähren, nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit statt bisher 30 Tage Urlaub jetzt 36 Tage Urlaub zu gewähren.

29

8. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ihren Dienstplan mindestens vier Wochen im Voraus mitzuteilen,

30

hilfsweise die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ihren Dienstplan mindestens eine Woche im Voraus mitzuteilen,

31

höchst hilfsweise, die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ihren Dienstplan mindestens vier Tage im Voraus mitzuteilen.

32

Die Beklagte hat beantragt

33

die Klage abzuweisen.

34

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Klägerin habe keinen Anspruch wegen angeblich falsch abgerechneter Stunden. Eine Stufenklage in der von der Klägerin erhobenen Form in Kombination von Feststellungsklage und zusammenhangsloser Leistungsklage sei unzulässig. Die Klageanträge seien widersprüchlich und unverständlich. Für den Antrag zu 1) gelte der Vorrang der Leistungsklage, er sei auch zu unbestimmt, ebenso der Antrag zu 2) nicht vollstreckbar. Abgesehen davon sei die Klage unbegründet. Die Verrechnung von Plus- und Minusstunden erfolge auf der Basis von § 6 BV Arbeitszeit Fahrdienst, nachdem der MTV in Anlage 3 Nr. II (4) eine solche Möglichkeit vorsehe. Auch sei unzutreffend, dass eine 5 Tage-Woche vereinbart sei, derartiges ergebe sich weder aus Ziff. 5 AV, noch aus der Anlage 3 II (1) zum MTV, wo von Werktagen die Rede sei, was auch Samstag umfasse. Etwaige Ansprüche seien nach der im vorliegenden Altvertrag arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tarifvertraglichen Ausschlussfrist jedenfalls verfallen. Der unsubstantiierte Vortrag, die Klägerin unterbreche mindestens zweimal pro Arbeitstag für mehr als 15 Minuten ohne Zusammenhang zur Pause ihre Arbeit, werde bestritten. Es werde auch bestritten, dass die Beklagte § 7 Abs. 5 MTV nicht beachtet habe, der offensichtlich lediglich die Berechnung der Bezahlung von Mehrarbeit regele. Der Antrag zu 4) enthalte keine Begründung, sie berechne für Feiertage 6,5 Stunden, die auch nicht „ausgeklammert“ würden. Der Zahlungsanspruch sei schon nicht schlüssig dargelegt. Rein vorsorglich würden die behaupteten Stunden bestritten, deren Zusammensetzung mangels ordnungsgemäßen Sachvortrags nicht nachvollziehbar sei. Das behauptete Auflaufen von Minusstunden werde bestritten, wobei eine weitere Einlassung mangels substantiierten Vortrags nicht möglich sei. Der Antrag zu 7) sei unbegründet, sie gewähre in Umsetzung von § 22 MTV pro Jahr 26 Tage Erholungsurlaub. Da der Samstag kein Urlaubstag sei, sondern dort ein bezahlter Urlaubsersatz mit 6,5 Stunden angesetzt werde, entstehe der Klägerin keinerlei Nachteil. Einen Anspruch Vorlage von Dienstplänen habe die Klägerin nicht. Der Antrag zu 4) sei aus den genannten Gründen unzulässig und zudem unbegründet, da sich aus der BV Arbeitszeit Fahrdienst ein Tagessoll von maximal 6,5 Stunden dezimal ergebe.

35

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Mai 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei als Stufenklage bereits unzulässig, da die Klägerin die behaupteten Ansprüche ausrechnen könne und für die erste Stufe kein Grund vorhanden sei. Wenn die als Stufe I verfolgten Anträge nicht als Stufenklage verfolgt würden, werde für den Feststellungsantrag zu 1) ein Gerichtsgutachten über die Rechtslage begehrt, für das die Gerichte nicht da seien. Für die Ziffern 2 bis 4 fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die streitigen Fragen in das Vollstreckungsverfahren verlagert würden. Die übrigen zulässigen Anträge seien nicht begründet. Die Klägerin habe ihren Zahlungsanspruch nicht schlüssig dargelegt. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, sich die Ansprüche aus Anlagen herauszusuchen. Zudem sei im Kammertermin eine Abrechnung herausgenommen worden und bei der Betrachtung der aus der Sicht der Klägerin daraus resultierenden Forderungen sei deutlich geworden, dass ihr - eventuell - Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht gewährt worden sei, die aber in die Verrechnung eingeflossen sei. Das habe deutlich gemacht, dass der Verweis auf eine Anlage die Begründung der Ansprüche im Einzelnen nicht ersetzen könne. Die Klägerin könne auch keine Verurteilung der Beklagten zu mehr Urlaubstagen verlangen, weil der Urlaub immer nur für ein bestimmtes Jahr gewährt werde und bereits gewährter Urlaub abzuziehen sei. Auch hier habe die Klägerin ein Gutachten zur Rechtslage verlangt. Eine Anspruchsgrundlage für die Vorlage der Dienstpläne sei nicht ersichtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 380 ff. d. A. verwiesen.

36

Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 20. Juni 2017 zugestellte Urteil mit am 03. Juli 2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 01. Juli 2017 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 21. September 2017 mit Schriftsatz vom 21. September 2017, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

37

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 21. September 2017 (Bl. 410 ff. d. A.), hinsichtlich deren Inhaltes im Übrigen auf den Akteninhalt verwiesen wird, zweitinstanzlich vor,

38

es sei der Klägerseite durchaus bewusst, dass das Thema der Klage mehr als sperrig sei, was insbesondere daran liege, dass die Aufzeichnungen der Arbeitszeiten und die Abrechnungen mehr als komplex seien und von der Beklagten mehr schlecht als recht und fehlerhaft durchgeführt würden. Die Klägerin habe sich trotzdem dem Notwendigen unterzogen und Tag für Tag die Abrechnungen nachvollzogen und die eigenen gegenübergestellt, so dass die Minderzahlungen herausgearbeitet worden seien. Für die Richtigkeit der Zahlungen und Daten werde Parteivernehmung der Beklagten angeboten, die zwischenzeitlich die Herausgabe von Tachoscheiben verweigert habe, die eine noch konkretere Abrechnung ermöglicht hätten, weshalb eine Beweislastumkehr erfolgen müsse. Die bisher zusammengestellten Daten seien nicht eine bloße Anlage zur Klageschrift; sie erbitte konkrete Angaben darüber, was das Gericht weiter erwarte. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, wieso das Gericht vom fehlenden Rechtsschutzbedürfnis für die Anträge zu 2 bis 4 ausgehe, nachdem die Klärung der Ansprüche von erheblicher Bedeutung für die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses sei. Die Beklagte trage angesichts der ihr in Form der Tachoscheiben zustehenden Erkenntnisquellen bewusst wider besseres Wissen vor, wenn sie bestreite, dass die Klägerin zweimal pro Tag die geltend gemachten Arbeitszeitunterbrechungen habe. Mit dem Antrag zu 1) solle dem Gericht kein Rechtsgutachten abverlangt werden, es gehe darum die fehlerhafte Abrechnungspraxis der Beklagten feststellen zu lassen. Zu Recht habe das Gericht erkannt, dass die Formulierung des Klageantrages als - klassische - Stufenklage irreführend und unzutreffend im engeren Sinne sei. Hinsichtlich der Urlaubsansprüche sei eine Klarstellung der Anträge auf konkrete Jahre denkbar. Zum Klageantrag zu 8) sei der Urteilsspruch nicht nachvollziehbar, da die Beklagte gegen die Arbeitszeitrichtlinie verstoße.

39

Die Klägerin beantragt zuletzt,

40

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 23. Mai 2017 - 8 Ca 1566/16 - wird aufgehoben, die Beklagte wird antragsgemäß verurteilt.

41

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt war und nicht berechtigt ist, eine Verrechnung von Plusstunden der Klägerin, die dadurch entstehen, dass die Klägerin

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- außerdienstplanmäßig Mehrarbeit leistet
- dienstplanmäßig mehr als 39 Stunden in der Woche zur Arbeit eingeteilt wird

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mit Minusstunden der Klägerin, die dadurch entstehen, dass die Beklagte der Klägerin weniger als 39 Wochenstunden dienstplanmäßig zuweist oder zuweisen kann, vorzunehmen.

44

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für jede Arbeitszeitunterbrechung, die länger als 15 Minuten andauert und nicht in Verbindung zu einer regulären Pause steht, eine Vergütung für 15 Minuten zu zahlen.

45

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin bei der Abrechnung für geleistete Arbeitszeit für jede angefangene halbe Stunde, die Arbeitszeit auf eine volle halbe Stunde aufzurunden.

46

5. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in den Wochen, in denen sie ansonsten zum Dienst eingeteilt ist, für einen in dieser Woche liegenden Feiertag, die Arbeitszeit für einen vollen Arbeitstag zu berechnen.

47

6. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 19.627,41 Euro zu zahlen.

48

7. Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für das Jahr 2018 einen Jahresurlaub einschließlich tariflichen Zusatzurlaubs in Höhe von 32 Urlaubstagen zu gewähren, ab 2019 einen solchen von 33 Urlaubstagen, ab 2021 einen solchen in Höhe von 34 Urlaubstagen und ab 2023 35 Urlaubstage.

49

8. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ihren Dienstplan mindestens vier Wochen im Voraus mitzuteilen,

50

hilfsweise die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ihren Dienstplan mindestens eine Woche im Voraus mitzuteilen,

51

höchst hilfsweise, die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ihren Dienstplan mindestens vier Tage im Voraus mitzuteilen.

52

Die Beklagte beantragt,

53

die Berufung zurückzuweisen.

54

Die Beklagte verteidigt das von der Klägerin angefochtene Urteil und macht mit ihrer Berufungserwiderung vom 12. Oktober 2017, auf die Bezug genommen wird (Bl. 433 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

55

die Berufung sei schon unzulässig, weil die Klägerin keine ausreichenden Angriffe gegen das erstinstanzliche Urteil führe. Soweit sie die Herausgabe von Tachoscheiben verlange, handele es sich um einen erstmals in der Berufung als unzulässige Klageerweiterung thematisierten Streitgegenstand. Die Klage sei - soweit nicht ohnehin unzulässig - unbegründet. Der Vortrag der Klägerin bleibe unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig und werde vorsorglich bestritten. Die Parteivernehmung sei unzulässig. Sämtlicher Vortrag der Klägerin sei aufgrund seiner Allgemeinheit nicht einlassungsfähig. Ein Aufrundungsanspruch bestehe allenfalls im Rahmen von Mehrarbeit, die die Klägerin nicht geltend mache. Die von ihr behauptete Feiertagshandhabung werde erneut bestritten. Die Klage auf Urlaubsgewährung werde erneut bestritten, zudem bestehe kein Anspruch. Dass sie mit nur kurzen und kürzesten Ankündigungszeiten über die Arbeitszeiten der Klägerin verfüge, werde bestritten, auch dieser Vortrag sei nicht einlassungsfähig.

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Im Übrigen wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

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Die zulässige Berufung ist in der Sache überwiegend nicht erfolgreich.

I.

58

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 20. Juni 2017 mit am 03. Juli 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und innerhalb nachgelassener Frist mit Schriftsatz vom 21. September 2017, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

59

Die Berufung ist nur teilweise begründet. Die Klägerin kann lediglich die zuletzt mit dem zulässigen Antrag zu 7) verfolgte Gewährung einer erhöhten Anzahl von Urlaubstagen im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht die Klage hinsichtlich der - nach Nummerierung der Klägerin in der Berufungsinstanz - Anträge zu 2) bis 6) und 8) zu Recht abgewiesen. Der Antrag zu 2) ist zwar zulässig, jedoch in der Sache nicht erfolgreich, die Anträge zu 3) bis 5) sind nicht zulässig, die zulässigen Anträge zu 6) und 8) sind unbegründet. Das erstinstanzliche Urteil war teilweise abzuändern und wurde der Klarstellung halber wie erfolgt insgesamt neu gefasst.

60

1. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, ihr für das Jahr 2018 einen Jahresurlaub einschließlich tariflichen Zusatzurlaubs in Höhe von 32 Urlaubstagen zu gewähren, ab 2019 einen solchen von 33 Urlaubstagen, ab 2021 34 Urlaubstage und ab 2023 35 Urlaubstage.

61

1.1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er in seiner zuletzt zur Entscheidung gestellten Fassung hinreichend bestimmt (§ 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO). Klagen, mit denen der Arbeitgeber zur Gewährung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen ab einem in der Zukunft liegenden, nicht näher genannten Zeitpunkt verurteilt werden soll, sind zulässig (BAG 18. März 2014 - 9 AZR 877/13 - Rn. 11; 5. September 2002 - 9 AZR 355/01 - Rn. 10, jeweils zitiert nach juris; ErfK/Gallner 18. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 31). Der Antrag ist nach dem offensichtlichen Begehren der Klägerin einschränkend dahingehend zu verstehen, dass die Feststellung ausschließlich für die Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses begehrt wird (vgl. BAG 5. September 2002 - 9 AZR 355/01 - aaO).

62

1.2. Die Klägerin kann die Gewährung von Urlaubstagen ab 2018 im zuletzt geltend gemachten Umfang verlangen. Dies ergibt eine Auslegung der einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen in § 22 I (1), II (2) (4) MTV Verkehrsgewerbe RP, welcher kraft einzelvertraglicher Vereinbarung in § 15 AV Anwendung findet.

63

a) § 22 MTV Verkehrsgewerbe RP trifft zum Urlaub auszugsweise folgende Bestimmungen:

64

§ 22
Urlaub

65

I. Allgemeine Urlaubsbestimmungen

66

(1) Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung des Lohnes. Urlaubstage sind alle Tage mit Ausnahme der Samstage, Sonn- und Feiertage.
...

67

II. Höhe des Urlaubs

68

...
(2) Der Urlaubsanspruch bei unbefristetem Arbeitsverhältnis beträgt 26 Tage.

69

Dazu wird folgender Zusatzurlaub entsprechend der Betriebszugehörigkeit gewährt:

70

nach 4 Jahren

        

1 Tag 

nach 6 Jahren

        

2 Tage

nach 8 Jahren

        

3 Tage

nach 10 Jahren

        

4 Tage

...

71

(4) Für die Bemessung des Urlaubs gilt die Betriebszugehörigkeit, welche im Urlaubsjahr erreicht wird. ..."

72

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (BAG 22. März 2018 - 6 AZR 29/17 - Rn. 12; 20. September 2017 - 6 AZR 143/16 - Rn. 33 mwN, jeweils zitiert nach juris).

73

c) Ausgehend hiervon ist die Beklagte entgegen der von ihr vertretenen Auffassung verpflichtet, der Klägerin die erhöhte Anzahl an Urlaubstagen zu gewähren, die diese zuletzt geltend gemacht hat, nachdem sie die Klägerin nunmehr nicht mehr in einer 5-Tage-Woche, sondern in einer 6-Tage-Woche beschäftigt. Zwar haben Tarifvertragsparteien bei der Gestaltung von Urlaubsfragen einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. § 13 Absatz I 1 BUrlG) und können - sofern der Mindesturlaub der § 3 Abs. 1 BUrlG unberührt bleibt - für Arbeitnehmer in einer Schichtplanung, die alle Wochentage umfasst, ein „gemischtes” System von Urlaubs- und Freischichttagen schaffen und hierbei als Zeiteinheit den Kalendertag heranziehen, um die Berechnung zu vereinfachen (vgl. BAG 19. Januar 2010 - 9 AZR 246/09 - Rn. 25, zitiert nach juris). Ein derartiges Urlaubssystem haben die Tarifvertragsparteien vorliegend in § 22 MTV Verkehrsgewerbe RP jedoch nicht geregelt. Der tarifliche Regelurlaub beträgt gemäß § 22 II (2) Satz 1 MTV Verkehrsgewerbe RP 26 Tage, was dem reinen Wortlaut nach Kalendertage, Werktage oder Arbeitstage bedeuten könnte. Welche Tage die Tarifvertragsparteien als Urlaubstage betrachtet haben, ergibt sich jedoch aus § 22 I (1) Satz 2 MTV Verkehrsgewerbe RP, nach dem Urlaubstage alle Tage mit Ausnahme der Samstage, Sonn- und Feiertage sind. Damit stellt die tarifvertragliche Urlaubsregelung hinsichtlich des tariflichen Regelurlaubsanspruchs weder auf Kalendertage (Montag bis Sonntag), noch auf Werktage (Montag bis Samstag) oder die jeweiligen (innerhalb der Belegschaft differierenden) Arbeitstage ab, sondern lediglich auf die Tage Montag bis Freitag. Nachdem die Beklagte die Klägerin - in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Anlage 3 Nr. 1 II (1) zu § 6 Arbeitszeit (vgl. II 2.2.) - jedoch nicht mehr nur an den genannten Tagen, sondern zuletzt auch an Samstagen beschäftigt, bedarf die Zahl der Regelurlaubstage nach der tariflichen Systematik der Umrechnung und beträgt für die Klägerin 31 Urlaubstage pro Jahr. Dass auch die Beklagte letztlich davon ausgeht, der Klägerin nach der Einführung der 6-Tage-Woche eine weitergehende Freistellung gewähren zu müssen, ergibt sich im Übrigen auch aus ihrer tatsächlichen Handhabung, da sie der Klägerin für die Samstage nach ihrem eigenen Vortrag einen „bezahlten Urlaubsersatz“ gewährt.

74

d) Nachdem das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Jahr 2013 begonnen hat, ergibt sich unter Berücksichtigung von § 22 II (4) MTV Verkehrsgewerbe RP bei mehr als 4-jähriger Betriebszugehörigkeit für das Jahr 2018, in dem der Klägerin Urlaub nach ihrer unbestrittenen Mitteilung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer bislang noch nicht gewährt worden ist, ein Gesamturlaubsanspruch einschließlich tariflichen Zusatzurlaubs von 32 Urlaubstagen, ab 2019 (nach 6-jähriger Betriebszugehörigkeit) ein solcher von 33 Urlaubstagen, ab 2021 (nach 8-jähriger Betriebszugehörigkeit) ein solcher von 34 Urlaubstagen und ab 2023 (nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit) ein solcher von 35 Urlaubstagen.

75

2. Der Klägerin steht kein Anspruch auf die zur Verrechnung von Plus- mit Minusstunden begehrte Feststellung zu (Antrag zu 2)). Der Feststellungsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

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2.1. Der Antrag zu 2) ist als allgemeine Feststellungsklage zulässig, insbesondere kommt der Klägerin das erforderliche besondere Feststellungsinteresse zu.

77

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Sie stellt sicher, dass die Gerichte das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses tatsächlich klären können und nicht im Sinn einer gutachterlichen Tätigkeit über bloße Meinungsverschiedenheiten der Betroffenen befinden (BAG 20. Februar 2018 - 1 AZR 361/161 - Rn. 9, 7. März 2015 - 1 ABR 49/13 - Rn. 13 mwN, jeweils zitiert nach juris). Demzufolge muss die erstrebte Feststellung geeignet sein, den zwischen den Parteien bestehenden Streit zu beenden und die Rechtsunsicherheit über die Rechtsstellung der klagenden Partei zu beseitigen sowie andernfalls ggf. erforderliche Leistungsklagen entbehrlich zu machen (BAG 20. Februar 2018 - 1 AZR 361/16 - Rn. 9, aaO). Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht gegeben, wenn durch eine Feststellung des begehrten Inhalts eine sachgemäße oder erschöpfende Streitlösung nicht erzielt würde und die Rechtsunsicherheit weiterhin bestehen bliebe (BAG 20. Februar 2018 - 1 AZR 361/16 - aaO).

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b) Nach diesen Kriterien ist das besondere Feststellungsinteresse vorliegend gegeben. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, eine Verrechnung ihrer durch außerdienstplanmäßige Mehrarbeit von über 39 Stunden wöchentlich entstandenen Plusstunden mit Minusstunden, die dadurch entstehen, dass die Beklagte der Klägerin weniger als 39 Wochenstunden dienstplanmäßig zuweist oder zuweisen kann, vorzunehmen. Die Klägerin hat hiermit ihr Anliegen klar formuliert und eingegrenzt und die zu treffende Feststellung ist geeignet, den zu diesem Punkt bestehenden Streit der Parteien insgesamt zu befrieden. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Bedingungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage (BAG 06. Dezember 2017 - 5 AZR 118/17 - Rn. 14, 13. Dezember 2016 - 9 AZR 574/15 - Rn. 20 mwN, jeweils zitiert nach juris). Der Vorrang der Leistungsklage steht unter diesen Voraussetzungen einem Feststellungsinteresse nicht entgegen (vgl. BAG 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 13, zitiert nach juris).)

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2.2. In der Sache bleibt der Antrag ohne Erfolg. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat diese keinen Anspruch auf die Zuweisung einer Arbeitszeit von arbeitstäglich jeweils 7,8 Stunden im Zeitraum von Montag bis Freitag, da die Beklagte nach den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Bestimmungen zu einer anderweitigen Verteilung berechtigt ist. Gemäß § 5 Abs. 1, 3 und 4 AV sind für die Arbeitszeit die Bestimmungen des § 6 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz vom 01. Juli 2010 (Bl. 29 ff. d. A.; im Folgenden MTV Verkehrsgewerbe RP) maßgebend, wobei die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit sich nach den Gegebenheiten im Betrieb richtet und die Arbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Sonntag auch ungleichmäßig verteilt werden kann. Gemäß § 6 Abs. 2 MTV Verkehrsgewerbe RP iVm. der Sonderregelung für die Kraftfahrer im Personenförderungsgewerbe mit Kraftomnibussen in Anlage 3 Nr. 1 Abschnitt II Ziff. 1 Abs. 1 und 3 beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 39 Stunden nebst wöchentlich bis zu drei Stunden Vor- und Abschlussarbeiten; sie kann auf bis zu 60 Stunden ausgeweitet werden, wenn innerhalb eines Ausgleichszeitraums von sechs Monaten 48 Stunden Arbeitszeit nicht überschritten werden; die Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit hat auf die Werktage - dh. Montag bis Samstag - zu erfolgen, soweit zwingende betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen. Werktäglich kann die Arbeitszeit bis zu 10 Stunden betragen, bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft in erheblichem Umfang ist eine Verlängerung darüber hinaus möglich, wenn innerhalb eines Ausgleichszeitraums von sechs Monaten 48 Stunden Arbeitszeit nicht überschritten werden (Anlage 3 Nr. 1 Abschnitt II Ziff. 1 Abs. 2 zu § 6 MTV Verkehrsgewerbe RP). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte berechtigt, ein Arbeitszeitkonto zur Regelung des Stundenausgleichs zu führen, nachdem Anlage 3 Nr. 1 Abschnitt I Ziff. 4 zu § 6 MTV Verkehrsgewerbe RP ein Arbeitszeitkonto zur Ausgleichsgewährung ausdrücklich vorsieht. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 MTV Verkehrsgewerbe RP hat die Betriebsleitung ua. die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit innerhalb der Arbeits- oder Doppelwoche für alle Arbeitnehmergruppen nach Maßgabe der gültigen Sonderregelungen nach betrieblichen Erfordernissen festzulegen. Die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 MTV Verkehrsgewerbe RP vorgesehene betriebsverfassungsrechtliche Beteiligung des Betriebsrates hat vorliegend stattgefunden. Dass die BV Arbeitszeit, die ihrerseits auf die Regelungen des jeweils gültigen Manteltarifvertrags Anlage 3 Nr. 1 zu § 6 MTV Verkehrsgewerbe RP Bezug nimmt, sich nicht im Rahmen der dargestellten Regelungen hält, war nicht ersichtlich. Eine etwaige Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Überstundenzuschlägen gemäß § 7 Abs. 7 MTV Verkehrsgewerbe RP iVm. Anlage 3 Nr. 2 Ziff. 2 zu § 7 MTV Verkehrsgewerbe RP ist nicht vom Streitgegenstand des klägerischen Antrags umfasst.

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3. Die Anträge zu 3) bis 5) sind nicht zulässig.

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3.1. Dies gilt zunächst, soweit die Klägerin ihre Anträge dem Wortlaut nach auf Leistung gerichtet hat und verlangt, die Beklagte unter bestimmten Umständen zur Vergütung von Pausen für 15 Minuten, zur Aufrundung von Arbeitsstunden und zur Berechnung voller Arbeitstage zu verurteilen.

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a) Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert eine Klage ua. einen bestimmten Antrag. Obwohl ein Antrag der Auslegung unter Heranziehung der Klagebegründung zugänglich ist (§ 133 BGB), muss er eindeutig sein; ein Klageantrag ist grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch durch Bezifferung oder gegenständlich Beschreibung so konkret bezeichnet, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis klar abgegrenzt ist, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennbar sind, das Risiko des (eventuell teilweisen) Unterliegens der klagenden Partei nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt und eine etwaige Zwangsvollstreckung nicht mit einer Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren belastet wird (vgl. Zöller - Greger ZPO 32. Aufl. § 253 Rn. 13). Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt; hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) zwischen den Parteien entschieden werden kann (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 459/10 - Rn. 19, mwN, zitiert nach juris). Ein Zahlungsantrag muss grundsätzlich die geforderte Summe angeben (vgl. Zöller - Greger ZPO aaO Rn. 13a).

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b) Ausgehend hiervon erweisen sich die Leistungsanträge als unzulässig. Dem Zahlungsantrag zu 3) fehlt es bereits an vollstreckungsfähigem Inhalt, weil die Klägerin die geforderte Summe nicht benannt hat. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, was die Klägerin mit einer im Antrag genannten „regulären“ Pause meint. Auch der Antrag zu 4) beschreibt den Umfang der begehrten Entscheidung nicht zureichend, nachdem die Beklagte eine bei Überstunden nach § 7 Abs. 5 MTV Verkehrsgewerbe RP bestehende Aufrundungsverpflichtung nicht in Abrede stellt. Bezüglich des Antrags zu 5) wird der zwischen den Parteien bestehende Streit in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Bereits im vorliegenden Rechtsstreit ist ersichtlich, dass die Parteien unter anderem darüber streiten, inwieweit die Klägerin für Feiertage „ansonsten“ zum Dienst eingeteilt wäre. Der Antrag ist nicht so konkret bezeichnet, dass diese Frage geklärt wäre.

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3.2. Auch bei einer Umdeutung der unzulässigen Leistungsanträge in Feststellungsanträge fehlt es den Anträgen zu 3) bis 5) an der erforderlichen Zulässigkeit.

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a) Eine unzulässige oder unbegründete Leistungsklage kann ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO in eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO umgedeutet werden (BAG 27. Oktober 2010 - 7 ABR 36/09 - Rn. Rn. 17, zitiert nach juris). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrags zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 459/10 - Rn. 19, aaO; 19. Oktober 2011 - 7 AZR 471/10 - Rn. 20 mwN, zitiert nach juris).

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b) Auch bei Umdeutung der unzulässigen Leistungsanträge zu 3) bis 5) in Feststellungsanträge sind diese nicht zulässig. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es den Anträgen auch als Feststellungsanträgen aus den unter A II 3.1. b) genannten Gründen an der erforderlichen Bestimmtheit fehlt. Im Übrigen hat die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen, die auf ein nach § 256 Abs. 1 ZPO für eine Feststellungsklage erforderliches Rechtschutzbedürfnis der Klägerin an den begehrten Feststellungen schließen lassen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin hinsichtlich sämtlicher begehrter Antragsgegenstände jeweils keinen einzigen konkreten Fall dargelegt hat, in dem die Beklagte sich das beanstandete Verhalten hätte zuschulden kommen lassen. Allein die pauschale Behauptung, die Beklagte verstoße „mindestens zweimal täglich“ gegen ihre Pflicht, Arbeitszeitunterbrechungen zu vergüten, genügt hierzu nicht.

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4. Der als bezifferte Leistungsklage zulässige Antrag zu 6) ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat in Begründung und Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klägerin ihren auf Zahlung von 19.627,41 Euro (brutto) gerichteten Anspruch nicht schlüssig dargelegt hat. Die Berufungskammer nimmt Bezug auf die erstinstanzlichen Darlegungen unter II 1 der Entscheidungsgründe (S. 8 und 9 des Urteils = Bl. 381 f. d. A.), macht sich diese zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch im Berufungsverfahren hat die Klägerin trotz der ausführlichen Darlegungen des Arbeitsgerichts, welcher Sachvortrag erforderlich gewesen wäre, ihre zuletzt ausschließlich verfolgte Zahlungsklage nicht schlüssig begründet. Die Klägerin hat die Zusammensetzung ihrer Klageforderung nicht im Einzelnen schriftsätzlich erläutert. Soweit sie bereits erstinstanzlich umfangreiche Anlagen zur Akte gereicht hat (Bl. 206 bis 354a d. A.) konnten diese - worauf bereits das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat - nicht an Stelle substantiierten schriftsätzlichen Vortrags treten. Entsprechend § 130 Nr. 3 ZPO muss Sachvortrag schriftsätzlich erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag nicht ersetzen, sondern lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen (BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 362/16 - Rn. 10, 23. Oktober 2013 - 5 AZR 667/12 - Rn. 1316. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 29, jeweils zitiert nach juris). Es bestand vorliegend auch keine Veranlassung für eine von der Klägerin angemahnte „Beweislastumkehr“ oder auch nur der Anwendung der Grundsätze der sekundären Darlegungslast. Zwar bedarf der Grundsatz der vollen Darlegungslast der klagenden Partei insbesondere dann einer Einschränkung, wenn der Kläger außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufes steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Beklagten die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 18. November 2014 - 7 Sa 321/14 - Rn. 65 mwN, zitiert nach juris). Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend der Fall wäre, vermochte die Berufungskammer jedoch nicht zu erkennen, nachdem die Klägerin für sich beansprucht, den eingeklagten Zahlungsbetrag aus den zur Akte gereichten Anlagen ermittelt zu haben. Soweit sie sich zuletzt darauf berufen hat, die Beklagte verweigere die Herausgabe von Tachoscheiben „für ihre Fahrten“, hat die Klägerin, die keinen auf Herausgabe bestimmter Tachoscheiben gerichteten materiell-rechtlichen Sachantrag gestellt hat, die Voraussetzungen einer Urkundenvorlage durch den Gegner nach §§ 422, 424 ZPO nicht erfüllt: sie hat weder entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag gehalten, noch bestimmte Tachoscheiben zum Zwecke des Beweisantritts benannt. Auch die Anordnung einer Urkundenvorlegung nach § 142 ZPO kam nicht in Betracht. Die Vorschrift befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast; dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (LAG Rheinland-Pfalz 24. Oktober 2013 - 10 Sa 277/13 - Rn. 32 unter Verweis auf BGH 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05 - Rn. 20, jeweils zitiert nach juris).

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5. Das Arbeitsgericht hat auch den Antrag zu 8) zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Mitteilung der Dienstpläne mindestens vier Wochen, eine Woche bzw. 4 Tage im Voraus. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sich der Anspruch aus einer von der Klägerin nicht vorgelegten, „weiteren“ Betriebsvereinbarung ergeben sollte. Soweit die Klägerin erstinstanzlich angeführt hat, nach dieser Betriebsvereinbarung müsse die Beklagte dem Betriebsrat die Dienstpläne mit einer vierwöchigen Vorlauffrist vorlegen, begründet dies einen unmittelbaren Anspruch der Klägerin jedenfalls nicht. Aus § 12 Abs. 2 TzBfG kann die in Vollzeit beschäftigte Klägerin ihren Anspruch nicht herleiten. Unabhängig davon, ob die Vorschrift überhaupt auf Vollzeitarbeitsverhältnisse Anwendung findet (vgl. LAG Köln 14. Dezember 2011 - 9 Sa 798/11 - Rn. 30 mwN; vgl. MüKoBGB-Müller-Glöge 7. Aufl., § 12 TzBfG Rn. 1; ErfK-Preis 18. Aufl. § 12 TzBfG Rn. 4), hat die Klägerin nicht dargetan, in einem Abrufarbeitsverhältnis zu stehen. Konkrete Tatsachen, die darauf schließen lassen würden, dass die - dies bestreitende - Beklagte das ihr nach § 106 GewO zustehende Ermessen bei der Dienstplangestaltung nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ihre - einzelnen Vorkommnissen nicht zuzuordnende - pauschale Behauptung, ihr Einsatz erfolge nur absolut kurzfristig, mit kurzen und kürzesten Ankündigungszeiten von nur einem Tag oder nur wenigen Stunden, konnte dem nicht genügen, weshalb die Beklagten den Vortrag zu Recht als nicht einlassungsfähig gerügt hat. Den von der Klägerin mit der Berufung beanstandeten Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung), die auf nationaler Ebene durch die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. 2003, 3002 umgesetzt worden ist, hat sie nicht näher dargetan. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, inwieweit die Richtlinie der Klägerin unmittelbar Rechte einräumt (verneinend für finanzielle (Primär-) Ansprüche: BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 38 mwN).

B

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

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Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

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