Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (6. Kammer) - 6 Sa 484/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 10.10.2013 – 6 Ca 1137/13 – wird, soweit der Rechtsstreit nicht durch Berufungsrücknahme seine Erledigung gefunden hat, zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt – nach Rücknahme seiner Berufung im Übrigen – von den Beklagten noch Arbeitsvergütung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
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Der Kläger nahm am 16.05.2011 bei der Beklagten zu 2. aufgrund des mit dieser am 13.05.2011 (Bl. 5 bis 8 d. A.) geschlossenen Arbeitsvertrages seine Tätigkeit auf. Mit Änderungsvertrag vom 03.01.2013 (Bl. 9 d. A.) vereinbarte der Kläger mit der Beklagten zu 2. eine Veränderung seiner Tätigkeit dahin, dass er zukünftig als Vorarbeiter mit einer Arbeitsvergütung von 13,70 Euro brutto pro Stunde weiter tätig sein soll. Schlussendlich kündigte die Beklagte zu 2. mit Schreiben vom 26.04.2013 (Bl. 10 d. A.) das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger zunächst mittels Kündigungsschutzklage zur Wehr gesetzt, insoweit seine Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg jedoch wieder zurückgenommen.
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Der Kläger begehrt von den Beklagten (weitere) Arbeitsvergütung für die Monate Januar bis März 2013.
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Er hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. sei im Verlauf des streitgegenständlichen Zeitraums auf die Beklagte zu 1. übergegangen. Er verweist hierzu auf die von der Beklagten zu 1. für die Monate Februar und März 2013 erstellten Vergütungsabrechnungen (Bl. 41, 42 d. A.). Weiter spreche für einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1., dass die Arbeitsvergütung für die vorstehend genannten Monate über das Konto der Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten zu 1. (Kontoauszug – Bl. 45 d. A.) ausgezahlt worden sei.
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Im Monat Januar 2013 habe er über die abgerechneten 104 Stunden hinaus an weiteren 4,5 Stunden Arbeitsleistung erbracht. Darüber hinaus seien 25 Stunden vergütungspflichtige Arbeitszeit in Form von Fahrstunden angefallen, nämlich die auf Anweisung der Beklagten ausgeführten Fahrten mit dem Firmenfahrzeug zur jeweiligen Einsatzstelle. Im Monat Februar 2013 seien 25,5 nicht abgerechnete vergütungspflichtige Stunden in Form von Fahrzeiten angefallen. Im Monat März 2013 belaufe sich dieser Posten auf 50 Stunden. Hierzu kommen 2,5 Stunden nicht abgerechnete Arbeitszeit im engeren Sinne.
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Mithin seien die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet, ihm für insgesamt 107,5 Stunden bei einer Stundenvergütung von 13,70 Euro brutto eine weitere Arbeitsvergütung in Höhe von 1.472,75 Euro brutto zu zahlen.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung vom 26.04.2013 nicht fristlos, sondern erst mit dem 31.05.2013 beendet worden ist,
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2. hilfsweise festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 26.04.2013 nicht fristlos, sondern erst mit dem 31.05.2013 beendet worden ist,
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3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.472,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
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Die Beklagten sind trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Kammertermin am 10.10.2013 nicht erschienen. Der Kläger hat hierauf den Erlass eines Versäumnisurteils begehrt.
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Das Arbeitsgericht hat mit (streitigem) Urteil vom 10.10.2013 ungeachtet der Säumnis der Beklagten die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung – ausgeführt, die auf Vergütung gerichtete Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger die Klageforderung nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 ZPO) habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 81 bis 87 der Akte verwiesen.
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Gegen dieses, ihm am 16.10.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.11.2013 Berufung eingelegt und diese am 16.12.2013 begründet.
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Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er – nach teilweiser Berufungsrücknahme – seine erstinstanzlich geltend gemachten Vergütungsansprüche weiter.
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Er vertritt die Auffassung, die Vergütungsansprüche seien von ihm bereits erstinstanzlich hinreichend bestimmt und auch im Übrigen hinreichend schlüssig dargelegt worden. Weiteren Sachvortrages habe es im Hinblick auf das unterlassene Bestreiten der Beklagten insoweit nicht bedurft. Für diese Ansprüche hafte auch die Beklagte zu 1. aufgrund des erfolgten Betriebsüberganges. Weitere Indizien für das Vorliegen desselben seien die von der Beklagten zu 1. und 2. verwendeten fast identischen Briefbögen, die ähnliche Firmierung, sowie derselbe Geschäftssitz.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 10.10.2013 – 6 Ca 1137/13 – teilweise abzuändern und
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.472,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
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Der Kläger hat hinsichtlich dieses Anspruchs – die Beklagten sind auch im Termin am 31.03.2015 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen – den Erlass eines Versäumnisurteils begehrt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
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Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und – soweit noch streitgegenständlich – auch im Übrigen zulässige (§§ 66 Abs.1 Satz 1 ArbGG; 522 Abs. 3 ZPO) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Sie war ungeachtet der Säumnis der Beklagten im Termin am 31.03.2015 gemäß § 539 Abs. 2 ZPO durch sog. unechtes Versäumnisurteil zurückzuweisen. Nach der vorgenannten Bestimmung gilt:
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Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.
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Das als zugestanden geltende tatsächliche Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine dem Klagantrag zu 3. entsprechende Entscheidung durch Versäumnisurteil.
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Die Vergütungsklage betreffend weitere Arbeitsvergütung für die Monate Januar bis März 2013 konnte in der Sache keinen Erfolg haben.
I.
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Sie ist nach Auffassung des Berufungsgerichts, weil hinreichend bestimmt, zwar gemäß § 253 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
II.
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Dem Kläger steht auch nach seinem eigenen Sachvortrag kein Anspruch auf weitere Vergütung für die vorgenannten Monate aus § 611 BGB, wonach der Dienstberechtigte zur Gewährung der vereinbarten Vergütung für die geleisteten Dienste verpflichtet ist, zu.
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1. Soweit der Kläger die Beklagte zu 1. hierfür gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in Anspruch nimmt, scheitert dieser Anspruch bereits daran, dass der Kläger die Voraussetzungen für einen die Arbeitgeberstellung der Beklagten zu 1. begründenden Betriebsübergang nicht ausreichend dargelegt hat. Dies hat bereits das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen (Seite 3 ff) zutreffend ausgeführt. Aus den von dem Kläger vorgetragenen Tatsachen lässt sich ein Eintritt der Beklagten zu 1. in das Arbeitsverhältnis an Stelle der Beklagten zu 2. gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ableiten. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Erstellung von Vergütungsabrechnungen durch die Beklagte zu 1. in den Monaten Februar und März 2013 sowie die Begleichung dieser Lohnansprüche über das Konto der Ehefrau des Herrn J, der im Übrigen ausweislich des von dem Kläger vorgelegten Änderungsvertrages vom 03.01.2013 zumindest im Monat Januar 2013 noch als Geschäftsführer der Beklagten zu 2. fungierte, reiche nicht aus, um einen Übergang von für den Geschäftsbetrieb wesentlichen materiellen und/oder immateriellen Betriebsmitteln von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. annehmen zu können. Diesen Ausführungen schließt sich das Berufungsgericht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG an.
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Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf Ähnlichkeiten bei der Firmierung, die Verwendung von ähnlichen Briefbögen und den gemeinsamen Geschäftssitz verweist, so lässt sich hieraus ebenso wenig ein Betriebsübergang von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. ableiten. Aus diesen Tatsachen vermag – im Rahmen einer Gesamtschau – eine wirtschaftliche Verbundenheit der beiden Beklagten herzuleiten sein. Ihnen kommt jedoch keine Aussagekraft dahingehend zu, dass die Beklagte zu 2. ihre wesentlichen Betriebsmittel auf die Beklagte zu 1. übertragen hat. Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich bereits nicht ableiten, woraus diese Betriebsmittel bestanden haben sollen.
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2. Die Klage ist darüber hinaus auch gegenüber der Beklagten zu 2. unbegründet, weil der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich den Umfang der im streitigen Zeitraum geleisteten Arbeit, nicht ausreichend schlüssig dargelegt hat. Zwar verweist der Kläger zu Recht darauf, dass die Anforderungen an die Substantiierungslast bei Vergütungsklagen sich auch danach bestimmen, ob und auf welche Weise der Arbeitgeber dem Anspruch prozessual entgegentritt. Das bedeutet aber nicht, dass der klagende Arbeitnehmer zur Schlüssigkeit der auf monatlicher Abrechnung beruhenden Klagforderung die diese Forderung begründenden Arbeitszeiten lediglich pauschal ohne Zuordnung zu Arbeitstagen oder Arbeitswochen „en bloc“ benennen muss. Der Sachvortrag muss zumindest so detailliert sein, dass der beklagte Arbeitgeber – gegebenenfalls unter Heranziehung von Lohnunterlagen – sich konkret zu den in der Abrechnung nicht erfassten zusätzlichen Arbeitsstunden einlassen kann (vgl. BAG 16.05.2012 – 5 AZR 347/11 – Rn. 25 – 27). Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie vorliegend in dem Monat März 2013 – der Kläger Arbeitszeiten behauptet, die deutlich über dem vertraglich vereinbarten Stundenvolumen liegen.
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Diesen Vorgaben entspricht der Sachvortrag des Klägers nicht. Die behaupteten Arbeitsleistungen werden weder zeitlich noch örtlich und darüber hinaus auch nicht – soweit es sich nicht um eine Tätigkeit als Fahrer des Firmentransporters handelt – hinsichtlich der erbrachten Tätigkeit näher spezifiziert. In seiner Berufungsbegründung verweist der Kläger lediglich auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Einer ergänzenden Auflage an den Kläger bedurfte es nicht, weil bereits das Arbeitsgericht entscheidungserheblich auf die unzureichende Darlegung der behaupteten Arbeitszeiten abgestellt hat.
III.
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Nach alledem konnte das Rechtsmittel des Klägers – soweit hierüber noch zu befinden war – keinen Erfolg haben.
B.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs.1, 516 Abs. 3 ZPO.
C.
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Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.
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Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.
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Referenzen
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- ArbGG § 72a Nichtzulassungsbeschwerde 1x
- ArbGG § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung 1x
- BGB § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang 2x
- ZPO § 516 Zurücknahme der Berufung 1x
- ZPO § 539 Versäumnisverfahren 1x
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- ArbGG § 64 Grundsatz 1x
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- ZPO § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss 1x
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