Urteil vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (5. Kammer) - 5 Sa 315/17

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 07.06.2017, Az. 2 Ca 77 e/17, wird verworfen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten um Vergütung aus einem Arbeitsverhältnis.

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Der 64-jährige Kläger war vom 01.03.2007 bis zum 31.12.2016 bei der Beklagten als kaufmännischer Leiter und Mitarbeiter für Akquisition und Kundenbetreuung zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.500,00 € beschäftigt. Zumindest seit Dezember 2015 war er von seinem Wohnort Hamburg aus vor allem im Außendienst tätig. Soweit hier von Belang enthält der zugrundeliegende Arbeitsvertrag folgende Regelungen (Bl. 5 ff. d. A.):

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§ 5 Vergütung, Spesenersatz

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(1) Der Mitarbeiter erhält für seine vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von EURO 2.500,-, zahlbar jeweils zum Ende eines Monats. Er erhält insgesamt 13 Monatsgehälter im Jahr.

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(2) Bei Dienstreisen werden dem Mitarbeiter vom Arbeitgeber die Auslagen in Höhe der steuerlich zulässigen Pauschalbeträge erstattet. Dienstreisen sind vor Antritt mit dem Arbeitgeber abzustimmen.

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(3) Die Zahlung von Gratifikationen, Tantiemen, Prämien und sonstigen Leistungen liegt - soweit nicht in diesem Arbeitsvertrag vereinbart - im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgte."

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Von Januar bis einschließlich März 2016 war der Kläger ohne Entgeltfortzahlungsanspruch arbeitsunfähig krank. Mit Schreiben vom 27.09.2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.12.2016. Mit Schreiben vom 04.11.2016 wies der Kläger die Beklagte u. a. darauf hin, dass diese in den letzten drei Jahren das vereinbarte 13. Monatsgehalt nicht gezahlt habe. Mit Schreiben vom 17.11.2016 lehnte die Beklagte jegliche Ansprüche des Klägers ab. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses erstattete die Beklagte dem Kläger dessen Fahrtkosten. In der Zeit von 2015 bis November 2016 entstanden dem Kläger Fahrtkosten in Höhe von 3.126,60 €. Hierauf zahlte die Beklagte insgesamt 900,00 € an den Kläger.

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Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht Klage auf Zahlung des 13. Monatsgehalts für 2016 (2.500,00 € brutto) sowie weitere 2.226,60 € als Fahrtkostenerstattung erhoben. Widerklagend hat die Beklagte Rückerstattung gezahlter Nettogehälter (5.754,45 € netto) geltend gemacht, da der Kläger von Juli bis einschließlich Dezember 2016 insgesamt 542 Stunden weniger gearbeitet habe, als vertraglich vereinbart.

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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.06.2017 der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

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Gegen das ihr am 05.07.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.07.2017 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 19.09.2017 mit Schriftsatz vom 19.09.2017 begründet. Ausweislich des Posteingangsstempels „Briefannahmestelle 61“, welcher durch die Justizangestellte des Berufungsgerichts, Frau D., mit Kürzel „Da“ gegengezeichnet wurde, ist die Berufungsbegründung mit „2 Abschriften“ am „20.09.2017“ beim hiesigen Landesarbeitsgericht eingegangen.

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Mit gerichtlicher Verfügung vom 21.12.2017 ist die Beklagte darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nach Ablauf der gesetzten Frist zur Stellungnahme bis zum 05.01.2018 als unzulässig zu verwerfen.

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Die Beklagte trägt vor,

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die Berufung sei zulässig, da die Berufungsbegründung vom 19.09.2017 fristgerecht am 19.09.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangen sei. Ihre Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwältin S., habe die Berufungsbegründung persönlich am Abend des 19.09.2017 in den Nachtbriefkasten des Landesarbeitsgerichts eingeworfen. Ihre Prozessbevollmächtigte wohne in Kiel, nur 1,5 km vom Landesarbeitsgericht entfernt. Es komme häufig vor, dass diese Fristsachen auf dem Heimweg in den Nachtbriefkasten einwerfe. So sei es vorliegend auch am 19.09.2019 gewesen. Sie legt zum Beweis eine eidesstattliche Versicherung ihrer Prozessbevollmächtigten vor mit folgendem Inhalt (Bl. 141 d. A.):

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„In meiner Tätigkeit als Rechtsanwältin habe ich am Abend des 19.09.2017 die Berufungsbegründung in dem Rechtsstreit der p. GmbH gegen Herrn W. S. (Aktenzeichen des Landesarbeitsgerichts: 5 Sa 315/17) angefertigt.

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An diesem Tag lief die Frist zur Berufungsbegründung ab.

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Da ich in Kiel wohnhaft bin und meine Wohnung sich nur 1,5 Kilometer von den Gerichten in der Deliusstraße entfernt befindet, habe ich, wie ich es in solchen Fällen regelmäßig handhabe, die Berufungsbegründung auf dem Heimweg von meiner Kanzlei in L. nach Kiel in den Nachtbriefkasten des Landesarbeitsgerichts eingeworfen, Dies habe ich auch handschriftlich in meinem Aktenexemplar des Schriftsatzes entsprechend vermerkt.

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Aus meiner Aktengeschichte des Vorgangs ist ersichtlich, dass der Schriftsatz am 19.09.2017 um 20:27 Uhr gespeichert wurde. Da diese Angelegenheit die letzte von mir an diesem Tag bearbeitete war, habe ich mich direkt nach der Ausfertigung der Berufungsbegründung, also noch vor 21:00 Uhr auf den Heimweg begeben, die Fahrtzeit von meiner Kanzlei nach Kiel beträgt ca. 35 Minuten.

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Ich habe die Berufungsbegründung daher auch deutlich vor 24:00 Uhr in den Nachtbriefkasten eingeworfen, so dass die Frist gewahrt war.

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Warum das Gericht von einem Eingang erst am 20.09.2017 ausgeht, ist für mich nicht erklärlich.

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…“

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Hinsichtlich der behaupteten Begründetheit der Berufung wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 19.09.2017 verwiesen (Bl. 124 ff. d. A.).

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Die Beklagte beantragt,

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unter Abänderung des am 07.06.2017 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Kiel, Az. 2 Ca 77 e/17, die Klage abzuweisen und den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin 5.754,45 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zu verwerfen.

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Der Kläger meint,

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die Berufung sei bereits unzulässig. Ungeachtet dessen sei sie auch unbegründet.

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Das Berufungsgericht hat dienstliche Stellungnahmen vom Amtsgericht zu Fragen etwaiger Störungen des Nachtbriefkastens am 19./20.09.2017, der regelmäßigen Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Nachtbriefkastens, der Entnahme und Stempelung der vor und nach Mitternacht in den Nachtbriefkasten eingeworfenen Schriftstücke und Weiterleitung an die Fachgerichte eingeholt. Auf die Stellungnahme des Leiters der Justizwachtmeisterei vom 09.01.2017 wird verwiesen (Bl. 151 d. A.). Ferner hat das Berufungsgericht eine Stellungnahme der für den Posteingang am 20.09.2017 beim Landesarbeitsgericht zuständigen Justizangestellten Frau D. eingeholt; hinsichtlich deren Stellungnahme vom 09.01.2018 wird auf Bl. 148 ff. der Akte verwiesen. Beide Stellungnahmen sind den Parteien zur Kenntnis gegeben worden.

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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt ihrer wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 25.01.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist bereits zulässig.

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Sie ist zwar dem Beschwerdewert nach an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO, aber nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden, § 64 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2, S. 5 ArbGG; § 520 ZPO.

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I. Die Berufung war als unzulässig zu verwerfen, da die Beklagte die auf ihren Antrag bereits verlängerte Berufungsbegründungsfrist nicht gewahrt hat.

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1. Gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 ArbGG beträgt die Frist zur Begründung der Berufung zwei Monate. Die Berufungsbegründungsfrist kann nach § 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG auf Antrag des Berufungsführers verlängert werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder die Partei erhebliche Gründe darlegt. Die Versäumung der Berufungseinlegungs- sowie der Berufungsbegründungsfrist führt zur Unzulässigkeit der Berufung, sodass diese gemäß § 66 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen ist.

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2. Hieran gemessen ist die Berufungsbegründung vom 19.09.2017 nicht innerhalb der antragsgemäß bis zum 19.09.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist beim Landesarbeitsgericht eingegangen, sondern erst am 20.09.2017.

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a) Ausweislich des auf dem Schriftsatz der Beklagten vom 19.09.2017 aufgebrachten Eingangsstempels des Landesarbeitsgerichts ist deren Berufungsbegründung nicht innerhalb der antragsgemäß bis zum 19.09.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangen, sondern erst am 20.09.2017. Der Eingangsstempel gilt als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO und erbringt somit den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Dies bedeutet regelmäßig, dass es als bewiesen angesehen werden muss, dass ein fristgebundener Schriftsatz erst an dem im Stempel angegebenen Tag beim Gericht eingegangen ist (st. Rspr.: BGH, Urt. v. 31.05.2017 - VIII ZR 224/16 -, Rn. 18, m. w. Rspr.-Nachw., juris).

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b) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihre Prozessbevollmächtigte die Berufungsbegründung vom 19.09.2017 noch am selben Tag, d. h. am 19.09.2017, vor 24:00 Uhr in den Nachtbriefkasten des Gerichts in der Deliusstraße 22 in Kiel eingeworfen habe.

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aa) Dabei wird nicht verkannt, dass gegen den Urkundsbeweis des Eingangsstempels der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis gemäß § 418 Abs. 2 ZPO zulässig ist. Hieran dürfen aufgrund der Beweisnot des Berufungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachtbriefkastens sowie in das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen (st. Rspr.: BGH, Urt. v. 03.07.2008 - IX ZB 169/07 -, Rn. 11, juris; BGH, Urt. v. 08.10.2013 - VIII ZB 13/13 -; Rn. 14, juris; BGH, Urt. v. 31.05.2017 - VIII ZR 224/16 -, Rn. 18, juris). Allerdings bleibt es auch im Rahmen des bei der Prüfung nach § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO zu beachtenden Freibeweisverfahrens dabei, dass der dem Berufungskläger obliegende Beweis für die rechtzeitige Begründung der Berufung zur vollen, den Anforderungen des § 286 ZPO genügenden Überzeugung des Gerichts geführt sein muss. An diese Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst (st. Rspr.: vgl. nur: BGH, Urt. v. 31.05.2017 - VIII ZR 224/16 -, Rn. 18, juris). Durch bloße Zweifel an der Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen (hier das im Eingangsstempel ausgewiesene Datum) ist der Gegenbeweis noch nicht gebracht, vielmehr ist der volle Gegenbeweis nötig (Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., Rn. 4 zu § 418).

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bb) Auch unter Berücksichtigung der an den Freibeweis zu stellenden Anforderungen ist es der Beklagten nicht gelungen, die Berufungskammer von dem rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründungsschrift zu überzeugen.

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(1) Zwar hat die Beklagte vorgetragen, dass ihre Prozessbevollmächtigte die Berufungsbegründung am Abend des 19.09.2017 auf dem Heimweg in den Nachtbriefkasten geworfen haben will. Auch unter Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten, Rechtsanwältin S., bestehen nach Ausschöpfung aller Umstände, insbesondere auch der eingeholten dienstlichen Stellungnahmen der Justizangestellten S. und D., erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Behauptung der Beklagten zum rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung. Aus der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung folgt gerade nicht, inwieweit die Prozessbevollmächtigte der Beklagten durch eine gewissenhafte Büroorganisation Sorge für die rechtzeitige Fertigung der Berufungsbegründung und die rechtzeitige Einreichung derselben bei Gericht getragen hat (Eintragen der Notfristen und Streichung derselben in einem Fristenkalender, Postausgangsbuch, etc.). Auffällig ist auch, dass die Beklagte zwar die eidesstattliche Versicherung als solche vorlegt, aber nicht einen Beweis dafür bringt, dass auf dem bei der Anwältin verbliebenen Exemplar der Berufungsbegründung der Einwurf in den Nachtbriefkasten nebst Datum und Unterschrift vermerkt war. Die Beklagte hat auch keine weitergehenden Details über die Fertigung des Schriftsatzes und den abendlichen Einwurf in den Nachtbriefkasten vorgetragen und unter Beweis gestellt. Es bleibt völlig offen, ob die Prozessbevollmächtigte den fristgebundenen Schriftsatz nach dessen Ausdruck nebst den Doppeln in einen Umschlag (welches Format?) steckte oder nicht. Es fragt sich zudem, ob es sich um den einzigen Schriftsatz handelte, den diese am 19.09.2017 mit nach Kiel nahm und in den Nachtbriefkasten einwarf. Der Kammer erschließt sich zudem nicht, warum die Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Berufungsbegründung, die sie am letzten Tag der Frist erst abends gefertigt hatte, nicht vorab faxte. Sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich faxte die Beklagtenvertreterin im vorliegenden Verfahren ihre Schriftsätze - teilweise noch spätabends - an das Gericht (Bl. 21, 57, 77, 81 ff., 139 f.). Dies gilt insbesondere für den Schriftsatz vom 05.01.2018, den sie zunächst um 20:00 Uhr faxte und sodann in den Nachtbriefkasten (roter Eingangsstempel Nr. 4) einwarf. Das Gericht hat der Beklagtenvertreterin im Berufungstermin zudem ausdrücklich vorgehalten, dass es nicht plausibel sei, dass sie die am letzten Tag der bereits verlängerten Frist abends gefertigte Berufungsbegründung nicht vorab gefaxt hat, obgleich sie ansonsten Schriftsätze - auch solche nicht fristgebundener Art - zum überwiegenden Teil vorab per Fax übermittelt hat. Zu diesem Vorhalt hat sich die Bevollmächtige der Beklagten nicht erklärt. Es erschließt sich auch ansonsten nicht, warum die Beklagtenvertreterin diesen, aufgrund des dann in den Händen haltenden Sendeberichts, sicheren Weg am 19.09.2017 nicht wählte. Das Vorbringen der Beklagten erschöpft sich daher im Grunde in der eidesstattlich versicherten Behauptung, die Berufungsbegründung sei am 19.09.2017 noch vor Mitternacht in den Nachtbriefkasten eingeworfen worden.

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(2) Das Berufungsgericht hat im Wege des Freibeweises dienstliche Stellungnahmen des für den Nachtbriefkasten zuständigen Leiters der Justizwachtmeisterei des Amtsgerichts sowie der für die beim Landesarbeitsgericht für den Posteingang am 19./20.09.2017 zuständigen Justizangestellten eingeholt, wonach ein Fehler im Verantwortungsbereich des Gerichts vorliegend als sehr unwahrscheinlich gilt. Aus diesen Stellungnahmen folgt, dass alle in den Nachtbriefkasten eingeworfenen Poststücke vom jeweiligen Meister vom Dienst der Justizwachtmeisterei des Amtsgerichts mit einem roten Eingangsstempel gestempelt werden. Dies betrifft sowohl die vor als auch nach 24:00 Uhr eingeworfene Post. Die in Umschlägen eingeworfenen Schriftsätze der Nachtpost werden herausgenommen und das Original wird mit einem roten Stempelaufdruck „Briefannahmestelle 4“ versehen. Es wird zudem Sorge dafür getragen, dass ein Vermengen der Post vom Vortag mit der aktuellen Tagespost ausgeschlossen wird. Zwischen der Post vom Vortag und der Tagespost wird die aktuelle Tageszeitung gelegt. Dies alles folgt aus der Stellungnahme des Justizhauptwachtmeisters S. vom 09.01.2018 und deckt sich auch mit der Stellungnahme der Justizangestellten D.. Die Justizangestellte des Landesarbeitsgerichts holt die Post aus dem Nachtbriefkasten im Laufe des Vormittags ab und stempelt sodann nur noch die Doppel der Nachtpost mit dem Datum des auf dem Original befindlichen roten Stempels. Diesbezüglich kann auch auf den Schriftsatz der Beklagten vom 05.01.2018 verwiesen werden, der einen solchen roten Stempel der Briefannahmestelle 4 trägt und somit von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in den Nachtbriefkasten in der Deliusstraße 22 in Kiel am 05.01.2018 eingeworfen wurde. Die hier strittige Berufungsbegründung trägt überhaupt keinen roten Eingangsstempel, weder vom 19.09.2017 noch vom 20.09.2017. Dies spricht dafür, dass der Schriftsatz mit der normalen Post dem Landesarbeitsgericht zugestellt wurde. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Berufungsbegründungsschriftsatz der Beklagten von der Wachtmeisterei des Amtsgerichts am 20.09.2017 aus dem Nachtbriefkasten entnommen und versehentlich nicht abgestempelt wurde. Dies wäre der Justizangestellten D., die am frühen Vormittag die sogenannte Nachtpost aus der Wachtmeisterei abholt, aufgefallen, denn das jeweilige Original der Schriftsätze der Nachtpost trägt immer bereits den roten Stempel „Briefannahmestelle 4“ der Wachtmeisterei des Amtsgerichts. Die Justizangestellte stempelt stets nur die jeweiligen Doppel. Der hier strittige Schriftsatz der Beklagten vom 19.09.2017 trägt unstreitig keinen roten Stempelaufdruck Nr. 4 vom 19.09.2017, sondern nur einen schwarzen vom 20.09.2017 mit der Nr. 62. Die Justizangestellte D. stempelt nach ihrer Erklärung nur die Originale der mit der Post beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsätze. Die Schriftsätze, die in den Nachtbriefkasten eingeworfen oder diejenigen, die am Servicepoint des Amtsgerichts abgegeben wurden, stempeln grundsätzlich Mitarbeiter der Justizwachtmeisterei des Amtsgerichts.

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(3) Ausweislich des Prüfprotokolls (Bl. 152 d. A.) wurde die Trennklappe des Nachtbriefkastens am 19.09.2017 bei der Postentnahme um 07:03:47 Uhr zurückgestellt. Die Umschaltung der Trennklappe erfolgte danach am 20.09.2017 um 00:00:00 Uhr. Zudem wird bei der Leerung des Nachtbriefkastens die Post vom Vortag (hier: 19.09.2017) von der nach Mitternacht eingeworfenen Tagespost (hier: 20.09.2017) durch die aktuelle Tageszeitung getrennt. Die Wachtmeister des Amtsgerichts öffnen nur die eigentliche Nachtpost vom Vortag und stempeln diese mit dem roten Stempel Nr. 4 ab, die übrige Tagespost wird ungeöffnet an die jeweiligen Fachgerichte weitergeleitet. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass von dieser gewissenhaften Trennung der aus dem Nachtbriefkasten entnommenen Nacht- und Tagespost am 20.09.2017 abgewichen worden ist.

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II. Nach alledem hat die Beklagte nicht zur vollen Überzeugung der Berufungskammer gemäß § 286 ZPO den Beweis erbracht, dass sie die Berufungsbegründung rechtzeitig innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 19.09.2017 beim Berufungsgericht eingereicht hat.

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Die Berufung der Beklagten war mithin als unzulässig zu verwerfen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG.

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Ein gesetzlich begründeter Anlass zur Zulassung der Revision liegt nicht vor, §§ 72 Abs. 2 ArbGG.


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