Beschluss vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (5. Kammer) - 5 Ta 94/19
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 15.07.2019, Az. 1 Ca 588 d/19, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Im Beschwerdeverfahren wendet sich der Kläger gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
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Im Hauptsacheverfahren machte der Kläger rückständige Vergütung geltend und wandte sich gegen eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten. Dieser Rechtsstreit wurde durch Prozessvergleich am 13.06.2019 rechtswirksam erledigt, wonach das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30.04.2019 endete.
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Mit der Klagschrift vom 13.05.2019 beantragte der Kläger zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten und reichte eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum PKH-Heft. Die Angaben zu seinem Einkommen bezogen sich noch auf den Beschäftigungszeitraum bei dem Beklagten.
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Mit Verfügung vom 20.06.2019 forderte das Arbeitsgericht den Kläger unter Fristsetzung bis zum 02.07.2019 auf, mitzuteilen und zu belegen, wovon er aktuell seinen Lebensunterhalt bestreitet. Ferner sollte er sowohl die Kontoauszüge der letzten drei Monate einreichen als auch einen Beleg zum Nachweis der gezahlten Miete über 300,00 €. Die Verfügung wurde dem Klägervertreter mit EB über das elektronische Anwaltspostfach (beA) zugestellt. Der Klägervertreter verweigerte am 25.06.2019 die Abgabe des EBs mit folgender Erläuterung:
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„Kann die Nachricht wieder nicht öffnen, bitte Unterlagen faxen oder richtig senden.“
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Daraufhin verfügte das Arbeitsgericht am 05.07.2019 die Verlängerung der gesetzten Auflagenfrist bis zum 12.07.2019. Diese Verfügung wurde dem Klägervertreter wiederum gegen EB über beA zugestellt. Der Klägervertreter verweigerte wiederum die Abgabe des Empfangsbekenntnisses mit folgender Erläuterung:
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„Da wir die Verfügung vom 20.05.2019 nicht haben und sie nicht mit im Kurzbrief vom 02.07.2019 erhalten war, haben wir keine Kenntnis vom Inhalt. Wir bitten um Zusendung der Verfügung per Fax und um Fristverlängerung zur Antwort um drei Monate.“
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Mit Beschluss vom 15.07.2019 hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zurückgewiesen. Der Kläger habe auch innerhalb der ihm gesetzten Nachfrist keinen Nachweis über seine aktuellen Einkünfte erbracht. Die Verfügung vom 20.06.2019 sei dem Klägervertreter über beA zugestellt worden. Die Zustellung sei auch bei Verweigerung des Empfangsbekenntnisses wirksam, wenn die zuzustellenden Dokumente in das Anwaltspostfach übermittelt wurden. Gemäß § 31a Abs. 6 BRAO sei der Inhaber des beA verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen. Sofern der Klägervertreter die PKH-Verfügung trotz Erläuterungen und Hilfestellungen durch die Mitarbeiter des Gerichts nicht habe öffnen können, sei dies dem Verantwortungsbereich des Klägervertreters zuzurechnen. Beim Arbeitsgericht hätte anhand der Versandpakete der Inhalt der übermittelten Dateien nachvollzogen und geöffnet werden können.
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Gegen diesen ihm über beA am 15.07.2019 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 05.08.2019 sofortige Beschwerde eingelegt.
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Der Kläger trägt vor,
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sein Prozessbevollmächtigter habe die gerichtliche Verfügung trotz Nachfrage beim Gericht nicht öffnen können. Dieser halte alle zur Nutzung des beA vorgeschriebenen technischen Einrichtungen vor, habe aber vom angeblichen Inhalt der Verfügung vom 20.06.2019 keine Kenntnis nehmen können. Das Gericht habe dem Klägervertreter keine hinreichenden Erläuterungen und Hilfestellungen gegeben, um das Dokument öffnen zu können. Erst am 31.07.2019 sei es diesem gelungen, die Verfügung zu öffnen. Ferner rügt der Kläger, dass die ihm gesetzte Frist zur Beibringung der angeforderten Unterlagen zu kurz gewesen sei.
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Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 06.08.2019 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers sei die Verfügung vom 20.06.2019 unstreitig zugegangen. Sofern dieser trotz wiederholter, umfangreicher und umfassender Hilfestellungen durch die Mitarbeiter des Gerichts von ihrem Inhalt habe keine Kenntnis nehmen können, sei dies dem Verantwortungsbereich des Klägervertreters zuzurechnen. Er sei gemäß § 31a Abs. 6 BRAO als Inhaber des beA verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis zu nehmen. Auch der Einwand, die mit Verfügung vom 20.06.2019 gesetzte Frist sei zu kurz bemessen, rechtfertige nicht die Abhilfe des angefochtenen Beschlusses. Denn auch mit der Beschwerdeschrift und damit über einen Monat nach Erlass der Verfügung vom 20.06.2019 habe er die angeforderten Unterlagen nicht zum PKH-Heft gereicht.
II.
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und innerhalb der Frist von einem Monat eingelegt worden, § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO.
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In der Sache selbst hat die sofortige Beschwerde indessen keinen Erfolg, da sie unbegründet ist.
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Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO i. V. m. §§ 118 Abs. 2 Satz 1 bis 3, 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgelehnt, weil der Kläger seine Beibringungspflichten nicht innerhalb der ihm vom Arbeitsgericht gesetzten Fristen erfüllt hat. Die Einwände des Klägers rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 15.07.2019 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 06.08.2019 verwiesen.
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Der sofortigen Beschwerde kann schon deshalb nicht stattgegeben werden mit der Rechtsfolge der Bewilligung von Prozesskosten, weil der Kläger bis heute seine derzeitigen Einkommensverhältnisse nicht nachgewiesen hat.
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1. Ungeachtet dessen lagen aber auch die Voraussetzungen zur Ablehnung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO vor. Unstreitig ist der Kläger der unter Fristsetzung erfolgten Aufforderung des Arbeitsgerichts, seine Einkommensverhältnisse mitzuteilen und zu belegen, bis heute nicht nachgekommen. Hierdurch hat er seine Mitwirkungspflichten verletzt, was die zwingende Rechtsfolge des § 118 Abs. 2 Satz 4 auslöst. Der Kläger muss sich insoweit auch das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.06.2001 - XI ZR 161/01 -, juris). Der Klägervertreter hat trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Verfügung vom 20.06.2019 über beA deren Inhalt nicht zur Kenntnis genommen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Klägervertreter als Inhaber des beA gemäß § 31a Abs. 6 BRAO verpflichtet ist, die für die Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis zu nehmen. Es reicht mithin nicht aus, die technischen Einrichtungen zum Empfang von Zustellungen und Mitteilungen über beA lediglich vorzuhalten, vielmehr ist der Rechtsanwalt zugleich verpflichtet, sich die Kenntnisse zur Nutzung dieser technischen Einrichtungen anzueignen, damit er die zugestellten Dokumente auch zur Kenntnis nehmen kann. Er kann sich mithin nicht darauf berufen, dass er die ihm über beA ordnungsgemäß zugestellte Verfügung vom 20.06.2019 nicht habe öffnen können. Es liegt in der Sphäre des Rechtsanwalts, die ihm über beA zugesandten Schriftstücke „zur Kenntnis“ zu nehmen. Die zur Öffnung der über beA zugesandten Dokumente erforderlichen Schritte muss sich der Rechtsanwalt selbst aneignen. Es obliegt ihm, sich mit der Software des beA und der Verknüpfung mit seiner eigenen Rechtsanwaltssoftware vertraut zu machen. Hierzu gibt es Handlungsanweisungen der Bundesrechtsanwaltskammer. Hierauf ist der Klägervertreter durch die Mitarbeiter des Arbeitsgerichts auch hingewiesen worden. Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, den Rechtsanwälten Handlungsanweisungen zum Öffnen der über beA zugesandten Dokumente zu erteilen.
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2. Ungeachtet dessen hat der Kläger aber auch im Beschwerdeverfahren bis heute nicht mitgeteilt, wovon er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet. Er hat weder einen Arbeitslosengeldbescheid noch eine aktuelle Verdienstbescheinigung zum PKH-Heft gereicht. Spätestens seit dem 31.07.2019 hätte der Kläger vom Inhalt der Verfügung vom 20.06.2019 Kenntnis nehmen können. Die Beschwerdefrist des Klägers datiert vom 31.07.2019, zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdefrist noch nicht verstrichen. Der Kläger hat aber auch nicht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist, die am 15.08.2019 auslief, die angeforderten PKH-Unterlagen nachgereicht. Damit hat er nochmals in grober Weise seine Mitwirkungspflichten gemäß §§ 117 Abs. 2 Satz 1, 118 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO verletzt. In der mit der Klagschrift und dem Prozesskostenhilfeantrag eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hatte er noch seinen Verdienst bei dem Beklagten angegeben. Jenes Arbeitsverhältnis endete jedoch ausweislich des Prozessvergleichs vom 04.06.2019 mit Ablauf des 30.04.2019. Es ist völlig unklar, wovon der Kläger derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet, sodass nicht beurteilt werden kann, ob er bedürftig i.S.v. § 114 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 115 Abs. 1 bis 3 ZPO ist.
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Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde lag hier nicht vor.
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Referenzen
- ZPO § 85 Wirkung der Prozessvollmacht 1x
- ZPO § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen 1x
- ZPO § 127 Entscheidungen 2x
- ZPO § 117 Antrag 2x
- BRAO § 31a Besonderes elektronisches Anwaltspostfach 3x
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- ZPO § 2 Bedeutung des Wertes 1x
- ZPO § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen 1x
- ZPO § 118 Bewilligungsverfahren 5x
- XI ZR 161/01 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x