Urteil vom Landgericht Dessau-Roßlau (1. Zivilkammer) - 1 S 76/12

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 12.04.2012 - 4 C 710/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 12.04.2012 - 4 C 710/11 - ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

I.

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Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO).

Entscheidungsgründe

II.

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Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 1. Fall, 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Fall ZPO). Mit zutreffenden Erwägungen hat das Amtsgericht sowohl einen Löschungs- und Unterlassungsanspruch, wie ihn der Kläger zu Ziffer 1a und b seines Klageantrags geltend macht, wie auch einen Anspruch auf Angabe eines besseren Bonitätsindexes (Klageantrag zu Ziffer 1b, letzter HS.) und zuletzt auch einen Löschungs- und Unterlassungsanspruch in Bezug auf den aktuellen Eintrag in der Rubrik „Zahlweise und Krediturteil“ (Klageantrag zu Ziffer 1c) verneint.

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1. Bezeichnenderweise verzichtet die Berufung darauf, eine konkrete Anspruchsgrundlage für den mit dem Klageantrag zu Ziffer 1a geltend gemachten Löschungs- und Unterlassungsanspruch zu benennen. Anders als der von der Berufung angeführte § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO, nach dem die „erfolgte Veröffentlichung von Daten aus einem Insolvenzverfahren einschließlich des Eröffnungsverfahrens (…) spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens gelöscht“ wird, ist § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG eine mögliche Anspruchsgrundlage, die aber im Ergebnis nicht durchgreift. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG besteht ein Löschungsanspruch, wenn die Daten geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung verarbeitet werden und eine Prüfung am Ende des dritten Kalenderjahres, beginnend mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt, ergibt, dass eine längerfristige Speicherung nicht erforderlich ist.

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a) Die von der Berufung im Zusammenhang mit dem Merkmal „geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung verarbeitet“ aufgeworfene Frage, ob es sich hier um einen Fall der zulässigen geschäftsmäßigen Datenerhebung und -speicherung zum Zwecke der Übermittlung handelt, ist zu bejahen. Nicht gefolgt werden kann dem Gedanken des Klägers, die Erhebung und Speicherung der aus Bl. 9 d. A. ersichtlichen Daten („Negativmerkmale“) sei zwar ursprünglich nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zulässig gewesen, was sich aber geändert habe, als die 6-Monats-Frist des § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO ablief. Der Kläger meint rechtsirrig (vgl. Seite 5 der Berufungsbegründung, Bl. 93 d. A.), ab diesem Zeitpunkt seien die Daten „eben nicht mehr allgemein zugänglich, denn sie müssen von den Behörden gelöscht werden.“ Die Unrichtigkeit dieses Gedankengangs zeigt sich schon bei einer Betrachtung des Wortlauts des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG. Dort ist von einer zulässigen Datenerhebung und -speicherung die Rede, „wenn“ - und nicht etwa „solange“ - die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können.

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b) Richtigerweise ist der vom Kläger bemühte Gedanke von einer ursprünglich schon, aber nicht länger zulässigen Speicherung von aus allgemein zugänglichen Quellen entnommenen Daten keine Frage der zulässigen Erhebung, Speicherung und Verarbeitung der Daten, sondern ihrer Löschung bzw. ihrer Korrektur, was zu § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG führt. Das zeigt sich in den gestaffelten Fristen, von denen § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG ausgeht, wobei die Norm bewusst einen kürzeren Zeitraum für „Daten über erledigte Sachverhalte“ vorsieht („am Ende des dritten Kalenderjahres“). „Erledigte Sachverhalte“ sind solche, die nicht mehr aktuell stattfinden, hier das aufgehobene Insolvenzverfahren nach Bestätigung des Insolvenzplans. § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG zeigt, dass das BDSG nicht davon ausgeht, dass mit dem Eintritt der Erledigung eines Sachverhaltes zugleich auch zwangsläufig und zum selben Zeitpunkt die Zulässigkeit der (fortgesetzten) Datenspeicherung entfällt. Das BDSG bejaht also für einen Sachverhalt, der sich erledigt hat und der hier in der Folge der Erledigung die Löschung der öffentlichen Bekanntmachung in den Insolvenzbekanntmachungen nach sich zieht, ein berechtigtes Interesse am Fortbestand der Speicherung dieser Daten. Ansonsten machte § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG keinen Sinn.

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c) Dieses Rechtsverständnis teilt offensichtlich auch das Bundesministerium der Justiz (BMJ), wie sich aus Seite 3 des von der Beklagtenseite zur Gerichtsakte gereichten Schreibens des BMJ vom 11.11.2009 ergibt („Eine Speicherung von Angaben über ein Insolvenzverfahren bei einer Auskunftei wie z.B. der Firma (…) ist jedoch grundsätzlich auch über die obigen Löschungsfristen hinaus zulässig.“).

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d) Die 3-Jahres-Frist aus § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG ist noch nicht abgelaufen, weshalb im Ergebnis ein Löschungs- und Unterlassungsanspruch des Klägers, wie er mit dem Klageantrag zu Ziffer 1a erhoben wird, zu verneinen ist.

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2. Die Auffassung des Klägers, die „spezialgesetzliche Bekanntmachungsverordnung“ müsse, wenn auch nicht direkt, so doch „zumindest analog“ angewendet werden, wird nicht geteilt.

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a) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG gehen andere Rechtsvorschriften des Bundes den Vorschriften des BDSG nur vor, soweit diese Vorschriften auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind. Die dort normierte Subsidiarität des BDSG gilt zwar grundsätzlich auch für materielle Rechtsnormen, so dass der Verordnungscharakter des § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO nicht von vornherein entgegensteht. Allerdings verdeutlicht der Wortlaut „soweit“, dass nur eine in jeder Hinsicht (v. a. Normstruktur, Zielsetzung und Normadressat) deckungsgleiche Vorschrift dem BDSG vorgeht (Walz in: Simitis, § 1 BDSG, 6. Aufl., Rn. 170). Daran gemessen scheidet ein Vorrang des § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO, wie er der Berufung vorschwebt, unter mehreren Gesichtspunkten aus:

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aa) Zum einen lassen sich Normstruktur und Normgehalt der Verordnungsvorschrift nicht mit § 35 BDSG vergleichen. Anders als § 35 BDSG regelt § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO keinen Anspruch des Betroffenen, sondern Normadressat ist die öffentliche Justizverwaltung, die angehalten wird, binnen bestimmter Frist Insolvenzbekanntmachungen zur Löschung zu bringen.

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bb) Auch die tatbestandliche Ausgangssituation ist grundlegend verschieden, wie das Ausgangsgericht richtig ausgeführt hat. Die Insolvenzbekanntmachungen zielen auf die Ermöglichung einer öffentlichen Bekanntmachung wichtiger Entscheidungen des Insolvenzgerichtes, denen Geltung gegenüber jedermann verschafft werden soll (auch gegenüber einem unbekannten Personenkreis, der zwar betroffen ist, dem aber - weil unbekannt - diese Entscheidungen nicht zugestellt werden können). Auch sollen mit den Insolvenzbekanntmachungen etwaige Zustellungsmängel geheilt werden. Es geht also um das Interesse an der Information der Öffentlichkeit (vgl. BT-Drs. 16/3227, Seite 21, dort zu Nr. 3). Die Löschung durch die Justizbehörden nach sechs Monaten knüpft ganz entscheidend an diesen Umstand des öffentlichen Informationszugangs für jedermann an, der einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedeutet. Demgegenüber ist die tatbestandliche Ausgangssituation in § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG eine andere. Hier geht es um Daten, die aus öffentlich zugänglichen Quellen gewonnen wurden und geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung verarbeitet werden, wobei die Daten bei der Auskunftei abgefordert werden müssen (und nicht die Information für jedermann öffentlich zugänglich ist), die Auskunft auch nicht etwa von jedermann beansprucht werden kann, wie die Berufung suggeriert, sondern nur von den Vertragspartnern der Auskunftei. Dabei erfolgt die Abfrage nur durch solche Vertragspartner, die ein konkretes, geschäftliches Interesse an der Auskunft haben, also potentielle Vertragspartner/Kreditgeber. Dass es sich hierbei, wie der Kläger behauptet, um eine „größere Gruppe“ handelt, lässt sich nicht pauschal so sagen; dies hängt naturgemäß vom Umfang der Geschäftskontakte des Klägers ab. Danach sind Zielrichtung und Adressatenkreis von § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO einerseits und § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG andererseits grundlegend verschieden. § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO ist nicht „deckungsgleich“ im Verhältnis zu § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG, so dass ein Vorrang nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG ausscheidet. Der unterschiedliche Normgehalt, die Unterschiede in Zielsetzung und Normadressat verbieten es zudem, § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO BekVO als die lex specialis im Verhältnis zu § 35 BDSG zu begreifen.

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cc) Die Kammer sieht sich auch insoweit im Einklang mit der Auffassung des BMJ in dessen Schreiben vom 11.11.2009 (Bl. 19 ff. d. A.), wo auf den Seiten 3 und 4 zum Ausdruck kommt, dass das BMJ (bezogen auf die Dauer der Speicherung des Datums einer erteilten Restschuldbefreiung bei einer privaten Wirtschaftsauskunftei im Anschluss an eine siebenjährige Wohlverhaltensphase) von der Maßgeblichkeit der Speicherfristen in § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG ausgeht. Ergänzend ist zudem auf die Aussagen des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen auf dessen Website auf die Frage „Wann müssen Auskunfteien Daten zu Insolvenzverfahren löschen?“ zu verweisen, die mit der hier vertretenen Rechtsansicht übereinstimmen.

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b) Auch eine analoge Anwendung der 6-Monats-Frist aus § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO (nach Klägeransicht offenbar innerhalb des § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG) scheidet aus. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG nennt planmäßig konkrete Fristen, insbesondere eine verkürzte 3-Jahres-Frist hinsichtlich erledigter Sachverhalte. Das erwähnte Schreiben des BMJ vom 11.11.2009 macht deutlich, dass von einer planwidrigen Regelungslücke keine Rede sein kann. Dies untermauert zudem der Entwurf eines „Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen“. Hier zeigt sich, dass das Auseinanderfallen zwischen der Löschungsfrist in § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO und den datenschutzrechtlichen Löschungsfristen bewusst in Kauf genommen wird - eben wegen der erwähnten unterschiedlichen Normstruktur, den unterschiedlichen Zielsetzungen und der Adressateninkongruenz. Nach Art. 2 des Gesetzesentwurfes wird das Insolvenzgericht gemäß § 303a Satz 1 InsO-E die Eintragung des Schuldners, dem die Restschuldbefreiung erteilt oder versagt oder dessen Restschuldbefreiung widerrufen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) anordnen. In der Folge unterliegt diese Eintragung einer Löschungsfrist von drei Jahren (vgl. § 915a ZPO bzw. - nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung - § 882e ZPO n. F.). Demgegenüber - ohne dass insoweit eine Änderung geplant wäre - sind Veröffentlichungen im Restschuldbefreiungsverfahren nach § 3 Abs. 2 InsOBekVO i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO nach sechs Monaten zu löschen. Hier zeigt sich, dass der Gesetzgeber nicht von dem vom Kläger angenommenen Gleichlauf der Löschungsfristen ausgeht.

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Das hat sich im Übrigen auch schon in der Begründung des „Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes“ offenbart (BT-Drs. 16/10529, dort Seite 18, zu Nr. 9). Mit jenem Gesetz war die gesetzliche Prüffrist in § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG für erledigte Sachverhalte von vier Jahren auf drei Jahre verkürzt worden mit der Begründung, drei Jahre seien „ausreichend, um das Verhalten des Betroffenen einschätzen zu können“. Hier zeigt sich einmal mehr, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass mit der Erledigung des Sachverhaltes (hier mit dem Insolvenzplan) nicht etwa jedes berechtigte Interesse an fortgesetzter Speicherung und Übermittlung entfällt, sondern ein beschränkter Kreis durchaus noch länger - drei Jahre lang - Gelegenheit haben soll, „das Verhalten des Betroffenen [aus der Vergangenheit] einzuschätzen“.

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3. Auch der teleologische Ansatz des Klägers überzeugt nicht. Wegen der erwähnten unterschiedlichen Zielrichtung und der Divergenz in puncto Normadressat läuft § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO mitnichten „vollständig ins Leere“, wenn man den geltend gemachten Löschungs- und Unterlassungsanspruch des Klägers an § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG misst. Auch hier verkennt der Kläger, dass mit dem „jedermann“ - Zugang zu den im Internet veröffentlichten Insolvenzbekanntmachungen ein deutlich weitreichenderer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden ist als mit der geschäftsmäßigen Verarbeitung der betreffenden Daten durch eine Auskunftei, bei der nur durch einen beschränkten (und konkret interessierten) Personenkreis derartige Informationen abgerufen werden können. Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang die Erwähnung des „Schutzes des Wirtschaftsverkehrs“ in der Gesetzesbegründung zur Verlängerung der Löschungsfrist in § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO im Jahre 2006 anführt, blendet der Kläger die Primärziele dieser Verlängerung aus. Anlass für diese Verlängerung war seinerzeit nicht etwa, den Wirtschaftsverkehr zu schützen, sondern die Erfahrung der Insolvenzgerichte, dass die Löschungsfrist von damals einem Monat zu kurz sei, „um die Öffentlichkeit ausreichend zu informieren“ (BT-Drs. 16/3227, Seite 21, dort zu Nr. 3). Hier zeigt sich, dass die Ausrichtung der Fristenlänge in § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO an anderen Interessen erfolgte als in § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG. Dementsprechend handelt es sich bei dem von der Berufung angeführten und in der damaligen Gesetzesbegründung erwähnten Wirtschaftsverkehr um den Wirtschaftsverkehr im Allgemeinen, der etwa deshalb an der Insolvenzbekanntmachung interessiert ist, um rechtzeitig Forderungen anmelden zu können. Demgegenüber adressiert § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG die Auskunfteien und ihre beschränkte Kundschaft, die an Informationen über ihre zukünftigen potentiellen Vertragspartner interessiert ist.

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Dass der Gesetzgeber zudem in § 3 Abs. 1 Satz 1 InsOBekVO nicht, wie aber die Berufung meint, eine zeitnahe „Quasi-Wiedereingliederung“ des Schuldners in das Wirtschaftsleben - frei von den Belastungen, die mit Anfragen potentieller Vertragspartner bei Auskunfteien verbunden sein können - angestrebt hat, zeigt sich im Übrigen auch in dem erwähnten „Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens“, in dessen Folge vom Gesetzgeber ein unterschiedlicher Lauf der Löschungsfristen für die Insolvenzbekanntmachungen einerseits und die Löschung von Eintragungen im Schuldnerverzeichnis andererseits in Kauf genommen wird.

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4. Vollständig unberücksichtigt lässt der Kläger das auch nach Ablauf von sechs Monaten nach Abschluss des Insolvenzplanverfahrens fortbestehende berechtigte Informationsinteresse seiner potentiellen Vertragspartner/Kreditgeber. Warum diese nach bzw. mit der Löschung der Insolvenzbekanntmachungen kein berechtigtes Interesse mehr daran haben sollen zu erfahren, dass in der Person des Klägers Insolvenzgründe vorlagen und es zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen kam, ist nicht nachvollziehbar. Die erfolgreiche Erfüllung des Insolvenzplans und die vergleichsweise Befriedigung der Gläubigerforderungen lässt nicht ad hoc die Berechtigung des Informationsinteresses der genannten Kreise wegfallen. Bei allem Respekt vor den Anstrengungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Insolvenzplan und dessen erfolgreicher Erfüllung ist die Sicht des Klägers äußerst einseitig, wenn er eine unzumutbare Stigmatisierung beklagt, die mit einer insgesamt dreijährigen Löschungsfrist aus § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG verbunden sein soll.

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5. Zutreffend hat das Amtsgericht eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers nach Einstellung eines Bonitätsindexes von „besser als 300, mindestens aber 250“ verneint. Die Berufungsbegründung lässt Ausführungen dazu, woraus sich die Verpflichtung der Beklagten zur Abgabe eines solchen Werturteils ergeben soll, vermissen. Der aktuelle Eintrag der Beklagten, ihr sei „Eine Bewertung (…) zurzeit nicht möglich.“, ist ein Werturteil der Beklagten, das schon deshalb nicht Gegenstand eines Anspruchs aus § 824 BGB sein kann, weil sich die Norm ihrem klaren Wortlaut nach auf den Rechtsschutz gegen unwahre Tatsachenbehauptungen beschränkt. Dass der Eintrag - für diesen Fall käme ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht - auf einer offensichtlich unwahren Tatsachengrundlage beruht, zeigt die Berufung nicht auf.

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6. Steht dem Kläger nach dem oben Gesagten kein Anspruch auf Löschung der gespeicherten Negativmerkmale und auf Unterlassung von deren Übermittlung an Dritte zu, so gilt dies auch für das mit dem Klageantrag zu Ziffer 1c geltend gemachte Begehren nach Löschung und Übermittlungsunterlassung bezüglich der in der Rubrik „Zahlweise und Krediturteil“ vorgenommenen Eintragung „Es liegen Informationen zu mindestens einem Negativmerkmal vor!“.

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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 n. F., 711, 713 ZPO.

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8. Die Revision war nicht zuzulassen. Weder handelt es sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.


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