Urteil vom Landgericht Dessau-Roßlau (4. Zivilkammer) - 4 O 328/13
Tenor
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 30. April 2014, Az: 4 O 328/13, wird aufrechterhalten.
Die Kläger haben die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden
Tatbestand
- 1
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit dem Beitritt zur D-KG in Anspruch.
- 2
Die Kläger wurden im Jahr 1993 von dem für die Beklagte tätigen Finanzberater T., bei dem es sich um den Sohn der Kläger handelt, aufgesucht. Der Ablauf und Inhalt des Gespräches bzw. der Gespräche ist zwischen den Parteien streitig.
- 3
Im Ergebnis dieser Gespräche unterzeichneten die Kläger zu 1.) und 2.) unter dem 07. September 1993 eine Beitrittserklärung zu dem Beteiligungsangebot des D-KG über eine Beteiligungssumme von 70.000,00 DM zuzüglich Abwicklungsgebühr/Agio.
- 4
Zur Finanzierung des Anlagebetrages schlossen die Kläger unter dem 04. November 1993 einen Kreditvertrag bei der D-AG ab.
- 5
Den Klägern wurden die Emissionsprospekte der Beteiligungsgesellschaft ausgehändigt. Nach der Prognoserechnung des Emissionsprospektes waren jährliche Ausschüttungen von 7 % prognostiziert. Die Ausschüttungen betrugen von 1994 bis 1998 7 %. Im Jahr 1999 betrug die jährliche Ausschüttung nur noch 5,25 %; im Jahr 2000 gab es keine Ausschüttung; im Jahr 2001 2,3 % und zwischen den Jahren 2002 bis 2008 bewegte sich die Ausschüttungsquote zwischen 0,77 und 0,10 %. I
- 6
In einem Anlegerundschreiben vom 10. Mai 2000 (Anlage V 1, Anlagenordner) wurde den Klägern der Ausfall eines wichtigen Mieters und dass dies gravierende Folgen für den Fond haben könnte, mitgeteilt.
- 7
Die Kläger haben mit Schlichtungsantrag vom 29. Dezember 2011 (Anlage K 1a, Anlagenordner) ein Schlichtungsverfahren vor der Gütestelle Rechtsanwalt D. in L. eingeleitet, wobei wegen der Einzelheiten des Schlichtungsantrages auf die Anlage K 1a verwiesen wird. Der Schlichtungsantrag ist der Beklagten unter dem 08. November 2012 bekannt gegeben worden, worauf diese nicht der Schlichtung beigetreten ist.
- 8
Unter dem 10. Juni 2013 haben die Kläger Klage eingereicht, die der Beklagten unter dem 15. Juli 2013 zugestellt worden ist.
- 9
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beklagte aus der Verletzung des Beratungsvertrages wegen unzureichender Beratung seitens des Mitarbeiters T. hafte. Hierzu behaupten sie, dass der Berater T. ihnen den DLF-Fonds als besonders geeignete Kapitalanlage dargestellt habe, wonach sie kurzfristig die Steuerbelastung senken könnten und durch die Ausschüttungen des Fonds zusätzlich finanziellen Spielraum erhalten würden. Der Berater habe ihnen zunächst eine Beteiligung an dem Vorgängerfonds, dem DLF 92/12 vorgestellt. Am 15. Mai 1993 sei daher das Beteiligungsangebot zunächst aus den Unterlagen des DLF 92/12 ausgefüllt und von der Klägerpartei unterzeichnet worden. Aufgrund der Unterzeichnung des Fonds DLF 92/12 sei dann aber eine Beteiligung am strukturell identischen Fond zustande gekommen. Hierzu haben die Kläger das Beteiligungsangebot am 07. September 1993 auf den Unterlagen des ausgefertigt und unterzeichnet. Der Berater habe anhand des Emissionsprospektes ihnen erklärt, dass die DLF in der Vergangenheit 7 % Gewinne erwirtschaftet haben. Über die entgegen der Prospektdarstellung wesentlich schlechteren Ertragsaussichten habe der Berater hingegen sie nicht informiert. Sie hätten auf die Angaben aus der Beratung vertraut und auf die in Aussicht gestellten Ergebnisse und sodann die streitgegenständliche Beteiligung über 70.000,00 DM unterzeichnet.
- 10
Die Kläger sind der Auffassung, dass die von ihnen verfolgten Schadensersatzansprüche nicht verjährt seien, da die Verjährung durch das eingeleitete Schlichtungsverfahren gehemmt worden sei. Die Schlichtungsanträge - so behaupten die Kläger weiter - seien zwischen dem 31. Dezember 2011 und dem 02. Januar 2012 bei der Gütestelle des Rechtsanwaltes D. eingereicht worden.
- 11
Die formellen Voraussetzungen des Schlichtungsverfahrens seien erfüllt und die Zustellung des Güteantrages sei noch demnächst erfolgt; etwaige Verzögerungen bei der Bekanntmachung des Güteantrags wegen Überlastung der Gütestelle könne grundsätzlich nicht den Antragstellern angelastet werden. Die Zustellung sei auch - so meinen die Kläger weiter - demnächst erfolgt. Insbesondere habe für die Klägerpartei keine Nachfrageobliegenheit bestanden. Auch seien die Schlichtungsanträge ständig abgearbeitet worden, so dass es keine Verzögerung gegeben habe, die durch Nachfrage hätte beseitigt werden können. Der Güteantrag sei auch hinreichend bestimmt gewesen. Schließlich liege auch keine kenntnisabhängige Verjährung vor, so meinen die Kläger. Aus der Reduzierung der Ausschüttungen könne nicht auf die anfänglich vorliegende Unvertretbarkeit der Prognose geschlossen werden.
- 12
Der Klägervertreter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. April 2014 keinen Antrag gestellt, worauf auf Antrag der Beklagten unter dem 30. April 2014 ein Versäumnisurteil erging, wonach die Klage abgewiesen wurde. Dieses Versäumnisurteil ist den Klägervertretern unter dem 07. Mai 2014 zugestellt worden (Blatt 241 Bd. II d.A.). Die Kläger haben hiergegen Einspruch mit Schriftsatz vom 19. Mai 2014 eingelegt, der bei Gericht am 19. Mai 2014 eingegangen ist (Blatt 243 Bd. II d.A.).
- 13
Die Kläger beantragen,
- 14
1. das Versäumnisurteil vom 30. April 2014 aufzuheben;
- 15
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei sämtliche finanziellen Schäden zu ersetzen, die im Abschluss der Beteiligung mit der Vertrags-Nr.: ... an der W-KG ihre Ursachen haben.
- 16
Die Beklagte beantragt,
- 17
das Versäumnisurteil vom 30. April 2014 aufrechtzuerhalten.
- 18
Sie erhebt zunächst die Einrede der Verjährung und ist hierzu der Ansicht, dass bereits die kenntnisunabhängige Verjährung mit Ablauf des 02. Januar 2012, und damit weit vor Klageerhebung am 13. Juni 2013 - eingetreten sei. Diese sei nicht durch den Güteantrag vom 29. Dezember 2011 gehemmt worden. Insoweit bestreite sie zunächst, dass der Güteantrag vor dem 03. Januar 2012 bei der Schlichtungsstelle eingegangen sei. Auch habe der Güteantrag die Schadensersatzansprüche nicht hinreichend genau bezeichnet, da in der Klage neue Pflichtverletzungen genannt worden seien. In jedem Fall sei die Bekanntgabe des Güteantrages nicht mehr „demnächst“ i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 4, 2. Halbsatz BGB erfolgt, da die hier erfolgte Zustellung am 08.11.2012 die gesetzliche Zweiwochenfrist um ein Vielfaches übersteige. Dass die Bekanntgabe des Güteantrages nicht demnächst erfolgt sei, sei auch auf eigenes Verschulden der Klägerpartei zurückzuführen. Denn diverse andere von den Klägervertretern bei derselben Gütestelle eingereichten Güteanträge, die die anderen Anlagen IMF und DCM betroffen hätten, seien ihr bereits im April 2012 bekannt gegeben worden, so dass die Kläger zumindest ab April/Mai 2012 eine Nachfrage bzw. Mahnobliegenheit hinsichtlich des noch nicht bekanntgegebenen - hier streitgegenständlichen - Antrages gehabt hätten. Angesicht der Masse der vom Klägervertreter eingereichten Güteanträge hätte dieser eine größere Schlichtungsstelle auswählen müssen. Zudem sei das Güteverfahren auch nicht ernsthaft betrieben worden, sondern nur deswegen, um die verjährungshemmende Wirkung zu erschleichen.
- 19
Ungeachtet dessen, so meint die Beklagte weiter, sei auch die kenntnisabhängige Verjährung eingetreten. Da es bereits ab dem 1999 Abweichungen zu den prognostizierten Ausschüttungen von 7 % gegeben habe und im Jahr 2000 die Ausschüttung ganz ausgeblieben sei, hätten die Kläger spätestens ab dem Jahr 2000 positive Kenntnis von den geringeren Ausschüttungen gehabt. Auch die Anlegerschreiben vom 24. Juli 1998, 08. Mai 2000 und 20. Februar 2001 sowie diverse Geschäftsberichte ab dem Jahr 2000 hätten über die konkrete Gefahr eines Wertverlustes ihrer Beteiligungen informiert, so dass die Kläger hierüber Kenntnis gehabt haben.
- 20
Schließlich liege auch kein Beratungsverschulden vor, insbesondere sei nicht von einem Prospektfehler auszugehen.
- 21
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. März 2015 hat der Klägervertreter angeregt, eine Entscheidung nach § 8 KapMuG (Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz) zu treffen.
- 22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 23
Die zulässige Klage ist unbegründet.
- 24
Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch hat in der Sache keinen Erfolg.
- 25
Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, wobei auf den vorliegenden Streitfall das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB Anwendung findet.
- 26
Eventuell bestehende Schadensersatzansprüche der Kläger wegen der Verletzung von Beratungs- und Aufklärungspflichten sind vorliegend verjährt.
- 27
Es kann daher dahinstehen, ob der für die Beklagte handelnde Finanzvertreter T. die Kläger schuldhaft falsch beraten hat, indem er, wie von diesen behauptet, u.a. nur unzureichend über die Risiken der abgeschlossenen Beteiligung aufgeklärt habe. Denn die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche sind jedenfalls verjährt.
I.
- 28
Bei Klageerhebung am 13. Juni 2013 war bereits die absolute (kenntnisunabhängige) Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB zum 02. Januar 2012 eingetreten.
- 29
Ursprünglich betrug die Verjährungsfrist nach § 852 BGB a.F. i.V.m. § 195 BGB a.F. 30 Jahre und begann mit der Beitrittserklärung der Kläger am 07. September 1993 zu laufen. Nach Inkrafttreten der Neuregelung des Verjährungsrechts begann die nunmehr geltende 10-jährige Verjährungsfrist gemäß Art. 229 § 6 EGBGB i.V.m. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB ab dem 01. Januar 2002 zu laufen und endete, da es sich beim 31. Dezember 2011 um einen Samstag handelte, gemäß § 193 BGB analog mit Ablauf des 02. Januar 2012.
- 30
Die Verjährung ist nicht durch die Einreichung des Güteantrags vom 29. Dezember 2011 bei der Gütestelle Rechtsanwalt D. in L. (Anlage K 1a, Anlagenordner) gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt worden.
- 31
Nach dieser Vorschrift wird die Verjährung durch die Bekanntgabe des Güteantrags, der bei einer, durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten und anerkannten Gütestelle eingereicht ist, gehemmt, wobei die Hemmungswirkung nur dann auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrages zurückwirkt, wenn die Bekanntgabe "demnächst" nach Einreichung des Antrages veranlasst wird.
- 32
Letzteres ist hier jedoch nicht der Fall.
- 33
Eine Zustellung bzw. Bekanntgabe "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO nach Einreichung eines Antrages bedeutet eine Zustellung innerhalb einer nach den Umständen angemessenen, selbst längeren Frist, sofern die Partei alles ihr zumutbare für eine einstweilige Zustellung getan hat und schutzwürdige Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen, während der Partei Verzögerungen, die sie bei gewissenhafter Prozessführung hätte vermeiden können, zuzurechnen sind (vgl. BGH NJW 1995, 2230; NJW 2010, 222; Zöller/Gregor, Rdn. 10 zu § 167 ZPO). Dabei sind von der Partei zu vertretende geringfügige Verzögerungen bis zu 14 Tagen regelmäßig unschädlich; zeitweilige auch Zeitspannen bis zu einem Monat (vgl. BGH, BGHZ 150, 221).
- 34
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht von einer "demnächst" erfolgten Bekanntgabe des Güteantrages auszugehen.
- 35
Selbst wenn der Güteantrag nach der Behauptung der Kläger zwischen dem 31. Dezember 2011 und dem 02. Januar 2012 bei der Gütestelle D. eingegangen ist - was streitig ist - veranlasste der Schlichter Rechtsanwalt D. die Bekanntgabe des Antrags nach dem unstreitigen Parteivortrag erst am 08. November 2012 - und damit 11 Monate nach Eingang des Antrags -, was keinesfalls mehr die zeitliche Grenze einer "demnächst" erfolgten Zustellung bzw. Bekanntgabe i.S.d. § 167 ZPO erfüllt.
- 36
Ungeachtet dieser zeitlichen Betrachtungsweise haben die Kläger aber auch nicht alles ihnen Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung bzw. Bekanntgabe des Güteantrages getan. So haben die Klägervertreter nach Einreichung ihres Güteantrages vom 29. Dezember 2011 bei dem Schlichter D. sich nicht nach dem Stand des Verfahrens erkundigt oder nachgefragt, weshalb sich die Bekanntgabe ihres Antrags trotz drohender Verjährung so weit verzögert. Die Kläger haben hierzu nicht vorgetragen. Soweit sie lediglich pauschal behaupten, der Schlichter habe die Schlichtungsanträge fortlaufend abgearbeitet, steht dem entgegen, dass nach dem substantiierten Vortrag der Beklagten in deren Schriftsatz vom 28. März 2014 (Blatt 99 ff. Bd. II d. A.), diverse andere Güteanträge der Klägervertreter dem Beklagtenvertretern bereits Anfang April 2012 bekannt gegeben worden sind. Insoweit hätten sie bezüglich des streitgegenständlichen, noch nicht bekanntgegebenen Güteantrages bei drohender Verjährung eine Nachfrage- bzw. Mahnobliegenheit ab diesem Zeitpunkt gehabt. Dennoch haben die Kläger keine Mitwirkungshandlung unternommen, um auf eine baldige Bekanntgabe ihres Güteantrages hinzuwirken. Dies hätten sie jedoch bei einer Verzögerung von über 11 Monaten tun müssen, um eine schnelle Bekanntgabe ihres Güteantrages zu erreichen.
- 37
Es entlastet die Kläger auch nicht, dass nach ihrem Vortrag der Rechtsanwalt D. durch die Vielzahl der Ende 2011 eingegangenen Anträge völlig überlastet gewesen sei. Denn diese Überlastung war für die Kläger bzw. deren Prozessbevollmächtigten, deren Wissen sich die Kläger zurechnen lassen müssen, vorhersehbar. Letzteren war bewusst, dass angesichts der Vielzahl der allein von ihnen eingereichten Güteanträge mit einer Bekanntmachung "demnächst" nicht zu rechnen war, so dass sie daher auf anderem Wege - nämlich durch Erhebung einer Klage - hätten versuchen müssen, die Hemmung der Verjährung noch vor dem 31 Dezember 2011 herbeizuführen.
- 38
Die Bekanntgabe des Güteantrags erfolgte demnach erst Anfang November 2012 - und damit nach eingetretener Verjährung.
- 39
Ungeachtet dessen war der Güteantrag hier als solcher auch nicht geeignet, die Hemmung der Verjährung herbeizuführen. Denn dies setzt voraus, dass die Pflichtverletzung hinsichtlich der Ansprüche, wegen deren die Verjährung gehemmt werden soll, hinreichend genau bezeichnet werden (vgl. Palandt/Enderer, Rdn. 19 zu § 204 BGB; BGH, Az.: 5 ZR 25/07, Urteil vom 09. November 2007; OLG München, Az.: 19 W 984/11, Beschluss vom 20. Juli 2011; OLG Bamberg, Az.: 3 O 205/13, sämtlichst zitiert nach juris).
- 40
Hinreichend genau bezeichnet ist der Anspruch nur dann, wenn der Güteantrag vom Sinn und Zweck des § 204 BGB die geforderte Warnfunktion erfüllt und einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundtut (Münch Kommentar/Grothe, Rdn. 36 zu § 204 BGB). Dies ist jedoch dann nicht mehr gegeben, wenn es an einer Darstellung der Streitsache oder des konkreten Begehrens fehlt oder wenn ohne konkreten Antrag oder sonstiger Bezifferung eines behaupteten Anspruchs nur begehrt wird, das Rechtsgeschäft rückabzuwickeln und keine konkreten Behauptungen zur irgendwelchen Pflichtverletzungen aufgestellt werden (vgl. OLG München, WM 2008, 733). Genauso verhält es sich hier.
- 41
Dem Güteantrag der Kläger ist lediglich zu entnehmen, dass es sich um Schadensersatzansprüche wegen einer fehlerhaften Anlageberatung beim Erwerb einer Beteiligung an der F.-KG handelt. Ohne auf die konkrete, von den Klägern erworbene Kapitalanlage und das zugrundeliegende Beratungsgespräch einzugehen, sind in der Antragsschrift nur verschiedene angebliche Prospektfehler kurz angerissen, indem Textbausteine, die auch in dem anderen, dem Gericht zur Entscheidung vorliegenden Verfahren 4 O 330/13 verwendet worden sind, aneinandergereiht worden. Lediglich die Anteilsnummer der Kläger und deren Beteiligungssumme sind konkret bezeichnet. Dem Güteantrag ist jedoch nicht zu entnehmen, wann die Kläger die Anlage gezeichnet haben und in welcher Höhe sie überhaupt einen Anspruch zu haben meinen. Ebenso fehlt es an Angaben dazu, wann die pauschal behauptete Beratung stattgefunden und wer die Kläger beraten haben soll. Ein konkreter Antrag ist auch nicht gestellt worden.
- 42
Ein solcher pauschaler Güteantrag vermag die ihm obliegende Warnfunktion jedoch nicht erfüllen, denn die Beklagte kann aufgrund dieses Antrages nicht mit zumutbarem Aufwand prüfen, ob überhaupt und wenn ja in welcher Höhe gegen sie gerichtete Ansprüche bestehen könnten. Sie ist - entgegen der Ansicht der Kläger - auch nicht gehalten, von sich aus anhand der genannten Anteilsnummer zu überprüfen, ob und wann hier eine Beratung stattgefunden habe.
- 43
Schließlich können sich die Kläger auf eine verjährungshemmende Wirkung des Güteantrages auch deswegen nicht berufen, weil sie vorliegend rechtsmissbräuchlich ist (§ 242 BGB).
- 44
Denn die Anrufung der Gütestelle ist hier gerade nicht zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung, sondern ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB zu erreichen. Das Schlichtungsverfahren vor dem Rechtsanwalt D. in L. war von vornherein nicht geeignet, den Klägern auf der Grundlage einer vergleichsweisen Einigung einen Vollstreckungstitel zu verschaffen. Angesichts der Vielzahl der Güteanträge von 9.000 Stück, die nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten Ende 2011 bei dem Rechtsanwalt D. eingereicht worden sind, war es ausgeschlossen, dass in absehbarer Zeit über den Antrag der Kläger verhandelt werden würde. Mangels von den Klägern dargelegter Anhaltspunkte war es erst recht nicht zu erwarten, dass die Beklagte zu einer außergerichtlichen Beilegung der Streitigkeit bereit sein würde. Mangels ernsthaften Schlichtungsbemühens der Kläger ist die Anrufung der Gütestelle ausschließlich zu dem Zweck, eine Hemmung der Verjährung zu erreichen, rechtsmissbräuchlich gewesen.
- 45
Insoweit war der Güteantrag der Kläger vom 29. Dezember 2011 nicht geeignet, die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB herbeizuführen.
II.
- 46
Die klägerischen Ansprüche sind vorliegend aber auch nach der regelmäßigen (kenntnisabhängigen) Verjährung spätestens zum Ablauf des 31. Dezember 2009 verjährt gewesen (Art. 229 § 6 EGBGB i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
- 47
Denn die Kläger hatten vorliegend spätestens im Jahr 2006 positive Kenntnis davon gehabt, dass sich ihre Renditeziele aufgrund unzureichender Ausschüttungen nicht realisiert hatten und auch in Zukunft nicht zu verwirklichen waren. Die Beklagte hat mit ihrem Schriftsatz vom 04. Februar 2014 (Blatt 1 ff. Bd. II d.A.) eine Reihe von Urkunden vorgelegt, die kenntnisbegründende Umstände i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB enthalten. Aufgrund dieser Unterlagen waren den Klägern die Insolvenz der Hauptmieterin, der erhebliche Rückgang der Ausschüttungen und der ursächliche Zusammenhang zwischen diesen beiden Umständen bekannt. Angesichts dessen hatten sie auch Kenntnis davon, dass die ihnen erteilte Beratung falsch war. So heißt es in dem Rundschreiben vom 10. Mai 2000 (Anlage V1, AB) u. a. wie folgt:
- 48
"… Der Ausfall eines wichtigen Mieters Jahre nach Abschluss des Mietvertrages kann bei Immobilieninvestitionen konzeptionell nicht verhindert werden. Die Folgen können bei geschlossenen Immobilienfonds gravierend sein. Selbst von Großbanken konzipierte Beteiligungsgesellschaften stellen nach dem Ausfall maßgeblicher Mieter Ausschüttungszahlungen ein. Wenn darüber hinaus fällige Zins- und Tilgungszahlungen gegenüber finanzierenden Banken nicht mehr bedient werden können, drohen Zwangsverwertungsmaßnahmen, die bis hin zum vollständigen Vermögensverfall führen können."
- 49
Entsprechendes gilt für die Schreiben der K vom 21. Februar 2001 (Anlage V2, Anlagenordner), das einen Hinweis auf das mögliche Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung enthielt sowie für das Schreiben der K vom 30. November 2001, dem der Geschäftsbericht der Fondsgesellschaft für das Jahr 2000 beigefügt gewesen war (Anlage V4, Anlagenordner). Darin räumt die K ein, den Gesellschaftern des DLF 93/13 für das Jahr 2000 keine Ausschüttungen leisten zu können. Wie der Aufstellung auf Seite 5 des Schriftsatzes der Beklagten vom 04. Februar 2014 (Blatt 5 Bd. II d.A.) zu entnehmen ist, wurden 2001 lediglich Ausschüttungen in Höhe von 2,3 % vorgenommen. Zwischen 2002 und 2004 bewegte sich die Ausschüttungsquote zwischen 0,77 und 0,10 %.
- 50
Spätestens mit Zugang des Geschäftsberichts für das Jahr 2004 Anfang des Jahres 2006 (Anlage V8, Anlagenordner) war den Klägern daher bewusst, dass sich ihre prognostizierten Renditeerwartungen von 7 % aufgrund der Angaben im Emissionsprospekt nicht erfüllt hatten und nicht mehr erfüllt werden. Mithin war ihnen spätestens im Januar 2006 ebenfalls bewusst, dass die Beklagte ihnen eine Kapitalanlage empfohlen hatte, die die prognostizierten Gewinne auf Dauer nicht abwerfen werde. Damit hatten sie umfassende Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners. Zumindest lag jedoch eine grob fahrlässige Nichtkenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor, da angesichts der vorgenannten zahlreichen Unterlagen ein hinreichender Anlass für die Kläger bestanden hätte, sich weitere Informationen zu beschaffen, anwaltlichen Rat einzuholen und jedenfalls - eine den Eintritt der Verjährung hindernde - Feststellungsklage gegen die Beklagte zu erheben. Darüber hinaus hätte es ihnen oblegen, die in dem Emissionsprospekt dargestellten Risiken zur Kenntnis zu nehmen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 20. Oktober 2009, Az.: 2 O 35/09; OLG Frankfurt, Urteil vom 30. November 2010, Az.: 14 U 229/09, zitiert nach juris).
- 51
Die Klage war daher abzuweisen; das angefochtene Versäumnisurteil mithin aufrechtzuerhalten.
III.
- 52
Entgegen der Ansicht der Kläger kam vorliegend auch keine Aussetzung nach § 8 KapMuG in Betracht, da die Klage aus den vorgenannten Erwägungen abweisungsreif ist, so dass es auf die Feststellungsziele nicht ankommt.
- 53
Wie bereits im Beschluss vom 30. April 2014 (Blatt 233 Bd. II d.A.) umfassend dargetan, war die Entscheidung des Rechtsstreits aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängig, so dass der Musterverfahrensantrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG n.F. als unzulässig verworfen worden ist. Ein solcher Rechtsstreit kann jedoch auch nicht durch Aussetzung nach § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG n. F. musterverfahrensfähig werden, da auch die vorgenannte Vorschrift verlangt, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt (vgl. BGH, Beschluss vom 02.12.2014, Az.: XI ZB 17/13, ZIP 2015 245). Wie unter Ziffer 1. und 2. dargetan, ist der hiesige Anspruch der Kläger verjährt, so dass die Entscheidung des Rechtsstreits unzweifelhaft nicht vom Ausgang des Musterverfahrens abhängt. In einem solche Fall ist eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG n. F. unzulässig (vgl. BGH, a.a.O.). Soweit der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 10. März 2015 eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 04. März 2015, Az.: 5 U 208/14, vorlegt, wonach eine Aussetzung nach § 8 KapMuG erfolgt ist, mag dort ein anderer Sachverhalt, bei dem die Ansprüche nicht verjährt sind, vorgelegen haben.
- 54
Dem Klägervertreter war schließlich auch kein weiterer Schriftsatznachlass zu erteilen, da es im Schriftsatz der Beklagten vom 03. März 2015 lediglich um Rechtsausführungen zu § 8 Abs. 1 KapMuG geht. Die Rechtsauffassung der Klägerseite zu der vorgenannten Vorschrift hat der Klägervertreter bereits mit Schriftsatz vom 10. März 2015 dargetan sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 umfassend mündlich erörtert. Einer weiteren Schriftsatzfrist bedurfte es daher nicht.
- 55
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 Satz 1 und 2 ZPO
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- 3 O 205/13 1x (nicht zugeordnet)
- 5 ZR 25/07 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 EGBGB 2x (nicht zugeordnet)
- § 8 KapMuG 3x (nicht zugeordnet)
- § 5 Satz 1 EGBGB 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen 5x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- Urteil vom Landgericht Dessau-Roßlau (4. Zivilkammer) - 4 O 328/13 1x
- 14 U 229/09 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 852 Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung 1x
- 4 O 330/13 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist 2x
- § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 193 Sonn- und Feiertag; Sonnabend 1x
- 5 U 208/14 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 2 Bedeutung des Wertes 1x
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 3x
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 1x
- BGB § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung 7x
- § 8 Abs. 1 KapMuG 1x (nicht zugeordnet)
- XI ZB 17/13 1x (nicht zugeordnet)
- 2 O 35/09 1x (nicht zugeordnet)
- 19 W 984/11 1x (nicht zugeordnet)