Urteil vom Landgericht Halle (3. Zivilkammer) - 3 S 21/13

Tenor

I. Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen wird das am 30.05.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Halle (Saale), Geschäftsnummer 104 C 3322/12, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Zutritt der Klägerin mit einem Fachmann zur Wohnung im 5. Geschoss rechts (Wohnungs-Nr. 0502) des Grundstücks ... in ... zwecks Entfernung der Parabolantenne zu dulden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagten zu 1/3.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 650,00 €.

Gründe

I.

1

Auf die Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs.1 Satz 1 Nr. 1, 313 a Abs.1 Satz 1 ZPO verzichtet.

II.

2

Die zulässige Berufung ist lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags zu 1 c) begründet und im Übrigen unbegründet.

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1. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Entfernung der Parabolantenne gemäß § 541 BGB ist verjährt.

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§ 541 BGB gibt dem Vermieter gegen den Mieter bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache einen Anspruch auf Unterlassung, der auch die Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes umfasst (vgl. Palandt, BGB, § 541 Rn.1). Die Voraussetzungen des Anspruchs, nämlich ein objektiv vorliegender vertragswidriger Gebrauch der Mietsache durch die Beklagten, wobei sich die Vertragswidrigkeit aus dem Inhalt und Zweck des Mietvertrages bestimmt (vgl. Palandt, BGB, § 541 Rn.6), eine entsprechende Abmahnung durch die Klägerin und die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs durch die Beklagten liegen vor.

5

Das Amtsgericht hat zu Recht auf den Anspruch gemäß § 541 BGB die allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 BGB angewandt. Hinsichtlich der für den Beginn der Verjährung maßgeblichen Kenntnis der Klägerin hat es zutreffend auf das Schreiben der Klägerin vom 10.12.2008 abgestellt und ist somit zu einer Verjährung des Anspruchs mit Ablauf des 31.12.2011 gelangt.

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Entgegen der Auffassung der Klägerin richtet bei § 541 BGB die Verjährung nach §§ 195, 199 BGB (vgl. Palandt, BGB, § 541 Rn.4; Bieber in Münchener Kommentar zum BGB, 6.Aufl. 2012, § 541 Rn. 17, zitiert nach beck-online; AG Hamburg-Altona, Urteil vom 20.01.2009, Az.: 316 C 275/08, zitiert nach juris). § 548 BGB ist auf den Anspruch gemäß § 541 BGB nicht anwendbar (vgl. Palandt, aaO., § 548 Rn.10; Schmidt-Futterer, § 548 BGB Rn.2; Bieber in Münchener Kommentar zum BGB, 6Aufl. 2012, § 548 Rn.28, zitiert nach beck-online). Denn Zweck des § 548 BGB ist es, die schnelle Abwicklung von Nebenansprüchen aus dem Mietverhältnis zu ermöglichen, die vom Zustand der Mietsache zum Zeitpunkt der Rückgabe abhängen (vgl. Palandt, aaO., § 548 Rn.1). Voraussetzung ist dann aber gerade, dass das Mietverhältnis beendet ist, was vorliegend nicht der Fall ist.

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Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Gemäß § 199 Abs.1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person der Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

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Soweit die Berufung auf die Weigerung der Beklagten, die Parabolantenne zu beseitigen, abstellt und das Verhalten der Beklagten als Dauerverhalten wertet mit der Folge, dass der Anspruch für die Zwecke des Verjährungsrechts als nicht entstanden anzusehen ist, solange der Eingriff andauert, ist dem nicht zu folgen. Entscheidend ist die Anbringung der Parabolantenne. Denn der vertragswidrige Zustand, dessen Beseitigung die Klägerin gemäß § 541 BGB begehrt, wurde durch die Anbringung der Parabolantenne geschaffen. Die Errichtung der Antenne stellt eine einmalige Handlung dar, die eine dauernd Beeinträchtigung nach sich zieht. Durch die einmal erfolgte Anbringung der Antenne dauert der vertragswidrige Gebrauch an. Bei einer einmaligen Handlung, die eine dauernde Beeinträchtigung nach sich zieht, entsteht der Anspruch auf Beseitigung bereits mit Beginn der Beeinträchtigung (vgl. Grothe in Münchener Kommentar, 6.Aufl. 2012, § 199 Rn. 13 b, zitiert nach beck-online).

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Zutreffend hat das Amtsgericht auf das Schreiben der Klägerin vom 10.12.2008 als für den Beginn der Verjährung maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntnis der Klägerin abgestellt. Der Auffassung der Berufung, der Anspruch sei erst im Juni 2010 entstanden, weil die Klägerin erst mit dem Wechsel des Kabelanbieters im Juni 2010 von den Beklagten die Beseitigung habe verlangen können, ist nicht zu folgen. Der Anspruch auf Beseitigung entsteht, wenn die erforderliche Abwägung ein Überwiegen der Vermieterinteressen am Eigentum gegenüber dem Informationsinteresse des Mieters ergibt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, wieso die Beklagten nach der Einstellung des Betriebs durch ... daran gehindert gewesen sein sollten, einen neuen Vertrag mit der ... abzuschließen. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die ... mit den Beklagten keinen Vertrag geschlossen hätte, noch dass die Konditionen eines solchen Vertrags für die Beklagten unzumutbar gewesen wären.

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Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 27.01.2014 darauf abgestellt hat, dass die Parabolantenne vorübergehend entfernt bzw. umgestaltet worden sei, so dass zumindest von einem Neubeginn der Verjährung auszugehen sei, ist dies durch die Beklagten bestritten und findet auch in dem vorherigen Sachvortrag der Klägerin keine Grundlage. Vielmehr hat die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen, dass ein Abbau der Antenne bei einem Austausch der Seitenwände vom 14.06. - 15.06.2011 gerade nicht erfolgt sei. Der neue Vortrag hatte daher gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt zu bleiben.

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2. Die Hilfsanträge der Klägerin zu 1.b (Ermächtigung der Klägerin, die Parabolantenne auf Kosten der Beklagten zu entfernen) und 1.d (Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 300,00 € für den Fall des Nichtentfernens der Antenne) sind ebenfalls aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr durchsetzbar.

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3. Der Klägerin steht aber gegen die Beklagten der hilfsweise geltend gemachte Anspruch zu 1.c auf Duldung des Zutritts der Klägerin zum Zwecke des Entfernens der Antenne entsprechend § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB zu.

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Nach der Rechtsprechung des BGH zu den eigentumsrechtlichen Herausgabeansprüchen bleibt der vom sogenannten Störer geschaffene Zustand auch nach Verjährung des Beseitigungsanspruches des § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB rechtswidrig und muss deswegen vom Eigentümer nicht geduldet werden, so dass der Eigentümer die Störung auf eigene Kosten beseitigen darf (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2011, Az.: V ZR 147/10; BGH Urteil vom 16.03.2007, Az.: V ZR 190/06, zitiert nach juris; BeckOK WEG § 22 Rn.306, zitiert nach beck-online). Diese vom BGH entwickelte Rechtsprechung, die auch im Verhältnis Wohnungseigentümergemeinschaft zum Sondereigentümer herangezogen wird, ist sinngemäß auch auf den Anspruch gemäß § 541 BGB zu übertragen.

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Denn grundsätzlich dienen die Ansprüche aus § 541 BGB und § 1004 BGB der Beseitigung eines vom Berechtigten nicht hinzunehmenden Zustandes. § 541 BGB als im Mietverhältnis speziellere Norm verlangt zusätzlich eine vorherige Abmahnung des Mieters und verdrängt insofern § 1004 BGB (vgl. Schmidt-Futterer, § 541 BGB Rn.2, zitiert nach beck-online). Der vom BGH aufgestellte Grundsatz, dass der von dem Anspruchsgegner geschaffene rechtswidrige Zustand letztlich vom Anspruchsinhaber nicht hinzunehmen ist, ist auch auf den Anspruch gemäß § 541 BGB übertragbar. Es sind vorliegend keine Gründe ersichtlich, die gegen eine entsprechende Anwendbarkeit sprechen. Zwar kann von den Beklagten nicht verlangt werden, die Störung auf eigene Kosten zu beseitigen, aber der Klägerin ist es nicht verwehrt, den nicht hinzunehmenden Zustand auf ihre Kosten zu beseitigen.

15

4. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung der Anbringung einer Parabolantenne zu, da der Anspruch gemäß § 541 BGB aus den bereits dargestellten Gründen verjährt ist.

16

Nur nebenbei merkt die Kammer hierzu folgendes an. Sollten die Beklagten, ohne hierzu berechtigt zu sein, nach Beseitigung der Parabolantenne durch die Klägerin, erneut eine Parabolantenne anbringen, dürfte der Klägerin ein Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung gemäß § 541 BGB zustehen.

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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs.1 ZPO. Kostenteilung ist im Hinblick auf die Stattgabe des Hilfsantrages der Klägerin geboten (vgl. Zöller, ZPO, § 92 Rn.8).

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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.10 ZPO. Anordnungen nach § 711 ZPO konnten wegen § 713 ZPO unterbleiben, da unzweifelhaft kein Rechtsmittel gegen dieses Urteil gegeben ist. Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs.2 Satz 1 ZPO bestand nicht.

19

Die Entscheidung über den Berufungsstreitwert folgt aus § 3 ZPO.


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