Urteil vom Landgericht Hamburg (24. Zivilkammer) - 324 O 448/14

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen,

(1.) Dr. J. B. sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung "D. A." vom 2014 im ZDF genannt wurden,

wie geschehen in der Sendung "D. A." vom.2014 im ZDF.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 597,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.08.2014 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt jede Partei zur Hälfte.

V. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 Euro vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer II. und IV. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar;

und beschließt:

Der Streitwert wird auf 50.000 Euro festgesetzt (25.000 Euro pro Äußerung).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Fernsehsendung.

2

Der Kläger ist Redakteur in dem Ressort „Politik“ bei der Wochenzeitung „D. Z.“. Die Beklagte strahlte in ihrem Fernsehprogramm am.2014 das Satireformat „D. A.“ aus, das die streitgegenständliche Äußerung enthält.

3

Unter anderem wird in der Sendung zu dem Dialog der Kabarettisten M. U. und C. v. W., der sich mit der Unabhängigkeit von Journalisten befasst, eine Schautafel eingeblendet, die auf zwei Ebenen insgesamt 12 Organisationen darstellt. Am unteren Rand des Schaubildes befinden sich unter anderem Bilder von Personen, hierunter ist auch der Kläger, und es werden Linien zwischen diesen Personen und den beiden oberen Ebenen – den Organisationen - gezogen. Der die Schautafel erläuternde Dialog der Kabarettisten enthält u.a. die Äußerung „Na Moment, aber er wird doch genügen Anstand besessen haben, sein Schreiben für Gauck zu trennen von seinem Schreiben für D. Z..“. Wegen der Einzelheiten der Gesamtberichterstattung, des Dialogs der beiden Kabarettisten und des Schaubildes wird auf den Sendemitschnitt (Anlage ASt 1 im Verfahren 324 O 316/14), die Transkripte (Anlagen K 2, B 18) und die Abbildung des Schaubildes in dem Schriftsatz der Beklagen vom 29.08.2014 (Seite 11) verwiesen.

4

Aufgrund einer gemeinsamen Initiative des German Marshall Fund of the United States (GMF) und der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) wurde im Zeitraum November 2012 bis September 2013 ein Projekt unter dem Titel „Elemente einer außenpolitischen Strategie für Deutschland“ durchgeführt. Dieses Projekt bezweckte, Einfluss auf außenpolitische Grundsatzentscheidungen Deutschlands zu nehmen. Mitglieder der jeweiligen Expertengruppen waren 51 außen- und sicherheitspolitische Fachleute aus Bundestag, Bundessregierung, Wissenschaft, Wirtschaft, Stiftungen, Denkfabriken, Medien und Nichtregierungsorganisationen. Auch der Kläger war eines dieser Mitglieder, nahm jedoch nicht an sämtlichen Sitzungen teil. Ergebnis dieses Projekts war ein Strategiepapier, das im Oktober 2013 vorgestellte wurde (Anlage B 1). Zu den Initiatoren des Projekts gehörte der damalige Direktor des GMF, K, ehemaliger US-Korrespondent der Z. und bis zum 15.08.2013 Mitglied der Expertengruppe (Anlagen AG 1 und 2). Im August 2013 wechselte K. vom GMF als Leiter der Stabsstelle Planung und Reden in das Bundespräsidialamt (Anlagen B 3 und 4) und ist in dieser Funktion auch für die Reden des Bundespräsidenten verantwortlich. Am 31.01.2014 hielt der Bundespräsident eine Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz mit dem Titel „Deutschlands Rolle in der Welt: Anmerkungen zu Verantwortung, Normen und Bündnissen“. Für die weiteren Einzelheiten der Rede wird auf das Manuskript Anlage B 5 Bezug genommen.

5

Über diese Rede des Bundespräsidenten berichtete der Kläger in einem gemeinsam mit dem Autor N., der Mitglied der Atlantik-Brücke ist, verfassten Artikel in „D. Z.“. Er befasste sich in der Berichterstattung wohlwollend mit der Rede und berichtete hinsichtlich der „Vorgeschichte“ des „Kurswechsels“ über die Arbeit der Strategiegruppe und den Wechsel von K. in das Bundespräsidialamt. Seine Teilnahme an dem Arbeitskreis wird in dem Artikel nicht offengelegt. Für die Einzelheiten der Berichterstattung wird auf Anlage B 2 Bezug genommen. In der Folgeausgabe von „D. Z.“ wurde zu der Berichterstattung des Klägers eine Klarstellung veröffentlicht, die mitteilte, dass der Kläger an dem Projekt teilgenommen habe, hierfür wird auf Anlage B 12 verwiesen. Dieser Vorgang war Gegenstand einer Diskussion über journalistische Berufsethik (Anlage B 13).

6

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Ausgabe der Sendung „D. A.“ veröffentlichte der Kläger Kommentare über Twitter, wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen B 15-17 verwiesen.

7

Der Kläger mahnte die Beklagte erfolglos ab.

8

Der Kläger ist der Meinung, dass die Behauptung, er sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei der zwölf abgebildeten Organisationen unwahr sei. Er ist der Ansicht, dass mit den Begriffen „Mitglied, Vorstand, Beirat“ jeweils Organe einer juristischen Person gemeint seien. Zudem bezeichne die Beklagte ihn in dem Beitrag nicht als Mitglied des Projekts, sondern er werde als Mitglied der Organisation dargestellt. Diese Funktion habe er jedoch nicht ausgeübt, denn die Teilnahme an einer Veranstaltung führe nicht zur Mitgliedschaft bei der veranstaltenden Organisation.

9

Der Kläger bestreitet, dass ihm bekannt gewesen sei, dass wesentliche Gedanken aus dem Papier in die Rede eingeflossen seien. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Rede und dem Strategiepapier gebe und dieses Papier in die Rede eingeflossen sei. Der Umstand, dass der Bundespräsident Auffassungen vertreten habe, die sich auch in dem Strategiepapier befänden, bedeute nicht, dass das Papier in die Rede eingeflossen sei. Der Zuschauer verstehe die streitgegenständliche Passage dahingehend, dass er bewusst und gewollt auf die Rede eingewirkt habe. Der ihm gemachte Vorwurf könne nur sinnhaft sein, wenn er gewusst habe, dass er objektiv für den Bundespräsidenten Inhalte geliefert hätte. Dieses Verständnis des Zuschauers sei nach der Stolpe-Rechtsprechung zu untersagen.

10

Die Beklagte habe ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt.

11

Aus einer Mitwirkung an dem Strategiepapier könne nicht geschlossen werde, dass alle Positionen des Papiers ihm zuzurechnen seien. Auch die Interpretation, dass er später Parallelen zwischen dem Strategiepapier und der Rede erkannt habe, rechtfertige die streitgegenständliche Aussage nicht. Denn diese Aussage setze gerade ein bewusstes und gewolltes Handeln zum Zeitpunkt des „Schreibens“ voraus. Die Beklagte könne sich nicht auf satirische Aussagen berufen, denn diese würden von dem Zuschauer als real und wahr unterstellt.

12

Der Kläger beantragt,

13

1. der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,-; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahr), zu untersagen,

14

zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen,

15

(1.) Dr. J. B. sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung "D. A." vom 2014 im ZDF genannt wurden.

16

(2) der Kläger habe im Zusammenhang mit der Rede des Bundespräsidenten Gauck vor der Münchner Sicherheitskonferenz für den Bundespräsidenten geschrieben.

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2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Kosten in Höhe von 807,36 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Die Beklagte ist der Meinung, dass die Aussage, der Kläger sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei der auf der Schautafel abgebildeten Organisationen zulässig sei, da diese Aussage in der streitbefangenen Passage nicht enthalten sei. Die Verbindungen des Klägers zu abgebildeten Organisationen würden erklärt und durch die Linien versinnbildlicht. Hierzu zähle seine Beteiligung an dem Projekt des GMF sowie der Zusammenhang zu der Rede des Bundespräsidenten auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes der Sendung werde deutlich, dass „Mitglied, Beirat, Vorstand“ nicht abschließend zu verstehen sei. Aufgrund der genannten Verbindungen des Klägers fehle es jedenfalls an einem ansehensrelevanten Unterschied. Die dritte Linie beziehe sich auf den Mitautor N. des Klägers, der unstreitig Mitglied der Atlantik-Brücke ist, diese Linie gehe gerade auch nicht von dem Kopf des Klägers aus. Auch wenn die Verbindung des Mitautors nicht dem Kläger zuzurechnen wäre, wäre ein Unterlassungsanspruch nicht begründet, denn die Aufmerksamkeit des Zuschauers konzentriere sich in diesem Zusammenhang auf die Logos des GMF und der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch entspreche es nicht dem Verhalten eines durchschnittlichen Nutzers, die vom Bild des Klägers wegführenden Linien nachzuzählen. Zudem sei auf dem Schaubild nicht erkennbar, ob die Linien auf die untere oder obere Reihe der Organisationen zeigen würden. Unter dem Gesichtspunkt der Ansehensrelevanz könne dahinstehen, ob die Verbindungen des Klägers in zwei oder drei Fällen bestünden.

21

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Stolpe Rechtsprechung auf Satire keine Anwendung finde.

22

Die Beklagte trägt vor, dass die Rede des Bundespräsidenten zahlreiche Gedanken enthalten habe, die dem Strategiepapier „Neue Macht, neue Verantwortung“ entstammen bzw. entsprechen würden, aus der vorgelegten Synopse (vgl. Anlage B 8) ergäben sich nicht nur inhaltliche Übereinstimmungen, sondern es seien mehrfach gleiche oder nahezu gleichlautende Begrifflichkeiten verwandt worden.

23

Die streitgegenständliche Passage zu der Rede des Bundespräsidenten äußere in satirisch-zugespitzter Weise die zulässige Meinung, dass es ein Fehler gewesen sei, in der Berichterstattung des Klägers nicht auf seine Mitarbeit in dem Projekt hinzuweisen. Es sei zwischen dem Aussagekern und der satirischen Einkleidung zu unterscheiden. Der Aussagekern bestehe darin, dass der Kläger an einem Strategiepapier beteiligt gewesen sei, das in wesentlichem Umfang in die Rede des Bundespräsidenten eingeflossen sei, der Kläger diese Beteiligung nicht offengelegt habe und für ihn auch kein Anlass zur journalistischen Zurückhaltung bestanden habe. Dieser Aussagekern sei zutreffend und entspreche den Tatsachen. Der Artikel des Klägers, die Klarstellung der „Z.“ und der Tweed des Klägers (Anlage B 15) ergäben nur Sinn, wenn das Strategiepapier für die Rede des Bundespräsidenten von Bedeutung gewesen sei. Der Antragsteller stelle den Zusammenhang in seiner eigenen Berichterstattung selbst her, er sei ihm also bekannt gewesen. Maßgeblich sei für den Unterlassungsanspruch nicht das Verständnis, der Kläger habe an der Rede des Bundespräsidenten bewusst mitgewirkt, denn hierbei würden Aussagekern und satirische Einkleidung vermischt. Auch sei ein solches Verständnis unter Berücksichtigung des Satirecharakters der Sendung fernliegend, der Sachverhalt werde zutreffend dargestellt, ehe sich die pointierte Frage anschließe. Der Sachverhalt würde in für Satire typischer und zulässiger Weise verdichtet und zugespitzt. In der Formulierung „Schreiben für Gauck“ und „Schreiben für die Z.“ liege die satiretypische Zuspitzung des zutreffenden Anknüpfungssachverhalt. Die streitgegenständliche Sequenz kritisiere die fehlende Grenzziehung des Klägers zwischen politikberatender und journalistischer Tätigkeit.

24

Es sei vor dem Hintergrund des aufgezeigten journalistischen Interessenskonflikts unerheblich, ob der Bundespräsident das Strategiepapier kannte oder kenne, ob er gewusst habe, dass der Kläger daran mitgewirkt habe oder ob der Kläger während seiner Mitwirkung in der Arbeitsgruppe gewusst habe, dass der Bundespräsident später eine entsprechende Rede halten würde oder das Strategiepapier lesen würde oder der Kläger dies wollte.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 26.09.2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich des ersten auf Unterlassung gerichteten Klagantrags zu, (I.). Der weitere Unterlassungsantrag ist jedoch unbegründet und war daher abzuweisen (II.), ebenso sind die geltend gemachten Abmahnkosten nur teilweise begründet (III).

27

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren der Parteien, das sich mit den streitgegenständlichen Äußerungen ebenfalls befasst, hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:

28

„I. Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Passage „Dr. J. B. sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung "D. A." vom 2014 im ZDF genannt wurden steht dem Antragsteller aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, denn die angegriffene Berichterstattung verletzt ihn bei fortbestehender Wiederholungsgefahr in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

29

1. Bei dieser Passage handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Eine Tatsachenbehauptung liegt vor, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis des durchschnittlichen Rezipienten der objektiven Klärung zugänglich ist, weil er als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht, er also mit den Mitteln der Beweiserhebung überprüfbar ist (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, 4. Kapitel Rn 43 ff. mwN; Soehring, Presserecht, 4.Aufl. 2010 § 14 Rn 3, 4 mwN). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der die Kammer folgt, müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht.

30

Ungeachtet der möglicherweise mit einer Wertung verbundenen Frage, ob sich diese Aussage auf eine formale Organstellung bezieht – eine Auslegung, die der Antragsteller vertritt – oder ob diese Aufzählung für den Durchschnittsrezipienten nicht abschließend ist und dadurch andere Verbindungen zu berücksichtigen wären – dieser Ansicht ist die Antragsgegnerin – ist die Behauptung unwahr. Denn auch bei einem großzügigen Verständnis dahingehend, welcher Art die durch die zwischen dem Antragsteller und verschiedenen Organisationen durch Linien dargestellten Verbindungen sind, ist hier nur die Teilnahme des Antragstellers an dem Projekt des GMF zu berücksichtigen. Unstreitig hat er an diesem Projekt teilgenommen, was die auf dem Schaubild gezogenen Linie mit der insoweit verkürzten Aussage, dass es zwischen ihm und dem GMF eine Verbindung gibt, rechtfertigt. Insoweit muss er hinnehmen, dass nicht die Projektgruppe als Arbeitskreis des GMF, sondern der GMF stellvertretend für dieses Projekt genannt wird. Von dieser Verkürzung geht weder eine persönlichkeitsrechtliche Relevanz aus, noch geht ein Durchschnittszuschauer aufgrund der zentralen Kritik der mangelnden Grenzziehung zwischen politisch-beratender und journalistischer Tätigkeit davon aus, dass es um die genannten Stellungen der kritisierten Personen in den jeweiligen Organisationen geht. Vielmehr erkennt er, dass die Organisationen auch stellvertretend für von ihnen initiierten und betreuten Projekte stehen.

31

Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Darstellung von zwei weiteren Verbindungen des Antragstellers zu Organisationen auf der Schautafel zutreffend sie. Denn dem Antragsteller kann die Mitgliedschaft seines Mitautors N., mit dem er die aus Anlage AG 2 ersichtliche Berichterstattung verfasst hatte, in der Atlantik-Brücke nicht zugerechnet werden. Die in der Sendung dem Zuschauer präsentierte Schautafel bezieht sich ebenso wie die geäußerte Kritik mit Ausnahme von einem Fall auf einzelne Personen und ihr Handeln. Dem Zuschauer werden Verbindungen des Antragstellers aufgezeigt, die Kritik der mangelnden Grenzziehung bzw. der fehlenden Transparenz oder des fehlenden Problembewusstseins richtet sich gegen den Antragsteller und es wird als Beleg für die Kritik auf die von ihm mitverfasste Berichterstattung in der „Z.“ und die Teilnahme an der Arbeitsgruppe des GMF verwiesen. Das Verhalten des weder in der Sendung noch im Zusammenhang mit dieser kritischen Auseinandersetzungen erwähnten Mitautors kann dem Antragsteller aufgrund der personalisierten Kritik nicht zugerechnet werden. Das Verhalten des Mitautors ist als eigenständiges Handeln anzusehen und wird in der streitgegenständlichen Erstmitteilung nicht erwähnt. Unerheblich ist somit, dass eine der Linien, die von dem Antragsteller wegführt, nicht zentral, sondern seitlich versetzt beginnt. Hiermit kommt für den Zuschauer unter keinem Gesichtspunkt zum Ausdruck, dass diese Linie das berufliche Umfeld des Antragstellers und nicht ihn betreffen soll, zumal zu berücksichtigen ist, dass der relevante Zuschauerkreis die Schautafel als ein Element der Sendung wahrnimmt und seine Aufmerksamkeit von dem parallel ablaufenden Dialog und wechselnden Kameraeinstellungen beansprucht wird und er sich der Schautafel nicht mit einer genauen und auf alle Einzelheiten eingehenden Betrachtung widmen kann, wie es etwa bei einem Standbild möglich wäre.

32

Auch besteht keine „Verbindung“ im Sinne des Schaubildes zu der Münchner Sicherheitskonferenz. Soweit die Antragsgegnerin meint, die Teilnahme an dem Projekt des GMF, das von den Teilnehmern verfasste Strategiepapier und die Verwendung dieses Papiers für eine Rede des Bundespräsidenten auf der Münchner Sicherheitskonferenz rechtfertige eine solche Linie im Sinne einer „Verbindung“, ist dies unter Berücksichtigung des bereits dargestellten Gesamtzusammenhangs und der auf das Handeln des Antragstellers bezogenen Kritik zu verneinen. Diese indirekte Verbindung, der keine aktive Beteiligung des Antragstellers an der Münchner Sicherheitskonferenz zu Grunde liegt, ist für die auf der Schautafel aufgestellten Behauptung, es gebe drei Verbindungen des Antragstellers zu den dargestellten Organisationen, nicht heranzuziehen. Denn die aufgezeigten Verbindungen sollen auch die geäußerte Kritik an dem Verhalten des Antragstellers belegen. Hierbei ist unbeachtlich, dass die Linien auf der ersten Ebene enden und nicht auf die zweite Ebene der Organisationen führen, denn die Antragsgegnerin trägt nicht vor, dass es zu einer der auf der oberen Ebene dargestellten anderen Organisationen eine Verbindung gebe.

33

Da die Antragsgegnerin keine weiteren Verbindungen des Antragstellers zu den gezeigten Organisationen - möglicherweise würden auch vergleichbare Organisationen ausreichen – dargelegt und glaubhaft gemacht hat und hier nach der in das Zivilrecht transformierten Beweislastregel des § 186 StGB die Darlegungs- und Beweislast trägt, ist der Unterlassungsanspruch begründet. Die Abweichung zwischen einer Verbindung zu einer Organisation statt zu drei Organisationen ist zudem von offensichtlicher persönlichkeitsrechtlicher Relevanz.

34

2. Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die Erstbegehung indiziert, es wurde keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, die einstweilige Verfügung der Kammer wurde nicht als endgültige Regelung anerkannt und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten.“

II.

35

Bezüglich des zweiten Unterlassungsantrags „der Kläger habe im Zusammenhang mit der Rede des Bundespräsidenten Gauck vor der Münchner Sicherheitskonferenz für den Bundespräsidenten geschrieben“ hat die Kammer in dem einstweiligen Verfügungsverfahren festgestellt:

36

„II. Der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 11.06.2014 war aufzuheben, denn dem Antragsteller steht kein Unterlassungsanspruch bezüglich dieser Passage zu, insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog in Verbindung mit Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.

37

Bei der streitgegenständlichen Passage ist der Maßstab, der für die Prüfung von satirischen Beiträgen gilt, anzulegen, denn es handelt sich bei der Sendung erkennbar um ein Satireformat. Hierbei sind Aussagekern und satirische Einkleidung zu trennen und jeweils gesondert zu überprüfen. Diese getrennte Betrachtung ist aufgrund der Sonderstellung von Satire geboten, da es dieser Kunstgattung wesenseigen ist, mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten. Aussagekern und seine Einkleidung sind gesondert zu überprüfen, ob sie eine Kundgabe der Missachtung gegenüber der karikierten Person enthalten, der Aussagekern ist dahingehend zu prüfen, ob er mit Art. 5 GG unter Berücksichtigung des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vereinbar ist. Zu berücksichtigen ist, dass die Maßstäbe für die Beurteilung der Einkleidung anders und im Regelfall weniger streng sind, als die für die Bewertung des Aussagekerns (vgl. BVerfG Beschluss v. 3.6.1987, 1 BvR 313/85, Juris, Abs. 20; BVerfG Beschluss v. 14.02.2005, 1 BvR 240/04, Juris, Abs. 21). Die durch die Berichterstattung geäußerte Kritik an dem Antragsteller stellt eine zulässige Wertung dar (1.), die ebenfalls in zulässiger Weise satirisch eingekleidet wird (2.).

38

1. Die streitgegenständliche Passage greift ein Verhalten des Antragstellers auf und an. Die Kabarettisten werfen die Frage auf, ob u.a. der Antragsteller ausreichend zwischen politikberatender und journalistischer Tätigkeit trennt, insbesondere, ob er diese beiden Tätigkeiten transparent darstellt bzw. eine gewisse, eigenkritische Distanz hält.

39

Die geäußerte Kritik stellt eine Bewertung eines Lebenssachverhalts dar, der wahr ist. In dem streitgegenständlichen Beitrag wurde bereits nicht ausdrücklich die Behauptung aufgestellt, dass der Antragsteller „im Zusammenhang mit der Rede des Bundespräsidenten Gauck vor der Münchner Sicherheitskonferenz für den Bundespräsidenten geschrieben“ habe. Es ist zudem davon auszugehen, dass der Antragsteller objektiv an der Rede des Bundespräsidenten mitgewirkt hat. In der angegriffenen Erstmitteilung werden die wesentlichen Tatsachen, die diese Sichtweise rechtfertigen, dem Zuschauer dargestellt. Es wird mitgeteilt, dass der Antragsteller Mitglied der Arbeitsgruppe des GMF war, dort ein Strategiepapier entwickelt wurde, Gedanken dieses Papiers zu einem späteren Zeitpunkt in der Rede des Bundespräsidenten aufgegriffen wurden und der Antragsteller wohlwollend über die in der Rede dargestellte Strategie berichtet habe, ohne seine Beteiligung an der Arbeitsgruppe offenzulegen. Diese Umstände sind unstreitig.

40

Soweit der Antragsteller mit Nichtwissen bestreitet, dass der Bundespräsident Gedanken aus dem Strategiepapier in seiner Rede aufgegriffen habe, ist dieses Bestreiten unsubstantiiert und somit unbeachtlich, denn es handelt sich um Abläufe, die sich zumindest teilweise in der Sphäre des Antragstellers abgespielt haben. Dieser hat unstreitig an der Arbeitsgruppe teilgenommen, die unstreitig ein Strategiepapier veröffentlicht hat. Die in dem Papier enthaltenen Gedanken waren dazu bestimmt, aufgegriffen zu werden. Das Strategiepapier war somit dazu bestimmt, nach außen getragen zu werden. Dies entspricht dem Wesen eines solchen Papiers, aber auch nach dem Vortrag des Antragstellers war weder die Arbeit der Projektgruppe noch das verfasste Papier zu einem rein internen Gebrauch bestimmt. Dem Antragsteller war bekannt, dass im Sommer 2013 der Initiator der Arbeitsgruppe Leiter der Stabsstelle Planung und Reden im Bundespräsidialamt wurde. Diese „personelle Verknüpfung“ der Arbeit der Projektgruppe mit dem Bundespräsidialamt, insbesondere der für die Reden des Bundespräsidenten zuständigen Stabsstelle, bildet ein weiteres, dem Antragsteller bekanntes Anzeichen dafür, dass die Gedanken aus dem Papier von der Politik, möglicherweise dem Bundespräsidenten, aufgegriffen werden. Der Antragsteller selbst zieht in seiner Berichterstattung eine Verbindung zwischen dem Projekt des GMF und der Rede des Bundespräsidenten vor der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch die vorgelegte Synopse (Anlage ASt 8) und die hieraus erkennbaren Übereinstimmungen stützen den Umstand, dass das Strategiepapier in der Rede des Bundespräsidenten aufgegriffen wurden.

41

Mit der Passage „… sein Schreiben für Gauck zu trennen…“ wird diese objektive Beteiligung des Antragstellers aufgegriffen. Dies bedeutet nicht, dass er bewusst in dem Sinne an der Rede mitgewirkt hat, dass er bei Konzeption des Strategiepapiers wusste, dass es für eine Rede des Bundespräsidenten verwendet werden wird. Unabhängig davon, ob eine solche Aussage in Anbetracht der Umstände, dass der Antragsteller wie dargestellt ab dem Sommer 2013 Anlass hatte, damit zu rechnen, dass die Gedanken aus dem Papier durch den Bundespräsidenten aufgegriffen werden können bereits zulässig ist, war ihm auch bekannt, dass das Papier nach „außen“ gerichtet war. Im Übrigen handelt es sich hier gerade um die – in diesem Fall – zulässige satirische Einkleidung. Aus diesem Grund nimmt ein Zuschauer nicht an, dass der Antragsteller selbst an der Erstellung der Rede des Bundespräsidenten mitgewirkt hat, also als Redenschreiber, noch, dass er mit der expliziten Zielsetzung in dem Projekt mitgearbeitet hat, dass die Gedanken durch den Bundespräsidenten aufgegriffen werden (hierzu unter 2.). Dieses Verständnis ist gerade aufgrund der dem Zuschauer mitgeteilten wahren Tatsachen fernliegend.

42

2. Die satirische Einkleidung dieser kritischen Meinungsäußerung begegnet ebenfalls keinen Bedenken und ist zulässig. Die Kabarettisten weisen vor der streitgegenständlichen Passage darauf hin, dass eine Zuspitzung erfolgt („… Darf ich zuspitzen?...“), so dass der Zuschauer im Rahmen der Satiresendung nochmals darauf hingewiesen wird, dass nunmehr mit den Stilmitteln der Satire „gearbeitet“ wird. Es werden sodann öffentliche Diskussionen aufgegriffen, dem Zuschauer wird erläutert, dass der Antragsteller einen eigenen Beitrag zu der Rede des Bundespräsidenten verfasst hat, ohne hierbei seine Mitarbeit in der Arbeitsgruppe des GMF zu erwähnen. Der Zuschauer, der die satirische Einkleidung erkennt, nimmt nicht an, dass der Antragsteller an dem Projekt mit der Zielsetzung teilgenommen hat, dass Ergebnisse in die Rede des Bundespräsidenten einfließen werden oder bewusst an der Vorbereitung der Rede mitgewirkt habe. Denn die Kritik bezieht gerade auch den nicht angegriffenen Teil des Dialogs der Kabarettisten ein, dass der Antragsteller wohlwollend über die Rede berichtet habe und in diesem Zusammenhang zu der eigenen Berichterstattung wird – übertrieben – auf „.. sein Schreiben für Gauck…“ Bezug genommen. Anlass für die Kritik ist gerade, dass der Antragsteller in seiner Berichterstattung seine Teilnahme nicht erwähnt hat und somit den Lesern eine wichtige Information für die Bewertung dieser Berichterstattung fehlt. Dem Zuschauer wird kein unwahrer Sachverhalt dargestellt, die kritische Sicht auf die Tätigkeit des Antragstellers ist zulässig und – wie die Klarstellung in der Z. zeigt, aber auch die Twitter-Mitteilung des Antragstellers – Gegenstand einer öffentlichen Diskussion.

43

Der Umstand, dass der Antragsteller nicht alle Positionen des Strategiepapiers teilt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn er hat nicht vorgetragen, dass er sämtliche Positionen des Strategiepapiers für verkehrt hält, was in Anbetracht seiner eigenen Berichterstattung über die Rede des Bundespräsidenten auch fernliegend wäre. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass er gerade die von dem Bundespräsidenten aufgegriffenen Positionen nicht teilt, er hat noch nicht einmal vorgetragen, dass er an der Abfassung dieser Positionen nicht beteiligt war.“

44

An diesen Ausführungen hält die Kammer auch in dem zu entscheidenden Hauptsacheverfahren vollumfänglich fest.

III.

45

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt ebenfalls, dass ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 823 BGB nur teilweise besteht, soweit der Kläger vorprozessual die Behauptung, dass er „Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen“ sei, abgemahnt hat. Die übrige Abmahnung stellt hingegen keine zweckmäßige Rechtsverfolgung dar. Ausgehend von einer 0,65 Gebühr sowie dem anteiligen Gegenstandswert von 20.000 Euro ist unter Berücksichtigung von Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer der ausgeurteilte Betrag begründet. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 291 BGB.

IV.

46

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3, 4 ZPO.

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