Urteil vom Landgericht Hamburg (16. Kammer) - 416 HKO 222/17
Tenor
I. Der Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Urteilsverfügung des OLG Hamburg vom 09.11.2017 (Az.: 3 U 246/16) wird zurückgewiesen.
II. Die Aufhebungsklägerin trägt die Kosten des Aufhebungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
IV. Der Streitwert des Aufhebungsverfahrens wird auf € 200.000,- festgesetzt.
Tatbestand
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Die Aufhebungsklägerin und Antragsgegnerin des vorangegangenen Verfügungsverfahrens (im Folgenden nur „Aufhebungsklägerin“) begehrt die Aufhebung der am 09.11.2017 vom OLG Hamburg verkündeten Urteilsverfügung aufgrund veränderter Umstände.
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Die Parteien sind miteinander konkurrierende Pharmaunternehmen. Die Aufhebungsklägerin beliefert etwa 16.500 der knapp 20.000 stationären Apotheken in Deutschland. Mit einstweiliger Verfügung des LG Hamburg vom 07.10.2016 (Az. 416 HKO 122/16) ist es ihr unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden, mit bestimmten Aussagen für ihre seit April 2016 vertriebenen Produkte C.® Vaginaler Selbsttest, C1® Vaginalgel und C2® Vaginalkapseln zu werben oder werben zu lassen. Für die Verwendung der betroffenen Produktverpackungen wurde ihr eine Aufbrauchsfrist bis Ende Oktober 2016 gewährt. Auch nach deren Ablauf gelangten jedoch weiterhin Verpackungen mit den angegriffenen Werbeaussagen in Verkehr.
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Auf die Berufung der Antragsgegnerin und Aufhebungsbeklagten (im Folgenden nur Aufhebungsbeklagte) hin hat das OLG Hamburg die Verfügung durch Urteil vom 09.11.2017, auf das Bezug genommen wird, dahingehend abgeändert, dass der Aufhebungsklägerin weitergehende Handlungen untersagt wurden. Beglaubigte sowie einfache Abschriften des Urteils sind den Parteien von Amts wegen zugestellt worden. Die Aufhebungsbeklagte hat der Aufhebungsklägerin am 13.11.2017 eine anwaltlich beglaubigte Kopie einer beglaubigten Abschrift gegen Empfangsbekenntnis übersandt (AK 2 und AK 3).
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Die Aufhebungsbeklagte stellte nach der Durchführung von drei Testkäufen am 02.10. und 12.10.2017 in Apotheken in V., W. und B. fest, dass die Produkte der Aufhebungsklägerin weiterhin in mit den untersagten Werbeaussagen versehenen Verpackungen erhältlich waren und leitete daraufhin am 18.10.2017 ein Ordnungsmittelverfahren ein. Die Aufhebungsklägerin behauptet, der Aufhebungsbeklagten sei bereits seit Ende 2016 bekannt, dass die im Verfügungsverfahren angegriffenen Produktverpackungen auch nach Ablauf der Aufbrauchsfrist noch in Umlauf gebracht wurden. Jedenfalls habe sie diese Kenntnis durch ihren Außendienst erhalten können und müssen. Dieser hätte die betroffenen Produkte bei seinen regelmäßigen Apothekenbesuchen ohne weiteres sehen können, weil sie als nicht rezeptpflichtige Mittel regelmäßig gut sichtbar hinter dem Verkaufstresen platziert gewesen seien. Die Aufhebungsbeklagte sei bis zur mündlichen Berufungsverhandlung am 15.09.2017 bewusst untätig geblieben, um einer möglichen Schadensersatzpflicht zu entgehen.
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Die Aufhebungsklägerin ist der Ansicht, die einstweilige Verfügung sei bereits mangels Vollziehung innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO wirkungslos geworden. Hierfür hätte die Zustellung des abändernden Urteils des OLG Hamburg im Parteiwege in Form einer Ausfertigung bzw. der beglaubigten Abschrift einer solchen erfolgen müssen. Zudem habe die Aufhebungsbeklagte die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG durch ein zu zögerliches Betreiben der Vollstreckung widerlegt, indem sie trotz Kenntnis oder jedenfalls grob fahrlässiger Unkenntnis von der fortdauernden Abgabe der betroffenen Produktverpackungen keine Zwangsmaßnahmen veranlasst habe.
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Die Aufhebungsklägerin beantragt,
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die durch Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 09.11.2017 (Az. 3 U 246/16) verkündete einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.
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Die Aufhebungsbeklagte beantragt,
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den Aufhebungsantrag vom 20.12.2017 zurückzuweisen.
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Sie behauptet, ihren Außendienst nicht dahingehend instruiert zu haben, die Verpackungen der betroffenen Produkte der Aufhebungsklägerin nach Ablauf der Aufbrauchsfrist zu überwachen. Dies könne auch von ihr nicht verlangt werden. Es bestehe keine allgemeine Pflicht zur Marktbeobachtung, sodass sie auf die Einhaltung der Unterlassungsverfügung durch die Aufhebungsklägerin vertrauen durfte. Diese habe ihre Rückrufpflicht jedoch schlicht ignoriert, sodass der auf die fehlende Vollziehung gestützte Aufhebungsantrag rechtsmissbräuchlich und damit bereits unzulässig sei. Zudem liege eine wirksame Vollziehung vor, da bereits die Zustellung einer beglaubigten Abschrift zur Wahrung der Vollziehungsfrist genüge.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
I.
- 13
Der Antrag ist als Aufhebungsantrag nach § 927 Abs. 1 ZPO statthaft. Die von der Aufhebungsklägerin gerügte fehlende Vollziehung innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO und die rückwirkende Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG betreffen Umstände, bei deren Vorliegen die einstweilige Verfügung von Anfang an ungerechtfertigt gewesen und damit aufzuheben wäre (MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl. 2016, ZPO § 927 Rn. 6 m.w.N.). Es bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Einleitung des Aufhebungsverfahrens durch die Aufhebungsklägerin rechtsmissbräuchlich wäre.
II.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die von der Aufhebungsklägerin geltend gemachten Vollziehungsmängel liegen nicht vor.
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1. Die Vollziehungsfrist wurde nicht versäumt. Gemäß § 929 Abs. 2 ZPO hat der Gläubiger einer einstweiligen Verfügung binnen eines Monats mit deren Vollziehung zu beginnen. Die Frist beginnt im Fall einer Urteilsverfügung mit Verkündung des Urteils. Maßgeblich hierfür ist der 09.11.2017 als Verkündungstermin der durch das OLG Hamburg abgeänderten und erweiterten einstweiligen Verfügung (OLG Hamburg, Urt. v. 22. 12. 2009, Az.: 3 U 33/09; Urt. v. 12.4.2007, Az.: 3 U 290/06).
- 16
Die Vollziehung im Sinne der §§ 936, 928 ZPO erfolgt bei durch Urteil erlassenen Unterlassungsverfügungen regelmäßig durch Zustellung im Parteiwege. Die daneben vorgenommene Zustellung von Amts wegen genügt nicht, weil diese nicht den Willen des Antragstellers belegt, die Vollstreckung aus der Verfügung zu betreiben und sich damit dem Schadensersatzrisiko des § 945 ZPO auszusetzen (grdl. BGH NJW 1993, 1076, 1077 f.; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.06.2005, Az.: 3 U 221/04). Dieser Obliegenheit ist die Aufhebungsbeklagte fristgerecht durch Übersendung der anwaltlich beglaubigten Kopie einer beglaubigten Urteilsabschrift gegen Empfangsbekenntnis nachgekommen.
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Die Frage, in welcher Form ein Verfügungsurteil nach Änderung des § 317 ZPO im Parteibetrieb zuzustellen ist, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur uneinheitlich beurteilt. Nach einer Ansicht ist die Zustellung einer Ausfertigung oder jedenfalls einer beglaubigten Abschrift der Ausfertigung erforderlich (vgl. OLG Koblenz WRP 2017, 863, 864; OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 766 f.; Isele, WRP 2015, 823; Ott, WRP 2016, 1455). Dies ergebe sich aus der Anwendung des durch § 928 ZPO verwiesenen § 750 Abs. 1 S. 2 ZPO (vgl. OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 766; Isele, WRP 2015, 823, 825). Nach anderer Ansicht genügt die Zustellung einer einfachen (OLG München WRP 2013, 674; BeckOK ZPO/Mayer, 27. Ed. 1.12.2017, ZPO § 936 Rn. 17) bzw. beglaubigten Urteilsabschrift (Zöller/Vollkommer, 32. Aufl. 2018, ZPO § 929 Rn. 12A; wohl auch Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, 4. Aufl. 2016, UWG § 12 Rn. 532a; wie hier in anwaltlich beglaubigter Kopie: OLG Frankfurt GRUR-RS 2016, 111586). Die Zustellung einer Ausfertigung sei, wenn das Urteil dem Schuldner ohnehin von Amts wegen wirksam zugestellt werde, eine sinnlose Förmelei, da dieser ohne weiteres die Übereinstimmung der ihm im Parteibetrieb und von Amts wegen zugestellten Fassungen feststellen könne (OLG München WRP 2013, 674, 675).
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Für den vorliegenden Fall schließt sich das Gericht der letztgenannten Auffassung an.
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Sinn und Zweck der Vollziehungsfrist ist es, dem Antragsgegner einerseits vor Augen zu führen, dass von der einstweiligen Verfügung Gebrauch gemacht werden soll, ihn aber andererseits davor zu schützen, dass Entscheidungen auf Vorrat erwirkt und erst nach längerer Zeit und unter veränderten Umständen durchgesetzt werden (BGH GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung; NJW 1993, 1076, 1077; 1991, 496, 497). Hierfür muss der Gläubiger aber nicht bereits „vorsorglich“ eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift einer solchen zustellen. Aus der Formulierung des § 928 ZPO ergibt sich gerade nicht zwingend, dass zur fristwahrenden Einleitung der Vollziehung i.S.d. § 929 Abs. 2 ZPO stets das Betreiben der Zwangsvollstreckung erforderlich wäre (so aber OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 766; vgl. jedoch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.05.2015, Az.: I-2 U 2/15 – juris, Rn. 4 ff.). Dies wäre im Hinblick auf den Rechtscharakter der (Urteils-)Unterlassungsverfügung auch nicht sinnvoll.
- 20
Die Notwendigkeit der Zustellung einer Ausfertigung ergibt sich folglich auch nicht aus der Geltung des § 750 ZPO im Vollstreckungsverfahren und dem hiermit verbundenen Formalisierungsgrundsatz (a.A. OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 767). Denn die durch Urteil ergangene und gemäß § 890 Abs. 2 ZPO mit einer Ordnungsmittelandrohung verbundene Unterlassungsverfügung zeitigt bereits mit Verkündung Rechtswirkungen für den Schuldner. Dementsprechend ist zwischenzeitlich anerkannt, dass auch die Schadensersatzpflicht des Gläubigers nach § 945 ZPO auf diesen Zeitpunkt zurückwirken kann, ohne dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 750 Abs. 1 ZPO ankommt (grdl. BGH GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung). Einer (weitergehenden) Vollstreckung, d.h. auch der Zustellung einer Ausfertigung gemäß § 750 ZPO, aus der vollstreckt werden kann, bedarf es in diesem Fall nicht, solange der Antragsteller eine Zuwiderhandlung nicht feststellt. Ein entsprechender Vollstreckungsdruck kann daher bei Urteilen, anders als bei der Beschlussverfügung, die mangels Parteizustellung noch nicht wirksam und damit für den Antragsgegner noch nicht verbindlich ist, auch durch die Übermittlung bereits einer Abschrift erfolgen (vgl. BGH WRP 2015, 209 Rn. 19 – Nero). Denn zur Wahrung der Vollziehungsfrist genügt grundsätzlich jede Handlung, durch welche der Gläubiger seine Absicht, von dem Titel Gebrauch zu machen, nachweislich dokumentiert. Dies setzt lediglich eine leicht feststellbare, d.h. formalisierte oder urkundlich belegte Vorgehensweise voraus (BGH NJW 1993, 1076, 1079).
- 21
Dies ist im Hinblick auf die unzweifelhaft wirksame Parteizustellung der – doppelt – beglaubigten Urteilsabschrift gemäß § 195 ZPO der Fall. Es ist nicht ersichtlich, weshalb an die Parteizustellung an den Gläubiger zur Dokumentation seines Vollziehungswillens strengere Anforderungen gestellt werden sollten als an die Amtszustellung (OLG Frankfurt GRUR-RS 2016, 111586 Rn. 16; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, 4. Aufl. 2016, UWG § 12 Rn. 532a). Diese erfolgt seit der Neufassung des § 317 ZPO zum 01.07.2014 nur noch durch Übermittlung einer Abschrift, Abs. 1 S. 1, während Ausfertigungen nur noch auf Antrag erteilt werden, Abs. 2 S. 1. Die inhaltliche Übereinstimmung der Zustellexemplare ist dabei für den Schuldner ohne weiteres nachprüfbar, wenn – wie hier – die von Amts wegen erfolgende Zustellung einer Urteilsabschrift – vor Ablauf der Vollziehungsfrist erfolgt.
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2. Schließlich ist auch der Verfügungsgrund nicht entfallen.
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Die Aufhebungsbeklagte hat die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht aufgrund eines zu zögerlichen Betreibens der Vollziehung widerlegt. Denn zwar ist es denkbar, die fehlende Durchsetzung der Verfügung im Ordnungsmittelverfahren nachträglich als dringlichkeitsschädlich zu bewerten. Allerdings sind an ein entsprechendes Verhalten des Gläubigers hohe Anforderungen zu stellen. Eine „Selbstwiderlegung“ setzt voraus, dass sich diesem unzweifelhaft entnehmen lässt, dass er an der Vollziehung kein Interesse mehr hat. Das kann zum einen daraus hervorgehen, dass der Gläubiger in Kenntnis begangener Zuwiderhandlungen ausdrücklich auf die Einleitung eines Ordnungsmittelverfahrens verzichtet (KG GRUR-RR 2015, 181, 183; Urt. v. 08.04.2011, Az.: 5 U 140/10; NJOZ 2010, 1562; Isele, WRP 2017, 1050, 1051), was hier nicht in Rede steht.
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Zum anderen wird in der Rechtsprechung vereinzelt bereits dann eine Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung angenommen, wenn der Gläubiger bei Vorliegen positiver Kenntnis schlicht untätig bleibt, weil er sich in diesem Fall bewusst dem Schadensersatzrisiko des § 945 ZPO nicht habe aussetzen wollen (OLG Köln WRP 2017, 1005, 1006; OLG Frankfurt, Urt. v. 25.03.2010, Az.: 6 U 219/09 – Whiskey-Cola). Ob dieser Auffassung zuzustimmen ist, oder ob hierdurch nicht vielmehr in unzulässiger Weise das Risiko eines (bewusst) rechtswidrigen Verhaltens des Schuldners auf den Gläubiger abgewälzt würde (Isele, WRP 2017, 1050, 1052), kann offen bleiben. Denn ein solches widersprüchliches Verhalten der Aufhebungsbeklagten ist vorliegend nicht festzustellen. Die Aufhebungsklägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Aufhebungsbeklagte von der fortgesetzten Abgabe der von der Verfügung erfassten Produktverpackungen positive Kenntnis gehabt hätte. Vielmehr beschränken sich die von ihr vorgetragenen Anknüpfungstatsachen auf bloße Spekulationen.
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Ebenso wenig ergibt sich eine Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung unter dem Gesichtspunkt der groben Fahrlässigkeit. Denn ein solches ist der Aufhebungsbeklagten nicht vorzuwerfen. Fahrlässigkeit i.S.d. § 276 Abs. 2 BGB setzte voraus, dass sie nach Ergehen der einstweiligen Verfügung eine proaktive Sorgfaltspflicht zur Überprüfung der eingeräumten Aufbrauchsfrist getroffen hätte. Dies widerspräche jedoch dem allgemeinen Grundsatz, dass eine allgemeine Pflicht des Gläubigers zur Marktbeobachtung nicht besteht (OLG Hamburg WRP 2008, 149, 150 – Gepäckgebühr; OLG Köln GRUR-RR 2003, 187 – Weinbrandpraline). Hierbei ist es entgegen der Ansicht der Aufhebungsklägerin auch unerheblich, ob es um die Erwirkung eines Titels oder dessen Durchsetzung geht. Die Aufhebungsbeklagte hat vielmehr die Ernsthaftigkeit seines Vollziehungswillens bereits durch die Androhung von Ordnungsmitteln sowie die fristwahrende Parteizustellung gewahrt (vgl. Isele, WRP 2017, 1050, 1052 f.).
III.
- 26
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S.1 und 2 ZPO.
IV.
- 27
Die Streitwertfestsetzung ist gemäß § 51 Abs. 1 GKG erfolgt. Der Streitwert des Aufhebungsverfahrens entspricht – soweit das Verfügungsbegehren erfolgreich war - demjenigen des Anordnungsverfahrens, da nicht nur über den formalen Fortbestand der einstweiligen Verfügung gestritten wurde (OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.01.2014, Az.: 6 W 106/13).
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