Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 6 O 68/07

Tenor

1. Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 3 / 5 und die Beklagte 2 / 5.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um die Berechtigung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Handelsvertretervertrages.
Aufgrund der Vertriebsvereinbarung von 06.07.2004 (AH 1-7) war der Kläger für das beklagte Sportwettunternehmen als Handelsvertreter tätig. Der Kläger sollte dabei Annahmestellen akquirieren, die über die Beklagte Sportwetten gegenüber Endverbrauchern anbieten.
Mit E-Mail vom 12.04.2005 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis ordentlich zum 30.11.2005 (AH 51) und kritisierte dabei neben zu geringen Umsätzen und Kundenbeschwerden den Internetauftritt des Klägers. Mit E-Mail vom Folgetag (AH 69/71) vertiefte die Beklagte diese Kritik am Internetauftritt des Klägers.
Mit Schreiben vom 11.07.2005 kündigte die Beklagte die Vertriebsvereinbarung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. In dem Kündigungsschreiben warf die Beklagte dem Kläger vor, dass er Konkurrenzprodukte vertreibe und u. a. für die Firma K. werbe (AH 53).
Nach der streitigen Behauptung der Beklagten habe der Kläger die im Anlagenkonvolut B 3 (AH 149-155) ersichtlichen Internetseiten so im Internet veröffentlicht, dass sie über die Internetadressen „x.de“ bzw. „y.de“ erreichbar gewesen seien.
Noch mit E-Mail vom 11.07.2005 hat der Kläger dieser neuerlichen Kündigung widersprochen und warf dabei die Frage auf, ob die Beklagte seine „gelinkten Testseiten als Vorwand nutzen wolle, um sich ihrer Verpflichtungen und darüber hinaus weiterer Zahlungen zu entledigen“ (AH 73/75). In derselben E-Mail fragte der Kläger auch, wie er in den letzten Monaten seit der Kündigung nach der Meinung der Beklagten hätte arbeiten können und ob er „weiter und munter Shops“ für die Beklagte hätte eröffnen sollen und welchen Sinn die tatsächlich erfolgte Eröffnung von zwei weiteren Shops mache. Schließlich forderte der Kläger die Beklagte auf, bis spätestens 31.08.2005 ein ordentliches und faires Angebot zur Gestaltung der Übergangszeit zu machen.
Der Kläger trägt vor:
Die fristlose Kündigung sei mangels vorheriger Abmahnung oder zumindest vorheriger Anhörung unwirksam. Das Vorliegen eines vertragswidrigen, schuldhaften Verhaltens, welches eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne, werde bestritten. Bestritten werde ferner, dass die zu den Akten gelangten Ausdrucke aus dem Internet dort bereits vor der außerordentlichen Kündigung hätten wahrgenommen werden können. Allenfalls habe es sich dabei um sog. Demo-Versionen einer geplanten Internetseite gehandelt. Dass die fristlose Kündigung unmittelbar nach Rückzahlung eines außerdem gewährten Darlehens erfolgt sei, sei schon sehr auffällig. Offensichtlich sei man auch bestrebt gewesen, den Ausgleichsanspruch durch die unberechtigte fristlose Kündigung zu umgehen.
Nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung gewährte die Beklagte für den Zeitraum vom 25.06.2005 bis zum 11.07.2005 Auskunft und überwies für diesen Zeitraum Provisionen in Höhe von EUR 4.204,33 und in einem weiteren Schritt Zinsen in Höhe von EUR 560,05 bezüglich dieses Teilbetrags.
10 
Nach übereinstimmender Teilerledigterklärung bezüglich des genannten Zeitraums vom 25.06.2005 bis zum 11.07.2005 lauten die verbleibenden klägerischen Anträge wie nachfolgend zusammengefasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anträge Ziff. 1 bis Ziff. 4 in einem Stufenverhältnis zueinander stehen, wobei der Kläger in der ersten Stufe die Anträge Ziff. 1 und Ziff. 2 gestellt hat (AS 199). Soweit in der Formulierung der Anträge Ziff. 1 bis 4 in Klammer die jeweiligen Stufen erwähnt sind, beruht dies auf einem wohl klarstellenden Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung, der hinsichtlich des Antrags Ziff. 4 u.U. einen Tippfehler enthält (vgl. AS 125/ 273-275).
11 
Außerdem nahm der Kläger schon endgültig Bezug auf den Antrag Ziff. 5.
12 
Der Kläger beantragte zuletzt:
13 
1. Die Beklagte wird [in erster Stufe] verurteilt, dem Kläger Abrechnung über die Provision zu erteilen, die er für die Zeit vom 12.07.2005 bis zum 30.11.2005 zu beanspruchen hat.
14 
2. Die Beklagte wird [in erster Stufe] verurteilt, dem Kläger einen Buchauszug über sämtliche Geschäfte zu erteilen, die die Beklagte vom 12.07.2005 bis zum 30.11.2005 mit den Kunden ... abgeschlossen hat.
15 
3. Die Beklagte wird [in zweiter Stufe] verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung und des Buchauszuges an Eides Statt zu versichern.
16 
4. Die Beklagte wird [in zweiter Stufe] verurteilt, an den Kläger die sich aus der Abrechnung und dem Buchauszug ergebenden weiteren Provisionen nebst 5 % Zinsen hieraus ab 30.11.2005 zu bezahlen.
17 
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den aus der unberechtigten fristlosen Kündigung vom 11.07.2005 entstandenen Schaden zu ersetzen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Im Wege der Widerklage stellt die Beklagte folgende Anträge, wobei es sich insoweit nicht um eine Stufenklage handelt und Ziff. 2 als Feststellungsantrag zu sehen ist(AS 199):
21 
1. Der Kläger/Widerbeklagte wird verurteilt der Beklagten/Widerklägerin Abrechnung über die Provision zu erteilen, die er für die Zeit bis 11.07.2005 seitens der Firma K. erhalten hat, sowie über alle Vermittlungen, die er in dieser Zeit zugunsten der Firma K. getätigt hat.
22 
2. Der Kläger/Widerbeklagte wird verurteilt, der Beklagten/Widerklägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist, dass der Kläger/Widerbeklagte bis 11.07.2005 für die Firma K. tätig war.
23 
3. Der Kläger/Widerbeklagte wird verurteilt, der Beklagten/Widerklägerin EUR 1.780,20 nebst 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Ausspruch der Kündigung zu bezahlen.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
die Widerklage abzuweisen.
26 
Die Beklagte trägt vor:
27 
Das Verhalten des Klägers hätte auch bei einem normal bestehenden Vertragsverhältnis eine sofortige Kündigung gerechtfertigt. Umso mehr gelte dies für einen bereits gekündigten Vertrag, bei dem eine nochmalige Abmahnung ebenso fruchtlos wie unzumutbar gewesen wäre.
28 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschriften vom 04.03.2008 (AS 193) und vom 10.06.2008 (AS 247) verwiesen.
29 
Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört (AS 193-197). Das Gericht hat auch den Director D. persönlich angehört (AS 249-251). Ferner hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung des gemäß § 273 ZPO geladenen Zeugen Z.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 10.06.2008 (AS 251-255).

Entscheidungsgründe

 
30 
Die zulässige Klage und die zulässige Widerklage sind nicht begründet.
I.
31 
Die mit der Klage verfolgten Ansprüche sind nicht gegeben und ergeben sich insbesondere nicht aus § 280 BGB (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., 2008, § 89 a, Rn. 40) und auch nicht in Verbindung mit § 242 BGB bzw. § 87c Abs. 1 und Abs. 2 HGB, da die außerordentliche Kündigung vom 11.07.2005 berechtigt war.
32 
Gemäß § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB durfte die Beklagte das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Die nach Durchführung der Beweisaufnahme feststehende Ausnahme einer Konkurrenztätigkeit ist wichtig genug zur außerordentlichen Kündigung, da der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum 30.11.2005 (dem Termin, zu dem das Vertragsverhältnis schon aufgrund der ordentlichen Kündigung geendet hätte) nicht zugemutet werden konnte, also ein Abwarten unzumutbar war (vgl. Baumbach/Hopt, a. a. O., Rn. 6).
33 
1. Dass dem Beklagten eine Konkurrenztätigkeit verboten war, ergibt sich ausdrücklich aus der Vertriebsvereinbarung vom 06.07.2004. Denn dort hat sich der Kläger zur „exklusiven“ Vermittlung verpflichtet. Damit war vertraglich ausgeschlossen, dass der Kläger daneben noch für einen Wettbewerber der Beklagten auftritt.
34 
2. Gegen dieses Wettbewerbsverbot hat der Kläger dadurch verstoßen, dass er spätestens am 11.07.2005 auf seiner Internetpräsenz „www.y.de“ den Konkurrenten der Beklagten, nämlich die Firma K. sowie deren Softwarepartner, nämlich die Firma SP angepriesen hat und als seine Partner dargestellt hat.
35 
a) Ausweislich der Anlage B 3 d (AH 155) hat der Beklagte über die Firma K. u. a. geschrieben, dass diese über „große Erfahrung und Insiderwissen, sensible Fühler auf dem Markt und ein finanzielles Polster für einen langen Atem“ verfüge. Über die Firma SP, die in Konkurrenz steht zu dem auch in der Vertriebsvereinbarung erwähnten Softwarepartner der Beklagten (Firma BS) hat der Kläger geschrieben, dass deren Software „momentan als die Beste auf dem Markt gehandelt“ werde. Die zitierten Ausführungen stehen auf der konkreten Internetseite im Zusammenhang damit, dass sich der Betrachter dieser Internetseite bei Interesse als selbstständiger Sportwetten-Vermittler bewerben solle. Damit lockt der Kläger gerade für jenen Bereich zugunsten eines Konkurrenten Kunden an, in dem er für die Beklagte tätig werden sollte.
36 
Auch auf der weiteren Internetpräsenz des Klägers „www.x.de“ findet sich ein Hinweis auf die Firma K. Hinsichtlich einer Unterseite (Anlage B 3 b; AH 151) sogar mit dem Hinweis auf der gleichen Seite, dass man wegen der Frage der Eröffnung eines lizenzierten Wettbüros den dortigen Links auf „y.de“ wählen solle.
37 
b) Die Ausführungen des Klägers vor und während des Prozesses widerlegen die Behauptungen der Beklagtenseite nicht, sondern stützen sie sogar.
38 
Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung konnte der Kläger nicht ausschließen, dass bereits am 11.07.2005 oder früher auch eine entsprechende Werbung über die Eröffnung eines K.-Wettbüros auf der Seite „y.de“ zu lesen war (Protokoll vom 04.03.2008, Seite 3, AS 197). Allerdings tendierte der Kläger insbesondere deshalb, weil er erst im September von der Firma K. erste Provisionen bekommen habe, zu dem Schluss, dass er erst ab August 2005 Werbung für die Firma K. gemacht habe. Diese letztgenannte Schlussfolgerung ist als völlig vage zu bezeichnen.
39 
Zwar sprach der Kläger in seiner E-Mail vom 11.07.2005 (AH 75) bezüglich der inkriminierten Darstellungen im Internet bloß von Testseiten. Die Verwendung des Begriffes „gelinkte Testseiten“ spricht aber auch dafür, dass an diesem Tag bereits eine Verbindung der beanstandeten Seiten zu der Hauptseite gegeben war, denn sonst hätte der Hinweis des Beklagten auf die vorhandenen Links keinen Sinn gemacht.
40 
Dass der Kläger bereits im Nachgang der ordentlichen Kündigung vom 12.04.2005 die Sinnhaftigkeit seiner weiteren Tätigkeit für den Beklagten angezweifelt hat, ergibt sich ebenfalls aus der zitierten E-Mail. Es wäre - mit den Worten des Klägers selbst - die selbstverständliche Pflicht des Klägers gewesen „weiter und munter Shops“ für die Beklagte zu eröffnen. Die damit zutage getretene innere Distanz des Klägers zu seiner Tätigkeit zugunsten der Beklagten lässt auf seine fehlende Bereitschaft schließen, bis zum ordentlichen Vertragsende seinen Handelsvertreterpflichten nachzukommen. Daraus kann wiederum der Schluss gezogen werden, dass es sich bei den Darstellungen des Klägers im Internet keineswegs nur um Vorbereitungshandlungen für die Zeit nach dem ordentlichen Vertragsende gehandelt hat. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass der Kläger bereits am 11.07.2005 Kunden für den Konkurrenten des Beklagten anwerben wollte.
41 
c) Auf der Grundlage der glaubhaften Angaben des Zeugen Z. und auch des persönlich angehörten Geschäftsführers der Beklagten steht für das Gericht fest, dass die gerügte Werbung bereits am 11.07.2005 über die Hauptseiten der Internetpräsenzen des Klägers erreichbar war.
42 
Der Zeuge Z. gab glaubhaft an, dass er die als Screenshots zur Akte gelangten Internetseiten sozusagen „live“ am 11.07.2005 im Internet gesehen habe. An diesem Tag hat der Zeuge Z. auch eine Datei auf elektronischem Wege vom Geschäftsführer der Beklagten zugesandt bekommen. In dieser Datei waren die Screenshots, so wie sie auch zur Akte gelangt sind, zusammengestellt. Diese Datei trägt den Zeitstempel vom 11.07.2005, 14:29 Uhr; Anhaltspunkte für eine Manipulation des Zeitstempels bestehen in keiner Weise. Auf die beanstandeten Unterseiten ist der Zeuge über die jeweilige Startseite gekommen. Es war also keineswegs so, dass es sich insoweit um Testversionen der Seite, die an versteckter Stelle im Internet lagerten, handelte. Vielmehr hätte zu jenem Zeitpunkt jeder potentielle Betrachter der jeweiligen Hauptseite der beiden Internetpräsenzen des Klägers zu diesen Unterseiten ohne weiteres gelangen können.
43 
Die gemachten Angaben des Zeugen Z. stimmen mit dem überein, was auch der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung glaubhaft geäußert hat (AS 249-251).
44 
d) Soweit die Anlagen B3a-c nicht die Domain „www.x.de“, sondern die Domain „www.z.de“ (AH 149-153) anzeigen, ist damit in keiner Weise belegt oder auch nur nahegelegt, dass es sich insoweit um Demoversionen handelt (so aber Klägerschriftsatz vom 17.07.2008, S. 2, AS 269). Dagegen sprechen schon die erörterten Zeugen- und Parteiangaben.
45 
Im Übrigen ist nicht zu verkennen, dass die abgebildeten Seiten sogenannte „Frame“-Lösungen darstellen. Ein Frame ist ein Teilbereich einer HTML-Seite, in dem eine andere HTML-Seite dargestellt werden kann. Das einzelne Segment wird dabei als Frame (engl. Rahmen ) bezeichnet, die Definition aller Frames als Frameset. Als Nachteil der Frames werden unter Webgestaltern Probleme mit der Adressierung angeführt. Normale HTML-Seiten haben nur eine Adresse, mit der sie erreichbar sind. Frames bestehen jedoch aus mehreren Unterseiten, wobei im Browser meist, aber bei weitem nicht zwingend die Adresse der Frame-Definition (des Framesets) angezeigt wird, die sich bei dem Wechsel auf eine andere Unterseite je nach Programmierung auch ändern kann. Die Anzeige in der Browser-Adressleiste sagt also gar nichts über den Testcharakter einer Seite, erst recht nicht bei Verwendung von Frames.
46 
Hinsichtlich der oben in besonderer Weise kritisierten Seite „www.y.de“ und der Anlage B3d (AH 155) ist ein solches aus der verwendeten Internetadresse bzw. aus dem Dateipfad abgeleitetes Argument schon gar nicht vorgebracht.
47 
e) Anlass dazu, dem klägerischen Beweisangebot gemäß Schriftsatz vom 05.03.2008 i.V.m. Seite 2 des Schriftsatzes vom 14.06.2007 (AS 55) auf Parteivernehmung des Directors der Beklagten (AS 213) nachzukommen, bestand nicht. Denn dass die Beklagte grundsätzlich wusste, dass der Kläger Internetpräsenzen betreibt und insbesondere die Seite „x.de“ aus fremden Quellen die dort niedergelegten Wettquoten hernimmt (AS 179), ist unstreitig und ergibt sich schon nach Dokumentenlage. Die Behauptung, dass die Beklagte mit der Werbung für Konkurrenzunternehmen - abgesehen nicht mehr aufgegriffenen Thema der „Linksammlung“ - einverstanden war, ist insoweit nicht aufgestellt worden.
48 
Die Parteivernehmung des Klägers (s. etwa AS 181) war rechtlich nicht geboten und auch nicht von Amts wegen durchzuführen. Der Kläger wurde aber ausführlich persönlich angehört.
49 
3. Bei der Bewertung des Gewichts des damit feststehenden Vertragsverstoßes des Klägers hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger damit sozusagen die Vertriebsbemühungen der Beklagten konterkariert hat. Dies nicht nur deshalb, weil er potentielle Sportwettenvermittler auf einen Konkurrenten des Beklagten hingewiesen hat, sondern auch deshalb, weil er diesen Konkurrenten im Internet, also für ein weltweites Millionenpublikum, angepriesen hat. Auch eine solche offene Konkurrenztätigkeit kann einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen (BGH, Urteil vom 26.05.1999, VIII ZR 123/98, ZIP 1999, 1307-1311).
50 
Das Gericht hat auch berücksichtigt, dass der ohnehin bereits aufgrund der ordentlichen Kündigung nähergerückte Vertragsablauf auch für die Zumutbarkeit des Abwartens sprechen könnte (vgl. Baumbach/Hopt, a. a. O., Rn. 7). Allerdings war die verbleibende Vertragslaufzeit mit mehr als vier Monaten durchaus noch erheblich, insbesondere, wenn man in Betracht zieht, dass der Vertrag erst seit gut einem Jahr bestanden hatte.
51 
Auch die Verwendung des Mediums des Internets, mit dem ein so weiter Personenkreis angesprochen werden kann, fällt stark zu Lasten des Klägers ins Gewicht.
52 
Auf der Gegenseite konnte der Kläger nicht allein aufgrund der ordentlichen Kündigung ernsthaft in Betracht ziehen, dass ihm nunmehr eine Konkurrenztätigkeit erlaubt sei.
53 
4. Einer Abmahnung, die für Dauerschuldverhältnisse nunmehr auch in § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich Erwähnung findet, bedurfte es im konkreten Fall nicht. Grundsätzlich ist zwar eine solche Abmahnung stets erforderlich. In der Rechtsprechung ist aber auch anerkannt, dass insbesondere unter den mittlerweile auch in § 314 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB erwähnten Gründen eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich ist.
54 
Auch im konkreten Fall liegen besondere Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interesse die sofortige Kündigung rechtfertigen.
55 
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es insoweit durchaus anerkannt, dass auch ein Wettbewerbsverstoß eine so schwerwiegende Vertragsverletzung sein kann, dass auch eine Abmahnung die Vertrauensbasis nicht wiederherstellen kann (BGH, Urteil vom 26.05.1999, a. a. O., Rn. 28).
56 
Nach dem Dafürhalten des erkennenden Gerichts kann nicht nur der wiederholte und dauerhafte Verstoß gegen das Konkurrenzverbot das Vertrauensverhältnis massiv beeinträchtigen, sondern auch der in besonderem Maße öffentlichkeitswirksame Verstoß, insbesondere via Internet, zumal, wenn dabei die Vorzüge des Konkurrenten noch so sehr herausgestellt werden, wie im konkreten Fall.
57 
b) Für die Entbehrlichkeit der Abmahnung im konkreten Fall spricht auch, dass der Kläger schon aufgrund der für die ordentliche Kündigung vom 12.04.2005 gegebenen Begründung hinreichend vorgewarnt war.
58 
Der Kläger musste aufgrund der E-Mail-Korrespondenz vom 12.04.2005 (AH 51) und vom 13.04.2005 (AH 69/71) erkennen, dass er bezüglich der Darstellungen über den Prinzipal auf seinen Internetseiten besondere Vorsicht hätte walten lassen müssen. Denn die Beklagte gab, ohne dass dies erforderlich war, auch eine ausführliche Begründung für die seinerzeitige ordentliche Kündigung ab. Darin ist mehrfach das Auftreten des Klägers im Internet kritisiert.
59 
Im Kündigungsschreiben vom 12.04.2005 ist ausdrücklich dargelegt, dass sich die Beklagte als „Premiummarke in der Öffentlichkeit zu etablieren“ sucht und dass der Kläger insbesondere durch seinen Internetauftritt hierzu keinen Beitrag leisten konnte (AH 51). Damit sind aber auch wesentliche Elemente des Sachverhalts, der später zur außerordentlichen Kündigung führte, bereits angesprochen gewesen.
60 
Dem Gericht ist nicht verständlich, dass der Kläger auf diese Kritik damit reagierte, dass er nicht nur - wie gefordert - die Links zur Internetseite der Beklagten herausnahm, sondern vielmehr sogar auf einen Konkurrenten der Beklagten lobend hinwies und diesen als den eigenen Partner darstellt. Dass diese Verhaltensweise den wettbewerblichen Interessen der Beklagten in der Öffentlichkeit widersprach, war auch für den Kläger offensichtlich.
61 
Es sei erwähnt, dass in der Rechtsprechung durchaus anerkannt ist, dass frühere Rügen, auch wenn sie nicht in Zusammenhang mit einer wirksamen fristlosen Kündigung ausgesprochen worden sind, als Ersatz für Abmahnungen anzusehen sein können (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2003, VIII ZR 197/02, NJW-RR 2003, 981-983; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Aufl., 2008, BGB, § 626, Rn. 32).
62 
Da dem Kläger wegen der berechtigten Kündigung für den Zeitraum nach dem 11.07.2005 kein Schadensersatzanspruch auf entgangene Provision und sonstige Positionen und auch kein Hilfsanspruch auf Auskunft zusteht, war die Klage insgesamt - also nicht nur hinsichtlich der gestellten Anträge Ziff. 1, 2 und 5 - bereits zu diesem Zeitpunkt vollumfänglich abzuweisen (Zöller, ZPO, 23. A., § 254, Rn. 9).
II.
63 
Die Widerklage hat ebenfalls keinen Erfolg.
64 
1. Die Widerklaganträge Ziff. 1 und Ziff. 2 sind nicht schlüssig dargelegt.
65 
Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche setzen voraus, dass der Kläger bereits bis zum 11.07.2005 erfolgreich Vermittlungen für die Firma K. durchgeführt hat. Dies hat der Kläger ausdrücklich bestritten.
66 
Insoweit war sein Bestreiten auch ohne weiteres nachvollziehbar, zumal auch der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben hatte, dass sein vorheriger Besuch auf der Internetseite des Klägers vermutlich zwei bis drei Wochen vor dem Besuch stattgefunden hat, der zum Ausspruch der fristlosen Kündigung führte (Protokoll vom 10.06.2008, Seite 2, AS 249).
67 
Auch die von der Beklagten selbst vorgelegte Anlage B 3a mag dafür sprechen, dass die Hinweise auf den Konkurrenten der Beklagten erst seit 07.07.2005 im Internet waren. Denn diese Internetseite (AH 149) enthält einen Hinweis auf entsprechende Dateien, die am 07.07.2005 hochgeladen worden sind.
68 
Da unmittelbar einsichtig ist, dass innerhalb weniger Tage ein Vermittlungsgeschäft nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann, da es sich bei der Eröffnung bzw. Umstellung einer Sportwettenannahmestelle um ein größeres Projekt handelt, hätte die Beklagte schon genauere Anhaltspunkte dafür vortragen müssen, dass es doch trotz der Kürze der Zeit bereits zu entsprechenden Vermittlungen gekommen ist. Derartige Anhaltspunkte sind indes nicht vorgetragen und deshalb ist der diesbezügliche Vortrag der Beklagten unsubstantiiert.
69 
2. Auch hinsichtlich des Widerklagantrags Ziff. 3 ist der entsprechende Vortrag unsubstantiiert.
70 
Theoretisch kommt zwar in Betracht, dass wegen der Tätigkeit eines Anwalts „im Zusammenhang mit der außerordentlichen Kündigung“ insbesondere gemäß § 89 a Abs. 2 HGB ein erstattungsfähiger Schadensersatzanspruch entstanden ist, sog. Verführungsschaden.
71 
Angesichts des Umstands, dass die außerordentliche Kündigung vom 11.07.2005 (AH 53) durch die Beklagte selbst verfasst worden ist und auch sonst zu einer außergerichtlichen Tätigkeit seitens des Beklagtenvertreters nichts vorgetragen ist, ist auch diese Schadensersatzposition nicht ausreichend dargestellt.
72 
Insbesondere ist in keiner Weise dargelegt, welche Tätigkeiten der Anwalt außergerichtlich und abgesehen von der Prozessvorbereitung an den Tag gelegt hat (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 05.05.2006, 6 O 508/05, veröffentlicht bei Juris, Rn. 34).
III.
73 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92, § 91 a ZPO.
74 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Gründe

 
30 
Die zulässige Klage und die zulässige Widerklage sind nicht begründet.
I.
31 
Die mit der Klage verfolgten Ansprüche sind nicht gegeben und ergeben sich insbesondere nicht aus § 280 BGB (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., 2008, § 89 a, Rn. 40) und auch nicht in Verbindung mit § 242 BGB bzw. § 87c Abs. 1 und Abs. 2 HGB, da die außerordentliche Kündigung vom 11.07.2005 berechtigt war.
32 
Gemäß § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB durfte die Beklagte das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Die nach Durchführung der Beweisaufnahme feststehende Ausnahme einer Konkurrenztätigkeit ist wichtig genug zur außerordentlichen Kündigung, da der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum 30.11.2005 (dem Termin, zu dem das Vertragsverhältnis schon aufgrund der ordentlichen Kündigung geendet hätte) nicht zugemutet werden konnte, also ein Abwarten unzumutbar war (vgl. Baumbach/Hopt, a. a. O., Rn. 6).
33 
1. Dass dem Beklagten eine Konkurrenztätigkeit verboten war, ergibt sich ausdrücklich aus der Vertriebsvereinbarung vom 06.07.2004. Denn dort hat sich der Kläger zur „exklusiven“ Vermittlung verpflichtet. Damit war vertraglich ausgeschlossen, dass der Kläger daneben noch für einen Wettbewerber der Beklagten auftritt.
34 
2. Gegen dieses Wettbewerbsverbot hat der Kläger dadurch verstoßen, dass er spätestens am 11.07.2005 auf seiner Internetpräsenz „www.y.de“ den Konkurrenten der Beklagten, nämlich die Firma K. sowie deren Softwarepartner, nämlich die Firma SP angepriesen hat und als seine Partner dargestellt hat.
35 
a) Ausweislich der Anlage B 3 d (AH 155) hat der Beklagte über die Firma K. u. a. geschrieben, dass diese über „große Erfahrung und Insiderwissen, sensible Fühler auf dem Markt und ein finanzielles Polster für einen langen Atem“ verfüge. Über die Firma SP, die in Konkurrenz steht zu dem auch in der Vertriebsvereinbarung erwähnten Softwarepartner der Beklagten (Firma BS) hat der Kläger geschrieben, dass deren Software „momentan als die Beste auf dem Markt gehandelt“ werde. Die zitierten Ausführungen stehen auf der konkreten Internetseite im Zusammenhang damit, dass sich der Betrachter dieser Internetseite bei Interesse als selbstständiger Sportwetten-Vermittler bewerben solle. Damit lockt der Kläger gerade für jenen Bereich zugunsten eines Konkurrenten Kunden an, in dem er für die Beklagte tätig werden sollte.
36 
Auch auf der weiteren Internetpräsenz des Klägers „www.x.de“ findet sich ein Hinweis auf die Firma K. Hinsichtlich einer Unterseite (Anlage B 3 b; AH 151) sogar mit dem Hinweis auf der gleichen Seite, dass man wegen der Frage der Eröffnung eines lizenzierten Wettbüros den dortigen Links auf „y.de“ wählen solle.
37 
b) Die Ausführungen des Klägers vor und während des Prozesses widerlegen die Behauptungen der Beklagtenseite nicht, sondern stützen sie sogar.
38 
Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung konnte der Kläger nicht ausschließen, dass bereits am 11.07.2005 oder früher auch eine entsprechende Werbung über die Eröffnung eines K.-Wettbüros auf der Seite „y.de“ zu lesen war (Protokoll vom 04.03.2008, Seite 3, AS 197). Allerdings tendierte der Kläger insbesondere deshalb, weil er erst im September von der Firma K. erste Provisionen bekommen habe, zu dem Schluss, dass er erst ab August 2005 Werbung für die Firma K. gemacht habe. Diese letztgenannte Schlussfolgerung ist als völlig vage zu bezeichnen.
39 
Zwar sprach der Kläger in seiner E-Mail vom 11.07.2005 (AH 75) bezüglich der inkriminierten Darstellungen im Internet bloß von Testseiten. Die Verwendung des Begriffes „gelinkte Testseiten“ spricht aber auch dafür, dass an diesem Tag bereits eine Verbindung der beanstandeten Seiten zu der Hauptseite gegeben war, denn sonst hätte der Hinweis des Beklagten auf die vorhandenen Links keinen Sinn gemacht.
40 
Dass der Kläger bereits im Nachgang der ordentlichen Kündigung vom 12.04.2005 die Sinnhaftigkeit seiner weiteren Tätigkeit für den Beklagten angezweifelt hat, ergibt sich ebenfalls aus der zitierten E-Mail. Es wäre - mit den Worten des Klägers selbst - die selbstverständliche Pflicht des Klägers gewesen „weiter und munter Shops“ für die Beklagte zu eröffnen. Die damit zutage getretene innere Distanz des Klägers zu seiner Tätigkeit zugunsten der Beklagten lässt auf seine fehlende Bereitschaft schließen, bis zum ordentlichen Vertragsende seinen Handelsvertreterpflichten nachzukommen. Daraus kann wiederum der Schluss gezogen werden, dass es sich bei den Darstellungen des Klägers im Internet keineswegs nur um Vorbereitungshandlungen für die Zeit nach dem ordentlichen Vertragsende gehandelt hat. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass der Kläger bereits am 11.07.2005 Kunden für den Konkurrenten des Beklagten anwerben wollte.
41 
c) Auf der Grundlage der glaubhaften Angaben des Zeugen Z. und auch des persönlich angehörten Geschäftsführers der Beklagten steht für das Gericht fest, dass die gerügte Werbung bereits am 11.07.2005 über die Hauptseiten der Internetpräsenzen des Klägers erreichbar war.
42 
Der Zeuge Z. gab glaubhaft an, dass er die als Screenshots zur Akte gelangten Internetseiten sozusagen „live“ am 11.07.2005 im Internet gesehen habe. An diesem Tag hat der Zeuge Z. auch eine Datei auf elektronischem Wege vom Geschäftsführer der Beklagten zugesandt bekommen. In dieser Datei waren die Screenshots, so wie sie auch zur Akte gelangt sind, zusammengestellt. Diese Datei trägt den Zeitstempel vom 11.07.2005, 14:29 Uhr; Anhaltspunkte für eine Manipulation des Zeitstempels bestehen in keiner Weise. Auf die beanstandeten Unterseiten ist der Zeuge über die jeweilige Startseite gekommen. Es war also keineswegs so, dass es sich insoweit um Testversionen der Seite, die an versteckter Stelle im Internet lagerten, handelte. Vielmehr hätte zu jenem Zeitpunkt jeder potentielle Betrachter der jeweiligen Hauptseite der beiden Internetpräsenzen des Klägers zu diesen Unterseiten ohne weiteres gelangen können.
43 
Die gemachten Angaben des Zeugen Z. stimmen mit dem überein, was auch der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung glaubhaft geäußert hat (AS 249-251).
44 
d) Soweit die Anlagen B3a-c nicht die Domain „www.x.de“, sondern die Domain „www.z.de“ (AH 149-153) anzeigen, ist damit in keiner Weise belegt oder auch nur nahegelegt, dass es sich insoweit um Demoversionen handelt (so aber Klägerschriftsatz vom 17.07.2008, S. 2, AS 269). Dagegen sprechen schon die erörterten Zeugen- und Parteiangaben.
45 
Im Übrigen ist nicht zu verkennen, dass die abgebildeten Seiten sogenannte „Frame“-Lösungen darstellen. Ein Frame ist ein Teilbereich einer HTML-Seite, in dem eine andere HTML-Seite dargestellt werden kann. Das einzelne Segment wird dabei als Frame (engl. Rahmen ) bezeichnet, die Definition aller Frames als Frameset. Als Nachteil der Frames werden unter Webgestaltern Probleme mit der Adressierung angeführt. Normale HTML-Seiten haben nur eine Adresse, mit der sie erreichbar sind. Frames bestehen jedoch aus mehreren Unterseiten, wobei im Browser meist, aber bei weitem nicht zwingend die Adresse der Frame-Definition (des Framesets) angezeigt wird, die sich bei dem Wechsel auf eine andere Unterseite je nach Programmierung auch ändern kann. Die Anzeige in der Browser-Adressleiste sagt also gar nichts über den Testcharakter einer Seite, erst recht nicht bei Verwendung von Frames.
46 
Hinsichtlich der oben in besonderer Weise kritisierten Seite „www.y.de“ und der Anlage B3d (AH 155) ist ein solches aus der verwendeten Internetadresse bzw. aus dem Dateipfad abgeleitetes Argument schon gar nicht vorgebracht.
47 
e) Anlass dazu, dem klägerischen Beweisangebot gemäß Schriftsatz vom 05.03.2008 i.V.m. Seite 2 des Schriftsatzes vom 14.06.2007 (AS 55) auf Parteivernehmung des Directors der Beklagten (AS 213) nachzukommen, bestand nicht. Denn dass die Beklagte grundsätzlich wusste, dass der Kläger Internetpräsenzen betreibt und insbesondere die Seite „x.de“ aus fremden Quellen die dort niedergelegten Wettquoten hernimmt (AS 179), ist unstreitig und ergibt sich schon nach Dokumentenlage. Die Behauptung, dass die Beklagte mit der Werbung für Konkurrenzunternehmen - abgesehen nicht mehr aufgegriffenen Thema der „Linksammlung“ - einverstanden war, ist insoweit nicht aufgestellt worden.
48 
Die Parteivernehmung des Klägers (s. etwa AS 181) war rechtlich nicht geboten und auch nicht von Amts wegen durchzuführen. Der Kläger wurde aber ausführlich persönlich angehört.
49 
3. Bei der Bewertung des Gewichts des damit feststehenden Vertragsverstoßes des Klägers hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger damit sozusagen die Vertriebsbemühungen der Beklagten konterkariert hat. Dies nicht nur deshalb, weil er potentielle Sportwettenvermittler auf einen Konkurrenten des Beklagten hingewiesen hat, sondern auch deshalb, weil er diesen Konkurrenten im Internet, also für ein weltweites Millionenpublikum, angepriesen hat. Auch eine solche offene Konkurrenztätigkeit kann einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen (BGH, Urteil vom 26.05.1999, VIII ZR 123/98, ZIP 1999, 1307-1311).
50 
Das Gericht hat auch berücksichtigt, dass der ohnehin bereits aufgrund der ordentlichen Kündigung nähergerückte Vertragsablauf auch für die Zumutbarkeit des Abwartens sprechen könnte (vgl. Baumbach/Hopt, a. a. O., Rn. 7). Allerdings war die verbleibende Vertragslaufzeit mit mehr als vier Monaten durchaus noch erheblich, insbesondere, wenn man in Betracht zieht, dass der Vertrag erst seit gut einem Jahr bestanden hatte.
51 
Auch die Verwendung des Mediums des Internets, mit dem ein so weiter Personenkreis angesprochen werden kann, fällt stark zu Lasten des Klägers ins Gewicht.
52 
Auf der Gegenseite konnte der Kläger nicht allein aufgrund der ordentlichen Kündigung ernsthaft in Betracht ziehen, dass ihm nunmehr eine Konkurrenztätigkeit erlaubt sei.
53 
4. Einer Abmahnung, die für Dauerschuldverhältnisse nunmehr auch in § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich Erwähnung findet, bedurfte es im konkreten Fall nicht. Grundsätzlich ist zwar eine solche Abmahnung stets erforderlich. In der Rechtsprechung ist aber auch anerkannt, dass insbesondere unter den mittlerweile auch in § 314 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB erwähnten Gründen eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich ist.
54 
Auch im konkreten Fall liegen besondere Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interesse die sofortige Kündigung rechtfertigen.
55 
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es insoweit durchaus anerkannt, dass auch ein Wettbewerbsverstoß eine so schwerwiegende Vertragsverletzung sein kann, dass auch eine Abmahnung die Vertrauensbasis nicht wiederherstellen kann (BGH, Urteil vom 26.05.1999, a. a. O., Rn. 28).
56 
Nach dem Dafürhalten des erkennenden Gerichts kann nicht nur der wiederholte und dauerhafte Verstoß gegen das Konkurrenzverbot das Vertrauensverhältnis massiv beeinträchtigen, sondern auch der in besonderem Maße öffentlichkeitswirksame Verstoß, insbesondere via Internet, zumal, wenn dabei die Vorzüge des Konkurrenten noch so sehr herausgestellt werden, wie im konkreten Fall.
57 
b) Für die Entbehrlichkeit der Abmahnung im konkreten Fall spricht auch, dass der Kläger schon aufgrund der für die ordentliche Kündigung vom 12.04.2005 gegebenen Begründung hinreichend vorgewarnt war.
58 
Der Kläger musste aufgrund der E-Mail-Korrespondenz vom 12.04.2005 (AH 51) und vom 13.04.2005 (AH 69/71) erkennen, dass er bezüglich der Darstellungen über den Prinzipal auf seinen Internetseiten besondere Vorsicht hätte walten lassen müssen. Denn die Beklagte gab, ohne dass dies erforderlich war, auch eine ausführliche Begründung für die seinerzeitige ordentliche Kündigung ab. Darin ist mehrfach das Auftreten des Klägers im Internet kritisiert.
59 
Im Kündigungsschreiben vom 12.04.2005 ist ausdrücklich dargelegt, dass sich die Beklagte als „Premiummarke in der Öffentlichkeit zu etablieren“ sucht und dass der Kläger insbesondere durch seinen Internetauftritt hierzu keinen Beitrag leisten konnte (AH 51). Damit sind aber auch wesentliche Elemente des Sachverhalts, der später zur außerordentlichen Kündigung führte, bereits angesprochen gewesen.
60 
Dem Gericht ist nicht verständlich, dass der Kläger auf diese Kritik damit reagierte, dass er nicht nur - wie gefordert - die Links zur Internetseite der Beklagten herausnahm, sondern vielmehr sogar auf einen Konkurrenten der Beklagten lobend hinwies und diesen als den eigenen Partner darstellt. Dass diese Verhaltensweise den wettbewerblichen Interessen der Beklagten in der Öffentlichkeit widersprach, war auch für den Kläger offensichtlich.
61 
Es sei erwähnt, dass in der Rechtsprechung durchaus anerkannt ist, dass frühere Rügen, auch wenn sie nicht in Zusammenhang mit einer wirksamen fristlosen Kündigung ausgesprochen worden sind, als Ersatz für Abmahnungen anzusehen sein können (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2003, VIII ZR 197/02, NJW-RR 2003, 981-983; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Aufl., 2008, BGB, § 626, Rn. 32).
62 
Da dem Kläger wegen der berechtigten Kündigung für den Zeitraum nach dem 11.07.2005 kein Schadensersatzanspruch auf entgangene Provision und sonstige Positionen und auch kein Hilfsanspruch auf Auskunft zusteht, war die Klage insgesamt - also nicht nur hinsichtlich der gestellten Anträge Ziff. 1, 2 und 5 - bereits zu diesem Zeitpunkt vollumfänglich abzuweisen (Zöller, ZPO, 23. A., § 254, Rn. 9).
II.
63 
Die Widerklage hat ebenfalls keinen Erfolg.
64 
1. Die Widerklaganträge Ziff. 1 und Ziff. 2 sind nicht schlüssig dargelegt.
65 
Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche setzen voraus, dass der Kläger bereits bis zum 11.07.2005 erfolgreich Vermittlungen für die Firma K. durchgeführt hat. Dies hat der Kläger ausdrücklich bestritten.
66 
Insoweit war sein Bestreiten auch ohne weiteres nachvollziehbar, zumal auch der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben hatte, dass sein vorheriger Besuch auf der Internetseite des Klägers vermutlich zwei bis drei Wochen vor dem Besuch stattgefunden hat, der zum Ausspruch der fristlosen Kündigung führte (Protokoll vom 10.06.2008, Seite 2, AS 249).
67 
Auch die von der Beklagten selbst vorgelegte Anlage B 3a mag dafür sprechen, dass die Hinweise auf den Konkurrenten der Beklagten erst seit 07.07.2005 im Internet waren. Denn diese Internetseite (AH 149) enthält einen Hinweis auf entsprechende Dateien, die am 07.07.2005 hochgeladen worden sind.
68 
Da unmittelbar einsichtig ist, dass innerhalb weniger Tage ein Vermittlungsgeschäft nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann, da es sich bei der Eröffnung bzw. Umstellung einer Sportwettenannahmestelle um ein größeres Projekt handelt, hätte die Beklagte schon genauere Anhaltspunkte dafür vortragen müssen, dass es doch trotz der Kürze der Zeit bereits zu entsprechenden Vermittlungen gekommen ist. Derartige Anhaltspunkte sind indes nicht vorgetragen und deshalb ist der diesbezügliche Vortrag der Beklagten unsubstantiiert.
69 
2. Auch hinsichtlich des Widerklagantrags Ziff. 3 ist der entsprechende Vortrag unsubstantiiert.
70 
Theoretisch kommt zwar in Betracht, dass wegen der Tätigkeit eines Anwalts „im Zusammenhang mit der außerordentlichen Kündigung“ insbesondere gemäß § 89 a Abs. 2 HGB ein erstattungsfähiger Schadensersatzanspruch entstanden ist, sog. Verführungsschaden.
71 
Angesichts des Umstands, dass die außerordentliche Kündigung vom 11.07.2005 (AH 53) durch die Beklagte selbst verfasst worden ist und auch sonst zu einer außergerichtlichen Tätigkeit seitens des Beklagtenvertreters nichts vorgetragen ist, ist auch diese Schadensersatzposition nicht ausreichend dargestellt.
72 
Insbesondere ist in keiner Weise dargelegt, welche Tätigkeiten der Anwalt außergerichtlich und abgesehen von der Prozessvorbereitung an den Tag gelegt hat (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 05.05.2006, 6 O 508/05, veröffentlicht bei Juris, Rn. 34).
III.
73 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92, § 91 a ZPO.
74 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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