Beschluss vom Landgericht Karlsruhe - 5 T 66/14

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts … vom 23.04.2014, Az. 5 M 12272/14, aufgehoben.

2. Auf den Widerspruch des Schuldners wird die Eintragungsanordnung der Gerichtsvollzieherin … beim Amtsgericht … vom 07.02.2014 zu 13 DRII-1772/13 aufgehoben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Schuldner wendet sich gegen die Zurückweisung seines Widerspruchs gegen eine Eintragungsanordnung gemäß § 882c ZPO.
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Schreiben des Schuldners vom 05.03.2014 ist als sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Widerspruchs auszulegen. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist statthaft (§ 793 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.
2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Widerspruch des Schuldners gegen die Eintragungsanordnung vom 16.03.2014 war zulässig und begründet.
a) Der Widerspruch war insbesondere nicht verfristet. Er ging zwar erst am 21.03.2014 beim Amtsgericht … ein, während die Eintragungsanordnung schon am 08.02.2014 dem - nach seiner Behauptung damals auslandsabwesenden - Schuldner zuging. Allerdings war die gemäß § 882d Abs. 3 S. 1 ZPO vorgesehene Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft und brachte daher die zweiwöchige Widerspruchsfrist nicht zu laufen. Die ggf. anzuwendende Jahresfrist des § 58 VwGO (dazu: BeckOK-ZPO, Stand: 15.06.2014, § 882d, Rdnr. 4) wurde jedenfalls eingehalten.
Fehlerhaft war die Rechtsbehelfsbelehrung der Gerichtsvollzieherin deshalb, weil die Gerichtsadresse, die von der Adresse der Gerichtsvollzieherin abweicht, in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht angegeben war. Nach der Rechtsprechung des BGH, die zu § 39 FamFG erging, aber auch auf die Belehrungen nach § 232 ZPO und § 882d Abs. 3 ZPO übertragbar ist, bedarf es jedoch dieser Angabe der Gerichtsadresse, um die Frist in Lauf zu setzen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 – XII ZB 468/10 –, NJW 2011, 2887; s.a. Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 232, Rdnr. 4).
b) Entschieden wird über den Widerspruch durch das Vollstreckungsgericht. Zuständig ist der Rechtspfleger. Er prüft die Einhaltung der vom Gerichtsvollzieher zu beachtenden Verfahrensvorschriften, also insbesondere ob ein Eintragungsgrund vorliegt (§ 882c Abs. 1 ZPO) und die in § 882b Abs. 2 und 3 ZPO genannten Daten zutreffend angeführt sind. Eintragungshindernisse sind zu berücksichtigen, wenn sie bis zur Entscheidung geltend gemacht oder festgestellt sind, damit insbesondere nachträglich erbrachte Nachweise (etwa über die vollständige Befriedigung des Gläubigers i.S.d. § 775 Nr. 4 und 5 ZPO, über die zwischenzeitliche Abgabe der Vermögensauskunft oder auch zwischenzeitliche Ratenzahlungsvereinbarung i.S.d. § 802b Abs. 2 ZPO; Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 882d, Rdnr. 4).
Ein solches Eintragungshindernis liegt mittlerweile und noch rechtzeitig (nämlich vor Abschluss des Beschwerdeverfahrens) in Gestalt des Urteils des Sozialgerichts … vom 09.04.2014 (Az. S 15 U 2643/13) vor. Der Schuldner hat - wie dies von § 775 Nr. 1 ZPO verlangt wird - eine Ausfertigung des Urteils dem Vollstreckungsgericht (ausreichend: in zweiter Instanz) vorgelegt.
Durch dieses sozialgerichtliche Urteil wurde der Titel, aus dem vollstreckt wird (Bescheid der … vom 20.06.2012) aufgehoben. Nicht maßgeblich ist insoweit, dass dieses sozialgerichtliche Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Rechtskraft ist bei einer den zu vollstreckenden Titel aufhebenden Entscheidung nicht erforderlich, denn schon die Verkündung dieser Entscheidung, nicht erst ihre Rechtskraft, hebt den zu vollstreckenden Titel auf (Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2012, § 775, Rdnr. 11 m.w.N.; Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 775, Rdnr. 4).
10 
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, da die sofortige Beschwerde Erfolg hat. Eine Kostenentscheidung über außergerichtliche Kosten ist nicht veranlasst, da sich Gläubiger und Schuldner nicht kontradiktorisch gegenüberstehen; die Eintragungsanordnung erfolgt von Amts wegen. Der Gerichtsvollzieherin sind die Kosten ebenfalls nicht aufzuerlegen (vgl.: LG Bamberg, B. v. 19.09.2013 - 3 T 157/13, juris Rn. 15; LG Darmstadt, B. v. 30.10.2013 - 5 T 352/13-, juris Rn. 49).
11 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben (§ 574 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen