Urteil vom Landgericht Köln - 3 O 189/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Kläger machen Ansprüche gegen die Beklagte wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung geltend.
3Am 14.10.1997 zeichneten die Kläger durch Vermittlung der Beklagten eine Kommanditbeteiligung an der X1 KG in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Abwicklungsgebühr. Das Anlagemodell sieht die Investition in Immobilien in Deutschland und den USA sowie ein Wertpapierdepot in der Schweiz vor. Der Zeichnung ging ein Gespräch mit einem für die Beklagte tätigen Berater voraus. Der Fonds entwickelte sich in der Folgezeit wirtschaftlich ungünstig.
4Die Kläger meinen, die Beklagte habe sie im Zusammenhang mit der Zeichnung falsch beraten. Der Berater habe sie über die Risiken der Beteiligung nicht zureichend aufgeklärt, was maßgeblich darauf beruhe, dass er seine Beratung an dem Emissionsprospekt orientiert habe, der seinerseits fehlerbehaftet sei. Insbesondere beruhe die ermittelte Werthaltigkeit der Beteiligung auf einer in unvertretbarer Weise durchgeführten Prognoseberechnung. In Bezug auf den Investitionsteil Deutschland berücksichtige die Berechnung weder das Mietausfallwagnis, noch seien in die Prognose in gebotener Weise Modernisierungs- und Instandhaltungskosten eingeflossen. Hinzu komme, dass mit – tatsächlich nicht realistischen – Mieterhöhungen kalkuliert worden und der Verkaufswert falsch ermittelt worden sei. Im Hinblick auf den Investitionsteil USA seien ebenfalls das Mietausfallwagnis und der Modernisierungsaufwand mit einer objektiv unvertretbaren Prognose kalkuliert worden; überdies sei auch hier der ermittelte Verkaufswert unzutreffend gewesen. Der Prospekt stelle die Weichkosten der Beteiligung irreführend und beschönigend dar; ebenso täusche er über die Vergangenheitsrenditen der Vorgängerfonds. Die Beklagte habe erkennen können und müssen, dass die Prospektangaben zu den Renditeaussichten nicht vertretbar gewesen seien, was ihr Verschulden begründe. Hinzu komme, dass sie ihre Berater nicht selbst geschult habe, sondern sie im Vorfeld der Vermittlung der hiesigen Beteiligung durch in die Vertriebsstruktur der Prospektverantwortlichen eingebundene Dozenten habe schulen lassen, obwohl den Beratern in diesen Schulungen systematisch eine unzutreffende Belehrung über die Risiken der Beteiligung vermittelt worden sei. Vor diesem Hintergrund gereiche der Beklagten auch zum Verschulden, dass sie ihre Kunden durch dieserart fehlerhaft geschulte Mitarbeiter habe beraten lassen. Die sonach bestehenden vertraglichen und gesetzlichen Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt, schon weil sie noch im Jahre 2011 gegen die Beklagte ein Schlichtungsverfahren eingeleitet hätten.
5Die Kläger beantragen,
6festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtliche finanzielle Schäden zu ersetzen, die im Abschluss der Beteiligung mit der Vertragsnummer #####/#### an der X1 KG – ihre Ursachen haben.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie hält die Rechtsverfolgung im Wege der Feststellungsklage im Hinblick auf den grundsätzlichen Vorrang der Leistungsklage bereits für unzulässig. Der Zulässigkeit der Klage stehe überdies entgegen, dass es – nachdem die Beratungs- und Zeichnungssituation nur marginal geschildert werde – an der Angabe eines hinreichend bestimmten Klagegegenstands fehle. Unabhängig hiervon sei die Klage allerdings auch – den eigenen Vortrag der Kläger zugrundegelegt – nicht begründet. Eine auf den Prospekt gestützte Beratung der Kläger könne nämlich schon deshalb nicht fehlerhaft gewesen sein, weil der Prospekt seinerseits keine Fehler aufweise, er vielmehr über alle Risiken der Beteiligung zutreffend aufkläre. Hinzu komme, dass – selbst das Vorliegen von Prospektfehlern unterstellt – sich nicht erschließe, wie sie diese hätte bemerken können, weshalb jedenfalls ihr Verschulden nicht gegeben sei. Ebenso wenig sei ihr eine – bestrittene – fehlerhafte Schulung ihrer Berater mangels Erkennbarkeit zuzurechnen. Letztendlich komme es darauf allerdings nicht an, weil jeglicher Anspruch der Kläger verjährt sei; insoweit erhebt die Beklagte ausdrücklich die Einrede der Verjährung. Insbesondere sei – entgegen der Ansicht der Kläger – das unstreitig eingeleitete Schlichtungsverfahren nicht geeignet gewesen, eine Hemmung der Verjährung zu bewirken.
10Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
12Die Klage, die die Kammer indes mit dem Feststellungsantrag als zulässig ansieht, ist in der Sache selbst nicht begründet.
13Keiner Entscheidung bedurfte für die Urteilsfindung, ob die Kläger – die die Verletzung von Beratungspflichten aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag ebenso als gegeben ansehen wie eine der Beklagten anzulastende vorsätzliche sittenwidrige Schädigung – die dem Erwerb der streitgegenständlichen Beteiligung zugrundeliegende Situation hinreichend konkret geschildert haben, um den Anforderungen, die an einen substantiierten Sachvortrag zu stellen sind, zu genügen. Denn dem Vortrag der Kläger lässt sich zum Teil schon keine Pflichtverletzung entnehmen, jedenfalls aber steht jeglichem von Seiten der Kläger erhobenen Anspruch die Einrede der Verjährung entgegen. Dieser Umstand bringt mit sich, dass auch dem – über die jeweils in Bezug auf die konkrete Beratungssituation gerügten Pflichtverletzungen hinaus – weiter erhobenen Vorwurf, die Beklagte habe – um Risiken zu verharmlosen – Anlageempfehlungen durch systematisch fehlerhaft geschulte Berater, die gezielt die zu erwartende Rendite verfälschende Berechnungsbeispiele verwendet hätten, ausgesprochen, streitentscheidende Bedeutung nicht zukommen kann. Denn auch diesbezüglich erweisen sich alle Ansprüche der Kläger als verjährt.
14Im Einzelnen:
15Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Kläger, der Prospekt, auf den die Beklagte ihre Beratung gestützt habe, kläre nicht zureichend über die Weichkosten der Beteiligung auf, zumal insgesamt Eigenkapitalbeschaffungskosten in Höhe von 17,7 % angefallen seien. Ausweislich der Investitionskalkulation und der Erläuterung hierzu (Bl. 28 und 29 des Prospekts), die die Vertriebskosten im Einzelnen darstellen, ist die Abwicklungsgebühr in Höhe von fünf Prozent, die die Kläger in die Eigenkapitalbeschaffungskosten einrechnen, nämlich gesondert aufgeführt. Hiernach konnten die Kläger der auf den Prospekt gestützten Beratung entnehmen, dass das Agio in dieser Höhe von vornherein nicht dem Eigenkapitalkonto des Anlegers zugeführt würde. Dieser Umstand bringt mit sich, dass das Agio bei der Berechnung des Anteils der Eigenkapitalbeschaffungskosten – durch deren Ausweis die gebotene Offenlegung der Vertriebsprovisionen ersetzt werden kann (vgl. BGH, Urt. vom 12.02.2004, Az.: III ZR 359/02 [Rn. 26]) – von vornherein außer Betracht zu bleiben hat. Damit ist im hier zu entscheidenden Fall – auch nach dem Klägervortrag – allenfalls von Eigenkapitalbeschaffungskosten mit einem Anteil von 12,7 % auszugehen. Dieser Prozentsatz begründet indes keine eigenständige Aufklärungspflicht. Denn anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass der Berater den Anleger nur dann ungefragt über Vertriebsprovisionen aufzuklären hat, wenn diese eine – hier nicht erreichte – Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten (BGH, Urt. vom 18.04.2013, Az.: III ZR 225/12 [Rn. 15] zitiert nach JURIS).
16Im Weiteren werfen die Kläger der Beklagten als eigenes Verschulden bei Vertragsschluss vor, sie habe bei den betroffenen Anlegern falsche Renditeerwartungen geweckt, indem sie ihre Beratung an der unvertretbaren Prognose des Emissionsprospekts, der überhöhte und unrealistische Renditen versprochen habe, orientiert habe. Zudem habe sie mit geschönten Vergangenheitsrenditen operiert und hierdurch bei den betroffenen Anlegern ebenfalls den Eindruck erweckt, dass auch für die Zukunft höhere als die tatsächlich realistischen Renditen zu erwarten seien. Letztendlich habe sie ihre Berater an Schulungen teilnehmen lassen, aus Anlass derer jenen im Verkaufsgespräch zu verwendende Strategien vermittelt worden seien, die über tatsächlich zu befürchtende Renditeeinbrüche hinweggetäuscht hätten. In Bezug auf diese Vorwürfe hat es die Kammer für vertretbar gehalten, die Frage des Vorliegens einer Pflichtverletzung dahingestellt sein zu lassen. Denn der Durchsetzung jeglichen insoweit möglicherweise ursprünglich gegebenen Anspruchs steht jedenfalls im gegenwärtigen Zeitpunkt die Einrede der Verjährung entgegen.
17Die am 17.06.2013 bei Gericht eingegangene Klage konnte eine Verjährungshemmung nicht mehr herbeiführen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits Verjährung eingetreten war.
18Nach der Überleitungsvorschrift des Art 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB finden hier die seit dem 01.01.2002 geltenden Verjährungsvorschriften Anwendung. Denn etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers im Zusammenhang mit dem Erwerb der hier streitgegenständlichen Beteiligung - seien sie auf vertragliche oder aber deliktische Ansprüche gegründet - waren an diesem Tag noch nicht verjährt, nachdem diese ursprünglich der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB in der seinerzeitigen Fassung unterlagen. Der Lauf der Verjährungsfrist hatte am 14.10.1997 – dem Tag der Anspruchsentstehung – begonnen. Unter diesem Datum nämlich haben die Kläger die streitgegenständliche Beteiligung gezeichnet, was die Anspruchsentstehung begründet. Denn dem Anleger erwachsen Schadensersatzansprüche aufgrund der fehlerhaften Empfehlung einer für ihn nachteilige Kapitalanlage bereits mit deren Erwerb erwachsen (vgl. BGH, Urt. vom 08.03.2005, Az.: XI ZR 170/04 [Rn. 17] zitiert nach JURIS mwN). Hiernach war die am 01.01.2002 noch nicht abgelaufene Verjährungsfrist mit Wirkung ab diesem Datum unter Anwendung der Voraussetzungen des § 199 BGB zu ermitteln.
19Ausgehend von diesen Grundsätzen war jeglicher Anspruch der Kläger aufgrund der gerügten Beratungspflichtverletzungen gemäß § 199 Abs. 1 BGB spätestens mit Ende des Jahres 2009 kenntnisabhängig verjährt.
20Nachdem – wie ausgeführt – der Anspruch der Kläger im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB schon mit dem Beitritt zu der streitgegenständlichen Beteiligung entstanden ist, ist die Kammer davon überzeugt, dass, soweit den Klägern die ihren Anspruch im Einzelnen begründenden Umstände zunächst unbekannt geblieben sind, ihnen - selbst bei großzügiger Betrachtung - spätestens im Jahr 2006 grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorgeworfen werden muss.
21Spätestens mit diesem Zeitpunkt wurde den Klägern mit den ausbleibenden Ausschüttungen nämlich nachdrücklich vor Augen geführt, dass die – ihnen nach ihren Behauptungen angepriesene – sichere Rendite von 7 % dauerhaft weit unterschritten wurde. Denn nachdem bis zum Jahr 1998 noch die prospektierte Rendite von 7 % erzielt werden konnte, wurden im Jahr 2000 nur noch 4,5 % ausgeschüttet. Im Jahr 2001 belief sich die Rendite lediglich auf 5,22 %, im Jahr 2002 auf 4,37 %, im Jahr 2003 auf 1,70 %, im Jahr 2004 auf 0,23 %, im Jahr 2005 auf 0,15 % und im Jahr 2006 auf 0,72 %.
22Mit dem Ausbleiben der versprochenen Ausschüttungen über mehrere Jahre hinweg war den Klägern aber nachdrücklich sowohl der Umstand, dass die erhoffte Rendite nicht erzielt werden konnte, als auch die fehlende Werthaltigkeit ihrer Anlage – bis hin zum Totalverlustrisiko – zur Kenntnis gelangt (so in einem vergleichbaren Fall OLG Köln, Urt. vom 24.01.2013, Az.: 18 U 175/11 [Rn. 242] zitiert nach JURIS). Dass die Kläger gleichwohl – obwohl die ihnen angeblich versprochenen Renditen von 7 % über Jahre hinweg nicht erzielt werden konnten – an ihrer Anlage festgehalten haben, lässt keinen anderen Schluss zu als denjenigen, sie hätten die im Verkehr erforderliche Sorgfalt spätestens im Jahr 2006 in ungewöhnlichem hohem Maße außer Acht gelassen und selbst naheliegendste Überlegungen, die jedem hätten einleuchten müssen, nicht angestellt. Ist danach allein schon das dauerhafte Ausbleiben der nach dem Vorbringen der Kläger prognostizierten Ausschüttungen ausschlaggebend für den Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis, so kommt erschwerend noch der Inhalt der Geschäftsberichte hinzu, die den Klägern unstreitig zugegangen sind. Auch diesen konnten die Kläger nämlich entnehmen, dass sich eben die Risiken, über die die Kläger nunmehr behaupten, nicht belehrt worden zu sein, verwirklicht hatten. Bereits der Geschäftsbericht für das Jahr 2000 wies darauf hin, dass ein zentraler Mieter eines der Fondsobjekte insolvent geworden war. Der Geschäftsbericht für das Jahr 2001 enthielt sodann den Hinweis, dass sich infolge der Insolvenz des Hauptmieters auch das Beteiligungskapital reduziert hatte. Zusätzlich wurde den Klägern der explizite Hinweis erteilt, dass Ausschüttungswünsche, die die für das Jahr 2001 festgestellte Rendite überschritten, als Kapitalverbrauch verbucht werden müssten. Im Geschäftsbericht für das Jahr 2002 wurden die Kläger sodann darauf hingewiesen, dass ein weiterer zentraler Mieter Insolvenz angemeldet habe, so dass die sämtlichen Fonds zufließenden Mieten sich weiter verringert hätten. Sodann mit dem Geschäftsbericht für das Jahr 2003 wurden die Kläger wiederum darauf hingewiesen, dass die Mieterträge nach wie vor rückläufig seien, was zu entsprechend reduzierten Objektwerten führen müsse. Dieser Umstand ziehe Verluste in Bezug auf das eingesetzte Eigenkapital von 40-50 % nach sich.
23Auch hieraus mussten die Kläger, hätten sie vor der Realität nicht die Augen verschlossen, den Schluss ziehen, dass etwa prognostizierte Mieterträge und damit zugleich etwa versprochen Renditen keinesfalls erzielt werden konnten.
24Wurde sonach spätestens im Jahr 2006 die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) in Lauf gesetzt, so war – kenntnisabhängig – spätestens Ende des Jahre 2009 Verjährung eingetreten.
25Darüber hinaus sieht die Kammer jeglichen Anspruch der Kläger aber auch als kenntnisunabhängig verjährt an, § 199 Abs. 3 S. 1Nr. 1 BGB, weil die neue zehnjährige Verjährungsfrist, die – wie ausgeführt – mit dem Stichtag 01.01.2002 zu laufen begonnen hatte, mit Ende des 02.01.2012 – dies vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem 31.12.2011 um einen Samstag handelte, §§ 188 Abs. 1, 193 BGB – abgelaufen war.
26Insbesondere war die – erst am 08.11.2012 erfolgte – Bekanntgabe des vom 29.12.2011 datierenden Güteantrages an die Beklagte durch den Schlichter Rechtsanwalt E2 nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB geeignet, den Lauf der Verjährungsfrist zu hemmen. Nach dieser Gesetzesbestimmung wird der Ablauf der Verjährungsfrist durch die Bekanntgabe des Güteantrages, der bei einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten und anerkannten Gütestelle eingereicht ist, gehemmt, wobei die Hemmungswirkung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags zurückwirkt, wenn die Bekanntgabe demnächst nach Einreichung des Antrags veranlasst wird.
27Hier scheitert eine Verjährungshemmung bereits daran, dass nicht ersichtlich ist, dass die Kläger ihren Güteantrag – was die Beklagte bestritten hat – schon vor Ablauf der Verjährungsfrist, mithin vor Ende des 02.01.2012, bei der Gütestelle eingereicht haben.
28Dies geht zu Lasten der Kläger, die für das Vorliegen der Voraussetzungen des Hemmungstatbestandes darlegungs- und beweisbelastet sind (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB 73. Auflage, § 204 Rn. 55), die ihrer Darlegungslast indes nicht genügt haben. Die Kläger haben sich nämlich darauf beschränkt, den Zeitpunkt der Übermittlung des Schlichtungsantrags an die Gütestelle mit der Angabe des Zeitraums zwischen dem 31.12.2011 und dem 02.01.2012 zu spezifizieren. Dies ist nicht ausreichend, weil die Beklagte – die, wie ausgeführt, den Eingang des Güteantrags in nicht rechtsverjährter Zeit bei dem Schlichter bestreitet – nicht gehalten ist, jeglichem denkbaren Eingangszeitraum entgegenzutreten. Vielmehr obliegt den Klägern vorzutragen, wann genau sie ihren Güteantrag an die Schlichtungsstelle übermittelt haben wollen.
29Die Kammer hat bei ihrer diesbezüglichen Beurteilung nicht übersehen, dass der Schlichter Rechtsanwalt E2 in Bezug auf sämtliche eingereichten Güteanträge – mithin auch den das hiesige Verfahren betreffenden – zunächst bestätigt hat, diese seien bei ihm am 31.12.2011 eingegangen. Denn unstreitig musste der Schlichter in der Folgezeit auf Nachfrage einräumen, dass diese zunächst abgegebene Erklärung unzutreffend gewesen sei, weil auch an den beiden folgenden Tagen noch Güteanträge gefaxt worden seien und er sonach nicht genau sagen könne, wann genau welcher Güteantrag bei ihm eingegangen sei.
30Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass der Güteantrag der Kläger bereits in nicht rechtsverjährter Zeit bei der Gütestelle E2 eingegangen wäre, könnte von einer auf § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gestützten Hemmung der Verjährung gleichwohl nicht ausgegangen werden, weil es auch dann an dem Erfordernis einer demnächstigen Zustellung im Sinne dieser Gesetzesbestimmung fehlt.
31Bei der Beurteilung der Frage, ob die Bekanntgabe des Güteantrags demnächst im Sinne dieser Vorschrift erfolgt ist, kann auf die zur Frage der Rückwirkung der Zustellung gemäß § 167 ZPO ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (BGH, Urt. vom 22.09.2009, Az.: XI ZR 230/08 [Rn. 14] zitiert nach JURIS). Somit ist nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abzustellen, vielmehr ist in erster Linie zu entscheiden, ob der Gläubiger alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat und ihm eine etwa gleichwohl eingetretene Verzögerung nicht zum Verschulden gereicht (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 34. Auflage, § 167 Rn. 9 ff.; Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 72. Auflage, § 167 Rn. 13,14).
32Ausgehend von diesen Grundsätzen verkennt die Kammer nicht, dass allein die – hier zu verzeichnende – Bekanntgabe der Güteanträge mehr als zehn Monate nach dem regulären Ablauf der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist für sich genommen nicht geeignet ist, eine demnächstige Zustellung der Güteanträge zu verneinen und die Klageforderung bereits aus Gründen des Zeitablaufs als verjährt anzusehen. Denn schon mit Blick auf die allgemeine Überlastung von Gütestellen angesichts der zum Jahreswechsel 2011/2012 in zahlreichen Rechtsstreitigkeiten drohenden Verjährung erkennt die Rechtsprechung an, dass selbst mehrmonatige Verzögerungen für sich genommen die Annahme einer demnächstigen Zustellung nicht ausschließen müssen (vgl. etwa BGH, Urt. vom 22.09.2009, Az.: XI ZR 230/08 [Rn. 15] zitiert nach JURIS).
33Das Gericht ist jedoch der Auffassung, dass sich die Kläger nicht auf eine Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist berufen können, weil sie an der verzögerten Zustellung der Güteanträge ein Verschulden trifft. Denn im Hinblick auf die außergewöhnlich lange Zeitdauer, in der eine Bekanntgabe des Güteantrags nach wie vor nicht erfolgt war, hätte es ihnen oblegen, bei dem Schlichter Rechtsanwalt E2 nachzufragen, aus welchem Grund sich die Übermittlung des Güteantrags an die Beklagten verzögerte und gegebenenfalls auf eine beschleunigte Zustellung hinzuwirken.
34Eine entsprechende Nachfrage haben sie versäumt, vielmehr hierzu lediglich pauschal vortragen lassen, Nachfragen nach dem Sachstand der (sic) Güteverfahren seien „regelmäßig“ geschehen, auch habe man dem Schlichter „soweit notwendig“ Adressänderungen mitgeteilt. Indes ist nur derjenige Gläubiger, der alle für einen ordnungsgemäßen Gang des Zustellungsverfahrens von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht hat, von seiner Nachfrageobliegenheit befreit und kann sich darauf berufen, dass die weitere Verantwortung für den Gang des Güteverfahrens bei dem beauftragten Schlichter liege, dessen Geschäftsgang weder von ihm selbst noch von seinem Bevollmächtigten zu beeinflussen sei. Derjenige Gläubiger, der nicht alles für eine demnächstige Zustellung Erforderliche getan hat, bleibt demgegenüber zur Nachfrage, weshalb eine solche nicht erfolge, verpflichtet (BGH, Urt. vom 22.09.2009, Az.: XI ZR 230/08 [Rn.16] zitiert nach JURIS).
35Ausgehend von diesen Grundsätzen gereicht den Klägern die unterlassene Erkundigung, weshalb eine Bekanntgabe noch nicht erfolgt sei, zum Nachteil.
36Die Kläger haben nämlich nicht alles Erforderliche für eine zeitnahe Zustellung ihres Güteantrags getan, sondern vielmehr - vertreten durch ihre insoweit für sie agierenden Prozessbevollmächtigten, deren Verschulden ihnen im Hinblick auf § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist – versäumt, einen ihrem Schlichtungsantrag zuzuordnenden Vorschuss einzuzahlen. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger Ende 2011 dem Schlichter einen Pauschalvorschussbetrag angewiesen haben, der nicht zureichend war, um den zu zahlenden Vorschuss für sämtliche von Ihnen selbst mit dem Ziel der Verjährungsunterbrechung eingereichten Güteverfahren abzudecken. Vor dem Hintergrund aber, dass bereits ein nur leichtes Verschulden des Anspruchstellers geeignet ist, die Annahme einer demnächstigen Zustellung zu verhindern (Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 72. Auflage, § 167 Rn.13), erweist sich das Vorgehen der Prozessbevollmächtigten der Kläger als schädlich. Wer nach Einleitung eines Güteverfahrens über Monate hinweg nicht die Nachricht erhält, dass die Bekanntgabe seines Güteantrags an den Schuldner durch die Schlichtungsstelle nunmehr veranlasst sei, ist nach dem Dafürhalten der Kammer jedenfalls dann zur Nachfrage bei der Gütestelle, worauf die Verzögerung beruhe, verpflichtet, wenn er einen unstreitig nicht zur Deckung der Vorschusskosten für sämtliche eingereichten Güteanträge zureichenden Vorschuss eingezahlt hat. Der Gläubiger kann sich in diesem Fall nicht sicher sein, dass die Kosten für die Bekanntgabe gerade auch seines Güteantrags gedeckt sind, mithin wirklich alles getan worden ist, um die alsbaldige Bekanntgabe zu veranlassen. Er muss vielmehr davon ausgehen, dass die Bekanntgabe gerade seines Güteantrags an einem zwischenzeitlichen Verbrauch des der Gütestelle überlassenen Betrages scheitert. Hierbei hat die Kammer auch die Regelung in § 8 der Schlichtungsordnung von Rechtsanwalt E2, derzufolge die Anforderung des Kostenvorschusses in dessen Ermessen stehen soll, bedacht. Auch in Ansehung dieses Umstands ist allerdings eine anderweitige Beurteilung nicht gerechtfertigt, zumal sich aus der Schlichtungsordnung ein Anspruch auf Bekanntgabe des Güteantrags auch ohne die Einzahlung eines Kostenvorschusses eben nicht ergibt. Mangels nachgewiesener Zahlung des Kostenvorschusses für das Güteverfahren haben die Kläger somit nicht alles getan, um auf eine Bekanntgabe des Güteantrags hinzuwirken, was die Annahme einer Rückwirkung des Güteantrags auf den Zeitpunkt seines Eingangs bei der Gütestelle – unterstellt, dieser habe in nicht rechtsverjährter Zeit gelegen – ausschließt.
37Ist – wie ausgeführt – eine Hemmung der Verjährung durch den Güteantrag somit nicht anzunehmen, so kommt noch hinzu, dass sich, selbst den rechtzeitigen Eingang des Güteantrags bei dem Schlichter und ein fehlendes Verschulden der Kläger betreffend die späte Bekanntgabe des Güteantrags unterstellt, die Einleitung des Güteverfahrens mit dem offensichtlich ausschließlichen Zweck der Verjährungsunterbrechung als rechtsmissbräuchlich darstellt, so dass – zusätzlich – auch aus diesem Grund dem Güteantrag verjährungsunterbrechende Wirkung nicht zukommen konnte.
38Bei ihrer entsprechenden Bewertung hat das Gericht in seine Überlegungen einbezogen, dass der schlichte Umstand der Einleitung eines Güteverfahrens zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung für sich genommen nicht geeignet ist, den Schluss auf einen Rechtsmissbrauch zu begründen, es für diese Annahme vielmehr des Hinzutretens weiterer Umstände bedarf (BGH, Urt. vom 06.07.1993, Az.: VI ZR 306/92 [Rn. 20, 22] zitiert nach JURIS). Allerdings ist sie der Auffassung, dass solche weiteren Umstände, die in ihrer Gesamtbeurteilung keinen anderen Schluss als den auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zulassen, hier vorliegen.
39Anzuführen ist hier zunächst, die – zwischen den Parteien nicht im Streit stehende – aus zahlreichen Parallelverfahren folgende Kenntnis der Prozessbevollmächtigten der Kläger, dass die Beklagte sich nicht auf ein Güteverfahren einlassen werde und die in Kenntnis dieses Umstands gleichwohl in mehreren tausend Verfahren erfolgte Einleitung des Güteverfahrens. Einen anderen Schluss als denjenigen auf die mangelnde Ernsthaftigkeit bezüglich der Durchführung des im Einzelfall eingeleiteten Güteverfahrens lässt dieses Verhalten nicht zu. Die entsprechende Kenntnis ihrer bereits im Güteverfahren beauftragten späteren Prozessbevollmächtigten von dem beabsichtigten prozessualen Verhalten der Gegenseite in gleichgelagerten Fällen müssen sich die Kläger nämlich zurechnen lassen, § 166 Abs. 1 BGB (vgl. etwa OLG Brandenburg, Urt. vom 09.03.2011, Az.: 4 U 95/10 [Rn. 103], zitiert nach JURIS). Die hiernach offensichtlich fehlende Ernsthaftigkeit der eingeleiteten Güteverfahren bedingt ihrerseits den Rechtsmissbrauch.
40Weiter hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Kläger mit dem ausgewählten Rechtsanwalt E2 einen Schlichter mit der Durchführung des Güteverfahrens betraut haben, der in Lübben/Spreewald - im Bundesland Brandenburg - und damit mehrere 100 km entfernt vom Wohnsitz der im Bezirk des Landgerichts Köln ansässigen Kläger ebenso wie vom Geschäftssitz der Beklagten entfernt seinen Amtssitz hat. Damit haben die Klägervertreter nicht nur die Zuständigkeitsvorschriften des brandenburgischen Schlichtungsgesetzes (§§ 3, 4 Brandenburgisches Schlichtungsgesetz i.V.m. § 15 Schiedsstellengesetz) missachtet, wonach die Schiedsstelle zuständig ist, in deren Bereich der Antragsgegner wohnt und damit bewusst einem örtlich unzuständigen Schlichter angerufen, sondern es war bereits – über die den Klägern bekannte grundsätzlich bestehende ablehnende Haltung hinaus – aufgrund der räumlichen Entfernung nicht damit zu rechnen, dass sich die Beklagte auf eine Schlichtungsverhandlung einlassen wurde. Hinzu kommt, dass die Kläger nach dem Dafürhalten der Kammer mit der Auswahl von Rechtsanwalt E2 bewusst darauf hingewirkt haben, eine verzögerte Zustellung der Güteanträge zu bewirken. Unwidersprochen hat nämlich die Beklagte vorgetragen, dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger zum Zwecke der Unterbrechung der mit Ablauf des Jahres 2011 drohenden Verjährung insgesamt etwa 9.000 Güteanträge – je etwa 4.500 gegen die hiesige Beklagte gerichtet, die übrigen 4.500 gegen den Prospektverantwortlichen und die Treuhandkommanditistin – bei dem Schlichter E2 eingereicht haben. Angesichts der Einreichung einer derartig hohen Anzahl von Güteverfahren musste sich den Prozessbevollmächtigten der Kläger allerdings aufdrängen, dass die Zustellung der Güteanträge durch den Schlichter – einen Einzelanwalt, der zudem nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten in der Duplik weniger auf dem Gebiet des Kapitalanlagerechts, sondern vielmehr als rechtlicher Vertreter der „Anarchistischen Pogo-Partei-Deutschland“ in Erscheinung getreten ist – Monate beanspruchen würde. Der Umstand indes, dass ersichtlich eine Gütestelle gewählt wurde, deren Kapazitäten nicht ausreichten, um mehrere Tausend Güteanträge in angemessener Frist zu bearbeiten, lässt ebenfalls keine andere Annahme als diejenige eines Rechtsmissbrauchs zu (s. hierzu in einem gleichgelagerten Fall etwa OLG Brandenburg, Urt. vom 03.03.2010, Az.: 4 U 40/09 [Rn. 108] zitiert nach JURIS).
41Ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, wird die Annahme des Rechtsmissbrauchs schließlich gestützt durch die Tatsache, dass – nachdem eine Förderung der gegen die hiesige Beklagte gerichteten Güteverfahren durch den Schlichter, etwa in Form einer abgeschichteten Bearbeitung, über Monate hinweg nicht erkennbar ist – sämtliche gegen die Beklagte gerichteten Güteanträge zeitgleich am 05.11.2012 in insgesamt neun Paketsendungen, allesamt bei der Beklagten eingegangen am 08.11.2012, an jene versandt worden sind, wobei in allen 4.500 Verfahren – ebenfalls zeitgleich – der Schlichtungstermin auf den 18.12.2012, jeweils um 15:00 Uhr, anberaumt wurde.
42Bestehen hiernach – wie ausgeführt – vertragliche Ansprüche der Kläger nicht, so vermag auch der Hinweis auf § 826 BGB der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen.
43Die Kammer vermag dem Vortrag der Kläger schon nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihnen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt habe. Sittenwidrig ist ein Verhalten nämlich nur, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Selbst dann, wenn eine vertragliche Aufklärungspflicht besteht, stellt das Unterlassen der an sich gebotenen Aufklärung über regelwidrige Auffälligkeiten einer Kapitalanlage für sich genommen indes regelmäßig keinen Verstoß gegen die guten Sitten dar. Der schwerwiegende Vorwurf der Sittenwidrigkeit ist für den Bereich der Kapitalanlageberatung vielmehr erst dann zu erheben, wenn der Anlageberater trotz positiver Kenntnis von der Chancenlosigkeit einer Anlage hierzu schweigt und er das betroffene Produkt gleichwohl vermittelt (Palandt/Sprau, BGB 73. Auflage, § 826 BGB Rn. 30; BGH, Urt. vom 19.10.2010, Az.: VI ZR 124/09, [Rn. 12, 14] zitiert nach JURIS). Dass die Beklagte indes positive Kenntnis von der Chancenlosigkeit der streitgegenständlichen Beteiligungen gehabt habe, behaupten auch die Kläger nicht.
44Weil sich die Kläger zudem – wie ausgeführt – in Bezug auf jegliche etwa der Beklagten zuzurechnende Täuschung ihre mindestens grob fahrlässige Unkenntnis vorwerfen lassen müssen, wäre überdies jeglicher deliktischer Anspruch gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB kenntnisabhängig, daneben aber auch vor dem Hintergrund des § 199 Abs. 3 S. 1Nr. 1 BGB kenntnisunabhängig verjährt.
45Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 91, 709 ZPO.
46Der Streitwert wird auf 21.474,26 € festgesetzt.
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