Urteil vom Landgericht Köln - 4 O 478/18
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 42.612,41 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.08.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über Rückzahlungsansprüche aus Bausparverträgen.
3Die Klägerin hat mit Herrn C, im folgenden Erblasser genannt, zwei Bausparverträge geschlossen. Ursprünglich waren die Verträge zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der E Gemeinnützige Bausparkasse für den öffentlichen Dienst GmbH, und dem Erblasser geschlossen worden. Ein Bausparvertrag wurde unter der Nummer ####### über eine Bausparsumme von 20.000,00 DM im Jahr 1986 geschlossen. Unter dem 21.09.1989 schloss der Erblasser einen weiteren Bausparvertrag unter der Endziffer 04 über eine Bausparsumme von 16.000,00 DM ab, die noch im gleichen Jahr um 10.000,00 DM auf 26.000,00 DM erhöht wurde. Beide Verträge wurden im Jahr 1993 zusammengelegt.
4Der Erblasser verstarb im Jahr 1993 und wurde ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins von seiner Ehefrau und den Kindern beerbt, Anlage K2. Die Beklagte ist eine Tochter des Erblassers. Die Ehefrau des Erblassers, Frau D, verstarb am 07.04.2017.
5Im Januar 2005 nahm die Beklagte telefonisch Kontakt zur Klägerin auf und erklärte, die Ansprechpartnerin der Erbengemeinschaft zu sein und bat um Umschreibung der Verträge auf die Erbengemeinschaft. Die Verträge wurden in der Folge umgeschrieben und die Beklagte als Ansprechpartnerin geführt. Der Erbschein wurde der Klägerin im Jahr 2008 erstmals vorgelegt. Zur alleinigen Vertretung der Erbengemeinschaft war die Beklagte nicht berechtigt.
6Unter dem 18.12.2014 kündigte die Klägerin die Bausparverträge gegenüber der Beklagten, Anlage K4. Das Abrechnungsguthaben betrug für den Vertrag mit der Endziffer 02 25.982,01 Euro und für den Vertrag mit der Endziffer 01 16.630,44 Euro. Der Betrag wurde der Beklagten mittels Scheck zur Verfügung gestellt. Der Scheck wurde am 24.08.2015 von der Beklagten eingelöst. Die Gesamtsumme ist Gegenstand der vorliegenden Klage.
7Mit Schreiben vom 12.04.2017 wurde die Klägerin von einem anderen Mitglied der Erbengemeinschaft kontaktiert. Ihr wurde mitgeteilt, dass die Beklagte nicht im Auftrag der Erbengemeinschaft tätig geworden sei.
8Mit Schreiben vom 10.11.2017 forderte die Klägerin die Beklagte auf, die an sie ausgezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 42.612,41 Euro spätestens bis zum 30.11.2017 auf ein bei der Klägerin für die Erbengemeinschaft geführtes Konto zurückzuzahlen, Anlage K9.
9Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Rückzahlung verpflichtet. Zinsen schulde sie ab dem Zeitpunkt der Einlösung des Schecks.
10Die Klägerin beantragt,
11die Beklagte zu verurteilen, an sie 42.612,41 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.08.2015 zu zahlen.
12Die Streithelferin schließt sich dem Antrag an.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie behauptet, die Ehefrau des Erblassers sei von dem Erblasser bevollmächtigt worden, im Todesfall alle Rechte und Pflichten aus den Bausparverträgen geltend zu machen und die Verträge auf die Ehefrau des Erblassers umzuschreiben. Die Ehefrau des Erblassers habe am 24.01.2004 eine entsprechende Erklärung abgegeben und um Umschreibung der Verträge auf sich gebeten, Bl. 59 d.A.. Diese Erklärung sei der Klägerin zugegangen.
16Entscheidungsgründe:
17Die zulässige Klage ist begründet.
18Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 42.612,45 Euro aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Die Beklagte hat etwas durch Leistung der Klägerin jedoch ohne Rechtsgrund erlangt.
19Die Beklagte hat von der Klägerin den Betrag in Höhe von 42.612,45 Euro durch einen Scheck erhalten. Hierbei handelte sich um eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens, mithin eine Leistung.
20Dies geschah auch ohne Rechtsgrund. Die Beklagte ist nicht Inhaberin der beiden Bausparverträge geworden. Die Bausparverträge sind in den Nachlass nach dem Erblasser gefallen und stehen der ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem Erblasser zur gesamten Hand zu, nicht jedoch der Beklagten.
21Ursprünglich war der Erblasser der Inhaber der Bausparverträge. Die hieraus resultierenden Ansprüche sind im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbengemeinschaft übergegangen, § 1922 BGB. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn die Ehefrau des Erblassers, wie von der Beklagten vorgetragen, bevollmächtigt gewesen wäre. Allein die Erteilung einer Vollmacht bewirkt nicht, dass die Ehefrau des Erblassers Inhaberin der Ansprüche geworden wäre. Hierzu hätte es einer Verfügung von Todes wegen bedurft, die jedoch nicht vorgetragen ist. Alternativ wäre eine Schenkung unter Lebenden auf den Todesfall denkbar. Allerdings ist auch hierzu nicht vorgetragen. Eine solche Schenkung wäre zudem formunwirksam gewesen. Eine Heilung durch Vollzug käme nicht in Betracht, da die Ehefrau des Erblassers den Betrag aus den Bausparverträgen nicht erhalten hat.
22Letztlich sind die Bausparverträge auch nie aufgrund dieser Vollmacht umgeschrieben worden. Soweit von der behaupteten Vollmacht durch das Schreiben vom 24.01.2004 Gebrauch gemacht worden sein soll, hätte es sich hierbei um ein Angebot zu einer Vertragsumschreibung gehandelt. Der Zugang des Schreibens bei der Klägerin ist jedoch streitig. Das Angebot wurde daher nicht angenommen. Sofern zu einem späteren Zeitpunkt eine Umschreibung auf die Beklagte erfolgte, geschah dies nicht als Reaktion auf dieses Schreiben aus dem Jahr 2004. Dort war gerade eine Umschreibung auf die Ehefrau des Erblassers gewünscht und eine Auskehrung des Guthabens an die Beklagte.
23Dass dieses Schreiben der Klägerin um laufenden Prozess durch die Beklagte übermittelt worden ist, ändert hieran nichts. Die in dem Schreiben enthaltene Erklärung wurde nicht wissentlich und willentlich von der mittlerweile verstorbenen Ehefrau des Erblassers abgegeben.
24Die Nebenforderungen ergeben sich aus §§ 819, 818 Abs. 4, 291 BGB. Die Beklagte haftet gem. §§ 818 Abs. 4, 819 BGB verschärft, da ihr der Mangel des Rechtsgrundes bei dem Empfang der Leistung bekannt war. Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin angegeben, sie sei für die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser vertretungsberechtigt und hat deshalb eine Umschreibung der Bausparverträge begehrt. Ihr war jedoch positiv bekannt, dass sie keine Vertretungsbefugnis für die Erbengemeinschaft besaß. Eine Stundung kann in einer eindeutigen Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung nicht gesehen werden.
25Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101, 709 ZPO.
26Der Streitwert wird festgesetzt auf 42.612,41 Euro.
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Referenzen
- BGB § 812 Herausgabeanspruch 1x
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 819 Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß 2x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 101 Kosten einer Nebenintervention 1x
- BGB § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs 2x
- BGB § 291 Prozesszinsen 1x
- BGB § 1922 Gesamtrechtsnachfolge 1x