Urteil vom Landgericht Köln - 28 O 303/20
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Kopie sämtlicher von der
Beklagten über den Kläger erhobenen und verarbeiteten personenbezogenen Daten in der Rohfassung in einem gängigen elektronischen Format zu erteilen, mit Ausnahme der dem Kläger bereits erteilten Stammdaten (Anlagen 1-14 zum Schriftsatz des Klägers vom
29.05.2020).
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 26 % und die Beklagte zu 74 %.
4. Dieses Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.750 Euro. Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte ist Teil der S -Gruppe, die sog. virtual offices anbietet. Dabei handelt es sich um eine Post-, Telefax- und Telefonadresse, unter der der Kunde für Dritte erreichbar ist; ein physisches Büro kann im Bedarfsfall jeweils dazu gebucht werden. Die einzelnen virtual-office-Center werden jeweils von einer CenterGesellschaft betrieben, die Vertragspartner des Kunden wird. Die Beklagte betreibt das Center „D “ unter der Adresse T Straße 00 in Köln.
3Der Kläger ist Rechtsanwalt und hat einen Kanzleisitz in Brühl. Einen weiteren Kanzleisitz unterhielt er seit 2014 bei der S Köln L GmbH und Co. KG als virtual office unter der Adresse L 00 bis 00 in 50672 Köln (S -Bezeichnung: Center „D1“), zuletzt aufgrund des Vertrags 0000 vom 02.11.2019 mit Laufzeit von sechs Monaten bis zum 30.04.2020. Der Vertrag lief auf Klägerseite über die S1 Legal Services UG des Klägers.
4Wegen Schließung des Centers „D1“ zum 01.02.2020 wurde der Kläger von der S Köln L GmbH & Co. KG angefragt, ob er bereit sei, mit seinem virtuellen Büro in ein anderes Center umzuziehen oder ob er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen würde. Mit E-Mail vom 26.11.2021 teilte der Kläger der S Köln L GmbH&Co. KG mit, dass er das Center im D nehmen wolle, „zu denselben Konditionen wie bisher.“ Zudem sollte der Vertrag auf ihn selbst statt auf die S1 Legal Services UG umgestellt werden (Bl. 43 GA).
5Am 16.12.2019 stimmte der Kläger einem „Virtual Office Servicevertrag“ (Bl. 5 GA) vom 09.12.2021 zu, mit dem sein virtual office auf die Anschrift „D , T Straße 00, 50823 Germany“ übertragen werden sollte. Unter dem Abschnitt „Bemerkungen“ in dem Vertrag heißt es: „Dieser ersetzt den Vertrag
600000 vom 02.11.2019 für das Virtuelle Büro im S Business Center D1 , zum 30.04.2020. Die Sicherheitsleistung aus dem zuvor erwähnten Vertrag wird auf diesen Vertrag übertragen.“ Weiter heißt es: „Ihr Vertragspartner ist S Köln L GmbH & Co. KG.“ Zudem erteilte der Kläger der S Köln L GmbH & Co. KG ein SEPALastschrift-Mandat (Bl. 6 GA). Dabei wurde es von Seiten der S -Gruppe versehentlich versäumt, die Beklagte als neue Vertragspartnerin anzugeben. Die Beklagte betrieb schon damals das Center im D und firmierte damals noch unter dem Namen H GmbH.
7Seit dem 01.02.2020 verwaltete die Beklagte das virtual office des Klägers und stellte dem Kläger Rechnungen. Das monatliche Entgelt für das virtual office betrug 79,00 € netto zuzüglich Umsatzsteuer sowie einer Pauschale von 20,00 Euro für die Weiterleitung von Post zuzüglich Umsatzsteuer.
8Die Beklagte forderte mit E-Mails vom 04.03.2020 und 05.03.2020 von dem Kläger die Zahlung zweier Rechnungen über jeweils 94,01 € (Rechnungsnummer 00000-187INV) und 126,27 € (Rechnungsnummer 00000-371INV) (Bl. 10 GA), eine neue Postvollmacht (Bl. 45 ff., 48 GA) sowie eine neue
9Lastschrifteinzugsermächtigung, wozu der Kläger seine Daten in das Online-Portal der Beklagten eingeben sollte. Der Mail vom 04.03.2021 waren die AGB der Beklagten als Anhang beigefügt (Bl. 50 ff. GA), die für alle Unternehmen der S Gruppe einheitlich sind und dem Kläger auch schon von seinen früheren Verträgen mit der S Köln L GmbH & Co. KG bekannt waren. Gemäß Ziffer 1.4. der AGB verlängert sich ein virtual-office-Vertrag automatisch um die vereinbarte Laufzeit, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt oder anderweitig beendigt wird. Nachdem der Kläger seine Daten mehrfach in das Online-Formular eingegeben hatte, erklärte die Beklagte auf telefonische Nachfrage des Klägers, dass sie einen Datensatz vom Kläger für eine Lastschrifteinzugsermächtigung nicht erkennen könne. Die Kommunikation führte der Kläger dabei mit einer Beschäftigten der Beklagten, der Frau X, die sich in den Signaturen ihrer Mails als Mitarbeiterin der Beklagten zu erkennen gab. Die Postvollmacht erteilte der Kläger und sandte sie an die „S Cologne“ unter der Adresse der Beklagten mit Einschreiben. Die Annahme dieses Schreibens wurde zweimal verweigert (vgl. Bl. 55 GA).
10Der Kläger bat die Beklagte daraufhin am 06.03.2020 per E-Mail um Erteilung einer vollständigen Datenauskunft zu sämtlichen über ihn vorhandenen personenbezogenen Daten, woran er mit E-Mail (und Fax) vom 07.04.2020 nochmals erinnerte (vgl. Bl. 8 GA). Die Beklagte bestätigte telefonisch den Eingang der Anfrage und übersandte dem Kläger am 11.05.2020 eine Antwort per E-Mail (vgl. Bl. 59), in der um Entschuldigung für die Verzögerung wegen eines Verwaltungsrückstaus auf Grund der Corona-Pandemie gebeten wurde.
11Am 18.05.2020 buchte die Beklagte vom Geschäftskonto des Klägers einen Betrag von 455,90 € ab (vgl. Bl. 106 GA). Zugrunde lag dem eine Rechnung vom 15.05.2020 (Rechnungsnummer 5194-2020-698INV) (Bl. 107 ff. GA) über das Entgelt für die Monate März bis Juni 2020 sowie die Weiterleitungspauschale von 20,00 Euro für die Monate Februar bis April 2020 sowie eine Mahngebühr in Höhe von 8,46 €.
12Auf Anfrage des Klägers überließ die Beklagte am 29.05.2020 dem Kläger die Ausdrucke Bl. 23 bis 36 GA aus ihrer EDV, die Kopien der Rohfassung der Stammdaten des Klägers enthielten.
13Am 02.06.2020 kündigte der Kläger den Virtual-Office-Vertrag gegenüber der Beklagten außerordentlich, hilfsweise fristgemäß zum nächstmöglichen Termin (vgl.
14Bl. 78 GA).
15Einer weiteren Abbuchung der Beklagten von 117,81 € vom 18.06.2020, bezogen auf die Rechnung vom 15.06.2020 (Rechnungsnummer 00000-863INV) über das virtuelle Büro für den Juli 2020 und die Weiterleitungspauschale in Höhe von 20 Euro für Mai 2020 (Bl. 122 GA), widersprach der Kläger am 02.07.2020 (vgl. Bl. 106 GA).
16Am 15.07.2020 stellte die Beklagte dem Kläger weitere 113,07 € in Rechnung (Rechnungsnummer 00000-1028INV) für das virtuelle Büro im Monat August 2020 und die Weiterleitungspauschale für Juni 2020(Bl. 126 GA). Am 30.07.2020 (Bl. 175 GA) und 04.08.2020 (Bl. 184 GA) übersandte die Beklagte Mahnungen an den Kläger.
17Am 31.08.2020 stellte die Beklagte dem Kläger weitere 114,84 € in Rechnung (Rechnungsnummer 0000-1401INV) (Bl. 270 GA) für das virtual office im Monat Oktober 2020 und die Weiterleitungspauschale für August 2020. Am 07.09.2020 erhielt der Kläger eine E-Mail der Beklagten mit folgendem Inhalt: „Ihr Vertrag endet am 31 Jul 2020. Ab diesem Zeitpunkt werden die von Ihnen genutzten Dienstleistungen eingestellt (z.B. Telefonservice und Postabwicklung). Darüber hinaus werden wir Ihre kostenlose Lounge-Mitgliedschaft beenden“ (Bl. 275 GA).
18Unter dem 01.03.2021 überreichte die Beklagte dem Kläger eine erweiterte
19Datenauskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, fügte jedoch keine Kopie der Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zusammen (Bl. 323-326 GA).
20Am 18.11.2021 trat die Köln L BC GmbH & Co. KG, die bislang unter dem Namen S L GmbH & Co. KG firmierte, ihre Ansprüche aus dem Vertrag Nr. 00000 an die Beklagte ab, die ihrerseits die Übernahme der Rückzahlung von etwaigen Sicherheitsleistungen an den Kläger erklärte.
21Der Kläger trägt vor, dass er die Datenauskunft benötige, um den Übergang des Vertragsverhältnisses auf die Beklagte zu prüfen, da sie auch zu Rechnungs- und Zahlungsungereimtheiten vorgetragen habe und es Probleme mit der Zustellung bei der Beklagten gegeben habe. Er wisse nicht, mit wem er einen Vertrag geschlossen habe. Die S Köln L GmbH & Co. KG habe ihm damals lediglich mitgeteilt, dass man in das das neue Center in der T Straße umziehen und umfirmieren würde, nicht, dass der ganze Vertrag übergehen würde. Die Übertragung des Vertrags auf die Beklagte sei nach § 126a BGB, 43e BRAO unwirksam. Ihm habe zudem ein außerordentlicher Kündigungsgrund zugestanden. Als Rechtsanwalt habe er sich gemäß § 43e BRAO zuverlässiger Bürodienstleister zu bedienen. Die Vorgängerin der Beklagten habe sich in der Vergangenheit gut um ihre Kunden gekümmert, mittlerweile seien die Geschäftsstrukturen der S Gruppe jedoch soweit digitalisiert, automatisiert und anonymisiert, dass dies zu Lasten der Kunden ginge, was er der Beklagten bereits auch mehrfach mitgeteilt habe. Die Kündigung sei berechtigt, weil die Beklagte den Anforderungen von § 43e BRAO nicht genüge. Die Beklagte habe sich anhaltend als unzuverlässig für den Betrieb eines Kanzleisitzes erwiesen. Für die Abbuchung der 455,90 € fehle es an einer Rechtsgrundlage. Zudem sei nicht klar, welche Leistung die Beklagte ihm gegenüber erbracht habe; er erhebe daher die Einrede des nicht erfüllten Vertrags. Er habe ferner ein Interesse, die Nichtberechtigung der Beklagten zur Abbuchung der weiteren Forderungen zu klären. Die Beklagte berühme sich fortgesetzt eines nicht bestehenden Schuldverhältnisses. Wegen der verzögerten Datenauskunft sei ihm ein Schmerzensgeld von mindestens 500 € pro Monat, mindestens aber 1.000 € zu zahlen. Die Auskunft sei unverzüglich zu erteilen, spätestens jedoch binnen Monatsfrist, was nicht erfolgt sei. Die erste Auskunft sei zudem unvollständig gewesen, da sie nur die Stammdaten enthalten habe. Die Auskunft verhalte sich auch nicht zu internen Vermerken oder der geführten Korrespondenz. Die Beklagte habe ferner vorsätzlich gegen ihre Auskunftsverpflichtung verstoßen. Die Beklagte habe offensichtlich weitere personenbezogene Daten in Besitz. Nach der Erteilung der Auskunft am 01.03.2021 fehle es jedenfalls an der erforderlichen Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO für den Kläger.
22Ursprünglich hat der Kläger mit seiner beim Amtsgericht Köln erhobenen Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine vollständige Datenauskunft zu den bei der Beklagten über ihn vorhandenen personenbezogenen Daten in Kopie zu erteilen. Nachdem er mit Schriftsatz vom 21.07.2020 seine Klage um die Anträge zu 2)-5) erweitert hat (Bl. 102 GA), hat das Amtsgericht Köln die Klage an das Landgericht Köln verwiesen. Mit Schriftsätzen vom 09.09.2020 (Bl. 268 GA) und 11.09.2020 (Bl. 279 GA) hat der Kläger seine Klage um die Anträge zu 5) bzw. 6) erweitert. Nachdem die Beklagte dem Kläger die erweiterte Datenauskunft vom
2301.03.2021 überreicht hat, hat er den Antrag zu1) insoweit mit Schriftsatz vom 09.03.2021 für erledigt erklärt (Bl. 333 GA). Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.03.2021 ausdrücklich angeschlossen.
24Der Kläger beantragt nun,
251) die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine vollständige
26Datenauskunft gemäß Artikel 15 i.V.m. Artikel 4 Nr. 1 und 6 DS-GVO zu den bei der Beklagten über ihn vorhandenen personenbezogenen Daten in Kopie zu erteilen, mit der Maßgabe der Teilerledigungserklärung vom 09.03.2021 (Bl. 333 d.A.).
272) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 455,90 € zurück zu erstatten, zzgl. Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.05.2020;
283) festzustellen, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 117,81 € zustehen;
294) festzustellen, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 113,07 € zustehen;
305) festzustellen, dass die Beklagte keine weiteren Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 114,84 € hat;
316) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die verzögerte Erteilung einer Datenauskunft ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
32Die Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Die Beklagte trägt vor, dass sie dem Kläger bereits mit der E-Mail vom 11.05.2020 eine vollständige Auskunft erteilt habe, jedenfalls aber mit der Nachricht vom 01.03.2021. Sie ist der Ansicht, auch Vertragspartnerin des Klägers zu sein. Die Vertragsabgabe an sich sei mit der S Cologne Kaiser Wilhelm Ring GmbH & Co. KG abgesprochen gewesen. Gegenüber dem Kläger habe die Beklagte die Vertragsübernahme dadurch erklärt, dass sie fortan die Rechnungen gestellt habe.
35Der Kläger habe seine Zustimmung zur Vertragsübernahme dadurch konkludent erklärt, dass er die ersten Rechnungen der Beklagten bezahlt habe. Hinsichtlich der Vertragssituation sei zu beachten, dass sich der auf die Beklagte übergegangene Vertrag mangels Widerspruchs des Klägers gemäß Ziffer 1.4 der AGB der Beklagten (Bl. 50 GA) um sechs Monate bis zum 31.10.2020 verlängert habe, weshalb weiterhin die monatlichen Entgelte für die Büronutzung von 79,00 € zuzüglich
36Mehrwertsteuer und für die pauschale Postweiterleitung von 20,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen seien. Das sei dem Kläger, der seit 2014 Kunde der S -Gruppe sei, auch bekannt. Der Betrag von 455,90 € ergebe sich aus der Abrechnung vom 30.04.2020 (Bl. 107 ff GA); die weiteren Abrechnungen bis einschließlich Oktober 2020 seien ebenfalls zu zahlen. Für die Kündigung des Klägers fehle es an einem Kündigungsgrund. Insbesondere enthalte der VirtualOffice-Vertrag keine Verpflichtung der Beklagten, die Regelungen des § 43e BRAO einzuhalten, was die Beklagte gleichwohl tue. Die Beklagte fungiere lediglich wie ein Postdienstleister. Hinsichtlich der Zustellungen an die Beklagte sei der Vortrag des Klägers nicht nachvollziehbar, da es nicht um Zustellungen an den Kläger selbst gehe. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, selbst bei Annahme einer verspäteten Auskunftserteilung (vgl. Bl. 320 ff GA). Es fehle jedenfalls an einem Verstoß mit einem spürbaren Gewicht, der Kläger habe überhaupt keinen Schaden dargelegt.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
38Entscheidungsgründe:
39Die zulässige Klage ist nur nach ihrem Antrag zu 1) begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
40I.
41Der ursprüngliche Antrag des Klägers ist so auszulegen, dass dieser sowohl eine Auskunft über die von der Beklagten über ihn erhobenen personenbezogenen Daten nach Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO verlangt hat als auch eine Kopie sämtlicher über ihn erhobener und verarbeiteter personenbezogener Daten in der Rohfassung. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schriftsatz vom 01.03.2021 eine Auskunft in Papierform erteilt hat und die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war nur noch über den Anspruch des Klägers auf Erteilung der Kopie zu entscheiden, da der Kläger selbst klar ausgedrückt hat, dass die Beklagte weiterhin sein Recht auf Kopie bestreite. Es ist hingegen nicht weiter vorgetragen, dass die Auskunft selbst unvollständig geblieben ist, so dass insoweit von einer vollständigen Erledigung auszugehen war.
42Die so verstandene Klage ist insgesamt zulässig. Insbesondere hat der Kläger ein Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage nach den Anträgen zu 35), da er sich Forderungen und Mahnungen der Beklagten ausgesetzt sieht.
43II.
44Die Klage ist jedoch nur nach ihrem Antrag zu 1) begründet.
451.
46Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie der bei der Beklagten über ihn verarbeiteten personenbezogenen Daten aus Artikel 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden DS-GVO).
47Gemäß Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO kann die von einer Datenerhebung betroffene Person von dem Verantwortlichen eine Auskunft über sie betreffende personenbezogene Daten im in Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO bestimmten Umfang verlangen. Für die Gestaltung der Darstellung gilt das Transparenzgebot des Art. 12 Abs. 1 DS-GVO, wonach die Auskunft in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln ist (Kühling/Buchner/Bäcker, DSGVO BDSG, 3. Auflage 2020, Art. 15 DSGVO Rn. 32, beck-online; Kremer, CR 2018, 560, 561 Rn. 13, juris).
48Darüber hinaus und in Erweiterung des bislang auf Auskunftserteilung beschränkten Anspruchs aus § 34 BDSG a.F. (Kremer, CR 2018, 560, 563, Rn. 29) gewährt Art. 15 Abs. 3 DS-GVO einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie sämtlicher personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Art. 15 Abs. 3 DS-GVO gewährt einen selbstständigen Anspruch auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten, die über eine Person verarbeitet werden. Dieser ergänzt den Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO und ist nicht mit diesem identisch.
49Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht handelt es sich bei Art. 15 Abs. 3 DSGVO nicht um eine lediglich klarstellende Vorschrift zu Art. 15 Abs. 3 DS-GVO, und mit dem Begriff der Kopie ist auch nicht die gemäß Absatz 1 zu erteilende Kopie gemeint (so aber Wybitul/Neu/Strauch, ZD 2018, 202, 203; Dausend, ZD 2019, 103,
50106 f.; zum Streitstand ausführlich BeckOK-Datenschutzrecht/Schmidt-Wudy, 38. Edition Stand: 01.11.2021, Art. 15 DSGVO Rn. 85, beck-online; offen gelassen in OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019, 20 U 75/18, Rn. 68, BeckRS 2019, 16261). Hiergegen spricht schon die Regelungssystematik des Art. 15 DS-GVO. Die
51Regelung der Kopie in einem eigenständigen Absatz 3 spricht dafür, dass mit der Norm nicht bloß eine Konkretisierung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO beabsichtigt ist (OLG München, Endurteil vom 04.10.2021, § U 2906/20 Rn. 20, BeckRS 2021, 29747; Kühling/Buchner/Bäcker, a.a.O., Art. 15 DS-GVO Rn. 39 m.w.N.). Nach dem Wortlaut der Norm soll der Verantwortliche zudem eine Kopie der personenbezogenen Daten zur Verfügung stellen („a copy of the personal data undergoing processing“). Es deutet nichts darauf hin, dass der Verordnungsgeber mit der Verwendung des neuen Begriffs „Kopie“ bloß die Auskunft im Sinne des Art. 15 DS-GVO gemeint haben könnte. Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für einen eigenständigen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der Rohfassung der verarbeiteten Daten, da der Betroffene nur so in die Lage versetzt wird, den Umfang und Inhalt der ihn betroffenen Daten beurteilen und mit der nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilten Auskunft abgleichen zu können.
52Ein solcher Anspruch steht dem Kläger gegen die Beklagte als Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO zu. Gemäß Art. 15 Abs. 3 S. 3 DS-GVO sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, da der Kläger seinen Antrag elektronisch gestellt hat.
53Dieser Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB vollständig untergegangen. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 01.03.2021 vorgelegte Aufstellung enthält keine Kopien der Daten in der Rohfassung im Sinne von Art. 15 Abs. 3 DS-GVO, sondern es handelt sich um eine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Soweit die Beklagte Erfüllung durch Übersendung des Anlagenkonvoluts 1-14, wie es dem Schriftsatz des Klägers vom 29.05.2020 beigefügt war (Bl. 23-26 GA), geltend macht und behauptet, ansonsten keine Daten über den Kläger verarbeitet zu haben, ist dies vom Kläger in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten worden. Er hat zudem dargelegt, dass die Aufstellung nur die Stammdaten enthalte, offensichtlich aber nicht sämtliche über den Kläger erhobenen Daten, etwa interne Vermerke oder die geführte Korrespondenz. Diese Informationen fallen grundsätzlich ebenfalls unter die verarbeiteten Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, 4 Nr. 1 DS-GVO. Hierzu hat die Beklagte nicht weiter vorgetragen. Die Darlegungs- und Beweislast für den Erfüllungseinwand obliegt jedoch der Beklagten. Einen Beweis für die Behauptung, sie habe sämtliche Auskünfte erteilt, hat sie nicht angeboten.
54Damit liegt lediglich eine teilweise Erfüllung in Bezug auf die Unterlagen Bl. 23-36 GA vor. Bei diesen Dokumenten handelt es sich unstreitig um Kopien der von der Klägerin verarbeiteten Stammdaten. Diese muss die Beklagte im Rahmen der Erteilung der Kopie sämtlicher verarbeiteter Daten über den Kläger nicht erneut vorlegen. Insoweit war die Klage abzuweisen.
552.
56a) Mit ihrem Antrag zu 2) ist die Klage unbegründet. Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Grund ein Anspruch auf Rückzahlung von 455,90 € zu. Ein Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, da die Abbuchung der 455,90 € durch die Beklagte nicht ohne Rechtsgrund erfolgt ist.
57Der Betrag von 455,90 € wurde zur Begleichung der Rechnung vom 18.05.2020 über die Nutzungsentgelte für das virtual office in den Monaten März bis Juni 2020 und die Weiterleitungspauschale von Februar 2020 bis April 2020 abgebucht. Insoweit bestehen Forderungen aus dem virtual-office-Vertrag vom 09.12.2021 in dieser Höhe gegen den Kläger. Dieser Vertrag stellt einen Rechtsgrund dar, auf den sich die Beklagte berufen kann.
58Insoweit ist dem Kläger zwar Recht zu geben, dass dieser Vertrag nicht zwischen ihm und der Beklagten, sondern zwischen ihm und der L BC GmbH & Co. KG, die bislang unter dem Namen S Köln L GmbH & Co. KG firmierte, geschlossen wurde. In dem Vertrag vom 09.12.2019 ist die S Köln L GmbH & Co. KG als Vertragspartner angegeben, so dass nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß den §§ 133, 157 BGB kein Zweifel an deren Vertragspartnerschaft vorliegt. Der Kläger hat dementsprechend auch nur dieser Gesellschaft zunächst eine Einzugsermächtigung erteilt und nicht der Beklagten. Soweit die Beklagte vorträgt, es sei ursprünglich geplant gewesen, dass sie Vertragspartnerin werden solle und nur durch ein Versehen sei die S Köln L GmbH & Co. KG als Vertragspartner eingetragen worden, mag dies einen subjektiven Irrtum auf Seiten der S L GmbH & Co. KG begründen. Da diese den Vertrag aber nicht angefochten hat, hat dieser Irrtum keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Vertrags, § 142 Abs. 1 BGB. Dass der Vertrag in irgendeiner Weise auf die Beklagte übergegangen wäre, hat diese nicht dargetan. Eine Vertragsübernahme ist dem Kläger weder dadurch konkludent angezeigt worden, dass die Beklagte ab Februar 2020 dem Kläger Rechnungen stellte, noch dadurch, dass sich Mitarbeiter des Centers, mit denen er in der Folge Kontakt hatte, als Mitarbeiter der Beklagten zu erkennen gaben. Aus seiner Sicht könnte die Beklagte auch lediglich
59Erfüllungsgehilfin seiner Vertragspartnerin gewesen sein.
60Allerdings hat die L BC GmbH & Co. KG zwischenzeitlich ihre Ansprüche aus dem Vertrag gegen den Kläger an die Beklagte abgetreten, so dass diese die Abbuchung der 455,90 € mit dieser Forderung verrechnen kann und sich somit auf einen Rechtsgrund berufen kann.
61Der Vertrag ist auch nicht unwirksam. Insbesondere ist er nicht durch die außerordentliche Kündigung des Klägers vom 02.06.2020 frühzeitig beendet worden. Einen Kündigungsgrund, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, hat der Kläger nicht dargetan. Er kann sich vor allem nicht auf ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 43e Abs. 2 S. 2 BRAO berufen.
62Gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 BRAO ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, Dienstleister, denen er Zugang zu Tatsachen eröffnet, auf die sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 43a Abs. 2 S. 1 BRAO bezieht, sorgfältig auszuwählen. Nach § 43 Abs. 2 S. 2 BRAO hat er die Zusammenarbeit unverzüglich zu beenden, wenn die Einhaltung der dem Dienstleister zu machenden bestimmten Vorgaben nicht gewährleistet ist. Der Umfang dieser Vorgaben lässt sich § 43e Abs. 3 S. 2 BRAO entnehmen. Es handelt sich insoweit um die Verpflichtung zur Verschwiegenheit, die Verpflichtung, sich nur insoweit Kenntnis von fremden Geheimnissen zu verschaffen, als dies zur Vertragserfüllung erforderlich ist, und die Verpflichtung, weitere Personen zur Erfüllung zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Einen Verstoß der Beklagten gegen diese Vorgaben hat der Beklagte aber nicht dargelegt.
63Es ist schon zweifelhaft, ob dem § 43e Abs. 2 BRAO darüber hinaus ein Gebot zu entnehmen ist, dass sich ein Rechtsanwalt nur solcher Dienstleister bedienen darf, die allgemein zuverlässig sind und ob ihm im Falle einer allgemeinen Unzuverlässigkeit ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht, wie der Kläger meint. Denn auch insoweit hat der Kläger keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine allgemeine Unzuverlässigkeit dargelegt. Soweit er ausgeführt hat, der Service der Beklagten sei in den letzten Jahren allgemein schlechter geworden, stellt dies lediglich seinen persönlichen Eindruck dar. Konkrete Probleme mit der Erbringung der Dienstleitung seitens der Beklagten hat auch der Kläger nicht behauptet. Dass die Postvollmacht mit Einschreiben nicht an die Beklagte zugestellt werden konnte, könnte auch daran liegen, dass der Kläger die Beklagte im Adressfeld mit „S Cologne“ nicht richtig bezeichnet hat. Jedenfalls folgt aus den
64Zustellungsschwierigkeiten für ein Schreiben nicht die allgemeine Unzuverlässigkeit der Beklagten. Der Kläger bemängelt weiter lediglich, dass ihm die gewünschte Datenauskunft nicht rechtzeitig und vollständig erteilt wurde. Dies reicht aber nicht, um von einer allgemeinen Unzuverlässigkeit der Beklagten auszugehen und rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung. Aus der Verzögerung der Auskunft folgt auch nicht, dass die Beklagte in irgendeiner Weise die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet. Soweit der Kläger zuletzt angeführt hat, es sei damit auch gegen Schutzrechte von Mandanten und potentiellen Mandanten aus der DS-GVO verstoßen worden, weil die Beklagte ihm keinerlei Datenauskünfte zu etwaigen Mandantenkontakten etc. zu erteilen bereit gewesen sei, auch nicht im Sinne einer Negativauskunft, verfängt dies nicht. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass ihm eine Auskunft über konkrete Mandantenkontakte verweigert worden sei. Es ist nicht einmal vorgetragen, dass die Beklagte Daten des Klägers zu Mandantenkontakten überhaupt verarbeitet hat. Der Kläger macht dies allein an dem Umstand fest, dass ihm eine Kopie seiner Daten nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO bislang nicht vollständig ist. Da aber der Anspruch auf Erteilung der Kopie und die Reichweite des Anspruchs in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird, kann es nicht eine "allgemeine
65Unzuverlässigkeit" der Beklagten begründen, wenn die Beklagte den Anspruch des Klägers nicht vor einer gerichtlichen Klärung in seinem Sinne erfüllt.
66Der Vertrag ist somit nur durch die hilfsweise erfolgte ordentliche Kündigung wirksam beendet worden, allerdings erst zum Ablauf der Vertragslaufzeit. Der ursprünglich am
6702.11.2019 abgeschlossene Vertrag zwischen dem Kläger und der S Köln L GmbH & Co. KG sollte ursprünglich bis zum 30.04.2020 laufen und wurde durch den Vertrag vom 09.12.2019 ersetzt, wobei die ursprüngliche Laufzeit ausdrücklich beibehalten wurde. Gemäß Ziffer 1.4 der wirksam in den Vertrag einbezogenen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die für die
68S Gruppe einheitlich und dem Kläger bekannt waren, verlängerte sich der Vertrag bis zum 31.10.2020 und war erst danach beendet. Dies betrifft den hier maßgeblichen Leistungszeitraum jedoch nicht.
69Gegen die Höhe der von der Beklagten gestellten Rechnung vom 18.05.2020 bestehen keine Bedenken. Die Rechnung beinhaltet die Entgelte für die Monate März bis Juni 2020 und die Weiterleitungspauschale von Februar bis April 2020 zuzüglich einer Mahngebühr, weil der Kläger mit der Zahlung des Entgelts für März 2020 in Verzug war.
70Soweit der Kläger pauschal die Einrede des nichterfüllten Vertrags erhebt, fehlt es insoweit an schlüssigem Vortrag. Der Kläger hat selbst nicht vorgetragen, dass für ihn ab irgendeinem bestimmten Zeitpunkt kein virtual office vorgehalten oder Post nicht weitergeleitet wurde. Die Beklagte war zudem nur zur Bereitstellung des virtuellen Büros verpflichtet. Ob der Kläger dieses tatsächlich in Anspruch genommen, ist unerheblich.
71b) Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.
723. Die Anträge 3)–5) sind ebenfalls unbegründet. Der Beklagten stehen gegen den Kläger Ansprüche in Höhe von 117,81 €, 113,07 € und 114,84 € aus abgetretenem Recht zu.
73Ursprünglich hatte die L BC GmbH & Co. KG gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung dieser Summen wegen Bereitstellung des virtual office für die Monate Juli, August und Oktober 2020 sowie aufgrund der Weiterleitungspauschale für die Monate Mai, Juni und August 2020. Gegen die Aufstellung in den einzelnen Rechnungen bestehen keine Bedenken.
74Die Forderungen sind wirksam entstanden. Insbesondere war der den Forderungen zugrunde liegende virtual-office-Vertrag vom 09.12.2019 wirksam und nicht außerordentlich oder ordentlich vor Ablauf des 31.10.2020 gekündigt worden. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 2. Bezug genommen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Mail der Beklagten vom 07.09.2020, Bl. 275 GA. Aus Sicht eines objektiven Empfängers war dieser Erklärung nach den §§ 133, 157 BGB kein Rechtsbindungswille für eine rückwirkende Beendigung des Vertragsverhältnisses beizumessen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Nachricht. Dieser lautet: „Ihr Vertrag endet am 31 Jul 2020. Ab diesem Zeitpunkt werden die von Ihnen genutzten Dienstleistungen eingestellt (z.B. Telefonservice und Postabwicklung). Darüber hinaus werden wir Ihre kostenlose Lounge-Mitgliedschaft beenden.“ Es ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte eine Formulierung im Präsens benutzen sollte, wenn sie erklären will, dass der Vertrag zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit geendet haben sollte. Aus Sicht eines objektiven Empfängers ist der Nachricht kein eindeutiger Regelungsgehalt zu entnehmen. Ob es sich bei der Nachricht um ein Versehen handelte oder die Beklagte einen anderen Zweck mit der Mail verfolgt hat, bedarf keiner weiteren Aufklärung.
75Die L BC hat die Ansprüche wirksam an die Beklagte abgetreten, so dass diese die Ansprüche gegen den Kläger geltend machen kann. Damit ist der ursprünglich begründete Antrag des Klägers durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unbegründet geworden.
764.
77a) Der Kläger hat auch schließlich nach dem Antrag zu 6) keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen verzögerter Erteilung der Auskunft aus Art. 15 DS-GVO gegen die Beklagte.
78Als Anspruchsgrundlage kommt allein Art. 82 Abs. 1 DS-GVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
79Zwar liegt, wie oben unter 1. ausgeführt wurde, ein Verstoß gegen die DS-GVO vor, da die Beklagte dem Kläger nicht innerhalb der Monatsfrist nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO erteilt hat und eine Kopie der verarbeiteten Daten nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO noch nicht vorgelegt hat. Die Beklagte ist Verantwortliche im Sinne der Artt. 4 Nr. 7, 82 Abs. 1 DS-GVO.
80Ein Anspruch des Klägers scheitert aber daran, dass diesem kein Schaden entstanden ist.
81In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob zum Einen Voraussetzung des Anspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO lediglich eine Verletzung einer Pflicht aus der DS-GVO ist oder ob tatsächlich ein immaterieller Schaden entstanden sein muss, sowie zum Anderen, ob dieser immaterielle Schaden eine Erheblichkeitsschwelle überschreiten, also über den Ärger über die Verzögerung hinausgehen muss. Der Begriff des Schadens ist nach Erwägungsgrund 146 S. 3 der DS-GVO „weit auf eine Art und Weise auszulegen, die den Zielen dieser Verordnung in vollem Umfang entspricht“.
82Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass diese Fragen bislang ungeklärt sind und hat entschieden, dass ein Gericht im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV diese
83Frage nicht ohne Vorabentscheidungsverfahren entscheiden kann (Bundesverfassungsgericht (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss von 14.1.2021 – 1 BvR 2853/19, RJW 2021, 1005, 1007, insbesondere Rn. 20 m.w.N.
84zum Streitstand).
85Der OGH Österreichs hat dem EuGH die Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der Eintritt eines Schadens beim Betroffenen eine Tatbestandsvoraussetzung ist oder eine Verletzung von Bestimmungen des DS-GVO ausreicht sowie ob eine gewisse Erheblichkeit (Konsequenz von zumindest einigem Gewicht über den hervorgerufenen Ärger hinausgehend) erforderlich ist (OGH Österreich, Beschluss vom 15.4.2021 – 6 Ob 35/21x, ZD 2021, 631).
86Die Kammer ist insoweit an einer Entscheidung nicht gehindert, als dass sie nicht zur Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet ist, da das Urteil mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann.
87Erwägungsgrund 146 S. 3 DS-GVO spricht für eine weite Auslegung des Begriffs des Schadens in Art. 82 Abs. 1 DS-GVO. Damit dürfte etwa eine Erheblichkeitsschwelle in dem Sinne, dass immaterielle Bagatellschäden nicht ausgeglichen werden müssen, nicht zu vereinbaren sein.
88Artikel 82 Abs. 1 DSGVO setzt nach seinem Wortlaut jedoch voraus, dass der betroffenen Person ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Erwägungsgrund 146 S. 1 DS-GVO spricht von Schäden, „die einer Person aufgrund einer Verarbeitung entstehen“. Mit diesem Wortlaut ist eine Auslegung der Norm, nach der die Entstehung eines immateriellen Schadens nicht
89Tatbestandsvoraussetzung ist, nicht zu vereinbaren. Bei einer solchen Auslegung würde ein reiner Strafschadensersatz im Sinne eines „punitive damage“ vorliegen, der der kontinentaleuropäischen Zivilrechtsordnung fremd ist. Es wäre auch nicht zu erklären, warum bei einem immateriellen Schaden die Darlegung eines tatsächlichen entstandenen Schadens entbehrlich sein sollte, bei einem materiellen Schaden hingegen schon. Auf das Erfordernis eines tatsächlich entstandenen immateriellen Schadens kann daher nicht verzichtet werden.
90Einen solchen Schaden hat der Kläger jedoch nicht dargelegt, und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Es handelt sich um einen für beide Seiten geschäftlichen Vertrag mit sehr beschränktem Umfang. Eine gravierende und spürbare Beeinträchtigung des Klägers durch die Verzögerung der Auskunftserteilung, die über den hervorgerufenen Ärger hinausgeht, ist nicht dargetan und auch ansonsten nicht erkennbar.
91b) Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung
92III. Die Kostenentscheidung beruht, soweit die Klage nicht erledigt ist, auf § 92 Abs. 1
93S. 1 ZPO. Soweit der Antrag zu 1) nicht erledigt ist, ist die Kammer von einem Streitwert von 2.500 Euro ausgegangen. Insoweit hat der Kläger auch obsiegt. Im Übrigen obsiegt die Beklagte nach den Anträgen 2)-6). Soweit die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO. Es entsprach billigem Ermessen, der Beklagten insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO hatte und die Beklagte die Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO erst nach Rechtshängigkeit erteilt hat.
94Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
95Streitwert: bis zum 21.07.2020: 5.000 €
96Bis zum 09.09.2020: 5.686,78 € Bis zum 11.09.2020: 5.801,62 € Bis zum 17.03.2021: 6.801,62 €
97Seit dem 18.03.2021: 4.301,62 €
98Rechtsbehelfsbelehrung:
99A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1001. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
1012. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
102Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
103Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
104Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
105Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
106B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem
107Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
108Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden
109Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor
110Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
111Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
112Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
113Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
114,
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Referenzen
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- BGB § 142 Wirkung der Anfechtung 1x
- BGB § 812 Herausgabeanspruch 1x
- BGB § 126a Elektronische Form 1x
- 6 Ob 35/21 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 133 Auslegung einer Willenserklärung 2x
- ZPO § 130a Elektronisches Dokument 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- BRAO § 43 Allgemeine Berufspflicht 2x
- BRAO § 43e Inanspruchnahme von Dienstleistungen 6x
- 1 BvR 2853/19 1x (nicht zugeordnet)
- BRAO § 43a Grundpflichten 1x
- ZPO § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache 1x
- Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 20 U 75/18 1x
- BGB § 157 Auslegung von Verträgen 2x
- BGB § 362 Erlöschen durch Leistung 1x
- § 34 BDSG 1x (nicht zugeordnet)