Urteil vom Landgericht Rostock (3. Zivilkammer) - 3 O 31/13
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin verlangt die Zahlung von Nutzungsentschädigung wegen der Inanspruchnahme einer Teilfläche eines im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstückes durch die Beklagte.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstückes …, bei dem es sich im Wesentlichen um die Verkehrsfläche „A.“ in W. handelt.
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Die Beklagte ist Eigentümerin des mit einem Haus bebauten Flurstücks …. An dem Haus befindet sich ein Verandaanbau, der auf dem klägerischen Flurstück steht und eine Fläche von circa 30 qm einnimmt. Ferner nutzt die Beklagte auf dem klägerischen Grundstück eine Fläche von 4,125 qm, indem sie etwas zurückversetzt hinter die Verandafront eine Tür als Zugang zu einer Tüsche eingebaut hat.
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Der damalige Eigentümer des Grundstücks der Beklagten erhielt Mitte des 19. Jahrhunderts die Genehmigung zur Bebauung des Grundstücks. Bei dem Verandaanbau handelte es sich zunächst um einen Holzbau.
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Am 07.12.1977 erhielt der seinerzeitige Eigentümer des Grundstücks der Beklagten von dem Rat der Stadt Rostock die Genehmigung zur „Generalreparatur des Wohnhauses mit Neubau der Veranda“ (Anlage B 1 GA I/77 = K 13 GA II/23). In dem dem Bauantrag vom 30.08.1977 beigefügten Erläuterungsbericht vom 26.08.1977 war ausgeführt, dass die Veranda in allen Teilen sowie die baufällige Fachwerkwand an der Südseite abzubrechen seien (Ziffer 2.1 Erläuterungsbericht), die Fundamente für die Veranda und die Südwand neu herzustellen seien (Ziffer 2.2 Erläuterungsbericht) und die neuen Wände für die Veranda und die Südseite aus Gas-Beton-Steinen aufzumauern seien (Ziffer 2.3 Erläuterungsbericht). Für die Einzelheiten des Bauantrages vom 30.08.1977 nebst Anlagen wird auf die Anlage K 14, GA II/24, verwiesen.
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Mit Schreiben vom 29.01.2010 (Anlage K 5 GA I/24) vertrat die Klägerin gegenüber der Beklagten unter Berufung auf eine Rechtsprechung des OLG Rostock die Auffassung, der Nutzung des klägerischen Grundstückes liege ein Leihverhältnis zugrunde, welches die Klägerin mit sofortiger Wirkung kündigte, verbunden mit der Aufforderung an die Beklagte, Nutzungsentschädigung zu zahlen.
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Die Klägerin macht nach Klagerweiterung mittlerweile Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 03.02.2010 bis 30.11.2014 in Höhe von insgesamt 8.853,60 EUR geltend. Sie berechnet die Nutzungsentschädigung mit 153,00 EUR pro Monat. Für die Einzelheiten ihrer Berechnung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift und in dem Klagerweiterungsschriftsatz vom 22.10.2014 verwiesen.
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Die Klägerin trägt vor,
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die Trennlinie zwischen Haupthaus und Verandaanbau sei mit der Grundstücksgrenze identisch. Da die Veranda im Zuge der Umbaumaßnahmen im Jahre 1977 neu hergestellt worden sei, handele es sich nicht um einen Überbau im Sinne des § 912 BGB. Es sei mit Nichtwissen zu bestreiten, dass die Tüsche der Erschließung diene und als Zuwegung genutzt werde, über die eine angebliche Einliegerwohnung im Hause der Beklagten ausschließlich zu erreichen sei.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 8.853,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 2.891,70 EUR seit dem 01.10.2011, auf weitere 612,00 EUR seit dem 21.07.2012, auf weitere 918,00 EUR seit dem 04.09.2012, auf weitere 912,90 EUR ab Zustellung der Anspruchsbegründungsschrift vom 30.11.2012 und auf einen weiteren Betrag in Höhe von 3.519,00 EUR ab Zustellung des Schriftsatzes vom 22.10.2014 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor,
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die Errichtung des Haupthauses nebst Verandaanbau sei ursprünglich mit ausdrücklicher Zustimmung des Eigentümers des klägerischen Grundstücks erfolgt. Auch die Durchführung der Umbaumaßnahmen im Jahr 1977 ändere nichts daran, dass der Verandaanbau als Überbau im Sinne von § 912 BGB zu behandeln sei. Aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Erläuterungsbericht vom 26.08.1977 zum Baugenehmigungsantrag ergäbe sich zudem, dass zumindest die Südwand des Haupthauses der Beklagten und der Verandaanbau seit dem Jahr 1977 auf einem einheitlichen Fundament ruhen. Der Verandaanbau verfüge über keine eigene Ver- und Entsorgung, die vollständig vom Haupthaus ausgehe. Zwei Drittel der Verandafläche bildeten mit dem Haupthaus einen einheitlichen Raum, der als Wohnzimmer genutzt werde. Bei Beseitigung des Verandaanbaus stünde das Haupthaus im Erdgeschoss auf einer Fläche von zwei Drittel ohne Außenmauer da.
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Die Tüschenfläche sei für die Erschließung des Grundstückes der Beklagten notwendig und die Fläche werde von der Beklagten aufgrund eines Wegerechtes als Zuweg genutzt. Insbesondere sei eine in dem Haus der Beklagten befindliche Einliegerwohnung ausschließlich über diesen Zuweg erreichbar.
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Für die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Klägerin steht ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis weder für die Fläche, die mit dem Verandaanbau bebaut ist, noch für die Tüschenfläche zu.
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A. Verandaanbau
I.
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Ein etwaiger Herausgabeanspruch der Klägerin hinsichtlich der streitigen Teilfläche nach § 985 BGB ist nicht rechtshängig. Zudem hat die Beklagte hinsichtlich eines durch die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung des Grundstücksleihvertrages möglicherweise weggefallenen Besitzrechts jedenfalls keine positive Rechtskenntnis (§ 990 Abs.1 Satz 2 BGB).
II.
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Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 988 BGB wegen eines unentgeltlich erlangten Besitzes der Beklagten an der streitigen Teilfläche, denn die Klägerin hat den Besitz der Beklagten an der Teilfläche nach der Vorschrift des § 912 BGB zu dulden.
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1. Voraussetzung für einen Überbau im Sinne von § 912 Abs. 1 BGB ist, dass bei der Errichtung eines einheitlichen Gebäudes über die Grenze gebaut worden ist. Ob ein einheitliches Gebäude vorliegt, muss unter Würdigung aller Umstände des Sachverhaltes beantwortet werden. Neben der körperlichen bautechnischen Beschaffenheit kommt es auf die funktionale Einheit an ( BGH, Urteil vom 02.06.1989, V ZR 167/88).
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2. Liegt sachenrechtlich ein Überbau nach § 912 Abs. 1 BGB vor und hat der beeinträchtigte Grundstückseigentümer diesem zugestimmt (rechtmäßiger Überbau), fallen dem Überbauenden erst recht weder Vorsatz, noch Fahrlässigkeit zur Last, so dass der jeweilige Eigentümer des überbauten Grundstücks analog § 912 BGB den Überbau stets zu dulden hat und dem jeweiligen Eigentümer des Stammgrundstücks das Eigentum am überbauten Gebäudeteil und ein Recht zum Besitz an der überbauten Fläche zustehen. Darin liegt eine Verdinglichung der obligatorischen Zustimmung in Ansehung der Duldungspflicht, das heißt der Rechtsnachfolger im Eigentum an dem überbauten Grundstück hat die Überbauung nach § 912 Abs. 1 BGB zu dulden (BGH, Urteil vom 16.01.2004 V ZR 243/03, Textziffer 14, Urteil vom 28.01.2011, V ZR 147/10, Textziffer 37; Roth in Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2009, § 912 BGB, Rn. 69, 71).
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3. Ist ein Gebäudeteil nicht bei der Errichtung eines Gebäudes, sondern nachträglich durch Anbau an ein schon bestehendes Gebäude über die Grenze gebaut worden, findet § 912 BGB zwar keine unmittelbare Anwendung. Die Vorschrift ist aber Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, welcher über den unmittelbar im Gesetz geregelten Fall hinaus auf ähnliche Tatbestände ausgedehnt werden kann. Sie will die mit der Beseitigung eines Überbaus verbundene Zerschlagung wirtschaftlicher Werte vermeiden, die dadurch entsteht, dass sich der Abbruch eines überbauten Gebäudeteils meist nicht auf diesen beschränken lässt, sondern zu einer Beeinträchtigung und Wertminderung auch des bestehen bleibenden, auf eigenem Grund gebauten Gebäudeteils führt. Zu diesem Zweck stellt § 912 BGB das Interesse an dem Erhalt der Gebäudeeinheit über das Interesse des Nachbarn an der Durchsetzung seiner Eigentumsrechte, sofern der Überbauer nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt und der Nachbar dem Überbau nicht sofort widersprochen hat. Diese Wertung kann grundsätzlich auch zum Ausgleich widerstreitender Interessen von Nachbarn herangezogen werden, die bestehen, wenn eine Grundstücksgrenze in Folge nachträglicher Veränderungen eines - zunächst innerhalb der Grenzen errichteten - Gebäudes überbaut wurde. Dabei ist eine entsprechende Anwendung von § 912 BGB nicht auf bestimmte Baumaßnahmen, wie die Erweiterung des vorhandenen Baukörpers, beschränkt. Bei Veränderungen eines bestehenden Gebäudes wird der Grundgedanke des § 912 BGB allerdings nicht in jedem Fall zum Tragen kommen und daher nicht stets von einem Überbau im Rechtssinne auszugehen sei. Dies gilt insbesondere bei nachträglich angefügten Gebäudeteilen, wie Fensterläden und Markisen, weil bei deren Beseitigung nicht von der Zerstörung wirtschaftlicher Werte gesprochen werden kann. Die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung von § 912 BGB hängt deshalb aber nicht von der Art der Baumaßnahme ab, sondern von den mit einem Rückbau verbundenen Folgen. Entscheidend ist, ob sich eine Beseitigung des Überbaus nicht auf diesen beschränken lässt, sondern die Gebäudeeinheit beeinträchtigt und auf diese Weise zwangsläufig zu einem Wertverlust der innerhalb der Grundstücksgrenzen befindlichen Gebäudeteile führt (BGH, Urteil vom 19.09.2008, V ZR 152/07, Textziffer 9 und 10).
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Bei einer Erweiterung des bestehenden Baukörpers ist Voraussetzung, dass das erweiterte Gebäude nun mit wesentlichen Teilen auf zwei Grundstücken steht. Ein Überbau liegt auch dann nicht vor, wenn nachträglich ein Anbau wie z.B. eine Garage errichtet wird, der vollständig auf dem Nachbargrundstück durchgeführt wird und ohne Nachteil für das Hauptgebäude abgerissen werden kann. Anders liegt es, wenn die Garage etwa in Folge eines gemeinsamen Hausdaches in den Baukörper des Gebäudes einbezogen ist und ein Abriß dann auch das sich innerhalb des Grundstücks befindliche Gebäude beeinträchtigt (Roth, aaO, § 912 BGB, Rn. 17).
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4. Selbst bei der Annahme, der Verandaanbau sei nicht zugleich mit dem Haupthaus errichtet worden, ist die Klägerin jedenfalls in analoger Anwendung von § 912 BGB nach den oben ausgeführten Grundsätzen zur Duldung verpflichtet.
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4.1. Dabei ist davon auszugehen, dass die Nutzung der streitigen Teilfläche mit Zustimmung der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängern im Eigentum erfolgt ist. Gegenteiliges hat die Klägerin nicht dargetan. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass die Nutzung der Teilfläche als Verandaanbau von dem ursprünglichen provisorischen Ausbauzustand bis zum heutigen Ausbauzustand mit ausdrücklicher Genehmigung der städtischen Behörden erfolgt ist.
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Selbst wenn die Erteilung der Zustimmung zeitlich in das Jahr 1977 eingeordnet wird, in welchem dem damaligen Eigentümer des Grundstücks der Beklagten die Umbaugenehmigung erteilt worden war, und seinerzeit lediglich der Rat der Stadt Rostock oder ein anderer als Rechtsträger von Volkseigentum und nicht die Klägerin als Eigentümerin des überbauten Grundstücks gehandelt hat, ist die Klägerin an die Zustimmung des seinerzeit Verfügungsbefugten als Rechtsnachfolgerin im Eigentum gebunden. Nach Art. 231 § 5 Abs. 5, Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB ist § 912 BGB auch auf die vor dem 03.10.1990 errichteten Überbauten anwendbar, wenn der Überbau zu DDR-Zeiten errichtet wurde (Roth, aaO, § 912 BGB, Rn. 82). Rechtsträger nach der Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken vom 07.07.1969 waren Verfügungsbefugte in Ansehung des ihnen anvertrauten Eigentum des Volkes (vgl. § 19 Abs. 1 und Abs. 3 ZGB).
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Die Bindung der Klägerin an die vergangenheitlich erteilten Zustimmungen ergibt sich aus der oben zitierten sogenannten Verdinglichung der Zustimmung und der Gesamtrechtsnachfolge der Klägerin in das Eigentum an dem überbauten Grundstück. Dabei kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass eine Zustimmung einer städtischen Behörde lediglich Verwaltungshandeln bedeute, nicht jedoch einer von einem Rechtsträger oder der Klägerin als Verfügungsbefugte über das Eigentum erteilten Zustimmung gleichgesetzt werden könne. Angesichts der historischen Entwicklung der Verandagrundstücke in ganz Warnemünde, die durch baurechtliche, städtebauliche und denkmalschutzrechtliche Bestimmungen gesteuert worden ist und wird, ist es nicht vorstellbar, dass die vertretungsberechtigten Organe der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgänger im Eigentum davon keine Kenntnis hatten oder bei entsprechender Kenntnis nicht sofort Widerspruch erhoben hätten, wenn sie Verandaanbauten nicht erlauben wollten.
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Im übrigen spricht für eine vergangenheitlich erfolgte Zustimmung auch, dass die Klägerin die Nutzung bis zur Kündigung im Jahr 2010 widerspruchslos duldete und selbst in der Kündigung den Einwand rechtswidriger Nutzung in der Vergangenheit nicht erhob.
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4.2. Der Verandaanbau als nachträglicher Anbau erfüllt die oben entwickelten Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 912 BGB. Es kommt nicht darauf an, ob die Trennlinie zwischen Haupthaus und Verandaanbau identisch ist mit der Grundstücksgrenze. Es käme auch nicht darauf an, ob Haupthaus und Verandaanbau auf einem einheitlichen Fundament stehen, weil dies bei nachträglichen Anbauten typischerweise nicht der Fall ist. Im übrigen ergibt sich im vorliegenden Fall aber die Besonderheit, dass nach dem Erläuterungsbericht zum Baugenehmigungsantrag davon auszugehen ist, dass ein einheitliches Fundament insoweit gegeben ist, als die Südwand des Haupthauses und der Verandaanbau neu errichtet worden sind und auf einem neu hergestellten einheitlichen Fundament ruhen.
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Nach dem von der Klägerin nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten verfügt der Verandaanbau nicht über eine eigene Ver- und Entsorgung, welche vielmehr vollständig vom Haupthaus ausgeht. Weiter ist nicht bestritten, dass zwei Drittel der Verandafläche mit dem Haupthaus einen einheitlichen, als Wohnzimmer genutzten Raum bilden und bei Beseitigung des Verandaanbaus das Haupthaus an dieser Seite im Erdgeschoss zu einem großen Teil ohne Außenwand wäre. Eine Beseitigung des Verandaanbaus würde sich deshalb nicht auf diesen beschränken, sondern die Gebäudeeinheit insgesamt beeinträchtigen und auf diese Weise zwangsläufig zu einem Wertverlust des innerhalb der Grundstücksgrenzen der Beklagten befindlichen Haupthauses führen.
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Da somit wegen der Duldungspflicht der Klägerin analog § 912 BGB der Beklagten ein Recht zum Besitz zusteht, kommt ein Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 988 BGB nicht in Betracht.
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B. Tüschenfläche
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Dem Anspruch steht entgegen, dass die Beklagte nach § 917 BGB berechtigt ist, die Tüschenfläche als Notweg zu benutzen, und die Klägerin diese Nutzung zu dulden hat.
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Das klägerische Bestreiten des Vortrages der Beklagten zur Tüschenfläche mit Nichtwissen ist nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Die streitige Tüschenfläche steht im Eigentum der Klägerin. Sie kann sich zu den Verhältnissen an einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstücksteil nicht mit Nichtwissen erklären.
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C. Nebenentscheidungen
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- § 2 Abs. 1 EGBGB 1x (nicht zugeordnet)
- 2004 V ZR 243/03 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- BGB § 988 Nutzungen des unentgeltlichen Besitzers 3x
- BGB § 917 Notweg 1x
- V ZR 167/88 1x (nicht zugeordnet)
- § 19 Abs. 1 und Abs. 3 ZGB 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 987 Nutzungen nach Rechtshängigkeit 1x
- BGB § 912 Überbau; Duldungspflicht 19x
- BGB § 985 Herausgabeanspruch 1x
- V ZR 147/10 1x (nicht zugeordnet)
- V ZR 152/07 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 990 Haftung des Besitzers bei Kenntnis 1x
- ZPO § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht 1x