Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 4 KR 3159/18

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juli 2018 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 2.903,77 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Zahlung von 2.903,77 EUR aufgrund einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin ist ein landesrechtlich (Universitätsklinika-Gesetz Baden-Württemberg) als Hochschulklinik anerkanntes Universitätsklinikum. Die 1938 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte L. K. (im folgenden Versicherte) war bereits im Mai 2010 zur Einleitung einer nichtinvasiven Beatmung in der Abteilung Innere Medizin V – Pneumologie – der Klägerin stationär behandelt worden. Im ärztlichen Entlassbrief vom 12. Mai 2010 hatte Prof. Dr. M.-Q. die Diagnose eines Overlap-Syndroms bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Adipositas Hypoventilationssyndrom (AHS) und obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom gestellt.
In der Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 3. Mai 2011 zur Kontrolle der NIPPV-Therapie (noninvasive positiv pressure ventilation; nichtinvasive Nasenbeatmung) nannte die behandelnde Fachärztin für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie Dr. L. als Diagnosen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation (E66.29+G), obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (G47.31+G) sowie NIPPV-mot. Sauerstofftherapie. In ihrem Arztbrief vom 3. Mai 2011 konkretisierte sie die Diagnose der Adipositas mit alveolärer Hypoventilation (E66.29) näher mit: initial respiratorische Globalinsuffizienz 04/2010 (J96.9), aktuell Normokapnie, schwergradiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, NIPPV mit Langzeitsauerstofftherapie seit 05/2010 und mittelschwere restriktive Ventilationsstörung.
Am 4. Mai 2011 wurde die Versicherte elektiv zur Kontrolle und Optimierung der NIPPV-Therapie stationär im Schlaflabor der Klägerin aufgenommen und am 7. Mai 2011 entlassen. Als Maßnahmen wurden durchgeführt: Polysomnographien, Sauerstofftreppe, Ganzkörperplethysmographie, Atemmuskelfunktionsmessung, 6-Minuten-Gehtest sowie Polygraphie. Im Entlassbrief vom 16. Mai 2011 gab Prof. Dr. M.-Q. als Diagnosen eine respiratorische Globalinsuffizienz bei Overlap-Syndrom (Obesitas-Hypoventilationssyndrom, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, gemischtförmige Ventilationsstörung, Langzeitsauerstofftherapie, leichte restriktive und mittelgradig obstruktive Ventilationsstörung), kardiovaskuläre Risikofaktoren (Adipositas per magna – BMI 44,1 kg/m² –, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus IIb) sowie ein Restless Legs Syndrom an. Im Vergleich zur Voruntersuchung im Juli 2010 habe die FEV1 um 270 ml und der Tiffeneau-Index um 8% zugenommen. Somit bestehe rein formal keine COPD mehr. Der Tiffeneau-Index könne allerdings bei noch leichtgradiger Restriktion falsch normal sein. Die gute Zunahme der Oxigenisierung unter Belastung spreche für die vorwiegende Komponente des Obesitas-Hypoventilationssyndroms als Ursache für die respiratorische Globalinsuffizienz.
Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür unter dem 26. Mai 2011 – abzüglich der Zuzahlung der Versicherten – einen Betrag von insgesamt 3.743,94 EUR in Rechnung. Dem Rechnungsbetrag lag insbesondere die Hauptdiagnose nach dem ICD-10-GM J96.11 (chronische respiratorische Insuffizienz, anderenorts nicht klassifiziert, Typ II [hyperkapnisch]) zugrunde, auf deren Grundlage die Klägerin zur Diagnosis Related Group (DRG) E64A (Respiratorische Insuffizienz, mehr als ein Belegungstag, mit äußerst schweren CC oder Lungenembolie) kam.
Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig und beauftragte sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Überprüfung der Rechnung. Dr. M. kam in seinem Gutachten vom 27. Oktober 2011 zu dem Ergebnis, dass als Hauptdiagnose nicht wie von der Klägerin vorgenommen J96.11, sondern E66.22 (Übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation, Pickwick-Syndrom, Body-Mass-Index [BMI] von 40 und mehr) zu kodieren sei. Daraus resultiere die DRG E63Z (Schlafapnoesyndrom oder kardiorespiratorische Polysomnographie bis 2 Belegungstage).
Hiergegen wandte die Klägerin ein, die Einleitung und Kontrolle der Beatmungstherapie sei eine Behandlung der chronisch respiratorischen Insuffizienz, die in Analogie zur Herz-, Leber- oder Niereninsuffizienz als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Die Grunderkrankung werde in diesen Fällen nicht kodiert. Die Adipositas sei während des Aufenthaltes auch nicht behandelt worden. Die systematische Einordnung der respiratorischen Insuffizienz im Organkapitel X des ICD-10 („Krankheiten des Atmungssystems“) und nicht in das „Symptomkapitel“ XVIII spreche für ein eigenständiges Krankheitsbild. Diese stelle kein Symptom i.S. eines subjektiven Krankheitszeichens dar, das sehr unspezifisch einzelnen Krankheitsbildern zugeordnet werden könne. Vielmehr sei sie anhand der unterschiedlichen diagnostischen Untersuchungsverfahren eindeutig zu verifizieren und präge die Therapiestrategie entscheidend mit. In einem Gutachten vom 30. November 2011 bestätigte Dr. B., MDK, die Kodierung E66.22 als Hauptdiagnose. Bei der Versicherten habe ein Overlap-Syndrom bei Obesitas Hypoventilations-Syndrom vorgelegen, das spezifisch mit E66.22 kodiert werden könne. Die respiratorische Insuffizienz sei ein Symptom dieser Erkrankung und als Nebendiagnose zu kodieren.
Nachdem die Beklagte die Klägerin erfolglos zu einer entsprechenden Korrektur aufgefordert hatte, rechnete sie am 20. Juni 2012 im Rahmen eines Zahlungsavis (Zahlungsmitteilung vom 19. Juni 2012) in Höhe von 2.903,77 EUR mit unstreitigen Forderungen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherten auf.
Am 28. Oktober 2015 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 2.903,77 EUR zzgl. Zinsen. Die von ihr vorgenommene Kodierung der Nebendiagnose J96.11 sei korrekt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens führte sie aus, die Kontrolle der Beatmungstherapie sei eine Behandlung der chronisch respiratorischen Insuffizienz. Diese stelle das zur Aufnahme führende medizinische Problem dar und habe im Fokus der Behandlung gestanden. Die COPD sei hingegen nicht verantwortlich für den Krankenhausaufenthalt gewesen. Selbst wenn man die respiratorische Insuffizienz mit der Beklagten nicht als eigenständige Erkrankung, sondern als Symptom ansehe, sei J96.11 zu kodieren, da die zugrundeliegende Erkrankung vorliegend nicht behandelt worden sei. Dass die respiratorische Insuffizienz im ICD-10-Kapitel XVIII nicht genannt werde, sondern explizit im Kapitel X („sonstige Krankheiten des Atmungssystems“) verortet sei, zeige jedoch, dass es sich um eine Krankheit, nicht nur um ein Symptom handle. Gestützt werde diese Auffassung durch den – beigelegten – Artikel von Prof. Dr. W. in Zusammenarbeit mit dem MDK angehörigen Autoren („Außerklinische Beatmung“), wonach die respiratorische Insuffizienz eine Erkrankung unterschiedlichster Grunderkrankungen sei. Maßgeblich für die Bestimmung der Hauptdiagnose sei die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes. Die von der Beklagten als Hauptdiagnose geforderte übermäßige Adipositas habe jedoch den Krankenhausaufenthalt nicht veranlasst noch sei sie z.B. in Form einer chirurgischen Intervention behandelt worden. Sie sei lediglich als Nebendiagnose zu kodieren. Auch die Forderung, möglichst spezifisch zu kodieren, spreche für die Hauptdiagnose J96.11 aus dem Kapitel X („Krankheiten des Atmungssystems“). Die von der Beklagten geforderte Hauptdiagnose E66.22 finde sich im Kapitel IV („Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten“). Die Versicherte sei in der Pneumologie zur Kontrolle und Optimierung der NIPPV-Therapie behandelt worden, nicht bzgl. endokriner Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten, insbesondere nicht der Adipositas. Ergänzend legte die Klägerin die S2-Leitlinie „Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz“ 2010, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V., vor (im Folgenden S2-Leitlinie).
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Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die MDK-Gutachten vom 27. Oktober und 30. November 2011 sowie Vorlage weiterer MDK-Gutachten entgegen. Dr. M. führte im Gutachten vom 17. November 2015 aus, eine COPD habe bei der Versicherten nicht bestanden und sei im Entlassbrief vom 16. Mai 2011 als Diagnose auch nicht aufgeführt. Entgegen der Ansicht der Klägerin würden Symptome nicht ausschließlich im Kapitel XVIII des ICD-10 aufgeführt, sondern, wie sich bereits aus der Kapitelüberschrift ergebe, nur die, die anderenorts nicht klassifiziert seien. Es habe ein Obesitas-Hypoventilationssyndrom (OHS) mit dem Kode E66.22 vorgelegen, der die übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation beinhalte. Damit sei der Kode E66.22 der spezifische, der das Krankheitsbild mit der alveolären Hypoventilation abbilde. Die Beatmung stelle die Behandlung der alveolären Hypoventilation dar. Dies sei auch der S2-Leitlinie zu entnehmen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei somit nicht nur die respiratorische Insuffizienz behandelt worden. Eine kausale Behandlung sei für die Kodierung der Hauptdiagnose nicht gefordert. In seinen weiteren Gutachten vom 25. Oktober 2016 und 28. April 2017 kritisierte Dr. M., Facharzt für Innere Medizin Dr. V. setze in seinem Gutachten (dazu unten) die beiden unterschiedlichen Krankheitsbilder Adipositas (E66.0-) und Adipositas mit Hypoventilationssyndrom (E66.2-) zu Unrecht gleich; in letzterem sei Krankheit und Symptom enthalten. Mit der Beatmung sei nicht nur ein Symptom, sondern die so erfasste Erkrankung behandelt worden. Eine kausale Behandlung einer Diagnose werde zur Kodierung als Hauptdiagnose nicht gefordert. Auf Maßnahmen zur Gewichtsreduktion komme es daher insoweit nicht an. Ergänzend legte die Beklagte einen Artikel „Außerklinische Beatmung – Konzepte und Therapieempfehlungen“ (Deutsche Medizinische Wochenschrift 2017, 1197 ff.) sowie die S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“, 2017, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, Kurzfassung, (im Folgenden S3-Leitlinie) vor.
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Das SG bestellte Dr. V. zum gerichtlichen Sachverständigen, der in seinem Gutachten vom 18. August 2016 zum Ergebnis kam, die von der Klägerin vorgenommene Kodierung J96.11 als Hauptdiagnose sei korrekt. Aus der Dokumentation der Beklagten gehe hervor, dass eine chronische respiratorische Globalinsuffizienz bestanden habe und ausschließlich diese durch die Fortführung der bereits vor Aufnahme durchgeführten NIPVV-Therapie behandelt worden sei. Dem aufnahmeveranlassenden Symptom „chronische respiratorische Globalinsuffizienz“ habe ein Overlap-Syndrom bei ausgeprägter Adipositas mit Obesitas-Hypoventilationssyndrom und obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom zugrunde gelegen, was bekannt gewesen sei. Die Adipositas sei jedoch nicht behandelt worden. Zwar sei das Symptom „Hypoventilation“ im Kode E66.22 inkludiert. Behandelt worden sei aber nur das die Aufnahme veranlassende Symptom „chronische respiratorische Insuffizienz“, so dass auch nur dieses als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Eine ursächliche Behandlung der adipositasbedingten alveolären Hypoventilation (operativer Eingriff oder Gewichtsreduktion) habe nicht stattgefunden. In Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Beklagten hielt Dr. V. in ergänzenden Stellungnahmen vom 3. April und 19. August 2017 an seiner Einschätzung fest. Zwar sei zutreffend, dass eine kausale Behandlung nicht gefordert werde, vorliegend sei aber lediglich das Symptom - chronische respiratorische Insuffizienz - und nicht die zugrundeliegende Krankheit - Adipositas mit alveolärer Hypoventilation - behandelt worden. Die symptomatische Behandlung von alveolärer Hypoventilation mit respiratorischer Insuffizienz und die Behandlung einer respiratorischen Insuffizienz seien gleich. Vorliegend stelle die bei der Versicherten durchgeführte Beatmung allenfalls eine symptomatische Behandlung des mit einer respiratorischen Insuffizienz einhergehenden Krankheitsbildes „Adipositas mit alveolärer Hypoventilation“ dar.
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Mit Urteil vom 18. Juli 2018 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin 2.903,77 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2012 zu zahlen. Die von der Klägerin vorgenommene Kodierung der Hauptdiagnose J96.11 sei zutreffend. Ein Symptom sei nur als Hauptdiagnose zu verschlüsseln, wenn „nur das Symptom behandelt“ werde; eine auch schwerpunktmäßig auf das Symptom bezogene Behandlung genüge nicht. Eine irgendwie geartete Behandlung der Grunderkrankung, und sei sie auch nur untergeordnet, schließe eine Kodierung des Symptoms als Hauptdiagnose aus. Es sei jedoch nicht erwiesen, dass die chronische respiratorische Insuffizienz vorliegend ein Symptom der Grunderkrankung Overlap-Syndrom bei ausgeprägter Adipositas mit Obesitas-Hypoventilationssyndrom darstelle, diese also als alleinige Grunderkrankung der chronischen respiratorischen Insuffizienz zu werten sei. Nach der S2-Leitlinie werde das Obesitas-Hypoventilationssyndrom durch das Vorliegen einer Adipositas dadurch charakterisiert, dass andere bekannte Ursachen einer Hypoventilation ausgeschlossen werden könnten. Hierzu habe der Arzt der Klägerin Dr. F. im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass es sich bei der Diagnose E66.22 um eine Ausschlussdiagnose handle. Dass andere (bekannte) Ursachen die hier fragliche Hypoventilation bei der Versicherten (im Sinne der akut stationär behandlungsbedürftigen chronisch respiratorischen Insuffizienz) auch hervorgerufen haben könnten, habe nicht ausgeschlossen werden können. So habe Dr. F. nachvollziehbar ausgeführt, dass es sich bei der chronisch respiratorischen Insuffizienz grundsätzlich um ein multifaktorielles Geschehen handle. Dem Entlassbericht der Klägerin vom 12. Mai 2010 sei zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt des damaligen stationären Aufenthaltes für die seinerzeitige respiratorische Globalinsuffizienz sowohl die COPD als auch das Schlafapnoe-Syndrom sowie die Adipositas mit Obesitas-Hypoventilationssyndrom mitursächlich gewesen seien. Dem Entlassbericht vom 16. Mai 2011 könne Abweichendes nicht mit ausreichender Sicherheit entnommen werden. Da die COPD eine chronische, nicht vollständig reversible Erkrankung darstelle, könne nicht ausgeschlossen werden, dass diese wie auch das Schlafapnoe-Syndrom die chronische respiratorische Insuffizienz auch im Zeitraum vom 4. bis 7. Mai 2011 zumindest mitverursacht hätten. Eine Kodierung mit E66.22 sei daher nicht möglich. Daher verbleibe es bei der von der Klägerin kodierten Hauptdiagnose J96.11. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei auch nicht die S3-Leitlinie, sondern die S2-Leitlinie als die für die vorliegende Fragestellung Spezifischere heranzuziehen.
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Gegen dieses ihr am 8. August 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3. September 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft hat. Entgegen der Auffassung des SG gebe es keinen medizinischen Zweifel, dass die Beurteilung im Entlassbrief vom 16. Mai 2011 (vorwiegende Komponente des Obesitas-Hypoventilationssyndroms als Ursache der respiratorischen Globalinsuffizienz) fehlerhaft wäre. Das Vorliegen einer COPD sei dort explizit ausgeschlossen und dementsprechend nicht mehr als Diagnose angeführt worden. Die in der Lungenfunktion belegte obstruktive Ventilationsstörung sei nicht so ausgeprägt gewesen, dass sie eine Beatmung hätte begründen können. Auch lege die S3-Leitlinie an die Diagnose des Obesitas-Hypoventilationssyndroms etwas andere Kriterien an („Hypoventilation ist nicht in erster Linie durch eine andere Erkrankung definiert“). Weshalb die S2-Leitlinie die spezifischere sein solle, habe das SG nicht begründet. Sowohl im Entlassbrief vom 16. Mai 2011 als auch von Dr. L. sei diese Diagnose gestellt worden. Auch in der S2-Leitlinie werde die NIVVP-Therapie als Therapie des Obesitas-Hypoventilationssyndroms genannt. Da die stationäre Aufnahme zur Kontrolle und Einstellung der NIPPV-Therapie erfolgt sei, habe das Obesitas-Hypoventilationssyndrom hauptsächlich zur Aufnahme geführt und sei als Hauptdiagnose zu kodieren. Konkurrierende Hauptdiagnosen hätten nicht vorgelegen. Ergänzend hat die Beklagte einen Beitrag (Möller/Makoski: Der Arztbrief – Rechtliche Rahmenbedingungen, KrV 05.15 S. 186 ff.) vorgelegt.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juli 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens hat sie ausgeführt, die Kontrolle der Beatmungstherapie sei eine Behandlung der chronisch respiratorischen Insuffizienz. Diese habe im vorliegenden Behandlungsfall das zur Aufnahme führende medizinische Problem dargestellt und ausschließlich im Fokus der Behandlung gestanden. Die Einstellung oder Verbesserung des Gasaustausches durch Sauerstoffgabe oder einer Beatmungsform entspreche der Behandlung der respiratorischen Insuffizienz und nicht einer Grunderkrankung. Die von der Beklagten weiterhin geforderte übermäßige Adipositas (Fettleibigkeit) habe weder den stationären Krankenhausaufenthalt im vorgenannten Sinne veranlasst, noch sei sie beispielsweise in Form einer chirurgischen Intervention behandelt worden. Auf nochmalige klägerseitige Nachfrage habe der stellvertretende Leiter ihrer Fachabteilung für Pneumologie Dr. F. mitgeteilt, der bei der COPD durch die chronische Entzündung bewirkte Umbau der Atemwege sei irreversibel; eine Ausheilung sei nicht möglich. Eine FEV1 unter 70% des Solls wie in dem vorliegenden Fall belege eine Obstruktion der Atemwege. Hier könne nicht von einem „Nicht mehr Vorhandensein“ der COPD gesprochen werden. Des Weiteren habe die chronische Entzündung mit ihrer systemischen Wirkung zur Folge, dass eine Erschöpfung der Atempumpe schneller erreicht werde, was in der zu kodierenden ventilatorischen Insuffizienz münde. Die beim „Adipositas-Hypoventilationssyndrom“ vorausgesetzte alleinige Ursächlichkeit der Adipositas für die ventilatorische Insuffizienz liege wegen der COPD als konkurrierende Ursache nicht vor. Die pneumologische S2-Leitlinie formuliere den Sachverhalt präziser als die somnologische S3-Leitlinie, die nicht das gesamte Spektrum der Pneumologie, wie die pneumologische Erkrankung COPD, berücksichtige. Auch sei die Versicherte nicht rein somnologisch, sondern pneumologisch behandelt worden. Die erhobene Lungenfunktion diene lediglich dazu, die Diagnose COPD zu sichern und zu demonstrieren, dass die COPD als irreversible Erkrankung bei der Patientin vorliege, sage aber nichts über die Notwendigkeit einer Beatmung aus. Anhand der Blutgasanalyse könne nicht differenziert werden, ob die COPD oder die Adipositas oder beides zusammen für das Atempumpversagen (ventilatorische Insuffizienz = hoher Kohlendioxidpartialdruck im Blut) ursächlich sei.
19 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG, die von der Klägerin vorgelegte Patientenakte des Versicherten sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei Berufungseinlegung betrug 2.903,77 EUR und damit mehr als 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
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2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Zahlung der Restvergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 4. bis 7. Mai 2011 in Höhe von 2.903,77 EUR zzgl. Zinsen hieraus ab dem 21. Juni 2012, dem Folgetag der Aufrechnung.
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3. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 2.903,77 EUR zzgl. Zinsen aufgrund der stationären Behandlung der Versicherten im Zeitraum vom 4. bis 7. Mai 2011. Zu Recht hat die Beklagte in dieser Höhe gegen andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet.
24 
a) Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Dezember 2019 - B 1 KR 19/19 R - juris, Rn. 8 m.w.N.). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 253 Rn. 132).
25 
b) Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung der Versicherten im Zeitraum vom 4. bis 7. Mai 2011 in Höhe von (weiteren) 2.903,77 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2012 zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin (zunächst) geltend gemachten Betrag in Höhe von 3.743,94 EUR gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte aufgerechnet.
26 
aa) Der mit der erhobenen Leistungsklage verfolgte Vergütungsanspruch der Klägerin aus anderweitigen Krankenhausbehandlung anderer Versicherter der Beklagten ist unstreitig. Darauf, welchen Vergütungsanspruch die Klägerin auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 10), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 8 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 9).
27 
bb) Der anderweitige Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erlosch dadurch, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam die Aufrechnung erklärte (vgl. BSG, BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 – B 1 KR 2/19 R – juris, Rn. 9; Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R –, juris, Rn. 33 m.w.N.). Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch waren gegenseitig und gleichartig, der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Der Beklagten steht insoweit als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 2.903,77 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten: BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 24/13 R – juris, Rn. 10), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte in der streitigen Höhe ohne Rechtsgrund.
28 
Die Beklagte hat die Aufrechnung unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts wirksam erklärt. Die Aufrechnungserklärung muss nicht ausdrücklich abgegeben werden, aber zumindest den Aufrechnungswillen sowie sowohl die Haupt- als auch die Gegenforderung zumindest im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) hinreichend konkret bezeichnen. Dabei ist auf den für die Auslegung von Willenserklärungen maßgebenden objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Für den Fall nicht eindeutiger Erklärungen des Aufrechnenden schafft die Verweisung des § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB auf § 366 BGB eine Erleichterung, die die Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung sichert (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 R – juris, Rn. 16 m.w.N.). Die Beklagte machte nach diesen Grundsätzen ihren Aufrechnungswillen hinreichend deutlich. In ihrer Zahlungsmitteilung vom 19. Juni 2012, die unter Angabe von Rechnungsdatum und -nummer, Belegnummer und Behandlungsfall nach der Versicherten den nach ihrer Ansicht zu Unrecht gezahlten Betrag in Höhe von 2.903,77 EUR auswies und positiven Beträgen der als berechtigt angesehenen Vergütungsansprüche gegenüberstellte, kommt der Aufrechnungswille der Beklagten nach dem objektiven Empfängerhorizont hinreichend deutlich zum Ausdruck (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 17). Dementsprechend geht auch die Klägerin von einer Aufrechnung aus und wandte hiergegen lediglich ein, die von der Beklagten vorgenommene Kodierung der Hauptdiagnose sei nicht korrekt.
29 
Der Beklagten steht insoweit als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 2.903,77 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten: BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 24/13 R – juris, Rn. 10), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte insoweit ohne Rechtsgrund. Die Klägerin hatte keinen weitergehenden Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Behandlung der Versicherten vom 4. bis 7. Mai 2011.
30 
(1) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (jeweils i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009, BGBl. I, S. 534) i.V.m. der Anlage 1 Teil a der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 [FPV 2011]) i.V.m. § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; i.d.F. durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz, a.a.O.) i.V.m. dem Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg, festgesetzt durch die Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21. September 2005, gültig ab 1. Januar 2006.
31 
Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 SGB V das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften als Abschluss des Versorgungsvertrages (§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2019 - B 1 KR 19/19 R - juris, Rn. 10; Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 8 und – B 1 KR 26/13 R – juris, Rn. 8). Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
32 
(2) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Beklagte ist – wie sie auch nicht bestreitet – verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten in der Klinik der Klägerin für den Zeitraum vom 4. bis 7. Mai 2011 zu vergüten. Bei der Versicherten lagen bei Aufnahme in das nach § 108 Nr. 1 SGB V zugelassene Krankenhaus der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung vor. In der Zeit vom 4. bis 7. Mai 2011 war sie krankenhausbehandlungsbedürftig. Auch dies steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht in Streit.
33 
(3) Vorliegend ist die DRG-Fallpauschale DRG E63Z zugrunde zulegen. Denn als Hauptdiagnose ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht J96.11, sondern E66.22 zu kodieren.
34 
(a) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragspartner (§ 11 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 KHG - Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Comorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
35 
Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten – dem ICD-10 – in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung („Kodierung“) haben die Vertragspartner auf Bundesebene „Kodierrichtlinien“ beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 7/12 R – juris, Rn. 12). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 12 m.w.N.).
36 
Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben; dabei gibt es grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen (z.B. BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 – B 1 KR 35/18 R – juris, Rn. 13; Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R – juris, Rn. 14; Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 13 m.w.N.). Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 7/12 R – juris, Rn. 13 m.w.N.; Urteil des Senats vom 21. März 2014 – L 4 KR 5233/12 – nicht veröffentlicht).
37 
(b) Die Hauptdiagnose ist nach DKR D002f definiert als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. In den Erläuterungen hierzu heißt es weiter: „Der Begriff 'nach Analyse' bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war.“
38 
(aa) Auch wenn diese Definition zunächst nur undifferenziert von einer „Diagnose“ ausgeht, zeigt der weitere Text (insbesondere „diejenige Krankheit“), dass grundsätzlich – vorbehaltlich spezieller abweichender Regelungen („Zuweisung eines Symptoms als Hauptdiagnose“) – die „Krankheit“ zu kodieren ist und nicht ein durch sie ausgelöstes Symptom (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 20. März 2018 – B 1 KR 25/17 R – juris, Rn. 16). Eine eigene Begriffserklärung hierzu enthalten die DKR nicht. Jedoch wird erläutert, dass „Schlüsselnummern für Symptome, Befunde und ungenau bezeichnete Zustände aus Kapitel XVIII [des ICD-10] Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind, nicht als Hauptdiagnose zu verwenden sind, sobald eine die Symptomatik, etc. erklärende definitive Diagnose ermittelt wurde“. Die Krankheit meint somit insbesondere eine die Symptomatik erklärende definitive Krankheitsdiagnose. Eine erklärende definitive Diagnose schließt den Anwendungsbereich des Kapitels XVIII ICD-10 und damit auch die Kodierung eines Symptoms in diesem Sinne aus. Ob eine Diagnose eine die Symptomatik erklärende definitive Diagnose ist, bestimmt sich nicht nach einem außerhalb der Abrechnungsbestimmungen liegenden Maßstab im Sinne eines besonders qualifizierten medizinisch-wissenschaftlichen Verständnisses des Krankheitsgeschehens. Insbesondere geht es auch nicht um die Feststellung einer „Letztursache“. Maßstab sind allein die Abrechnungsbestimmungen selbst (spezifischer Sprachgebrauch des Krankenhausvergütungsabrechnungssystems, Senatsurteil vom 14. Oktober 2016 – L 4 KR 4876/15 – juris, Rn. 30). Ist eine zutreffend erhobene Diagnose einer Diagnose im ICD-10 zuzuordnen, die dort als erklärende definitive Diagnose eingeordnet ist, schließt sie ungeachtet ihrer Erklärungstiefe die Kodierung einer Symptomdiagnose aus (BSG, a.a.O.). Nach dem Regelungssystem von DKR D002f und ICD-10, insbesondere Kapitel XVIII, ist daher von einem „Symptom“ im Sinne der Abrechnungsvorschriften auszugehen, wenn dieses im Kapitel XVIII ICD-10 erfasst ist. Dagegen handelt es sich im Sinne der Abrechnungsvorschriften um eine „Krankheit“, wenn die entsprechende Diagnose in einem als solchen bezeichneten „Krankheiten“-Kapitel erfasst wird, auch wenn dieser nach qualifiziertem medizinisch-wissenschaftlichem Verständnis wiederum eine weitere Krankheitsursache zugrunde liegt. Auch die Einleitung des Kapitels XVIII ICD-10 besagt, dass diejenigen Symptome, die mit ziemlicher Sicherheit auf eine bestimmte Diagnose hindeuten, unter den entsprechenden Kategorien in anderen Kapiteln der Klassifikation aufgeführt sind, mithin bei Einordnung in ein „Krankheiten“-Kapitel im Sinne der Abrechnungsvorschriften Krankheiten darstellen. Dafür sprechen auch die zur Frage der Kodierung von Krankheit oder Symptom in DKR D002f genannten Beispiele 2 bis 4, die als Symptom keine in „Krankheiten“-Kapiteln gelisteten Diagnosen anführen, sondern solche des Kapitels XVIII (z.B. „Aszites“ ICD-10 R18 oder „Fieber“ R50.-). Zu verschlüsseln ist aber immer der Kode für die spezifische Erkrankung (DKR S. XVII).
39 
Unter Beachtung dieses Maßstabes stellt die chronische respiratorische Insuffizienz, anderenorts nicht klassifiziert, Typ II [hyperkapnisch] eine Krankheit im Sinne der DKR D002f dar. Denn sie ist im ICD-10 mit J96.11 Kapitel X (Krankheiten des Atmungssystems), also einem „Krankheiten“-Kapitel erfasst. Der Senat folgt somit aus rechtlichen Gründen der Abrechnungsvorschriften nicht der entgegenstehenden Auffassung des Sachverständigen Dr. V. und der Gutachten von Dr. M. und Dr. B., die respiratorische Insuffizienz stelle ein lediglich Symptom dar. Aus den gleichen Gründen handelt es sich bei übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation, Body-Mass-Index [BMI] von 40 und mehr, um eine Krankheit in diesem Sinne. Denn sie ist im ICD-10 mit E66.22 Kapitel IV (Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten), also ebenfalls einem „Krankheiten“-Kapitel erfasst.
40 
(bb) Dabei stellt die Diagnose E66.22 die spezifischere Erkrankung dar. Als respiratorische Insuffizienz bezeichnet man eine Störung des pulmonalen Gasaustausches mit pathologisch veränderten Blutgaswerten. Dies entnimmt der Senat den sachverständigen Ausführungen von Dr. V. Nach dem von der Beklagten vorgelegten Artikel „Außerklinische Beatmung – Konzepte und Therapieempfehlungen“ kann eine respiratorische Insuffizienz zwei grundsätzlich verschiedene Störungen nach sich ziehen: Typ I: pulmonale Insuffizienz = Gasaustauschstörung und Typ II: ventilatorische Insuffizienz = Insuffizienz der Atempumpe. Dies entspricht der Darstellung der ventilatorischen Insuffizienz in der S2-Leitlinie (Punkt 3.1 S. 210). Danach erfolgt die Aufnahme von Sauerstoff (O2) und die Abgabe von CO2 über das respiratorische System, das aus dem gasaustauschenden System (Lunge) und dem ventilierenden System (Atempumpe) besteht. Bei der pulmonalen Insuffizienz ist nur die O2-Aufnahme klinisch relevant gestört, während eine ventilatorische Insuffizienz (Atempumpinsuffizienz) eine Störung sowohl der O2-Aufnahme als auch der CO2-Abgabe nach sich zieht. Entsprechende Ausführungen finden sich in dem von der Klägerin vorgelegten Artikel „Außerklinische Beatmung“. Dies entspricht des Weiteren der von der Klägerin vorgebrachten Darstellung von Dr. F., wonach sich die Begrifflichkeiten heute etwas geändert hätten. Früher umfasste danach der Begriff „respiratorische Globalinsuffizienz" sowohl einen Sauerstoffmangel im Blut als auch das Vorliegen eines erhöhten Kohlendioxidpartialdruckes im Blut (= ventilatorische Insuffizienz). Heute spricht man nur von einer respiratorischen Insuffizienz, wenn ein Sauerstoffmangel im Blut vorliegt und der Kohlendioxidpartialdruck aber nicht erhöht ist. Ist der Kohlendioxidpartialdruck im Blut erhöht, spricht man von einer ventilatorischen Insuffizienz. Dabei kann die für die ventilatorische Insuffizienz relevante Störung der Atempumpe durch unterschiedliche (Grund-)Erkrankungen bedingt werden. Dies ergibt sich zunächst aus der S2-Leitlinie (Punkt 3.1 S. 210/211). Danach sind entsprechend der Komplexität der Atempumpe ihre potentiellen Störanfälligkeiten vielfältig, wobei die zentralen Atemregulationsstörungen, Neuromuskuläre Erkrankungen, Thoraxdeformitäten, COPD sowie Obesitas-Hypoventilations-Syndrom die Hauptursachen einer ventilatorischen Insuffizienz sind. Häufig ist die Ätiologie der ventilatorischen Insuffizienz multifaktoriell bedingt. Dies wird übereinstimmend in beiden vorgelegten Artikeln „Außerklinische Beatmung“ und „Außerklinische Beatmung – Konzepte und Therapieempfehlungen“ bestätigt. Schließlich bestätigte auch der Sachverständige Dr. V. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. April 2017, dass sich die behandelte chronische respiratorische Insuffizienz nicht nur bei der Adipositas mit alveolärer Hypoventilation, sondern auch bei anderen Krankheiten finde. Die Diagnose J96.11 bezeichnet mithin ein Krankheitsgeschehen, ohne nach der zugrunde liegenden Grunderkrankung(en) zu differenzieren. Dagegen wird bei der Diagnose der übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation, BMI von 40 und mehr die die respiratorische Insuffizienz bedingende Grunderkrankung gerade bezeichnet. Dies entnimmt der Senat den sachverständigen Ausführungen von Dr. V. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. August 2017. Danach ist die alveoläre Hypoventilation gekennzeichnet durch eine unzureichende Belüftung der Lungenbläschen (Alveolen), die eine Störung des pulmonalen Gasaustausches mit pathologisch veränderten Blutgaswerten, also eine respiratorische Insuffizienz zur Folge hat. Übereinstimmend hiermit wird in der S2-Leitlinie und den vorgelegten Aufsätzen, wie dargelegt, die übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation als eine die respiratorische Insuffizienz verursachende Krankheit (Obesitas-Hypoventilationssyndrom) beschrieben. E66.22 ist mithin die spezifischere Bezeichnung im Sinne der Abrechnungsvorschriften. Dem steht nicht entgegen, dass die übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation im Kapitel IV (Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten) geführt wird, also nicht im dem Atemwegserkrankungen. Denn der Kode J96.11 setzt gerade voraus, dass eine Klassifikation andernorts nicht vorliegt. Eine solche andere Klassifikation stellt systemintern der Kode E66.22 dar.
41 
(cc) Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist entgegen der Auffassung der Klägerin die Diagnose E66.22 zu Recht gestellt worden. Der Kode ist im ICD-10 lediglich umschrieben mit übermäßiger Adipositas mit alveolärer Hypoventilation und Pickwick-Syndrom, was lediglich eine veraltete Bezeichnung des Obesitas-Hypoventilationssyndroms darstellt. Ein Ausschlusstatbestand ist hier nicht formuliert. In der S2-Leitlinie (Punkt 9.1) wird zum Obesitas-Hypoventilationssyndrom ausgeführt, dieses sei definitionsgemäß durch das Vorliegen einer Adipositas (BMI > 30 kg/m²) in Kombination mit einer chronisch alveolären Hypoventilation und konsekutiver Hyperkapnie (PaCO2 > 45 mmHg) im Wachzustand unter Ruheatmung, nach Ausschluss anderer bekannter Ursachen einer Hypoventilation, sowie schlafbezogener Atmungsstörungen charakterisiert. Dagegen nennt die S3-Leitlinie (Tabelle 6 S. 13 der vorgelegten Kurzfassung) als Diagnosekriterium neben der Hyperkapnie und der Adipositas: „Hypoventilation nicht in erster Linie durch eine andere Krankheit definiert“. Hinsichtlich der genauen Anforderungen an das dritte Diagnosekriterium fehlt es somit offenbar an einem übergreifenden Konsens in den ärztlichen Anschauungen. Entgegen der Ansicht der Klägerin und des SG kann vorliegend die pneumologische S2-Leitlinie nicht als spezifischer gegenüber der somnologischen S3-Leitlinie angesehen werden, weil die Versicherte pneumologisch behandelt worden sei. Die stationäre Aufnahme erfolgte im Schlaflabor der Klägerin; durchgeführt wurden nicht nur pneumologische Untersuchungen, sondern mit Polysomnographien auch schlafmedizinische Verfahren. Die behandelnden Lungenfachärzte der Versicherten haben ausdrücklich die Diagnose der übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation bzw. eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms gestellt. Dr. L. nannte in der Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 3. Mai 2011 als Diagnosen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation (E66.29, also ohne nähere Bezeichnung des BMI) und obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (G47.31); eine COPD wird nicht genannt. In ihrem Arztbrief vom 3. Mai 2011 konkretisierte sie die Diagnose der Adipositas mit alveolärer Hypoventilation (E66.29) näher mit: initial respiratorische Globalinsuffizienz 04/2010 (J96.9), aktuell Normokapnie, schwergradiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, NIPPV mit Langzeitsauerstofftherapie seit 05/2010 und mittelschwere restriktive Ventilationsstörung. Eine obstruktive Ventilationsstörung benannte sie – im Gegensatz zum Arztbrief vom 20. Juli 2010 (u.a. obstruktive und restriktive Ventilationsstörung, DD: COPD) – nicht. Der Arztbrief vom 3. Mai 2011 datiert zwar vor Beginn des stationären Aufenthalts, kann aber gleichwohl hier herangezogen werden. Denn die stationäre Abklärung führte nach Auswertung der dort erhobenen Befunde, gerade zu keinem anderen Ergebnis, wie der Entlassbrief vom 16. Mai 2011 zeigt. Dieser benennt als Diagnose – soweit hier relevant – eine respiratorische Globalinsuffizienz bei Overlap-Syndrom (Obesitas-Hypoventilationssyndrom, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, gemischtförmige Ventilationsstörung, Langzeitsauerstofftherapie, leichte restriktive und mittelgradig obstruktive Ventilationsstörung). Die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms zeigt, dass die Hypoventilation keiner anderen Erkrankung zugeordnet wurde, insbesondere nicht einer COPD. Nach den von der Klägerin wiedergegebenen Ausführungen wandte Dr. F. insoweit ein, dass der bei der COPD durch die chronische Entzündung bewirkte Umbau der Atemwege irreversibel und eine Ausheilung daher nicht möglich sei. Da bereits im Entlassbrief vom 12. Mai 2010 über den ersten stationären Aufenthalt eine COPD beschrieben worden sei, sei diese nicht „nicht mehr vorhanden“. Der Schaden, der bereits entstanden sei, werde nicht wieder „verschwinden" selbst wenn junge Assistenzärzte das fälschlich in einem Arztbrief schrieben. Auch belege eine FEV1 unter 70% des Solls wie in dem vorliegenden Fall eine Obstruktion der Atemwege. Des Weiteren habe die chronische Entzündung mit ihrer systemischen Wirkung zur Folge, dass eine Erschöpfung der Atempumpe schneller erreicht werde. Der maßgebliche Entlassbrief vom 16. Mai 2011 wurde hingegen nicht nur von einem „jungen Assistenzarzt“ unterschrieben, sondern auch vom Leitenden Oberarzt sowie dem Ärztlichen Direktor. Einen „Anfängerfehler“ in der ärztlichen Bewertung schließt der Senat daher aus. Anhand der von ihnen während des stationären Aufenthalts erhobenen Befunde haben die behandelnden Ärzte wegen der Werte der FEV1 und des Tiffeneau-Index festgestellt, dass rein formal keine COPD bestand. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass der Tiffeneau-Index bei noch leichtgradiger Restriktion falsch normal sein könne. Dass dies der Fall war, wurde aber durch Auswertung der während des stationären Aufenthalts erhobenen Befunde gerade nicht festgestellt. Des Weiteren wurde im Entlassbrief das Ergebnis des 6-Minuten-Gehtests ausgewertet und festgehalten, dass dieser „für die vorwiegende Komponente“ des Obesitas-Hypoventilationssyndroms für die respiratorische Globalinsuffizienz spricht. Zwar bedeutet vorwiegend nicht alleinig, aber bezieht sich dies auch allein auf die Bewertung der Ergebnisse dieses angeführten Tests. Die abschließende Diagnose wird jedoch als Gesamtbewertung aller erhobenen Zwischenergebnisse (rein formal keine COPD, 6-Minuten-Gehtest etc.) gestellt. Trotz der Einwände von Dr. F. sieht der Senat daher die Diagnose Obesitas-Hypoventilationssyndrom als zu Recht gestellt an.
42 
(dd) Die übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation war auch nach Analyse hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Aufenthalts.
43 
Nach der weiteren Erläuterung unter DKR D002f bezeichnet der Begriff „nach Analyse” die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war. Die dabei evaluierten Befunde können Informationen enthalten, die aus der medizinischen und pflegerischen Anamnese, einer psychiatrischen Untersuchung, Konsultationen von Spezialisten, einer körperlichen Untersuchung, diagnostischen Tests oder Prozeduren, chirurgischen Eingriffen und pathologischen oder radiologischen Untersuchungen gewonnen wurden. Für die Abrechnung relevante Befunde, die nach der Entlassung eingehen, sind für die Kodierung heranzuziehen. Die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen.
44 
Die stationäre Aufnahme erfolgte zur Kontrolle und Optimierung der 2010 eingeleiteten NIPPV-Therapie der Versicherten bei respiratorischer Globalinsuffizienz bei Overlap-Syndrom. Dies ergibt sich aus dem Entlassbrief vom 16. Mai 2011. Diesem ist ebenfalls zu entnehmen, dass sich – wie oben im Einzelnen dargestellt – in Auswertung der erhobenen Befunde die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms ergab. Die dabei bestehende alveoläre Hypoventilation ist gekennzeichnet durch eine unzureichende Belüftung der Lungenbläschen (Alveolen), die eine Störung des pulmonalen Gasaustausches mit pathologisch veränderten Blutgaswerten, also eine respiratorische Insuffizienz zur Folge hat (dazu bereits oben). Nach den sachverständigen Ausführungen von Dr. V. stellt die NIPPV eine Behandlung der alveolären Hypoventilation und der daraus folgenden respiratorischen Insuffizienz dar. Zwar stellte Dr. V. klar, dass es sich insoweit lediglich um eine „symptomatische“ Behandlung des Obesitas-Hypoventilationssyndroms handle, während eine kausale nur in einer Gewichtsreduktion liege. Dennoch erfolgt mit der Beatmung gerade die Behandlung der alveolären Hypoventilation, die nach der Kodierung des ICD-10 (E66.22) dieser Krankheit im Sinne der Abrechnungsvorschriften immanent ist. Dies entspricht auch den übereinstimmenden Darstellungen in der S2- (dort insbesondere Punkt 9.2 S. 213) und der S3-Leitlinie (dort Punkt 7 S. 17/18). Da die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms auf den während des stationären Aufenthalts gewonnenen Befunden beruht, handelt es sich um die „nach Analyse“ gewonnene Diagnose.
45 
Zwar kann es sein, dass dieses Ergebnis der Anwendung der Definition der Hauptdiagnose im DRG-System keine adäquate Abbildung der Krankenhausleistung erlaubt. Solche werden jedoch im Rahmen der Entwicklung und Pflege des Entgeltsystems verfolgt und auf ggf. notwendige Maßnahmen geprüft (vgl. Anmerkung 1 zu DKR D002f).
46 
(ee) Im Übrigen ergäbe sich entgegen der Auffassung des Sachverständigen auch keine andere Hauptdiagnose, wenn man – ihm insoweit folgend – die respiratorische Insuffizienz als Symptom im Sinne der Abrechnungsvorschriften ansähe und das Obesitas-Hypoventilationssyndrom als Grunderkrankung.
47 
Nach den Vorgaben der DKR D002f zur Zuweisung eines Symptoms als Hauptdiagnose ist das Symptom als Hauptdiagnose und die zugrunde liegende Krankheit als Nebendiagnose zu kodieren, wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrunde liegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist, jedoch nur das Symptom behandelt wird. Das Obesitas-Hypoventilationssyndrom war zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits bekannt (vgl. Arztbrief von Dr. L. vom 3. Mai 2011). Des Weiteren wurde gerade nicht nur das Symptom behandelt, sondern (auch) die Grunderkrankung. Denn die alveoläre Hypoventilation ist der Krankheit „Obesitas-Hypoventilationssyndrom“, wie oben dargelegt, immanent. Auch der Sachverständige räumte zuletzt ein, dass die Beatmung eine Behandlung der übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation sei, nur eben keine kausale. Eine kausale Behandlung wird jedoch in der genannten Kodiervorschrift gerade nicht vorausgesetzt. Damit wäre, da zumindest auch die Krankheit selbst behandelt wurde, wiederum E66.22 als Hauptdiagnose zu kodieren.
48 
(cc) In Ermangelung eines Hauptanspruchs geht auch der geltend gemachte Antrag auf Verzinsung ins Leere.
49 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
50 
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
51 
6. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.

Gründe

 
21 
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei Berufungseinlegung betrug 2.903,77 EUR und damit mehr als 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
22 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Zahlung der Restvergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 4. bis 7. Mai 2011 in Höhe von 2.903,77 EUR zzgl. Zinsen hieraus ab dem 21. Juni 2012, dem Folgetag der Aufrechnung.
23 
3. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 2.903,77 EUR zzgl. Zinsen aufgrund der stationären Behandlung der Versicherten im Zeitraum vom 4. bis 7. Mai 2011. Zu Recht hat die Beklagte in dieser Höhe gegen andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet.
24 
a) Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Dezember 2019 - B 1 KR 19/19 R - juris, Rn. 8 m.w.N.). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 253 Rn. 132).
25 
b) Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung der Versicherten im Zeitraum vom 4. bis 7. Mai 2011 in Höhe von (weiteren) 2.903,77 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2012 zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin (zunächst) geltend gemachten Betrag in Höhe von 3.743,94 EUR gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte aufgerechnet.
26 
aa) Der mit der erhobenen Leistungsklage verfolgte Vergütungsanspruch der Klägerin aus anderweitigen Krankenhausbehandlung anderer Versicherter der Beklagten ist unstreitig. Darauf, welchen Vergütungsanspruch die Klägerin auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 10), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 8 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 9).
27 
bb) Der anderweitige Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erlosch dadurch, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam die Aufrechnung erklärte (vgl. BSG, BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 – B 1 KR 2/19 R – juris, Rn. 9; Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R –, juris, Rn. 33 m.w.N.). Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch waren gegenseitig und gleichartig, der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Der Beklagten steht insoweit als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 2.903,77 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten: BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 24/13 R – juris, Rn. 10), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte in der streitigen Höhe ohne Rechtsgrund.
28 
Die Beklagte hat die Aufrechnung unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts wirksam erklärt. Die Aufrechnungserklärung muss nicht ausdrücklich abgegeben werden, aber zumindest den Aufrechnungswillen sowie sowohl die Haupt- als auch die Gegenforderung zumindest im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) hinreichend konkret bezeichnen. Dabei ist auf den für die Auslegung von Willenserklärungen maßgebenden objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Für den Fall nicht eindeutiger Erklärungen des Aufrechnenden schafft die Verweisung des § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB auf § 366 BGB eine Erleichterung, die die Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung sichert (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 R – juris, Rn. 16 m.w.N.). Die Beklagte machte nach diesen Grundsätzen ihren Aufrechnungswillen hinreichend deutlich. In ihrer Zahlungsmitteilung vom 19. Juni 2012, die unter Angabe von Rechnungsdatum und -nummer, Belegnummer und Behandlungsfall nach der Versicherten den nach ihrer Ansicht zu Unrecht gezahlten Betrag in Höhe von 2.903,77 EUR auswies und positiven Beträgen der als berechtigt angesehenen Vergütungsansprüche gegenüberstellte, kommt der Aufrechnungswille der Beklagten nach dem objektiven Empfängerhorizont hinreichend deutlich zum Ausdruck (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 17). Dementsprechend geht auch die Klägerin von einer Aufrechnung aus und wandte hiergegen lediglich ein, die von der Beklagten vorgenommene Kodierung der Hauptdiagnose sei nicht korrekt.
29 
Der Beklagten steht insoweit als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 2.903,77 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten: BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 24/13 R – juris, Rn. 10), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte insoweit ohne Rechtsgrund. Die Klägerin hatte keinen weitergehenden Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Behandlung der Versicherten vom 4. bis 7. Mai 2011.
30 
(1) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (jeweils i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009, BGBl. I, S. 534) i.V.m. der Anlage 1 Teil a der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 [FPV 2011]) i.V.m. § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; i.d.F. durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz, a.a.O.) i.V.m. dem Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg, festgesetzt durch die Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21. September 2005, gültig ab 1. Januar 2006.
31 
Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 SGB V das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften als Abschluss des Versorgungsvertrages (§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2019 - B 1 KR 19/19 R - juris, Rn. 10; Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 8 und – B 1 KR 26/13 R – juris, Rn. 8). Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
32 
(2) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Beklagte ist – wie sie auch nicht bestreitet – verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten in der Klinik der Klägerin für den Zeitraum vom 4. bis 7. Mai 2011 zu vergüten. Bei der Versicherten lagen bei Aufnahme in das nach § 108 Nr. 1 SGB V zugelassene Krankenhaus der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung vor. In der Zeit vom 4. bis 7. Mai 2011 war sie krankenhausbehandlungsbedürftig. Auch dies steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht in Streit.
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(3) Vorliegend ist die DRG-Fallpauschale DRG E63Z zugrunde zulegen. Denn als Hauptdiagnose ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht J96.11, sondern E66.22 zu kodieren.
34 
(a) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragspartner (§ 11 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 KHG - Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Comorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
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Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten – dem ICD-10 – in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung („Kodierung“) haben die Vertragspartner auf Bundesebene „Kodierrichtlinien“ beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 7/12 R – juris, Rn. 12). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 12 m.w.N.).
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Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben; dabei gibt es grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen (z.B. BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 – B 1 KR 35/18 R – juris, Rn. 13; Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R – juris, Rn. 14; Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 13 m.w.N.). Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 7/12 R – juris, Rn. 13 m.w.N.; Urteil des Senats vom 21. März 2014 – L 4 KR 5233/12 – nicht veröffentlicht).
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(b) Die Hauptdiagnose ist nach DKR D002f definiert als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. In den Erläuterungen hierzu heißt es weiter: „Der Begriff 'nach Analyse' bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war.“
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(aa) Auch wenn diese Definition zunächst nur undifferenziert von einer „Diagnose“ ausgeht, zeigt der weitere Text (insbesondere „diejenige Krankheit“), dass grundsätzlich – vorbehaltlich spezieller abweichender Regelungen („Zuweisung eines Symptoms als Hauptdiagnose“) – die „Krankheit“ zu kodieren ist und nicht ein durch sie ausgelöstes Symptom (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 20. März 2018 – B 1 KR 25/17 R – juris, Rn. 16). Eine eigene Begriffserklärung hierzu enthalten die DKR nicht. Jedoch wird erläutert, dass „Schlüsselnummern für Symptome, Befunde und ungenau bezeichnete Zustände aus Kapitel XVIII [des ICD-10] Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind, nicht als Hauptdiagnose zu verwenden sind, sobald eine die Symptomatik, etc. erklärende definitive Diagnose ermittelt wurde“. Die Krankheit meint somit insbesondere eine die Symptomatik erklärende definitive Krankheitsdiagnose. Eine erklärende definitive Diagnose schließt den Anwendungsbereich des Kapitels XVIII ICD-10 und damit auch die Kodierung eines Symptoms in diesem Sinne aus. Ob eine Diagnose eine die Symptomatik erklärende definitive Diagnose ist, bestimmt sich nicht nach einem außerhalb der Abrechnungsbestimmungen liegenden Maßstab im Sinne eines besonders qualifizierten medizinisch-wissenschaftlichen Verständnisses des Krankheitsgeschehens. Insbesondere geht es auch nicht um die Feststellung einer „Letztursache“. Maßstab sind allein die Abrechnungsbestimmungen selbst (spezifischer Sprachgebrauch des Krankenhausvergütungsabrechnungssystems, Senatsurteil vom 14. Oktober 2016 – L 4 KR 4876/15 – juris, Rn. 30). Ist eine zutreffend erhobene Diagnose einer Diagnose im ICD-10 zuzuordnen, die dort als erklärende definitive Diagnose eingeordnet ist, schließt sie ungeachtet ihrer Erklärungstiefe die Kodierung einer Symptomdiagnose aus (BSG, a.a.O.). Nach dem Regelungssystem von DKR D002f und ICD-10, insbesondere Kapitel XVIII, ist daher von einem „Symptom“ im Sinne der Abrechnungsvorschriften auszugehen, wenn dieses im Kapitel XVIII ICD-10 erfasst ist. Dagegen handelt es sich im Sinne der Abrechnungsvorschriften um eine „Krankheit“, wenn die entsprechende Diagnose in einem als solchen bezeichneten „Krankheiten“-Kapitel erfasst wird, auch wenn dieser nach qualifiziertem medizinisch-wissenschaftlichem Verständnis wiederum eine weitere Krankheitsursache zugrunde liegt. Auch die Einleitung des Kapitels XVIII ICD-10 besagt, dass diejenigen Symptome, die mit ziemlicher Sicherheit auf eine bestimmte Diagnose hindeuten, unter den entsprechenden Kategorien in anderen Kapiteln der Klassifikation aufgeführt sind, mithin bei Einordnung in ein „Krankheiten“-Kapitel im Sinne der Abrechnungsvorschriften Krankheiten darstellen. Dafür sprechen auch die zur Frage der Kodierung von Krankheit oder Symptom in DKR D002f genannten Beispiele 2 bis 4, die als Symptom keine in „Krankheiten“-Kapiteln gelisteten Diagnosen anführen, sondern solche des Kapitels XVIII (z.B. „Aszites“ ICD-10 R18 oder „Fieber“ R50.-). Zu verschlüsseln ist aber immer der Kode für die spezifische Erkrankung (DKR S. XVII).
39 
Unter Beachtung dieses Maßstabes stellt die chronische respiratorische Insuffizienz, anderenorts nicht klassifiziert, Typ II [hyperkapnisch] eine Krankheit im Sinne der DKR D002f dar. Denn sie ist im ICD-10 mit J96.11 Kapitel X (Krankheiten des Atmungssystems), also einem „Krankheiten“-Kapitel erfasst. Der Senat folgt somit aus rechtlichen Gründen der Abrechnungsvorschriften nicht der entgegenstehenden Auffassung des Sachverständigen Dr. V. und der Gutachten von Dr. M. und Dr. B., die respiratorische Insuffizienz stelle ein lediglich Symptom dar. Aus den gleichen Gründen handelt es sich bei übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation, Body-Mass-Index [BMI] von 40 und mehr, um eine Krankheit in diesem Sinne. Denn sie ist im ICD-10 mit E66.22 Kapitel IV (Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten), also ebenfalls einem „Krankheiten“-Kapitel erfasst.
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(bb) Dabei stellt die Diagnose E66.22 die spezifischere Erkrankung dar. Als respiratorische Insuffizienz bezeichnet man eine Störung des pulmonalen Gasaustausches mit pathologisch veränderten Blutgaswerten. Dies entnimmt der Senat den sachverständigen Ausführungen von Dr. V. Nach dem von der Beklagten vorgelegten Artikel „Außerklinische Beatmung – Konzepte und Therapieempfehlungen“ kann eine respiratorische Insuffizienz zwei grundsätzlich verschiedene Störungen nach sich ziehen: Typ I: pulmonale Insuffizienz = Gasaustauschstörung und Typ II: ventilatorische Insuffizienz = Insuffizienz der Atempumpe. Dies entspricht der Darstellung der ventilatorischen Insuffizienz in der S2-Leitlinie (Punkt 3.1 S. 210). Danach erfolgt die Aufnahme von Sauerstoff (O2) und die Abgabe von CO2 über das respiratorische System, das aus dem gasaustauschenden System (Lunge) und dem ventilierenden System (Atempumpe) besteht. Bei der pulmonalen Insuffizienz ist nur die O2-Aufnahme klinisch relevant gestört, während eine ventilatorische Insuffizienz (Atempumpinsuffizienz) eine Störung sowohl der O2-Aufnahme als auch der CO2-Abgabe nach sich zieht. Entsprechende Ausführungen finden sich in dem von der Klägerin vorgelegten Artikel „Außerklinische Beatmung“. Dies entspricht des Weiteren der von der Klägerin vorgebrachten Darstellung von Dr. F., wonach sich die Begrifflichkeiten heute etwas geändert hätten. Früher umfasste danach der Begriff „respiratorische Globalinsuffizienz" sowohl einen Sauerstoffmangel im Blut als auch das Vorliegen eines erhöhten Kohlendioxidpartialdruckes im Blut (= ventilatorische Insuffizienz). Heute spricht man nur von einer respiratorischen Insuffizienz, wenn ein Sauerstoffmangel im Blut vorliegt und der Kohlendioxidpartialdruck aber nicht erhöht ist. Ist der Kohlendioxidpartialdruck im Blut erhöht, spricht man von einer ventilatorischen Insuffizienz. Dabei kann die für die ventilatorische Insuffizienz relevante Störung der Atempumpe durch unterschiedliche (Grund-)Erkrankungen bedingt werden. Dies ergibt sich zunächst aus der S2-Leitlinie (Punkt 3.1 S. 210/211). Danach sind entsprechend der Komplexität der Atempumpe ihre potentiellen Störanfälligkeiten vielfältig, wobei die zentralen Atemregulationsstörungen, Neuromuskuläre Erkrankungen, Thoraxdeformitäten, COPD sowie Obesitas-Hypoventilations-Syndrom die Hauptursachen einer ventilatorischen Insuffizienz sind. Häufig ist die Ätiologie der ventilatorischen Insuffizienz multifaktoriell bedingt. Dies wird übereinstimmend in beiden vorgelegten Artikeln „Außerklinische Beatmung“ und „Außerklinische Beatmung – Konzepte und Therapieempfehlungen“ bestätigt. Schließlich bestätigte auch der Sachverständige Dr. V. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. April 2017, dass sich die behandelte chronische respiratorische Insuffizienz nicht nur bei der Adipositas mit alveolärer Hypoventilation, sondern auch bei anderen Krankheiten finde. Die Diagnose J96.11 bezeichnet mithin ein Krankheitsgeschehen, ohne nach der zugrunde liegenden Grunderkrankung(en) zu differenzieren. Dagegen wird bei der Diagnose der übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation, BMI von 40 und mehr die die respiratorische Insuffizienz bedingende Grunderkrankung gerade bezeichnet. Dies entnimmt der Senat den sachverständigen Ausführungen von Dr. V. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. August 2017. Danach ist die alveoläre Hypoventilation gekennzeichnet durch eine unzureichende Belüftung der Lungenbläschen (Alveolen), die eine Störung des pulmonalen Gasaustausches mit pathologisch veränderten Blutgaswerten, also eine respiratorische Insuffizienz zur Folge hat. Übereinstimmend hiermit wird in der S2-Leitlinie und den vorgelegten Aufsätzen, wie dargelegt, die übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation als eine die respiratorische Insuffizienz verursachende Krankheit (Obesitas-Hypoventilationssyndrom) beschrieben. E66.22 ist mithin die spezifischere Bezeichnung im Sinne der Abrechnungsvorschriften. Dem steht nicht entgegen, dass die übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation im Kapitel IV (Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten) geführt wird, also nicht im dem Atemwegserkrankungen. Denn der Kode J96.11 setzt gerade voraus, dass eine Klassifikation andernorts nicht vorliegt. Eine solche andere Klassifikation stellt systemintern der Kode E66.22 dar.
41 
(cc) Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist entgegen der Auffassung der Klägerin die Diagnose E66.22 zu Recht gestellt worden. Der Kode ist im ICD-10 lediglich umschrieben mit übermäßiger Adipositas mit alveolärer Hypoventilation und Pickwick-Syndrom, was lediglich eine veraltete Bezeichnung des Obesitas-Hypoventilationssyndroms darstellt. Ein Ausschlusstatbestand ist hier nicht formuliert. In der S2-Leitlinie (Punkt 9.1) wird zum Obesitas-Hypoventilationssyndrom ausgeführt, dieses sei definitionsgemäß durch das Vorliegen einer Adipositas (BMI > 30 kg/m²) in Kombination mit einer chronisch alveolären Hypoventilation und konsekutiver Hyperkapnie (PaCO2 > 45 mmHg) im Wachzustand unter Ruheatmung, nach Ausschluss anderer bekannter Ursachen einer Hypoventilation, sowie schlafbezogener Atmungsstörungen charakterisiert. Dagegen nennt die S3-Leitlinie (Tabelle 6 S. 13 der vorgelegten Kurzfassung) als Diagnosekriterium neben der Hyperkapnie und der Adipositas: „Hypoventilation nicht in erster Linie durch eine andere Krankheit definiert“. Hinsichtlich der genauen Anforderungen an das dritte Diagnosekriterium fehlt es somit offenbar an einem übergreifenden Konsens in den ärztlichen Anschauungen. Entgegen der Ansicht der Klägerin und des SG kann vorliegend die pneumologische S2-Leitlinie nicht als spezifischer gegenüber der somnologischen S3-Leitlinie angesehen werden, weil die Versicherte pneumologisch behandelt worden sei. Die stationäre Aufnahme erfolgte im Schlaflabor der Klägerin; durchgeführt wurden nicht nur pneumologische Untersuchungen, sondern mit Polysomnographien auch schlafmedizinische Verfahren. Die behandelnden Lungenfachärzte der Versicherten haben ausdrücklich die Diagnose der übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation bzw. eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms gestellt. Dr. L. nannte in der Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 3. Mai 2011 als Diagnosen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation (E66.29, also ohne nähere Bezeichnung des BMI) und obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (G47.31); eine COPD wird nicht genannt. In ihrem Arztbrief vom 3. Mai 2011 konkretisierte sie die Diagnose der Adipositas mit alveolärer Hypoventilation (E66.29) näher mit: initial respiratorische Globalinsuffizienz 04/2010 (J96.9), aktuell Normokapnie, schwergradiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, NIPPV mit Langzeitsauerstofftherapie seit 05/2010 und mittelschwere restriktive Ventilationsstörung. Eine obstruktive Ventilationsstörung benannte sie – im Gegensatz zum Arztbrief vom 20. Juli 2010 (u.a. obstruktive und restriktive Ventilationsstörung, DD: COPD) – nicht. Der Arztbrief vom 3. Mai 2011 datiert zwar vor Beginn des stationären Aufenthalts, kann aber gleichwohl hier herangezogen werden. Denn die stationäre Abklärung führte nach Auswertung der dort erhobenen Befunde, gerade zu keinem anderen Ergebnis, wie der Entlassbrief vom 16. Mai 2011 zeigt. Dieser benennt als Diagnose – soweit hier relevant – eine respiratorische Globalinsuffizienz bei Overlap-Syndrom (Obesitas-Hypoventilationssyndrom, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, gemischtförmige Ventilationsstörung, Langzeitsauerstofftherapie, leichte restriktive und mittelgradig obstruktive Ventilationsstörung). Die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms zeigt, dass die Hypoventilation keiner anderen Erkrankung zugeordnet wurde, insbesondere nicht einer COPD. Nach den von der Klägerin wiedergegebenen Ausführungen wandte Dr. F. insoweit ein, dass der bei der COPD durch die chronische Entzündung bewirkte Umbau der Atemwege irreversibel und eine Ausheilung daher nicht möglich sei. Da bereits im Entlassbrief vom 12. Mai 2010 über den ersten stationären Aufenthalt eine COPD beschrieben worden sei, sei diese nicht „nicht mehr vorhanden“. Der Schaden, der bereits entstanden sei, werde nicht wieder „verschwinden" selbst wenn junge Assistenzärzte das fälschlich in einem Arztbrief schrieben. Auch belege eine FEV1 unter 70% des Solls wie in dem vorliegenden Fall eine Obstruktion der Atemwege. Des Weiteren habe die chronische Entzündung mit ihrer systemischen Wirkung zur Folge, dass eine Erschöpfung der Atempumpe schneller erreicht werde. Der maßgebliche Entlassbrief vom 16. Mai 2011 wurde hingegen nicht nur von einem „jungen Assistenzarzt“ unterschrieben, sondern auch vom Leitenden Oberarzt sowie dem Ärztlichen Direktor. Einen „Anfängerfehler“ in der ärztlichen Bewertung schließt der Senat daher aus. Anhand der von ihnen während des stationären Aufenthalts erhobenen Befunde haben die behandelnden Ärzte wegen der Werte der FEV1 und des Tiffeneau-Index festgestellt, dass rein formal keine COPD bestand. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass der Tiffeneau-Index bei noch leichtgradiger Restriktion falsch normal sein könne. Dass dies der Fall war, wurde aber durch Auswertung der während des stationären Aufenthalts erhobenen Befunde gerade nicht festgestellt. Des Weiteren wurde im Entlassbrief das Ergebnis des 6-Minuten-Gehtests ausgewertet und festgehalten, dass dieser „für die vorwiegende Komponente“ des Obesitas-Hypoventilationssyndroms für die respiratorische Globalinsuffizienz spricht. Zwar bedeutet vorwiegend nicht alleinig, aber bezieht sich dies auch allein auf die Bewertung der Ergebnisse dieses angeführten Tests. Die abschließende Diagnose wird jedoch als Gesamtbewertung aller erhobenen Zwischenergebnisse (rein formal keine COPD, 6-Minuten-Gehtest etc.) gestellt. Trotz der Einwände von Dr. F. sieht der Senat daher die Diagnose Obesitas-Hypoventilationssyndrom als zu Recht gestellt an.
42 
(dd) Die übermäßige Adipositas mit alveolärer Hypoventilation war auch nach Analyse hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Aufenthalts.
43 
Nach der weiteren Erläuterung unter DKR D002f bezeichnet der Begriff „nach Analyse” die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war. Die dabei evaluierten Befunde können Informationen enthalten, die aus der medizinischen und pflegerischen Anamnese, einer psychiatrischen Untersuchung, Konsultationen von Spezialisten, einer körperlichen Untersuchung, diagnostischen Tests oder Prozeduren, chirurgischen Eingriffen und pathologischen oder radiologischen Untersuchungen gewonnen wurden. Für die Abrechnung relevante Befunde, die nach der Entlassung eingehen, sind für die Kodierung heranzuziehen. Die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen.
44 
Die stationäre Aufnahme erfolgte zur Kontrolle und Optimierung der 2010 eingeleiteten NIPPV-Therapie der Versicherten bei respiratorischer Globalinsuffizienz bei Overlap-Syndrom. Dies ergibt sich aus dem Entlassbrief vom 16. Mai 2011. Diesem ist ebenfalls zu entnehmen, dass sich – wie oben im Einzelnen dargestellt – in Auswertung der erhobenen Befunde die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms ergab. Die dabei bestehende alveoläre Hypoventilation ist gekennzeichnet durch eine unzureichende Belüftung der Lungenbläschen (Alveolen), die eine Störung des pulmonalen Gasaustausches mit pathologisch veränderten Blutgaswerten, also eine respiratorische Insuffizienz zur Folge hat (dazu bereits oben). Nach den sachverständigen Ausführungen von Dr. V. stellt die NIPPV eine Behandlung der alveolären Hypoventilation und der daraus folgenden respiratorischen Insuffizienz dar. Zwar stellte Dr. V. klar, dass es sich insoweit lediglich um eine „symptomatische“ Behandlung des Obesitas-Hypoventilationssyndroms handle, während eine kausale nur in einer Gewichtsreduktion liege. Dennoch erfolgt mit der Beatmung gerade die Behandlung der alveolären Hypoventilation, die nach der Kodierung des ICD-10 (E66.22) dieser Krankheit im Sinne der Abrechnungsvorschriften immanent ist. Dies entspricht auch den übereinstimmenden Darstellungen in der S2- (dort insbesondere Punkt 9.2 S. 213) und der S3-Leitlinie (dort Punkt 7 S. 17/18). Da die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms auf den während des stationären Aufenthalts gewonnenen Befunden beruht, handelt es sich um die „nach Analyse“ gewonnene Diagnose.
45 
Zwar kann es sein, dass dieses Ergebnis der Anwendung der Definition der Hauptdiagnose im DRG-System keine adäquate Abbildung der Krankenhausleistung erlaubt. Solche werden jedoch im Rahmen der Entwicklung und Pflege des Entgeltsystems verfolgt und auf ggf. notwendige Maßnahmen geprüft (vgl. Anmerkung 1 zu DKR D002f).
46 
(ee) Im Übrigen ergäbe sich entgegen der Auffassung des Sachverständigen auch keine andere Hauptdiagnose, wenn man – ihm insoweit folgend – die respiratorische Insuffizienz als Symptom im Sinne der Abrechnungsvorschriften ansähe und das Obesitas-Hypoventilationssyndrom als Grunderkrankung.
47 
Nach den Vorgaben der DKR D002f zur Zuweisung eines Symptoms als Hauptdiagnose ist das Symptom als Hauptdiagnose und die zugrunde liegende Krankheit als Nebendiagnose zu kodieren, wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrunde liegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist, jedoch nur das Symptom behandelt wird. Das Obesitas-Hypoventilationssyndrom war zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits bekannt (vgl. Arztbrief von Dr. L. vom 3. Mai 2011). Des Weiteren wurde gerade nicht nur das Symptom behandelt, sondern (auch) die Grunderkrankung. Denn die alveoläre Hypoventilation ist der Krankheit „Obesitas-Hypoventilationssyndrom“, wie oben dargelegt, immanent. Auch der Sachverständige räumte zuletzt ein, dass die Beatmung eine Behandlung der übermäßigen Adipositas mit alveolärer Hypoventilation sei, nur eben keine kausale. Eine kausale Behandlung wird jedoch in der genannten Kodiervorschrift gerade nicht vorausgesetzt. Damit wäre, da zumindest auch die Krankheit selbst behandelt wurde, wiederum E66.22 als Hauptdiagnose zu kodieren.
48 
(cc) In Ermangelung eines Hauptanspruchs geht auch der geltend gemachte Antrag auf Verzinsung ins Leere.
49 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
50 
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
51 
6. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.

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