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| Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) (noch) für die Zeit von Juni 2017 bis Januar 2018. |
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| Der 1950 geborene Kläger ist seit Februar 2015 im L des Hospitals in R untergebracht. |
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| Am 22. Mai 2017 beantragte er die Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Dem Antrag legte er einen Ausdruck des Sparbuchs mit der Nr. 3* und einem Saldo von 2.501,72 EUR, des Sparbuchs Nr. 3* mit einem Saldo von 2.506,63 EUR, des Girokontos Nr. 2* mit einem Saldo von 4.931,46 EUR sowie Kontoauszüge der Kapitalversicherung des Klägers mit einem Betrag von 4.534,46 EUR und seiner Ehefrau mit einem Betrag von 4.526,32 EUR bei. Daneben wurden Kontoauszüge des Kontos Nr. 1* mit einem Saldo von 5.276,52 EUR sowie des Kontos mit der Nr. 1* mit einem Saldo von 5.698,16 EUR vorgelegt. Ferner wurde mitgeteilt, dass aus der Lebensversicherung der Universal 12.000,00 EUR für die Ehefrau des Klägers abgehoben worden seien. Das Geld sei für Umzugskosten und eventuell benötigte Möbel gedacht. |
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| Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, der Kläger verfüge gemeinsam mit seiner Ehefrau über übersteigendes Vermögen in Höhe von 36.941,75 EUR. |
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| Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die nicht im Leistungsbezug stehende Ehefrau des Klägers habe am 9. August 2017 ihrer Tochter 10.000,00 EUR verschenkt. Nach Abzug des Schonvermögens in Höhe von 10.000,00 EUR belaufe sich das verwertbare Vermögen noch auf rund 11.000,00 EUR, was bedeute, dass allenfalls für sieben Monate noch ausreichendes Vermögen vorhanden sei. |
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| Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, das Schonvermögen im Falle des Klägers betrage nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1b 10.000,00 EUR. Der Kläger und seine Ehefrau hätten zum 30. Mai 2017 ausweislich der jeweiligen Salden auf ihren Girokonten und Sparguthaben zuzüglich des Barguthabens in Höhe von 12.000,00 EUR den oben genannten Schonbetrag um 20.641,00 EUR überschritten. Im Falle des Klägers seien auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Notlage ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden, die eine Erhöhung des maßgeblichen Freibetrages nach § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung von § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII rechtfertigen könnten. |
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| Sozialhilfe dürfe im Übrigen auch dann nicht vom Einsatz des den Schonbetrag übersteigenden Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dessen Einsatz eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII für den Leistungsempfänger darstellen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege eine Härte dann vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. die Art, Schwere und Dauer der Hilfe, das Alter oder die sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation werden lasse, weil die soziale Stellung des Hilfenachfragenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt sei. |
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| Die Inanspruchnahme des die Vermögensfreigrenze übersteigenden Vermögens habe vorliegend keinen Einfluss auf die soziale Stellung des Klägers. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII könne daher nicht angenommen werden, die Forderung des Einsatzes des die Schongrenze übersteigenden Vermögens durch den Beklagten sei rechtmäßig. |
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| Die mit Schreiben vom 17. August 2017 geltend gemachte Berücksichtigung einer Vermögensminderung aufgrund einer Schenkung über 10.000,00 EUR der Ehefrau des Klägers an die Tochter führe im Übrigen zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Die Schenkung begründe einen Schenkungsrückforderungsanspruch nach § 528 BGB. Hiernach könne der Schenker vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks fordern, soweit er nach der vollzogenen Schenkung außerstande sei, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Der Schenkungsherausgabeanspruch sei gemäß § 529 BGB nicht ausgeschlossen, solange zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit seit der Schenkung noch keine zehn Jahre verstrichen seien. Die Vorschrift des § 528 BGB betreffe aufgrund der Regelung des § 19 Abs. 3 SGB XII beide Ehepartner, also auch Schenkungen, die der nicht leistungsberechtigte Ehepartner vorgenommen habe. |
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| Dagegen hat der Kläger am 4. Oktober 2017 Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben. Zur Begründung hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten ausgeführt, das Konto Nr. 1*sei am 14. August 2017 bei einem Saldo von 1.259,35 EUR aufgelöst worden, wobei dieser Betrag ebenso wie die Barabhebung vom 29. Oktober 2015 auf das Girokonto Nr. 2* gebucht worden sei. Die weitere Barabhebung vom 29. Oktober 2015 vom Sparbuch sei auf das Girokonto Nr. 1* übertragen worden. Die Abhebung vom 10. November 2017 mit einem Betrag von 2.000,00 EUR sei am selben Tag wiederum auf das Girokonto eingezahlt worden. |
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| Die monatlichen Pflegekosten hätten sich bis Dezember 2017 auf jeweils 2.664,00 EUR, ab Januar 2018 auf 2.772,90 EUR belaufen. Selbst bei Berücksichtigung der gesamten Rente der Ehepartner mit einem Betrag von 1.780,27 EUR müsse ein Betrag von rund 1.000,00 EUR monatlich aufgebracht werden. Damit läge auf der Hand, dass das gesamte Vermögen bis spätestens Mai 2018 komplett verbraucht sein werde. |
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| Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, bei dem Vermögen sei der Anspruch auf Rückabwicklung der Schenkung in Höhe von 10.000,00 EUR an die Tochter des Klägers zu berücksichtigen. Das einzusetzende Vermögen sei am 28. Februar 2018 unter die Schongrenze gefallen, weshalb ab diesem Zeitpunkt Leistungen gewährt werden könnten. Insoweit ergebe sich für Februar 2018 ein Bedarf an ungedeckten Heimkosten in Höhe von 313,75 EUR sowie für die Zeit ab März 2018 in Höhe von 2.120,71 EUR monatlich. Im Monat Juli 2018 seien dem Kläger Nachzahlungen aus Bestandsleistungen durch die Pflegekasse in Höhe von 1.816,89 EUR zugeflossen, weshalb für den Monat Juni 2018 mit einer Rückzahlung in Höhe von 1.054,38 EUR zu rechnen sei. |
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| Mit Bescheid vom 14. Juni 2018 hat der Beklagte ab dem 1. Juni 2018 im Rahmen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen die nicht durch das Einkommen und die Pflegeversicherungsleistungen gedeckten Heimkosten übernommen. |
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| Mit Gerichtsbescheid vom 11. Januar 2021 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2017 verpflichtet, dem Kläger Leistungen der Hilfe zur Pflege ab Februar 2018 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Klage insoweit begründet gewesen sei, soweit von Hilfebedürftigkeit des Klägers ab Februar 2018 auszugehen gewesen sei. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen gewesen. |
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| Der Kläger gehöre unstreitig zum Personenkreis, der dem Grunde nach Anspruch auf Hilfe zur Pflege im Sinne der §§ 61 ff. SGB XII habe. Diese Leistungen würden indessen unter dem Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe erbracht. Dementsprechend seien sie gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII davon abhängig, dass den leistungsberechtigten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten sei. Der ungedeckte Bedarf des Klägers habe indessen im Rahmen des Nachrangs der Sozialhilfe vom Einkommen und Vermögen bis Februar 2018 getragen werden können, weshalb Leistungen der Sozialhilfe erst ab diesem Zeitpunkt geboten gewesen seien. |
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| Gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII erhielten Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen Personen, soweit ihnen, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet seien, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten sei. Der Kläger und seine Ehefrau hätten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht getrennt gelebt, sodass das Einkommen und Vermögen der Ehefrau des Klägers grundsätzlich bei der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Die Unterbringung in einem Pflegeheim führe nicht zum Getrenntleben der Ehegatten, nachdem weder der Kläger noch seine Ehefrau den hierfür erforderlichen objektiv hervortretenden Trennungswillen nach außen dokumentiert hätten. Insoweit habe der Beklagte zutreffend ein um das Schonvermögen bereinigtes Gesamtvermögen von 20.641,75 EUR zugrunde gelegt. Insbesondere seien auch die am 9. August 2017 an die Tochter ausgekehrten 10.000,00 EUR als Vermögen einzusetzen gewesen. Dieses Vermögen sei insoweit auch verwertbar, nachdem die Tochter des Klägers dieses Geld zumindest wieder zur Verfügung gestellt habe. |
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| Diese Regelung sei auch nicht deswegen zu beanstanden, weil sie ein anderes Ergebnis vorsehe als unterhaltsrechtliche Vorschriften bzw. zivilrechtliche Grundsätze. Zwischen dem privaten Unterhaltsrecht und dem Sozialrecht bestünde kein völliger Gleichklang, nachdem die Gewährung von Sozialhilfe anderen Kriterien folge als die Beurteilung unterhaltsrechtlicher Zahlungsverpflichtungen (mit Hinweis auf den Bundesgerichtshof – BGH -, Urteil vom 7. Juli 2004 – Az. XII ZR 272/02 -). Das Sozialrecht betrachte nicht getrennt lebende Eheleute als eine Wirtschafts- und Einsatzgemeinschaft, die ihr gemeinsames Einkommen umfassend zur Deckung ihres jeweiligen Bedarfes einzusetzen habe. |
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| Selbst wenn man im Übrigen von einer wirksamen Übertragung des Vermögens an die Tochter ausgehen würde, bliebe dem Beklagten die Möglichkeit nach erfolgter Leistungserbringung gemäß § 103 Abs. 1 SGB XII einen Kostenerstattungsanspruch gegen den zur Verwertung Verpflichteten und/oder einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 19 Abs. 5 SGB XI geltend zu machen, welcher mit Blick auf das Schonvermögen gleichermaßen durchsetzbar wäre, weshalb auch in wirtschaftlicher Hinsicht für den Kläger nichts gewonnen wäre. Nachdem indes die Tochter das Geld wiederum zur Verfügung gestellt habe, sei von einer Rückabwicklung eines möglichen Schenkungsvertrages auszugehen, weshalb sich die vorliegende Frage nicht stelle. |
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| Im Hinblick auf den Verbrauch des somit einzusetzenden Vermögens sei eine Leistungspflicht ab Februar 2018 festzustellen und der Klage in diesem Umfang stattzugeben. |
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| Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten am 13. Januar 2021 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 22. Januar 2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung führt der Klägerbevollmächtigte aus, bei der Berechnung des Freibetrages sei nicht nur das Vermögen zugrunde gelegt worden, über das der Kläger und seine Ehefrau tatsächlich noch hätten verfügen können, sondern vielmehr außerdem ein Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR gerechnet worden, den die Ehefrau des Klägers am 9. August 2017 ihrer Tochter geschenkt habe. Das SG vertrete in seiner Entscheidung die Auffassung, dass der Kläger auch die Schenkung an die Tochter als Vermögen einzusetzen habe. Das Sozialgericht betrachte nicht getrennt lebende Eheleute als eine Wirtschafts- und Einstandsgemeinschaft, die gemeinsames Einkommen umfassend zur Deckung ihres jeweiligen Bedarfes einzusetzen habe. Das SG gehe offensichtlich davon aus, dass die Übertragung des Vermögens auf die Tochter nicht wirksam gewesen sei. Eine Erklärung hierfür ergebe sich allerdings nicht. Tatsächlich habe die Ehefrau des Klägers 10.000,00 EUR wirksam an die gemeinsame Tochter verschenkt. Das Geld sei auf das Konto der Tochter überwiesen worden. Tochter und Ehefrau seien sich einig gewesen, dass es sich hierbei um eine Schenkung handele. Das Geld habe auch ausdrücklich aus dem Vermögen der Ehefrau des Klägers ausscheiden sollen. Von einem Scheingeschäft könne daher nicht die Rede sein. |
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| Das SG führe weiter aus, dass selbst bei wirksamer Übertragung des Vermögens der Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, nach erfolgter Leistungserbringung gemäß § 103 Abs. 1 SGB XII einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen. Diese Auffassung gehe allerdings fehl. Die Ehefrau des Klägers möge im Falle des Leistungsbezuges ihres Ehemannes verpflichtet sein, ihr Vermögen bis zur Erreichung des Freibetrages bzw. Schonvermögens einzusetzen. Gleichwohl sei sie in der Verfügung in ihrem Vermögen nicht beschränkt. Eine Beschränkung könne allenfalls vorliegen, wenn eine Verfügung über Vermögen dazu führen würde, dass ein ansonsten bestehender Unterhaltsanspruch ihres Ehemannes nicht mehr erfüllt werden könne. Tatsächlich müsste jedoch die Ehefrau des Klägers unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten ein Vermögen in Höhe von 10.000,00 EUR für Unterhaltsansprüche ihres Ehemannes, des Klägers, einsetzen. |
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| Das Gesetz sehe eine Beschränkung der Verfügungsfähigkeit der nicht im Leistungsbezug stehenden Ehefrau des Klägers als leistungsberechtigte Person nicht vor. Eine solche Beschränkung wäre nach Überzeugung des Klägerbevollmächtigten rechtlich auch nicht möglich, da sie gegen das Grundgesetz verstoßen dürfte. |
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| den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Januar 2021 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2017 zu verpflichten, dem Kläger Leistungen der Hilfe zur Pflege ab Juni 2017 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend und führt ergänzend aus, dass die Vorschrift des § 528 BGB aufgrund der Regelung des § 19 Abs. 3 SGB XII beide Ehepartner, also auch Schenkungen, die der nicht leistungsberechtigte Ehepartner vorgenommen habe, betreffe. Denn soweit der Schenker gemäß § 528 Abs. 1 BGB nach der Vollziehung der Schenkung außerstande sei, seine seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, könne er vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks verlangen. |
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| Die Ehefrau des Klägers könne aufgrund der Schenkung an ihre Tochter ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kläger – hier Leistungen der Hilfe zur Pflege – nicht (mehr) erfüllen und sei deshalb vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe vorrangig auf diesen gegenüber ihrer Tochter realisierbaren Regressanspruch zu verweisen. |
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| Im Erörterungstermin vom 22. April 2021 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen. |
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