Urteil vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (6. Senat) - L 6 KR 21/13

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19.10.2012 wird abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt 2.588,43 EUR.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Abrechnung einer Krankenhausbehandlung.

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Die von dem Abrechnungsfall betroffene Versicherte der Beklagten befand sich vom 1. - 16. Oktober 2007 in stationärer Behandlung der Klägerin. Nach dem Abschlussbericht der für die Klägerin tätigen behandelnden Ärzte lautete die Diagnose:

3

eitrig-fibrinöse Vierquadrantenperitonitis bei perforierter Sigmadivertikulitis und konsekutivem chronischen Dünndarmileus

4

paraumbilicale inkarzerierte Hernie

5

postoperative Pankreatitis

6

Asthma bronchiale

7

arterielle Hypertonie

8

Hypothyreose.

9

Die Beklagte beglich zunächst die mit Datum vom 8. November 2007 gestellte Rechnung nach der DRG G02Z, forderte aber nach einer Fallprüfung im Jahre 2010 mit Schreiben vom 8. September 2010 deren Korrektur. Zur Begründung führte sie aus, bei der gestellten Hauptdiagnose K 57.20 (Divertikulose des Dickdarmes mit Perforation und Abszess bzw. Divertikulose des Kolons mit Peritonitis, jeweils ohne Angabe einer Blutung) dürfe die Nebendiagnose K 65.0 (akute Peritonitis) nicht zusätzlich kodiert werden. Aufgrund dieser Korrektur ergebe sich die abzurechnende DRG G18B. Es handele sich um einen formalen Fehler, der durch eine Gutschrift auszugleichen sei.

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Da der geforderte Ausgleich nicht erfolgte, verrechnete die Beklagte den von ihr in unstrittiger Höhe ermittelten Differenzbetrag von 2.588,43 EUR am 7. Oktober 2010 mit Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen.

11

Mit der am 18. Juli 2011 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat die Klägerin den zuletzt genannten Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Oktober 2010 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Kürzung der Rechnung nicht mehr berechtigt gewesen. Die Beklagte habe bei der Überprüfung der Rechnungen das im Sozialrecht geltende Beschleunigungsgebot zu beachten gehabt. Dies ergebe sich insbesondere aus der im § 275 Abs. 1c SGB V niedergelegten Verpflichtung, Prüfungen der Krankenhausabrechnungen zeitnah durchzuführen. Insoweit sei eine Frist von sechs Wochen zu beachten. Selbst wenn man von einem längeren Rechnungsprüfungszeitraum ausgehe, widerspreche das Vorgehen der Beklagten jedenfalls dem Grundsatz von Treu und Glauben. Eine Rechnungsprüfung komme allenfalls noch im laufenden Geschäftsjahr in Betracht. Bei einer Verzögerung um drei Jahre sei ihr jegliche betriebswirtschaftliche Kalkulation unmöglich. Dies berühre letztlich auch ihre Leistungsfähigkeit im Bereich der Gesundheitsversorgung. Schließlich sei der Rückforderungsanspruch verwirkt. Durch die Begleichung der Rechnung sei Vertrauen bei der Klägerin geschaffen worden, dass die Rechnung geprüft und akzeptiert worden sei. Dieses Vertrauen sei durch die nachfolgende dreijährige Untätigkeit unterhalten worden.

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Die Auffassung der Beklagten zu einer fehlerhaften Kodierung treffe sachlich auch nicht zu. Die Entscheidung sei im Rahmen einer Einzelfallprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zu treffen. Diese sei hier nicht erfolgt.

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Der geltend gemachte Zinsanspruch ergebe sich aus § 69 S. 3 SGB V in Verbindung mit §§ 191, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

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Wegen der Einzelheiten des Vorbringens, insbesondere beigefügter Anlagen, wird auf Bl. 1 - 11 d. A. Bezug genommen.

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Die Beklagte hat darauf verwiesen, die Krankenhausleistungen würden überwiegend über diagnoseorientierte Fallpauschalen (DRG) abgerechnet. Die Zuweisung des einzelnen Behandlungsfalles zu einer DRG richte sich vorrangig nach der Hauptdiagnose sowie durchgeführten Prozeduren. Nebendiagnosen könnten Auswirkungen auf die Einstufung des Schweregrades haben. Die eindeutige Zuordnung zu der maßgeblichen DRG-Fallgruppe erfolge computergestützt nach einem eigens entwickelten Grouper. Die Anwendung der Diagnose- und Prozedurenklassifikationen werde durch die allgemeinen und speziellen Kodierrichtlinien bestimmt, die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, den Spitzenverbänden und dem Verband der privaten Krankenversicherung erstellt worden seien. Die Klägerin habe in ihrer Abrechnung die Nebendiagnose einer akuten Peritonitis (ICD-10 K65.0) berücksichtigt, obwohl sie durch die Hauptdiagnose K57.20 mit abgedeckt sei. Eine Nebendiagnose sei im Kodiervorgang immer dann ausgeschlossen, wenn sie durch die ICD-Bezeichnung der Hauptdiagnose selbst bzw. durch Hinweise unter den ICD-Codes erfasst werde. Von der ICD-10-Ziffer K57.2- sei eine Divertikulose des Kolons mit Peritonitis erfasst. Sie schließe daher die Nebendiagnose ein. Die zutreffende Kodierung führe zu der DRG G18B. Die Beklagte habe die Verletzung der Kodierregelungen ohne Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung beurteilen können. Ein Fall des § 275 Abs. 1c SGB V liege damit nicht vor. Sie sei innerhalb der Verjährungsfrist zur Rückforderung berechtigt.

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Mit Urteil vom 19. Oktober 2012 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin 2.588,43 EUR nebst 4 % Jahreszinsen hieraus seit dem 8. Oktober 2010 zu zahlen und die Klage im Übrigen – hinsichtlich eines höheren Zinsanspruchs – abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe einen Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung der Versicherten erworben. Die stationäre Behandlung der Versicherten sei erforderlich gewesen, worüber zwischen den Beteiligten auch Einigkeit bestehe. Die Beklagte sei nach § 7 Abs. 1 S. 1 der zwischen den Beteiligten geltenden Budget- und Entgeltvereinbarung für das Jahr 2007 zur Überweisung des Rechnungsbetrages spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zur Zahlung verpflichtet gewesen.

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Sie habe keinen Erstattungsanspruch gehabt, mit dem sie gegen neue Forderungen der Klägerin habe aufrechnen können, weil sie mit Einwendungen gegen die Rechnung vom 18. November 2007 aufgrund einer Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes ausgeschlossen gewesen sei. Zwar sei kein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V betroffen. Der Beschleunigungsgrundsatz sei jedoch auch auf anderen Stufen der Abrechnungsprüfung zu beachten. Eine Prüfung mehr als zwei Jahre nach der Rechnungslegung könne nicht mehr als zeitnah im Sinne des Beschleunigungsgrundsatzes aufgefasst werden. Insofern sei jedenfalls die Lage vergleichbar mit den Vorgaben des Beschleunigungsgrundsatzes für Rechnungskorrekturen durch das Krankenhaus. Nach Ablauf von sechs Wochen nach Rechnungsstellung sei die Korrektur einer Schlussrechnung nur noch eingeschränkt möglich. Jedenfalls sei von einer Beschränkung der Überprüfbarkeit nach Abschluss des laufenden Haushaltsjahres auszugehen. Aus dem Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot folge hier ein Einwendungsausschluss. Auf die Richtigkeit der Kodierung komme es danach nicht mehr an. Der Zinsanspruch ergebe sich aus der Budget- und Entgeltvereinbarung nur in Höhe des ausgeurteilten Zinssatzes.

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Gegen das ihr am 4. März 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Sie macht geltend, es gäbe keine rechtliche Konstruktion, wonach sie außerhalb der Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V wegen Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes mit ihrer Einwendung ausgeschlossen sein könne. Es entspreche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass rein kodiertechnische Fragen auch noch geraume Zeit nach Abschluss der jeweiligen stationären Behandlungen geprüft werden könnten. § 275 Abs. 1c SGB V habe ausschließlich für die Prüfung unter Einschaltung des MDK Bedeutung. Die Rechtsprechung zur Beschränkung von Nachforderungen von Krankenhausträgern sei auf Rückforderungen nicht zu übertragen, weil in der Schlussrechnung ein Vertrauenstatbestand zu sehen sei, dem im Fall der Rückforderung kein entsprechender Tatbestand gegenüber stehe. Der bloße Zeitablauf reiche jedenfalls für eine Verwirkung nicht aus. Soweit die Klägerin behaupte, es habe ein atypischer Fall vorgelegen, der den zusätzlichen Ansatz der Nebendiagnose K65.0 gerechtfertigt habe, habe sie entsprechende Tatsachen zur Begründung ihrer Abrechnung nicht mitgeteilt. Die Rechtsauffassung der Beklagten werde durch mehrere Urteile des 1. Senates des Bundessozialgerichts vom 1. Juli 2014 bestätigt.

19

Die Beklagte beantragt,

20

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. Oktober 2012 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie führt aus, es gebe sicherlich Situationen, in denen die ICD-10-Ziffer K65.0 als Nebendiagnose nicht zusätzlich kodiert werden dürfe. Dies gelte aber nicht für alle Fälle; insoweit sei die medizinische Beurteilung im Einzelfall maßgeblich. Dazu hätte die Beklagte ein Prüfverfahren beim MDK einleiten müssen. Sie verweise auf eine Einzelauskunft (FAQ) des DIMDI, wonach es Fälle gebe, in denen eine als exklusiv geführte Diagnose neben einer anderen kodiert werden darf. Nach der Rechtsprechung des 3. Senates des Bundessozialgerichts (Urt. v. 18.7.2013 – B 3 KR 22/12 R) sei die Beklagte mit ihren Einwendungen ausgeschlossen, weil die Verzögerung des Prüfverfahrens gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße.

24

Das Gericht hat den Beteiligten Auszüge aus den maßgeblichen Kodierrichtlinien sowie zum maßgeblichen Inhalt der ICD-10 und zur rechtlichen Bedeutung der FAQs, Bl. 134 - 142 d. A., übersandt.

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In der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung hat die Akte der Beklagten über den Rückforderungsfall vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat Erfolg.

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Der Vergütungsanspruch, der von der Beklagten nach Grund und Höhe anerkannt in den Behandlungsfällen entstanden ist, in denen sie die Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch erklärt hat, begründet keinen Zahlungsanspruch der Klägerin in der ursprünglich entstandenen Höhe von (weiteren) 2.588,43 EUR.

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Der Zahlungsanspruch gilt gem. § 389 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in entsprechender Anwendung auf Aufrechnungserklärungen im öffentlichen Recht als erloschen. Denn ihm steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten entgegen, mit dem die Beklagte am 7. Oktober 2010 gegen den erfüllbaren Vergütungsanspruch der Klägerin aus den von der Beklagten in Bezug genommenen Behandlungsfällen nach § 387 BGB aufgerechnet hat.

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Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten ergibt sich aus der rechtsgrundlosen Zahlung von 2.588,43 EUR. Denn ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch besteht in entsprechender Anwendung des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Die Beklagte hat den geltend gemachten Differenzbetrag als Krankenhausvergütung nach Maßgabe des für sie insoweit geltenden öffentlichen Rechts ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Klägerin die zu Gunsten der Versicherten erbrachten Leistungen im Umfang dieses Betrages nicht abrechnen durfte.

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Die Klägerin hatte lediglich Anspruch auf Vergütung nach der DRG G18B, weil die Nebendiagnose K65.0 (akute Peritonitis), die zu der Abrechnung nach DRG G02Z geführt hat, nicht zusätzlich kodiert werden durfte.

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Der abgerechnete Vergütungsanspruch der Klägerin entstand dem Grunde nach durch die stationäre Behandlung der Versicherten vom 1. - 16. Oktober 2007 mit Inanspruchnahme der Leistung. Denn die Versorgung erfolgte in einem zugelassenen Krankenhaus und war i.S.v. § 39 Abs. 1 S. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V – i.d.F.d.G.v. 21.12.1992, BGBl. I S. 2266) erforderlich; diese Voraussetzungen sind auch nach Auffassung der Beklagten erfüllt, die auf den Vergütungsanspruch außerhalb des Klageanspruchs endgültig geleistet hat.

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Die Vergütung bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie demjenigen der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Dies ergibt sich aus § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V (i.d.F.d.G.v. 23.4.2002, BGBl. I S. 1412) i.V.m. § 7 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG – i.d.F.d.G.v. 15.12.2004, BGBl. I S. 3429) und § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (i.d.F.d.G.v. 26.3.2007, BGBl. I S. 378). Näheres regeln Vertragsparteien auf Bundesebene nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 KHEntgG durch einen Fallpauschalenkatalog und Abrechnungsbestimmungen in Fallpauschalenvereinbarungen. Die danach zu ermittelnde DRG-Position bestimmt sich u. a. nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD-10 in der jeweiligen Fassung des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information – DIMDI – hier für das Jahr 2007 (ICD-10-GM 2007; im Folgenden ICD-10) und den von den Vertragsparteien auf Bundesebene vereinbarten Deutschen Kodierrichtlinien für dieses Jahr.

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Aus den genannten Abrechnungsgrundlagen folgt hier, dass die Nebendiagnose einer akuten Peritonitis (ICD-10 K65.0) nicht in den Groupingvorgang einzustellen war.

34

Die ICD-10 sieht unter Schlüssel K65.- für alle Unterfälle einer Peritonitis einen Ausschluss ("Exkl.") der Verschlüsselung einer Peritonitis unter dieser Ziffer für mehrere Fälle vor, von denen einer als "- Divertikulose des Darmes (K57.-)" gekennzeichnet ist.

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Der Grund für den angeordneten Ausschluss wird unmittelbar im System der ICD-10 selbst deutlich. Die möglichen Verschlüsselungen der Divertikulose des Darmes unter K57.- enthalten nämlich Fallgruppen, in denen die Peritonitis im Falle einer Dünndarmdivertikulose als K57.0- oder – wie hier im Falle der Versicherten – einer Dickdarmdivertikulose als K57.2- bereits zu berücksichtigen sind und die entsprechende Kodierung tragen. Insoweit handelte es sich bei einer zusätzlichen Berücksichtigung der Peritonitis in einer weiteren (Neben-) Diagnose um eine Doppelklassifikation, weil die Peritonitis bei der Verschlüsselung K57.2- bereits mitgedacht ist.

36

Aus den Deutschen Kodierrichtlinien lässt sich keine andere Anordnung als der Ausschluss der Schlüsselziffer K65.- ableiten. Vielmehr weist der mit "Exklusiva (WHO)" überschriebene Abschnitt genau darauf hin, dass es sich bei den als "Exkl." gekennzeichneten Bezeichnungen um solche handelt, von denen eine Klassifikation an dieser Stelle zu vermuten wäre, die aber tatsächlich an anderer Stelle klassifiziert sind. Danach ist eine Klassifikation von "Exkl." gekennzeichneten Diagnosen unter der jeweiligen Verschlüsselung nicht gerechtfertigt. Genau dies gilt hier.

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Die Abrechnungsbestimmungen in Form der Deutschen Kodierrichtlinien, des ICD-10-GM und des OPS sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Systems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Dabei verbleibt kein Spielraum für weitere Bewertungen und Abwägungen. Bei Fehlsteuerungen sind in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG, Urt. v. 8.11.2011 – B 1 KR 8/11 R – SozR 4-5560 § 17b Rdnr. 27, jüngst Urt. v. 23.6.2015 – B 1 KR 21/14 R – Juris, Rdnr. 14). Die Sachgerechtigkeit im Einzelfall und Einzelauskünfte (FAQ) des DIMDI sind demgegenüber nachrangig.

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Ein Erstattungsanspruch der Beklagten ist nicht durch § 814 BGB ausgeschlossen. Sie wusste bei Zahlung nicht positiv, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung der Versicherten in Höhe des Differenzbetrages hatte. Nach ihrer eigenen Aussage ist ihr dies erst im Rahmen von Überprüfungen im Jahre 2010 aufgefallen. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass dies schon vor der Zahlung der Fall war. Es wäre auch schwer nachzuvollziehen, weshalb die Beklagte ein entsprechendes Wissen dann nicht früher mit einer Einwendung gegen die Zahlung geltend gemacht hätte. Die Zahlung selbst besagt insoweit auch nichts, weil die Beklagte nach § 7 Abs. 1 S. 1 der Budget- und Entgeltvereinbarung mit der Klägerin zu einer Überweisung innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Rechnung verpflichtet war. Dass die Beklagte mit der Vereinbarung der damit verbundenen Fälligkeitsregel zugleich eine Abkürzung der gesetzlichen Prüfungsfristen vereinbaren wollte, liegt fern und konnte auch von der Klägerin nicht so verstanden werden.

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Dem Erstattungsanspruch der Beklagten steht nicht die 6-Wochen-Frist zur Einleitung eines Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V (i.d.F.d.G.v. 26.3.2007, BGBl. I S. 378) entgegen. Diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig, weil die Beklagte keine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung einer Krankenhausbehandlung im Sinne von § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V eingeholt hat und sie nicht hätte einholen müssen. Die von ihr vorgenommene Prüfung betraf einen Kodierfehler, der im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Prüfung der Abrechnung aufgedeckt worden ist, ohne strittige Fragen der medizinischen Beurteilung im Einzelfall zu berühren, die grundsätzlich dem Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V vorbehalten sein können (zur Abgrenzung der sachlich-rechnerischen Prüfung von der Auffälligkeitsprüfung BSG, Urt. v. 1.7.2014 – B 1 KR 29/13 R – SozR 4-2500 § 301 Nr. 4 Rdnr. 17 ff.). Im Gegensatz dazu kann der hier vorliegende Abrechnungsfehler ohne ärztliche Einschätzung allein aus den Abrechnungsdaten der Klägerin und den genannten Rechtsgrundlagen aufgedeckt werden. Die sachlich-rechnerische Prüfung unterliegt einem eigenen Regelungssystem, in dem das Beschleunigungsgebot nach erfolgter Zahlung auf die Endabrechnung keine Rolle spielt (BSG, a.a.O., Rdnr. 24). Soweit die Klägerin (auch) eine Einzelüberprüfung im Sinne eines Regel- und Ausnahmeverhältnisses in ungewöhnlich gelagerten Fällen für geboten hält, fehlt es im Übrigen an jeglichen Informationen, weshalb es sich bei der Versicherten um einen solchen Fall gehandelt haben sollte.

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Die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs begegnet auch sonst keinen Einwendungen; insbesondere ist der Anspruch nicht verwirkt. Es fehlt an Umständen, die über das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Kodierfehlers und des Erstattungsanspruchs hinausgehen. Die Verwirkung setzt als Anwendungsfall einer unzulässigen Rechtsausübung auf Grundlage des Grundsatzes von Treu und Glauben im Rechtsverkehr entsprechend § 242 BGB nämlich nicht nur voraus, dass der Berechtigte das Recht über längere Zeit nicht ausgeübt hat, sondern darüber hinaus besondere, Vertrauen in die endgültige Nichtausübung begründende Umstände. An einem solchen Verwirkungsverhalten der Beklagten fehlt es hier. Allein durch Zeitablauf innerhalb der hier geltenden Verjährungsfrist von vier Jahren zeigt die Beklagte ein solches Verhalten nicht (BSG, Urt. v. 10.7.2014 – B 1 KR 24/13 R – SozR 4-2500 § 301 Nr. 2 Rdnr. 23; Urt. v. 21.4.2015 – B 1 KR 7/15 R – Juris, Leitsatz u. Rdnr. 18 ff. unter Aufgabe abweichender Rechtsprechung des nicht mehr zuständigen 3. Senats).

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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.

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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG liegen nicht vor, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.

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Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 63 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes und richtet sich nach der Summe der Klagehauptforderung.


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