Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VI-3 Kart 16/13 (V)
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur vom 04.12.2013, BK 9-11/8141V, aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Betroffene und die Bundesnetzagentur jeweils zur Hälfte.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € ….festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Betroffene, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadtwerke B., betreibt seit 2008 ein die Landesgrenze zwischen C. und D. überschreitendes Gasverteilernetz, welches sie von der B. gepachtet hat. Verschiedene Aufgaben der technischen und kaufmännischen Betriebsführung werden von der B. auf der Grundlage eines mit der Betroffenen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages übernommen.
4Auf Antrag der Betroffenen genehmigte die Bundesnetzagentur der Betroffenen mit Beschluss vom 22.07.2011 die Teilnahme am vereinfachten Verfahren gemäß § 24 ARegV für die Bestimmung der Erlösobergrenzen. Mit Beschluss vom 13.12.2012 setzte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode (2013 bis 2017) zunächst vorläufig fest, wobei sie beim Ausgangsniveau Kürzungen vornahm.
5Mit Beschluss vom 04.12.2013 legte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode sodann endgültig niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus hielt sie an den in der vorläufigen Anordnung der Erlösobergrenzen vom 13.12.2012 dargelegten Kürzungen des Ausgangsniveaus fest und gelangte aufgrund der Anwendung der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Änderungen der GasNEV in § 6a GasNEV (Preisindizes) und § 7 Abs. 7 GasNEV (EK II-Zinssatz) nunmehr zu einem Ausgangsniveau in Höhe von € … gegenüber den von der Betroffenen geltend gemachten Netzkosten in Höhe von € ….
6Bei der Bestimmung der anerkennungsfähigen Netzkosten führte die Bundesnetzagentur eine jeweils gesonderte Kostenprüfung bei der Betroffenen als Netzbetreiberin sowie der B. als Verpächterin durch. Dabei kürzte sie das Umlaufvermögen der Betroffenen pauschal auf 1/12 der anerkannten Netzkosten. Für die B. erkannte sie Umlaufvermögen, abgesehen von Vorräten, nicht an.
7Die von der Betroffenen gebildeten Rückstellungen für das Regulierungskonto aufgrund witterungsbedingt vereinnahmter Mehrerlöse (31.12.2010: € …, 31.12.2009: € …; Mittelwert: € …) und die gemäß § 10 GasNEV gebildeten Rückstellungen für die periodenübergreifende Saldierung (31.12.2010: € …; 31.12.2009: € …, Mittelwert: € …) bewertete die Bundesnetzagentur als Abzugskapital, welches das Umlaufvermögen überstieg.
8Im Rahmen der für Netzbetreiber und Verpächter getrennt vorgenommenen Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung gelangte die Bundesnetzagentur durch den Ansatz des überschießenden Abzugskapitals bei der Betroffenen zu einer negativen Eigenkapitalverzinsungsbasis, auf die sie den von ihr mit Festlegung vom 31.10.2011 (BK4-11-304) festgesetzten Zinssatz für auf Neuanlagen entfallendes betriebsnotwendiges Eigenkapital bis 40 % (sog. EK I-Zinssatz) in Höhe von 9,05 % anwendete. Insgesamt errechnete sie dadurch eine negative Eigenkapitalverzinsung in Höhe von € -…. Diese summierte sie mit der für die B. errechneten positiven Eigenkapitalverzinsung in Höhe von € … und gelangte auf diese Weise zu einer Eigenkapitalverzinsung für die Betroffene in Höhe von € ….
9Bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung für Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr 2010 aktiviert wurden, setzte sie den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens im Rahmen der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV unter Berufung auf den Grundsatz der Bilanzidentität gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit Null an.
10Die kalkulatorische Gewerbesteuer errechnete die Bundesnetzagentur auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Wege der „Vom-Hundert“-Rechnung.
11Schließlich bezog die Bundesnetzagentur den im Jahr 2010 aufgelösten Betrag für Rückstellungen wegen unterlassener Instandhaltung in den Jahren 2006 bis 2009 in Höhe von € … unter Anwendung des § 6 Abs. 3 ARegV zu 1/5 (€ …) als kostenmindernden Ertrag gemäß § 9 Abs. 1 GasNEV in die Netzkostenermittlung ein. Aufwendungen für Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, die im Jahr 2010 von der B. erbracht worden waren, um einen „Instandhaltungsstau“ der Vorjahre abzubauen, kürzte sie mit der Begründung, dass diese der Höhe nach auf Besonderheiten des Basisjahres beruhten. Insoweit hat die Bundesnetzagentur die in den Jahren 2006 bis 2011 entstandenen Aufwendungen in den Positionen „1.1.1.5. Materialkosten, davon Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Sonstiges (Verpächter)“ und „ 1.1.2.7. Materialkosten, davon Aufwendungen für bezogene Leistungen, Sonstiges (Verpächter)“ verglichen und den Durchschnittswert der Zeitreihe in die Netzkostenermittlung einbezogen.
12Mit form- und fristgerecht eingelegter Beschwerde hat sich die Betroffene zunächst gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 13.12.2012 zur vorläufigen Festlegung der Erlösobergrenzen gewandt. Nachdem die Bundesnetzagentur mit dem Beschluss vom 04.12.2013 die Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode endgültig festgesetzt hat, hat die Betroffene mit Schriftsatz vom 02.01.2014, bei Gericht eingegangen am 03.01.2014, erklärt, dass sich ihre Beschwerde nunmehr gegen den Beschluss vom 04.12.2013 richte.
13Die Betroffene ist der Ansicht, die von der Bundesnetzagentur vorgenommene Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung sei fehlerhaft. Die Bundesnetzagentur habe gegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 GasNEV verstoßen, indem sie die von der Betroffenen bilanzrechtlich zu bildenden Rückstellungen für mengenbedingte Mehrerlöse als Abzugskapital behandelt habe, ohne jedoch Umlaufvermögen in entsprechender Höhe auf der Aktivseite anzuerkennen. Richtigerweise hätte sie Umlaufvermögen in Höhe der gebildeten Rückstellungen zusätzlich anerkennen müssen. Die Mehrerlöse bedeuteten zwar einen Anstieg der Liquidität auf der Aktivseite, führten aber nicht zu einer Erhöhung der Eigenkapitalverzinsungsbasis und somit zu zusätzlichen kalkulatorischen Kosten, die eine einseitige Kürzung des Umlaufvermögens rechtfertigen würden. Die erzielten Mehrerlöse würden sich grundsätzlich bei der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung kostenneutral auswirken, wie die von ihr erstellte Gegenüberstellung in der Beschwerdebegründung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl.122 GA), zeige. Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur stehe überdies im Wertungswiderspruch zu § 5 ARegV, der die Effekte von Mehr- oder Mindererlösen auf die Erlösobergrenzen abschließend regle.
14Hinsichtlich der Rückstellungen aus periodenübergreifender Saldierung ergebe sich ein Wertungswiderspruch zu § 10 GasNEV, § 34 ARegV. Die Abwicklung dieser Mehrerlöse ende danach mit dem Abschluss der ersten Regulierungsperiode. Damit sei es nicht nur fernliegend, sondern de jure ausgeschlossen, dass sich die Effekte aus der periodenübergreifenden Saldierung in der zweiten Regulierungsperiode perpetuierten.
15Zumindest verstoße die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur gegen die Vorgaben des § 6 Abs. 3 ARegV, wonach Sondereffekte des Basisjahres nicht berücksichtigt werden sollten. Es sei fernliegend, dass sich entsprechend hohe witterungsbedingte Mehrerlöse und daraus folgende Rückstellungen in jedem Jahr der zweiten Regulierungsperiode ergäben.
16Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Betroffene zum Umlaufvermögen ergänzend vorgetragen: Die abweichend von der bisherigen Handhabung der Bundesnetzagentur vorgenommene pauschale Kürzung des Umlaufvermögens auf rund 1/12 der anerkannten Netzkosten sei gemessen an den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gerechtfertigt. Auch sei die für die pauschale Kürzung des Umlaufvermögens gewählte Bezugsgröße – die Höhe der anerkannten Netzkosten – ungeeignet. Vielmehr sei auf die Jahresumsätze abzustellen. Schließlich sei auch die vollständige Kürzung der Kassenbestände und Forderungen der Verpächterin bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung rechtsfehlerhaft.
17Die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung sei auch insoweit rechtswidrig, als die Bundesnetzagentur entgegen der Vorgaben der §§ 6, 7 GasNEV, § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG bei Neuanlagen, welche im Basisjahr aktiviert worden seien, im Rahmen der Mittelwertbildung den Jahresanfangsbestand mit Null und nicht entsprechend § 6 Abs. 5 Sätze 3, 4 GasNEV in Höhe der Anschaffungs- und Herstellungskosten in Ansatz gebracht habe. Auch der erkennende Senat gehe von der Rechtswidrigkeit dieser Vorgehensweise aus. Sie sei durch die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur bereits dadurch beschwert, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung beim Ansatz der Anschaffungs- und Herstellungskosten als Jahresanfangsbestand i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV höher ausfallen würde.
18Die Anwendung eines Zinssatz in Höhe von 9,05 % auf das negative Eigenkapital verstoße gegen § 7 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 Satz 2, § 4 Abs. 5 GasNEV i.V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07 – SWU Netze GmbH. Es fehle an einer rechtlichen Grundlage für den von der Bundesnetzagentur vorgenommenen Ansatz des (hohen) Eigenkapitalzinssatzes für Neuanlagen. § 7 GasNEV enthalte lediglich Regelungen für eine positive kalkulatorische Eigenkapitalverzinsungsbasis. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handele es sich bei einem „negativen Eigenkapital“ lediglich um einen rechnerischen Zwischenschritt bei der Bestimmung der Eigenkapitalverzinsung im Pachtverhältnis und damit um eine fiktive Größe. Die Bundesnetzagentur greife bei der Ermittlung der negativen Eigenkapitalverzinsung daher auch an mehreren Stellen der Berechnung auf rechtlich und mathematisch unzulässige Prämissen zurück. So ermittle sie fehlerhaft eine Eigenkapitalquote von 0 % (anstatt € - … %) und eine Fremdkapitalquote von 100 % (anstatt … %). Obwohl sie demnach unterstelle, dass die Betroffene sich zu 100 % durch Fremdkapital finanziere, wende sie im Weiteren jedoch auf dieses Fremdkapital die EK I-Zinssätze für Neuanlagen an. Dieses Vorgehen verstoße gegen logische Grundsätze und könne schon deshalb keine Stütze in §§ 7, 6 Abs. 2 GasNEV finden. Weiterhin unterstelle die Bundesnetzagentur fehlerhaft einen Anteil von Neuanlagen am „negativen Eigenkapital“ in Höhe von 100 %, obwohl die Betroffene über kein Sachanlagevermögen verfüge. Dividiere man das Sachanlagevermögen des Netzbetreibers insgesamt (=Null) durch den Anteil der Neuanlagen (=Null), gelange man mathematisch zutreffend jedoch zu dem Ergebnis „nicht definiert“ und nicht, wie die Bundesnetzagentur, zu einem Wert von 100 %.
19In Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof sei die maßgebliche Verzinsung des kalkulatorischen Eigenkapitals im Pachtmodell, d.h. bei Vorliegen einer negativen Eigenkapitalverzinsungsbasis, aus § 4 Abs. 5 GasNEV abzuleiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfe es keinen Unterschied machen, ob eine negative Eigenkapitalverzinsung beim Netzbetreiber ermittelt werde oder ob die Kürzung des Pachtzinses durch Ansatz des überschießenden Abzugskapitals des Netzbetreibers bei der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung des Verpächters erfolge. Beide Rechnungen müssten zum selben Ergebnis führen. Dies bedeute, die negative Eigenkapitalverzinsung des Netzbetreibers dürfe nur so hoch sein, wie sich der Pachtzins bei Ansatz des negativen Eigenkapitals des Netzbetreibers beim Verpächter verringern würde. Dies sei vorliegend indes nicht der Fall. Vielmehr gehe die Kürzung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung des Netzbetreibers durch die Bundesnetzagentur aus der Berechnung einer negativen Eigenkapitalverzinsung (€ - …) über die Kürzung hinaus, welche aus einer Reduzierung des Pachtzinses (€ - …) folgen würde. Die Bundesnetzagentur habe die durch den Bundesgerichtshof geforderte Kontrollrechnung vorliegend unterlassen. Richtigerweise hätte die Bundesnetzagentur nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs in seiner Leitentscheidung SWU Netze GmbH das „überschießende“ Abzugs- und Fremdkapital der Betroffenen, also den Anteil, der zu einer negativen Eigenkapitalverzinsungsbasis beim Netzbetreiber führe, in die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung der Verpächterin einbeziehen müssen. Nur hierdurch werde gewährleistet, dass lediglich die nach § 4 Abs. 5, 5a GasNEV maßgeblichen Kosten des fiktiven Eigentümers bzw. des Selbsterbringers ermittelt und nicht eine darüber hinausgehende unzulässige Kürzung der Eigenkapitalverzinsung herbeigeführt werde. Bei Anwendung der durch den Bundesgerichtshof vorgegebenen Kontrollrechnung hätte die Bundesnetzagentur für die Betroffene lediglich eine negative kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung in Höhe von € - … errechnen dürfen. Daraus hätte sich nach der – allerdings rechtsfehlerbehafteten Berechnungsmethode der Bundesnetzagentur - eine kalkulatorische Gewerbesteuer in Höhe von € - … ergeben.
20Aufgrund der vorzunehmenden Neuberechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung sei auch die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV entsprechend anzupassen. Eine Korrektur der Gewerbesteuer sei darüber hinaus auch deshalb geboten, weil die Bundesnetzagentur für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer die als Nachsteuerertrag bestimmte kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung i.S.d. § 7 GasNEV zugrunde lege, dabei allerdings eine Berechnungsformel anwende, die einen Vorsteuerertrag voraussetze. Hieraus resultiere eine unzulässige Verringerung der kalkulatorischen Gewerbesteuer, weil die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV den Gewinn nach Gewerbesteuern darstelle. Richtigerweise hätte die Bundesnetzagentur die kalkulatorische Gewerbesteuer auf Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung als Nachsteuerertrag nach folgender Berechnungsformel (Nachsteuerformel) ermitteln müssen:
21kalk. GewSt = EK-Verzinsung (nach GewSt) x Hebesatz x Steuermesszahl
221- (Hebesatz x Steuermesszahl)
23Die Anwendung einer Vorsteuerformel führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Gewerbesteuer im Vergleich zur Körperschaftssteuer, die bei der Ermittlung des Zinssatzes nach § 7 Abs. 6 GasNEV vollumfänglich berücksichtigt werde. Bei Anwendung der Nachsteuerformel ergebe sich eine um € … höhere kalkulatorische Gewerbesteuer (Netzbetreiber/Verpächter insgesamt).
24Zu Unrecht habe die Bundesnetzagentur schließlich den im Jahr 2010 aufgelösten Betrag für Rückstellungen wegen unterlassener Instandhaltung anteilig als kostenmindernden Ertrag gemäß § 9 Abs. 1 GasNEV in die Netzkostenermittlung einbezogen. Bei der Auflösung von Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung in Höhe von € … handele es sich dem Grunde nach um eine Besonderheit des Basisjahres. Die Auflösung der für die unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen der Jahre 2006 bis 2009 gebildeten Rückstellungen stelle ein einmaliges Ereignis dar, mit dessen Auftreten in den Folgejahren nicht zu rechnen sei. Dies gelte insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass im Zuge des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes eine Änderung der für die Rückstellungbildung maßgeblichen Vorschrift des § 249 HGB stattgefunden habe, welche Rückstellungen wegen unterlassener Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen im Gasnetzbereich ab dem 01.01.2010 nur noch sehr eingeschränkt und nur in geringfügigem Umfang in Betracht kommen lasse. Deshalb hätte die Bundesnetzagentur auch nicht 1/5 des Auflösungsbetrages als netzkostenmindernden Ertrag gemäß § 9 GasNEV ansetzen dürfen. Dies zeige auch die Kontrollüberlegung anhand des „Normalfalls“, wonach – wie von der Bundesnetzagentur bei den aufwandsgleichen Kosten unterstellt - regelmäßig Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt worden wären. In diesem Fall hätte die Betroffene aber auch keine Rückstellungen bilden und dementsprechend auch keinen bilanziellen Ertrag aus der Auflösung einer Rückstellung für unterlassene Instandhaltung verbuchen müssen. Sie habe nach der Auflösung der Rückstellung im Basisjahr und dem Inkrafttreten des Bilanzmodernisierungsgesetzes 2010 auch keine weiteren Rückstellungen mehr für Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Gasnetz gebildet.
25Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 23.09.2015 trägt die Betroffene ergänzend vor:
26Die Bundesnetzagentur habe Umlaufvermögen in Höhe der für die vereinnahmten Mehrerlöse gebildeten Rückstellungen als betriebsnotwendig anerkennen müssen, da dieses zur Bedienung kurzfristiger, bereits ab dem 01.01.2012 fälliger Verbindlichkeiten gegenüber den Netznutzern diene. Gemäß § 5 Abs. 3 ARegV habe die Rückführung der Erlöse nicht erst in der folgenden Regulierungsperiode, sondern bereits vorzeitig ab dem 01.01.2012 erfolgen müssen. Die Besonderheit des witterungsbedingt erhöhten Gasabsatzes zeige sich anhand eines Vergleichs der in den Jahren 2009 bis 2013 erzielten Mehr- bzw. Mindererlöse. Insoweit wird auf das Vorbringen der Betroffenen auf Seite 2 des nachgelassenen Schriftsatzes vom 23.09.2015 sowie die Anlagen Bf 10 und 11 Bezug genommen. Dass der Ansatz von 1/5 des Auflösungsbetrages für unterlassene Wartung und Instandhaltung fehlerhaft gewesen sei, zeige sich auch an einer Vergleichsrechnung. Hätte die Bundesnetzagentur keine Maßnahmen zur Bereinigung der Besonderheit des Basisjahres unternommen und infolgedessen den vollständigen Aufwand für Wartung und Instandhaltung in die Kostenbasis einbezogen, wäre das Ausgangsniveau immerhin um € … höher.
27Die Betroffene beantragt,
28den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 04.12.2013 (BK9-11/8141V) aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, die Erlösobergrenzen der zweiten Regulierungsperiode (Jahre 2013- 2017) für das Gasverteilernetz der Betroffenen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bestimmen.
29Die Bundesnetzagentur beantragt,
30die Beschwerde zurückzuweisen.
31Die Bundesnetzagentur verteidigt den angegriffenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung seiner Gründe. Der Beschluss sei rechtmäßig und verletze die Betroffene nicht in ihren Rechten.
32Rückstellungen, die aufgrund eines negativen Regulierungskontosaldos gebildet würden, seien bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 1 GasNEV im Abzugskapital zu berücksichtigen. Analog sei bei der periodenübergreifenden Saldierung gemäß § 10 GasNEV, § 34 ARegV zu verfahren. Faktisch liege eine Mittelstundung durch die Netzkunden mit der Verpflichtung des Netzbetreibers zur zukünftigen Entgeltabsenkung vor. Wirtschaftlich betrachtet handele es sich hierbei um Fremdkapital des Netzbetreibers. Die Vorgehensweise stehe im Einklang mit den Vorgaben der GasNEV. Zudem entspreche die Berücksichtigung dieser Rückstellungsbestände auch dem Sinn und Zweck des Systems der Anreizregulierung. Eine Nichtberücksichtigung der Rückstellungen für das Regulierungskonto bei den Rückstellungsbeständen der Betroffenen würde im Ergebnis zu einer doppelten Verzinsung der entsprechenden Beträge zu Lasten der Netzkunden führen: Zum einen erhielte die Betroffene aufgrund der höheren Eigenkapitalverzinsungsbasis eine höhere Eigenkapitalverzinsung. Darüber hinaus seien die mit den Rückstellungsbeständen gebuchten Zinsen als Netzkosten anerkennungsfähig, damit diese ein Gegengewicht zum berücksichtigten Rückstellungsbestand bildeten.
33Es liege auch kein Verstoß gegen § 6 Abs. 3 ARegV vor. Die Bildung bzw. Aufnahme sowie die Auflösung bzw. Rückführung von Abzugskapital und ebenso auch verzinslichem Fremdkapital stellten grundsätzlich wiederkehrende, sich ablösende Effekte und generell keine Besonderheit im Sinne des § 6 Abs. 3 ARegV dar. Es gehöre zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb, dass jedes Jahr wiederkehrend Zuführungen als auch Auflösungen zu den Rückstellungen sowie Aufnahmen und Teilungen von verzinslichem Fremdkapital vorgenommen werden müssten. Dies gelte insbesondere für das Regulierungskonto, welches einen festen Bestandteil des Regulierungsrahmens darstelle und keinesfalls als eine einmalige Besonderheit des Geschäftsjahres einzustufen sei. Auch seien das Abzugskapital und das verzinsliche Fremdkapital insgesamt zu betrachten. Eine separate Herausnahme einzelner dieser Passivbestände sei deshalb nicht sachgerecht, da ansonsten das sich als Residualgröße ergebende betriebsnotwendige Eigenkapital und damit die Eigenkapitalverzinsung unzulässigerweise überhöht abgebildet würden.
34Der Ansatz eines Jahresanfangsbestandes von Null für im Basisjahr 2010 angeschaffte Neuanlagen bei der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV sei nicht zu beanstanden. Die gegenteilige Auffassung der Betroffenen stehe im Widerspruch zu § 7 GasNEV und sei auch mit dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 5 GasNEV unvereinbar.
35Gegen die Auffassung der Betroffenen, eine unterjährig angeschaffte bzw. aktivierte Neuanlage bereits zum Jahresanfang mit dem vollen Anschaffungspreis zu berücksichtigen, spreche bereits der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Unter dem dort verwendeten und nicht näher definierten Begriff „Jahresanfangsbestand“ sei der Wertansatz des Jahresendbestandes des vorhergehenden Geschäftsjahres zu verstehen, da Jahresanfangs- und Jahresendbestand gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB übereinstimmen müssten. Die handelsrechtlichen Grundsätze seien gemäß § 6 Abs. 1 ARegV i.V.m. § 4 Abs. 2 GasNEV auch im Rahmen der kalkulatorischen Kostenkalkulation des § 7 GasNEV zu berücksichtigen. Unabhängig davon sei es aber auch sachgerecht, einen Jahresanfangswert von Null anzunehmen, weil er tatsächlich dem Sachanlagevermögen zum Ende des vorausgegangenen Geschäftsjahres entspreche. Aus § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV lasse sich nichts Gegenteiliges ableiten. Dort sei gerade nicht von „Jahresanfangsbestand“, sondern von einem „Zugang“ zum 1. Januar eines Jahres die Rede. Überdies sei der Anwendungsbereich der in § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV geregelten Zugangsfiktion auf die kalkulatorischen Abschreibungen beschränkt. Die Fiktion des vollständigen Anlagenzugangs zum 1. Januar des Aktivierungsjahres als Jahresanfangsbestand überdehne den Wortlaut von § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV, der von „kalkulatorischen Restwerten“ und nicht vom „Vollwert“ der Anschaffungs- und Herstellungskosten ausgehe.
36Auch systematische Zusammenhänge sprächen gegen den Ansatz der Betroffenen. § 7 Abs. 1 GasNEV stehe in unmittelbarem Zusammenhang zu § 7 Abs. 2 GasNEV. Die Ermittlung der Wertansätze nach Absatz 1 und Absatz 2 habe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einheitlich zu erfolgen. Dies entspreche auch der Intention des Verordnungsgebers bei Einfügung der Mittelwertbildung in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Damit sei ein Rückgriff auf § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV zur Bestimmung des Jahresanfangsbestands ausgeschlossen, da dies ersichtlich zu uneinheitlichen Wertansätzen führe.
37Auch aus dem Zusammenspiel der §§ 6 und 7 GasNEV ergebe sich nichts Gegenteiliges. Sinn und Zweck der Änderung des § 6 Abs. 5 GasNEV durch die Ergänzung der Sätze 3 und 4 sei gewesen, eine jahresbezogene Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen – in Abgrenzung zu einer Ermittlung Pro-rata-temporis - zu erreichen. Eine Erweiterung der Verzinsungsgrundlage für die Eigenkapitalverzinsung sei hingegen nicht beabsichtigt gewesen.
38Die Fiktion des vollständigen Anlagenzugangs zum Beginn des Aktivierungsjahres der Anlage sei mit dem Sinn und Zweck von § 7 GasNEV, eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals im Sinne von § 21 Abs. 2 EnWG zu gewährleisten, nicht vereinbar. Die Sichtweise der Betroffenen führe zu einer unsachgemäßen Erhöhung der Verzinsungsbasis und damit zu einer unangemessenen Doppelverzinsung. Das Ergebnis einer systematischen Überverzinsung durch die seitens der Betroffenen geforderte Vorgehensweise werde durch die von ihr gebildeten Beispielsfälle belegt, zu deren Einzelheiten auf die Beschwerdeerwiderung der Bundesnetzagentur vom 27.03.2015 (Bl. 189ff GA) verwiesen wird. Erst das Vorgehen der Bundesnetzagentur gewährleiste eine angemessene Verzinsung des von der Betroffenen eingesetzten Kapitals, weil das im Sachanlagevermögen gebundene Kapital bereits in voller Höhe in anderen Bilanzpositionen Berücksichtigung finde. Die Betroffene habe auch nicht dargelegt, inwiefern sie durch die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur beschwert sei. Die Betroffene (bzw. Verpächter) habe insgesamt € … investiert. Dem stünden allein € … anerkanntes Umlaufvermögen und € … Rückflüsse aus Abschreibungen beim Verpächter gegenüber. Anlass zu der Annahme, dass in dem Jahresanfangsbestand die für die Finanzierung der Neuanlagen benötigten Beträge nicht enthalten sein könnten, bestehe nicht im Ansatz.
39Die von ihr für das Pachtmodell vorgenommene Berechnungsweise der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung sei zutreffend. Sie habe zu Recht die kalkulatorische Berechnung der Eigenkapitalverzinsung sowohl beim Verpächter als auch beim Pächter getrennt durchgeführt. Der Bundesgerichtshof sehe den Kern der Regelung in § 4 Abs. 5 GasNEV darin, dass die Überlassung von Netzbestandteilen nicht zu überhöhten Netzentgelten führen dürfe. Die Kosten des Netzbetriebs eines integrierten Netzbetreibers bildeten insofern eine Obergrenze. Eine kostenmäßige Gleichstellung von integrierten Netzbetreibern und Netzbetreibern, die sich für ein Verpachtungsmodell entschieden hätten, sehe der Bundesgerichtshof nicht. Aus den dortigen Ausführungen, wonach es in dem zu entscheidenden Sachverhalt zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn das überschießende Abzugskapitals alternativ bei dem Netzeigentümer in Ansatz gebracht worden wäre, lasse sich nicht der Umkehrschluss ableiten, dass ein Ansatz der negativen Eigenkapitalverzinsung bei der Pächterin immer dann unzulässig wäre, wenn die Vergleichsberechnung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würde. Erst Recht bezwecke die Vorschrift nicht die Ermittlung fiktiver Netzkosten, die bestünden, wenn die Betroffene Eigentümerin des Netzes wäre. Auch die Heranziehung des für Neuanlagen vorgesehenen Zinssatzes gemäß § 7 GasNEV bei der Ermittlung der Verzinsung des negativen Eigenkapitals sei sachgerecht.
40Die Bundesnetzagentur habe auch die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV zutreffend ermittelt. Die Vorgehensweise stehe im Einklang mit den Vorgaben in § 8 GasNEV sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Als Teil der kalkulatorischen Kostenrechnung werde bei der Ermittlung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nicht auf die der steuerlichen und handelsrechtlichen Gewinnermittlung zugrunde liegenden Vorschriften abgestellt, sondern auf eine rein fiktive Bemessungsgrundlage: die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV. Diese stelle den Gewerbeertrag dar, auf den die Steuermesszahl nach § 11 Abs. 2 GewStG in Höhe von 3,5 % angewandt werde. Daraus ergebe sich der Steuermessbetrag, auf den der Hebesatz Anwendung finde.
41Die anteilige Einbeziehung der Rückstellungen wegen unterlassener Instandhaltung als kostenmindernden Ertrag gemäß § 9 Abs. 1 GasNEV in die Netzkostenermittlung sei nicht zu beanstanden. Außergewöhnlich hohe Instandhaltungskosten im Geschäftsjahr 2010 stellten nicht generell eine Besonderheit i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV dar. Bei der Zuführung bzw. der Auflösung von Rückstellungen für Instandhaltungskosten handele es sich um grundsätzlich wiederkehrende Effekte eines Geschäftsbetriebs. Nichts anderes gelte vorliegend. Auch wenn die Instandhaltungskosten im Geschäftsjahr 2010 erhöht gewesen sein sollten, sei dies keine Ausnahme i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 ARegV, soweit es sich um Kosten handele, die im Geschäftsbetrieb regelmäßig anfielen. Die Bundesnetzagentur habe daher die geltend gemachten Instandhaltungskosten – unstreitig - auf den Mittelwert der Geschäftsjahre 2006 bis 2011 reduziert und auch den sich aus der Auflösung der Rückstellung für unterlassene Instandhaltung ergebende Betrag in Höhe von € … analog dazu nicht zu 100 % aus den Netzkosten eliminiert, sondern lediglich auf einen normalisierten Betrag reduziert. Dabei sei sie davon ausgegangen, dass Auflösungen von Rückstellungen und daraus resultierende Erträge auch zukünftig, wenn auch nicht in vergleichbarer Höhe anfielen. Dies werde durch das in der Kostenbasis berücksichtigte eine Fünftel repräsentiert.
42Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 14.10.2015 trägt die Bundesnetzagentur ergänzend vor: Die vorgenommene Kürzung des Umlaufvermögens der Betroffenen auf 1/12 der anerkennungsfähigen Netzkosten sei nicht zu beanstanden. Die Betroffene habe weder im Verwaltungsverfahren noch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens den ihr obliegenden Nachweis der Betriebsnotwendigkeit eines höheren Umlaufvermögens erbracht. Der Netzbetreiber müsse dazu eine monatsbezogene Cash-Flow-Rechnung zur Darstellung von monatlichen Ein- und Auszahlungen ggf. existierenden Liquiditätsengpässen vorlegen. Dem habe das Vorbringen der Betroffenen nicht genügt. Damit fehle es auch an einem Nachweis der Betriebsnotwendigkeit des im Zusammenhang mit den witterungsbedingten Mehrerlösen stehenden Umlaufvermögens.
43Die pauschale Kürzung des Umlaufvermögens sei auch im Hinblick auf die gewählte Obergrenze von 1/12 rechtsfehlerfrei erfolgt. Nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung habe der Netzbetreiber das angesetzte Umlaufvermögen vom ersten Euro an nachzuweisen. Die Bundesnetzagentur habe die Nachweispflicht durch die Anerkennung einer Obergrenze von 1/12 eines Jahresumsatzes, bei dessen Bewertung auf die berücksichtigungsfähigen kalkulatorischen Netzkosten abzustellen sei, erleichtert. Ihr sei es freigestellt, Obergrenzen zu bilden, bis zu denen sie das angesetzte Umlaufvermögen trotz fehlender Nachweise der Betriebsnotwendigkeit als anerkennungsfähig erachte. Eine Erleichterung der Nachweispflicht sei nur zugunsten der Netzbetreiber veranlasst, die Umlaufvermögen zur Deckung von Liquiditätsengpässen benötigten, die durch das zeitliche Auseinanderfallen von Einzahlungen und Auszahlungen entstehen könnten. Beim Verpächter träten derartige Liquiditätsengpässe nicht auf, da aus dem regelmäßig zufließenden Pachtentgelt alle anfallenden Auszahlungen getätigt würden. Das gelte auch für Dienstleistungsunternehmen, deren monatlich vereinnahmtes Dienstleistungsentgelt in der Regel ausreiche, die laufenden Auszahlungen des Dienstleistungserbringers hieraus zu bestreiten.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen
45B.
46Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
47I.
48Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie als Verpflichtungsbeschwerde in Form eines Bescheidungsantrags statthaft (§§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, 3, 83 Abs. 4 EnWG). Nachdem der zunächst mit der Beschwerde angegriffene Beschluss der Bundesnetzagentur vom 13.12.2012 über die vorläufige Festsetzung der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode mit Erlass des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 04.12.2013 über die endgültige Festlegung der Erlösobergrenzen gemäß Ziffer 5 des Beschlusses vom 13.12.2012 außer Kraft getreten ist, hat die Betroffene die Beschwerde mit Schriftsatz vom 03.01.2014 in zulässiger Weise geändert und nunmehr gegen die endgültige Festlegung der Erlösobergrenzen vom 04.12.2013 gerichtet.
49II.
50Die Beschwerde ist teilweise begründet. Dies führt zur Aufhebung des Beschlusses und Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu den Beschwerdepunkten „Bezugsgröße der pauschalen Kürzung des Umlaufvermögens“, „Kürzung Umlaufvermögen des Verpächters“, „Rückstellungen für witterungsbedingte Mehrerlöse als Besonderheit des Basisjahres“ und „Mittelwertbildung bei Neuanlagen“. Im Übrigen bleiben die Beanstandungen der Betroffenen jedoch erfolglos.
511. Umlaufvermögen:
52Die Rügen der Betroffenen gegen die seitens der Bundesnetzagentur vorgenommene Kürzung des Umlaufvermögens bei der Berechnung der Verzinsungsbasis für die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung sind zum Teil begründet.
531.1. Ohne Erfolg macht die Betroffene allerdings geltend, der Ansatz von Rückstellungen für das Regulierungskonto aufgrund mengenbedingter Mehrerlöse in Höhe von € … sowie für die periodenübergreifende Saldierung in Höhe von € … im Abzugskapital erfordere die Anerkennung von Umlaufvermögen in entsprechender Höhe. Die Betroffene hat nicht dargelegt, dass ein den Rückstellungen korrespondierendes Umlaufvermögen für den Netzbetrieb betriebsnotwendig ist.
541.1.1. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GasNEV gehören zum betriebsnotwendigen Eigenkapital u.a. die Bilanzwerte der betriebsnotwendigen Finanzanlagen und die Bilanzwerte des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens. Das Umlaufvermögen umfasst Vorräte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände, Wertpapiere und Kassenbestand, Guthaben bei Bundesbank und Kreditinstituten sowie Schecks (vgl. Lentz in: Petersen/Zwirner/Brösel, Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, § 266 HGB, RN 47, 61). Vorgehaltenes Umlaufvermögen verursacht Kapitalkosten. Insbesondere erwirtschaftet Umlaufvermögen in Gestalt von Vorräten und Kundenforderungen keine Erträge, kurz- sowie längerfristige Bankguthaben allenfalls geringe.
55Für die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 1 GasNEV ist das Umlaufvermögen jedoch nicht stets mit seinem bilanziellen Wert in Ansatz zu bringen, sondern es ist eine Korrektur der Bilanzwerte des Umlaufvermögens nach dem Maßstab der Betriebsnotwendigkeit vorzunehmen. Welche Vermögensbestandteile betriebsnotwendig sind, unterliegt nach allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Nachweispflicht des Netzbetreibers. Insoweit trifft ihn eine Mitwirkungspflicht, die die Amtsaufklärungspflicht der Regulierungsbehörde (§ 24 VwVfG) begrenzt (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 20ff. – SWU Netze; 07.04.2009; Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 6/08, RN 42 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09, RN 16, jeweils für Entgeltgenehmigungen nach § 23 a EnWG). Dies ergibt sich schon daraus, dass die zur Bestimmung des Ausgangsniveaus entsprechenden Daten in der Sphäre des Netzbetreibers liegen. Vor diesem Hintergrund ordnet § 27 Abs. 1 Satz 2 ARegV eine entsprechende Auskunftsverpflichtung der Netzbetreiber an. Die Betriebsnotwendigkeit von Umlaufvermögen ist überdies tatbestandliche Voraussetzung für die Anerkennung (zusätzlichen) Umlaufvermögens und damit für dessen Berücksichtigung im Rahmen der Eigenkapitalverzinsung. Es geht mithin um einen den Netzbetreiber begünstigenden Umstand, dessen Voraussetzungen der Netzbetreiber darlegen muss (vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13, S. 14 BA; OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 16).
56Die Betroffene hat jedoch nicht dargelegt, dass im Hinblick auf die im Abzugskapital in Ansatz gebrachten Rückstellungen für das Regulierungskonto aufgrund witterungsbedingter Mehrerlöse sowie für die periodenübergreifende Saldierung ein höheres als das anerkannte Umlaufvermögen betriebsnotwendig ist. Zwar hat die Betroffene mit nachgelassenem Schriftsatz vom 23.09.2015 vorgetragen, dass sie die Mehrerlöse des Jahres 2010, die für die Rückstellungen ursächlich waren, bereits ab dem 01.01.2012 an die Netzkunden auszukehren hatte, weil die Mehrerlöse die 5 %- Schwelle des § 5 Abs. 3 ARegV deutlich überstiegen. Dass die Betroffene die Netzentgelte vorzeitig um die vereinnahmten Mehrerlöse absenken musste, rechtfertigt den Ansatz der zugeflossenen Mehrerlöse im Umlaufvermögen jedoch nicht. Denn ein höherer als der zuerkannte Bestand an liquiden Mitteln ist nur gerechtfertigt, wenn der Netzbetreiber die Verbindlichkeiten nicht anders als durch entsprechendes Umlaufvermögen tilgen kann. Ob entsprechendes Umlaufvermögen zur Bedienung von Verbindlichkeiten notwendig ist, lässt sich im Ergebnis daher nur beurteilen, wenn die konkreten Mittelzu- und abflüsse dargelegt werden, d.h. aufgezeigt wird, wann und aus welchen Mitteln diese Verbindlichkeiten getilgt werden sollen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.06.2009, EnVR 19/08, RN 25). Insoweit hat die Bundesnetzagentur zutreffend darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit besteht, fällige Verbindlichkeiten durch Fremdkapitalaufnahme zu finanzieren, was die Betriebsnotwendigkeit entsprechenden Umlaufvermögens entfallen ließe. Ferner verfügt die Betroffene über Einnahmen, die zur Rückführung kurzfristiger Verbindlichkeiten verwandt werden können. Es fehlen jedoch Ausführungen und Erläuterungen der Betroffenen zur Einnahmenseite, worauf die Bundesnetzagentur zu Recht hingewiesen hat. Die betriebsnotwendige Liquidität ist eine unternehmensindividuelle Größe, die von dem Geschäftszyklus, dem Zahlungszyklus sowie den Zahlungsmodalitäten bestimmt wird (vgl. Fülbier, ET 2009, S. 150). Ohne eine konkrete Gegenüberstellung der Mittelzuflüsse und des Umfangs sowie insbesondere des Fälligkeitszeitpunkts der zu erfüllenden Verbindlichkeiten können der Liquiditätsbedarf und die Finanzierungsstruktur des Netzbetreibers nicht korrekt ermittelt und beurteilt werden. Erforderlich ist eine dynamische Betrachtung und Darstellung des Liquiditätsbedarfs, z.B. in Form eines die kurzfristigen Verbindlichkeiten berücksichtigenden Finanzplans (so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13; Beschluss vom 29.03.2015, 202 EnWG 12/13; OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14). Eine solche hat die Betroffene auch auf den entsprechenden Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung hin nicht vorgelegt.
57Die Betroffene hat im Verwaltungsverfahren aufgrund des Hinweises der Bundesnetzagentur zur Erforderlichkeit einer Cash-Flow-Rechnung zur Darlegung der Betriebsnotwendigkeit des Umlaufvermögens zwar neben der Gegenüberstellung der bilanziellen Bestände an Forderungen und liquiden Mitteln einerseits und an Rückstellungen und Verbindlichkeiten andererseits den Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit, Investitionstätigkeit und Finanzierungstätigkeit angegeben (vgl. Stellungnahme vom 30.10.2012, Bl. 687ff). Wie der Cash-Flow hergeleitet wurde, hat sie jedoch nicht erläutert, weshalb die Bundesnetzagentur sowohl in der vorläufigen als auch in der endgültigen Festlegung der Erlösobergrenzen zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Vorbringen nicht ausreichend war (vgl. Beschluss vom 13.12.2012, Bl. 852 VV; Beschluss vom 04.12.2013, Bl. 1167 VV). Im Beschwerdeverfahren hat die Betroffene nach dem Hinweis des Senats lediglich den wetterbedingt erhöhten Gasabsatz im Winter 2009/2010, die daraus resultierenden Mehreinnahmen und die dadurch bedingte Absenkung der Netzentgelte ab dem 01.01.2012 dargestellt. Der Nachweis der Betriebsnotwendigkeit des Umlaufvermögens setzt aber die Angabe der Zahlungszeitpunkte für die bestehenden Verbindlichkeiten – ausgehend vom Abzugskapital – voraus. Infolge der in der Vergangenheit zugeflossenen Mehrerlöse kommt es jedoch bereits nicht zu Auszahlungen, sondern nur zur Absenkung der Netzentgelte und damit zu niedrigeren Umsatzerlösen in den Folgejahren. Aus dem Umlaufvermögen zu bedienende Verbindlichkeiten liegen damit nicht vor. Dass und zu welchen Zeitpunkten im Basisjahr Auszahlungsspitzen in Form zu erfüllender Verbindlichkeiten bestehen, die nicht durch laufende Einnahmen bedient werden können, ist auf der Basis des Vorbringens der Betroffenen nicht feststellbar.
581.1.2. Eine Darlegung der Betriebsnotwendigkeit ist vorliegend auch nicht entbehrlich, insbesondere ergibt sich eine Pflicht zur Anerkennung von Umlaufvermögen in Höhe der Rückstellungen nicht schon aufgrund der Notwendigkeit der Neutralisierung von Mehrerlösen auf Aktiv- und Passivseite.
59Entgegen der Auffassung der Betroffenen hat der Umstand, dass die Rückstellungen für das Regulierungskonto aufgrund mengenbedingter Mehrerlöse sowie für die periodenübergreifende Saldierung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 ARegV im Abzugskapital berücksichtigt werden, keine zwingende Erhöhung des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens zur Folge. Ein solcher Automatismus zwischen Abzugskapital nach § 7 Abs. 2 GasNEV und der Annahme der Betriebsnotwendigkeit von Umlaufvermögen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ARegV besteht nicht. Was als Abzugskapital anzusehen ist, ergibt sich abschließend aus § 7 Abs. 2 GasNEV. Vor diesem Hintergrund führt die Kürzung des Wertansatzes des Umlaufvermögens nicht zwangsläufig zur Kürzung der Position Abzugsvermögen. Dies gilt auch für bilanziell miteinander in Zusammenhang stehende Positionen. Solche bilanztechnischen Fragen spielen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der kalkulatorischen Bestimmung des zu verzinsenden Eigenkapitals keine Rolle (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 45 – Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09, RN 17; a.A. Fülbier, ET 2009, 150, 151). Dementsprechend führt auch der Ansatz von Abzugskapital in der „kalkulatorischen Welt“ nicht zwangsläufig zum Ansatz entsprechenden Umlaufvermögens (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 45 – Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar). Zwar kann ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Umlaufvermögens und dem Abzugskapital bestehen. Ist das Abzugskapital hoch, kann dies dazu führen, dass mehr an Umlaufvermögen vorgehalten werden muss. Dies kann der Fall sein, wenn demnächst unverzinsliche Verbindlichkeiten zu tilgen sind (§ 7 Abs. 2 Nr. 3, 5 GasNEV) oder sich das Umlaufvermögen durch vereinnahmte Anzahlungen erhöht. Zu überprüfen ist dann, ob ein erhöhtes Abzugskapital gegebenenfalls ein erhöhtes Umlaufvermögen rechtfertigt (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 33 – SWU Netze). Ein erhöhtes Abzugskapital kann mithin auf einen erhöhten Liquiditätsbedarf hinweisen. Ob ein solcher tatsächlich besteht und der Vorhalt entsprechenden Umlaufvermögens betriebsnotwendig ist, ist jedoch vom Netzbetreiber unter Einbeziehung der Einnahmenseite darzulegen und gesondert zu prüfen.
60Soweit die Betroffene darauf verweist, dass die Berücksichtigung von Umlaufvermögen in Höhe der erzielten Mehrerlöse die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nicht erhöhe, sondern durch den Ansatz der gebildeten Rückstellungen im Abzugskapital neutralisiert werde, ergibt sich nichts anderes. Denn wie bereits ausgeführt, ist die Herbeiführung einer Kostenneutralität von Umlaufvermögen und entsprechenden damit in Zusammenhang stehenden Abzugskapitals in § 7 GasNEV nicht vorgesehen. Vielmehr erfolgt die Bestimmung des Umlaufvermögens allein nach dessen Betriebsnotwendigkeit. Nur das betriebsnotwendige Umlaufvermögen bestimmt als einer der in § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV genannten Faktoren die Höhe des Betrags, der als betriebsnotwendiges Eigenkapital kalkulatorisch verzinst wird. Demgegenüber zielt § 7 Abs. 2 GasNEV darauf ab, das dem Netzbetreiber zinslos zur Verfügung stehende Kapital aus der Verzinsungsbasis zu eliminieren (§ 7 Abs. 2 Satz 1 GasNEV). Verrechnungs- oder Kürzungsmöglichkeiten bestehen insoweit nicht (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 45 – Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09, RN 17; OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14; S. 19f. BA).
611.1.3. Die Anerkennung eines um die im Abzugskapital berücksichtigten Rückstellungen für das Regulierungskonto erhöhten Umlaufvermögens ergibt sich auch nicht aufgrund der Regelungen für das Regulierungskonto in § 5 Abs. 2, 4 ARegV bzw. für die periodenübergreifende Saldierung in § 10 GasNEV i.V.m. § 34 ARegV. Ein Wertungswiderspruch zu diesen Vorschriften liegt nicht vor.
621.1.3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 ARegV ist die Differenz zwischen den nach § 4 ARegV zulässigen Erlösen und dem vom Netzbetreiber unter Berücksichtigung der tatsächlichen Mengenentwicklung erzielbaren Erlösen jährlich auf dem Regulierungskonto zu verbuchen. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 ARegV ermittelt die Regulierungsbehörde im letzten Jahr der Regulierungsperiode den Saldo des Regulierungskontos für die vorangegangenen fünf Kalenderjahre. Da gemäß § 34 Abs. 1 b Satz 1 ARegV die Dauer der ersten Regulierungsperiode für Gas nur vier Jahre beträgt und die Anreizregulierung erstmalig Anwendung findet, bestimmt § 34 Abs. 2 ARegV, dass die Regulierungsbehörde abweichend von § 5 Abs. 4 ARegV im letzten Jahr der ersten Regulierungsperiode für Gas den Saldo des Regulierungskontos für die ersten drei, für Strom für die ersten vier Kalenderjahre der ersten Regulierungsperiode ermittelt. Erzielt ein Netzbetreiber mehr Entgelte, als ihm gemäß der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen nach § 4 ARegV zustand, führt dies zu einem negativen Saldo des Regulierungskontos. Der Ausgleich dieses Saldos erfolgt gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 ARegV durch gleichmäßig über die folgende Regulierungsperiode verteilte Abschläge, die nach § 5 Abs. 4 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 ARegV zu verzinsen sind. Die Regulierungsformel nach § 7 ARegV erfasst die Zu- und Abschläge durch die Variable St. Die Anlage 1 zu § 7 ARegV bestimmt insoweit, dass im Jahr t jeweils 1/5 des nach Maßgabe des § 5 Abs. 4 ARegV ermittelten Saldos (S) des Regulierungskontos inklusive Zinsen in Ansatz gebracht wird. Durch die Darstellung der kalenderjährlichen Zu- bzw. Abschläge als Variable St in der Regulierungsformel wurde klargestellt, dass es sich bei dem nach der Regelung des Absatz 4 Satz 1 zu bildenden Saldos nicht um dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten i.S.v. § 11 Abs. 2 ARegV handelt. Aus diesem Grund ist auch der im Kabinettsentwurf enthaltene § 11 Abs. 2 Nr. 5 ARegV, wonach als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten oder Erlöse die Zu- und Abschläge auf die Erlösobergrenzen sowie die Verzinsung der Abschläge nach § 5 Abs. 4 ARegV gelten sollten, gestrichen worden. Die Zu- und Abschläge sind deshalb auch im vereinfachten Verfahren nach § 24 ARegV in voller Höhe und nicht nur zu 45 % anzusetzen (BR-Drs. 24/08, Beschluss vom 15.02.2008, S. 6, 9).
63Dass die verzinsten Mehrerlöse über die Variable St der Regulierungsformel an die Netznutzer ausgekehrt werden, gebietet es nicht, diese Mehrerlöse im Rahmen des Umlaufvermögens zu berücksichtigen. Insbesondere kann § 5 Abs. 2, 4 ARegV kein dahingehender abschließender Regelungsinhalt entnommen werden. § 5 ARegV und § 7 GasNEV verfolgen unterschiedliche Zwecke. § 5 ARegV i.V.m. der Variablen St der Regulierungsformel nach Anlage 1 zu § 7 ARegV regelt ausschließlich den Mechanismus der Auskehrung der vereinnahmten Mehrerlöse an die Netznutzer. Die Variable St wird völlig unabhängig von dem der Erlösobergrenze zugrunde liegenden Ausgangsniveau gebildet und hat auf dieses keinerlei Einfluss. Demgegenüber regelt § 7 GasNEV die Ermittlung des Betrages, für den der Netzbetreiber eine kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung als im Ausgangsniveau zu berücksichtigender Kostenposition verlangen kann. Richtig ist zwar, dass der Ansatz von Rückstellungen für das Regulierungskonto als Abzugskapital ohne entsprechende Anerkennung von Umlaufvermögen die Eigenkapitalverzinsungsbasis verringert. Dies aber vor dem Hintergrund, dass es sich dabei um dem Netzbetreiber zinslos zur Verfügung stehendes Kapital handelt, das er demnach nicht verzinst erhalten soll, um den Netznutzer nicht doppelt zu belasten. Dementsprechend zielt der Abzug – unabhängig von der Anerkennung im Umlaufvermögen - im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nicht auf eine Auskehrung der Mehrerlöse an die Netznutzer, sondern auf die Herausnahme aus der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Mit der Betriebsnotwendigkeit entsprechenden Umlaufvermögens hat dies nichts zu tun. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich auch kein Automatismus zwischen der Betriebsnotwendigkeit von Umlaufvermögen und dem Ansatz von Abzugskapital. Legt der Netzbetreiber die Betriebsnotwendigkeit des im Zusammenhang mit den Mehrerlösen stehenden Umlaufvermögens dar, erhält er dieses jedoch anerkannt. Eine grundsätzlich angelegte Benachteiligung des Netzbetreibers, der im Basisjahr Mehrerlöse vereinnahmt hat, ist daher nicht gegeben.
64Eine Benachteiligung der Betroffenen scheidet vorliegend aber auch schon deswegen aus, weil sie von der von der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 04.10.2012 (Bl. 678ff. VV) angebotenen optionalen Sonderlösung, wonach Mehrerlöse, die im Jahr 2010 entstanden sind und zu einer Anpassung der Entgelte im Jahr 2012 geführt haben, bei der Ermittlung der Zu- und Abschläge nach § 5 Abs. 3 ARegV berücksichtigt werden, mit Schreiben vom 30.08.2013 (Bl. 959f. VV) Gebrauch gemacht hat. Dem hat die Bundesnetzagentur ausweislich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge dadurch Rechnung getragen, dass sie den negativen Saldo des Jahres 2010 bei der Saldoberechnung für das Jahr 2012 mit umgekehrtem Vorzeichen berücksichtigt und damit neutralisiert hat (vgl. Ziffer 3.2. der Anlage R zum angegriffenen Bescheid, Bl. 1260f. sowie Zeile 14 der Anlage R.1.1., Bl. 1263 VV). Eine Berücksichtigung der im Jahr 2010 erzielten und 2012 ausgekehrten Mehrerlöse in der zweiten Regulierungsperiode hat daher bei der Betroffenen über § 5 ARegV gerade nicht stattgefunden.
651.1.3.2. Auch im Hinblick auf die Rückstellungen für die periodenübergreifende Saldierung ergibt sich nichts anderes.
66Die in § 10 GasNEV vorgesehene periodenübergreifende Saldierung diente in dem System der kostenorientierten Entgeltbildung dem Ausgleich von Abweichungen zwischen den geplanten und den tatsächlich erzielten Erlösen einer Kalkulationsperiode, die aufgrund von Prognosefehlern entstanden sind (vgl. BR-Drucks. 247/05, S. 31; BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012, EnVR 31/10, RdE 2012, 209 RN 45 - Stadtwerke Freudenstadt). Der ermittelte Differenzbetrag zuzüglich einer Verzinsung war gemäß § 10 GasNEV bei der Ermittlung der Netzentgelte entweder kostenerhöhend oder -mindernd in Ansatz zu bringen, indem er periodenübergreifend über die drei folgenden Kalkulationsperioden saldiert wurde. Nach § 32 Abs. 4 GasNEV findet § 10 GasNEV mit Beginn der Anreizregulierung keine Anwendung mehr. Die Übergangsregelung des § 34 Abs. 1 ARegV stellt jedoch klar, dass solche nach § 10 GasNEV auszugleichenden Mehr- oder Mindererlöse, die vor Beginn der ersten Anreizregulierungsperiode angefallen und noch nicht ausgeglichen sind, in der ersten Regulierungsperiode als – dauerhaft nicht beeinflussbare - Kosten oder Erlöse nach § 11 Abs. 2 ARegV behandelt werden. Ihr Ausgleich erfolgte entsprechend § 10 GasNEV über die erste Regulierungsperiode verteilt. Die vor Beginn der Anreizregulierung erzielten Mehrerlöse führen daher – wie die auf dem Regulierungskonto gebuchten Mehrerlöse - zu einer Erlösminderung in der Zukunft. Im Rahmen des kaufmännischen Vorsichtsprinzips ist es demnach erforderlich, auf der Passivseite der Bilanz entsprechende Rückstellungen zu bilden.
67Deren Berücksichtigung bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Abzugskapital entspricht den Vorgaben des § 7 Abs. 2 GasNEV. Wie bereits ausgeführt, resultiert aus der Berücksichtigung von Abzugskapital aber nicht die Pflicht, Umlaufvermögen in entsprechender Höhe anzuerkennen. Eine Neutralisierung der Rückstellungen durch Erhöhung des Umlaufvermögens sieht weder die ARegV noch die GasNEV vor. Vielmehr verbleibt es auch im Zusammenhang mit den Rückstellungen für die periodenübergreifende Saldierung bei dem Erfordernis der Betriebsnotwendigkeit, welche die Betroffene jedoch nicht dargelegt hat.
681.2. Die pauschale Kürzung des Umlaufvermögens ist auch im Hinblick auf die gewählte Obergrenze von 1/12 nicht zu beanstanden. Allerdings hatte die Bundesnetzagentur in vorangegangenen Netzentgeltgenehmigungsverfahren nach § 23 a EnWG sowie im Rahmen der Festlegung der Erlösobergrenze für die erste Regulierungsperiode hinsichtlich des Forderungsbestandes eine Obergrenze von 3/12 (25 %) des Jahresumsatzes und nur hinsichtlich der liquiden Mittel eine Obergrenze von 1/12 in Ansatz gebracht. Dabei hatte sie auf Kennzahlen der Deutschen Bundesbank zurückgegriffen, die diese im Rahmen von jährlich durchgeführten Analysen der Ertrags- und Finanzierungsverhältnisse deutscher Unternehmen ermittelt (vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 2005). In der Gesamtbetrachtung über alle Branchen ergab sich hieraus für das Jahr 2003 ein Anteil der liquiden Mittel am Umsatz in Höhe von 5,38 %. Der Anteil der Forderungen am Umsatz betrug 19,82 %. Beide Anteile waren seit dem Jahr 2001 relativ stabil geblieben. Unter Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlags legte die Bundesnetzagentur hinsichtlich der liquiden Mittel eine Obergrenze von einem Monatsumsatz (= 8,33 %) bzw. von drei Monatsumsätzen (= 25 %) hinsichtlich der Forderungen an den gesamten Netzkosten fest und erkannte ein Umlaufvermögen in dieser Höhe ohne weitere Nachweise als betriebsnotwendig an.
69Diese Verwaltungspraxis hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen gebilligt (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 24ff – SWU Netze; Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 38ff. – Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09. RN13ff.). In der Entscheidung vom 03.03.2009 legte der BGH dar, dass zwar Bedenken gegen die Vergleichsbetrachtung bestehen könnten, weil bei den sich auf alle Branchen beziehenden Bundesbankdaten die Schwankungsbreite sowie die Verteilungshäufigkeit von Abweichungen von dem statistischen Mittelwert nicht erkennbar seien, so dass ergänzende Erhebungen sinnvoll seien. Im Ergebnis könnten diese Bedenken jedoch dahinstehen, da die Bundesnetzagentur Wertansätze hinnehme, die über die Durchschnittswerte der Statistik der Deutschen Bundesbank hinausgingen und sich im Bereich eines von ihr akzeptierten Sicherheitszuschlags bewegten (so ausdrücklich BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 30f. – SWU Netze). Dadurch werde der Netzbetreiber nicht beschwert, sondern von der Mitwirkungspflicht, die Betriebsnotwendigkeit zu begründen, entlastet.
70Von dieser Verwaltungspraxis ist die Bundesnetzagentur nunmehr abgewichen, indem sie das Umlaufvermögen insgesamt bei 1/12 der anerkennungsfähigen Netzkosten deckelt. Sie hat in der aktuellen Verwaltungspraxis die Differenzierung zwischen liquiden Mitteln und Forderungen mit der Begründung aufgegeben, dass ein Netzbetreiber, der die Betriebsnotwendigkeit des Umlaufvermögens nicht nachgewiesen habe, durch die Zubilligung eines bestimmten Mindestbetrages in keinem Fall beschwert sein könne, weil er insoweit lediglich von seiner Mitwirkungspflicht befreit sei. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
71Soweit die Bundesnetzagentur der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2009 entnehmen möchte, dass Umlaufvermögen bei allen Netzbetreibern zunächst mit Null anzusetzen sei und erst bei einem eindeutigen Nachweis höhere anteilige Netzkosten berücksichtigt werden könnten, ist zwar darauf hinzuweisen, dass der Bundesgerichtshof dort eine Deckelung auf 1/12 des Jahresumsatzes unter Hinweis auf das dieser Grenze zugrunde liegende Datenmaterial der Deutschen Bundesbank nur für liquide Mittel akzeptiert hat. Die seitens der Bundesnetzagentur nunmehr vorgenommene Kürzung auch des Forderungsbestandes auf 1/12 hat der BGH weder in der Grundsatzentscheidung vom 03.03.2009 (EnVR 79/07) noch in den späteren Entscheidungen vom 07.04.2009 (EnVR 6/08), Beschluss vom 23.06.2009 (EnVR 19/08) und 05.10.2010 (EnVR 49/09) ausdrücklich gebilligt.
72Jedoch hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23.06.2009 (EnVR 19/08) ausdrücklich festgestellt, dass bei fehlendem Nachweis der Betriebsnotwendigkeit die Kürzung des Umlaufvermögens nicht zu einer Beschwer führe und eine Berufung auf die großzügigere Handhabung anderer Regulierungsbehörden mangels Beschwer ausscheide. Auf die streitgegenständliche Konstellation übertragen, bedeutet dies, dass die Betroffene, die den Nachweis der Betriebsnotwendigkeit eines höheren als von der Bundesnetzagentur anerkannten Umlaufvermögens nicht geführt hat, durch die seitens der Bundesnetzagentur – unter Aufgabe der Differenzierung zwischen liquiden Mitteln und Forderungsbestand - vorgenommene Deckelung auf insgesamt 1/12 nicht beschwert wird.
731.3. Der Ansatz der anerkannten Netzkosten – und nicht des Umsatzes – ist als Bezugsgröße für die Ermittlung des Umlaufvermögens dagegen ungeeignet und damit rechtsfehlerhaft.
74Die Bundesnetzagentur hat die Anerkennung von Umlaufvermögen damit begründet, dass ein effizienter Netzbetreiber regelmäßig Umlaufvermögen in Höhe von jedenfalls 1/12 eines Jahresumsatzes vorhalte, wobei insoweit auf die berücksichtigungsfähigen kalkulatorischen Netzkosten abzustellen sei. Bei dem Jahresumsatz und den jährlichen Netzkosten handelt es sich indes um zwei unterschiedliche Größen, denn die Umsatzerlöse des Netzbetriebs können aufgrund der energiewirtschaftlichen Gegebenheiten über den kalkulatorischen Netzkosten liegen. Soweit sich die Bundesnetzagentur im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ausdrücklich darauf berufen hat, einen auf den Jahresumsatz bezogenen Anteil als betriebsnotwendiges Umsatzvermögen anzuerkennen, ist für eine Gleichsetzung dieser Bezugsgrößen demnach kein Raum. Eine tragfähige Begründung für die Anknüpfung an die sich für die Betroffene nachteilig auswirkende kalkulatorische Bezugsgröße hat die Bundesnetzagentur weder vorgetragen noch ist eine solche ersichtlich. Vielmehr spricht der Ansatz der Bundesnetzagentur, wonach effiziente Netzbetreiber regelmäßig Umlaufvermögen in Höhe von 1/12 des Jahresumsatzes zur Deckung von Liquiditätsengpässen vorhalten, dafür, die realen Umsatzerlöse als Bezugsgröße heranzuziehen. Liquiditätsengpässe ergeben sich als Folge des Auseinanderfallens tatsächlicher Zahlungseingänge und bestehender Verbindlichkeiten, so dass die anerkennungsfähige Liquiditätsreserve an den eine reale rechnerische Größe bildenden Jahresumsatzerlösen zu orientieren ist, wie sie sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben.
751.4. Soweit die Betroffene sich gegen die vollständige Kürzung der Bilanzpositionen des Umlaufvermögens hinsichtlich der Positionen „Forderungen“ (Zeile 42 der Anlage 3 VP) in Höhe von rund € … (Mittelwert) und „Kassenbestand“ in Höhe von rund € … (Zeile 51 der Anlage 3 VP) im Kostennachweis der Verpächtergesellschaft wendet, hat die Beschwerde gleichfalls Erfolg. Die Bundesnetzagentur hat unstreitig auch auf der Ebene der Verpächtergesellschaft eine kalkulatorische Kostenberechnung nach Maßgabe der GasNEV durchgeführt. Gemäß § 4 Abs. 5 GasNEV dürfen Betreiber von Gasversorgungsnetzen Kosten, die auf Grund einer Überlassung betriebsnotwendiger Anlagengüter durch Dritte anfallen, nur in der Höhe ansetzen, wie sie anfielen, wenn der Betreiber Eigentümer der Anlage wäre. Damit soll verhindert werden, dass insbesondere innerhalb eines Konzerns durch die Vereinbarung überhöhter Pachtzinsen für den Netznutzer höhere Netzentgelte entstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 43 – SWU Netze; Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 GasNEV, RN 37, 41; Hölscher in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2. Aufl., § 7 RN 14).
76§ 4 Abs. 5 GasNEV enthält keine ausdrücklichen Vorgaben zu der Methodik der Überprüfung, ob die Überlassung betriebsnotwendiger Anlagen im Pachtmodell zu überhöhten Netzentgelten führt. Die Bundesnetzagentur ermittelt die anerkennungsfähigen Kosten nach den Vorgaben der GasNEV für Pächter- und Verpächterunternehmen separat. Dabei werden für das einzelne Unternehmen jeweils aufwandsgleiche Kosten, kalkulatorische Kosten und kostenmindernde Erlöse/Erträge bestimmt. Die Kosten der Verpächtergesellschaft fließen sodann in der Kostenart „Aufwendungen für überlassene Netzstruktur“ in die Gesamtkosten des Netzbetreibers ein, sofern sie niedriger sind als das gezahlte Pachtentgelt. Diese Vorgehensweise ist für das Pachtmodell höchstrichterlich anerkannt (BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 39 ff. – SWU Netze). Dem methodischen Ansatz der Bundesnetzagentur, die die anerkennungsfähigen Kosten für Netzbetreiber und Netzeigentümer separat nach der gleichen Methodik ermitteln will, um zu überprüfen, ob die Überlassung betriebsnotwendiger Anlagen zu überhöhten Entgelten führt, widerspricht die Anwendung unterschiedlicher Maßstäbe bei der Ermittlung des anerkennungsfähigen Umlaufvermögens. Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur, die mittels der gemeinsamen Betrachtung des Umlaufvermögens des Netzbetreibers und der Verpächtergesellschaft ausschließlich für diesen Gesichtspunkt eine von ihr im Übrigen strikt abgelehnte konsolidierte Betrachtung durchführt, ist methodisch widersprüchlich und führt vor dem Hintergrund, dass die Bundesnetzagentur in anderen Kostenprüfungsverfahren Umlaufvermögen bei Verpächtergesellschaften anerkannt hat, auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Betroffenen. Die generelle Kürzung des Umlaufvermögens der Verpächtergesellschaft kann entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass bei dieser im Unterschied zum Netzbetreiber keine Liquiditätsengpässe aufträten und alle anfallenden Auszahlungen aus dem regelmäßig zufließenden Pachtentgelt getätigt werden könnten. Soweit die Bundesnetzagentur im Hinblick auf den Ansatz von Umlaufvermögen in Höhe eines Monatsumsatzes darauf abstellt, dass beim Netzbetreiber Einzahlungen und Auszahlungen zeitlich auseinanderfallen könnten, so dass Liquiditätsbedarf entstehen könne, gilt dies in gleicher Weise für die Verpächtergesellschaft. Die der Kürzung des Umlaufvermögens auf Null zugrunde liegende Annahme, dass es hier im Unterschied zum Netzbetreiber immer zu zeitlich kongruenten Ein- und Auszahlungen komme, ist unzutreffend. Auch bei Verpächtergesellschaften ist ein Zeitversatz zwischen den monatlichen Zahlungseingängen und Auszahlungen nicht von vornherein schon durch das Geschäftsmodell ausgeschlossen.
77Soweit die Bundesnetzagentur in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2015 die Nichtanerkennung der Forderungen im Umlaufvermögen der Verpächtergesellschaft damit begründet hat, dass das Pachtentgelt in den aufwandsgleichen Kosten des Netzbetreibers enthalten sei und damit auch das Umlaufvermögen des Verpächters, kann dem nicht gefolgt werden. Denn beim Netzbetreiber wird nur der gekürzte Pachtzins berücksichtigt, der das Umlaufvermögen der Verpächtergesellschaft gerade nicht enthält. Dies ist aber, wie ausgeführt, angesichts der von der Bundesnetzagentur praktizierten spiegelbildlichen Betrachtung der Kosten bei Netzbetreiber und Verpächtergesellschaft nicht sachgerecht.
782. Abzugskapital
79Soweit die Betroffene hilfsweise die Nichtberücksichtigung der Rückstellungen für das Regulierungskonto und für periodenübergreifende Saldierung geltend macht, hat ihr Begehren teilweise Erfolg. Die im Abzugskapital behandelten Rückstellungen für Mehrerlöse stellen sich jedenfalls zum Teil als Besonderheit des Basisjahres im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 1 ARegV dar. Die Rückstellungen für periodenübergreifende Saldierung sind hingegen in vollem Umfang im Abzugskapital zu berücksichtigen.
802.1. Gemäß § 6 Abs. 3 ARegV sind Kosten, soweit sie dem Grunde oder der Höhe nach auf einer Besonderheit des Basisjahres nach § 6 Abs. 1 Satz 4 ARegV beruhen, nicht bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zu berücksichtigen. Hintergrund der im Jahr 2010 in § 6 ARegV eingefügten Regelung ist, dass die Kostenprüfung nach § 6 Abs. 1 ARegV eine Kostenbasis ermitteln soll, die geeignet ist, als Ausgangsniveau für die Erlösobergrenzen der Regulierungsperiode zu fungieren. Insoweit werden die Kosten des Basisjahres als exemplarische Kosten des Netzbetreibers angesehen. Damit wäre jedoch nicht vereinbar, wenn im Ausgangsniveau Kosten berücksichtigt würden, die aus Besonderheiten des Geschäftsjahres resultieren, auf das sich die Kostenprüfung bezieht. Aufgrund dessen hat der Verordnungsgeber auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses klargestellt, dass das Ausgangsniveau der Erlösobergrenzen auf der Basis eines um den Einfluss von Einmalereignissen bereinigten Kostenniveaus bestimmt wird (BR-DRs.312/1/17 vom 28.06.2010, S. 23; BR-Drs. 312/10 vom 09.07.2010 (Beschluss), S. 19). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Einmaleffekte solche, die „dem Grunde oder der Höhe nach auf einer Besonderheit des Geschäftsjahres beruhen, auf das sich die Kostenprüfung bezieht“ (BGH, Beschluss vom 28.06.2011, EnVR 48/10, RN 16 – EnBW Regional).
812.2. § 6 Abs. 3 ARegV ist auf Rückstellungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 ARegV anwendbar. Es handelt sich dabei zwar nicht um Kosten, sondern um Bestandspositionen. § 6 Abs. 3 ARegV stellt hingegen auf Kosten ab. Allerdings beeinflussen die Rückstellungen als Abzugskapital die Höhe der Eigenkapitalverzinsung. Bei der Eigenkapitalverzinsung handelt es sich zweifellos um Kosten i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 ARegV, der hinsichtlich der Kostenprüfung auf die Vorschriften des Teils 2 Abschnitt 1 GasNEV verweist, in dem in § 4 Abs. 2 Satz 2 GasNEV u.a. die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV als Netzkostenbestandteil aufgeführt wird. Beruhen hohe Rückstellungen auf den besonderen Witterungsbedingungen des Basisjahres, kann dies zu einer Verringerung der Eigenkapitalverzinsung führen, die dem exemplarischen Charakter der Kostenbasis des Basisjahres entgegensteht. Auch in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um einen einmaligen Abzugsbetrag im Hinblick auf in der Vergangenheit vorgenommene überhöhte Abschreibungen, den der Bundesgerichtshof im Hinblick auf seine kostensenkende Wirkung als Besonderheit des Basisjahres angesehen hat (BGH Beschluss vom 28.06.2011, EnVR 48/10, RN 15ff).
822.3. Die Betroffene hat auch dargelegt, dass die Rückstellungen eine Besonderheit i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV darstellen.
832.3.1. Rückstellungen für witterungsbedingte Mehrerlöse stellen keine Besonderheit des Basisjahres 2010 dem Grunde nach dar. Wie die Bundesnetzagentur zu Recht ausführt, gehört es zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb eines Netzbetreibers, dass jedes Jahr wiederkehrend die Bildung und Auflösung von Rückstellungen vorgenommen werden müssen. Dies zeigt sich daran, dass Rückstellungen für das Regulierungskonto nicht nur im Jahr 2010 angefallen sind, sondern auch davor und danach. Für 2009 hat die Betroffene unstreitig eine Rückstellung für das Regulierungskonto in Höhe von € … (Mittelwert) vorgenommen. Dasselbe gilt für die Rückstellungen für die periodenübergreifende Saldierung. Damit handelt es sich nicht um einen Einmaleffekt, der nur im Basisjahr 2010 aufgetreten ist. Dass die Rückstellungen für die periodenübergreifende Saldierung wegen deren zeitlich beschränkten Anwendungsbereichs auf die erste Regulierungsperiode in der zweiten Regulierungsperiode nicht mehr anfallen werden, stellt sich nicht als Besonderheit dem Grunde nach i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV dar. Maßgeblich im Rahmen des § 6 Abs. 3 ARegV ist allein, dass es sich um einen Einmaleffekt des Basisjahres handelt.
842.3.2. Soweit die Höhe der Mehrerlöse und die dadurch bedingte Höhe der Rückstellungen auf den besonderen Witterungsbedingungen des Winters im Jahr 2009/2010 beruhen, liegt jedoch eine Besonderheit der Höhe nach vor.
85Die Betroffene hat in der Beschwerdebegründung dargelegt, dass aufgrund des kalten Winters im Jahr 2009/2010 deutlich höhere Gasmengen über das Netz der Betroffenen abgesetzt worden seien. Dem ist die Bundesnetzagentur nicht entgegengetreten. Zudem hat die Betroffene mittels der mit nachgelassenem Schriftsatz vom 23.09.2015 eingereichten Anlage Bf. 10 dargelegt, dass die im Basisjahr 2010 abgerechneten und abgesetzten Mengen gegenüber den Vergleichsjahren im 5-Jahresvergleich erheblich erhöht waren. Auch die Richtigkeit dieser Zahlen hat die Bundesnetzagentur nicht in Abrede gestellt, so dass sie als unstreitig anzusehen sind. Während die Absatzmenge pro Kunde im Mittel der Jahre 2009, 2011, 2012 und 2013 bei … kWh p.a. lag, belief sie sich im Jahr 2010 pro Kunde auf … kWh und überstieg den durchschnittlichen Absatz um rund 14 %. Damit betrug die Abweichung zum Jahresmittel der Vergleichsjahre mehr als das Doppelte der nächstgrößeren Differenz zum Jahresmittelwert, die im Jahr 2011 aufgetreten ist. Im Vergleich zum Jahr 2009, in dem die dann nächstgrößere Differenz zum Jahresmittelwert aufgetreten ist, betrug die Abweichung mehr als das Dreifache der dortigen Differenz zum Jahresmittelwert. In den Jahren 2012 und 2013 sind dagegen nur unwesentliche Abweichungen zum Jahresmittelwert aufgetreten.
86Die Abweichung der Absatzmenge im Basisjahr 2010 spiegelt sich auch im Mehrerlös wider. Während im Jahr 2011 kein Mehrerlös angefallen war, lag der Mehrerlös in den Jahren 2009, 2012 und 2013 im Mittel bei € … und im Gesamtmittel der Vergleichsjahre unter Einbeziehung der Mindererlöse bei € …. Der Mehrerlösbetrag im Basisjahr von € … lag damit erheblich über den Vergleichswerten. Für die periodenübergreifende Saldierung hat die Betroffene hingegen keine Daten vorgelegt, aufgrund derer auf eine Besonderheit geschlossen werden kann, so dass nur die im Jahr 2010 angefallenen Mehrerlöse als Besonderheit angesehen werden können.
872.4. Entgegen der Auffassung der Betroffenen führt die Anerkennung der im Jahr 2010 angefallenen Mehrerlöse als Besonderheit nicht dazu, dass die Rückstellungen bei der Bestimmung des Abzugskapitals vollständig unberücksichtigt bleiben müssen.
88Wie der Vergleich der Abweichungen der Absatzmengen und Mehrerlöse der übrigen Jahre zeigt, können Prognosefehler witterungsbedingt nie gänzlich ausgeschlossen werden und darüber hinaus auch auf anderen Umständen beruhen, beispielsweise auf dem Zubau zusätzlicher Produktionsanlagen. Bei der der Bundesnetzagentur im Rahmen der Neufestsetzung der Erlösobergrenzen obliegenden Bereinigung der Rückstellungsposition 2010 um die auf die Besonderheiten des Basisjahres zurückzuführenden Effekte ist daher nur eine Rückführung auf denjenigen Sockelbetrag veranlasst, wie er sich durchschnittlich für übliche Prognoseabweichungen ergibt und wie er im Basisjahr ohne den auf den extremen Witterungsbedingungen beruhenden Mehrabsatz angefallen wäre. Betrachtet man die Abweichungen der Absatzmengen pro Kunde der als „normal“ geltenden Jahre 2009, 2011, 2012 und 2013 zur durchschnittlichen jährlichen Absatzmenge pro Kunde von … kWh, ergeben sich Prognoseabweichungen von 0,2 % (2012) bis 5 % (2011). Im Durchschnitt beträgt die Prognoseabweichung in diesen vier Jahren 2,6 %, die als üblich herangezogen werden könnte.
89Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die Anwendung von § 6 Abs. 3 ARegV nicht zu einer Doppelverzinsung führen darf. Durch eine Verringerung des Rückstellungsbetrages für Mehrerlöse des Jahres 2010 im Abzugskapital erhöht sich zwangsläufig die Eigenkapitalverzinsungsbasis und entsprechend die Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV. Gleichzeitig werden von der Bundesnetzagentur die mit den Rückstellungsbeständen gebuchten Zinsen bei den aufwandsgleichen Kosten nach § 5 GasNEV in der Position „Fremdkapitalzinsen“ unter „sonstige Zinsen“ grundsätzlich als Netzkosten anerkannt, vorausgesetzt diese sind dem Basisjahr 2010 zuzurechnen und als Aufwandsposition in der Gewinn- und Verlustrechnung des Netzbetreibers erfasst. Zwar ist im Streitfall bei der Betroffenen nach deren unwidersprochen gebliebenen Vortrag kein Zinsaufwand anerkannt worden. Ob die Betroffene solche Kosten überhaupt geltend gemacht hat und diese in der Gewinn- und Verlustrechnung der Betroffenen erfasst waren, ist weder ersichtlich noch dargelegt. Unabhängig davon wäre ein etwaig anerkennungsfähiger Zinsaufwand aber im Rahmen der Bereinigung der Rückstellungspositionen um die auf den Besonderheiten des Basisjahres basierenden Effekte gegenzurechnen. Schließlich ist klarstellend festzuhalten, dass die Anerkennung witterungsbedingter Besonderheiten im Basisjahr eine einheitliche Behandlung im Abzugskapital und im Umlaufvermögen erfordert. Damit stellen nicht nur die Rückstellungen aufgrund witterungsbedingter Mehrerlöse im Rahmen des Abzugskapitals eine Besonderheit des Basisjahres dar, sondern auch die damit zusammen hängenden kurzfristigen Verbindlichkeiten im Rahmen des Umlaufvermögens, so dass deren Anerkennung als betriebsnotwendig – neben den vorstehend bereits aufgeführten Gründen - auch unter diesem Aspekt nicht in Betracht kommt.
903. Mittelwertbildung
91Die Festlegung der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode ist insoweit rechtswidrig, als die Bundesnetzagentur bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 1 ARegV im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV mit Null ansetzt (ebenso OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13, S. 11ff; OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2014, Kart 8/13, juris RN 45 ff.; a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 8ff. BA.; Beschluss vom 04.12.2014, 16 1/14, juris RN 37ff.; OLG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2015, 2 Kart 6/13 (2), S. 4ff. BA).
923.1. Das nach § 7 GasNEV zu verzinsende betriebsnotwendige Eigenkapital ermittelt sich nach den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV. Für Neuanlagen bestimmt § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV, dass die kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der Neuanlagen bewertet zu historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten unter Abzug des Abzugskapitals und des verzinslichen Fremdkapitals in die Verzinsungsbasis einzustellen sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV ist jeweils der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen.
933.2. Die Vorgaben des § 7 GasNEV hat die Bundesnetzagentur zwar grundsätzlich beachtet. Zu Unrecht setzt sie jedoch den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens für Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, bei der Mittelwertbildung mit Blick auf die Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres mit Null an. Wie der Senat bereits entscheiden hat (Beschluss vom 27.05.2015, VI-3 Kart 115/14) verstößt diese Vorgehensweise gegen die Vorgaben in 7 Abs. 1 GasNEV und damit gleichzeitig gegen den Anspruch des Netzbetreibers nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG auf eine angemessene Verzinsung seines eingesetzten Kapitals. Denn entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur ist der Jahresanfangsbestand i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV nicht mit dem Wertansatz in der Eröffnungsbilanz und dieser über § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit dem Wertansatz des Jahresendbestandes des vorhergehenden Geschäftsjahres gleichzusetzen. Zwar müssen nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB normierten Grundsatz der Bilanzidentität die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen. Maßgebend für die Bestimmung der Eigenkapitalverzinsung sind jedoch nicht der Jahresabschluss oder bilanzrechtliche Grundsätze, sondern allein die kalkulatorische Rechnung, die für die Eigenkapitalverzinsung nach den Vorgaben des § 7 GasNEV durchzuführen ist. Danach ist bei der Ermittlung der kalkulatorischen Restwerte einer Neuanlage der Jahresanfangsbestand im Anschaffungsjahr mit den vollen ansetzbaren Anschaffungs- und Herstellungskosten zu berücksichtigen. Dies ergibt eine Auslegung der Norm nach Systematik sowie Sinn und Zweck (so auch OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2014, Kart 8/13, juris RN 45ff; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13, S. 11ff; Theobald/Zenke/Lange in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl., § 17 RN 124; a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 8ff. BA.; Beschluss vom 04.12.2014, 16 Kart 1/14, juris RN 37ff.; OLG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2015, 2 Kart 6/13 (2), S. 4ff. BA).
943.2.1 Die Bundesnetzagentur kann sich für ihre gegenteilige Auffassung nicht auf den Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV stützen. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV gibt lediglich vor, dass jeweils der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen ist. Er enthält jedoch keine Definition des Begriffs „Jahresanfangsbestand“. Nach seinem Wortsinn beschreibt der Begriff zunächst nur die Anzahl/Wertigkeit einer (Mengen-)Einheit zum Stichtag 1. Januar eines Jahres. Die in § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB enthaltenen Begriffe „Wertansatz der Eröffnungsbilanz“ oder „Wertansatz der Schlussbilanz“ werden nicht verwendet. Der Schluss, der Begriff „Jahresanfangsbestand“ sei mit dem „Wertansatz in der Schlussbilanz“ bedeutungsgleich, ist auch nicht zwingend. So verwendet § 5 Abs. 2 Satz 2 ARegV ebenfalls den Begriff „Jahresanfangsbestand“. Da das Regulierungskonto jedoch eine rein kalkulatorische Größe darstellt, welche nicht auf tatsächlichen Geldflüssen beruht (Held in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 5 RN 55), stellt auch der Jahresanfangsbestand im Rahmen des § 5 ARegV eine rein kalkulatorische Größe dar, für die es keine Entsprechung in der Schlussbilanz gibt.
95Die Anwendbarkeit handelsrechtlicher Vorgaben bei der Ermittlung des Jahresanfangsbestands einer im Basisjahr aktivierten Neuanlage folgt auch nicht aus § 4 Abs. 2 Satz 1 GasNEV. Danach ist lediglich „ausgehend“ von den Gewinn- und Verlustrechnungen für die Gasversorgung des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres zur Bestimmung der Netzkosten eine kalkulatorische Rechnung zu erstellen. Damit wird nicht auf die Rechtsnormen des Handelsrechts verwiesen, vielmehr dient die Handelsbilanz lediglich als Datenquelle für die kalkulatorische Rechnung („ausgehend“). Aus ihr lassen sich nur die Kostenstruktur und Erlössituation des Netzbetreibers erkennen. Der Rückgriff auf bilanzielle Ansätze ist im Übrigen nur zulässig, wenn dies in der Verordnung ausdrücklich angeordnet wird, wie beispielsweise in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 36f. – Vattenfall; Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 18 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 StromNEV/GasNEV RN 25f.; Bartsch/Meyer/Pohlmann in: Säcker, BerlKommEnR, 2. Aufl., § 24 EnWG Anh. B, § 4 StromNEV, RN 9). Bei §§ 6, 7 GasNEV handelt es sich um ein eigenständiges Regelwerk, das die Eigenkapitalverzinsung losgelöst vom Handelsrecht normiert (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 36f. – Vattenfall; Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 18 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18.02.2014, EnVR 67/12, RN 24; Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 StromNEV/GasNEV RN 25f.; Bartsch/Meyer/Pohlmann in: Säcker, BerlKommEnR, 2. Aufl., § 24 EnWG Anh. B, § 4 StromNEV, RN 9). Demzufolge kann der Wert des Jahresanfangsbestands auch nur anhand dieses Regelwerks bestimmt werden (OLG Dresden, a.a.O., juris RN 49).
963.2.2. Dass der Jahresanfangsbestand bei der Ermittlung des Mittelwerts der kalkulatorischen Restwerte von Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen ist, ergibt sich aus der systematischen Auslegung des § 7 GasNEV (a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 11f. BA.; Beschluss vom 04.12.2014, 16 Kart 1/14, juris RN 46f.; OLG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2015, 2 Kart 6/13 (2), S. 5 BA).
973.2.2.1. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV sind für das betriebsnotwendige Eigenkapital die kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der Neuanlagen zugrunde zu legen. Die kalkulatorischen Restwerte bestimmen sich nach den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Abschreibungen. Wie die kalkulatorischen Abschreibungen und damit die kalkulatorischen Restwerte ermittelt werden, ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 7 GasNEV, sondern ausschließlich aus § 6 GasNEV. Insoweit sind §§ 6 und 7 GasNEV systematisch miteinander verknüpft. Dies zeigt im Übrigen auch der Verweis in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 GasNEV auf § 6 Abs. 2 GasNEV. § 6 Abs. 5 Satz 3 GasNEV bestimmt, dass die kalkulatorischen Abschreibungen jahresbezogen zu ermitteln sind. Nach § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV ist dabei jeweils ein Zugang des Anlagengutes zum 1. Januar des Anschaffungsjahres zugrunde zu legen. Diese beiden Sätze sind aufgrund des Beschlusses des Bundesrates vom 09.07.2010 zur Verordnung zur Neufassung und Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts sowie des Bergrechts eingefügt worden, um damit die komplexere, auf unterjährige Zeiträume abstellende Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen auszuschließen und so die Handhabbarkeit und Prüfbarkeit der Kostenrechnung zu erleichtern (BR-Drs. 312/10 (Beschluss) vom 09.07.2010, S. 11, 12). Diese Intention des Verordnungsgebers beansprucht aber nicht nur Geltung für die Ermittlung der Abschreibungen im Rahmen des § 6 GasNEV, sondern auch für die Berechnung der Verzinsungsbasis. Denn gilt die Zugangsfiktion im Rahmen des § 7 GasNEV nicht, kann im Zugangsjahr einer Investition wegen des inneren Zusammenhangs der Sätze 3 und 4 des § 6 Abs. 5 GasNEV auch nicht eine Jahresabschreibung, sondern nur der monatsscharfe Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht werden. Auch die Bundesnetzagentur legt im Zugangsjahr der Neuanlage entsprechend § 6 Abs. 5 Satz 3, Satz 4 GasNEV eine Jahresabschreibung zugrunde. Dies ist aber nur möglich, weil § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV die Aktivierung einer Investition – abweichend von den handelsrechtlichen und etwaigen tatsächlichen Gegebenheiten – auf den Jahresbeginn fingiert. Damit ist dem Rückgriff auf die Handelsbilanz und insbesondere auf den Grundsatz der Bilanzidentität nach § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB jedoch der Boden entzogen.
98Dass in § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV von „Zugang“, in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV hingegen von „Jahresanfangsbestand“ die Rede ist, steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Fiktion des Zugangs eines Anlagenguts zum Jahresbeginn hat denknotwendig zur Folge, dass der für § 7 Abs. 1 Satz 3 GasNEV maßgebliche Jahresanfangsbestand mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten in Ansatz zu bringen ist. Denn der Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens wird jeweils durch Addition der Restwerte des Sachanlagevermögens zum Ende eines bestimmten Jahres und der Jahresabschreibung dieses bestimmten Jahres errechnet (Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 7 StromNEV/GasNEV, RN 68). Der Restwert einer Neuanlage zum Ende des ersten Abschreibungsjahrs zuzüglich der Abschreibung im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr führt rechnerisch jedoch zu einem Jahresanfangsbestand in Höhe des Anschaffungs- oder Herstellungspreises. Dass es sich dabei nicht um einen „Restwert“ im engeren Sinn, also um einen unter Berücksichtigung von Abschreibungen unterhalb des Anschaffungs- oder Herstellungspreises liegenden Wert handelt, ist logische Folge der Vorgaben in § 6 Abs. 5 Satz 3 und 4 GasNEV, die eine Abschreibung des vollen Jahresbetrages bereits im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr verlangen. Eine Überdehnung des Wortlauts des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV ist damit nicht verbunden. Dieser spricht zwar von „kalkulatorischen Restwerten“, nimmt gleichzeitig aber auch auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten Bezug. Diese sind der Ausgangspunkt der Jahresabschreibung und definieren damit auch zwangsläufig den Jahresanfangsbestand im ersten Abschreibungsjahr. Dies korrespondiert mit § 6 Abs. 4 GasNEV, wonach die kalkulatorischen Abschreibungen der Neuanlagen ausgehend von den jeweiligen historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten zu ermitteln sind.
99Da der Bezug von § 7 GasNEV auf § 6 GasNEV und damit auch auf § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV schon durch die Berechnungsmodalitäten der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV vorausgesetzten „kalkulatorischen Restwerte“ hergestellt wird, ist unerheblich, dass § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV keine § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV entsprechende Regelung oder Klarstellung enthält und auch nicht ausdrücklich auf die Vorschrift verweist. Vor diesem Hintergrund kann auch aus dem Fehlen eines Hinweises des Verordnungsgebers in der Verordnungsbegründung trotz der entsprechenden damaligen Regulierungspraxis der Bundesnetzagentur bei der Mittelwertbildung nichts hergeleitet werden. Hinzu kommt, dass § 6 Abs. 5 GasNEV a.F. auch nur eine monatsscharfe Abschreibung vorsah (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, RN 15ff; Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07, RN 17 ff.). Dies führte dazu, dass die Abschreibungen einer unterjährig aktivierten Investition kleiner als eine volle Jahresscheibe waren. Damit war auch noch im letzten Jahr der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ein Restwert vorhanden, der erst unterjährig abgeschrieben wurde und damit als Jahresanfangsbestand noch verzinst werden konnte.
1003.2.2.2. Aus der Systematik der Absätze 1 und 2 des § 7 GasNEV ergibt sich nichts Gegenteiliges, insbesondere erfordert der Zusammenhang zwischen § 7 Abs. 1 und Abs. 2 GasNEV nicht, den Grundsatz der Bilanzidentität im Rahmen der Mittelwertbildung anzuwenden.
101Ausweislich der Verordnungsbegründung ging es dem Verordnungsgeber mit der Einfügung der Mittelwertbildung im Rahmen des § 7 Abs. 1 GasNEV darum, bei der Berechnung der Verzinsung auf das beim Netzbetreiber im Durchschnitt des Jahres vorhandene Kapital abzustellen und so eine Vereinheitlichung bei der Ermittlung der Aktiva und Passiva zu gewährleisten (vgl. BR-Drs.417/07 (Beschluss) vom 21.09.2007). Eine Mittelwertbildung sah § 7 Abs. 2 Satz 2 GasNEV a.F. bis dahin lediglich für die Passiva vor, während die Bundesnetzagentur für die Aktiva auf bilanzielle Jahresendwerte abstellte. Aus der Vorgabe, für Aktiva und Passiva jeweils auf Mittelwerte abzustellen, lässt sich jedoch nicht ableiten, wie der Jahresanfangswert zu bestimmen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Bundesnetzagentur zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07), wonach auch bei der Bestimmung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals nach § 7 Abs. 1 GasNEV a.F. eine Mittelwertbildung vorzunehmen war. Soweit der Bundesgerichtshof dies damit begründete, dass die Ermittlung der Wertansätze nach Absatz 1 und Absatz 2 einheitlich erfolgen müsse, um eine angemessene Verzinsung i.S.d. § 21 Abs. 1 EnWG zu gewährleisten, beschränken sich seine Ausführungen auf das Erfordernis der gleichen zeitlichen Vorgaben für die Wertansätze nach Absatz 1 und 2. Aus der Entscheidung geht hingegen nicht hervor, wie der Jahresanfangs- oder Jahresendwert zu bestimmen ist.
1023.2.3. Darüber hinaus sprechen auch der Sinn und Zweck des § 7 GasNEV für die Einbeziehung der vollen ansatzfähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Neuanlage im Anschaffungsjahr in den Jahresanfangsbestand. Die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung als die kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten betriebsnotwendigen Eigenkapitals soll gemäß der gesetzlichen Vorgabe in § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG sicherstellen, dass der Netzbetreiber eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals erzielt (vgl. (BR-Drs. 245/05 vom 14.04.2005, S. 35; BGH, Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07, RN 21; Schütz/Schütte in: Holznagel/Schütz, ARegV, § 7 StromNEV/GasNEV, RN 34; Säcker/Meinzenbach in: Säcker, BerlKommEnR, 3. Aufl., § 21 EnWG, RN 96). Eine angemessene Verzinsung des für Neuanlagen aufgewendeten Kapitals wird jedoch nicht erreicht, wenn die Anlage im Jahr der Aktivierung mit einem Jahresanfangsbestand von Null in Ansatz gebracht wird. Denn auf diese Weise wird der rechnerische Mittelwert der Investition im Zugangsjahr, dem Basisjahr, halbiert. Dies hat eine Kürzung der Verzinsungsbasis und damit eine erhebliche Reduzierung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung zur Folge, die auch nicht mehr über die Nutzungs- und Abschreibungsdauer ausgeglichen wird.
103Dabei führt gerade der Umstand, dass die aus dem Basisjahr abgeleiteten Werte über die gesamte Regulierungsperiode fortgeführt werden, zu einer erheblichen Reduzierung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Denn die Kürzung der Verzinsungsbasis für Neuanlagen bleibt nicht nur, wie bei genehmigten Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV, bei denen die Erlösobergrenzen jährlich angepasst werden, auf ein Jahr beschränkt, sondern wird auf die gesamte Regulierungsperiode prolongiert. Der Netzbetreiber erhält über die Halbierung des Mittelwertes nur einen Bruchteil der ihm eigentlich nach § 6 ARegV i.V.m. § 7 StromNEV über die gesamte Regulierungsperiode zustehenden kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals kann dadurch nicht erreicht werden.
104Das Beispiel der Bundesnetzagentur anhand des konkreten Falls „Leichtfahrzeuge“ auf Seite 19 der Beschwerdeerwiderung (Bl. 196 GA) kann nicht belegen, dass die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur zu einer angemessenen Verzinsung führt, da dort im Basisjahr im Jahresanfangsbestand unzutreffend „liquide Mittel“ in Höhe der Anschaffungskosten der Neuanlagen in Ansatz gebracht werden, obwohl das als betriebsnotwendig anerkannte Umlaufvermögen die Finanzierungsbeträge nicht enthält. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen. Ferner berücksichtigt die Bundesnetzagentur in dem beschriebenen Fall im Basisjahr im Jahresendbestand Abschreibungen in Höhe der Jahresabschreibung der Neuanlagen als „liquide Mittel“. Diese stehen aber mit der Neuanlage in keinem Zusammenhang. Denn aus der Neuanlage können im Basisjahr noch keine Abschreibungen zurückverdient werden, sondern erst ab Beginn der neuen Regulierungsperiode. Abschreibungen aus anderen Altanlagen, die im Laufe des Basisjahres zufließen, sind für die Finanzierung der Neuanlage jedoch ebenfalls irrelevant, denn bei einer Mittelverwendung für die Neuinvestition hätte der Jahresendbestand insoweit mit Null in Ansatz gebracht werden müssen. Für die weiteren Abschreibungsjahre besteht ohnehin kein Zusammenhang der liquiden Mittel mit dem Sachwert der Neuanlagen. Betrachtet man richtigerweise nur die Sachanlagenwerte (Neuanlage), ergibt sich daraus, dass der Mittelwert im Anschaffungsjahr € … beträgt. Damit erhält die Betroffene eine Eigenkapitalverzinsung auf einer Verzinsungsbasis, die unterhalb des Mittelwerts des dritten Abschreibungsjahres liegt (siehe Spalte Mittelwert, SAV, Tabelle S. 19 der Beschwerdeerwiderung, Bl. 197 GA). Dies stellt keine angemessene Verzinsung dar.
1053.2.4. Die vom Senat befürwortete Handhabung führt auch bei einer Gesamtbetrachtung der bilanziellen Vorgänge nicht zu unangemessenen Ergebnissen. § 7 GasNEV soll gewährleisten, dass das durchschnittlich gebundene Kapital angemessen verzinst wird. Diesem pauschalierenden Ansatz ist es immanent, dass die Wirklichkeit nicht immer 1:1 abgebildet wird. Dies kann dazu führen, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung im Einzelfall höher oder niedriger liegen kann als es beim betroffenen Netzbetreiber unter Wettbewerbsbedingungen der Fall wäre. Um eine unangemessene Eigenkapitalverzinsung annehmen zu können, kommt es jedoch darauf an, ob der Netzbetreiber durch die vom Senat befürwortete Methode regelmäßig begünstigt würde (vgl. OLG Dresden, a.a.O., juris RN 54). Davon kann nach dem Vortrag der Bundesnetzagentur und dem von ihr gebildeten weiteren Beispielsfall jedoch nicht ausgegangen werden. Im Einzelnen gilt folgendes:
1063.2.4.1. Grundsätzlich geht die Bundesnetzagentur zutreffend davon aus, dass der Anschaffungsvorgang einer Neuanlage die Höhe des Eigenkapitals als Residualgröße aus Vermögen und Schulden nicht beeinflusst. Die Finanzierung der Neuanlage erfolgt entweder durch einen Aktivtausch oder durch zusätzlich Aufnahme von Fremdkapital. Diese rein bilanzielle Sichtweise lässt jedoch keine Rückschlüsse auf das Vorliegen einer Doppelverzinsung zu. Denn die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV erfolgt losgelöst von bilanziellen Grundsätzen nach rein kalkulatorischen Maßstäben (vgl. nur BGH, Beschluss vom 18.02.2014, EnVR 67/12, RN 24). Dabei wird jeweils das einzelne Anlagengut in den Blick genommen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der kalkulatorische Restwert des Sachanlagevermögens nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 GasNEV nur anlagenindividuell bestimmt werden kann. Die von der Bundesnetzagentur durch die Berücksichtigung der vollen Anschaffungs-/Herstellungskosten behauptete Doppelverzinsung setzt daher voraus, dass der Wert der konkreten Neuanlage sowohl in dem Jahresanfangsbestand des Restwerts der Sachanlage (voller Wert) als auch in einer weiteren Bilanzposition enthalten ist und diese ebenfalls in die Verzinsungsbasis der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung eingeht. Die Bundesnetzagentur hat dazu in der Beschwerdeerwiderung einen Beispielsfall gebildet, bei dem eine Anlage unter Fälligwerden von Abschlagszahlungen in drei Abschnitten errichtet und aus dem Umlaufvermögen sowie durch Aufnahme von Fremdkapital finanziert werden soll. Dieser Beispielsfall vermag eine regelmäßige Doppelverzinsung jedoch nicht zu belegen.
1073.2.4.2. Die vorherige Aktivierung von „geleisteten Anzahlungen und Anlagen im Bau“ sowie die Finanzierung aus Umlaufvermögen führen weder zu einer Veränderung der Höhe des Eigenkapitals noch zu einer Doppelverzinsung. Die gegenteilige Darstellung der Bundesnetzagentur beruht auf einer rein bilanziellen Sichtweise. Maßgebend ist aber eine kalkulatorische Betrachtungsweise. Denn entgegen ihrer Behauptung verzinst sie gerade nicht unabhängig von der Fallkonstellation immer denselben Eigenkapitalbetrag – in ihrem Beispiel 200 Geldeinheiten. Vielmehr findet eine Verzinsung des Umlaufvermögens in Höhe der Finanzierungsbeträge nicht statt. Es kommt ausgehend von ihrem Beispiel mithin bereits unter diesem Aspekt zu einer Verringerung des zu verzinsenden Eigenkapitalbetrags (im Beispiel um 100 Geldeinheiten des UV). Eine weitere Reduzierung ergibt sich aus dem Ansatz eines Jahresanfangsbestands der Neuanlage von Null. Demgegenüber kommt es bei einem Ansatz der vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten im Jahresanfangsbestand nicht zu einer Erhöhung des Eigenkapitals, da „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“ bereits auf diesen Wert anzurechnen sind und das mit der Finanzierung der Neuanlage im Zusammenhang stehende Umlaufvermögen mangels Betriebsnotwendigkeit ebenfalls nicht in Ansatz gebracht wird.
108Wie bereits ausgeführt, kann für die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 1 GasNEV gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV nur das betriebsnotwendige Umlaufvermögen berücksichtigt werden. Die bilanziell in Ansatz gebrachten Werte für das Umlaufvermögen sind daher gegebenenfalls nach dem Maßstab der Betriebsnotwendigkeit zu korrigieren. Die Umstände, aus denen sich die Betriebsnotwendigkeit ergibt, hat der Netzbetreiber im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten darzulegen und zu beweisen. Soweit die Bundesnetzagentur 1/12 des Jahresumsatzes (anerkannte Netzkosten) per se als betriebsnotwendig ansieht, bedeutet das für den Netzbetreiber lediglich, dass seine Nachweispflicht bis zu dieser Grenze erleichtert ist (BGH, Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09, RN 16, 18; Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 8 ff. - SWU-Netze).
109Bei der Betroffenen hat die Bundesnetzagentur deren Investitionstätigkeit – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 26f. - SWU-Netze) - nicht als Anlass für einen betriebsnotwendigen höheren Bestand des Umlaufvermögens angesehen (S. 18f. Anlage I-NB des Beschlusses). Damit steht fest, dass in dem anerkannten Umlaufvermögen die Werte für die im Basisjahr aktivierten Neuanlagen nicht enthalten sind, so dass schon deswegen eine Doppelfinanzierung ausscheidet.
110Dies gilt nicht nur mit Blick auf das konkrete Umlaufvermögen der Betroffenen, sondern generell. Die Bundesnetzagentur geht ausweislich der Beschlussbegründung davon aus, dass das Umlaufvermögen keine Sparbuchfunktion hat. Auch der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass langfristige und erhebliche Investitionen bei einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen nicht aus dem Umlaufvermögen finanziert werden und dementsprechend auch nicht als betriebsnotwendig anerkannt werden können. Eigenkapital im Hinblick auf zukünftige Investitionen bildet ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen über das Anlagevermögen, indem es Finanzanlagen bildet, die eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglichen. Dies gilt im besonderen Maße für Finanzmittel, die erst in der folgenden Kalkulationsperiode benötigt werden. Bei entsprechend langfristigen Investitionen wird ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen eine möglichst lukrative Verzinsung des Eigenkapitals anstreben. Die Zinsen wären dann nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GasNEV kostenmindernd gegenzurechnen. Der Netzeigentümer kann nicht, um sich eine Anrechnung von Zinsen zu ersparen, Umlaufvermögen ansammeln und dafür eine Eigenkapitalverzinsung geltend machen (BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/09 RN 27- SWU-Netze).
111Eine Doppelverzinsung scheidet auch im Hinblick auf eine etwaige vorherige Aktivierung der Position „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“ aus. Denn insoweit wird – notfalls durch eine von der Bundesnetzagentur vorgenommenen Korrektur - für die im Basisjahr fertig gestellte Neuanlage nicht der volle Anschaffungs- und Herstellungswert einer Neuanlage beim Jahresanfangsbestand in Ansatz gebracht, sondern nur der um die Position „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“ reduzierte Wert oder – entsprechend der Vorgehensweise der Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur bei Investitionsmaßnahmen (vgl. Senat, Beschluss vom 11.09.2013, VI-3 Kart 198/12 (V), S. 9 BA) – die Position „Anlagen im Bau“ mit einem Jahresanfangsbestand von Null und die Sachanlage mit einem Jahresanfangsbestand in Höhe des vollen Anschaffungswertes.
112Unzutreffend setzt die Bundesnetzagentur in ihrem Beispielsfall zusätzlich den Rückfluss aus der verdienten Abschreibung (30 Einheiten) an. Die Mittelzuflüsse aus den Abschreibungen auf die Zugänge des Basisjahres entstehen jedoch nicht im Basisjahr selbst, sondern erst mit der Festsetzung der Erlösobergrenze und der darauf basierenden Netzentgeltbildung ab dem Jahr 2013. Mittelzuflüsse aus dem Anlagenbestand vor 2010 sind für die Finanzierung der Neuanlagen ebenfalls irrelevant, denn bei einer Mittelverwendung für die Neuinvestition hätte der Jahresendbestand insoweit mit Null in Ansatz gebracht werden müssen. Eine Doppelverzinsung kann damit ebenfalls nicht verbunden sein. Dies gilt auch, soweit die Bundesnetzagentur darauf hinweist, dass der Aktivtausch nicht mit dem Umlaufvermögen erfolge, sondern mit den im Jahresanfangsbestand enthaltenen Restwerten des Anlagenbestands vor 2010. Richtig ist zwar, dass der Jahresanfangsbestand der Altanlagen wertmäßig die Jahresabschreibungen des laufenden Jahres enthält. Insoweit ist jedoch zwischen Abschreibungen und Einnahmen, bilanzieller und kalkulatorischer „Welt“ zu unterscheiden. Einnahmen aus Abschreibungen von Altanlagen über die Netzentgelte können sich im Jahresanfangsbestand des Basisjahres nur im Umlaufvermögen befinden. Soweit die wiederverdienten Abschreibungen zur Finanzierung der Neuanlagen verwendet werden, werden sie von der Bundesnetzagentur im Rahmen des Umlaufvermögens jedoch nicht anerkannt. Der Jahresanfangsbestand der Altanlagen gibt ausschließlich den Wert des Altbestands wieder, der zu Jahresbeginn naturgemäß um den Jahresabschreibungsbetrag höher liegt als am Jahresende. Dem Netzbetreiber steht für diese Altanlagen eine Verzinsung der Restwerte nach den Vorgaben des § 7 GasNEV zu. Mit dem Jahresanfangswert der Neuanlage hat dies nichts zu tun.
113Angesichts dessen kommt es auch nicht darauf an, dass der Betroffenen erhebliche Rückflüsse aus Abschreibungen zur Verfügung stehen. Dass der Netzbetreiber grundsätzlich in der Lage ist, Investitionen aus den verdienten Abschreibungen zu tätigen, rechtfertigt keine Kürzung der Verzinsungsbasis. Diese bestimmt sich ausschließlich nach § 7 GasNEV. Letztlich zielt das Vorgehen der Bundesnetzagentur darauf ab, für den Netzbetreiber einen Anreiz zu schaffen, die Einkünfte, die er durch Abschreibungen verdient hat, wieder umgehend zu reinvestieren. Weder aus § 6 GasNEV noch aus § 7 GasNEV ergibt sich jedoch eine Verpflichtung des Netzbetreibers, das mit den Abschreibungen verdiente Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu investieren.
1143.2.4.3. Schließlich vermag auch eine Finanzierung der Neuanlage durch eine im Laufe des Basisjahres stattfindende Fremdkapitalaufnahme eine regelmäßige Überverzinsung nicht zu belegen.
115Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV ist von der Summe der in Ziffern 1 bis 4 aufgeführten, das betriebsnotwendige Eigenkapital bildenden Positionen u.a. das verzinsliche Fremdkapital abzuziehen. Eine teilweise Überverzinsung kann sich zwar dadurch ergeben, dass der Mittelwert der Fremdfinanzierung aus dem Jahresanfangsbestand von Null und dem entsprechenden Endbestand gebildet wird, während die Neuanlage einen Jahresanfangsbestand in Höhe der vollen Anschaffungskosten aufweist. Da es sich bei der vollständigen Fremdfinanzierung um einen in der Praxis kaum vorkommenden Ausnahmefall handelt, kann jedoch nicht von einer regelmäßigen Überverzinsung ausgegangen werden. Aber auch mit Blick auf eine teilweise Fremdfinanzierung ist eine generelle Kürzung der Verzinsungsbasis, die noch dazu über fünf Jahre perpetuiert wird, nicht gerechtfertigt. Die Kürzung hat nämlich zur Folge, dass die Betroffene fünf Jahre lang eine erheblich reduzierte Verzinsung erhält - vorliegend auf der Basis unterhalb des dritten Abschreibungsjahres, wie sich aus dem Beispiel der Bundesnetzagentur „Leichtfahrzeuge“ in der Beschwerdeerwiderung ergibt. Darüber hinaus wäre eine etwaige Überverzinsung auch Folge der mit § 7 GasNEV vorgegebenen unscharfen Berechnungsmethode, die die wirtschaftliche Entwicklung des Netzbetreibers unter Wettbewerbsbedingungen rechnerisch simulieren soll (vgl. OLG Dresden, a.a.O., juris RN 54).
1164. Verzinsung des negativen Eigenkapitals
117Ohne Erfolg wendet sich die Betroffene gegen die Methodik der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Pachtmodell. Dass die Bundesnetzagentur Im Rahmen der bei der Betroffenen und der Verpächtergesellschaft getrennt vorgenommenen kalkulatorischen Berechnungen infolge des überschießenden Abzugskapitals für die Betroffene ein negatives Eigenkapital und durch Anwendung des für Neuanlagen geltenden Zinssatzes eine negative Eigenkapitalverzinsung in Höhe von € – … ermittelt hat, verstößt nicht gegen § 7 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 Satz 2, § 4 Abs. 5 GasNEV i.V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG. Die Rüge der Betroffenen, das für sie ermittelte überschießende Abzugskapital hätte zwingend in die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung der Verpächterin einbezogen werden müssen, geht fehl.
1184.1. Das durch überschießendes Abzugskapital ermittelte negative Eigenkapital ist zu verzinsen. Der Umstand, dass negatives Eigenkapital eine Verzinsungsbasis bildet, wird in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2009 (EnVR 79/07) zwar nicht ausdrücklich festgestellt, aber inzidenter vorausgesetzt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Bundesgerichtshof den Berechnungsansatz der Bundesnetzagentur bei der Ermittlung der kalkulatorischen Gewerbesteuer ausdrücklich gebilligt hat. Da die Bemessungsgrundlage der kalkulatorischen Gewerbesteuer die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung bildet, liegt den höchstrichterlichen Ausführungen die Annahme zugrunde, dass negatives Eigenkapital zu verzinsen ist.
1194.2. Die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode zur Berechnung der Verzinsung des negativen Eigenkapitals, insbesondere die Anwendung des EK-I-Zinssatzes für Neuanlagen, ist nicht zu beanstanden. Der Einwand der Betroffenen, es sei zu prüfen gewesen, welche Verringerung des Eigenkapitals entstehe, wenn das überschießende Abzugskapital bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung der Verpächtergesellschaft abgezogen werde, geht fehl. Weder der ratio des § 4 Abs. 5 GasNEV noch den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich entnehmen, dass eine solche Kontrollprüfung grundsätzlich veranlasst ist und der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung das gegebenenfalls günstigere Ergebnis zugrunde zu legen ist.
1204.2.1. Hinsichtlich der auf negatives Eigenkapital anzuwendenden Zinssätze treffen die Vorschriften der GasNEV keine ausdrücklichen Bestimmungen. Die Heranziehung der für positive Eigenkapitalanteile vorgesehenen Zinssätze gemäß § 7 GasNEV ist aber im Grundsatz nicht zu beanstanden.
1214.2.1.1. Insbesondere scheidet die Heranziehung eines Fremdkapitalzinssatzes aus. Negatives Eigenkapital stellt lediglich einen rechnerischen Zwischenschritt bei der Bestimmung der Eigenkapitalverzinsung im Pachtmodell dar und bildet als rein fiktive Größe nicht eine – reale – Überschuldung des Netzbetreibers ab, so dass der Ansatz eines Zinssatzes für Fremdkapital nicht veranlasst ist. Der Umstand, dass negatives Eigenkapital kein eigenständiges Ergebnis bildet, sondern es sich nur um einen rechnerischen Faktor im Rahmen der Gesamtermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung handelt, spricht vielmehr dafür, innerhalb dieser Berechnung einheitlich und unabhängig vom rechnerischen Vorzeichen Eigenkapitalzinssätze anzuwenden (anders Di Gaudio und Hünger, Versorgungswirtschaft 2011, Bl. 287 ff., die sich für eine ergebnisorientierte Anwendung voneinander abweichender Zinssätze aussprechen). Auch in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2009 (EnVR 79/07 – SWU Netze) zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Bundesnetzagentur auf das negative Eigenkapital den damaligen EK-I - Zinssatz angewandt, wie sich den Feststellungen des erkennenden Senats im Tatbestand des aufgehobenen Beschlusses vom 24.10.2007 (VI-3 Kart 8/07) entnehmen lässt. Der Bundesgerichtshof hat dies nicht beanstandet.
1224.2.1.2. Angesichts des Umstandes, dass sich im Pachtmodell das Sachanlage-vermögen nicht bei dem Netzbetreiber befindet und somit regelmäßig lediglich Umlaufvermögen in dessen Bilanz vorhanden ist, ist auch die Anwendung des Zinssatzes für Neuanlagen angemessen. Umlaufvermögen verbleibt nicht über einen längeren Zeitraum im Unternehmen, so dass der Bestand von Umlaufvermögenspositionen über einen vor dem 01.01.2006 beginnenden Zeitraum regelmäßig ausgeschlossen werden kann. Dementsprechend ist Umlaufvermögen den Neuanlagen zuzuordnen.
1234.2.1.3. Dem Rückgriff auf die Vorgaben des § 7 GasNEV bei der Verzinsung negativen Eigenkapitals steht schließlich nicht entgegen, dass § 6 Abs. 2 GasNEV für die erforderliche Ermittlung der Eigenkapitalquote zwingend eine positive Verzinsungsbasis voraussetzt. Die Bundesnetzagentur hat vielmehr zu Recht unter Anwendung des § 6 Abs. 2 GasNEV eine Eigenkapitalquote von 0 % und eine Fremdkapitalquote von 100 % ermittelt. Gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 GasNEV berechnet sich die Eigenkapitalquote als Quotient aus dem betriebsnotwendigen Eigenkapital und den kalkulatorisch ermittelten Restwerten des betriebsnotwendigen Vermögens zu historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten. § 6 GasNEV regelt die Bestimmung der kalkulatorischen Abschreibungen, die anstelle der bilanziellen Abschreibungen im Rahmen der Ermittlung der Netzkosten berücksichtigt werden. Hinsichtlich des fremdfinanzierten Anteils gehen die kalkulatorischen Abschreibungen zu Anschaffungs- und Herstellungskosten, hinsichtlich des eigenfinanzierten Anteils zu Tagesneuwerten in die Ermittlung ein. Der eigenfinanzierte Anteil bestimmt sich durch die Eigenkapitalquote gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 GasNEV. Existiert kein durch Eigenkapital finanzierter Anteil – wie es bei negativem Eigenkapital der Fall ist – ist die Eigenkapitalquote auf Null anzusetzen. Die Begrenzung der Eigenkapitalquote auf Null entspricht zudem der Bestimmung des § 6 Abs. 6 S. 5 GasNEV, wonach keine Abschreibung unter Null erfolgen darf. Dass die Bundesnetzagentur auf die entsprechend ermittelte Fremdkapitalquote die Eigenkapitalzinssätze anwendet, stellt keinen Widerspruch dar, sondern ergibt sich aus dem Charakter des negativen Eigenkapitals als bloßer Rechengröße.
1244.2.2. Die Betroffene geht demnach fehl in der Annahme, dass eine Berechnung der Verzinsung des negativen Eigenkapitals gemäß der Vorgaben des § 7 GasNEV mathematisch und rechtlich nicht möglich ist und die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung im Pachtmodell stattdessen am Sinn und Zweck des § 4 Abs. 5 GasNEV zu orientieren sei. Ohne Erfolg wendet sie ein, nur durch die vom Bundesgerichtshof geforderte Berücksichtigung des überschießenden Abzugskapitals bei der Verpächtergesellschaft werde gewährleistet, dass die nach § 4 Abs. 5 GasNEV maßgeblichen Kosten des fiktiven Netzeigentümers ermittelt würden.
125Gemäß § 4 Abs. 5 GasNEV können Betreiber von Gasversorgungsnetzen Kosten, die aufgrund einer Überlassung betriebsnotwendiger Anlagegüter durch Dritte entstehen, maximal in der Höhe ansetzen, wie sie anfielen, wenn sie die Leistungen selbst erbringen würden. Für das Pachtmodell hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich anerkannt, dass eine kalkulatorische Kostenprüfung auf der Ebene des Netzbetreibers und des Verpächters den Vorgaben des § 4 Abs. 5 GasNEV gerecht wird und das fiktive Entgelt beim Verpächter den Vergleichsmaßstab für die Prüfung nach § 4 Abs. 5 GasNEV bildet (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 43ff. – SWU Netze). Dagegen ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, dass die von der Betroffenen begehrte Berechnungsmethode – Ansatz des überschießenden Abzugskapitals auf Seiten des Verpächters - zwingend anzuwenden ist. Der Bundesgerichtshof hat in dem von ihm entschiedenen Einzelfall lediglich festgestellt, dass eine alternative Berücksichtigung bei der Verpächterin – wie von der dortigen Beschwerdeführerin gefordert - zu keinem anderen Ergebnis führen würde als eine Berücksichtigung bei der Pächterin. Hieraus lässt sich nicht im Umkehrschluss ableiten, dass ein Ansatz der negativen Eigenkapitalverzinsung bei der Pächterin unzulässig wäre, wenn die Vergleichsberechnung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würde (OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2014, Kart 8/13, juris RN 44). Dies gilt erst Recht angesichts des Umstands, dass mit dem Ansatz negativen Eigenkapitals bei dem Netzbetreiber keineswegs eine systemimmanente Schlechterstellung im Vergleich zu der Berücksichtigung des überschießenden Abzugskapitals auf Seiten des Verpächters verbunden ist. Vielmehr hängt die konkrete Höhe der sich ergebenden Eigenkapitalverzinsung von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich ist vielmehr allein, dass die Überlassung von Netzbestandteilen nicht zu einer fehlenden Berücksichtigung von Abzugskapital und damit entgegen § 4 Abs. 5 GasNEV zu höheren Netzentgelten führen darf (BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, RN 45 – SWU Netze).
1264.3. Da die Bundesnetzagentur die Berechnung der Verzinsung des negativen Eigenkapitals zutreffend ermittelt hat, ergibt sich diesbezüglich auch nicht ein Bedürfnis für die von der Betroffenen geforderte Anpassung der kalkulatorischen Gewerbesteuer auf € - ….
1275. kalkulatorische Gewerbesteuer
128Die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer durch die Bundesnetzagentur auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Wege einer Berechnungsformel („Vom-Hundert“-Rechnung), die einen Vorsteuerertrag voraussetzt, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Einwand der Betroffenen, die Gewerbesteuer müsse auf Basis einer Nachsteuerformel („Im-Hundert“-Rechnung) berechnet werden, ist unbegründet.
1295.1. Nach § 8 Satz 1 GasNEV kann im Rahmen der Ermittlung der Netzkosten die dem Netzbereich sachgerecht zuzuordnende Gewerbesteuer als kalkulatorische Kostenposition in Ansatz gebracht werden. Die kalkulatorische Gewerbesteuer ist Teil der kalkulatorischen Kostenrechnung, die die Entgeltbildung unter funktionierenden Wettbewerbsbedingungen simulieren soll. Ausgangspunkt sind somit nicht die der steuerlichen und handelsrechtlichen Gewinnermittlung zugrunde liegenden Vorschriften, vielmehr wird auf eine rein fiktive Bemessungsgrundlage, die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV, abgestellt. Diese stellt die Bemessungsgrundlage, d.h. den Gewerbeertrag, für die kalkulatorische Gewerbesteuer dar (vgl. BGH, Beschluss vom 14.04.2015, EnVR 16/14, RN 14; Beschluss vom 09.07.2013, EnVR 37/11, RN 13). Eine Anwendung der §§ 7ff GewStG im Rahmen des § 8 GasNEV scheidet mithin aus (vgl. auch BGH Beschlüsse vom 14.08.2008, KVR 35/07, S. 26 RN 76ff – Stadtwerke Neustadt an der Weinstraße; KVR 39/07, S. 25f, RN 67ff – Vattenfall; KVR 42/07, S. 26f., RN 71ff). Damit steht gleichzeitig fest, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV keine weiteren Korrekturen erfahren soll.
1305.2. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur bei der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer zu Recht die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung als den maßgeblichen fiktiven Gewerbeertrag herangezogen, weshalb sie richtigerweise auch eine „Vom-Hundert“-Rechnung, d.h. eine Berechnung auf der Grundlage einer Vorsteuerformel vorgenommen hat. Die Rüge der Betroffenen, die Bundesnetzagentur hätte zwingend eine Nachsteuerformel anwenden müssen, was die Annahme eines der Höhe nach reduzierten Ertrags und damit die Anwendung einer „Im-Hundert“-Rechnung voraussetzt, geht fehl. Insoweit geht sie von der unzutreffenden Prämisse aus, die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer sei nicht die Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV, sondern ein – kalkulatorischer - Vorsteuergewinn.
1315.2.1. Die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV ist ausschließlich nach den kalkulatorischen Maßstäben der GasNEV zu ermitteln. Fiktive Bemessungsgrundlage ist die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV (BGH, a.a.O.). Dies bringt es mit sich, dass die Gewerbesteuer entgegen der steuerrechtlichen Regeln faktisch aus einem bereits um die Gewerbesteuer reduzierten Gewerbeertrag errechnet wird. Denn bei dem von der Bundesnetzagentur festgelegten Eigenkapitalzinssatz handelt es sich unstreitig um einen Zinssatz nach Gewerbesteuer und vor Körperschaftssteuer (vgl. Festlegung der Eigenkapitalzinssätze vom 31.10.2011, BK4-11-304, S. 15f.; bereits zuvor Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die erste Regulierungsperiode vom 07.07.2008 – BK4-08-068, dort insbesondere S.42ff). Dies war auch schon bei den durch § 7 Abs. 6 Satz 3 GasNEV/StromNEV normativ vorgegebenen konkreten Eigenkapitalzinssätzen der Fall, wie sich aus der Verordnungsbegründung zu § 7 und § 8 GasNEV/StromNEV ergibt. Insbesondere zu § 8 GasNEV/StromNEV hat der Verordnungsgeber ausdrücklich festgehalten, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals nach Gewerbesteuern und vor Körperschaftsteuer darstellt (vgl. BR-Drs.245/05 vom 14.04.2005, S. 36; BR-Drs. 245/05 (Beschluss) vom 08.07.2005, S. 10; BR-Drs. 247/05 vom 14.04.2005, S. 30; BR-Drs. 247/05 (Beschluss) vom 08.07.2005 S. 10). Gerade aus diesem Grund hat er die dem Netzbetrieb sachlich zuzurechnende Gewerbesteuer als kalkulatorische Kostenposition anerkannt (vgl. BR-Drs.245/05 vom 14.04.2005, S. 36; BR-Drs. 247/05 vom 14.04.2005, S. 30).
132Angesichts dessen kann auch nichts daraus hergeleitet werden, dass der in § 7 Abs. 6 Satz 1 GasNEV/StromNEV in der bis zum 5.11.2007 geltenden Fassung enthaltene Zusatz „wobei dieser Zinssatz nach Ertragssteuern festzulegen ist“, auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Innere Angelegenheiten durch Verordnung der Bundesregierung vom 29.10.2007 (BGBl. 2007 I, S. 2529ff) gestrichen worden ist. Der Eigenkapitalzinssatz, der erstmals zum Beginn der ersten Anreizregulierungsperiode durch die Bundesnetzagentur festgelegt werden sollte, sollte „wie bisher“ als Vor-Steuer-Zinssatz bestimmt und angewandt werden, da es nicht zweckmäßig sei, den Eigenkapitalzinssatz nach Ertragssteuern festzulegen. Eine andere Handhabung sah der Verordnungsgeber nur dann als sachgerecht an, wenn die Ertragssteuern gleichzeitig in voller Höhe als Kosten bei der Netzentgeltbildung angesetzt würden, worüber die Verordnung jedoch keine Bestimmungen enthalte (BR-Drs. 417/07 vom 20.09.2007 (Beschluss), s. 20f.).
133Da § 8 GasNEV/StromNEV den Ansatz der Gewerbesteuer ausdrücklich vorsieht, bezogen sich diese Ausführungen ersichtlich nur auf die Körperschaftssteuer als weitere Ertragssteuer (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07 RN 66). Der Verordnungsgeber war seinerzeit dem Vorschlag der Energiewirtschaft, auch diese als – weitere kalkulatorische – Kostenposition aufzunehmen, nicht nachgekommen, so dass sie nur im Rahmen der Eigenkapitalverzinsung zum Tragen kommen kann (vgl. nur: Theobald/Zenke/Lange in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. A., § 17 RN 74; Männel, ET 2005, 556 ff.). Auch aus der Formulierung „wie bisher“ ergibt sich, dass der Eigenkapitalzinssatz weiterhin nach Gewerbesteuer zu ermitteln ist, denn dies entspricht der bisherigen Rechtslage.
1345.2.2. Den Vorgaben der GasNEV/StromNEV folgend hat die Bundesnetzagentur die Eigenkapitalzinssätze für die erste und zweite Regulierungsperiode zutreffend jeweils als Zinssatz vor Körperschaftssteuer und nach Gewerbesteuer festgelegt. Die Nichtberücksichtigung der Gewerbesteuer hat sie ausdrücklich damit begründet, dass die Gewerbesteuer in § 8 StromNEV bzw. GasNEV Berücksichtigung findet und daher für die Bestimmung des Steuerfaktors allein auf die Körperschaftssteuer abgestellt werde (Bundesnetzagentur, Festlegung der Eigenkapitalzinssätze vom 31.10.2011, BK4-11-304, S. 15f.; bereits zuvor Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die erste Regulierungsperiode vom 07.07.2008 – BK4-08-068, dort insbesondere S.42ff; vgl. zur Diskussion um den Ansatz der Körperschaftsteuer auch: Wiese, Gutachtliche Stellungnahme zur Erfassung der Körperschaftsteuer bei der Netzentgeltkalkulation im Rahmen der Anreizregulierung vom 9.06.2008, 1 ff.). Vor diesem Hintergrund kann auch aus dem Umstand, dass die Beschlusskammer 4 in den Festlegungen der Eigenkapitalzinssätze zur Berechnung des Vorsteuerzinssatzes in Bezug auf die Körperschaftsteuer eine „Im-Hundert“-Rechnung angewendet hat, nichts für die Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV/StromNEV hergeleitet werden. Für diese verbleibt es dabei, dass sie nach § 8 GasNEV/StromNEV auf der Grundlage der – unveränderten - kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung berechnet wird. Dass aufgrund dessen die Gewerbesteuer niedriger ausfällt, ist zwangsläufige Folge des rein kalkulatorischen Berechnungsansatzes.
1355.2.3. Die Vorgehensweise bei der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer führt auch nicht zu einer unzulässigen Reduzierung der Eigenkapitalverzinsung (so aber Missling/Mey, IR 2014, 266ff.) Wie der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs schon in seinen o.g. Entscheidungen ausgeführt hat, soll die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung zwar die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals „nach“ Gewerbesteuer darstellen. Dies verbietet jedoch nicht jede Reduzierung der Eigenkapitalverzinsung durch die spätere Gewerbesteuer, denn die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 8 StromNEV/GasNEV ist dahin zu verstehen, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 6 StromNEV/GasNEV nur mit der Maßgabe ungeschmälert in die Netzentgeltberechnung einfließen und dem Netzbetreiber als Ertrag verbleiben soll, dass die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 StromNEV/GasNEV zu berechnen ist (BGH, a.a.O.; so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2011, VI-3 Kart 15/10 (V), RN. 79 ff., juris, RN. 83 und 88; ebenso: OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.03.2014, 202 EnWG 8/13, S. 12 BA; Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13, S.18f.; kritisch dazu: Missling IR 2014, 259 f.). Dass die Eigenkapitalverzinsung nicht in vollem Umfang erhalten bleibt, ist zwangsläufige Folge des rein kalkulatorischen Berechnungsansatzes, wonach die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung den fiktiven Gewerbeertrag darstellt, so dass Kostenneutralität nicht hergestellt werden muss.
136Die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschlüsse vom 14.08.2008, KVR 39/07, RN 64ff.-Vattenfall; KVR 42/07, RN 67ff – Rheinhessische Energie) ist auch vorliegend einschlägig. Denn die Bundesnetzagentur hatte auch bei den den Entscheidungen des Bundesgerichthofs zugrunde liegenden Entgeltgenehmigungen nach § 23a EnWG die Gewerbesteuer – unter zusätzlicher Berücksichtigung des zwischenzeitlich entfallenen In-sich-Abzugs der kalkulatorischen Gewerbesteuer bei sich selbst nach § 8 Satz 2 GasNEV a.F. - auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung als fiktiven Gewerbesteuerertrag unter Anwendung einer Vorsteuerformel berechnet. Obwohl es sich dabei – nach Ansicht der Betroffenen - um einen kalkulatorischen Nachsteuerertrag handelt.
1376. Auflösung Rückstellung Instandhaltungsmaßnahmen
138Keinen Erfolg hat auch der Einwand der Betroffenen, die Bundesnetzagentur habe den im Jahr 2010 aufgelösten Betrag für Rückstellungen wegen unterbliebener Instandhaltungsmaßnahmen in Höhe von € … nicht, auch nicht – wie geschehen - anteilig in Höhe eines Fünftels von € … als Ertrag nach § 9 Abs. 1 GasNEV in die Netzkostenermittlung einbeziehen dürfen. Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur verstößt nicht gegen § 6 Abs. 3 Satz 1 ARegV i.V.m. § 4 Abs. 1 GasNEV, § 21 Abs. 1 EnWG.
1396.1. Wie bereits ausgeführt sind nach § 6 Abs. 3 Satz 1 ARegV Kosten, soweit sie dem Grunde oder Höhe nach auf einer Besonderheit i.S.v. Einmaleffekten des Basisjahres nach § 6 Abs. 1 Satz 4 ARegV beruhen, nicht bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zu berücksichtigen. § 6 Abs. 3 Satz 1 ARegV bezieht sich zwar ausdrücklich nur auf Kosten, eine an systematischen Erwägungen und an dem Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung der Vorschrift gebietet jedoch auch deren Anwendbarkeit auf Erlöse. Systematisch folgt dies bereits daraus, dass § 6 Abs. 3 Satz 1 ARegV auf die Kostenprüfung, deren Umfang sich aus § 6 Abs. 1 ARegV ergibt, verweist. § 6 Abs. 1 ARegV nimmt jedoch mit dem Verweis auf die Regelungen der GasNEV auch deren § 9 GasNEV in Bezug. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift, die als exemplarisch geltende Kostenbasis des Basisjahres von Einmalereignissen frei zu halten, sind Besonderheiten dem Grunde oder der Höhe nach bei den kostenmindernden Erlösen und Erträgen zu berücksichtigen.
1406.2. Dem ist die Bundesnetzagentur jedoch nachgekommen. Sie hat – entsprechend ihrem Vorgehen bei den aufwandsgleichen Kosten, die sie wegen der besonderen Höhe im Jahr 2010 auf den Mittelwert der Geschäftsjahre 2006 bis 2011 reduziert hat (vgl. S. 2 bis 4 des angegriffenen Bescheids, Bl. 1189ff VV) – den Auflösungsbetrag für Rückstellungen wegen unterbliebener Instandhaltungskosten der Höhe nach als Besonderheit i.S.v. § 6 Abs. 3 ARegV anerkannt und dementsprechend auf ein Fünftel reduziert (vgl. S. 28 Anlage I-VP1 des angegriffenen Bescheids, Bl. 1215 GA). Eine gänzliche Nichtberücksichtigung des Auflösungsbetrages war hingegen nicht veranlasst. Denn entgegen der Ansicht der Betroffenen handelt es sich nicht um eine Besonderheit dem Grunde nach. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn es sich dabei um einen Einmaleffekt des Basisjahres 2010 handeln würde. Dies ist indes nicht der Fall.
1416.2.1. Dass Instandhaltungsmaßnahmen aus den verschiedensten Gründen nicht mit jährlicher Regelmäßigkeit durchgeführt werden, stellt nicht generell eine Besonderheit dar. Für die Netzbetreiber besteht – unabhängig von den bei der Betroffenen vorliegenden Gründen - vielmehr allgemein im Hinblick auf den Fotojahreffekt ein Anreiz, Investitionen in das Basisjahr zu verschieben, um die Kostenbasis zu erhöhen. Schon vor diesem Hintergrund stellen hohe Instandhaltungskosten im Geschäftsjahr 2010 nicht generell eine Besonderheit dem Grunde nach i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV dar.
1426.2.2. Dementsprechend handelt es sich auch bei den für die – aus den unterschiedlichsten Gründen - verschobenen Instandhaltungsmaßnahmen zu bildenden Rückstellungen und deren Auflösung nicht um eine Besonderheit dem Grunde nach. Vielmehr entspricht es dem laufenden Geschäftsbetrieb, dass jedes Jahr wiederkehrend Zuführungen als auch Auflösungen zu den Rückstellungen vorgenommen werden. Es ist auch nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass bei der Betroffenen solche Rückstellungen wegen unterbliebener Instandhaltung in der zweiten Regulierungsperiode anfallen und nach Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen wieder aufgelöst werden. Dieser Annahme stehen auch die Änderungen des Bilanzmodernisierungsgesetzes (BilMoG) nicht entgegen. Danach können Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen nur noch gebildet werden, wenn diese innerhalb von drei Monaten nach dem Bilanzstichtag nachgeholt und auch abgeschlossen werden. Rückstellungen sind daher auch unter Geltung des BilMoG möglich, nur nicht mehr in einer mehrere Jahre erfassenden Höhe. An dieser grundsätzlichen Möglichkeit ändert auch nichts, dass die Betroffene bislang noch nicht wieder Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen gebildet hat. Ungenauigkeiten, die sich daraus ergeben, dass bestimmte Kosten nicht in jedem Jahr anfallen oder von Jahr zu Jahr gewissen Schwankungen unterliegen, nimmt der Verordnungsgeber zulässigerweise in Kauf (BGH, Beschluss vom 28.06.2011, EnVR 48/10, RN 17).
1436.3. Schließlich ist auch die von der Bundesnetzagentur angewandte Kürzungssystematik nicht zu beanstanden, insbesondere hat sie bei den Aufwendungen und Erlösen einen einheitlichen Maßstab zugrunde gelegt. So hat sie sowohl bei der Aufwandsseite als auch der Erlösseite einen für die Regulierungsperiode repräsentativen Wert ermittelt, indem sie auf beiden Seiten eine Vergleichsbetrachtung der Werte für fünf Jahre vorgenommen hat. Auf der Aufwandsseite hat sie insoweit, wie ausgeführt, für das Jahr 2010 den Mittelwert der Geschäftsjahre 2006 bis 2011 in Ansatz gebracht. Auf der Erlösseite hat sie 1/5 des Auflösungsbetrages 2010 angesetzt, wobei sie für die übrigen vier Vergleichsjahre – auch nach dem Vortrag der Betroffenen – zutreffend von einem Wert von € 0,-- ausgegangen ist, da es in diesen Jahren – unstreitig - keine Auflösungen von Rückstellungen für unterlassene Wartung und Instandhaltung gab. Dass die von der Betroffenen angeführte Kontrollrechnung, wonach die Einbeziehung des vollständigen Aufwands für Wartung und Instandhaltung im Basisjahr und des vollständigen Auflösungsbetrages der Rückstellung für Wartung und Instandhaltung in die Kostenbasis zu einem um € … höheren als im streitgegenständlichen Beschluss festgelegten Ausgangsniveau geführt hätte, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Berechnung der Bundesnetzagentur. Die Differenz beruht nicht auf Unzulänglichkeiten der angelegten Kürzungssystematik, sondern erklärt sich vielmehr aus dem Umstand, dass – wie die Betroffene im Senatstermin ausgeführt hat – die Aufwandsseite infolge der Einbeziehung des aufwandsschwachen Jahres 2006 eine stärkere Kürzung erfahren hat. Der Ansatz eines fünfjährigen Vergleichszeitraums ist jedoch sachgerecht und aufgrund dessen nicht zu beanstanden.
144C.
145I.
146Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG.
147Zwar hat die Beschwerde teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Neufestsetzung der Erlösobergrenzen. Dabei ist aber eine Anerkennung von Umlaufvermögen bzw. eine Korrektur des Abzugskapitals zugunsten der Betroffenen nicht in dem mit der Beschwerde begehrten Umfang vorzunehmen. Bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 1 ARegV ist im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, der Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 zu korrigieren, nicht hingegen die Berechnungsmethodik der Gewerbesteuer sowie die der negativen Eigenkapitalverzinsung. Auch der Angriff gegen die Berücksichtigung des Auflösungsbetrages für Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung hat keinen Erfolg. Angesichts dieses Verfahrensausgangs ist ein überwiegendes Obsiegen der Betroffenen nicht feststellbar, so dass eine hälftige Kostenteilung der Billigkeit entspricht.
148II.
149Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verbundene Interesse der Betroffenen beträgt nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten € ….
150D.
151Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs entsprechend § 86 Abs. 2 Nr. 2 EnWG erfordert.
152Rechtsmittelbelehrung:
153Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
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