Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 15 W 273/14
Tenor
Der Beschluss wird aufgehoben.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten für die Beschwerdeinstanz findet nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten zu 1) ist die Witwe des Erblassers. Der Beteiligte zu 2) ist einer von zwei Söhnen der Beteiligten zu 1), die aus deren Ehe mit dem Erblasser hervorgegangen sind.
4Die Beteiligte zu 1) stellte am 2.07.2012 den Antrag, ihr auf der Grundlage eines mit dem Erblasser errichteten gemeinschaftlichen Testaments vom 25.06.1993 einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin nach dem Erblasser ausweist.
5Der Beteiligte zu 2) trat der Erteilung des Erbscheins entgegen und behauptete, der Text des gemeinschaftlichen Testaments und die Unterschrift seien nicht vom Erblasser geschrieben worden. Sein Bruder gab keine Stellungnahme ab und wurde in der Folgezeit an dem amtsgerichtlichen Verfahren nicht weiter beteiligt.
6Mit Beschluss vom 8.11.2012 holte das Nachlassgericht ein Sachverständigengutachten zu den Beweisfragen ein, ob Text und Unterschrift von dem Erblasser handschriftlich niedergelegt worden sind. Nach dem unter dem 3.07.2013 erstatteten Gutachten der Sachverständigen O stammen Text und Unterschrift mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Erblasser.
7Nach Vorlage des Gutachtens beantragte die Beteiligte zu 1), den Erbschein nunmehr zu erteilen und die Kosten des Erbscheinsverfahrens, insbesondere auch die Sachverständigenkosten und die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten dem Beteiligten zu 2) aufzuerlegen.
8Der Beteiligte zu 2) trat sowohl der Erteilung des Erbscheins als auch der beantragten Kostenverteilung entgegen.
9Mit Feststellungsbeschluss vom 7.08.2013 erachtete das Nachlassgericht die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt, setzte die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses aus und stellte die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses zurück.
10Eine Entscheidung zu den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten enthält der Feststellungsbeschluss nicht.
11Gegen diesen der Beteiligten zu 1) am 16.08.2013 und dem Beteiligten zu 2) am 13.08.2013 zugestellten Beschluss legte nur der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 13.09.2013 Beschwerde ein, die er mit Schriftsatz vom 30.01.2014 wieder zurücknahm.
12Mit Beschluss vom 24.02.2014 hat das Nachlassgericht „die Gerichtskosten sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1), soweit sie über die gewöhnlichen Kosten für die Beantragung und Erteilung eines Erbscheins hinausgehen, also insbesondere die vollen Sachverständigenkosten“ dem Beteiligten zu 2) auferlegt. Eine weitergehende Ausgleichung der außergerichtlichen Kosten sollte nicht stattfinden und die Beteiligte zu 1) die Gerichtskosten „im übrigen“ tragen.
13Gegen diesen ihm am 28.02.2014 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 2) mit seiner am 24.03.2014 beim Nachlassgericht eingegangenen Beschwerde, der das Nachlassgericht mit Beschluss vom 4.06.2014 nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
14II.
15Die Beschwerde ist zulässig.
16In Verfahren nach dem FamFG ist die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen gemäß §§ 58 ff. FamFG statthaft (Keidel-Zimmermann, FamFG, 18. Auflage, § 81 Rn.81).
17Form und Frist der Beschwerde sind gewahrt.
18Der Beschwerdewert von 600,00 € ist überschritten (§ 61 Abs. 1 FamFG).
19Mit dem Beschluss des Nachlassgerichts vom 24.02.2014 werden dem Beteiligten zu 2) zumindest die Kosten des Sachverständigengutachtens in Höhe von 2.446,64 € aufgebürdet.
20In der Sache führt die Beschwerde des Beteiligten zu 2) zur Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung über die Kosten, da es für diese an einer rechtlichen Grundlage fehlt.
21Das Amtsgericht hat in dem Beschluss vom 24.02.2014 zu Unrecht über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entschieden, nachdem in dem am 7.08.2013 erlassenen Feststellungsbeschluss eine ausdrückliche Entscheidung über die Kosten nicht erfolgt war.
22Aus § 82 FamFG ergibt sich ausdrücklich, dass über die Kosten in der Endentscheidung zu befinden ist. Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG ist auch der von dem Nachlassgericht am 7.08.2013 erlassene Feststellungsbeschluss (Münchener Kommentar zum FamFG - J. Mayer, 4. Auflage, § 352 Rn.8; Staudinger-Herzog, BGB, Neubearbeitung 2010, § 2359 Rn.31; a. A. Keidel-Zimmermann, a. a. O., § 352 Rn.137 – ohne nähere Begründung). Mit dem Erlass des Feststellungsbeschluss wird das Verfahren auf Erteilung des Erbscheins erledigt (§ 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Die Anordnung, dass der entsprechende Erbschein erteilt wird, ist nur noch eine den Feststellungsbeschluss vollziehende Handlung, nicht aber selbst eine Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG.
23Soweit in der Kommentarliteratur angeführt wird, dass der Feststellungsbeschluss keine Kostenentscheidung enthält, weil sich die Kostentragung nach der KostO (jetzt nach dem GNotKG) bestimmt (Münchener Kommentar zum FamFG, a. a. O. Rn.10), ist dieses nur für den Fall richtig, dass der Antragsteller der Kostenschulder sein soll. Nur für diesen Fall enthält die KostO in § 2 Nr. 1 und das GNotKG in § 22 Abs. 1 eine Kostenregelung. Will der Nachlassrichter von der gesetzlich normierten Kostenregelung abweichen, bedarf es immer einer ausdrücklichen Entscheidung über die Gerichtskosten. Dasselbe folgt hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Eine Erstattung setzt eine entsprechende Anordnung des Gerichts voraus, die eine Ermessensentscheidung ist („kann“).
24Unterbleibt – wie im vorliegenden Fall – eine Entscheidung über die Kosten in dem Feststellungsbeschluss, hat das zur Folge, dass der Antragsteller die Gerichtskosten, einschließlich etwaiger Sachverständigenkosten, trägt und eine Erstattung der den Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht stattfindet.
25Enthält der Tenor des Feststellungsbeschlusses keine Kostenentscheidung, darf verfahrensrechtlich eine nachträgliche Kostenentscheidung nur in drei Konstellationen erlassen werden, die im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben sind.
261.
27Auf die Beschwerde des von der unterbliebenen Entscheidung über die Gerichtskosten bzw. Anordnung der Erstattung der außergerichtlich entstandenen Kosten in seinen Rechten beeinträchtigten Beteiligten kann im Wege der Abhilfeentscheidung nach § 68 Abs.1 FamFG eine Kostenentscheidung getroffen werden.
28Die Beteiligte zu 1) hat zwar vor dem Erlass des Feststellungsbeschlusses beantragt, dem Beteiligten zu 2) die Gerichtskosten und die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, sie hat jedoch selbst gegen den Feststellungsbeschluss ein eigenes Rechtsmittel mit dem Ziel des Erlasses einer Kostenentscheidung in dem von ihr angestrebten Sinn nicht eingelegt. Ein solches Rechtsmittel wäre sowohl in der Form einer selbständigen Beschwerde als auch einer Anschlussbeschwerde (§ 66 FamFG) zulässig gewesen.
29Eine Abhilfebefugnis nach § 68 Abs. 1 FamFG stand dem Nachlassrichter somit nicht zu.
302.
31Auf Antrag eines Beteiligten kann nach § 43 Abs. 1 FamFG eine unterbliebene Kostenentscheidung nachträglich erfolgen.
32Der Antrag ist nach § 43 Abs. 2 FamFG innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses zu stellen. Die Frist für die Beteiligte zu 1) endete aufgrund der am 16.08.2013 erfolgten Zustellung mit dem Ablauf des 30.08.2013, ohne dass diese einen entsprechenden Antrag gestellt hätte, so dass die vom Nachlassrichter getroffene Kostenentscheidung schon aus diesem Grund auch nicht als Ergänzungsbeschluss nach § 43 Abs. 1 FamFG möglich war.
33Eine nachträgliche Ergänzung des Beschlusses um eine Kostenentscheidung setzt zudem voraus, dass diese in dem Hauptsachebeschluss „unterblieben“ ist. Ein Unterbleiben im Sinne des § 43 Abs. 1 FamFG ist nur dann gegeben, wenn der Ausgangsbeschluss eine Entscheidungslücke aufweist, weil das Gericht eine nach Aktenlage erforderliche Entscheidung unbeabsichtigt nicht getroffen hat (Keidel=Meyer-Holz, a. a. O., § 43 Rn.9). Bei Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist es nämlich in das Ermessen des Gerichts gestellt, ob eine Kostenentscheidung sachgerecht ist (§ 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 FamFG). Deshalb kann eine zur Ergänzung berechtigende Entscheidungslücke nicht immer schon dann angenommen werden, wenn eine ausdrückliche Entscheidung zu den Kosten nicht erfolgt ist. Denn damit kommt regelmäßig ein darauf gerichteter Willen des Gerichts zum Ausdruck. Nur wenn sich aus dem Beschluss aufgrund konkreter Anhaltspunkte eindeutig ergibt, dass sich das Gericht mit dem Kostenpunkt überhaupt nicht beschäftigt hat, ist eine Ergänzung zulässig. Die Möglichkeit, dass das Gericht in dem Ausgangsbeschluss eine stillschweigende Entscheidung zu den Kosten getroffen hat, muss ausgeschlossen sein (Keidel=Meyer-Holz, a. a. O.; OLG München FGPrax 2012, 137; OLG Köln FGPrax 2013, 234).
34Im vorliegenden Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht in dem Ausgangsbeschluss eine stillschweigende Entscheidung zu den Kosten getroffen hat. Die jeweils anwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1) und 2) hatten vor dem Erlass des Feststellungsbeschlusses kontrovers über die Tragung der Gerichtskosten, insbesondere der Sachverständigenkosten, und der Erstattung der außergerichtlichen Kosten diskutiert. Wenn der Nachlassrichter von der gesetzlich vorgegebenen Kostenverteilung hätte abweichen wollen, hätte eine ausdrückliche Entscheidung zu dieser Frage nahegelegen. Jedenfalls lässt sich dem Beschluss nicht entnehmen, dass der Nachlassrichter eine von ihm eigentlich beabsichtigte Entscheidung nur „vergessen“ hat.
353.
36Eine von Amts wegen vorzunehmende Berichtigung nach § 42 FamFG wegen einer offenbaren Unrichtigkeit scheidet aus, da eine ausdrückliche Entscheidung über die Kosten im Tenor in dem vorliegenden Verfahren gerade nicht zwingend ist, und aus den Gründen des Feststellungsbeschlusses nicht erkennbar wird, dass eine ausdrückliche Kostenentscheidung mit einem bestimmten Inhalt beabsichtigt war.
37Im Beschwerdeverfahren findet eine Erstattung der dort entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht statt (§ 81 Abs. 1 FamFG). Im Hinblick auf die divergierende Sachentscheidung des Senats entspricht eine Erstattungsanordnung nicht der Billigkeit.
38Eine Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ist wegen des Erfolgs der Beschwerde und der nicht angeordneten Erstattung der außergerichtlichen Kosten nicht veranlasst.
39Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs.2 FamFG liegen nicht vor.
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Referenzen
- FamFG § 38 Entscheidung durch Beschluss 3x
- FamFG § 68 Gang des Beschwerdeverfahrens 2x
- FamFG § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde 1x
- § 2 Nr. 1 und das GNotKG 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 42 Berichtigung des Beschlusses 1x
- FamFG § 61 Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde 1x
- FamFG § 81 Grundsatz der Kostenpflicht 3x
- FamFG § 43 Ergänzung des Beschlusses 4x
- FamFG § 66 Anschlussbeschwerde 1x
- FamFG § 82 Zeitpunkt der Kostenentscheidung 1x
- §§ 58 ff. FamFG 1x (nicht zugeordnet)