Urteil vom Hanseatisches Oberlandesgericht (8. Zivilsenat) - 8 U 138/13

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15.11.2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist Halter eines VW Passat, Baujahr 1999. Die Beklagte betreibt in Hamburg-Harburg eine Waschstraße.

2

Der Kläger brachte seinen PKW am 25.6.2011 in die Waschstraße der Beklagten, um das Fahrzeug zu waschen und anschließend einer Lackaufbereitung zu unterziehen. Nach Durchführung dieser Arbeiten wurden mehrere großflächige Lackabplatzungen an dem Fahrzeug festgestellt.

3

Der Kläger begehrt Schadensersatz mit der Behauptung, dass die Beklagte die Schäden durch unsachgemäße Bedienung eines Hochdruckstrahlers verursacht hätte. Jedenfalls hätte sie nach der gebotenen vorherigen Überprüfung des PKW den Kläger darauf hinweisen müssen, dass durch die beabsichtigten Arbeiten Lackschäden entstehen könnten.

4

Der Kläger verlangt die Bezahlung von € 3400.- als Kosten einer Neulackierung, Befreiung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von € 411,14, € 18.700.- als Nutzungsausfallschaden und € 916,89 Gutachterkosten.

5

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags und des Wortlauts der Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

6

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen.

7

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klaganträge weiterverfolgt.

8

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.

9

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

10

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage nach dem Ergebnis der in der ersten Instanz durchgeführten Beweisaufnahme abgewiesen. Die Berufung hat weder Rechtsverletzungen (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufzeigen können, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). Im Einzelnen ist zu den Angriffen der Berufung Folgendes auszuführen:

11

1. Entgegen der Auffassung der Berufung ist der Anspruch des Klägers nicht aufgrund des Schadensprotokolls vom 27.6.2011 begründet (Anlage K 1).

12

a) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass es sich nicht um ein sog. konstitutives Anerkenntnis im Sinne der §§ 780, 781 BGB handelt. Ein solches würde voraussetzen, dass die Parteien dem Kläger einen selbständigen Anspruch aus einem Anerkenntnis unabhängig von einem etwaigen Schadensersatzersatzanspruch aufgrund einer von der Beklagten zu vertretenden Beschädigung seines PKW gemäß § 280 Abs.1 BGB und/oder § 823 Abs. 1 BGB verschaffen wollten. Dagegen spricht schon, dass das Schriftstück als „Schadensprotokoll“ bezeichnet, der Schadensvorgang spezifiziert geschildert und die Schadenshöhe nur geschätzt wird; ist der Verpflichtungsgrund genau genannt, spricht dies gegen ein selbstständiges Schuldversprechen oder -anerkenntnis (vgl. dazu Palandt-Sprau, BGB, 73.Aufl., § 780, Rn. 4 m.w.N.). Nach dem Verständnis des Senats vertritt allerdings auch die Berufung nicht die Auffassung, dass das Protokoll als konstitutives Schuldanerkenntnis zu werten sei.

13

b) Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass das Schadensprotokoll kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis darstellt. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liegt vor, wenn die Parteien ein zwischen ihnen bestehendes Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen; in diesem Umfang hat das Anerkenntnis dann bindende Wirkung. Wegen dieser weitgehenden Wirkungen müssen Angebots- und Annahmeerklärung eindeutig feststellbar sein; anderenfalls kann ein deklaratorischen Anerkenntnis nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden (Palandt-Sprau a.a.O., § 781, Rn. 3 m.w.N.). Je nach Auslegung der Parteierklärungen kann auch eine bloße Beweiserleichterung für den Gläubiger beabsichtigt sein (Palandt-Sprau a.a.O. Rn. 4).

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Eine rechtliche Bindung der Beklagten dahingehend, dass ihre Ersatzpflicht aus § 280 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 1 BGB mit dem Protokoll anerkannt werden soll, ist nicht zu erkennen. Hiergegen spricht schon, dass der Schadenshergang lediglich in tatsächlicher Hinsicht beschrieben wird, ohne dass zu der Frage einer fehlerhaften Durchführung der Vorwäsche Aussagen getroffen werden, und die Schadenshöhe lediglich geschätzt ist. Vor allem aber steht einer solchen Wertung auch der ausdrückliche Hinweis entgegen, dass die Unterschrift der Beklagten unter das Protokoll nicht als Anerkenntnis zu werten sei.

15

Ob das Schadensprotokoll dem Kläger eine Beweiserleichterung jedenfalls dahingehend verschaffen soll, dass die streitgegenständlichen Lackablösungen an seinem Fahrzeug in ihrer jetzt vorhandenen Form während der Vorreinigung zur Lackaufbereitung am 25.6.2011 entstanden sind, kann dahinstehen. Denn diese Beweiserleichterung würde sich nach dem Wortlaut des Protokolls allenfalls auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts beziehen, nämlich „im Rahmen“ der Vorreinigung zur Lackaufbereitung. Das Protokoll verhält sich weder zu der Frage, ob der Beklagten eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist noch zu der Frage, ob die Vorreinigung die Ursache der Lackablösung war. Zu beiden Fragen bleibt der Kläger als Anspruchsteller somit beweispflichtig.

16

Nach der Beweisaufnahme erster Instanz konnte aber schon eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht festgestellt werden, s. dazu die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. 2. Hinsichtlich der Ursache der Schäden ist das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise zu der Überzeugung gelangt, dass diese allein auf Vorschäden zurückzuführen seien, so dass es auf Fragen der Beweislast ohnehin nicht ankommt (dazu Ziff.3).

17

c) Soweit der Kläger auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 21.10.2013, S. 3 (Bl. 182) verweist, wonach der Zeuge U. das von ihm selbst ausgefüllte und unterzeichnete Schadensprotokoll mit den Worten überreicht habe, dass die Beklagte den Schaden ersetzen werde, konnte eine solche Erklärung eines Angestellten der Beklagten nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben von dem Kläger nicht so verstanden werden, dass ein über die Reichweite des zugleich übergebenen Schadensprotokolls hinausgehendes Schuldanerkenntnis abgegeben werden sollte.

18

2. Nach dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten hat der Kläger bereits nicht den ihm obliegenden Nachweis führen können, dass die Beklagte eine Pflichtverletzung begangen hat (das Landgericht hat diese Frage dahinstehen lassen).

19

a) Der Kläger behauptet weiterhin, dass die Lackschäden durch einen unsachgemäßen Gebrauch der Hochdrucklanzen entstanden seien. Der Sachverständige konnte indessen zweifelsfrei feststellen, dass die die Charakteristik der streitgegenständlichen Lackbeschädigungen am klägerischen Fahrzeug kausal weder durch die manuelle Vorreinigung noch durch die eingesetzten Chemieprodukte verursacht worden seien ( S. 21 des Gutachtens, Bl. 120 ). Er hat bei seiner persönlichen Anhörung zwar erklärt, dass der Kontakt mit der Hochdrucklanze die Ablösung vergrößert habe, dies aber nicht passieren könne, wenn Lackverbindungen eine hinreichende Adhäsion aufwiesen. Die behauptete unsachgemäße Bedienung der Hochdrucklanzen ist damit schon nicht nachgewiesen.

20

Soweit die Berufung rügt, der Sachverständige sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Schaden bereits beim Durchlaufen des ersten Waschvorgangs entstanden sei, und er habe nicht geprüft, ob die bei der (erneuten) Vorreinigung benutzten Lanzen für den Schaden verantwortlich sein könnten, greift dieser Einwand nicht durch. Der Sachverständige ist zu diesem Ablauf bei seiner persönlichen Anhörung befragt worden und hat bekundet, dass es durchaus sein könne, dass die Lackschäden in dem jetzt vorhandenen Umfang noch nicht bei der ersten Vorwäsche aufgetreten seien (S. 3 unten des Protokolls v. 25.9.2013, Bl. 167). Der Sachverständige hat des Weiteren die Hochdruckanlage der Waschstraße bei der Besichtigung am 28.2.2013 umfassend geprüft. Er hat bei seiner persönlichen Anhörung angegeben, dass grundsätzlich bei einer Waschanlage immer die gleichen Hochdrucklanzen auch für die Vorreinigung bei der Lackreinigung verwendet würden (S. 5 unten des Protokolls Bl. 169). Die Berufung behauptet im Übrigen nicht die Verwendung anderer Lanzen.

21

Soweit die Berufung auf die im Schriftsatz vom 21.10.2013 benannten Zeugen für den Vortrag verweist, dass die Schäden durch den unsachgemäßen Gebrauch der Lanzen entstanden seien, hat das Landgericht diese Zeugen zu Recht nicht vernommen. Zum einen sind die in diesem Schriftsatz aufgeführten Zeugen schon nicht zur Art und Weise des Gebrauchs der Lanzen benannt worden. Zum anderen ist auch nach dem Vortrag in der Berufungsinstanz nicht ersichtlich, was die Zeugen bekunden sollen, insbesondere, was konkret mit dem „unsachgemäßen“ Gebrauch gemeint ist. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass auch bei sehr geringem Abstand der Lanze zum PKW der Aufpralldruck nicht ausreiche, um die Lackschäden zu verursachen (S. 11 des Gutachtens, Bl. 110). Er hat ausgeführt, dass entgegen den Behauptungen in der Klage die Hochdrucklanzen nicht mit Heißwasser, sondern mit kaltem Wasser betrieben würden (S. 11 des Gutachtens, Bl. 110). Er hat ausgeführt, dass auch die eingesetzten Chemieprodukte für die Schäden nicht verantwortlich sein könnten (S. 13 des Gutachtens, Bl. 112). Schließlich hat er ausgeführt, dass selbst bei einem direkten Kontakt zwischen Hochdrucklanze und Fahrzeugoberfläche das daraus resultierende Schadensbild nicht den streitgegenständlichen Lackabplatzungen entspräche (S. 12 des Gutachtens, Bl. 111).

22

b) Entgegen der Berufung ist ferner nicht ersichtlich, dass die Durchführung der zweiten Vorwäsche als Pflichtverletzung gewertet werden muss. Der Sachverständige ist auch zu diesem Punkt bei seiner persönlichen Anhörung befragt worden und hat die Durchführung einer weiteren Vorwäsche für durchaus vorstellbar gehalten (S. 5 unten des Protokolls v. 25.9.2013, Bl. 169).

23

c) Die Verletzung einer Hinweispflicht ist ebenfalls nicht nachgewiesen. Der Sachverständige konnte zu der Frage, ob die Beklagte Vorschäden hätte erkennen und von der Durchführung einer Lackaufbereitung hätte abraten müssen, keine Aussage machen (S. 5 des Protokolls vom 25.9.2013, Bl. 169 ). Auch der eigene Vortrag des Klägers, wonach der Wagen nach der ersten Vorwäsche keine sichtbaren Schäden aufgewiesen hätte, spricht gegen eine Erkennbarkeit bzw. Hinweispflicht der Beklagten.

24

3. Die Berufung scheitert schließlich auch daran, dass es nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens an der Ursächlichkeit zwischen den Lackreinigungsarbeiten und den Lackschäden fehlt. Das Landgericht hat sich eingehend mit den - in der Berufung wiederholten - Einwänden gegen das Sachverständigengutachten befasst und hat seine Überzeugung von der fehlenden Kausalität nachvollziehbar und plausibel begründet. Der Senat sieht keine Veranlassung, an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen zu zweifeln.

25

Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass auch für den Fall, dass die streitgegenständlichen Lackschäden zuletzt durch den mechanischen Kontakt mit der Hochdrucklanze ausgelöst worden sind, angesichts der festgestellten Vorschäden kein abgrenzbarer Schaden feststellbar ist, den die Beklagte zu ersetzen hätte. Es fehlen auch hinreichende Anhaltspunkte für die Schätzung eines Mindestschadens.

26

4. Soweit der Kläger meint, dass die Beklagte für den Kratzer am Kofferraumdeckel hafte, führt dieser Vortrag ebenfalls nicht zu einem Erfolg der Berufung.

27

a) Entgegen der Auffassung der Berufung hat die Beklagte diesen Schaden mit dem Schadensprotokoll vom 27.6.2011 nicht anerkannt. Unabhängig von den Ausführungen zu Ziff. 1 zur rechtlichen Einordnung dieses Protokolls werden darin keine Kratzer, sondern nur Lackablösungen benannt.

28

b) Soweit der Kläger unter Zeugenbeweis behauptet, dass der Kratzer vor der Überlassung des Fahrzeugs an die Beklagte nicht vorhanden gewesen sei, ist diesem Beweisantritt schon deshalb nicht nachzugehen, weil er nicht geeignet ist, das Gericht davon zu überzeugen , dass der Kratzer von der Beklagten verursacht worden ist. Denn der Kratzer hätte auch in der Zeit zwischen dem 27.6.2011 und der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 28.2.2013 entstanden sein können; im Gutachten W. vom 25.2.2012 wird er nicht erwähnt. Unstreitig ist das Fahrzeug jedenfalls in geringem Umfang zwischenzeitlich gefahren worden.

29

c) Schließlich würde eine Beschädigung durch die Verursachung eines Kratzers während der Behandlung durch die Beklagte nicht die Klaganträge rechtfertigen. Es ist nicht hinreichend vorgetragen und auch kaum vorstellbar, dass der Kratzer durch eine komplette Neulackierung beseitigt werden müsste und der Wagen mit dem Kratzer nicht genutzt werden konnte.

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5. Da eine Haftung der Beklagten bereits dem Grunde nach nicht festgestellt werden konnte, hat das Landgericht zu Recht die Klage auch hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten, des begehrten Nutzungsausfalls und der Gutachterkosten abgewiesen.

31

Die Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.

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