Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht (2. Strafsenat) - 2 Ws 16/20
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Untergebrachten wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 7 als Strafvollstreckungskammer, vom 20. Dezember 2019 aufgehoben und die Sache zu erneuter Entscheidung an die Große Strafkammer 7 des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die hierdurch der Untergebrachten entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
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Die Beschwerdeführerin ist durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Mai 2017, rechtskräftig seit dem 15. März 2018, gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Am 3. August 2018 hat das mit der Überprüfung der Unterbringung nach § 67e StGB befasste Landgericht Hamburg, Große Strafkammer 7 als Strafvollstreckungskammer, der Untergebrachten durch Beschluss der Vorsitzenden Herrn Rechtsanwalt S. als notwendigen Verteidiger beigeordnet. Unter dem 2. Juli 2019 hat die Vorsitzende die Beiordnung von Rechtsanwalt S. aufgehoben und der Untergebrachten an seiner Stelle Herrn Rechtsanwalt M. als notwendigen Verteidiger beigeordnet.
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Die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 1. August 2019 die Fortdauer der Unterbringung angeordnet. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Untergebrachten hat der Senat mit Beschluss vom 21. Oktober 2019 verworfen.
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Unter dem 19. November 2019 hat die Untergebrachte beantragt, Rechtsanwalt M. zu entpflichten und ihr stattdessen Rechtsanwalt K. aus Berlin oder hilfsweise einen anderen Verteidiger beizuordnen. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2019 hat die Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer den Antrag der Untergebrachten, Rechtsanwalt M. von seinem Amt als Pflichtverteidiger zu entbinden, als unbegründet zurückgewiesen.
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Hiergegen wendet sich die Untergebrachte mit ihrer Beschwerde vom 9. Januar 2020, auf deren kostenpflichtige Verwerfung die Generalstaatsanwaltschaft angetragen hat.
II.
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Die Beschwerde ist statthaft (§ 304 Abs. 1 StPO) und auch im Übrigen zulässig erhoben (§ 306 Abs. 1 StPO). Sie hat in der Sache vorläufigen Erfolg.
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1. Die Beiordnung eines notwendigen Verteidigers in Straf- und Maßregelvollstreckungsverfahren analog § 140 Abs. 2 StPO oder gemäß § 463 Abs. 4 Satz 8 StPO betrifft immer nur das konkrete Überprüfungsverfahren und nicht die gesamte Straf- oder Maßregelvollstreckung bis zur Entlassung des Verurteilten oder Untergebrachten (Senat, Beschluss vom 31. Juli 2018, Az.: 2 Ws 115/18; Beschluss vom 30. Juni 2014, Az.: 2 Ws 112/14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2011, Az.: III-1 Ws 205-206/11, StraFo 2011, 371; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Januar 2010, Az.: 1 Ws 17/10, NStZ 2010, 470 f.; OLG München, Beschluss vom 15. Oktober 2009; Az.: 1 Ws 943/09, StraFo 2009, 527; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Mai 2003, Az.: 3 Ws 618/03, NStZ-RR 2003, 252; KG, Beschluss vom 3. August 2001, Az.: 5 Ws 380/01, NStZ-RR 2002, 63; Meyer-Goßner/Schmitt, § 140 Rn. 33a; a. A. OLG Stuttgart, Beschluss vom 23. Mai 2000, NJW 2000, 3367; LR/Lüderssen, § 141 Rn. 28).
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Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Beurteilung der Beiordnungsvoraussetzungen in den einzelnen Entscheidungsabschnitten eines Vollstreckungsverfahrens unterschiedlich ausfallen kann (Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; Schmitt, a.a.O.). Denn die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage kann im Laufe des Verfahrens erheblich variieren. In einem Abschnitt kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder die Entscheidung schwieriger Sach- oder Rechtsfragen erforderlich sein, während im nachfolgenden Abschnitt auf der Grundlage der vorherigen Prüfung keine Schwierigkeiten mehr bestehen. Auf Grund dessen ist in jedem Abschnitt eine erneute Überprüfung, ob die Mitwirkung eines Verteidigers geboten ist, erforderlich (OLG Frankfurt, a.a.O.). Eine generelle Bestellung für den gesamten Zeitraum der Prüfung verträgt sich kaum mit dem – gerade beim Maßregelvollzug – oft lang andauernden und wechselhaften Verlauf der Vollstreckung (Senat, Beschluss vom 30. Juni 2014, Az.: 2 Ws 112/14).
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Etwas anderes gilt nur, soweit dies – etwa hinsichtlich der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in § 463 Abs. 8 Satz 2 StPO – ausdrücklich anders gesetzlich normiert ist.
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2. Gemessen an diesen Maßstäben bestand vorliegend für die von der Untergebrachten beantragte und von der Großen Strafkammer abgelehnte Entpflichtung des beigeordneten Verteidigers keine Veranlassung. Das Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB hat mit der Entscheidung des Senats vom 21. Oktober 2019 seinen rechtskräftigen Abschluss gefunden. Die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt M. zum notwendigen Verteidiger der Verurteilten endete daher mit diesem Zeitpunkt (vgl. § 143 Abs. 1 StPO i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10. Dezember 2019).
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Die Strafvollstreckungskammer hatte nach Abschluss des Überprüfungsverfahrens nach § 67e StGB nicht über eine – strengeren Maßstäben unterliegende – Umbeiordnung in einem laufenden Verfahren zu entscheiden, sondern war allenfalls im Hinblick auf das nächste Überprüfungsverfahren zu einer Entscheidung über die Notwendigkeit einer neuerlichen Beiordnung und bejahendenfalls zur Auswahl eines Verteidigers berufen. Die Auswahl des gegebenenfalls zu bestellenden notwendigen Verteidigers hat dabei unter Beachtung der Regelung des § 142 Abs. 5 Satz 3 StPO n.F. zu erfolgen, wonach ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger zu bestellen ist, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht.
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3. Soweit das Landgericht auf den Antrag der Untergebrachten hin lediglich eine Umbeiordnung abgelehnt hat, kommt vorliegend eine Entscheidung durch den Senat nicht in Betracht. Die Sache ist vielmehr zu erstmaliger Sachentscheidung über die Notwendigkeit einer Beiordnung für das neue Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB und gegebenenfalls zur Auswahl eines Verteidigers an das Landgericht zurückzuverweisen.
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Zwar erlässt das Beschwerdegericht, sofern es eine Beschwerde für begründet erachtet, zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung (§ 309 Abs. 2 StPO). Gleichwohl gilt, dass eine Zurückverweisung der Sache in eng begrenzten Ausnahmefällen zu erfolgen hat (BGH, Beschluss vom 24. Juni 1992, Az.: 1 StE 11/88 StB 8/92, NJW 1992, 2775;OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juni 2002, Az.: 4 Ws 222/02, NJW 2002, 2963 f.; MüKo-StPO/Neuheuser, § 309 Rn. 34; LR/Matt, § 309 Rn. 12 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 309 Rn. 7 ff.), etwa wenn der angefochtene Beschluss überhaupt keine Entscheidung zur Sache enthält (vgl. Senat, Beschluss vom 8. September 2016, Az.: 2 Ws 43/16; BGH, a.a.O.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. Oktober 1982, Az.: 1 Ws 266/82, NStZ 1983, 426, 427; Schmitt, a.a.O., Rn. 9).
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So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat über die Frage, ob für das neue Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB überhaupt die Beiordnung eines notwendigen Verteidigers erforderlich ist und ob bejahendenfalls der Beiordnung des von der Untergebrachten bezeichneten Verteidigers wichtige Gründe entgegenstehen, erkennbar noch überhaupt keine Entscheidung getroffen, weil es von einem anderen Prüfungsmaßstab ausgegangen ist.
III.
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Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO. Auch wenn ein Fall des § 309 Abs. 2 StPO, in dem das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache abschließend erforderliche Entscheidung zu treffen hätte, nicht vorliegt und die Beschwerde nur vorläufigen Erfolg hat, hat eine Kosten- und Auslagenentscheidung zu ergehen. Da der weitere Fortgang des Verfahrens nicht vorherzusehen ist, ist kosten- und auslagenrechtlich bereits ein Verfahrensabschluss im Sinne des § 464 Abs. 2 StPO gegeben (vgl. Senat, Beschlüsse vom 23. Dezember 2019, Az.: 2 Ws 159/19, vom 7. Dezember 2018, Az.: 2 Ws 201/17, sowie vom 21. September 2016, Az.: 2 Ws 186/16).
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