Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 6 U 235/03

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mosbach vom 24.10.2003 - 2 O 126/03 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte gem. Ziff. 2 der Urteilsformel verpflichtet ist, das genannte Kochsystem (wie in der beigefügten Anlage K 2 abgebildet) an den Kläger zu liefern und zu übereignen.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte, eine Versandhandelsgesellschaft mit Sitz in Frankreich, zwei Ansprüche auf Gewinnauszahlung geltend.
Bereits im August 2000 übersandte die Beklagte dem Kläger eine „offizielle Geschenk-Benachrichtigung” über einen Elektroherd gegen Übernahme der Frachtkosten i.H.v. 6,95 DM. Entsprechend der Aufforderung gem. dem beigefügten „wichtigen Dokumente zur Bestätigung des Geschenks” sandte der Kläger die ausgefüllte Antwortkarte zurück. Gleichwohl lieferte die Beklagte den angeblichen Gewinn auch auf Mahnschreiben des Klägers nicht aus. In einem weiteren Schreiben vom 5.6.2001 erhielt der Kläger die Mitteilung, er habe 14.500 DM gewonnen. Der Kläger wurde aufgefordert, das bereits auf einem Sonderkonto bereit liegende Gewinnguthaben schnellstmöglich abzurufen und hierzu den „Guthaben-Anforderungsschein” mit aufgeklebtem „Guthaben-Siegel” im beiliegenden Antwortumschlag umgehend zurückzusenden, da das Guthaben sonst leider einer anderen namentlich genannten Person zugesprochen werden müsse. Auch dieser Aufforderung kam der Kläger nach. Eine Auszahlung des Gewinns blieb jedoch aus. Der Kläger verlangt Zahlung bzw. Lieferung der versprochenen Gewinne.
Die Beklagte begründet ihren Antrag auf Klageabweisung damit, dass ein Leistungsanspruch des Klägers nicht bestehe. Der Kläger habe unschwer erkennen können, dass es sich bei dem versprochenen Geldbetrag lediglich um ein Gewinnspiel gehandelt habe. Durch seine Unterschrift habe er die Spielregeln bestätigt, wonach der hinterlegte Gewinn „nach der Häufigkeit der eingehenden Guthaben-Anforderungsscheine anteilig ausgekehrt und Gewinne unter 5 DM aus organisatorischen Gründen nicht ausgezahlt” würden. Der Kläger habe bei Anwendung der Sorgfalt eines „aufgeklärten Verbrauchers” i.S.d. Rechtsprechung des EuGH aus diesen Vergabebedingungen ersehen können, dass der Gewinnbetrag auf alle Einsender der Guthaben-Anforderungsscheine aufgeteilt werden solle. Es sei in den gesamten Unterlagen keine Rede davon, dass er den Betrag von 14.500 DM allein erhalten werde.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat unter Bejahung seiner internationalen Zuständigkeit im Anschluss an (BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82 = MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248) in § 661a BGB eine Stütze für die vom Kläger erstrebten Leistungen erblickt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung. Sie rügt eine fehlerhafte Auslegung des § 661a BGB. Ein durchschnittlich aufgeklärter Verbraucher hätte bemerkt, dass er nur zur Teilnahme an einem Gewinnspiel aufgefordert werde. Er hätte nämlich das gesamte Anschreiben aufmerksam gelesen und so erkennen können, dass er den genannten Betrag gerade noch nicht gewonnen habe. Bei Prüfung des § 661a BGB könne niemals dergestalt vorgegangen werden, dass auf Grund eines Formulars bzw. weniger Überschriften ein Anspruch bejaht und erst in einer zweiten Prüfungsstufe die Frage gestellt werde, ob durch weitere Unterlagen dieser bereits entstandene Eindruck wieder zerstört werde. Die richtige Vorgehensweise führe dazu, dass im Hinblick auf die durch die Unterschrift des Klägers anerkannten Spielregeln gerade nicht von einem endgültig gewonnenen Preis im Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung ausgegangen werden könne.
Der Kläger tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil des LG.
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrages im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO) sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist nicht gerechtfertigt, da die Klage, wie das LG zutreffend entschieden hat, zulässig und in der Sache begründet ist.
Zu Recht zieht die Berufung die internationale Zuständigkeit des von dem Kläger angerufenen LG Mosbach nicht in Zweifel. Dieser Punkt ist durch die Entscheidung des BGH v. 28.11.2002 zu Gunsten des Wohnsitzes des klagenden Verbrauchers geklärt (BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82 = MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248 = NJW 2003, 426; vgl. nunmehr auch Urt. v. 12.2.2004 - III ZR 226/03, MDR 2004, 677 = BGHReport 2004, 750).
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1. Der Streitfall ist, wovon das LG unausgesprochen ausgegangen ist, nach dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch zu entscheiden. Die Parteien haben jedenfalls im Prozess deutsches Recht gewählt, indem sie ihrem Vortrag übereinstimmend deutsches Recht zugrunde gelegt haben. Die Beklagte ist jedenfalls der Rechtsansicht des Klägers bezüglich der Geltung deutschen materiellen Rechts nicht entgegen getreten. Es bedarf daher keiner näheren Darlegung insb. zu der Frage der Anwendbarkeit des Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB auf den vorliegenden Rechtsfall.
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Der Kläger kann nach nationalem Recht Zahlung der Gewinnsumme nebst Zinsen und Lieferung des versprochenen Elektroherds verlangen. Anspruchsgrundlage ist jeweils § 661a BGB. Da die Vorschrift durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. 06 2000 (BGBl. I 2000, 897) eingeführt wurde und gem. Art. 229 § 2 Abs. 1 EGBGB für Sachverhalte gilt, die nach dem 29.6.2000 entstanden sind, das maßgebliche, eine Gewinnzusage enthaltende erste Schreiben der Beklagten jedoch erst im August 2000, also nach dem In-Kraft-Treten der Norm, zugegangen ist, ist die Vorschrift des § 661a BGB hier anwendbar.
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2. Nach § 661a BGB hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.
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a) Maßgeblich für die persönliche Eigenschaft des Anspruchsinhabers als Verbraucher ist § 13 BGB, für diejenige des Anspruchsgegners als Unternehmer § 14 BGB. Dass in beiden Vorschriften nur von Rechtsgeschäften des Verbrauchers bzw. Unternehmers die Rede ist, stellt ein Redaktionsversehen dar. Die Vorschriften der §§ 13, 14 BGB sind jedenfalls auch im Rahmen des § 661a BGB für den Verbraucherbegriff maßgeblich (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 13 Rz. 5 und § 14 Rz. 4). Der Kläger ist Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, da er eine natürliche Person ist, die nicht im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelte. Die Beklagte ist Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB, denn es handelt sich bei ihr um eine juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die gewerblich oder selbstständig beruflich tätig ist und die mit der Absendung der Mitteilung in Ausübung dieser Tätigkeit handelte. Hierfür ist eine Vertriebstätigkeit, nämlich die Befassung mit dem Absatz von Waren oder Leistungen ausreichend. Im vorliegenden Rechtsfall besteht der Gegenstand des Geschäfts der Beklagten in dem grenzüberschreitenden Warenversandhandel.
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b) Die Beklagte hat dem Kläger mit den Schreiben vom August 2000 und Juni 2001 eine Gewinnzusage gemacht, die jeweils einen die Beklagte zivilrechtlich bindenden Erfüllungsanspruch auslöst.
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aa) Gewinnmitteilung
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Eine Gewinnmitteilung ist eine geschäftsähnliche Handlung, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als Ankündigung der unentgeltlichen Leistung eines Preises (Gewinn) durch den Absender an den Mitteilungsempfänger aufzufassen ist (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - III ZR 226/03, MDR 2004, 677 = BGHReport 2004, 750; vgl. auch Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 661a Rz. 2). Worin der Preis besteht, ist gleichgültig, er muss jedoch derart präzise bezeichnet sein, dass die in Aussicht gestellte Leistung aus der Sicht des Empfängers bestimmt werden kann. Dies ist bei der Angabe eines bestimmten Geldbetrages (Gewinnmitteilung vom Juni 2001) ebenso der Fall wie bei dem im Anschreiben der Beklagten vom August 2000 beschriebenen und abgebildeten Elektroherd (vgl. Anlage K 2, I 19, 21). Die vorliegend gegebene Versendung der Mitteilungen per Brief an den Kläger als namentlich bezeichneten Empfänger ist für eine Mitteilung jedenfalls ausreichend, da dieser sich hierdurch persönlich als Gewinner angesprochen fühlen durfte und sollte. Der Anspruch entsteht im Übrigen bereits mit dem Zugang der Mitteilung beim Empfänger. Dass die Beklagte in vorliegendem Fall Absender der beiden Mitteilungen war, ist zwischen den Parteien nicht streitig.
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Für die Ankündigung ausreichend und erforderlich ist des Weiteren, dass der Eindruck des Gewinns erweckt wird, d.h. dass der Empfänger bei objektiver Betrachtung die Mitteilung auf Grund ihres Inhalts dahin verstehen muss, er werde den in der Mitteilung bezeichneten Preis erhalten. Die Auslegung erfolgt gem. §§ 133, 157 BGB nach dem Empfängerhorizont und dem sich aus diesem ergebenden objektiven Erklärungsinhalt (Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 661a Rz. 29). Nach dem Gesamteindruck der Mitteilungen bestand für den Kläger Anlass zu der Annahme, er werde einen - bereits gewonnenen - Preis erhalten. Das allein führt zu einer entsprechenden Leistungsverpflichtung der Beklagten. Es ist nicht erforderlich, dass der Adressat dem Schreiben tatsächlich Glauben schenkt (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - III ZR 226/03, MDR 2004, 677 = BGHReport 2004, 750).
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bb) Mitteilung vom August 2000
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Mit diesem Anschreiben gab die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Offizielle Geschenk-Benachrichtigung” bekannt, er erhalte „offiziell” das attraktivste Geschenk dieser Vergabe: 1 Premium Kochsystem mit Glas-Keramik-Kochfeld als Dank” für die „Test-Anforderung”. Er könne „sich wirklich glücklich schätzen, als Empfänger eines solchen Geschenks ausgewählt worden zu sein”. Irgendwelche Einschränkungen der Gewinnzusage enthält das Schreiben nicht. Der Kläger wurde lediglich aufgefordert, „am besten noch heute” zu antworten und die „persönliche Test-Anforderung mit aufgeklebter Geschenk-Marke” einzusenden. Dass der Kläger dieser Aufforderung nachgekommen ist, hat das LG festgestellt (LGU 3). Die Berufung wendet sich nicht dagegen.
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Die Beklagte ist daher verpflichtet, dem Kläger den im Einzelnen vorgestellten und beschriebenen Gewinn auszuhändigen, d.h. ihm Besitz und Eigentum daran zu verschaffen. Diese Verpflichtung hat der Senat im Entscheidungstenor ggü. dem landgerichtlichen Leistungsausspruch lediglich klarstellend zum Ausdruck gebracht. Die Leistungsverpflichtung folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 661a BGB. Auslegungsfragen stellen sich hier nicht. Irgendwelche Vorbehalte der Beklagten in den übersandten Unterlagen, welche die abstrakte Eignung der Mitteilung, den Eindruck eines bereits gewordenen Preises zu erwecken, in Frage stellen, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagte auch nicht geltend gemacht.
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cc) Mitteilung vom Juni 2001
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Auch das zweite Mitteilungsschreiben der Beklagten ist geeignet, beim Kläger den Eindruck einer festen Gewinnzusage zu erwecken, er habe einen Preis in der dort genannten Höhe gewonnen.
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Die Auslegung der Gewinnmitteilung führt zum Ergebnis, dass der Kläger nach seinem Verständnishorizont davon ausgehen durfte, 14.500 DM gewonnen zu haben. Auf Grund des Anschreibens und des beigefügten, auf die „Gesamtgewinnsumme” lautenden Guthaben-Anforderungsscheins durfte der Kläger von einem tatsächlichen Gewinn in dieser Höhe ausgehen. Die Mitteilung hat bei ihm, wie das LG zutreffend ausführt, den Eindruck erweckt, er habe diese Summe bereits gewonnen. Diese Feststellung des LG begegnet nach dem Inhalt der hier auszulegenden Schriftstücke keinem ernsthaften Zweifel. Das persönlich an den Kläger gerichtete und ihn namentlich anredende Anschreiben ist nach seinem äußeren Anschein an Seriosität nur schwer zu überbieten. Dem Empfänger wurde darin ein vorgebliches Gewinnguthaben durch eine Vielzahl von sprachlichen Mitteln und gestalterischen Elementen vorgespiegelt. Insbesondere wurde ihm glauben gemacht, die Nachricht stamme von einem „Öffentlichen Zuteilungsamt” unter dem Namen „Kanzlei Sch. & S.”. Offiziell wurde dem Kläger unter diesem Briefkopf bestätigt und „beglaubigt”, er sei Gewinner des bereits bereitgestellten Geldbetrages, zu dessen Auszahlung er nur mehr das Guthaben-Siegel abtrennen, auf den Guthaben-Anforderungsschein kleben und in dem beiliegenden Antwortumschlag zurücksenden müsse.
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Aus diesen Formulierungen konnte der Kläger nur schließen, dass er den gesamten Gewinn i.H.v. 14.500 DM erhalten werde. Darin wurde er insb. durch die in Fettschrift herausgestellte Gewinnsumme und die Formulierung bestärkt, das er als Gewinner das Guthaben bloß noch anfordern müsse. Der Text suggeriert dem Empfänger, er sei der alleinige Gewinner des vollen Betrages. Dieser Eindruck wird noch durch die besondere Seriosität ausstrahlende Unterschrift eines „Vereidigten Auszahlungsbevollmächtigten” unterstrichen. Nur bei spitzfindiger Interpretation des Mitteilungstextes kann man überhaupt auf den Gedanken kommen, der Gesamtgewinnbetrag komme unter allen Einsendern zur Verteilung. Einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - III ZR 226/03, MDR 2004, 677 = BGHReport 2004, 750; vgl. auch EuGH WRP 1998, 848 [850] - 6-Korn-Eier) ist dieses Textverständnis jedoch nicht möglich. Für die Auslegung der Gewinnmitteilung ist aber maßgeblich auf ihn und nicht, wie die Berufung meint, auf den Horizont eines besonders misstrauischen, aufgeklärten Verbrauchers abzustellen. Auch der Verbraucher, der die Gewinnzusage als bloßes Werbemittel des Absenders durchschaut, kann nach § 661a BGB die Leistung des (angeblich) gewonnen Preises verlangen.
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Dieser Maßstab ergibt sich schon aus den mit der Einführung des § 661a BGB verfolgten gesetzgeberischen Zieles (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - III ZR 226/03, MDR 2004, 677 = BGHReport 2004, 750). Damit wollte der Gesetzgeber einer verbreiteten und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, dass Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinner übersenden, um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne selbst aber auf Nachfrage nicht aushändigen. Die unlautere Werbung mittels Vortäuschung scheinbarer Gewinne sollte unterbunden werden, indem dem Verbraucher gesetzlich eingeräumt wurde, den Unternehmer beim Wort zu nehmen und die Leistung des mitgeteilten Gewinns zu verlangen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/3195, 33 f.). Dieser gesetzgeberische Schutz hat den durchschnittlichen Verbraucher im Blick.
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Nach der Formulierung des Gesetzes genügt bereits das Erwecken eines Eindruckes beim Verbraucher, er habe einen Preis gewonnen. Versteckte Hinweise in solchen Mitteilungen, dass es sich um ein unverbindliches Gewinnspiel handele oder Ähnliches, vermögen die abstrakte Eignung solcher Mitteilungen, den Eindruck eines bereits gewonnenen Preises zu erwecken, in keiner Weise zu mildern (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - III ZR 226/03, MDR 2004, 677 = BGHReport 2004, 750; Lorenz, NJW 2000, 3305 [3306]). Auf die Möglichkeit, dass die Gewinnanforderung zu keiner oder zu einer geringeren Auszahlung führt, wird der Kläger im Streitfall nicht hinreichend hingewiesen. Der zu unterschreibende Hinweis im Guthaben-Anforderungsschein auf die Gewinn-Bedingungen (Anlage B 1, I 61) ist nicht geeignet, den durch die Gewinnmitteilung entstehenden Eindruck bei einem durchschnittlichen Verbraucher, er habe schon gewonnen, wieder zu beseitigen. Um diese Einschränkung überhaupt aufzunehmen und zu verstehen, muss der Leser zwei Textstellen in Zusammenhang bringen. Er muss erst einmal erkennen, dass sich dieser Hinweis in der Anlage auf die Textpassage unterhalb der Unterschrift des Anschreibens bezieht. Das wird ihm nur bei genauem Studium der zugesandten Unterlagen gelingen. Die Gewinn-Bedingungen selbst sind freilich engzeilig und kleingedruckt gehalten, jedenfalls aber nicht so gestaltet, dass der normale Adressat sie problemlos wahrnehmen und richtig bewerten könnte. Ersichtlich ist die optische Gestaltung und die Verwendung des kleinen und nur mühsam zu lesenden Schriftbildes gewählt worden, um den Leser von der genauen Lektüre dieser Stelle abzuhalten. Die entscheidende Einschränkung des Gewinnversprechens sollte offenbar nicht in das Bewusstsein der Adressaten dringen. Es kann daher bei der Auslegung des Mitteilungsschreibens auch nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen braucht ein Verbraucher nicht damit zu rechnen, dass eine unmissverständlich hervorgehobene Gewinnmitteilung durch allgemeine Vorbehalte an versteckter Stelle wieder in ihr Gegenteil verkehrt wird.
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3. Nebenentscheidungen
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Daher schuldet die Beklagte dem Kläger die Erbringung der angekündigten Leistungen. Die Berufung der Beklagten bleibt erfolglos, sie ist kostenpflichtig zurückzuweisen, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO; der BGH hat erst jüngst zu den Rechtsfragen in den zitierten Entscheidungen erschöpfend Stellung genommen.
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Beschluss
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Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 7.867,86 Euro festgesetzt.

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