Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 18 WF 97/11

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Anerkenntnisbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg vom 26.4.2011 (49 F 1114/11) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.429,86 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die mit erstinstanzlichem Anerkenntnisbeschluss ergangene Kostenentscheidung.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin leben seit mehr als drei Jahren getrennt. Der Antragsteller hat in einem anhängigen Zivilprozess, in dem die Antragsgegnerin den Antragsteller auf Zahlung in Anspruch genommen hatte, eine Zugewinnausgleichsforderung gegen die Antragsgegnerin zur Aufrechnung gestellt, die jedoch dort von der Antragsgegnerin mit dem Hinweis auf die fehlende Fälligkeit zurückgewiesen wurde (6 O 123/09 Landgericht Freiburg, 13 U 197/09). Daraufhin beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 21.2.2011 beim Amtsgericht - Familiengericht - Freiburg gemäß § 1386 BGB die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft. Mit Schriftsatz vom 25.3.2011 erklärte die Antragsgegnerin ihr Anerkenntnis.
Mit Anerkenntnisbeschluss des Familiengerichts Freiburg vom 26.4.2011 wurde ausgesprochen, dass die Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben wird. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt. Auf die Entscheidung des Familiengerichts wird verwiesen.
Gegen diesen - ihm am 5.5.2011 zugestellten - Beschluss hat der Antragsteller mit am 18.5.2011 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin Anlass zur Einreichung des Antrags gegeben habe. Die Antragsgegnerin sei nicht bereit gewesen, den vorzeitigen Zugewinnausgleichsanspruch anzuerkennen. Sie habe vielmehr die Fälligkeit des Zugewinnausgleichsanspruchs gerügt und deshalb den gerichtlichen Antrag nach § 1386 BGB veranlasst. Von diesem Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft habe sie bereits seit Dezember 2010 - aufgrund des zunächst versehentlich beim Oberlandesgericht anhängig gemachten Antrags - Kenntnis erlangt. Dennoch habe die Antragsgegnerin außergerichtlich der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nicht zugestimmt. In Hinblick auf die langjährige Verweigerungshaltung der Antragsgegnerin habe der Antragsteller im Übrigen nicht damit rechnen können, dass die Antragsgegnerin ohne gerichtliches Verfahren ihre Zustimmung erklären würde.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung der Kostenentscheidung des Familiengerichts im Anerkenntnisbeschluss vom 26.4.2011 die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Der Antragsteller habe die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt außergerichtlich aufgefordert, an der Beendigung der Zugewinngemeinschaft mitzuwirken.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
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Die gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 99 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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In Hinblick darauf, dass es sich bei dem Verfahren nach § 1386 BGB um eine Familienstreitsache gemäß §§ 112 Nr. 2, 261 Abs. 1 FamFG handelt, gelten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG für die Kostenentscheidung die §§ 91 ff. ZPO (statt aller Schwab/Streicher, Handbuch des Scheidungsrechts, 6. Auflage 2010, Kap. I Rz. 732).
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Nach § 93 ZPO trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens, wenn der Antragsgegner den Anspruch sofort anerkennt und durch sein Verhalten zur Erhebung des Antrags keine Veranlassung gegeben hatte.
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1. Die Vorschrift § 93 ZPO ist grundsätzlich auch für Gestaltungsklagen anwendbar (Zöller/Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, § 93 Rz. 1; MünchKomm/Giebel, ZPO, 3. Auflage 2008, § 93 Rz. 2; Musielak/Wolst, ZPO, 8. Auflage 2011, § 93 Rz. 1). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beteiligten nicht über den Verfahrensgegenstand verfügen können (MünchKomm/Giebel, a.a.O., § 93 Rz. 3; Musielak/Wolst, a.a.O., § 93 Rz. 1).
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In Hinblick darauf, dass die Ehegatten jederzeit über den Güterstand disponieren können, kommt ein Anerkenntnis - ebenso wie ein Vergleich - in diesen - auf eine Gestaltungsentscheidung nach § 1386 BGB gerichteten - Verfahren in Betracht (Palandt/Brudermüller, BGB, 71. Auflage 2012, § 1385 f. Rz. 9; NK-Fischinger, BGB, 2. Auflage 2010, § 1386 Rz. 33; a.A. MünchKomm/Koch, BGB, 5. Auflage 2010, § 1386 Rz. 33: nur Vergleich möglich). Die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft kann parteidispositiv durch einen - der Form des § 1410 BGB entsprechenden - Ehevertrag erfolgen und ist nicht notwendig dem Gestaltungsbeschluss des Familiengerichts nach § 1386 BGB unterworfen. Dies rechtfertigt es, § 93 ZPO bei der Kostenentscheidung auch im güterrechtlichen, auf eine Gestaltungsentscheidung gerichteten Verfahren auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft zu berücksichtigen.
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2. Die Antragsgegnerin hat dem Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft sofort mit Schriftsatz vom 25.3.2011 innerhalb der Erwiderungsfrist zugestimmt.
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3. Zuvor hatte die Antragsgegnerin keine Veranlassung zur Klageerhebung im Sinne des § 93 ZPO gegeben. Eine Klageerhebung veranlasst, wer sich vor Verfahrensbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage so verhält, dass der Gegner annehmen musste, er werde ohne den gerichtlichen Antrag nicht zu seinem Recht kommen (Zöller/Herget, a.a.O., § 93 Rz. 3 mwN).
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Die Antragsgegnerin hat entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht dadurch Veranlassung für den Antrag nach § 1386 BGB gegeben, dass sie sich im zivilgerichtlichen Verfahren gegen die Aufrechnung des Antragstellers mit einem Zugewinnausgleichsanspruch gewandt hat. Denn eine Veranlassung zur Klage hat ein Antragsgegner dann nicht gegeben, wenn er sich vorgerichtlich gegen einen unschlüssig begründeten Anspruch wendet (OLG Hamm FamRZ 2006, 1770; Musielak/Wolst, a.a.O., § 93 Rz. 2; MünchKomm/Giebel, ZPO, a.a.O., § 93 Rz. 6).
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Vorliegend hat der Antragsteller im zivilgerichtlichen Verfahren mit einem - behaupteten - Zugewinnausgleichsanspruch aufgerechnet, der zu diesem Zeitpunkt nicht nur nicht fällig, sondern noch gar nicht entstanden war. Der Zugewinnausgleichsanspruch nach § 1378 Abs. 1 BGB entsteht gemäß § 1378 Abs. 3 BGB erst mit der Beendigung des Güterstandes. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft endet mit rechtskräftiger Ehescheidung oder Eheaufhebung, mit der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gemäß §§ 1385 - 1388 BGB oder durch Ehevertrag (vgl. etwa Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1372 Rz. 13). Die Antragsgegnerin hatte somit keine Veranlassung, diesen vom Antragsteller zur Aufrechnung gestellten, zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht entstandenen Zugewinnausgleichsanspruch im zivilrechtlichen Verfahren anzuerkennen. Insbesondere genügt in den Fällen noch bestehender Zugewinngemeinschaft für die Entstehung der Forderung nicht nur die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs als solches; es ist vielmehr zugleich die Zugewinngemeinschaft aufzuheben, §§ 1385, 1386 BGB, (Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1386 Rz. 10; Mayer in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 1.2.2012, § 1386 Rz. 5, § 1385 Rz. 18). Erst mit der Rechtskraft des dem Gestaltungsantrag stattgebenden Beschlusses tritt Gütertrennung ein, § 1388 BGB, und es entsteht die Ausgleichsforderung (statt aller Erman/Budzikiewicz, BGB, 13. Auflage 2011, § 1385 Rz. 21).
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Die Aufrechnung mit einer unbegründeten - weil noch nicht entstandenen - Forderung geht zu Lasten des Antragstellers. Dabei ist die Antragsgegnerin nicht nur pauschal dem Zugewinnausgleichsanspruch entgegen getreten, sondern hat zutreffend auf die noch nicht aufgehobene Zugewinngemeinschaft verwiesen. Dieses Verhalten verwehrt ihr im folgenden, vom Antragsteller angestrengten Verfahren auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nicht die Berufung auf § 93 ZPO.
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Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin unstreitig nicht aufgefordert, die Zugewinngemeinschaft innerhalb einer angemessenen Frist - ggf. in einer für die Antragsgegnerin kostenneutralen Weise - durch notariellen Ehevertrag aufzuheben. Ebenso wenig hat der Antragsteller außergerichtlich ausdrücklich seine Absicht auf vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft vorgetragen. Die Antragsgegnerin musste - in Hinblick auf das anhängige Scheidungsverfahren - nicht zwingend mit einem solchen Begehren rechnen. Da die Antragsgegnerin sofort der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft zugestimmt hat, ist nicht ausgeschlossen, dass sie an einem Ehevertrag mitwirkt hätte. Eine insoweit ablehnende Erklärung hat sie nicht abgegeben.
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Liegen danach die Voraussetzungen für die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gemäß § 1386 in Verbindung mit § 1385 Nr. 1 BGB vor, konnte die Antragsgegnerin durch ihr sofortiges Anerkenntnis die Kostenlast nach § 93 ZPO vermeiden. In Hinblick darauf, dass derjenige Ehegatte, der einen Gestaltungsantrag nach § 1386 BGB - gestützt auf die dreijährige Trennungszeit - stellt, regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - allein ein Interesse an der Aufhebung der gesetzlichen Gütergemeinschaft hat, ist dieses Ergebnis auch sachgerecht. Ein Rückgriff auf § 150 Abs. 1 FamFG kommt von daher nicht in Betracht (so auch Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1385 f. Rz. 16; a.A. NK-Fischinger, a.a.O., § 1386 Rz. 39).
III.
23 
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 ZPO.
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Die Festsetzung des Verfahrenswerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus dem Interesse des Antragstellers, die Gesamtkosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 2.429,86 EUR nicht tragen zum müssen.

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