Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 20 WF 33/15

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 13.02.2015, Az. 1 F 71/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

4. Der Verfahrenswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 1.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beschwerde betrifft die Vollstreckung eines nach dem Gewaltschutzgesetz ergangenen Titels.
Die Antragstellerin hatte gegen den Antragsgegner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 1 GewSchG gestellt. In dem vom Familiengericht anberaumten Termin schlossen die Beteiligten eine ordnungsgemäß protokollierte Vereinbarung, in der sie sich u. a. wechselseitig verpflichteten, sich gegenseitig nicht anrufen. Mit Beschluss vom 02.04.2014 verlautbarte und wiederholte das Familiengericht nochmals den Wortlaut der Vereinbarung. Sodann erging ein weiterer Beschluss des Familiengerichts vom 02.04.2014, der u.a. lautet:
„Das Amtsgericht - Familiengericht - Pforzheim macht sich die Vereinbarung vom 02.04.2014 zu eigen.“
Außerdem wurde in diesem Beschluss die sofortige Wirksamkeit angeordnet und für den Fall der Zuwiderhandlung „gegen die zwischen den Beteiligten vereinbarten Ge-/Verbote, die das Gericht in Ziff. 1 dieses Beschlusses gebilligt hat“ Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft jeweils in bestimmter Höhe angedroht.
Das Terminsprotokoll und die Beschlüsse wurden den Beteiligten zugestellt. Beschwerde wurde nicht eingelegt.
Am 23.11.2014 wurde die Antragstellerin auf ihrem Handy vom Antragsgegner angerufen; der Antragsgegner äußerte in dem Telefonat mehrfach auf Russisch „ich zerfetze deine Fotze“.
Die Antragstellerin hat die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Antragsgegner beantragt. Das Familiengericht hat hierzu in einem Verhandlungstermin den Antragsgegner angehört und sodann durch Beschluss ein Ordnungsgeld von 1.000 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250 EUR einen Tag Ordnungshaft, verhängt.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners, der beanstandet, dass die Vereinbarung und die Anordnungen des Familiengerichts gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG zwingend zu befristen gewesen seien. Infolge dieses Mangels fehle eine Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes.
II.
Die gemäß §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die Ordnungsgeldfestsetzung durch das Familiengericht bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Ein wirksamer Vollstreckungstitel, kraft dessen der Antragsgegner es zu unterlassen hatte, die Antragstellerin anzurufen, liegt vor. Insoweit bildet schon die im Termin vom 2.4.2014 zwischen den Beteiligten geschlossene und ordnungsgemäß zu Protokoll genommene Vereinbarung einen Vollstreckungstitel gemäß §§ 86 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, 794 Nr. 1 ZPO. Da es sich bei Gewaltschutzsachen um Antragsverfahren handelt, ist ein Vergleich grundsätzlich möglich; die getroffenen Regelungen unterlagen auch der Dispositionsbefugnis der Beteiligten (vgl. hierzu Keidel/Giers, FamFG, 18. Aufl. § 86 Rn. 12). Ergänzend beruht die Vollstreckbarkeit auf dem Beschluss des Amtsgericht vom 2.4.2014, in welchem sich das Gericht die Vereinbarung nochmals „zu eigen“ gemacht hat. Selbst wenn, was hier nicht im Einzelnen zu prüfen ist, eine Befristung nach der Sollvorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 GewSchG geboten gewesen sein sollte, würde dies nicht zur Nichtigkeit und Unwirksamkeit dieser Vollstreckungstitel führen.
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Darauf, ob es rechtlich geboten war, die Vereinbarung und den Beschluss des Familiengerichts zu befristen, kommt es sodann im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nicht an. Die Vollstreckung setzt lediglich einen wirksamen Vollstreckungstitel voraus (vgl. § 86 FamFG). Die materiell-rechtliche Richtigkeit des Vollstreckungstitels wird dagegen im Vollstreckungsverfahren nicht erneut geprüft (vgl. BGH FamRZ 2012, 533, Rn. 22). Der Antragsgegner hätte seine Einwände gegen den Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 2.4.2014 im Rahmen einer Beschwerde gegen den Beschluss vom 2.4.2014 geltend machen können und müssen. Zudem bleibt es ihm unbenommen, mit den statthaften Rechtsbehelfen gegen den Vollstreckungstitel selbst vorzugehen. Da die Beteiligten mit dem Vergleich vom 2.4.2014 wohl nicht nur eine vorläufige, sondern eine endgültige Regelung getroffen haben, dürfte hier ein Vollstreckungsgegenantrag gemäß §§ 95 FamFG, 767 ZPO (hierzu Keidel/Giers, § 95 Rn. 19; LG Essen, FamRZ 2009, 1695) in Betracht kommen mit der Begründung, die Anordnungsvoraussetzungen seien nunmehr entfallen. In diesem Rahmen kann dann auch die Einstellung der Vollstreckung gem. §§ 95 FamFG, 767, 769 ZPO beantragt werden. Vorher können etwa neu hinzugetretene Umstände der Vollstreckung nicht entgegengesetzt werden (vgl. BGH FamRZ 2012, 533, Rn. 23).
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Im Übrigen sind gegen die Vollstreckung durch Festsetzung eines Ordnungsgeldes Einwände weder vorgebracht noch Bedenken ersichtlich. Grundlage dieser Vollstreckungsmaßnahmen sind §§ 95 Abs. 1 Nr. 4, 96 Abs. 1 Satz 3 FamFG, 890 ZPO. Die nach § 890 Abs. 2 ZPO gebotene Androhung ist im Rahmen des Beschlusses vom 2.4.2014 bereits erfolgt gewesen. Dass der Antragsgegner gegen seine Unterlassungsverpflichtung verstoßen hat, wird im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Abrede gestellt. Der Antragsgegner wurde vom Amtsgericht gemäß § 891 ZPO gehört. Gegen die Bemessung des festgesetzten Ordnungsgeldes bestehen angesichts der Schwere der Zuwiderhandlung - der Telefonanruf des Antragsgegners enthielt eine sowohl obszöne als auch erheblich beängstigende Bedrohung - keine Bedenken.
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 81, 84 FamFG. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass.
III.
14 
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war mangels hinreichender Erfolgsaussicht gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114, 119 ZPO zurückzuweisen.

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