Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 Ws 472/15

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 14. September 2015 aufgehoben.

2. Dem Verurteilten wird gestattet, die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Offenburg vom 5. Januar 2015 in monatlichen Raten von 50 EUR, jeweils bis zum 5. eines Monats, beginnend ab Oktober 2015, zu bezahlen. Die Vergünstigung entfällt, wenn der Verurteilte einen Teilbetrag nicht rechtzeitig bezahlt.

3. Die sofortige Freilassung des Verurteilten wird angeordnet.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten hieraus erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Offenburg vom 5.1.2015, rechtskräftig seit 24.1.2015, wurde J. S. zu der Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 60 EUR verurteilt. Nachdem sich aus einer beim zuständigen Vollstreckungsgericht eingeholten Auskunft ergab, dass der Verurteilte am 18.7.2013 ein Vermögensverzeichnis abgegeben hatte, wonach er Arbeitslosengeld II in Höhe von 652 EUR monatlich bezog und kein nennenswertes Vermögen besaß, ordnete die Staatsanwaltschaft Offenburg am 15.6.2015 die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe an. Da der Verurteilte der Ladung zum Strafantritt keine Folge leistete, erging am 13.7.2015 Vorführungsbefehl, aufgrund dessen der Verurteilte am 27.7.2015 festgenommen wurde. Seither verbüßt er die Ersatzfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Offenburg, als Strafende ist der 14.10.2015 notiert.
Am 17.8.2015 beantragte der Verurteilte bei der Staatsanwaltschaft Offenburg unter Hinweis darauf, dass er seit dem 1.10.2014 Grundsicherung beziehe, die Bewilligung von Ratenzahlung in Höhe von 50 EUR monatlich sowie die Aussetzung des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe. Mit Entschließung vom 18.8.2015 - wobei nach Aktenlage unklar ist, ob damit über den Antrag des Verurteilten vom 17.8.2015 entschieden wurde - lehnte der Leiter der Staatsanwaltschaft Offenburg eine Reduzierung der im Strafbefehl vom 5.1.2015 festgesetzten Tagessatzhöhe und Bewilligung von Ratenzahlung im Gnadenweg ab. Den Einwendungen des Verurteilten half die Staatsanwaltschaft Offenburg mit Entschließung vom 4.9.2015 nicht ab, die auch das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Offenburg mit Beschluss vom 14.9.2015 zurückwies. Gegen diesen ihm am 16.9.2015 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23.9.2015 eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten.
II.
Die gemäß §§ 462 Abs. 3, 459h StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der vom Landgericht Offenburg vertretenen Auffassung, die weitere Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe könne nur aus den in § 459e Abs. 4 StPO genannten Gründen unterbleiben, kann jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht gefolgt werden.
Dabei ist ausschlaggebend, dass entgegen der vom Landgericht Offenburg vorgenommenen Bewertung, die Entscheidung über Zahlungserleichterungen nach § 42 StGB, die nach Rechtskraft der Grundentscheidung von der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde zu treffen ist (§ 459a Abs. 1 StPO), keinen Antrag des Verurteilten voraussetzt, sondern von Amts wegen zu treffen ist (OLG Hamburg Rpfleger 1977, 65; Graalmann-Scherer in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 459a Rn. 3; Appl in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 459a Rn. 3; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 459a Rn. 1). Insoweit hätte bereits das der Staatsanwaltschaft vor Anordnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe vorliegende Vermögensverzeichnis des Verurteilten Anlass gegeben, die Bewilligung von Zahlungserleichterungen zu prüfen. Ist dies fälschlicherweise unterblieben, kann die eingeleitete Vollstreckung nicht zur Folge haben, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht mehr nachgeholt werden kann.
In der Sache geht der Senat im Hinblick auf das bei den Akten befindliche Vermögensverzeichnis davon aus, dass die Angaben des Verurteilten zu seinen Einkommensverhältnissen zutreffen, und hat deshalb die im Tenor näher bezeichnete Ratenzahlung bewilligt. Die Bestimmung über den Entfall der damit gewährten Vergünstigung beruht auf §§ 459a Abs. 1 StPO, 42 Satz 1 StGB.
Mit der Bewilligung der Zahlungserleichterung liegen die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe - hier Uneinbringlichkeit der Geldforderung (§§ 459c Abs. 2, 459e Abs. 2 StPO) - nicht mehr vor, so dass die sofortige Freilassung des Verurteilten anzuordnen war.
III.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.

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