Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 17 U 703/20

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 17. August 2020 – 2 O 25/20 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über Wirksamkeit und Rechtsfolgen eines Widerrufs der auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.
Der Kläger erwarb im Dezember 2016 von der A. B. GmbH in … M. einen gebrauchten V. P. zum Kaufpreis von 14.985 EUR (Anlage K2). Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 9.800 EUR. Zur Finanzierung des Restkaufpreises schloss er unter dem 8. Dezember 2016 über das vermittelnde Autohaus einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über eine Nettodarlehenssumme von 5.711,26 EUR (Anlage K1). Er entschied sich zudem, sich durch die Beklagte zum „KSB für AU und Tod“ (Kreditschutzbrief KSB) anmelden zu lassen; die Prämie in Höhe von 246,27 EUR ist in der Nettodarlehenssumme enthalten. Der Kläger erhielt nach Unterzeichnung des für die Beklagte bestimmten Exemplars des Darlehensantrags (Anlage B4) die „für den Kunden“ bestimmte Ausfertigung des Darlehensvertrags (eingereicht als Anlage K1). Das Autohaus überreichte dem Kläger zusammen mit den Vertragsunterlagen ein Exemplar des ausgefüllten Formulars „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“. Wegen des Inhalts und der Gestaltung der Vertragsunterlagen wird auf die Anlagen K1/B4, wegen des Formulars „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ auf Anlage B5 Bezug genommen.
Der Kläger bediente das Darlehen vertragsgemäß und zahlte bis zur Erklärung des Widerrufs an die Beklagte 2.958 EUR.
Mit Schreiben vom 8. November 2019 (Anlage K3) widerrief der Kläger seine auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung, forderte die Beklagte zur Rückabwicklung auf und bot Rückgabe des Fahrzeugs an. Er wiederholte seine Aufforderung zur Rückabwicklung mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2019 (Anlage K4).
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Anträge wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die – mit dem Hauptantrag auf Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag ab Zugang des Widerrufs keine vertraglichen Ansprüche mehr zustehen, gerichtete – Klage abgewiesen und hat deshalb über die hilfsweise für den Fall, dass der negative Feststellungsantrag Erfolg hat, gestellten Hilfsanträge Ziffern 2 bis 4 auf Rückabwicklung, Feststellung des Annahmeverzugs und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie über die Hilfswiderklage, mit welcher die Beklagte Feststellung der Wertersatzpflicht des Klägers für den Wertverlust des Fahrzeugs begehrte, nicht entschieden.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Verstoß gegen § 356b Abs. 1 BGB liege nicht vor. Wegen der Widerrufsinformation könne sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen, daher führe auch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) zur „Kaskadenverweisung“ nicht dazu, dass die Widerrufsinformation nicht als klar und verständlich einzustufen sei. Eine richtlinienkonforme Auslegung, die die Formulierung des gesetzlichen Musters als nicht genügend ansähe, würde eine unzulässige Auslegung contra legem darstellen. Die Beklagte habe die Gestaltungshinweise zu den „verbundenen Verträgen“ zudem zutreffend auch auf die Anmeldung zum Kreditschutzbrief KSB umgesetzt. Die Hinweise zu den Widerrufsfolgen, insbesondere zur Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers sowie die Verwendung der Klausel Nr. 6a der Darlehensbedingungen zur Wertersatzpflicht seien nicht zu beanstanden. Auch alle Pflichtangaben seien vollständig und ordnungsgemäß erteilt worden. Die Inhalte des Formulars „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ seien bei der Beurteilung dieser Frage zu berücksichtigen, da im Vertrag eine ausreichende Bezugnahme, die auch dem Prinzip der Urkundeneinheit Rechnung trage, vorliege.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
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Er beantragt:
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1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem am 08.12.2016 geschlossenem Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer … ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 08.11.2019 kein Anspruch mehr auf Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
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Im Wege der innerprozessualen Bedingung für den Fall, dass der Klageantrag zu 1. zulässig und begründet ist:
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2. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger 12.527,15 EUR für den Zeitraum vom 8.12.2016 (Vertragsbeginn) bis zum 08.11.2019 (Widerruf) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen, hilfsweise nach, Rückgabe des Kraftfahrzeuges V. P.V.2.0 TDI, FIN: ….
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3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte und Berufungsbeklagte seit dem 25.11.2019 mit der Annahme des im Antrag zu 2. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
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4. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, den Kläger und Berufungskläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.416,10 EUR freizustellen.
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Zur Begründung wiederholt er teilweise seine erstinstanzlichen Rügen. Er beantragt zudem, dem EuGH diverse Fragen im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens zur Beantwortung vorzulegen oder das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg im Verfahren 2 O 315/19 auszusetzen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch bedarf es zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Entscheidung des Berufungsgerichts. Auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Daher erwägt der Senat nach vorläufiger Beratung, über das Rechtsmittel nach § 522 Abs. 2 ZPO zu entscheiden.
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger aus keinem Rechtsgrund zu.
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Der Kläger hat den streitgegenständlichen, gemäß § 358 Abs. 3 BGB mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag nicht wirksam widerrufen. Aus diesem Grund bedarf die Zulässigkeit des auf Feststellung des Nichtbestehens vertraglicher Ansprüche nach dem Widerruf gerichteten Antrags keiner Erörterung (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1 Rn. 17). Über die unechten Hilfsanträge Ziffern 2 bis 4 sowie die Hilfswiderklage ist folglich nicht mehr zu entscheiden.
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Zwar stand dem Kläger hinsichtlich des Darlehensvertrages gemäß § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB das Recht zu, seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung zu widerrufen. Allerdings war die gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB vierzehntägige Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits verstrichen. Die Beklagte hat den Kläger klar und verständlich über das ihm zukommende Widerrufsrecht unterrichtet (1.). Ferner sind dem Kläger mit dem Darlehensvertrag alle gemäß § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB erforderlichen Pflichtangaben erteilt worden (2.). Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO, bis der EuGH über diverse Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg entschieden hat, oder zur Vorlage weiterer eigener Fragen kommt nicht in Betracht (3.).
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1. Zu den Pflichtangaben gehört nach § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der hier maßgeblichen, seit 21. März 2016 geltenden Fassung die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation. Dem ist die Beklagte nachgekommen. Entgegen der Auffassung der Berufung hat sie ihre aus § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht klar und verständlich – und auch prägnant – zu informieren, erfüllt. Insoweit kann offenbleiben, ob die verwendete Widerrufsinformation dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB entspricht, obwohl sie über die beiden angebotenen Varianten der Restschuldversicherung („KSB“ und „KSB Plus“) durchgängig unter der Bezeichnung „KSB/KSB Plus“ als verbundener Vertrag informiert, wenngleich die Parteien nur die Anmeldung des Klägers zum „KSB“ vereinbart haben. Der Kläger kann sich nämlich wegen dieses möglichen Mangels nicht auf den fehlenden Musterschutz berufen, weil er damit gegen § 242 BGB verstößt und sich rechtsmissbräuchlich verhält (a)). Die Beklagte hat im Übrigen das gesetzliche Muster benutzt und die einschlägigen Gestaltungshinweise zutreffend umgesetzt (b)). Auch die dem Muster folgende Verwendung des so genannten „Kaskadenverweises“ innerhalb der Widerrufsinformation hindert das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht (c)). Dies gilt auch für eine möglicherweise inhaltlich abweichende Information über die Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers im Falle des Widerrufs unter Ziffer 6a der Allgemeinen Darlehensbedingungen (d)). Da somit die Gesetzlichkeitsfiktion eingreift, kommt es auf weitere Angriffe gegen den Inhalt der Widerrufsinformation nicht an (e)).
23 
a) Der Kläger kann sich nicht auf das Fehlen des Musterschutzes nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen mit dem Argument, die Beklagte habe unter der Überschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ als mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag nicht nur den Fahrzeugkaufvertrag, sondern auch die von ihm nicht abgeschlossene Restschuldversicherung „KSB Plus“ angegeben. Dabei kann offenbleiben, ob in der Belehrung über „KSB/KSB Plus“ auch dann ein relevantes Abweichen vom gesetzlichen Muster liegt, wenn der Verbraucher eine dieser beiden Varianten der Restschuldversicherung tatsächlich abgeschlossen hat (zum fehlenden Musterschutz, wenn der Verbraucher keinen Vertrag über eine Restschuldversicherung abgeschlossen hat siehe BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, juris Rn. 17 ff.). Denn der Kläger, der eine Restschuldversicherung in der Variante „KSB“ tatsächlich abgeschlossen hat, handelt jedenfalls treuwidrig, indem er sich auf das Fehlen des Musterschutzes beruft (vgl. dazu BGH aaO Rn. 27).
24 
aa) Bei der Prüfung rechtsmissbräuchlichen Verhaltens geht es um die – nach rein nationalem Recht zu beantwortende – Frage, ob der Kläger gegen § 242 BGB verstößt, indem er sich auf das Fehlen des Musterschutzes beruft. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 18 und XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 43, jeweils mwN). Eine solche Beschränkung eines Rechts kann sich unter anderem im Falle einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ergeben (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1983 – II ZR 87/83, BGHZ 88, 320, 328, vom 12. März 1984 – II ZR 198/82, BGHZ 90, 287, 292, vom 16. März 1987 – II ZR 127/86, BGHZ 101, 84, 91, vom 18. Mai 1988 – IVa ZR 59/87, WM 1988, 1199, 1201, vom 10. November 1998 – XI ZR 370/97, BGHZ 140, 49, 51 f. und vom 10. Oktober 2000 – XI ZR 344/99, BGHZ 145, 286, 291; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. November 2017 – XI ZR 369/16, WM 2018, 45 Rn. 17 zur rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerrufsrechts zwecks Erwirkung günstigerer Vertragsbedingungen). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH aaO). Diese Bewertung stellt grundsätzlich eine Einzelfallentscheidung dar und ist Sache des Tatrichters (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, juris Rn. 28).
25 
Dabei kann im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller Einzelumstände, ohne dass diese abschließend wären, insbesondere von Bedeutung sein, wenn dem Darlehensnehmer im Rahmen der Vertragsgespräche der Abschluss der durch Umsetzung der entsprechenden Gestaltungshinweise in die Widerrufsinformation aufgenommenen Versicherungsverträge angeboten worden war, so dass für diesen klar erkenntlich war, dass die Erstreckung der einschlägigen Gestaltungshinweise auf einen solchen Vertrag in seinem Fall überflüssig war und diese lediglich in Bezug auf den abgeschlossenen Kaufvertrag sowie die von ihm gewählte Variante der Restschuldversicherung galten. Ferner kann berücksichtigt werden, dass der Kläger sich erstmals lange nach dem Widerruf auf diesen etwaigen Mangel der Widerrufsinformation berufen hat. Des Weiteren kann erwogen werden, dass er das Widerrufsrecht ausgeübt hat, um das Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung zurückgeben zu können, ohne auch – was er zu Unrecht meint – zum Wertersatz verpflichtet zu sein (BGH, aaO Rn. 28).
26 
bb) Nach diesen allgemeinen Grundsätzen ist das Berufen des Klägers auf fehlenden Musterschutz als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Der Kläger hat vorliegend – anders als der Kläger in dem vom Bundesgerichtshof in dem o.g. Urteil entschiedenen Sachverhalt – tatsächlich eine Restschuldversicherung abgeschlossen, so dass er zumindest über die Variante „KSB“ als verbundenen Vertrag zutreffend belehrt wurde. Dass der Kläger die Basisvariante „KSB“ gewählt hat, geht aus Seite 1 des Darlehensvertrags unter „Finanzierungsplan“ eindeutig hervor. Dort ist angegeben, dass mit dem Darlehen der „Beitrag zum KSB für AU und Tod“ finanziert wird. Soweit die Berufung meint, das Darlehen habe neben dem Kaufpreis auch den Beitrag zum KSB Plus umfasst (Berufungsbegründung S. 12, II 20), so dürfte es sich um ein Missverständnis handeln, zumal in erster Instanz noch moniert wurde, „dass die Klägerschaft die „Anmeldung zum KSB Plus“ tatsächlich überhaupt nicht abgeschlossen habe (Replik S. 37, I 287). Aus den Ausführungen unter „KSB/KSB Plus“ auf der 1. Seite des Darlehensvertrages geht jedenfalls hervor, dass der Darlehensnehmer bei Anmeldung zur Basisvariante KSB „gegen die Risiken Tod und Arbeitsunfähigkeit (AU)“ abgesichert wird. Für die folgenden Ausführungen ist jedoch unerheblich, für welche Varianten sich der Kläger entschieden hat. Eine Restschuldversicherung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als mit dem Darlehensvertrag verbundener Vertrag im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB einzustufen, wenn – wie vorliegend – das Darlehen teilweise seiner Finanzierung dient und insoweit zweckgebunden ist, so dass dem Kläger die freie Verfügung über den Teil der Kreditsumme, welcher der Finanzierung der Prämie dient, genommen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19 –, juris Rn. 8; anders die vom Kläger noch in erster Instanz geäußerte Ansicht, Replik S. 30, I 273). Bei den von der Beklagten angebotenen Kreditschutzbriefen KSB und KSB Plus handelt es sich um gleichartige Restschuldversicherungen mit gerichtsbekannt größtenteils identischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass in der Basisvariante „KSB“ nur die Risiken Arbeitsunfähigkeit und Tod versichert sind, während der „KSB Plus“ zusätzlich im Falle der unverschuldeten Arbeitslosigkeit eingreift. Wenn der Darlehensnehmer die Absicherung seiner Restschuldverpflichtung wünscht, kann er sich entweder für die Basisvariante oder den KSB Plus entscheiden, nicht jedoch für beide. Der Kläger hat im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Anmeldung zum KSB und nicht zum KSB Plus gewählt. Ihm war daher bekannt, dass er eine Restschuldversicherung abgeschlossen hatte und welche der beiden Varianten für ihn zutraf. Zudem hat sich der Kläger erst im Prozess darauf berufen, es sei gar kein „KSB Plus“ abgeschlossen worden (Replik S. 37, I 287). Vorgerichtlich hat er lediglich allgemein mögliche Fehler im Zusammenhang mit verbundenen und zusammenhängenden Verträgen moniert (vorgerichtliches Anwaltsschreiben vom 4. Dezember 2019, S. 15, Anlage K4). Bereits aus dem vorgerichtlichen Anwaltsschreiben (K4, dort S. 21) und aus seinen Anträgen im Prozess wird zudem deutlich, dass der Kläger mit dem Widerruf erreichen möchte, das Fahrzeug nach längerer Nutzung zurückgeben zu können, ohne Ersatz für die Wertminderung des Fahrzeugs leisten zu müssen. In ihrer Gesamtschau rechtfertigen diese Umstände die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers.
27 
b) Die Beklagte hat – den unter a) erörterten Punkt der Belehrung über den „KSB/KSB Plus“ ausgeklammert – jedenfalls im Übrigen das gesetzliche Muster benutzt und die einschlägigen Gestaltungshinweise zutreffend umgesetzt, wie der Senat umfassend geprüft hat.
28 
aa) Die in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene Widerrufsinformation entspricht dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB. In den fortlaufend paginierten und dem Kläger zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen wird er auf Seite 5 deutlich auf das ihm nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht hingewiesen. Die Widerrufsinformation ist durch die Überschrift "Widerrufsinformation" und weitere – in Fettdruck gehaltene – Zwischenüberschriften hervorgehoben und deutlich gestaltet. Sie entspricht dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB. Die vorgenommenen Abweichungen hinsichtlich Format und Schriftgröße sind zulässig (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB). Dies gilt – die Benennung der Restschuldversicherung als verbundener Vertrag mit der Bezeichnung „KSB/KSB Plus“ ausgeklammert – auch für die Anwendung der Gestaltungshinweise 2, 2a, 5, 5a, 5b, 5c, 5f und 5g. Dass es sich bei dem Darlehensvertrag und dem Kaufvertrag um verbundene Verträge nach § 358 BGB gehandelt hat, hat die Beklagte in der Widerrufsinformation durchgängig genau bezeichnet, so dass der Klammerzusatz in Gestaltungshinweis 2a nach dem zweiten Sternchenhinweis in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB entbehrlich war (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 –, juris Rn. 16 f.). Gleiches gilt für die Belehrung über die vom Kläger abgeschlossene Ratenschutzversicherung KSB, die ebenfalls als mit dem Darlehensvertrag verbundener Vertrag einzustufen ist, wobei vorliegend wie gezeigt offenbleiben kann, ob die Bezeichnung als „KSB/KSB Plus“ den Musterschutz ausschließt (vgl. die Ausführungen unter 2 a) bb)).
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bb) Die Gesetzlichkeitsfiktion scheitert nicht an der Angabe eines falschen Tageszinses.
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Denn die Beklagte durfte den im Fall des Widerrufs pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag auf der Grundlage einer Tageszählmethode errechnen, die jeden Monat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Tagen zählt. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB macht für die Umrechnung von Jahreszinsen keine Vorgaben. Die Beklagte durfte daher diese in der Bundesrepublik Deutschland für Bankkredite übliche Methode anwenden (BGH, Urteil vom 4. Juli 2017 – XI ZR 741/16 –, juris Rn. 23). Auf dieser Grundlage ist der Tageszins mit 0,30 EUR rechnerisch richtig angegeben.
31 
c) Auch der so genannte „Kaskadenverweis“ auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 EGBGB, den die Beklagte – den Vorgaben des Musters folgend – verwendet hat, ändert am Anlaufen der Widerrufsfrist nichts. Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion auf eine dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen gesetzlichen Muster entsprechende Widerrufsinformation steht nämlich das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020 (C-66/19, NJW 2020, 1423 - Kreissparkasse Saarlouis) nicht entgegen, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, auf diese Weise werde nicht im Sinne des Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) "in klarer, prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts" informiert. Wie der Bundesgerichtshof bereits mit Beschluss vom 31. März 2020 (XI ZR 198/19, WM 2020, 838 und juris) im Einzelnen begründet hat, ist es den nationalen Gerichten verwehrt, sich gegen die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in der vom 13. Juni 2014 bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung (aF) zu stellen. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF ist – ebenso wie in seiner seit 21. März 2016 gültigen Fassung – entgegen der Auffassung des Klägers (Berufungsbegründung S. 30 f., II 38 f.) nicht auslegungsfähig. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Für eine richtlinienkonforme Auslegung ist kein Raum, weil die Auslegung des nationalen Rechts nicht dazu führen darf, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird (BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19 –, juris; BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 –, juris Rn. 19). Dies wäre hier entgegen der Auffassung der Berufung der Fall. Eine Auslegung gegen den Wortlaut ist nicht möglich. Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, juris) stuft den Kaskadenverweis im Hinblick auf das genannte EuGH-Urteil nur für den Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge und nur für den Fall, dass eine Gesetzlichkeitsfiktion ausscheidet, nicht mehr als „klar und verständlich“ im Sinne des § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 EGBGB ein; im Übrigen hält er jedoch an seiner bisherigen Auffassung fest (BGH aaO Rn. 13 ff., insb. Rn. 16 und 17).
32 
d) Unerheblich ist, dass sich in den Darlehensbedingungen zur Ziffer 6a unter der Überschrift „Wertverlust“ eine zusätzliche Erläuterung zur Wertersatzpflicht findet. Dort heißt es im Wortlaut abweichend von der in der Widerrufsinformation enthaltenen Passage zum Wertersatz: „Der Darlehensnehmer hat im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeugs entstandene Wertminderung (z.B. Wertverlust aufgrund der Zulassung eines PKW) zu ersetzen.“ Selbst wenn es den von der Berufung (Berufungsbegründung S. 26 ff., II 34ff.) insinuierten Widerspruch zwischen Widerrufsinformation (nach Ansicht der Berufung: Zulassung des Pkw zur Prüfung erlaubt) und Bedingungen (nach Ansicht der Berufung: Zulassung des Pkw führt zur Wertersatzpflicht) gäbe (dagegen mit zutreffender Begründung OLG Stuttgart, Urteil vom 26. November 2019 – 6 U 50/19 –, juris Rn. 59), wird eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen – unterstellt – inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 443/16 –, juris Rn. 25).
33 
e) Da die gesetzlich angeordnete Gesetzlichkeitsfiktion greift, kommt es auf weitere Angriffe gegen den Inhalt der Widerrufsinformation nicht an. Auf entsprechenden erstinstanzlichen Vortrag – etwa zu fehlerhaften Angaben zum Beginn der Widerrufsfrist oder zur Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers (Replik S. 31 ff., I 275 ff.) – kommt die Berufung zu Recht nicht mehr zurück.
34 
2. Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Beklagte – wie vom Senat umfassend geprüft – sämtliche gemäß § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EGBGB erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt.
35 
Dabei kann auch auf die Angaben im Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ (Anlage B6, im Folgenden nur: ESM) zurückgegriffen werden. Denn dem Kläger sind ausweislich seiner unterschriftlichen Bestätigung auf Seite 5 des Darlehensantrages (Anlage B4) und der vorgelegten Unterlagen teilweise (nämlich jeweils innerhalb der einzelnen Dokumente) fortlaufend paginierte Vertragsunterlagen, die neben dem Darlehensantrag auch das das ausgefüllte ESM ausgehändigt worden. Dass nicht sämtliche Unterlagen durchgehend und fortlaufend paginiert waren, ist unschädlich. Denn auch mit dem Hinweis auf Seite 1 des Darlehensantrags auf die zu beachtenden Dokumente („Hinweis: Für den Vertrag gelten weiter die aufgeführten Darlehensbedingungen. Auch die ausgehändigten Merkblätter sowie die Versicherungsbedingungen des KSB/KSB Plus sind zu beachten“), deren Übergabe, die unterschriftliche Bestätigung des Erhalts durch den Kläger, das identische Druckdatum auf jeder Seite („06.12.2016“), die jeweils namentliche Nennung des Klägers (mit dem Namen „U. M.“) an der Querseite und die einheitliche Vorgangsnummer unten rechts auf jeder Seite („…“) hat die Beklagte klar und prägnant auf die vorgenannten Unterlagen verwiesen. Die zur Wahrung der Schriftform des § 492 Abs. 2 BGB erforderliche Urkundeneinheit zwischen dem ESM und den übrigen Vertragsunterlagen ist ebenfalls durch die oben genannten Umstände hergestellt worden (ebenso zu dieser Vertragskonstellation OLG Stuttgart, Urteil vom 26. November 2019 – 6 U 50/19 –, juris Rn. 46, und OLG Braunschweig, Urteil vom 8. Juli 2020 – 11 U 101/19 –, juris Rn. 79; vgl. zur fortlaufenden Paginierung BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, juris Rn. 35 mwN ).Hierdurch hat die Beklagte zugleich zum Ausdruck gebracht, mittels der Standardinformationen nicht nur vorvertragliche, sondern auch vertragliche Informationspflichten erfüllen zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1, Rn. 51).
36 
a) Die Beklagte hat gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB hinreichend über die Art des Darlehens informiert. Jedenfalls die in der Form des ESM nach Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB zu dem Punkt "Kreditart" gemachten Angaben genügen den gesetzlichen Anforderungen. Aus ihnen geht ebenso wie aus Seite 1 des Darlehensantrags mit seinen Angaben zu Anzahl und Höhe der Raten samt um 90 Grad gedrehtem Hinweis „Rückzahlung – Annuitätendarlehen“ hervor, dass es sich um ein befristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung handelt (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 123 und BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1 Rn. 51).
37 
b) Die Beklagte hat gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB – entgegen der Ansicht der Berufung (Berufungsbegründung, dort S. 8 ff. = II 16 ff.) – hinreichend über die Auszahlungsbedingungen unterrichtet.
38 
(1) Die erforderlichen Angaben finden sich zum einen auf Seite 5 des Darlehensantrags („Bei Annahme des Darlehensantrages soll das Darlehen an die Verkäufer-/Vermittler-/Reparaturfirma überwiesen werden.“). Diese Information wird ergänzt durch die im – wie gezeigt wirksam in den Vertrag einbezogenen – ESM mitgeteilten „Bedingungen für die Inanspruchnahme“. Dort erfährt der Darlehensnehmer zusätzlich, dass die für die freiwillige Kreditversicherung vorgesehene Prämie an den Versicherer ausgezahlt wird.
39 
(2) Entgegen der Auffassung der Berufung (Berufungsbegründung S. 8 ff., II 16 ff.) ist die Angabe der Auszahlungsbedingungen nicht deshalb zu beanstanden, weil sich in den Allgemeinen Darlehensbedingungen (Darlehensvertrag S. 3 aE) die folgende Klausel zu zusätzlichen Auszahlungsbedingungen findet:
40 
„Die Bank ist berechtigt, nach Vertragsschluss unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Belange des Darlehensnehmers zusätzliche Auszahlungsvoraussetzungen für das Darlehen zu bestimmen. Die Bank wird dem Darlehensnehmer diese Voraussetzungen unverzüglich nach Annahme des Darlehensantrags mitteilen. Erfüllt der Darlehensnehmer die Auszahlungsvoraussetzungen nicht, ist die Bank berechtigt aber nicht verpflichtet, das Darlehen mit sofortiger Wirkung zu kündigen.“
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Selbst wenn diese Klausel (ganz oder teilweise) unwirksam sein sollte, ist die Pflichtangabe gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB zutreffend erteilt. Nach dem Regelungskonzept des deutschen Gesetzgebers ist für das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 1 BGB iVm § 355 Abs. 2, § 356b BGB grundsätzlich maßgebend, dass die vorgeschriebenen Angaben nach § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB vollständig und inhaltlich zutreffend erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 –, juris Rn. 26 zur insoweit identischen älteren Fassung der Normen). Gegenstand der Pflichtangabe ist der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen und in der Urkunde niederzulegenden Vereinbarung. Diese Angabe ist hier vollständig und richtig erteilt worden. Die Parteien haben die Auszahlung an den Verkäufer nach Lieferung des finanzierten Fahrzeugs und Stellung der Sicherheiten vereinbart und durch die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag zusätzlich eine Abrede über das Recht der Beklagten zur nachträglichen Abänderung der Auszahlungsbedingungen. Die Frage, ob diese Abrede nach dem Recht der allgemeinen Vertragsbedingungen wirksam ist oder nicht, ändert an der korrekten Dokumentation der Abrede nichts. Die entsprechende Sanktion für den Fall der Unwirksamkeit richtet sich allein nach § 306 BGB.
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c) Die Beklagte hat den Kläger zutreffend über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung informiert, Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB. Die Beklagte hat in Ziffer 5 der Darlehensbedingungen insoweit das Gesetz (§ 288 Abs. 1 BGB) und damit die "zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags geltende Regelung" (so Art. 10 Abs. 2 Buchst. l Verbraucherkreditrichtlinie) richtig wiedergegeben. Einer Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes bedarf es wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinssatzes bei Vertragsschluss nicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1 Rn. 52 mwN).
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d) Die Beklagte hat gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB hinreichend über den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan nach § 492 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs belehrt. In Ziffer 4 der Bedingungen ist vermerkt, dass der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit unentgeltlich einen Tilgungsplan verlangen kann. Dass diese Pflichtangabe unter der Überschrift „Besondere Gebühren und Leistungen“ steht, schadet nicht. Sie steht am Ende eines längeren Absatzes und damit nicht in hervorgehobener Position, allerdings ist dies für eine klare und verständliche Angabe auch nicht Voraussetzung. Soweit die Berufung meint, es handele sich bei dem Tilgungsplan nicht um eine „besondere Leistung“, ist dies unzutreffend. Da die Hauptpflicht der Darlehensgeberin die Zurverfügungstellung der Darlehensvaluta ist, handelt es sich aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers bei der Zurverfügungstellung eines Tilgungsplans um eine „besondere“ Leistung. Soweit die Berufung ausführt, ein Verbraucher werde einen Hinweis auf den Anspruch auf einen Tilgungsplan an dieser Stelle des Vertrages unter der Überschrift „Besondere Gebühren und Leistungen“ nicht erwarten (Berufungsbegründung S. 14, II 22), so werden die meisten Verbraucher diesen Anspruch nicht kennen und eine solche Angabe deshalb überhaupt nicht „erwarten“. Es ist ihnen jedoch zuzumuten, sich Kenntnis von ihren Rechten und Pflichten durch Lektüre der gesamten Vertragsbedingungen zu verschaffen.
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e) Gemäß § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gehört zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, auch das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, bedurfte es dessen hier bei dem befristeten Darlehensvertrag aber nicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1 und juris Rn. 26 ff.). Denn der Darlehensnehmer ist – mit dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB vereinbar – nicht über sämtliche Kündigungsmöglichkeiten, die das nationale Recht kennt, zu informieren, sondern die Informationspflicht des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB ist hinsichtlich der dem Darlehensnehmer zustehenden Kündigungsrechte nach Systematik, Sinn und Zweck auf das nur bei unbefristeten Darlehensverträgen anwendbare verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht aus § 500 Abs. 1 BGB beschränkt. Eines Hinweises auf das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB bedurfte es – entgegen der Ansicht der Berufung (Berufungsbegründung S. 16, II 24) – nicht. Dem schließt sich der Senat an. Vor diesem Hintergrund dringt die Berufung auch mit ihrem Einwand, es fehlten Angaben über die Form einer Kündigungserklärung des Darlehensgebers nach § 492 Abs. 5 BGB, nicht durch (Berufungsbegründung S. 15, II 23).Denn nach dem Regelungskonzept des deutschen Gesetzgebers ist für das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 1 BGB iVm §§ 355 Abs. 2, 356b BGB zwar grundsätzlich maßgebend, dass die vorgeschriebenen Angaben nach § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB vollständig und inhaltlich zutreffend erteilt werden (BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 –, juris Rn. 26). Allerdings handelt es sich bei dem "einzuhaltende[n] Verfahren bei der Kündigung des Vertrags" – wie gezeigt – bei dem hier vorliegenden befristeten Vertrag gerade nicht um eine Pflichtangabe, sodass in diesem Zusammenhang potentiell unrichtige oder fehlende Angaben keine Auswirkung auf das Auslösen des Beginns der Widerrufsfrist haben können.
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f) Entgegen der Auffassung der Berufung (Berufungsbegründung S. 17 ff., II 25 ff.) hat die Beklagte auch die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß erteilt (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1, Rn. 5, 40 ff.). Die Darstellung von finanzmathematischen Formeln zur Berechnung der Höhe der Entschädigung hätte angesichts ihrer Komplexität auch für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, auf den abzustellen ist, keinen erhöhten Informationswert (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, juris Rn. 19). Entgegen der Ansicht der Berufung (Berufungsbegründung S. 18 oben, II 26) hat die Beklagte unter Ziffer 2c) der Darlehensbedingungen konkret ausgeführt, dass sie zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die „Aktiv-Passiv-Methode“ anwendet.
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Selbst wenn die Klausel – wie Berufung und die von ihr zitierten Urteile meinen – fehlerhaft wäre, verliert der Darlehensgeber (lediglich) den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 BGB; das Anlaufen der Widerrufsfrist bleibt davon jedoch unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 –, juris), sodass eine Revisionszulassung nicht angezeigt ist.
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g) Auf die weiteren erstinstanzlich erhobenen Rügen (vgl. Klageschrift S. 10 ff., I 23 ff.) kommt die Berufung zu Recht nicht zurück.
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3. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO, bis der Gerichtshof der Europäischen Union über die Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg (– 2 O 315/19 – vom 7. Januar 2020 sowie – 2 O 328/19 –, – 2 O 280/19 – und – 2 O 334/19 – vom 5. März 2020) entschieden hat, kommt nicht in Betracht. Die aufgeworfenen Fragen sind allesamt geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, juris Rn. 12 ff.). Das gilt auch hinsichtlich des erneuten Vorabentscheidungsgesuchs des Einzelrichters des Landgerichts Ravensburg (Beschluss vom 7. Juli 2020 – 2 O 84/20 –, juris) sowie im Hinblick auf die vom Kläger aufgeworfenen Fragen (inbs. Berufungsbegründung S. 36 f.; II 44 f.), weil die von dem Einzelrichter in seinem Vorabentscheidungsgesuch aufgeworfenen sowie die von Berufungsseite formulierten Fragen angesichts des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditrichtlinie derart offenkundig zu beantworten sind, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (so BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 – XI ZR 387/19 –, juris).
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4. Da der Widerruf unwirksam ist und damit der Klageantrag Ziffer 1 keinen Erfolg hat, ist über die unechten Hilfsanträge Ziffern 2 bis 4 sowie über die Hilfswiderklage mangels Bedingungseintritts nicht zu entscheiden.

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