Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (3. Senat für Familiensachen) - 11 UF 138/11


Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mainz vom 22. Dezember 2010 aufgehoben.

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.820,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 20. Februar 2009 die am 1. September 2000 in …[X] geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat es das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt, nachdem die Beteiligten in der Anhörung über die Scheidung eine Vereinbarung geschlossen haben, nach der sie wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichten. Das Amtsgericht hat auf Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit der Vereinbarung hingewiesen und Auskünfte bei den Versorgungsträgern eingeholt. Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2010 hat die Antragsgegnerin die Rücknahme des Antrags auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs erklärt.

2

Der Antragsgegner war bei der Eheschließung und ist auch heute noch Beamter (Staatsanwalt). Die Antragstellerin war vor Eheschließung ausgebildete Diplom-Pädagogin und bis August 2000 berufstätig. Zum Zeitpunkt der Eheschließung war sie Lehramtsstudentin. Am … 2003 wurde die gemeinsame Tochter der Beteiligten ...[A] geboren. Die Antragstellerin beendete ihr Studium erfolgreich und war in der der Zeit von November 2004 bis 31. Oktober 2006 Referendarin für das Lehramt. Sie trat am 1. November 2006 in die Berufstätigkeit ein (Berufsschullehrerin)und ist seit dem 1. November 2008 auf Lebenszeit verbeamtet. Im Oktober 2008 hat sie aus einer neuen Verbindung ein Kind geboren.

3

Die Beteiligten haben sich im Juli 2005 getrennt. Am 1. November 2005 ist der Antragsgegner aus der früheren gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen. Der Scheidungsantrag wurde dem Antragsgegner am 8. Mai 2008 zugestellt.

4

Der Antragsgegner zahlte Kindes- und bis zum 1. November 2006 Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 780,00 Euro. Die Beteiligten haben mit notarieller Urkunde vom 30. März 2007 den Zugewinnausgleich in der Weise geregelt, dass an die Antragstellerin 41.000,00 Euro gezahlt wurden.

5

Das Amtsgericht hat in der abgetrennten Folgesache Versorgungsausgleich mit dem angegriffenen Beschluss den Versorgungsausgleich durchgeführt und die in der Ehezeit (1. September 2000 bis 30. April 2008) erworbenen Anteile von Anrechten der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Oberfinanzdirektion … und des Antragsgegners bei der Oberfinanzdirektion … jeweils zur Hälfte geteilt. Es hat die von den Beteiligten getroffene Vereinbarung zum Versorgungsausgleich als nicht wirksam angesehen. Die Vereinbarung sei nicht formell wirksam. Sie sei auch nicht nachvollziehbar, da nicht vorgetragen sei, ob und inwieweit für die relativ hohen Ausgleichsbeträge eine Kompensation geschaffen worden sei.

6

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er die Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und den Ausspruch des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs begehrt. Er macht geltend, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei aufgrund der Rollenverteilung während langer Zeiten der Ehe grob unbillig. Die eheliche Lebens- und Haushaltsführung sei im Wesentlichen aus seinem Einkommen bestritten worden. Er habe der Antragstellerin das Studium finanziert und ihr die Möglichkeit zu einem eigenen und sicheren Einkommenserwerb eröffnet. Bei Durchführung des Versorgungsausgleich würde er mehrfach benachteiligt, da er zum einen das Einkommen der Antragstellerin während der Studienzeit sichergestellt habe, zum anderen das gerade durch dieses Studium aufgetretene Versorgungsdefizit der Antragstellerin ausgeglichen werde und er obendrein an den wirtschaftlichen Früchten des Studiums nicht mehr teilhaben könne. Die Antragstellerin sei aufgrund ihrer Verbeamtung auf Lebenszeit in ausreichendem Maße selbst für das Alter gesichert und habe die sichere Möglichkeit, eine ausreichende und gleichwertige Alterssicherung aufzubauen. Die Beteiligten hätten den streitgegenständlichen Verzicht nicht spontan und ungeplant erklärt, sondern sich darüber untereinander bereits mindestens einen Monat vor der gerichtlichen Verhandlung verständigt. Durch die Vereinbarung über den Zugewinnausgleich sei die Antragstellerin wirtschaftlich zusätzlich gestärkt worden.

7

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie macht unwidersprochen geltend, sie hätten am 1. September 2000 geheiratet, weil der Steuervorteil für den Antragsgegner aufgrund dessen, dass sie Studentin gewesen sei, sehr groß gewesen sei. Es wäre ihr ohne weiteres möglich gewesen, eine neue Stelle neben dem Studium zu finden. Dass sie dies nicht getan habe, habe auf gemeinsamer Entscheidung der Beteiligten beruht. Sie habe überwiegend die Haushaltsführung und die Betreuung des Kindes übernommen. Sie habe aufgrund der Betreuung des Kindes nur eine 3/4-Stelle ausüben können, was sich auf den Ausbau ihrer Alterssicherung auswirke.

II.

8

Auf den abgetrennten Versorgungsausgleich ist gemäß §48 Abs. 3 VersAusglG, Art. 111 Abs. 5 FGG-RG das seit dem 1. September 2009 geltende neue Recht anzuwenden.

9

Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff., 228 FamFG zulässig und begründet. Die Beteiligten haben durch die Vereinbarung vom 20. Februar 2009 den Versorgungsausgleich wirksam ausgeschlossen.

10

Der Senat entscheidet über das Rechtsmittel ohne erneute mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten gegen diese Verfahrensweise keine Einwände erhoben haben und eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist.

11

Nach § 6 Abs 1 VersAusglG können die Ehegatten Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich schließen. Sie können ihn insbesondere ganz ausschließen, § 6 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG. Nach § 6 Abs. 2 VersAusglG ist das Familiengericht grundsätzlich an die Vereinbarung der Ehegatten gebunden. Dies gilt allerdings nur dann, wenn es keine Wirksamkeits- oder Durchsetzungshindernisse für die Vereinbarung gibt. Das Familiengericht ist daher verpflichtet, die Vereinbarung dahingehend zu überprüfen. Hierbei prüft es die formal-rechtlichen Anforderungen an eine Vereinbarung nach § 7 VersAusglG sowie die materiell-rechtlichen Anforderungen (Inhalts- und Ausübungskontrolle) nach § 8 VersAusglG.

12

Die Vereinbarung der Beteiligten vom 20. Februar 2009 ist formwirksam. Die Vereinbarung ist durch Aufnahme der Erklärungen in einem nach §§ 160 ff. ZPO errichteten Protokoll erfolgt, § 7 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 127 a ZPO. Beide Beteiligten waren durch ihre Anwälte vertreten.

13

Die Antragstellerin ist an die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich vom 20. Februar 2009 gebunden. Ihre Erklärung vom 4. Oktober 2010, sie nehme den Antrag auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs zurück, ist unbeachtlich. Die am 20. Februar 2009 geschlossene Vereinbarung war zwar zunächst schwebend unwirksam, da sie der familiengerichtlichen Genehmigung bedurfte, § 1587 o BGB a.F.. Nach § 1587 o BGB a.F. kann eine Vereinbarung nicht einseitig widerrufen oder ein Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung der Verzichtserklärung nicht einseitig zurückgenommen werden, da über die Genehmigung der Vereinbarung nach § 1587 o Abs. 1 BGB von Amts wegen zu entscheiden ist (vgl. BGH NJW 1987, 1770; KG FamRZ 2000, 1157 f.). Unter Geltung des hier anwendbaren § 6 Abs. 2 VersAusglG bedurfte die Vereinbarung der familiengerichtlichen Genehmigung nicht mehr. Eine Anfechtung ihrer im Termin vom 20. Februar 2009 abgegebenen Erklärung hat die Antragstellerin nicht erklärt; Anfechtungsgründe (§§ 119, 123 BGB) sind davon abgesehen nicht dargelegt und nicht ersichtlich.

14

Die streitgegenständliche Vereinbarung hält der Inhalts- und Ausübungskontrolle nach § 8 Abs. 1 VersAusglG stand.

15

Die Bestimmung tritt an die Stelle des § 1587 o Abs. 2 Satz 4 BGB a.F.. Danach war einer einvernehmlich getroffenen Regelung des Versorgungsausgleichs die familiengerichtliche Genehmigung nur zu versagen, wenn unter Einbeziehung der Unterhaltsregelungen und der Vermögensauseinandersetzung offensichtlich die vereinbarte Leistung nicht zu einer dem Ziel des Versorgungsausgleichs entsprechenden Sicherung des Berechtigten geeignet ist oder zu keinem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt.

16

Nach § 8 Abs. 1 VersAusglG ist die Vereinbarung vom Gericht einer Inhaltskontrolle und einer Ausübungskontrolle zu unterziehen, die sich an den hierfür mit Bezug auf Eheverträge und Scheidungsfolgenvereinbarungen geltenden Grundsätzen orientiert (vgl. Palandt-Brudermüller, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., 2010, § 8 VersAusglG Rn. 4).

17

Bei der Wirksamkeitskontrolle ist zunächst zu prüfen, ob die Vereinbarung im Gesamtzusammenhang schon im Zeitpunkt des Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung mit der Folge zu versagen ist, dass die gesetzlichen Regelungen an ihre Stelle treten, § 138 BGB. Bei der Gesamtwürdigung sind die zum Zeitpunkt der Vereinbarung bestehenden individuellen Verhältnisse (vor allem die Einkommens- und Vermögensverhältnisse) sowie die von den Ehegatten verfolgten Zwecke und die jeweiligen Beweggründe zu berücksichtigen (BGH NJW 2006, 2231).

18

Dabei hat das Familiengericht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2004, 601) in Betracht zu ziehen, inwieweit die vertraglichen Abreden unmittelbar in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreifen. Zu diesem gehörten in erster Linie der Betreuungsunterhalt, dann der Krankheitsunterhalt und der Altersunterhalt. Der Versorgungsausgleich rangiert auf derselben Stufe wie letzterer. Nach § 138 BGB ist der Ausschluss des Versorgungsausgleichs dann unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des schon bei Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint (BGH FamRZ 2008, 2011). Auch ein ohne adäquate Kompensation vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nach § 138 BGB nicht stets nichtig. Es kommt vielmehr auf die Gesamtumstände an, also darauf, ob der kompensationslose Verzicht für einen Ehegatten eine unzumutbare Lastenverteilung ergibt (BGH FamRZ 2005, 185). Die Verwerflichkeit einer Vereinbarung kann sich auch aus der Ausnutzung einer Notlage eines Ehegatten zum Vertragsschluss ergeben. Diese erwächst namentlich aus einer ungewollten Schwangerschaft, Krankheit, Abbruch einer Ausbildung, Arbeitslosigkeit oder Überrumpelung bei der Eheschließung (vgl. Eichenhöfer, in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 8 VersAusglG Rdnrn. 10-14; Beck'scher Online-Kommentar, Hrsg. Bamberger/Roth, Stand 01.08.2010, § 8 Rdn. 3-10).

19

Nach diesen Grundsätzen ist der Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch die Beteiligten wirksam. Eine offenkundig einseitige Lastenverteilung, die der Antragstellerin nicht zumutbar wäre, liegt hier nicht vor.

20

Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, welche Versorgungsanrechte die Beteiligten innerhalb der Ehezeit erworben haben. Diese Anrechte hat das Amtsgericht in seiner Entscheidung zutreffend festgestellt. Auf dessen Berechnung nimmt der Senat Bezug. Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs wäre demnach der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin im Ergebnis in Höhe eines kapitalisierten Betrags von 21.561,06 Euro ausgleichspflichtig. Es handelt sich somit um einen nicht unerheblichen Ausgleichsanspruch, der gegen einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs sprechen könnte.

21

Nach einer Gesamtabwägung aller Umstände ist diese Lastenverteilung jedoch nicht als verwerflich anzusehen:

22

Die Ehe der Beteiligten war nicht lang. Die Eheleute haben ca. fünf Jahre zusammengelebt und die Ehezeit betrug ca. 7 1/2 Jahre (1. September 2000 bis 30. April 2008). Für einen verhältnismäßig langen Zeitraum der Ehezeit war die Antragstellerin nicht berufstätig. Sie hat studiert, während der Antragsgegner das Familieneinkommen erwirtschaftet hat. Die Aufnahme des (Zweit)Studiums unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ist einvernehmlich erfolgt. Aus dieser ehelichen Rollenverteilung sind beiden Beteiligten Vorteile zugeflossen. Der Antragsteller hatte steuerliche Vorteile. Die Antragstellerin hat nach ihrem (Zweit)Studium ihr Lehramtsreferendariat erfolgreich absolviert und wurde ein halbes Jahr nach Ablauf der Ehezeit verbeamtet. Dass sie ohne ihr (Zweit)Studium eine gleich gute und sichere Möglichkeit hätte, eine Altersversorgung aufzubauen, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen und ist aus der Schilderung ihrer Erwerbsbiographie nicht erkennbar.

23

Der wechselseitige Verzicht der Beteiligten auf Durchführung des Versorgungsausgleichs ist nicht deswegen mit dem Gebot der ehelichen Solidarität unvereinbar, weil aus der Ehe ein Kind hervorgegangen ist und die Antragstellerin während der Ehezeit und noch heute die Betreuung des Kindes übernommen hat. Der Senat verkennt nicht, dass die Antragstellerin die Betreuung des Kindes während ihres Studiums und ihres Referendariats bewältigt hat und damit einer doppelten Belastung ausgesetzt war. Die der Antragstellerin dadurch entstandenen Nachteile werden jedoch durch die aus der Ehe erzielten Vorteile kompensiert und belasten die Antragstellerin nicht einseitig. Die Antragstellerin wurde aufgrund ihrer Zweitausbildung und ihrer Verbeamtung auf Lebenszeit in die Lage versetzt, eine hinreichende und sichere Altersversorgung aufzubauen. An dieser wird der Antragsgegner nicht mehr partizipieren.

24

Dass die Antragstellerin derzeit und auf absehbare Zeit nur eine 3/4-Stelle ausüben kann, beruht im Wesentlichen auf der Geburt des weiteren Kindes im Oktober 2008. Die Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs vom 20. Februar 2009 wurde unmittelbar im Zusammenhang mit der Ehescheidung getroffen. Das zweite Kind der Antragstellerin aus der neuen Verbindung war geboren, die Antragstellerin arbeitete nicht und bezog Elterngeld. Mit der Geburt des weiteren Kindes und den damit verbundenen Auswirkungen auf die - durch die Ausbildung während der Ehezeit ermöglichte - Erwerbstätigkeit der Antragstellerin als verbeamtete Lehrerin lag auf Seiten der Antragstellerin ein Motiv für eine Vereinbarung des Verzichts auf den Versorgungsausgleich vor. Vor dem Hintergrund, dass die Beteiligten bereits im Jahre 2007 eine Scheidungsvereinbarung zur Vermögensauseinandersetzung getroffen haben, ist davon auszugehen, dass sie mit der Scheidung finanziell und damit auch hinsichtlich der Versorgungsansprüche getrennte Wege gehen wollten.

25

Die Antragstellerin war bei Abschluss der Vereinbarung anwaltlich beraten. Sie hat selbst mit ausführlicher Begründung beantragt, den Ausschluss der Vereinbarung familiengerichtlich zu genehmigen (Bl. 18 der Scheidungsakte). Angesichts ihrer Aus- und Vorbildung bestehen keine Zweifel daran, dass sie die Folgen der Vereinbarung nicht überblicken konnte. Sie hat vielmehr selbst auf die Möglichkeit hingewiesen, eine ausreichende und sichere Altersversorgung aufzubauen. Der Antragstellerin war auch bewusst, dass die gemeinsame Tochter der Beteiligten, die bei Abschluss der Vereinbarung 5 1/2 Jahre alt war, noch länger betreuungsbedürftig sein würde und dass sie aufgrund der Geburt des zweiten Kindes ihre Berufstätigkeit weiter einschränken würde. Anhaltspunkte für eine ungleiche Verhandlungsposition und damit einer Disparität bei Abschluss der Vereinbarung sind nicht erkennbar. Auch eine intellektuelle Unterlegenheit der Antragstellerin bei Abschluss der Vereinbarung, eine wirtschaftliche Abhängigkeit oder eine Druckausübung durch den Antragsgegner ist nicht dargelegt und nicht erkennbar.

26

Eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich kann nach § 138 BGB auch dann unwirksam sein, wenn sie voraussichtlich dazu führt, individuelle Vorteile zum Nachteil der Grundsicherung nach SGB XII zu erzielen. Es ist zu prüfen, ob eine Vereinbarung nach ihrem Gesamtcharakter dafür geeignet ist, dass die Ehegatten bewusst oder unbewusst Verpflichtungen, die auf der Ehe beruhen, objektiv zu Lasten der Sozialhilfe (im Alter: Grundsicherung) regeln (vgl. Eichenhöfer, in Münchener Kommentar zum BGB, § 8 VersAusglG Rdnrn. 15, 16). Das ist dann der Fall, wenn ein Ehegatte künftig auf die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung angewiesen ist, dies aber ohne die Vereinbarung nicht der Fall wäre. Das kann hier nicht angenommen werden. Die am 2. April 1971 geborene Antragstellerin ist weit von dem Erreichen der Regelaltersgrenze weit entfernt und kann als Lebenszeitbeamtin unstreitig eine hinreichende und sichere Altersversorgung aufbauen.

27

Hält die Vereinbarung der Beteiligten der Inhaltskontrolle stand, ist im Rahmen der Ausübungskontrolle am Maßstab des § 242 BGB zu prüfen, ob infolge der Vereinbarung etwa ein Ehegatte auf Grund einvernehmlicher Änderung der gemeinsamen Lebensumstände über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint (BGH FamRZ 2005, 185). Das ist nicht der Fall.

28

Nach alledem haben die Beteiligten den Versorgungsausgleich wirksam ausgeschlossen. Es ist festzustellen, dass ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt wird.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 1 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG.

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