Urteil vom Oberlandesgericht Koblenz (3. Zivilsenat) - 3 U 713/14


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Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz - Einzelrichter - vom 27. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen von Frau ...[A]. Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss des Amtsgerichtes Idar Oberstein vom 22. September 2010 - 10 IN 67/10 - eröffnet.

2

Die Insolvenzschuldnerin (nachfolgend Schuldnerin) betrieb in von der Beklagten angemieteten Räumen eine Apotheke. Vereinbart war ein jeweils am 3. Werktag eines Monats zu zahlender monatlicher Mietzins in Höhe von 1.850,00 €.

3

Die Schuldnerin zahlte die Miete für den Monat September 2009 nicht zum vereinbarten Fälligkeitstermin. Aus diesem Grund suchte die Beklagte die Klägerin am 24. September 2009 persönlich auf. Die Schuldnerin teilte ihr mit, dass es eine Besprechung bei der Kreissparkasse …[Z] geben werde, an der ein Mitarbeiter der Kreissparkasse und der Zeuge ...[B] als Vertreter der Unternehmensberatungsgesellschaft ...[C] GmbH (nachfolgend ...[C] GmbH), die mit der Erstellung eines Sanierungsplan beauftragt war, teilnehmen sollten. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 teilte die ...[C] GmbH der Beklagten in einem Anschreiben mit, dass sie augenblicklich mit der Konsolidierung der finanziellen Situation der Schuldnerin beauftragt sei und andere Gläubiger in diesem Rahmen zu Zugeständnissen bereit seien, wenn auch die Beklagte ihre Zustimmung zu einer Mietminderung um 500,00 € erkläre. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf dieses Bezug genommen (vgl. Anlage K 6).

4

Ein Gespräch fand am 9. Oktober 2009 statt, ohne dass dabei jedoch ein Ergebnis erzielt wurde.

5

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 teilte die ...[C] GmbH den Bevollmächtigten der Beklagten u.a. mit, "bei sich nächst bietender Möglichkeit der Kontodisposition einen Ausgleich, wenn auch lediglich einen Teilausgleich der ausstehenden Mietzahlungen vorzunehmen". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dieses Schreiben Bezug genommen (vgl. Anlage K 9).

6

Die Beklagte hat Betriebskosten für 2009 sowie monatliche Mieten für April bis September 2010 (6 x 1.550,- €) zur Insolvenztabelle angemeldet.

7

Der Kläger hat die von der Schuldnerin geleisteten Zahlungen auf die Miete für den Zeitraum ab September 2009 angefochten.

8

Der Kläger hat vorgetragen,
seit 2009 hätten sich die finanziellen Verhältnisse der Schuldnerin weiter zugespitzt. Es sei zu Mietrückständen gekommen. Der Schuldenstand habe sich im Oktober 2009 auf über 1 Mio. € belaufen. Begründete Aussicht auf frisches Geld und auf eine Besserung der finanziellen Lage der späteren Insolvenzschuldnerin habe nicht bestanden. Die Schuldnerin habe kein Geld gehabt, um die Miete für September 2009 pünktlich zu zahlen. Sie habe daher der Beklagten anlässlich des Gesprächs vom 24. September 2009 ihre Zahlungsschwierigkeiten offenbart.Die Beklagte habe sich anlässlich des Gesprächs vom 9.Oktober 2009 handschriftliche Notizen gemacht, bei der sie ausdrücklich die bestehende Zahlungsunfähigkeit und bevorstehende Insolvenz festgehalten habe (Anlage K 8).Insgesamt habe die Schuldnerin der Beklagten Mietzahlungen für die Monate September 2009 bis März 2010 in Höhe von 11.450,00 € gezahlt. Aufgrund der erklärten Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung sei sie zur Rückzahlung dieses Betrages verpflichtet.

9

Der Kläger hat beantragt,

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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 11.450,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22. September 2010 zu zahlen,

11

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 837,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte hat vorgetragen,
der Kläger habe bereits nicht hinreichend dargelegt, dass die Schuldnerin Zahlungen in der geltend gemachten Höhe an sie geleistet habe. Sie sei davon ausgegangen, dass es sich bei der Nichtzahlung der Septembermiete 2009 um einen kurzfristigen Liquiditätsengpass gehandelt habe. Im Übrigen zeige die Einschaltung einer Beratungsgesellschaft, dass die Schuldnerin von einer positiven Fortführungsprognose ausgegangen sei. Dementsprechend habe sie keine Kenntnis von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt. Ihre handschriftlichen Notizen (Anlage K 9) stammten nicht vom 6. Oktober 2009 und stünden auch nicht in einem Zusammenhang mit dem Schreiben der ...[C] GmbH vom 6. Oktober 2009 und dem am 9. Oktober 2009 geführten Gespräch. Sie habe diese Notizen erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt angefertigt. Abgesehen davon hätten sowohl die Schuldnerin als auch die eingesetzten professionellen Unternehmensberater den zweifelsfreien Eindruck vermittelt, dass die Sanierung bzw. Konsolidierung des Apothekenbetriebes planmäßig erfolgreich ablaufe. Noch bei einem Gespräch am 4. November 2009 habe der Zeuge ...[B] bekundet, dass der Sanierungsplan erfolgreich verlaufe, auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich mit ihr, der Beklagten, abgestimmten temporären Reduzierung der monatlichen Mietbelastung um 300,00 €. Auch in diesem Gespräch sei von einer drohenden Insolvenz keine Rede gewesen. Sowohl der Zeuge ...[B] als auch die Schuldnerin hätten sich ausschließlich positiv und überzeugt hinsichtlich der Konsolidierung des Apothekenbetriebes der Schuldnerin gezeigt.

15

Im Übrigen hat sie sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

16

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 11.450,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22. September 2010 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 837,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Januar 2014 zu zahlen.

17

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

18

Die Beklagte trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor,
eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung der Schuldnerin habe nicht vorgelegen. Bei einem kongruenten Deckungsgeschäft seien erhöhte Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des Benachteiligungsvorsatzes zu stellen. Dieser Darlegungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe nicht substantiiert dargelegt, welche Mietzahlungen die Schuldnerin auf welche Monatsmiete zu welchem Zeitpunkt geleistet habe. Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Schuldnerin ab September 2009 drohend zahlungsunfähig gewesen sei. Aus einem Schreiben der ...[C] GmbH vom 6. Oktober 2009 (Anlage K 6), ergebe sich, dass diese mit der Konsolidierung der finanziellen Gesamtsituation beauftragt gewesen sei. Sie, die Beklagte, habe sich mit der Schuldnerin auf eine vorübergehende reduzierte Miete verständigt. Der Kläger habe nichts hinsichtlich der Zahlungsverpflichtungen gegenüber anderen Gläubigern vorgetragen. Die Schuldnerin habe weitere Apotheken betrieben, ohne dass es zu Mietausfällen und Rückständen gekommen sei. Es sei frühestens mit der Einstellung der Mietzahlungen ab Ende April 2010 von einer Zahlungsunfähigkeit in Form einer Zahlungseinstellung auszugehen. Aus dem Schreiben der Beratungsgesellschaft vom 6. Oktober 2009 sei zu entnehmen, dass weitere Gläubiger, nämlich eine Großhandlung, die Geschäftsbank und weitere Finanzierungsinstitute zu Zugeständnissen bereit gewesen seien. Sie, die Beklagte, habe davon ausgehen dürfen, dass von der Beratungsgesellschaft Sanierungskonzepte bereits umgesetzt worden seien. Ihr sei in Gesprächen und Verhandlungen von dem für die Beratungsgesellschaft tätigen Zeugen ...[B] der Eindruck vermittelt worden, dass das Sanierungskonzept erfolgreich verlaufe. Nach dem Tod der Mutter der Schuldnerin seien persönliche Gründe für das Scheitern des Sanierungskonzepts maßgeblich gewesen. Sie habe zu vorstehenden Punkten Beweis angetreten, denen das Landgericht in verfahrensfehlerhafter Weise nicht nachgegangen sei.

19

Die Beklagte beantragt nunmehr,

20

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

21

hilfsweise,

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das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sacher an das Landgericht zurückzuverweisen.

23

Der Kläger beantragt,

24

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

25

Der Kläger trägt nunmehr vor,
das Landgericht habe zu Recht eine wirksame Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung angenommen. Der Kläger hält das angefochtene Urteil für richtig.

26

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

27

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

28

Das Landgericht hat zu Recht eine wirksame Anfechtung der Rechtshandlung - hier Mietzinszahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in Höhe von 11.400,00 € - angenommen.

29

1) Nach §§ 133 Abs. 1, 143 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

30

Entgegen der Auffassung der Berufung (BB 3, GA 117) hat der Kläger substantiieret dargelegt, dass die Schuldnerin die Mietzahlungen für September und Oktober 2009, in Höhe von jeweils 1.850,00 € und für den Zeitraum von November 2009 bis März 2010 in Höhe von monatlich jeweils 1.550,00 € an die Beklagte, mithin insgesamt 11.400,00 € erbracht hat.

31

Die Beklagte hat mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 30. Oktober 2009 (Anlage K 9) bestätigt, dass die Schuldnerin am 27. Oktober 2009 die säumige Miete für September 2009 gezahlt habe. Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Kopie des Kontoauszugs vom 27 Oktober 2009, die eine Überweisung von 1.850,00 € ausweist (Anlage K 24, GA 66). Die weiteren Kopien der Kontoauszüge vom 30. November 2009 (Anlage K 25, GA 67) und vom 19. April 2010 (Anlage K 26, GA 68) weisen Zahlungen von 1.850,00 € (Anlage K 25, GA 67) und 1.550,00 € (Anlage K 26, GA 68) aus. Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 hat die Beklagte bestätigt, dass sie am 26. Januar 2010 eine Zahlung in Höhe von 1.350,00 € erhalten habe (Anlage K 12).

32

Das Landgericht führt zu Recht aus, dass der Kläger substantiiert Umstände dargelegt habe, die dafür sprechen, dass die Beklagte weitere Mietzinszahlungen von der Schuldnerin erhalten hat. So hat die Beklagte erst die offenen Mieten ab April 2010 zur Insolvenztabelle angemeldet. Dem Schreiben der Bevollmächtigten der Beklagten vom 26. August 2010 (Anlage K 13) ist zu entnehmen, dass die Schuldnerin seit April 2010 jedwede Miete schuldig geblieben sei. Dies spricht dafür, dass die Beklagte neben den Mieten für September und Oktober 2009 in Höhe von jeweils 1.850,00 € auch die Mieten für die Monate November 2009 bis März 2010 in Höhe von jeweils 1.550,00 € erhalten hat.

33

Angesichts dieser vom Kläger urkundlich belegten Nachweise der Mietzinszahlungen wäre es Sache der Beklagten gewesen, darzulegen, dass sie in einem geringeren Umfange von der Schuldnerin Mieten erhalten habe.

34

2) Die Schuldnerin handelte mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handelt mit diesem Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (vgl. Braun-de Bra, Insolvenzordnung, 6. Auflage 2014, § 133 Rn.9; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2013 - 3 U 740/12 - ZinsO 2013, 937 ff., Juris Rn.8, hierzu Harbeck, jurisPR-InsR 13/2013 Anm.4). Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei Vornahme der Rechtshandlung bekannt war. Diese Grundsätze gelten auch, wenn, wie hier, eine kongruente Leistung angefochten wird (vgl. dazu BGH, Urteile vom 25.04.2013 - IX ZR 235/12 - WM 2013, 1044 ff. = ZIP 2013, 1127 ff. = NZI 2013, 583 ff. = VersR 2013, 1008 ff. = MDR 2013, 1002 f., Juris Rn. 24; vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06 - ZIP 2007, 1511 Rn. 8; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06 - BGHZ 174, 314 Rn. 32 = NJW 2008, 341 f. = ZInsO 2008, 814 ff. = ZIP 2008, 190 ff, = NZI 2008, 167 ff., hierzu Zeuner, jurisPR-InsR 9/2008 Anm. 2; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07 - BGHZ 180, 98 Rn. 10 = NJW 2009, 1601 ff. = WM 2009, 922 ff. = ZIP 2009, 922 ff. = NZI 2009, 37 2 ff. ; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06 - WM 2009, 1943; vgl. auch Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10 - ZIP 2011, 1416 ff. = ZInsO 2011, 1410 ff. = WM 2011, 1429 ff., Juris Rn. 13).

35

Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die Schuldnerin zumindest ab September 2009 von ihrer drohenden Zahlungsunfähigkeit wusste und dies auch der Beklagten bekannt war. So heißt es in dem an die Beklagte gerichteten Schreiben der ...[C] GmbH vom 6. Oktober 2009 (Anlage K 6), dass nur unter dem Tatbestand, dass die Beklagte und die weiteren Vermieter einer Mietsenkung zustimmen, die von der Schuldnerin betriebene ...[D] Apotheke nachhaltig den Zahlungsverpflichtungen nachkommen und auf wirtschaftlich gesunde Füße gestellt werden könne. Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage war, ihren bestehenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die ...[C] GmbH verwies darauf, dass eine Kostenreduktion in allen Bereichen erforderlich sei und zudem die Beklagte auf einen erheblichen Teil ihrer monatlichen Mietzinsforderrungen in Höhe von 500,00 € für einen Zeitraum von etwa 18 Monaten verzichten möge. Auch aus dem Schreiben der ...[C] GmbH vom 28. Oktober 2009 (Anlage K 9) ist zu entnehmen, dass die Schuldnerin Kenntnis von ihrer eigenen Zahlungsunfähigkeit hatte. Denn dort kündigt die Schuldnerin an, dass sie bei sich nächst bietender Möglichkeit einer Kontodisposition einen Ausgleich, wenn auch lediglich einen Teilausgleich der ausstehenden Mietzahlungen vornehmen werde. Dies zeigt, dass die Schuldnerin trotz der erfolgten Sanierungsbemühungen nicht in der Lage war, ihre fälligen Forderungen auszugleichen und für die Zukunft völlig offen war, ob und wann zumindest ein Teilausgleich möglich sein würde.

36

Die Schuldnerin wusste, dass die Umsetzung der von ...[C] GmbH ins Auge gefassten Sanierungsbemühungen nicht gesichert war.

37

Die Schuldnerin konnte auch im Hinblick auf die Sanierungsbemühungen der ...[C] GmbH nicht darauf vertrauen, dass die Konsolidierung ihrer finanziellen Situation gelingen würde. Aus dem Schreiben der ...[C] GmbH vom 6. Oktober 2009 (Anlage K 6) ergibt sich, dass die Zugeständnisse der anderen Gläubiger, Großhandlungen, Geschäftsbank und weitere Finanzierungsinstitute, davon abhängig gemacht wurden, dass die Beklagte einer Reduzierung der monatlichen Miete um 500,00 € zustimmen werde. In dem Schreiben der ...[C] GmbH vom 28. Oktober 2009 (Anlage K 9) an die Bevollmächtigten der Beklagten heißt es, dass man mit allen Beteiligten und insbesondere den Gläubigern wie auch den Vermietern (der anderen Apotheken) eine nachhaltig vollziehbare und tragfähige Lösung erarbeiten wolle, um eine wirtschaftliche Konsolidierung zu erreichen, die Forderungen der Beklagten indes die weitere Verhandlungsposition erschwerten. Die Schuldnerin wusste, dass ein abschließender und endgültiger Sanierungsplan zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefasst war. Die angekündigte Gläubigerversammlung hat ausweislich des an die ...[C] GmbH gerichteten Schreibens der Bevollmächtigten der Beklagten vom 6. November 2011 (Anlage K 11) nicht stattgefunden.

38

Die Schuldnerin war auch nicht in der Lage, wenigstens einen reduzierten Mietzins zum jeweiligen Fälligkeitszeitraum zu entrichten, sondern hat nur stockend gezahlt, wie sich aus dem Schreiben der ...[C] GmbH vom 28. Oktober 2009 (Anlage K 9) und aus dem Schreiben der Beklagten vom 2. Februar 2010 (Anlage K 12) entnehmen lässt.

39

Der Hinweis der Beklagten, dass eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung deshalb ausscheide, weil die Mietzinszahlungen an die Beklagte als kongruente Deckung anzusehen seien und bargeschäftsähnlichen Charakter hätten, verfängt nicht.

40

Nach der jüngeren Entscheidung des BGH zum bargeschäftsähnlichen Charakter eines Leistungsaustauschs ist Voraussetzung für den „in aller Regel“ fehlenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, dass der Schuldner eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, welche zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt (vgl. Urteil vom 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13 - NJW 2014, 2956 ff. = NZI 2014, 762 ff. = ZInsO 2014, 1655 ff. = ZIP 2014, 1595 ff., Juris Rn. 29). Der subjektive Tatbestand könne entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit den potentiell anfechtbaren Rechtshandlungen eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelange, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft vorliege (ebd.). Hier hat die Schuldnerin jedoch Teilzahlungen auf die Mietzinsforderung erbracht, so dass bereits zweifelhaft ist, ob von einem bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch ausgegangen werden kann. Auch war sehr fraglich, ob diese Zahlungen zur Fortführung der ...[D] Apotheke nötig und damit den Gläubigern im Allgemeinen von nutzen waren. Denn zum Zeitpunkt der Zahlungen standen die Forderungen des Großhandels, der Hausbank und anderer Finanzierungsinstitute offen, so dass eine Fortführung des eigenen Apothekenbetriebs sehr fraglich war. Die angekündigte Gläubigerversammlung, mit der eine Konsolidierung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin herbeigeführt werden sollte, hat nicht stattgefunden.

41

Der Schuldnerin war angesichts dieser Situation bewusst, dass die Zahlungen an die Beklagte andere Gläubiger benachteiligen würden.

42

3) Die Beklagte hatte von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und etwaig anderen Gläubigern die erforderliche Kenntnis. Dies ergibt sich aus den an die Beklagte und ihre Bevollmächtigten gerichteten und bereits zitierten Schreiben der ...[C] GmbH vom 6. Oktober 2009 (Anlage K 6) und 28. Oktober 2009 (Anlage K 9). Die Schuldnerin befand sich zudem bereits seit September 2009 mit ihren Mietzinsverpflichtungen in Verzug. Selbst die reduzierten Mieten vermochte sie trotz wiederholter Mahnungen zum Fälligkeitszeitpunkt nicht zu begleichen. Die Beklagte konnte, ebenso Wenig wie die Schuldnerin, darauf vertrauen, dass die Sanierungsbemühungen der ...[C] GmbH Erfolg versprechend sein würden. Sie selbst hat der von der ...[C] GmbH für notwendig erachteten Mietminderung um 500,00 € nicht zugestimmt. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 2. Februar 2010 (Anlage K 12) ergibt sich, dass lediglich eine Mietzinsreduzierung von 1.850,00 € auf 1.550,00 €, mithin 300,00 € monatlich erfolgt ist. Aus dem an die ...[C] GmbH gerichteten Schreiben der Bevollmächtigten der Beklagten vom 6. November 2009 (Anlage K 11) lässt sich entnehmen, dass offenbar keine Einigung über die von der Schuldnerin zu zahlende Miete erzielt werden konnte. Schließlich führt die ...[C] GmbH mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 (Anlage K 9) an die Bevollmächtigten der Beklagten aus, dass sich die Verhandlungsposition aufgrund der Gegenforderungen der Beklagten erschwert habe. Der Beklagten war aufgrund des Schreibens der ...[C] GmbH vom 6. Oktober 2010 (Anlage K 6) bekannt, dass es noch weitere Gläubiger mit Forderungen gab. Die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin war daher zu vermuten.

43

Soweit die Berufung beanstandet, dass das Landgericht in verfahrensfehlerhafter Weise den Zeugen ...[B] von der ...[C] GmbH nicht dazu vernommen habe (Beweisantrag gemäß Schriftsatz vom 6. Mai 2014, S. 5 ff. GA 77 ff.), dass dieser der Beklagten in den Verhandlungen den Eindruck vermittelt habe, der Sanierungsplan werde erfolgreich verlaufen, war seitens des Landgerichts dem Beweiserbieten nicht nachzugehen, da zum einen der Umstand, welchen Eindruck der Zeuge ...[B] auf die Schuldnerin gemacht hat, einer Beweisaufnahme nicht zugänglich ist, da es sich um eine subjektive Wahrnehmung der Schuldnerin handelt, zum anderen sich aus den vorgelegten Urkunden und objektiven Gegebenheiten ergibt, dass die Schuldnerin Kenntnis von ihrer Zahlungsunfähigkeit hatte und wusste, dass sie mit ihren Zahlungen andere Gläubiger benachteiligen würde. Eine Vernehmung des Zeugen ...[E] (Beweisantrag gemäß Schriftsatz vom 6. Mai 2014, S. 4, GA 76) dazu, dass die Schuldnerin sich optimistisch gezeigt habe, Anzeichen für eine drohende Insolvenz seien nicht erkennbar gewesen, war aus den gleichen Gründen nicht geboten. Gleiches gilt für die Behauptung, die Beklagte sei davon ausgegangen, dass die Sanierungsbemühungen erfolgreich sein würden (Schriftsatz vom 6. Mai 2014, S. 5, GA 77). Eine Parteivernehmung der Beklagten bzw. informatorische Anhörung der Beklagten war nicht geboten. Die Beweisanträge beziehen sich nur auf subjektive Wahrnehmungen der Beteiligten und stellen abweichend von dem Inhalt der vorgelegten Urkunden keine Tatsachen unter Beweis.

44

Soweit der Beklagte insoweit hilfsweise die Aufhebung des Urteils und eine Zurückverweisung der Sache an Landgericht nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO begehrt, hat dieser Antrag keinen Erfolg, weil das Verfahren des ersten Rechtszuges nicht an einem wesentlichen Mangel leidet.

45

4) Der Anspruch des Klägers auf Rückgewähr der an die Beklagten geleisteten Mietzinszahlungen gemäß §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO ist nicht verjährt.

46

Der Rückforderungsanspruch ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22. September 2010 entstanden (vgl. Braun-Riggert, aaO, § 143 Rn. 2). Der Rückforderungsanspruch verjährt gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren zum Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Der Lauf der Verjährung hat zum Ende des Jahres 2010 zu laufen begonnen und endete am 31. Dezember 2013. Die Klage ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zwar erst am 24. Januar 2014, d.h. nach Ablauf der Verjährungsfrist, gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden (GA 35). Die Klage ist jedoch mittels Telefax am 23. Dezember 2013 (GA 2), das Original am 27. Dezember 2013 (GA 11), bei Gericht eingegangen. Der Kläger hat darüber hinaus vorsorglich die Klageschrift per Telefax nochmals am 30. Dezember 2013 übermittelt (GA 20). Das Landgericht hat den Gerichtskostenvorschuss am 3. Januar 2014 angefordert (GA I), der am 14. Januar 2014 bei Gericht eingezahlt wurde (GA II). Damit trat die Hemmung der Verjährung zum Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift bei Gericht am 23. Dezember 2013 ein, weil die Zustellung der Klageschrift „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO, d.h. innerhalb der Zweiwochenfrist, erfolgte (vgl. Zöller /Greger, ZPO; 30. Auflage 2014, § 167 Rn. 11 m.w.N.).

47

Hiergegen werden von der Berufung keine Angriffe geführt.

48

Die Berufung der Beklagten hat aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

50

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

51

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.450,00 € festgesetzt.

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