Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (4. Strafsenat) - 4 Ws 608/21, 4 Ws 609/21

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in D. vom 30. August 2021 insoweit aufgehoben, als die Vollstreckung des Strafrestes nach Verbüßung von mehr als 2/3 der Strafe der mit Beschluss des Amtsgerichts Simmern/Hunsrück vom 23. Februar 2021 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten zur Bewährung ausgesetzt wurde.

2. Die Vollstreckung des Strafrestes der in Ziffer 1 genannten Gesamtfreiheitsstrafe wird nicht zur Bewährung ausgesetzt.

3. Eine Entscheidung des Senats hinsichtlich der Vollstreckung des Strafrestes der Einheitsjugendstrafe von sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts St. Goar vom 23. Juni 2016 - Az. 2090 Js 1008/16 jug. - ist nicht veranlasst.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Verurteilten zur Last (§ 465 Abs. 1 StPO analog).

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Aussetzung der Vollstreckung einer von zwei Reststrafen zur Bewährung.

2

Am 23. Februar 2021 bildete das Amtsgericht Simmern/Hunsrück aus den Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Koblenz vom 15. August 2019 wegen versuchten Diebstahls (Az. 7 Ns 2010 Js 55780/17), aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Simmern/Hunsrück vom 24. September 2019 wegen gefährlicher Körperverletzung (Az. 41 Ds 1022 Js 4919/19) sowie aus dem Urteil des Amtsgerichts St. Goar vom 8. Oktober 2019 wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Az. 2 Ds 2010 Js 30710/19) eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zuständig für die Vollstreckung ist die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach.

3

Zuvor war der Verurteilte durch Urteil des Amtsgerichts St. Goar vom 23. Juni 2016 (Az. 2 Ls 2090 Js 1008/16) wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts St. Goar vom 6. Oktober 2020 aufgrund der oben erwähnten Verurteilung des Landgerichts Koblenz widerrufen. Für die Vollstreckung dieser Strafe ist die Staatsanwaltschaft Koblenz zuständig.

4

Der gemeinsame Zweidrittelzeitpunkt der zu verbüßenden Strafen war am 29. Juni 2021 erreicht. Das Strafende ist auf den 19. Januar 2022 notiert. Die Vollstreckung erfolgte zunächst bis zum 22. März 2021 in der Justizvollzugsanstalt W. Seit dem 23. März 2021 befindet sich der Verurteilte in der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahranstalt D.

5

Mit Beschluss vom 10. Mai 2021 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in D. die bedingte Entlassung nach Vollstreckung von Zweidritteln der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts St. Goar und der Hälfte der mit Beschluss des Amtsgerichts Simmern / Hunsrück verhängten Gesamtfreiheitsstrafe noch abgelehnt.

6

Die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach ist der Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung zum gemeinsamen Zweidrittelzeitpunkt entgegengetreten. Entsprechendes gilt für die Justizvollzugs- und Sicherungsverwahranstalt D., die sich dabei insbesondere auf eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt W. stützt.

7

Mit Beschluss vom 30. August 2021 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez nach persönlicher Anhörung des Verurteilten und mit dessen Einwilligung anlässlich des gemeinsamen Zweidrittelzeitpunkts die bedingte Entlassung ausgesprochen.

8

Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach am 8. September 2021 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hingegen hat Rechtsmittelverzicht erklärt.

9

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss insoweit aufzuheben, als die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Simmern/Hunsrück vom 23. Februar 2021 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die Ausführungen der Anstaltspsychologin der Justizvollzugsanstalt W. und das seitens des Verurteilten nicht beendete Antiaggressionstraining abgestellt. Der Verteidiger des Verurteilten hat zu dem Votum der Generalstaatsanwaltschaft eine Gegenerklärung abgegeben.

II.

10

1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach ist gemäß §§ 454 Abs. 3 Satz 1, 463 Abs. 3 StPO statthaft und auch sonst zulässig (§§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO).

11

Dieses Rechtsmittel betrifft nur die Strafaussetzung hinsichtlich der mit Beschluss des Amtsgerichts Simmern/Hunsrück vom 23. Februar 2021 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer unterliegt lediglich im Umfang dieser Anfechtung durch die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach der Überprüfung durch den Senat.

12

a) Werden von der Strafvollstreckungskammer mehrere Reststrafen zur Bewährung ausgesetzt, für die verschiedene Staatsanwaltschaften als Vollstreckungsbehörden zuständig sind, kann jede Staatsanwaltschaft die Entscheidung nur hinsichtlich derjenigen Strafe anfechten, für die sie als Vollstreckungsbehörde zuständig ist. Hinsichtlich der übrigen Strafen wird der Aussetzungsbeschluss rechtskräftig, sofern von den übrigen Staatsanwaltschaften kein Rechtsmittel eingegangen ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. 3 Ws 100/83 v. 22.04.1983 - juris; Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. § 454 Rn. 91; MüKo-StPO/Nestler, 1. Aufl. § 454 Rn. 102). Dieses eingeschränkte Anfechtungsrecht resultiert aus einer fehlenden Zuständigkeitskonzentration für die Staatsanwaltschaften als Vollstreckungsbehörden und ist hinzunehmen, auch wenn § 454b Abs. 4 StPO grundsätzlich vorsieht, dass über die Aussetzung der Vollstreckung der Reste aller Strafen gleichzeitig entschieden werden soll (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. 3 Ws 310-311/94 v. 18.07.1994 - juris). Die hierdurch entstehende Zersplitterung der Vollstreckung ist Ausfluss des Willens des Gesetzgebers, gemäß § 462a StPO nur auf gerichtlicher Seite eine Zuständigkeitskonzentration einzurichten. Die einheitliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ändert nämlich formell betrachtet nichts daran, dass sie in zwei verschiedenen Vollstreckungsverfahren entschieden hat. Hätte die Entscheidung der einen Staatsanwaltschaft Auswirkungen auf das Vollstreckungsverfahren der anderen Staatsanwaltschaft, würde dies dem Grundsatz widersprechen, wonach eine Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen nur durch die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft des ersten Rechtszuges erfolgen kann (vgl. OLG Bamberg, Beschl. 1 Ws 75/21 v. 16.03.2021 - juris - zu einer vergleichbaren Fallkonstellation bei § 56f StGB).

13

b) Einer Gesamtwirkung der sofortigen Beschwerde nur einer Staatsanwaltschaft auf alle im angefochtenen Beschluss enthaltenen Strafreste (so OLG Düsseldorf, Beschl. 5 Ws 140-142/20 v. 03.06.2020 - juris) ist entgegen zu treten. Auch wenn der Gesetzgeber durch die Zuständigkeitskonzentration in § 462a Abs. 1 StPO und die Vorgabe der gemeinsamen Entscheidung nach § 454b Abs. 4 StPO zum Ausdruck gebracht hat, dass Entscheidungszersplitterungen in Bezug auf die weitere Vollstreckung mehrerer Strafreste grundsätzlich nicht gewollt sind und eine einheitliche Legalprognose für alle Vollstreckungsentscheidungen zu erstellen ist, kann es gleichwohl zwar nicht aus inhaltlichen, aber aus formalen Gründen auch in anderen Konstellationen nach geltendem Recht zu divergierenden Vollstreckungsverläufen kommen. Solche Durchbrechungen der Einheitlichkeit der Entscheidung entstehen beispielsweise dann, wenn der Verurteilte bezüglich einer nur kurzen Freiheitsstrafe nicht in die Strafaussetzung einwilligt, die Vollstreckung weiterer Freiheitsstrafen aber mit seiner Zustimmung zur Bewährung ausgesetzt wird (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.). Diese Divergenzen sind Ausfluss der gesetzlichen Bestimmungen und können in der Vollstreckung entsprechend berücksichtigt werden.

14

c) Schließlich sprechen auch Vertrauensschutzgesichtspunkte gegen eine Gesamtwirkung der sofortigen Beschwerde nur einer Staatsanwaltschaft. Anders als in dem der obigen Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zugrundeliegenden Fall, in dem eine der beteiligten Staatsanwaltschaften ihr Rechtsmittel verspätet eingelegt hatte, hat die Staatsanwaltschaft Koblenz als „andere“ Staatsanwaltschaft im vorliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nur kein Rechtsmittel eingelegt, sondern vielmehr ausdrücklich Rechtsmittelverzicht erklärt. Es ist somit Teilrechtskraft eingetreten, die dem Verurteilten auch mitgeteilt worden ist. Der Verurteilte vertraut also berechtigter Weise darauf, dass hinsichtlich der der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Koblenz unterfallenden Einheitsjugendstrafe eine Reststrafenaussetzung erfolgen wird. Für eine nachträgliche Aufhebung dieser rechtskräftigen Entscheidung unter entsprechender Durchbrechung des Vertrauensschutzes bedürfte es gewichtiger Argumente, die sich jedoch allein aus der Trennung der Vollstreckungsverläufe nicht herleiten lassen.

15

d) Durch die nur teilweise Anfechtung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer entsteht dem Verurteilten auch kein unzumutbarer Nachteil. Es ändert sich lediglich die Reihenfolge der Vollstreckung und der Beginn der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der Einheitsjugendstrafe verschiebt sich auf den Zeitpunkt, zu dem die Gesamtfreiheitsstrafe vollständig verbüßt sein wird.

16

2. Die sofortige Beschwerde erweist sich auch als begründet.

17

a) Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt das Gericht nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann und die verurteilte Person einwilligt. Hierbei sind insbesondere die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten des Verurteilten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind (§ 57 Abs. 1 S. 2 StGB).

18

Eine vorzeitige bedingte Entlassung nach § 57 Abs. 1 StGB kommt nur in Betracht, wenn konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Verurteilte habe in Folge des bisherigen Strafvollzugs die Persönlichkeitsdefizite, die in seinen Straftaten deutlich geworden sind, behoben und die Fähigkeit erworben, Tatanreizen künftig zu widerstehen, so dass ein gleichwohl verbleibendes, durch den Strafvollzug verringertes Risiko der Begehung neuer Straftaten auch im Hinblick auf die hierbei drohende Rechtsgutverletzung insgesamt hinnehmbar erscheint und deshalb verantwortet werden kann. Erforderlich ist aber in jedem Fall, dass die zukünftige Straffreiheit wahrscheinlich ist; das bloße Bestehen einer entsprechenden Chance reicht hierfür nicht aus (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 2 Ws 676/19 v. 17.10.2019; 2 Ws 509, 510/18 v. 02.10.2018 mwN.). Allein der Wille, sich künftig straffrei zu führen, begründet keine positive Prognose. Von Bedeutung ist vielmehr nur eine durch feststellbare Tatsachen belegte günstige Entwicklung während des Vollzuges, die von besonderem Gewicht sein muss. Dazu zählt etwa die Beseitigung von Defiziten im Sozialverhalten, vor allem aber die Behebung von tatursächlichen Persönlichkeitsmängeln. Verbleiben Zweifel an einer hinreichend sicheren Prognose, geht dies zu Lasten des Verurteilten (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 1 Ws 275/14 v. 02.06.2014; 2 Ws 116/06 v. 22.06.2006; 1 Ws 665-558/13 v. 04.11.2013).

19

Verbüßt der Verurteilte - wie vorliegend - erstmals eine Freiheitsstrafe und gibt seine Führung während des Vollzugs keinen Anlass zu gewichtigen Beanstandungen, so kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass die Strafe ihre spezialpräventiven Wirkungen entfaltet hat und es verantwortbar ist, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen. Dies gilt auch in Fällen, in denen der erstmaligen Strafverbüßung bereits ein Bewährungsbruch vorausgegangen ist (vgl. BGH, StB 4/03 v. 25.04.2003 - juris). Bei diesem sog. Erstverbüßerprivileg handelt es sich indes um eine widerlegliche Vermutung. Auch bei einem Erstverbüßer kommt eine vorzeitige bedingte Entlassung nach § 57 Abs. 1 StGB dann nicht in Betracht, wenn die Persönlichkeitsdefizite, die in seinen Straftaten deutlich geworden sind, nicht behoben sind und er keine Fähigkeiten erworben hat, Tatanreizen künftig zu widerstehen, so dass eine Haftentlassung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht verantwortet werden kann. Bei der demnach gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 StGB auch beim Erstverbüßer vorzunehmenden Prüfung, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, sind namentlich seine Persönlichkeit, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, sein Verhalten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

20

b) Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen kann eine günstige Legalprognose, aufgrund derer eine Bewährungsentscheidung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden könnte, dem Verurteilten entgegen der Ansicht der Strafvollstreckungskammer derzeit nicht gestellt werden. Die Strafvollstreckungskammer hat bei ihrer Prognoseentscheidung wesentliche Aspekte nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigt.

21

Sie hat zwar festgestellt, dass sich der Verurteilte in der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahranstalt D. bislang beanstandungsfrei führen lässt. Im Wesentlichen unbeachtet hat sie jedoch die Auffälligkeiten des Verurteilten im Vollzug in der Justizvollzugsanstalt W. gelassen. Ausweislich der Ausführungen der dortigen Anstaltspsychologin kam es zu wiederholten Impulsdurchbrüchen im Zuge der Eröffnung negativer Entscheidungen. Zusammen mit der von der Strafvollstreckungskammer nur am Rande erwähnten leichten Kränkbarkeit und Provozierbarkeit mit bestimmten Schlüsselwörtern zeigt sich somit deutlich, dass der Verurteilte sich noch nicht eingehend mit seinen Taten und seinen Persönlichkeitsdefiziten auseinandergesetzt hat, sondern diese bagatellisiert und verdrängt. Ebenso hat die Strafvollstreckungskammer dem Umstand nicht ausreichend Beachtung geschenkt, dass der Verurteilte das in der Justizvollzugsanstalt W. begonnene Antiaggressionstraining nicht abgeschlossen hat. Somit konnte der Verurteilte in diesem Bereich zwar einen Behandlungseinstieg erreichen, aber noch keine nachhaltigen Behandlungserfolge erzielen. Insgesamt bestehen bei dem Verurteilten nach der Analyse der Anstaltspsychologin der Justizvollzugsanstalt W. gewichtige Anhaltspunkte für ein hohes Rückfallrisiko im Hinblick auf Gewaltstraftaten, das die Strafvollstreckungskammer bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt hat.

22

Ebenfalls nicht berücksichtigt hat die Strafvollstreckungskammer schließlich die Tatsache, dass der Verurteilte in der Vergangenheit bereits eine Bewährungschance erhalten, diese jedoch nicht genutzt hat. Vielmehr handelt es sich bei ihm um einen Bewährungsbrecher, ist er doch während der laufenden Bewährung zu der verhängten Einheitsjugendstrafe erneut straffällig geworden. Er hat somit in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass ihn Auflagen und Weisungen allein nicht beeindrucken und insbesondere nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten. Auch dies steht in der Gesamtschau einer Strafaussetzung zur Bewährung entgegen.

23

Der Senat verkennt nicht, dass sich der Verurteilte in der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahranstalt D. beanstandungsfrei im Vollzug führt, längerer Zeit einer Beschäftigung innerhalb des Vollzugs nachgegangen ist und nach der Entlassung Aussicht auf eine Arbeitsstelle hat sowie eine enge Bindung zu seiner Familie und seiner Lebensgefährtin aufweist. Diese haben ihn jedoch in der Vergangenheit nicht von der Begehung von Straftaten abhalten können. Es bestehen daher insgesamt erhebliche Zweifel an einer positiven Legalprognose des Verurteilten. Auch kann dem sich aus der Gesamtabwägung aller Umstände ergebendem Rückfallrisiko nicht durch Auflagen und Weisungen (§ 57 Abs. 3, 1. Halbs. i.V.m. mit §§ 56b, 56c StGB) ausreichend entgegengewirkt werden. Eine bedingte Entlassung kommt daher entgegen der Ansicht der Strafvollstreckungskammer nicht in Betracht.

24

c) Der Senat entscheidet infolge der Begründetheit der sofortigen Beschwerde gemäß § 309 Abs. 2 StPO in der Sache selbst. Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist aufzuheben, soweit er den Strafrest aus der mit Beschluss des Amtsgerichts Simmern/ Hunsrück vom 23. Februar 2021 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten betrifft. Insoweit wird die Vollstreckung des Strafrests nach Verbüßung von mehr als 2/3 der Gesamtfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt.

25

3. Deklaratorisch war festzustellen, dass eine Entscheidung des Senats hinsichtlich der Vollstreckung des Strafrestes der Einheitsjugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts St. Goar vom 23. Juni 2016 nicht veranlasst ist. Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer hat im Umfang der eingetretenen Teilrechtskraft weiterhin Bestand.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO analog.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen